Jahresbericht 2016 Annual Report 2016 AACHEN, JUNI 2016

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1 Jahresbericht 2016 Annual Report 2016 AACHEN, JUNI 2016 Schinkelstr. 6, D Aachen Telefon Fax

2 AACHENER BEITRÄGE ZUR ENERGIEVERSORGUNG Herausgeber: Redaktion: Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser A. Ringe Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Tim Drees Jahresbericht 2016 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der RWTH Aachen in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der RWTH Aachen e. V. 1. Auflage Aachen Print Production Verlag, 2016 (Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 169) Für die Dokumentation: Netzsicherheit Übertragungsnetzbetrieb Betriebsmitteltechnologien Klimaschutzziele Stromsystem Marktsimulationsverfahren Erzeugungsanlagen Flexibilitätsbedarf Regelleistungsbereitstellung Engpassbehebung Redispatchmaßnahmen Bewertungspunkt Netzinhaltsoptimierung Druckgrenzen Dispatcher ISBN Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der RWTH Aachen Print Production Verlag, Aachen

3 Liebe Freunde des Instituts, verehrte FGE-Mitglieder, sehr geehrte Damen und Herren, Dear friends of the institute, dear FGE-members, ladies and gentlemen, der vorliegende Berichtsband bietet Ihnen wie gewohnt einen Überblick über ausgewählte Forschungsarbeiten am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IAEW) der RWTH Aachen. Diese entstehen in enger Zusammenarbeit mit der Praxis, insbesondere mit den Mitgliedsunternehmen der Forschungsgesellschaft Energie an der RWTH Aachen e. V. (FGE), aber auch mit Ministerien und Regulierungsbehörden im In- und Ausland sowie der europäischen Energiewirtschaft. Gleichzeitig bietet der Jahresbericht den jüngeren Mitarbeitern Gelegenheit, schon zu einem frühen Zeitpunkt erste Ergebnisse ihrer Arbeit, teilweise sogar nur erste Vorüberlegungen zu ihren Forschungsvorhaben, vorzustellen, um dazu Ihre Einschätzung und Anregungen herauszufordern. Neueste Forschungsergebnisse meines Institutes vermitteln Ihnen die von mir betreuten Dissertationen, die im Berichtszeitraum abgeschlossen wurden: Philipp Awater Quantitative Bewertung der Netzsicherheit in der Planung elektrischer Übertragungsnetze Christoph Baumann Simulation der europäischen Märkte für Erdgas und Strom Tim Drees Simulation des europäischen Binnenmarktes für Strom und Regelleistung bei hohem Anteil erneuerbarer Energien Jonas Eickmann Simulation der Engpassbehebung im deutschen Übertragungsnetzbetrieb Kevin Münch Netzinhaltsoptimierung von mengengesteuerten Gasnetzen This report provides an overview on selected research projects at the Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) of RWTH Aachen University, which for the most part have been carried out in close cooperation with the members of the Energy Research Society at RWTH Aachen University (FGE), but also with ministries and regulatory authorities in Germany and abroad as well as the European energy industry. At the same time, the annual report offers an opportunity for my younger colleagues to present the initial results of their work or even preliminary considerations to their research projects at an early point in time and to invite your critique and comments. The latest research results are indicated by the following PhD theses which were completed under my supervision in the last year: Philipp Awater Quantitative Assessment of Grid Security in Transmission Grid Planning Christoph Baumann Simulation of the European Markets for Natural Gas and Power Tim Drees Simulation of the Future Single European Market for Electricity and Reserves at a High Share of Renewable Energies Jonas Eickmann Simulation of Congestion Management in Transmission System Operation Kevin Münch Optimization of Line Pack in Volume-Controlled Natural Gas Networks IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

4 Besonders gern und stolz berichte ich über Ehrungen, die Mitarbeiter des Instituts aufgrund hervorragender Studien- und Forschungsleistungen erfahren haben: M.Sc. Lara Lück EEX Excellence Award für eine hervorragende Masterarbeit M.Sc. Patrick Larscheid Friedrich-Wilhelm-Preis für eine hervorragende Masterarbeit M.Sc. Niklas van Bracht Springorum-Denkmünze der RWTH Aachen für herausragende Studienleistungen M.Sc. Ivan Marjanovic Springorum-Denkmünze der RWTH Aachen für herausragende Studienleistungen M.Sc. Marius Sieberichs Springorum-Denkmünze der RWTH Aachen für herausragende Studienleistungen Im Wintersemester 2015/2016 haben sich an der gesamten RWTH Studienanfänger immatrikuliert, sodass die Zahl der Neueinschreibungen gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben ist. Die Anzahl der insgesamt eingeschriebenen Studierenden beläuft sich auf Im Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik haben sich im Wintersemester 2015/ Studierende im Bachelorstudiengang Elektrotechnik, Informationstechnik und Technische Informatik und 199 Studierende im Bachelorstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrichtung Elektrische Energietechnik eingeschrieben. Das entspricht einem Zuwachs von etwa 6 % gegenüber dem Wintersemester 2014/2015. Der Bachelorstudiengang des Wirtschaftsingenieurwesens erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Aufgrund der vorliegenden Einschreibebeschränkung (Numerus Clausus) konnten nur 199 der 840 Bewerber zugelassen werden. Die Lehrveranstaltungen des IAEW fanden weiterhin großen Anklang bei den Studierenden. Im Berichtszeitraum verzeichnete die Vorlesung "Stromerzeugung und -handel" etwa 200 Teilnehmer. Die Vorlesung "Fehler und Stabilität in Elektrizitätsversorgungssystemen" stieß mit etwa 200 Hörern auf ebenso großes Interesse. Diese beiden Veranstaltungen im Masterstudium ergänzen meine bereits etablierten Grundlagenveranstaltungen "Elektrizitätsversorgungssysteme" und "Planung und Betrieb von Elektrizitätsversorgungssystemen" der Bachelorstudiengänge. I am proud to share the honours and awards staff achieved on account of their excellent study and research work: M.Sc. Lara Lück EEX Excellence Award for outstanding master degree M.Sc. Patrick Larscheid Friedrich-Wilhelm-Award for outstanding master degree M.Sc. Niklas van Bracht Springorum-Medal of RWTH Aachen University for outstanding performance M.Sc. Ivan Marjanovic Springorum-Medal of RWTH Aachen University for outstanding performance M.Sc. Marius Sieberichs Springorum-Medal of RWTH Aachen University for outstanding performance In winter term 2015/2016, 8,241 first-year-students have enrolled at entire RWTH Aachen University. Thus, compared to last year, the number of enrollments remained constant. The total number of enrollees amounts to 43,721. The Faculty of Electrical Engineering and Information Technology registered 698 new enrollments for the bachelor program Electrical Engineering, Information Technology and Computer Science and 199 enrollments for the bachelor program Management and Engineering in Electrical Power Systems. This is an increase of approximately 6 % compared to the winter term 2014/2015. The bachelor program Management and Engineering in Electrical Power Systems is very popular. Due to enrollment limitations, only 199 out of 840 applicants could be admitted to the program. The lectures of the IAEW again found high approval among the students. In the period of time under review, the lecture "Power Generation and Trading" registered about 200 participants. Equal interest drew the lecture "Faults and Stability in Power Systems" with approximately 200 students. These master program lectures complement the well-established bachelor program lectures "Power Systems" and "Planning and Operation of Power Systems". IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

5 Das Interesse der Studierenden an Auslandspraktika ist nach wie vor sehr groß. Durch unsere intensiven Auslandskontakte konnten auch in diesem Berichtszeitraum Praktika in Länder mit sehr unterschiedlichen Kulturen vermittelt werden, bspw. nach Chile, China, Dänemark, Frankreich, Kanada und Österreich. Als Ausbildungsstätte hat das IAEW zwangsläufig eine sehr dynamische Personalentwicklung. Im Berichtszeitraum verließen sieben wissenschaftliche Mitarbeiter planmäßig nach fünf Jahren das Institut. Diese Lücke konnte bei unverändert hohem Qualitätsanspruch durch sieben neue Mitarbeiter vollständig geschlossen werden. Die derzeit 30 wissenschaftlichen Mitarbeiter sind in drei Forschungsgruppen mit den Schwerpunktthemen Netzplanung und Netzbetrieb, Stromerzeugung und Energiemärkte sowie Systemstabilität und Versorgungssicherheit organisiert. Einer leicht abnehmenden, aber weiterhin recht hohen Mitgliederzahl erfreut sich die FGE, die derzeit 74 Mitgliedsunternehmen aus Belgien, Deutschland, Österreich und der Schweiz umfasst. Hierzu trägt sicherlich auch die institutseigene Stellenvermittlung bei, die die Absolventen des IAEW vorzugsweise zu den FGE- Mitgliedsunternehmen lenkt. Im Oktober des vergangenen Jahres fand die FGE- Tagung Herausforderungen und Chancen der Energiewende statt. Dank der namhaften Referenten war sie mit über 300 Teilnehmern wieder einmal sehr erfolgreich. Mein besonderer Dank, auch im Namen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, gilt all denen, die das IAEW auch in diesem Jahr wieder durch Informationen, Anregungen und Aufträge gefördert und gefordert, durch Rat und Tat unterstützt und durch Lob wie Kritik motiviert haben. Ich freue mich auf weiterhin enge persönliche Kontakte und fachliche Zusammenarbeit mit Ihnen. There has been an ever growing interest by the students to do their internship abroad. Our intensive contacts again enabled me to arrange specialized internships in countries having very different cultures, such as in Chile, China, Denmark, France, Canada and Austria. As education facility, the Institute of Power Systems and Power Economics inevitably has a very dynamic staff development. During the period under review, seven experienced members of the scientific staff have left the Institute as scheduled after five years. Not changing the high demand for quality, I was able to fill this void with seven new staff members. The 30 assistants are organized in three research groups with the focus on Network Planning and Network Operation, Power Generation and Energy Markets as well as System Stability and Security of Supply. Allthough slightly decreasing still high number of members can be observed for the FGE with currently 74 member companies from Belgium, Germany, Austria, and Switzerland. The IAEW's job-placement has a great share in this positive trend. It preferably directs our alumni to the members of FGE. The FGE-conference Challenges and Chances of the German Energiewende took place in October Due to its well-known speakers and with about 300 participants, it was a successful conference again. The staff of the Institute and I would like to express our special gratitude to all those who supported and challenged us by information, suggestions and research contracts, who gave us advice and motivated us by approval and critique. I am looking forward to continued close contact and cooperation with you. Aachen, im Juni 2016 Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

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7 INHALT I N H A L T T A B L E O F C O N T E N T S Institutspersonal Staff Organigramm Organigram Lehrveranstaltungen Lectures Mitarbeit in Gremien Membership in Committees Forschungsgesellschaft Energie (FGE) an der RWTH Aachen e. V. Energy Research Institute of RWTH Aachen University Dissertationen PhD Theses Dr.-Ing. P. Awater Dr.-Ing. C. Baumann Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. T. Drees Dr.-Ing. J. Eickmann Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. K. Münch Quantitative Bewertung der Netzsicherheit in der Planung elektrischer Übertragungsnetze Quantitative Assessment of Grid Security in Transmission Grid Planning Simulation der europäischen Märkte für Erdgas und Strom Simulation of the European Markets for Natural Gas and Power Simulation des europäischen Binnenmarktes für Strom und Regelleistung bei hohem Anteil erneuerbarer Energien Simulation of the Future Single European Market for Electricity and Reserves at a High Share of Renewable Energies Simulation der Engpassbehebung im deutschen Übertragungsnetzbetrieb Simulation of Congestion Management in Transmission System Operation Netzinhaltsoptimierung von mengengesteuerten Gasnetzen Optimization of Line Pack in Volume-Controlled Natural Gas Networks Forschungsprojekte Research Projects M.Sc. P. Baumanns M.Sc. R. Bleilevens Bewertung von System Adequacy in regenerativ geprägten Erzeugungssystemen Evaluation of System Adequacy in Renewable Dominated Generation Systems Bestimmung auslegungsrelevanter Kurzschlussströme in hybriden AC/DC-Verteilernetzen Calculation of Relevant Short-circuit Currents in Hybrid AC/DC Distribution Grids IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016 I

8 INHALT M.Sc. T. Bongers M.Sc. C. Bredtmann M.Sc. H. Chen Dipl.-Wi.-Ing. K. Geschermann Dipl.-Wirt.-Ing. F. Grote M.Sc. J. Kellermann M.Sc. M. Ketov M.Sc. Annika Klettke M.Sc. P. Larscheid M.Sc. J. Lichtinghagen M.Sc. L. Lück Dipl.-Wirt.-Ing. A. Maaz M.Sc. M. Maercks Bewertung von Netzausbaumaßnahmen unter Unsicherheiten Evaluation of Network Reinforcement Measures under Uncertainties Untersuchung der Frequenzstabilität im europäischen Elektrizitätsversorgungssystem Study of Frequency Stability in the European Power System Technisches Flexibilitätspotenzial aus Mittel- und Niederspannungsnetzen unter Berücksichtigung von Unsicherheiten Technical Potential of Low and Medium Voltage Grids for Providing Flexibility Considering Uncertainties Simulation des Einsatzes von Erzeugungsanlagen und Verbrauchern im Verteilnetz unter Berücksichtigung von Akteursverhalten Dispatch Simulation for Generation and Consumption Units in Distribution Grids under Consideration of Stakeholder Behavior Auswirkungen von Kapazitätsmechanismen auf die Entwicklung des deutschen Kraftwerksparks Impact of Capacity Mechanisms on the Development of the German Generation Stack Bewertung von Netzausbaumaßnahmen in Hochspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher Freiheitsgrade Evaluation of Network Expansion Measures in Subtransmission- Networks under Consideration of Operational Degrees of Freedom Simulation der europäischen Strommärkte unter Berücksichtigung der Wärmeversorgung Simulation of European Electricity Markets Considering Heat Utility Netzsicherheitsbewertung von Übertragungsnetzen System Reliability Assessment of Transmission Grids Bewertung der quasistationären Spannungshaltung im Übertragungsnetz Assessment of Quasi-Stationary Voltage Control within the Transmission System Bewertung der elektromagnetischen Beeinflussung in ausgedehnten Hochspannungsnetzen Evaluation of the Electromagnetic Interference in Extensive High-Voltage Grids Regionalisierung und Einspeisung von Windenergie- und Photovoltaikanlagen Spatial Distribution and Feed-In of Wind Turbines and Photovoltaic Systems Agentenbasierte Simulation der Märkte für elektrische Energie und Regelleistung in Deutschland Agent-Based Price Simulation of the German Markets for Electricity and Reserve Power Spannungsstabilität im deutschen elektrischen Energieversorgungssystem im Langzeitbereich Voltage Stability in the German Electric Power System in the Long-term Time-frame II IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

9 INHALT M.Sc. I. Marjanovic M.Sc. J. Priebe Dipl.-Wirt.-Ing. D. Schweer M.Sc. M. Sieberichs M.Sc. L. Skiba M.Sc. J. Sprey M.Sc. N. van Bracht M.Sc. T. van Leeuwen Dipl.-Ing. L. Verheggen M.Sc. D. vom Stein Berechnung von Übertragungskapazitäten unter Berücksichtigung von Unsicherheiten und netzbetrieblichen Maßnahmen Calculation of Transmission Capacity Considering Uncertainties and Operational Flexibilities Planung von Verteilnetzen unter Berücksichtigung von Gleichstromtechnologie Planning of Distribution Grids in Consideration of DC Technology Bewertung regenerativer Erzeugungsportfolios mit Speichern unter Berücksichtigung von Unsicherheiten in Deutschland Evaluation of Renewable Energy Portfolios with Storage Systems Considering Uncertainties in Germany Betriebswirtschaftliche Ausbauplanung von Mittel- und Niederspannungsnetzen unter Berücksichtigung des regulatorischen Rahmens Economic Expansion Planning of Medium- and Low-Voltage Grids under Consideration of the Regulatory Framework Sektorübergreifende Flexibilitätsoptionen zur Umsetzung von Klimaschutzzielen Cross-Sectoral Flexibility Options for the Realization of Climate Protection Goals Regelleistungsbedarf des zukünftigen europäischen Verbundsystems Operating Reserve of a Future European Interconnected System Entwicklung des europäischen Stromerzeugungssystems unter Unsicherheiten Development of the European Generation System under Uncertainties Simulation des Übertragungsnetzbetriebs unter Unsicherheiten Simulation of Transmission System Operation Considering Uncertainty Kombinierte Grundsatzplanung von Mittel- und Niederspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher Maßnahmen und Unsicherheiten Combined Medium and Low Voltage Target Network Planning Considering Operational Concepts and Uncertainties Stochastische Simulation der Märkte für elektrische Energie in Europa Stochastic Simulation of Electricity Markets in Europe Studienbeispiele Selected Studies M.Sc. I. Marjanovic, Dipl.-Wirt.-Ing. A. Maaz, IAEW Dr.-Ing. J. Eickmann (heute 50Hertz Transmission GmbH) Ermittlung von Übertragungskapazitäten Investigation of Transfer Capacities 121 Dr.-Ing. C. Baumann, (heute Uniper Global Commodities SE) M.Sc. P. Baumanns, IAEW L. Sundahl, Dong Energy A/S Identifikation von zentralen Treibern für den Redispatchbedarf in Deutschland Identification of Key Drivers for Redispatch Volumes in Germany 126 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016 III

10 INHALT Dipl.-Wi.-Ing. K. Geschermann, M.Sc. M. Sieberichs, IAEW Das Proaktive Verteilnetz Mehr Flexibilität für Verteilnetze Proactive Distribution Grid More Flexibility for Distribution Grids 131 M.Sc. T. van Leeuwen, IAEW Dipl.-Ing. M. Schoeneberger, FGH Bedarf an Blindleistungsquellen im deutschen Übertragungsnetz 2024 Need for Reactive Power Sources in the German Transmission Grid M.Sc. J. Kellermann, Dipl.-Ing. L. Verheggen, M.Sc. M. Sieberichs, IAEW Dr.-Ing. S. Dierkes Kosten-Nutzen-Analyse einer Spitzenkappung im Verteilnetz Cost-Benefit-Analysis of Curtailment of Renewables in Distribution Networks 140 M.Sc. J. Sprey, M.Sc. C. Bredtmann Dr.-Ing. T. Drees, IAEW Ausgewählte Studien und Projekte des IAEW Exemplaries Studies and Projects of IAEW Harmonisierte Aktivierungszeiten und Aktivierungsschemata für afrr in Europa Harmonized Full Activation Times and Activation schemes for afrr in Europe Kurzberichte über Aktivitäten am Institut Brief Reports about Activities at the Institute Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. T. Drees M.Sc. J. Priebe Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. T. Drees Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e. V. Forschungscampus Elektrische Netze der Zukunft (FEN) 153 M.Sc. J. Lichtinghagen Preise und Auszeichnungen 154 M.Sc. T. van Leeuwen Studierendenentwicklung an der RWTH Aachen 154 M.Sc. T. van Leeuwen M.Sc. H. Chen M.Sc. P. Baumanns Entwicklung des Studienganges Elektrotechnik 154 Entwicklung des Studienganges Wirtschaftsingenieurwesen Elektrische Energietechnik Dipl.-Wirt.-Ing. D. Schweer Aachener Energiemanager aktuell 155 Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. K. Münch Masterstudiengang Energiewirtschaft am Haus der Technik 155 M.Sc. J. Lichtinghagen Studierende am IAEW 156 Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. K. Münch Dr.-Ing. C. Baumann M.Sc. I. Marjanovic M.Sc. J. Kellermann K. Schmitt M.Sc. N. van Bracht Interdisziplinäre Vorlesung Berufsumfeld von Ingenieuren und Wirtschaftsingenieuren in der Praxis Projekte für Studierende am IAEW 157 Erstsemesterprojekt-MATLAB meets Lego Mindstorms 158 Intensivkurs Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Ingenieure mit Unternehmensplanspiel M.Sc. M. Sieberichs Exkursionen IV IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

11 INHALT M.Sc. P. Baumanns Studierendenpraktika im Ausland 160 M.Sc. C. Baumann Dipl.-Wirt.-Ing. F. Grote Fakultätsfußballturnier M.Sc. L. Skiba Betriebsausflug M.Sc. D. vom Stein M.Sc. P. Larscheid Weihnachtsfeier Veröffentlichungen im Berichtszeitraum Publications Master- und Bachelorarbeiten Master and Bachelor Theses Abgeschlossene Dissertationen Completed PhD Theses Aachener Beiträge zur Energieversorgung ABEV Publication Series ABEV IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016 V

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13 PERSONAL Personal Stand: 1. Juni 2016 Institutsleiter Univ.-Prof. Dr.-Ing. Albert Moser Oberingenieure M.Sc. Tim Bongers Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Tim Drees Lehrbeauftragte Prof. Dr.-Ing. Jochen Kreusel, ABB AG, Mannheim, Leiter des Konzernprogramms Smart Grids Dipl.-Volkswirt Sven Becker, Trianel GmbH, Geschäftsführung Dr.-Ing. Klaus Kleinekorte, Amprion GmbH, Geschäftsführung Sekretariat Anette Ringe FGE-Sekretär Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Tim Drees Verwaltung Dagmar Gräfe Nicole Hamacher Judith Ruland Sarah Schumacher (Auszubildende) Technischer Service Manfred Kleefisch, MATA Jonas Krückels (Auszubildender) Robert Piront Klaus Dreher Kristian Schmitt IAEW FGE JAHRESBERICHT

14 PERSONAL Forschungsgruppe "Netzplanung und Netzbetrieb M.Sc. Jens Sprey (Gruppenleiter) M.Sc. Hengsi Chen M.Sc. Jan Kellermann M.Sc. Annika Klettke M.Sc. Patrick Larscheid M.Sc. Moritz Maercks M.Sc. Jens Priebe Dipl.-Ing. Lukas Verheggen M.Sc. Mirko Wahl Dr.-Ing. Pablo Ezequiel Wiernes Forschungsgruppe "Stromerzeugung und Energiemärkte" Dipl.-Wirt.-Ing. Fabian Grote (Gruppenleiter) M.Sc. Alexander Fehler Dipl.-Wi.-Ing. Kilian Geschermann Wirt.-Ing. M.Sc. Mihail Ketov M.Sc. Lara Lück Dipl.-Wirt.-Ing. Andreas Maaz Dipl.-Wirt.-Ing. Daniel Schweer M.Sc. Levin Skiba M.Sc. Niklas van Bracht M.Sc. Denis vom Stein Forschungsgruppe "Systemstabilität und Versorgungssicherheit" M.Sc. Tobias van Leeuwen (Gruppenleiter) M.Sc. Philipp Baumanns M.Sc. Raphael Bleilevens M.Sc. Christian Bredtmann M.Sc. Hao Chang M.Sc. Marcel Kokot M.Sc. Julian Lichtinghagen M.Sc. Ivan Marjanovic M.Sc. Marius Sieberichs Studentische Hilfskräfte Im Jahresdurchschnitt rd. 23 studentische Mitarbeiter mit jeweils 8 Wochenstunden 2 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

15 PERSONAL Personal Univ.-Prof. Dr.-Ing. Albert Moser Institutsleiter M.Sc. Tim Bongers Oberingenieur Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Tim Drees Oberingenieur Dipl.-Volksw. Sven Becker Lehrauftrag: Energiehandel und Risikomanagement Dr.-Ing. Klaus Kleinekorte Lehrauftrag: Grundlagen der Netzbetriebsführung Prof. Dr.-Ing. Jochen Kreusel Lehrauftrag: Power Economics in Liberalised Electricity Markets IAEW FGE JAHRESBERICHT

16 PERSONAL Anette Ringe Dagmar Gräfe Nicole Hamacher Judith Ruland Sekretariat Verwaltung Verwaltung Verwaltung Sarah Schumacher Auszubildende Manfred Kleefisch MATA Robert Piront Jonas Krückels Auszubildender Verwaltung Rechneradministration Rechneradministration Rechneradministration Klaus Dreher Kristian Schmitt Technischer Service Technischer Service 4 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

17 PERSONAL M.Sc. Philipp Baumanns M.Sc. Raphael Bleilevens M.Sc. Christian Bredtmann M.Sc. Hao Chang Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter M.Sc. Hengsi Chen M.Sc. Alexander Fehler Dipl.-Wi.-Ing. Kilian Geschermann Dipl.-Wirt.-Ing. Fabian Grote Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter M.Sc. Jan Kellermann M.Sc. Mihail Ketov M.Sc. Annika Klettke M.Sc. Marcel Kokot Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiterin Wissenschaftl. Mitarbeiter M.Sc. Patrick Larscheid M.Sc. Julian Lichtinghagen M.Sc. Lara Lück Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiterin IAEW FGE JAHRESBERICHT

18 PERSONAL Dipl.-Wirt.-Ing. Andreas Maaz M.Sc. Moritz Maercks M.Sc. Ivan Marjanovic M.Sc. Jens Priebe Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Dipl.-Wirt.-Ing Daniel Schweer M.Sc. Marius Sieberichs M.Sc. Levin Skiba M.Sc. Jens Sprey Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter M.Sc. Niklas van Bracht M.Sc. Tobias van Leeuwen Dipl.-Ing. Lukas Verheggen M.Sc. Denis vom Stein Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter M.Sc. Mirko Wahl Dr.-Ing. Pablo Wiernes Wissenschaftl. Mitarbeiter Wissenschaftl. Mitarbeiter 6 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

19 ORGANISATION Bild 1: Organigramm des IAEW Bild 2: Forschungsbereich des IAEW IAEW FGE JAHRESBERICHT

20 LEHRVERANSTALTUNGEN Lehrveranstaltungen Die Vorlesungen, Übungen, Praktika und Seminare des Lehrstuhls richten sich überwiegend an Studierende ab dem 5. Studiensemester. Sie sollen Grundlagen und Spezialthemen der elektrischen Energietechnik und Energiewirtschaft sowie allgemeingültige systemtheoretische Lösungsansätze und Anleitungen zum wissenschaftlichen Arbeiten vermitteln. Weitere Informationen über neue am IAEW angebotene Vorlesungen, die Bachelor- und Masterstudiengänge Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen, jeweils mit dem Schwerpunkt Elektrische Energietechnik, das interdisziplinäre Seminar "Berufsumfeld von Ingenieuren in der Praxis", den Intensivkurs Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Ingenieure sowie die diesjährigen Exkursionen finden Sie in den Kurzberichten. Elektrizitätsversorgungssysteme Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser etwa 300 Hörer Die Vorlesung Elektrizitätsversorgungssyteme ist eine Grundlagenvorlesung, die sich an Studierende im Bachelor-Studium richtet und bietet eine Einführung in Elektrizitätsversorgungssysteme. Hierzu gehören die physikalischen Eigenschaften und technischen wie mathematischen Modelle der Komponenten des Stromversorgungssystems in quasistationären Zuständen. Darauf aufbauend werden Verfahren zu systemtechnischen Untersuchungen behandelt. Jede Vorlesung wird von Übungen zur Anwendung der Theorie begleitet. Fehler und Stabilität in Elektrizitätsversorgungssystemen Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser etwa 200 Hörer Die Vorlesung Fehler und Stabilität in Elektrizitätsversorgungssystemen wird für Masterstudierende angeboten. Anders als in der Vorlesung Elektrizitätsversorgungssysteme werden hier nicht nur quasistationäre Zustände betrachtet, sondern es werden die notwendigen Modelle und Verfahren zur Berechnung unsymmetrischer Netzzustände und Fehlerfälle vermittelt. So wird der Umgang mit Unsymmetrien mittels Modalanalyse, die Sternpunktbehandlung in elektrischen Netzen sowie die Berechnung von induktiver, kapazitiver und konduktiver Beeinflussung durch Drehstromleitungen thematisiert. Zudem gibt die Vorlesung einen Überblick über Fragen der Netzdynamik und Stabilität. Jede Vorlesung wird von Übungen zur Anwendung der Theorie begleitet. Am Ende des Semesters wird zusätzlich zur Vertiefung und Prüfungsvorbereitung ein dreistündiger Blockkurs angeboten. Planung und Betrieb von Elektritzitätsversorgungssystemen etwa 230 Hörer Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser Die Bachelor-Vorlesung (Wahlpflichtfach im Studiengang Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen elektrische Energietechnik) aus dem Bereich der Energieversorgungssysteme behandelt theoretische Grundlagen und Einsatzweise heute bereits praxisüblicher sowie auch neuerer Analyse- und Optimierungsverfahren in der Elektrizitäts- und Gasversorgung. Schwerpunkte stellen dabei, neben der Wirtschaftlichkeits- und Zuverlässigkeitsberechnung, die State Estimation sowie die Leistungs-Frequenzregelung dar. Die Themen Spannungs-/Blindleistungsoptimierung und Gasflussberechnung sind ebenfalls Gegenstand dieser einsemestrigen Vorlesung. Stromerzeugung und -handel Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser etwa 200 Hörer Die Vorlesung "Stromerzeugung und -handel" wird als Wahlpflichtfach und einsemestrige Vorlesung im Rahmen der Masterstudiengänge Wirtschaftsingenieurwesen und Elektrotechnik seit dem Wintersemester 2010/2011 angeboten. Zusätzlich findet die Veranstaltung im Wahlbereich des Studiengangs Nachhaltige Energieversorgung großen Zuspruch. Die Vorlesungsinhalte umfassen thermodynamische Grundlagen und eine Einführung in die Kraftwerkstechnik sowie die Grundlagen des Handels an Märkten für Primärenergie und Elektrizität. Abschließend wird ausführlich die mathematische Modellierung des Erzeugungssystems und der relevanten Märkte der Energiewirtschaft behandelt. Elektrische Energie aus regenerativen Quellen etwa 200 Hörer Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser u. andere Die gemeinsam mit den Lehrstühlen für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA), für Elektrische Maschinen (IEM), für Hochspannungstechnik (IFHT) und für Automation of Complex Power Systems (ACS) angebotene Ringvorlesung gibt einen Überblick über die physikalischen Grundlagen, die technisch-wirtschaftlichen Aspekte und das Entwicklungspotenzial der Erzeugung elektrischer Energie aus regenerativen Quellen. Sie richtet sich an Masterstudierende. 8 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

21 LEHRVERANSTALTUNGEN Power Economics in Liberalised Electricity Markets Prof. Dr.-Ing. J. Kreusel etwa 250 Hörer Nach einer Einführung in die Grundlagen wirtschaftlichen Handelns in der Elektrizitätswirtschaft werden die veränderten Rahmenbedingungen auf dem Strommarkt seit der Liberalisierung dargestellt. Ein erster Schwerpunkt ist dabei die Diskussion der Motive und Gestaltungsalternativen von Liberalisierungsansätzen im internationalen Vergleich. Ein zweiter Schwerpunkt ist die eingehende Betrachtung der Rollen verschiedener Akteure sowie der Preisbildungsmechanismen im liberalisierten Markt. Die Vorlesung und die Übung werden in englischer Sprache gehalten und richten sich an Masterstudierende. Im Sommersemester 2015 wurden den Studierenden als Ergebnis der Lehrevaluation erneut Videoaufzeichnungen der Vorlesungen online zur Verfügung gestellt. Energiehandel und Risikomanagement 220 Hörer Dipl.-Volksw. S. Becker Die Liberalisierung der Energiewirtschaft erweitert die Anforderungen an Berufsanfänger in der Strom- und Gaswirtschaft grundlegend. Durch das Entstehen des Großhandels und damit verbundenen Börsenpreisen im kurzfristigen Spot- sowie langfristigen Terminmarkt ist die gesamte eher technisch geprägte Wertschöpfungskette mit den Bereichen Erzeugung, Netz und Verteilung betroffen. So bestimmen Handelsmarktpreise den kurzfristigen Kraftwerkseinsatz und geben Signale für langfristige Investitionsentscheidungen. Im Rahmen der Vorlesung Energiehandel und Risikomanagement erläutert Herr Becker, Sprecher der Geschäftsführung der Trianel GmbH und Referent zahlreicher energietechnischer Fachtagungen, die Grundlagen von Energiehandel und dem damit einhergehenden Risikomanagement. Die Unternehmensstruktur der Trianel (Kombination von Erzeugung, Handel und Vertrieb) ermöglicht im Rahmen der Übungen eine praxisnahe Anwendung und Vertiefung des Lehrstoffs. Die Vorlesung richtet sich an Masterstudierende. Grundlagen der Netzbetriebsführung Dr.-Ing. K. Kleinekorte etwa 160 Hörer Die Vorlesung soll die Studierenden mit den operativen Grundprinzipien der Netzbetriebsführung vertraut machen, die losgelöst von speziellen Verbundsystemen bei der Führung eines Transportnetzes Geltung haben. Die besondere Komplexität großer Verbundsysteme wird dann am Beispiel des kontinentaleuropäischen Synchrongebietes systematisch vorgestellt. Im Vordergrund steht das physikalische prinzipielle Verständnis für die betrieblichen Zusammenhänge, die praxisnah vorgestellt werden. Dadurch soll dem Zuhörer die Vielschichtigkeit des Systembetriebs nahe gebracht werden. Besonderes Augenmerk wird auch darauf gelegt, wie die Liberalisierung der Energiemärkte die Systemführung verändert hat. Die Vorlesung richtet sich an Masterstudierende. Berufsumfeld von Ingenieuren in der Praxis Referenten aus der Praxis 55 Hörer Die im Rahmen des Aktionsprogramms Qualität der Lehre Innovative Reformprojekte von überregionalem Interesse des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen entwickelte Vorlesungs- und Diskussionsveranstaltung ermöglicht Studierenden in der Schlussphase ihres Studiums einen vielseitigen Einblick in ihr zukünftiges Berufsumfeld und das Gespräch mit Führungskräften aus der Praxis. Die Vorlesung richtet sich an Masterstudierende. Intensivkurs Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Ingenieure (mit Unternehmensplanspiel) 24 Teilnehmer In diesem Intensivkurs vermitteln IAEW-Referenten wesentliche betriebswirtschaftliche Grundlagen, die in einem rechnerbasierten Praxisteil angewandt werden. Dabei wird auf die spezifische wirtschaftliche Struktur und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Elektrizitätsversorgung eingegangen, die im Planspiel abgebildet werden. Projektarbeiten Einsatz von Wasserkraftwerken im Strommarkt 16 Teilnehmer Wasserkraftwerke ermöglichen eine umweltschonende, emissionsfreie Umwandlung von potenzieller (Wasser-) Energie in elektrische Energie. Vor allem im Vergleich zu thermischen Kraftwerken zeichnen sie sich zudem durch eine hohe Einsatzflexibilität aus, die Vorteile bei der Vermarktung der elektrischen Energie an Strombörsen bietet. In diesem Projekt soll für ein reales Pumpspeicherkraftwerk der an Marktpreisen orientierte optimale Einsatz ermittelt werden. Dabei sind beispielsweise die sich im Zeithorizont der Planungsrechnungen ändernden Zuflüsse zu den Speicherbecken sowie die unsicheren Marktpreise für elektrische Energie durch Varianten abzubilden und zu bewerten. Zunächst sollen aus öffentlich zugänglichen Quellen ein Datenmodell des Kraftwerks IAEW FGE JAHRESBERICHT

22 LEHRVERANSTALTUNGEN abgeleitet sowie Zufluss- und Marktpreisvarianten generiert werden. Eine wirtschaftliche Bewertung des Ausbaus der Kraftwerksgruppe erfolgt anschließend unter Nutzung eines am IAEW entwickelten, praxisbewährten Optimierungsverfahrens. Planung langfristig optimaler Mittelspannungsnetze 16 Teilnehmer Durch die Liberalisierung in der Elektrizitätswirtschaft und die Regulierung der Netznutzungsentgelte stehen die Netzbetreiber unter einem erhöhten Kostendruck. In einer Grundsatzplanung ermittelte langfristig kosteneffiziente Netzstrukturen dienen den Netzbetreibern als Zielvorgabe bei der weiteren Netzentwicklung und können zur Reduktion der Netzkosten beitragen. In diesem Projekt soll eine Grundsatzplanung für ein städtisches Mittelspannungsnetz unter Einsatz moderner Rechnerwerkzeuge durchgeführt werden. Verschiedene typische Netzstrukturen können dabei zur Lösung der gegebenen Planungsaufgabe eingesetzt werden. Eine Auswahl aus den so ermittelten Zielnetzen erfolgt hinsichtlich technischer und ökonomischer Kriterien. Der Weg zum langfristig optimalen Hochspannungsnetz 14 Teilnehmer Zur Planung kosteneffizienter Netzstrukturen müssen Netzbetreiber nicht nur langfristig optimale Zielnetze ermitteln, sondern auch den Ausbaupfad ausgehend vom Bestandsnetz hin zum Zielnetz optimieren. Im Rahmen dieses Projektes wird den Studierenden Netz-, Altersund Kostenstruktur eines Hochspannungsnetzes vorgegeben und die Frage gestellt, wie ein ebenfalls vorgegebenes Zielnetz kosteneffizient erreicht werden kann. Dazu müssen die Teilnehmer verschiedene Ausbaustrategien entwerfen, diese technisch und wirtschaftlich bewerten und abschließend eine Ausbauempfehlung abgeben. Erstsemesterprojekt MATLAB meets LEGO Mindstorms 20 Teilnehmer Im Rahmen einer Blockveranstaltung über acht Tage nehmen alle Erstsemester des Bachelorstudiengangs Elektrotechnik an dem Projekt MATLAB meets Lego Mindstorms teil. Die Studierenden werden hierzu auf alle Institute des Fachbereichs Elektrotechnik und Informationstechnik aufgeteilt und vor Ort betreut. Ziel ist es, die Studierenden durch Ansteuerung von LEGO Mindstorms NXT Robotern an die Programmierung mit der mathematischen Entwicklungsumgebung MATLAB heranzuführen. Abschluss dieses Projektes bildet die Konstruktion und Steuerungsentwicklung eines eigenen Roboters, welcher im Rahmen einer Präsentation vorgestellt und demonstriert wird. Viertsemesterprojekt - Bewertung der Versorgungsqualität in Mittelspannungsnetzen 16 Teilnehmer In Zusammenarbeit aller energietechnischen Lehrstühle wurde dieses Jahr den Studierenden ein energietechnisches Viertsemesterprojekt angeboten. Das Projekt umfasst zwei Aspekte der Zuverlässigkeitsbewertung. Zuerst wird ein real existierendes Netz hinsichtlich der Kosten und der Versorgungszuverlässigkeit quantitativ bewertet. Dabei werden die üblichen Vorgehensweisen bei der Zuverlässigkeitsbewertung angewendet. Im zweiten Schritt ist ein Industriekunde in das vorher betrachtete Netz zu integrieren. Die Kosten technisch möglicher Varianten sind unter Beachtung der geforderten Versorgungszuverlässigkeit zu ermitteln und gegenüber zu stellen. Die Berechnungen der Zuverlässigkeit werden händisch und unter Zuhilfenahme moderner rechnergestützter Netzanalyseverfahren durchgeführt. Praktika Energietechnisches Praktikum I+II 261 Teilnehmer Während das Energietechnische Praktikum I Pflichtbestandteil des Bachelor-Studiengangs Energietechnik ist, kann das Energietechnische Praktikum II im Masterstudiengang zusätzlich vertiefend gewählt werden. Beide Praktika haben zum Ziel, die in den Vorlesungen abgeleiteten Grundlagen über das Komponenten- und Systemverhalten an Analog- und Rechnermodellen zu demonstrieren. Das Praktikum wird zusammen mit den Lehrstühlen für Elektrische Maschinen, Hochspannungstechnik sowie Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe durchgeführt. Seminare Doktoranden-Seminar In dieser institutsinternen Seminarreihe berichtet jeder Doktorand einmal jährlich während einer 4-stündigen Veranstaltung über Ziele, Lösungsverfahren, Ergebnisfortschritt und Zeitplan seiner Arbeit. Bachelor- und Masterarbeits-Seminar Zum Abschluss der Masterarbeit muss jeder Studierende in einem halbstündigen, frei gehaltenen Vortrag mit Diskussion über seine Arbeit berichten. Vortrag und Diskussion gehen in die Bewertung der Masterarbeit ein. Das gleiche gilt für die Bachelorarbeit, wobei hier die Zeit auf 15 Minuten beschränkt ist. 10 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

23 LEHRVERANSTALTUNGEN Seminar zum Praxissemester Die Studierenden der Elektrotechnik und Informationstechnik müssen über die im Praxissemester gemachten Erfahrungen im Rahmen eines Seminarvortrages berichten. Jeder Teilnehmer hält einen Vortrag von etwa 15 Minuten mit daran anschließender Diskussion. Seminar Stromerzeugung und Energiehandel 9 Teilnehmer Im englischsprachigen Seminar lernen die Teilnehmer ein individuelles Thema aus dem Gebiet Stromerzeugung und Energiehandel zu recherchieren und wissenschaftlich in einer schriftlichen Seminararbeit aufzubereiten, so dass die Ergebnisse am Ende des Semesters im Rahmen eines halbstündigen Vortrages präsentiert und diskutiert werden können. Neben der durchgängigen Unterstützung durch einen Betreuer werden zu Beginn der Veranstaltungsreihe allen Teilnehmern grundlegende Präsentationstechniken vermittelt. IAEW FGE JAHRESBERICHT

24 GREMIEN Mitarbeit in Gremien Energietechnische Gesellschaft (ETG) V2 Übertragung und Verteilung elektrischer Energie Energietechnische Gesellschaft (ETG) V3 Energiewirtschaft Prof. A. Moser Prof. A. Moser Mitglied des Vorstandes der Energietechnischen Gesellschaft (ETG) im VDE Prof. A. Moser IEEE, Power and Energy Society Prof. A. Moser Wissenschaftlicher Arbeitskreis für Regulierungsfragen der Bundesnetzagentur Prof. A. Moser Strategieplattform Power-to-Gas der Deutschen Energieagentur Prof. A. Moser Vorsitzender des VDE Regio Aachen e. V. Prof. A. Moser Deutsches Komitee der CIGRE (DK-CIGRE) Prof. A. Moser Regionalbeirat Mitte der RWE AG Prof. A. Moser Wissenschaftlicher Beirat der 50Hertz Transmission GmbH Prof. A. Moser Mitglied im TenneT Innovation Advisory Board der TenneT Holding B.V. Prof. A. Moser Wissenschaftlicher Beirat der Fachzeitschrift et Energiewirtschaftliche Tagesfragen Wissenschaftlicher Beirat des Forschungscampus Elektrische Netze der Zukunft (FEN) an der RWTH Aachen Energiebeirat der Stadt Aachen Prof. A. Moser Prof. A. Moser M.Sc. T. Bongers FNN-Übergangsprojektgruppe Störungsstatistik Wirt.-Ing. M.Sc. J. Lichtinghagen CIGRE WG C1-17 Transmission Investments Decision Points and Trees M.Sc. T. Bongers Mitglied in der Handelsblatt Energy Academy Prof. A. Moser 12 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

25 FGE Forschungsgesellschaft Energie an der RWTH Aachen e. V. Die FGE im Überblick Aufgabe der Forschungsgesellschaft Energie an der RWTH Aachen e. V. (FGE) ist die Förderung der Forschung an der RWTH Aachen auf dem Gebiet der Energiewirtschaft, -umwandlung, -verteilung und -anwendung. Technische Fragestellungen sind dabei ebenso Forschungsgegenstand wie wirtschaftliche Themen. Die FGE fördert zudem den Austausch von Erfahrungen zwischen ihren Mitgliedern und unterstützt die Ausbildung des Ingenieurnachwuchses. Die wissenschaftliche Begrenzung ihrer Aufgaben verbietet die Unterordnung unter partikuläre Interessen politischer oder wirtschaftlicher Art. Die Gesellschaft verfolgt somit ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Ihren Aufgaben kommt die FGE in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IAEW) nach. Zahlreiche Forschungsaktivitäten, Vortragsabende und Publikationen wurden bereits von der FGE initiiert bzw. herausgegeben. Über aktuelle Forschungsergebnisse berichtet der vorliegende FGE-Jahresbericht. Veranstaltungen wie die jährliche Mitgliederversammlung, die alle zwei Jahre stattfindende FGE-Tagung, FGE-Kolloquien sowie angebotene FGE-Seminare bieten sowohl die Möglichkeit einer fachlichen Weiterbildung im Rahmen der FGE als auch die Chance, alte Verbindungen zu pflegen und neue zu knüpfen. Ein weiteres Anliegen der FGE ist es, den Kontakt zwischen ihren Mitgliedern und dem studentischem Nachwuchs zu intensivieren. Hierzu können FGE- Mitglieder bei den regelmäßig stattfindenden FGE- Kolloquien vor einem fachkundigen Publikum neue Projekte ihres Unternehmens präsentieren und sich dabei interessierten Studierenden vorstellen. Der Kontakt zu den Studierenden wird des Weiteren über so genannte Abgängerkarten gepflegt. Dabei erhalten die FGE-Mitgliedsunternehmen eine Kurzbeschreibung samt Lebenslauf von herausragenden Studierenden, die sich kurz vor Ende ihres Studiums befinden. Der FGE gehören zurzeit 74 Energieversorgungs-, Industrie- und Beratungsunternehmen an. Erfreulich ist die Tatsache, dass auch Unternehmen aus dem benachbarten Ausland der FGE angehören. Ebenfalls spiegeln sich in den Mitgliedsunternehmen der FGE die neuen Herausforderungen in der europäischen Energiewirtschaft wider: Neben Industrie- und Energieversorgungsunternehmen bewerben sich zunehmend Stromhandels- und Beratungsunternehmen um die FGE- Mitgliedschaft. Dem Kuratorium der FGE gehört neben gewählten Vertretern aus dem Mitgliederkreis der Rektor der RWTH Aachen an. Vorsitzender des Kuratoriums ist Dr.-Ing. J. Schneider, Vorstand der RWE Deutschland AG. Mit der Geschäftsführung ist Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser beauftragt. Mitgliedsunternehmen 90 Sonstige 80 Industrie 70 Energieversorger 60 Summe Bild 1: FGE-Mitgliederentwicklung seit 1990 IAEW FGE JAHRESBERICHT

26 FGE FGE-Tagung Die FGE-Tagung findet als zweitägige Vortragsveranstaltung im zweijährigen Abstand in Aachen statt und richtet sich an Entscheidungsträger aus Energieversorgung, Industrie, Beratungsunternehmen, Behörden und Forschung. Die stets hohe Teilnehmerzahl bestätigt Themen- und Referentenwahl und belegt das große Interesse an diesen Veranstaltungen. So war auch die letzte FGE-Tagung (siehe Seite 16) am 1./2. Oktober 2015 mit über 300 Teilnehmern wieder ein großer Erfolg. Auch die FGE-Tagung 2017 wird sich mit der Energiewende und den damit verbundenen Veränderungen und Herausforderungen in der Energiewirtschaft beschäftigen. Die Tagung wird wie gewohnt im Herbst 2017 an der RWTH Aachen stattfinden. Genauere Informationen werden hierzu zeitnah bekannt gegeben. FGE-Mitgliederversammlung Die Mitgliederversammlung fand am 30. September 2015 in den Räumen des Institutes statt. Annähernd 60 der FGE-Mitgliedsunternehmen wurden durch ihre namhaften Vertreter repräsentiert. Im Anschluss an die Versammlung luden die Firmen Kisters AG und SOPTIM AG zum gemeinsamen Abendessen in das Restaurant Ratskeller ein. Hier bot sich die Möglichkeit, bei interessanten Gesprächen den Abend ausklingen zu lassen. In diesem Jahr wird die Mitgliederversammlung am 30. September auf Einladung der VSE AG in Saarbrücken stattfinden. FGE-Kolloquien In jedem Semester findet an drei Donnerstagen um 18:00 Uhr das FGE-Kolloquium mit einem ca. einstündigen Vortrag und anschließender Diskussion im Hörsaal des IAEW statt. Fachleute aus Industrie, Energieversorgung, Hochschulen und Behörden berichten über aktuelle Entwicklungen in Energietechnik, -wirtschaft und -politik. Die Kolloquien dienen zum einen dem Informationsaustausch über aktuelle Entwicklungen in der Industrie und Forschung, zum anderen aber auch der Verbesserung der Kontakte zwischen universitärem Nachwuchs und Industrie. Nachfolgend ist das Programm für den Berichtszeitraum aufgeführt: 12. November 2015 Dr. Stefan Küppers Geschäftsführer Technik Westnetz GmbH, Dortmund DSO2.0 Entwicklung des Verteilnetzbetreibers durch die Energiewende 10. Dezember 2015 Dr. Thomas Goette Geschäftsführer GreenPocket GmbH, Köln Internet der Dinge Geschäftsmodelle und Anwendungen im Smart Home 11. Februar 2016 Prof. Dr. Frank Brettschneider Lehrstuhlinhaber, Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft, Universität Hohenheim, Stuttgart Mitglied Wissenschaftlicher Arbeitskreis für Regulierungsfragen der Bundesnetzagentur Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung beim Netzausbau 14. April 2016 Dr. Oliver Franz Senior Expert Regulatorische Ergebnissteuerung, Regulierungsmanagement RWE International SE, Essen Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende 28. April 2016 Dr. Klaus von Sengbusch Leiter Energiewirtschaft 50Hertz Transmission GmbH, Berlin Regelenergiemärkte Aktuelle Entwicklungen und zukünftige Ziele 16. Juni 2016 Joachim Bertsch Manager Qs ewi Energy Research & Scenarios ggmbh, Köln (in Vertretung für Frau Dr. Christina Elberg) Entwicklungen in der Netzentgeltsystematik 14 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

27 FGE FGE-Seminar Auch das FGE-Seminar 2016 wird sich mit der Energiewende und den damit verbundenen Veränderungen und Herausforderungen in der Energiewirtschaft beschäftigen. Das Seminar wird voraussichtlich im November 2016 an der RWTH Aachen stattfinden. Genauere Informationen werden hierzu zeitnah bekannt gegeben. Mitgliederversammlung Kuratorium Dr.-Ing. J. Schneider (Vorsitzender) Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser (Geschäftsführer) Dr.-Ing. J. Büchner Dipl.-Ing. W. Fischer Dipl.-Ing. R. Joswig Dr. rer. nat. U. Keussen Dr. rer. nat. T. Pape Univ.-Prof. Dr.-Ing. E. M. Schmachtenberg Dr.-Ing. M. Schumacher Dipl.-Ing. D. Spohn Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. T. Drees (Sekretär der FGE) Bild 2: Organigramm der FGE IAEW FGE JAHRESBERICHT

28 FGE-TAGUNG 2015 FGE-Tagung 2015 Herausforderungen und Chancen der Energiewende Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Tim Drees Die Forschungsgesellschaft Energie an der RWTH Aachen veranstaltet im zweijährigen Zyklus Tagungen, die stets auf große Resonanz stoßen. Auch die letzte Tagung unter der wissenschaftlichen Tagungsleitung von Univ.-Prof. Dr.-Ing. A. Moser war wieder ein Erfolg. Weit über 300 Teilnehmer kamen nach Aachen, um über aktuelle Fragen der Energieversorgung zu diskutieren. 1 Themen der Tagung Das Themenfeld der Energiewende dominierte wie die gesamte Branche auch die FGE-Tagung des Jahres 2015 mit dem Titel Herausforderungen und Chancen der Energiewende. Wie in den Jahren zuvor konnten hochkarätige Redner für die zweitägige Veranstaltung im Oktober 2015 gewonnen werden, die bedeutende Positionen in allen Bereichen der Energiewirtschaft, Industrie aber auch Behörden oder Forschungseinrichtungen bekleiden. Dies spiegelte sich in einem hohen Publikumsinteresse mit weit mehr als 300 Teilnehmern wider. Im Anschluss an die Impulsvorträge zum Stand der Energiewende aus deutscher und europäischer Perspektive durch Vertreter der Europäischen Kommission, der RWE und der Bundesnetzagentur standen die zukünftigen Beiträge von Flexibilitätsoptionen im Rahmen der Energiewende im Fokus des ersten Konferenztages. In den beiden Sitzungen am Nachmittag wurden die Auswirkungen auf Engpassbewirtschaftungsmaßnahmen sowohl in der Übertragungs- als auch der Verteilnetzebene präsentiert und die zukünftigen Rollen der Netzbetreiber intensiv diskutiert. Abgeschlossen wurde der erste Konferenztag mit einem gemeinsamen Get Together im Krönungssaal des Aachener Rathauses. ersten Erfahrungen mit interaktiven Verteilnetzen sowie die notwendigen Weiterentwicklungen gewährt werden. Daneben standen in der zweiten Sitzung zukünftige Kopplungspunkte zur Erdgas- und Wärmeinfrastruktur sowie die sich ergebenden Potenziale für Flexibilitätsoptionen im Fokus. 2 Vorträge Sitzung 1: Stand der Energiewende Moderation: F. Lamprecht, Chefredakteur et, Energiewirtschaftliche Tagesfragen, etv Energieverlag GmbH Dr. F. Ermacora, Leiter Referat Großhandelsmärkte Strom u. Gas, Europäische Kommission Die Energiewende aus deutscher und europäischer Sicht: ein Ziel, aber zwei Wege? Dr. J. Schneider Mitglied des Vorstandes der RWE Deutschland AG Stand der Energiewende aus Netzbetreibersicht A. Zerres Leiter der Abteilung Energieregulierung, Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Die Themen Smart Grid und Kopplung von Energiesystemen standen thematisch im Mittelpunkt des zweiten Konferenztages. Im Rahmen der ersten Sitzung am Vormittag konnten Einblicke in die Anforderungen und Herausforderungen der Energiewende für die Bundesnetzagentur 16 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

29 FGE-TAGUNG 2015 Sitzung 2: Flexibilitätsoptionen Moderation: Dr. M. Ritzau, Geschäftsführer, BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH Sitzung 3: Netzausbau und Engpassmanagement im Übertragungs- und Verteilnetz Moderation: Dr. C. Maurer, Geschäftsführer, Consentec GmbH J. Taschenberger Director Asset Commercialization, E.ON Generation GmbH Aktueller und zukünftiger Beitrag des Kraftwerkparks zur Systemflexibilität R. Joswig Geschäftsführer, TransnetBW GmbH Von der Stromautobahn auf die Nebenstraßen - Folgen eines verzögerten Netzausbaus H. Bergmann Geschäftsführerin, Voith Hydro GmbH & Co. KG Wie können Speicher zur Bewältigung von Herausforderungen der Energiewende beitragen? Dr. O. John Leiter Internationale Regulierung/Angelegenheiten, Amprion GmbH, ENTSO-E Bidding Zone Study Task Force ENTSO-E Bidding Zone Study Bericht zum aktuellen Sachstand und weiteres Vorgehen Dr. C. Czauderna Leitung Business Management Energie, Currenta GmbH & Co. OHG Flexibilitäten in der industriellen Last und Erzeugung Dr. A. Montebaur Leiter Netzsteuerung, E.ON SE / E.ON Deutschland Spitzenkappung in Verteilnetzen was heißt das in der Praxis? IAEW FGE JAHRESBERICHT

30 FGE-TAGUNG 2015 Sitzung 4: Zukünftige Rollen im Energiemarkt Moderation: Dr. J. Büchner, Geschäftsführer, E-Bridge Consulting GmbH Sitzung 5: Smart Grid Moderation: Prof. Dr. J. Kreusel, Leiter des Konzernprogramms Smart Grids, ABB AG Dr. U. Keussen Vorsitzender der Geschäftsführung, TenneT TSO GmbH Zukunft von TSO und DSO = living in perfect harmony? S. Behrend Geschäftsführer, SAG Group GmbH Dezentrale Verteilnetzautomatisierung im Praxiseinsatz Konzept, Erfahrungen und aktuelle Weiterentwicklungen Dr. A. Schweer Geschäftsführer, Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbh Die neue Rolle der Verteilnetze: DSO 2.0 J. Brand Leiter Spezialservice Strom, Westnetz GmbH Anforderungen an ein interaktives Verteilnetz Dr. A. Cerbe Mitglied des Vorstandes, RheinEnergie AG Der Markt ändert sich! Das Rollenverständnis der RheinEnergie und was wir daraus machen Dr. M. Konermann Geschäftsführer, Netze BW GmbH Schafft das Verteilnetz die Energiewende? Smart Grids bei der Netze BW GmbH eine Zwischenbilanz 18 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

31 FGE-TAGUNG 2015 Sitzung 6: Kopplung von Energiesystemen Moderation: Prof. Dr. M. Sterner, Forschungsstelle für Energienetze und Energiespeicher (FENES), OTH Regensburg R. Schoof Leiter / Head of Energy Storage Facilities, E.ON Gas Storage GmbH Kopplung von Energiesystemen: Kopplungspunkte in die Erdgasinfrastrukturen und -märkte und warum die Energiewende eine Gas- Wende ist U. Schmack Geschäftsführer, MicrobEnergy GmbH, Viessmann Gruppe Vom Strom- in den Wärmemarkt Fluktuierend Erneuerbare Energien flexibel nutzen H. Hinrichs Technischer Leiter, Smartlab Innovationsgesellschaft mbh Vernetzung als Basis der flächendeckenden Elektromobilität IAEW FGE JAHRESBERICHT

32 MITGLIEDSUNTERNEHMEN DER FGE Mitgliedsunternehmen der FGE und deren Repräsentanten Stand: Hertz Transmission GmbH, Berlin ABB AG, Mannheim Amprion GmbH, Dortmund Austrian Power Grid AG, Wien (A) Avacon AG, Helmstedt BASF SE, Ludwigshafen BearingPoint GmbH, Düsseldorf BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH, Aachen BW PARTNER WPG/Stbg, Stuttgart Capgemini Consulting, Köln con energy ag, Essen Consentec GmbH, Aachen CONSULECTRA Unternehmensberatung GmbH, Hamburg Creos Deutschland GmbH, Saarbrücken Currenta GmbH & Co. OHG, Leverkusen DB Energie GmbH, Frankfurt a. M. DNV GL-Energy - KEMA Consulting GmbH, Bonn Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH, Dortmund E-Bridge Consulting GmbH, Bonn EDF Luminus, Brüssel (B) EEX European Energy Exchange AG, Leipzig Enovos Energie Deutschland GmbH, Wiesbaden EWE Netz GmbH, Oldenburg EWR Netz GmbH, Worms Dr. F. Golletz, Geschäftsführer Dr.-Ing. M. Schumacher, Vorstandsmitglied Dr.-Ing. K. Kleinekorte, Geschäftsführer DI Mag. (FH) G. Christiner, Vorstandsdirektor Dr. S. Tenge, Vorstand Technik Dr. E. Zeller, Vice President Global Direct Procurement Basic Products J. Raschke, Partner Dr.-Ing. M. Ritzau, Geschäftsführer Dipl.-Finanzwirt (FH) M.Sc. H. Meng, Partner A. Weiler, Vice President Dr. R. Dudenhausen, Vorstandsmitglied Dr.-Ing. W. Fritz, Geschäftsführer Dr. rer. nat. T. Pape, Geschäftsführer J. Apelt, Geschäftsführer Dr. S. Dresely, Leiter Geschäftsfeld Energie Dipl.-Ing. T. Groh, Geschäftsführer C. F. Hülsen, Prokurist P. Flosbach, Geschäftsführer Dr.-Ing. J. Büchner, Geschäftsführer Dr.-Ing. J. Dennersmann, Corporate Director Trading & Supply Dr.-Ing. Dr. rer. pol. T. Paulun, Chief Strategy Officer Dipl.-Ing. Dipl.-Betriebsw. T. Reukauf, Geschäftsführer Dipl.-Ing. T. Maus, Geschäftsführer Dipl.-Ing. J. Krämer, Geschäftsführer 20 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

33 MITGLIEDSUNTERNEHMEN DER FGE Fichtner GmbH & Co. KG, Stuttgart FourManagement GmbH, Düsseldorf GE Grid GmbH, Frankfurt Industrial Consulting International, Mettmann KELAG Kärntner Elektrizitäts-AG, Klagenfurt (A) Kisters AG, Aachen KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Berlin Kreis-Energie-Versorgung Schleiden GmbH, Kall Lahmeyer International GmbH, Bad Vilbel Maschinenfabrik Reinhausen GmbH, Regensburg MBS Naturstromspeicher GmbH, Ulm MDN Main-Donau Netzgesellschaft mbh, Nürnberg Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbh, Halle (Saale) MVV Energie AG, Mannheim Netz Leipzig GmbH, Leipzig Netze BW GmbH, Stuttgart nkt cables GmbH, Köln Omexom Service GmbH, Heidelberg OsthessenNetz GmbH, Fulda Pfalzwerke Netz AG, Ludwigshafen Pfisterer Kontaktsysteme GmbH & Co KG, Winterbach ProCom GmbH, Aachen PSI Aktiengesellschaft für Produkte und Systeme der Informationstechnologie, Aschaffenburg RheinEnergie AG, Köln RWE Deutschland AG, Essen Dipl.-Ing. R. Epping, Geschäftsbereichsleiter Dipl.-Ing. C. Schrader, Geschäftsführer Dr.-Ing. J. Schwarz, Geschäftsführer Dr. rer. pol. W. Dotzenrath Dipl.-Ing. Dr. R. Draxler, Geschäftsführer der KNG-Kärnten Netz GmbH Dipl.-Ing. C. Roenick, Leiter Vertrieb Energiedatenmanagement Dr. C. Wiebe, Geschäftsführer H. Klaßen, Geschäftsführer Dipl.-Ing. E. Kleine, Leiter Energieübertragung und Verteilung Dipl.-Ing. M. Rohde, Geschäftsführer Dipl.-Ing. (FH) A. Schechner, Geschäftsführer G. Höfer, Geschäftsführer Dr.-Ing. A. Schweer, Geschäftsführer Dipl.-Ing. F. Pavel, Technischer Geschäftsführer der Netrion GmbH, Mannheim Dipl.-Ing. (FH) A. Kühnl, Geschäftsführer Dr. M. Konermann, Geschäftsführer Dr. rer. nat. V. Waschk, Direktor Dipl.-Ing. F. Westphal, Geschäftsführer der VINCI Energies Deutschland GmbH, Berlin Dipl.-Ing. B. Herber, Geschäftsführer Dr. K. Zimmer, Leiter Netzplanung und IH-Strategie Dipl.-Ing. M. Schuster, Geschäftsführer Dr. M. Scheidt, Geschäftsführer Dipl.-Ing. (FH) W. Fischer, Geschäftseinheitenleiter/ Managing Director Dr. A. Cerbe, Vorstandsmitglied Dr.-Ing. J. Schneider, Vorstandsmitglied IAEW FGE JAHRESBERICHT

34 MITGLIEDSUNTERNEHMEN DER FGE SAG GmbH, Langen Schneider Electric GmbH, Seligenstadt Siemens AG, Erlangen SOPTIM AG, Aachen SPRINT! Energy Consulting GmbH, Essen Stadtwerke Aachen AG, Aachen Stadtwerke Bochum Holding GmbH, Bochum Städtische Werke Netz + Service GmbH, Kassel Statkraft Markets GmbH, Düsseldorf Stromnetz Berlin GmbH, Berlin Dipl.-Ing. S. Behrend, Geschäftsführer Dr.-Ing. J. Dams, Vice President Energy Dr. J. Mrosik, CEO Division Smart Grids (IC SG) Dr.-Ing. H. Röllinger Dipl.-Geophysiker, MBA A. Stephan, Geschäftsführer Dr.-Ing. P. Asmuth, Vorstandsmitglied Dipl.-Ing. D. Spohn, Geschäftsführer Dipl.-Ing. E. Weldner, Geschäftsführer Dr.-Ing. P. Siemes, Portfolio Manager Dr.-Ing. E. Landeck, Geschäftsführer Süwag Energie AG, Frankfurt N. N. Swissgrid AG, Laufenburg (CH) SWO Netz GmbH, Osnabrück TenneT TSO GmbH, Bayreuth The Boston Consulting Group GmbH, München TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG, Innsbruck (A) TransnetBW GmbH, Stuttgart Trianel GmbH, Aachen Uniper Global Commodities SE, Düsseldorf Viessmann Werke GmbH & Co. KG, Allendorf (Eder) Voith Hydro GmbH & Co. KG, Heidenheim VOLTARIS GmbH, Maxdorf Vorarlberger Illwerke AG, Bregenz (A) VSE Aktiengesellschaft, Saarbrücken Dr. J. Spicker, Mitglied der Geschäftsleitung, Leiter Market Operations Dipl.-Ing. I. Hannemann, Technischer Leiter der Stadtwerke Osnabrück AG Dr. rer. nat. U. Keussen, Vorsitzender der Geschäftsführung Dr.-Ing. D. Schlecht, Principal Dipl.-Ing. Dr. P. Bauhofer, Leiter der Abteilung Energiestrategie und Energieeffizienz Dipl.-Ing. R. Joswig, Geschäftsführer Dipl.-Volksw. S. Becker, Geschäftsführer Dr. F. Curtius, Vice President Commercial Interfaces S. Eitzenhöfer, Projektleiter Netzanbindung von Erzeugungsanlagen der Viessmann Werke Allendorf GmbH Dipl.-Ing. (FH) M. Wirth, Director Sales Dipl.-Ing. P. Zayer, Geschäftsführer Dipl.-Ing. H. Mennel, Vorstandsmitglied Dr.-Ing. G. Clemens, Vorstandsmitglied 22 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

35 MITGLIEDSUNTERNEHMEN DER FGE wesernetz Bremen GmbH, Bremen Westnetz GmbH, Dortmund Dipl.-Ing. R. Albert, Bereichsleiter Netzmanagement Dr. J. Grönner, Geschäftsführer Integration/ Asset Management Persönliche Mitglieder Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-D. Kochs, Duisburg Dr.-Ing. J. Schneider, Weinheim Dipl.-Ing. W. Wilhelm, Andernach Ehrenmitglieder Dr.-Ing. R. Bierhoff, Essen Dipl.-Ing. M. Fuchs, Kirchheim bei München Prof. Dr.-Ing. R. Windmöller, Ennepetal IAEW FGE JAHRESBERICHT

36 DISSERTATIONEN Quantitative Bewertung der Netzsicherheit in der Planung elektrischer Übertragungsnetze Quantitative Assessment of Grid Security in Transmission Grid Planning Dr.-Ing. Philipp Awater Die erhöhte Belastung des Übertragungsnetzes führt zu einer steigenden Anzahl von netz- und marktbezogenen Eingriffen im Übertragungsnetzbetrieb, die erforderlich sind, um eine ausreichende Netzsicherheit gewährleisten zu können. Die Bewertung der Netzsicherheit erfolgt gegenwärtig auf Basis des deterministischen (n-1)-sicherheitskriteriums, dessen Einhaltung mit der steigenden Netzbelastung zunehmend schwieriger und komplexer wird. Infolge der steigenden Transitflüsse und der potenziell längeren ungeplanten Ausfalldauern neuerer Betriebsmitteltechnologien ist eine Aussage über das Netzsicherheitsniveau mit dem (n-1)-sicherheitskriterium nur sehr eingeschränkt möglich. Aus diesem Grund müssen bereits in der Planung von Übertragungsnetzen quantitative Kenngrößen angewendet werden, die den Informationsgehalt des (n-1)-sicherheitskriteriums erweitern und somit eine umfassende Vergleichbarkeit der Netzsicherheit zulassen. The emerging interest in natural resources, the growing concern for climate protection, and the associated support for renewable energy sources have recently initiated extensive transformations of power systems in many countries. The rise of renewable energy and the simultaneous decommissioning of conventional units mainly drive these restructuring processes. Renewable energy such as wind farm, solar farm etc. tends to be generated far away from the main centers of consumptions. The configuration and distribution of generation and demand pose new challenges for the transmission grids, their operators, and planners. It has become apparent that transmission grids need to transport increasing and fluctuating power flows over long distances. Strengthening and expanding the existing transmission grids is the only solution to meeting these growing requirements. Grid expansion projects can bring significant improvements to the security of supply. On the other hand, such projects have huge economic and environmental consequences and suffer from lack of public acceptance. Therefore, it is necessary that any grid expansion project be justified by a robust grid security assessment. Deterministic criteria commonly used in such assessments are insufficient because of fast changing conditions and uncertainties of stochastic unplanned outages. Probabilistic assessment can make an important contribution to such evaluations as it facilitates better insights into grid operation and the risks of violating system limits. The calculation of probabilistic indices can help to identify the fundamental necessity of grid expansion. Furthermore, in addition to deterministic grid security considerations, the comparison of the quality of different grid expansions measures can be made possible. The installation of new grid assets, such as HVDC connectors, can be accurately accounted for by probabilistic approaches. This approach discusses the fundamental differences between deterministic and probabilistic assessment and presents novel approaches to quantifying grid security by means of a probabilistic method. The probabilistic method is demonstrated on possible applications. In grid development planning, it is crucial that the grid models meet the applied grid security requirements in view of the changing generation and demand conditions. In particular, different grid strengthening and expansion scenarios are deduced and should be assessed in terms of their contribution to the grid security. Any grid assessment in expansion planning should aim to consider a sufficiently large number of representative power flow situations. Thus, assessments based on hourly time intervals within annual runs have been widely adopted. However, there is nothing to prevent an even finer grained analysis. An examination of certain critical situations is also possible, but has sometimes been rated as insufficient, as the shaping of those bottleneck situations in the future is subject to major uncertainties. The exemplary studies show the practicality and benefits of the method. Using the example of the German power grid development plan 2024 basic statements can be derived, which faults and power flow situations should be considered as part of the (N-1) criterion as relevant for planning purposes. Furthermore, grid components are identified which take in particularly impact on the grid security so that their availability has a special significance for grid security. Moreover the specific role on grid security can be quantified for each planned HVDC connection. By this means the results contribute professional input to discussions in public and politics about the need for grid enforcement and expansion. 24 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

37 DISSERTATIONEN 1 Einleitung 1.1 Das (N-1)-Kriterium in der Netzplanung In der Planung elektrischer Übertragungsnetze ist das (N-1)-Kriterium ein einfach anwendbares und anerkanntes Kriterium, mit dem die Einhaltung der Netzsicherheit bei einer Störung deterministisch bewertet werden kann. Das (N-1)-Kriterium besagt, dass auch nach einer Störung, die zum Ausfall eines einzigen Betriebsmittels führt, die technischen Grenzwerte von den verbleibenden Netzbetriebsmitteln eingehalten werden sowie die uneingeschränkte Versorgung von Letztverbrauchern gewährleistet ist. Die Einhaltung der Netzsicherheit steht in der heutigen Übertragungsnetzplanung im besonderen Fokus, da das Übertragungsnetz aufgrund der höheren Transportentfernung zwischen Erzeugung und Verbrauch stärker beansprucht wird. Das steigende Übertragungserfordernis hat somit auch zur Folge, dass der Auswirkungsbereich von Störungen tendenziell weiträumiger ist. Im Vergleich zu einem geringen Übertragungserfordernis sind mehr Netzbetriebsmittel von der Störungsauswirkung betroffen. Das höhere Übertragungserfordernis und die damit einhergehende höhere Auslastung der Betriebsmittel darf jedoch nicht zu einer Gefährdung der Netzsicherheit führen. 1.2 Ziel der Arbeit Die Bewertung der Netzsicherheit mittels (N-1)-Kriterium lässt lediglich die Aussage zu, ob das (N-1)-Kriterium eingehalten wird oder nicht. Zur Beurteilung der Störungsauswirkungen auf die Netzsicherheit müssen daher quantitative Kenngrößen definiert werden, die bei der Netzplanung die Bewertung der Netzsicherheit mit dem deterministischen (N-1)-Kriterium durch zusätzliche Untersuchungen ergänzen. Das Ziel der Arbeit ist es, mithilfe quantitativer Kenngrößen eine Bewertung der Netzsicherheit vorzunehmen, wodurch eine Vergleichbarkeit unterschiedlicher (N-1)-sicherer Netznutzungsfälle und Übertragungsnetze ermöglicht wird. Mithilfe einer umfangreichen Auswahl von Störungssituationen und den dazugehörigen Störungswahrscheinlichkeiten werden unter Berücksichtigung der jeweiligen Betriebsmittelbelastung die relevanten Störungsauswirkungen auf das Netz bestimmt und betriebsmittelscharf evaluiert. 2 Analyse und Modellbildung 2.1 Klassifizierung von Störungen Das (N-1)-Kriterium definiert grundsätzlich eine Redundanzanforderung, d. h. eine Störung darf nicht zu einer Verletzung der Betriebsgrenzen bei anderen Betriebsmitteln führen. Welche Störungen im (N-1)-Kriterium berücksichtigt werden, obliegt dem verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber. Für die Netzplanung stellt sich somit die Frage, auf Grundlage welcher Kriterien eine Störung als planungsrelevant eingestuft werden muss und in welchen Fällen eine Störung für die Netzplanung vernachlässigt werden kann Planungsrelevante Störungen Als planungsrelevant gelten Störungen, die im Rahmen des deterministischen (N-1)-Kriteriums nicht zu einer direkten Beeinträchtigung der Netzsicherheit führen dürfen. Dazu zählen verhältnismäßig wahrscheinliche Einfachausfälle von Kraftwerken, Freileitungs- oder Kabelstromkreisen oder Transformatoren. Für das deutsche Übertragungsnetz ist ein (N-1)-Kriterium definiert, das sowohl für den störungsfreien Normalbetrieb als auch bei einem Einfachausfall keine dauerhaften Verletzungen der Betriebsmittel- und Spannungsgrenzen zulässt [1]. Zusätzlich sollen Stabilitätsverluste, Versorgungsunterbrechungen, Folgeauslösungen und Störungsausweitungen ausgeschlossen werden. Für das deutsche Übertragungsnetz wird das (N-1)- Kriterium auf auslegungsrelevante Netznutzungsfälle bezogen, in denen jeweils auch der Ausfall der wichtigsten Erzeugungseinheit unterstellt ist Bedingt-planungsrelevante Störungen Bei bedingt-planungsrelevanten Störungen handelt es sich um eine festgelegte Kombination von Betriebsmittelnichtverfügbarkeiten, die nicht zu Grenzwertverletzungen bei den verbliebenen Betriebsmitteln führen dürfen. Dies kann beispielsweise der stochastische Einfachausfall eines Betriebsmittels sein, während ein anderes Betriebsmittel wartungsbedingt nicht zur Verfügung steht. Dies trifft vor allem für Betriebsmittel zu, bei denen die Wartung mehrere Wochen bis Monate beträgt und für diesen Zeitraum auch bei einer reduzierten Anzahl an verfügbaren Betriebsmitteln das Redundanzkriterium jederzeit erfüllt werden muss. Auch Störungen, die zum gleichzeitigen Ausfall mehrerer Betriebsmittel aufgrund einer gemeinsamen Störungsursache führen, können bedingt-planungsrelevante Störungen sein. Ein Beispiel hierfür ist der gleichzeitige Ausfall mehrerer Stromkreise nach einem Mastumbruch. In der Netzplanung ist zunächst zu prüfen, welche Störungen, die nicht als planungsrelevant eingestuft wurden, dennoch aufgrund ihres Risikos berücksichtigt werden müssen. Dies kann mithilfe einer probabilistischen Netzsicherheitsberechnung erfolgen, in der die entsprechenden Störungswahrscheinlichkeiten und Störungsauswirkungen für bisher unberücksichtigte Einfachausfälle und auch Mehrfachausfälle ermittelt werden. So können bestimmte Sammelschienenausfälle oder auch Zweifachausfälle als bedingt-planungsrelevant eingestuft werden. IAEW FGE JAHRESBERICHT

38 DISSERTATIONEN Nicht-planungsrelevante Störungen Nicht-planungsrelevante Störungen sind die Störungen, die weder planungsrelevant noch bedingt-planungsrelevant sind. Sie werden von den Übertragungsnetzbetreibern aufgrund ihrer geringen Auftrittswahrscheinlichkeit oder aufgrund höherer Gewalt, wie z. B. extremen meteorologischen Bedingungen oder mutwilliger Zerstörung durch Personen, in der Netzplanung nicht berücksichtigt. Es ist daher möglich, dass ein nicht-planungsrelevanter Ausfall zu einer unmittelbaren, schwerwiegenden Störung im Übertragungsnetz führt. 2.2 Quantitative Bewertung der Netzsicherheit In der Netzplanung sind verschiedene technische Randbedingungen einzuhalten. Die zulässigen Grenzwerte für die Betriebsgrößen im Wesentlichen die Einhaltung der thermischen Beanspruchungsgrenze und die minimale als auch maximale Spannungsgrenze dürfen sowohl im störungsfreien Normalbetrieb als auch im gestörten Betrieb, d. h. für die betrachteten planungsrelevanten und bedingt-planungsrelevanten Störungen, nicht verletzt werden. Aus den Nachteilen des deterministischen (N-1)-Kriteriums leiten sich dadurch Anforderungen an quantitative Kriterien ab. Bei der vergleichenden Bewertung von (N- 1)-sicheren Netzen ist es erforderlich, quantitative Größen zu definieren, welche die Nähe zu den technischen Grenzwerten bzw. deren Verletzung wiedergeben [2]. Je näher und häufiger sich ein Betriebsmittel an seiner zulässigen Betriebsgrenze befindet, desto wahrscheinlicher ist es von einer Überlastung bzw. Verletzung der Randbedingungen betroffen. Für die quantitative Bewertung wird ein Risikomaß für jede Störung definiert, der sogenannte PRI-Kennwert. Je nach Bewertung der Betriebsmittelbelastung oder Spannungshaltung wird er mit APRI bzw. VPRI bezeichnet. Für einen Netznutzungsfall setzt sich der PRI-Kennwert aus dem Produkt der Störungswahrscheinlichkeit mit der Summe der Störungsauswirkungen zusammen Störungswahrscheinlichkeit Das Übertragungsnetz setzt sich aus einer Vielzahl von Betriebsmitteln zusammen, deren Zuverlässigkeit teils erheblich voneinander abweicht und entsprechend berücksichtigt werden muss. Gleichzeitig erfordert die Bewertung der Netzsicherheit eine detaillierte Modellierung des Übertragungsnetzes, in dem die Netzbetriebsmittel wie Freileitungen, Kabel und Transformatoren, sowie Einspeisungen und Lasten mit ihren technischen Kenngrößen definiert sind. Zur einfacheren Bewertung der Netzsicherheit ist es sinnvoll, die Betriebsmittel zu Komponenten des Systemmodells zusammenzufassen und unter Berücksichtigung ihrer technischen Daten zu Knoten und Zweigen zu definieren. Das Ausfallverhalten von Komponenten, d. h. Knoten o- der Zweige, wird durch ein Zwei-Zustandsmodell abgebildet. Die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Betriebsmittelstörung wird mit der Verfügbarkeit bzw. Nichtverfügbarkeit angegeben. Die Wahrscheinlichkeit, mit der sich ein Knoten oder Zweig im Zustand Betrieb befindet, wird über die Erwartungswerte von Häufigkeit und Dauer der Zustände Betrieb und Störung berechnet. In Abhängigkeit der betriebsmittelspezifischen Zuverlässigkeitsdaten werden die Störungswahrscheinlichkeiten individuell für alle Knoten und Zweige des Netzmodells bestimmt. Die Nichtverfügbarkeit eines Knotens ist abhängig von der Sammelschienenkonfiguration und der Zuverlässigkeit zugehöriger Betriebsmittel. Die Zuverlässigkeit bei Zweigen ist im Wesentlichen durch die Leitungslänge bestimmt Störungsauswirkung Störungsauswirkungen ergeben sich aus den unmittelbaren Veränderungen, die anhand des stationären Lastflusses vor und nach Störungseintritt beobachtet werden. In Bild 1 ist die Ermittlung der Störungsauswirkung für die beiden Zweige 1 und 2 aufgrund einer Zweig-Störung j exemplarisch dargestellt. Bild 1: Zweig-Störung j Ermittlung der Störungsauswirkung Die Methodik zur Bewertung der Spannungshaltung wird analog zur Bewertung der Betriebsmittelbelastung angewendet. Für jede Störung lassen sich somit Kennwerte für die Betriebsmittelbelastung und Spannungshaltung bestimmen, die die Störungsauswirkung auf andere Komponenten angeben. Über diesen Wert können besonders kritische Störungen identifiziert werden, die sich durch eine hohe Störungswahrscheinlichkeit oder hohe Störungsauswirkungen auf verschiedene Komponenten auszeichnen. Grundsätzlich können unterschiedliche Funktionen definiert werden, die einer Betriebsmittelbelastung im Bezug zu zulässigen Grenzwerten einen Wert auf der Ordinatenachse zuweisen und somit die Störungsauswirkung beschreiben. In Bild 2 ist exemplarisch eine exponentielle Funktion für die Bewertung der Betriebsmittelbelastung skizziert. Die Funktion schneidet die Funktion des deterministischen (N-1)-Kriteriums, das für planungsrelevante und bedingt-planungsrelevante Störun- 26 IAEW FGE JAHRESBERICHT ~ α ~ j 1 ~ α j 2 2

39 gen bis zu der maximal zulässigen Betriebsmittelbelastung von 100 % die Netzsicherheit als gewährleistet ansieht. Auswirkung Bild 2: 1 j 2 j 1 Quantitative Bewertung der Störungsauswirkung Mithilfe kontinuierlicher Funktionen ist es somit möglich, genauere Informationen über die Betriebsmittelbelastung und Einhaltung des Spannungsbandes nach einer Störung zu gewinnen. Daraus leiten sich betriebsmittelscharfe Gefährdungen der Netzsicherheit ab, denen planerisch entgegenzuwirken sind [3]. 3 Verfahren 100 % Betriebsmittelbelastung In dem entwickelten Verfahren wird zunächst mithilfe einer Marktsimulation die Kraftwerkseinsatzplanung ermittelt, indem unter Annahme eines perfekten Marktes und unter Berücksichtigung von technischen Randbedingungen die kostenoptimale Deckung einer gegebenen Residiuallastganglinie berechnet wird. Mit der Festlegung des kostenoptimalen Kraftwerkseinsatzes, den Entnahmen der Verbraucher und den Einspeisungen aus EE-Anlagen ist das (N-1)-Kriterium jedoch in der Regel nicht erfüllt. In einer Netzbetriebssimulation werden daher die kostengünstigsten netz- und marktbezogenen Maßnahmen zur Herstellung eines (N-1)-sicheren Netzes zu bestimmt. In einem ersten Schritt werden netzbezogene Maßnahmen durchgeführt, bei denen durch Anpassungen innerhalb des Netzes eine Entlastung kritisch belasteter Betriebsmittel bewirkt wird. Die Änderungen des Leistungsflusses erfolgen dabei durch den Einsatz von Phasenschiebern. Die Veränderung von Wirk- und Blindleistung von IGBT-basierten HGÜ stellt eine weitere sehr effiziente netzbezogene Maßnahme dar. Die Einhaltung des Spannungsbandes wird zusätzlich durch die Blindleistungseinspeisung von Generatoren und Kompensationsanlagen sowie die Stufensteller der Transformatoren geregelt. Sofern die netzbezogenen Maßnahmen für die Herstellung einer (N-1)-Sicherheit nicht ausreichend sind, ist der Übertragungsnetzbetreiber angehalten, einen Redispatch der Kraftwerke und damit Anpassungen des am Markt bestimmten Kraftwerkseinsatzes vorzunehmen. Der Redispatch wird im zweiten Schritt durchgeführt und betrifft vorrangig thermische Erzeugungsanlagen unter DISSERTATIONEN Berücksichtigung der technischen Randbedingungen minimaler und maximaler Leistungsbereitstellung. Falls durch den Redispatch nicht alle Engpässe behoben werden können, ist das Einbeziehen von EE-Anlagen in den Redispatch notwendig. Dies gilt insbesondere für den Fall der negativen Residuallast, in der die eingespeiste Leistung der EE-Anlagen die Last überdeckt. Falls die Leistung nicht in benachbarte Marktgebiete transportiert werden kann und Verletzungen des (N-1)-Kriteriums auftreten, muss die Leistung der EE-Anlagen in ultima ratio abgeregelt werden. Nach Abschluss der Netzbetriebssimulation liegt für jeden Netznutzungsfall des betrachteten Jahres ein (N-1)-sicherer Netznutzungsfall vor. Anschließend erfolgt in einem iterativen Ansatz die Störungsanalyse, mit der für jeden Netznutzungsfall die Auswirkungen einer Störung ermittelt werden. Eine Übersicht des Verfahrens ist in Bild 3 dargestellt. Bild 3: Generierung von Netznutzungsfällen Kraftwerkseinsatzplanung Netzsicherheitsrechnung Störungsanalyse Netzsicherheitsrechnung Ausfallsimulation Ausfallsimulation Einfachausfall Zweifachausfall Einfachausfall Zweifachausfall mit Lastflussrechnung Störung Störung Lastflussrechnung mit freigeschaltetem der Störung mit mit Störung Bestimmung freigeschaltetem Lastflussrechnung der Auswertung Störungsauswirkung Betriebsmittel Betriebsmittel der der der Auswertung Bestimmung freigeschaltetem Ausfallsimulation der der Probabilistische Bewertung Störungsauswirkung Betriebsmittel der Störung Ausfallsimulation Probabilistische Bewertung Bewertung des Netznutzungsfalls der Netzsicherheit für einen Netznutzungsfall Verfahrensübersicht Netzbetriebssimulation Zunächst wird eine Ausfallsimulation durchgeführt, in der ausschließlich Störungen auf Basis von Einfachausfällen (einschließlich Common-Mode-Ausfälle) betrachtet werden. Dies hat den Hintergrund, dass nachfolgend nur stochastisch unabhängige Zweifachausfälle mit einem überlappenden Auswirkungsbereich der Störungen berücksichtigt werden sollen. Zweifachausfälle, deren beiden Ausfälle keinen überlappenden Auswirkungsbereich aufweisen, müssen als voneinander unabhängige Einfachausfälle betrachtet werden. Als Ergebnis der Störungssimulation von Einfachausfällen werden die Auswirkungsbereiche der Störungen identifiziert. Anschließend erfolgt die Ausfallsimulation von den zu betrachtenden Zweifachausfällen. Nach der Bestimmung der Störungsauswirkung und der probabilistischen Bewertung der Störung kann eine Aussage über die Netzsicherheit des Netznutzungsfalls getroffen werden. IAEW FGE JAHRESBERICHT

40 DISSERTATIONEN 4 Exemplarische Untersuchungen Nach der zuvor beschriebenen Bewertungsmethodik wird die Netzsicherheit exemplarisch für das deutsche Übertragungsnetz im Jahr 2010 mit dem für das Jahr 2024 geplanten Netz verglichen. Weitergehend wird untersucht, welchen Einfluss ein reduzierter Netzausbau auf die Netzsicherheit des Übertragungsnetzes im Jahr 2024 hat. Die Übertragungsnetze werden auf Basis öffentlich verfügbarer Daten parametriert. Folgende deutsche Übertragungsnetze sind Gegenstand der Untersuchungen: 2010 als Referenznetz, 2024 ÜNB entsprechend dem Leitszenario B aus dem Netzentwicklungsplan 2014 [4], 2024 BNetzA entsprechend der Bedarfsermittlung der Bundesnetzagentur [5] und 2024 Bayern wie 2024 BNetzA, aber ohne die HGÜ im Korridor D. Die unterschiedliche Berücksichtigung der HGÜ in den Netzvarianten des Jahres 2024 ist in Bild 4 dargestellt (die Veränderungen in der 220 kv und 380 kv-ebene sind hier nicht gezeigt). Bild 4: A 1 A 2 B C 1 C 3 C 2 D 220 kv 380 kv HGÜ Netzmodell des deutschen Übertragungsnetzes In der Netzbetriebssimulation werden für alle vier Übertragungsnetze in mehreren Netznutzungsfällen Netzengpässe identifiziert, die marktbezogene Maßnahmen für die Einhaltung der (N-1)-Sicherheit erforderlich machen. Da der Redispatch der thermischen Kraftwerksblöcke in den Übertragungsnetzen 2010 und 2024 BNetzA einen ähnlichen Umfang hat, weisen sie somit einen vergleichbaren Aufwand präventiver Maßnahmen zur Einhaltung der (N-1)-Sicherheit auf. Die Überprüfung der (N-1)-Netzsicherheit in der Netzbetriebssimulation zeigt jedoch, dass die Betriebsmittelbelastungen für die planungsrelevanten Ausfälle unterhalb der geforderten 100 % bleiben und die Spannungen innerhalb des zulässigen Bandes liegen. 4.1 Identifizierung kritischer Netznutzungsfälle Zur Identifizierung kritischer Netznutzungsfälle wird die Korrelation der APRI-Kennwerte mit möglichen Treibern der Netzbelastung, der EE-Einspeisung und der Verbraucherlast, untersucht. Bild 5 zeigt die Korrelation mit der bedarfsorientierten Last der Verbraucher und der dargebotsabhängigen Einspeisung von EE-Anlagen für das Übertragungsnetz 2024 ÜNB. EE-Einspeisung Bild 5: 80 GW ÜNB GW 80 Verbraucherlast APRI NNF 0,40 APRI-Werte für die Netznutzungsfälle im Übertragungsnetz Die Auswertung der APRI-Kennwerte mit der Verbraucherlast zeigt, dass die APRI-Kennwerte im Allgemeinen nicht sehr stark mit der Verbraucherlast korrelieren. Dies wird bei einer schwachen EE-Einspeisung deutlich, bei der die APRI-Kennwerte mit zunehmender Verbraucherlast nur leicht ansteigen. Jedoch steigen mit zunehmender EE-Einspeisung die APRI-Werte, was durch die lastferne Erzeugung und damit durch das höhere Übertragungserfordernis zu begründen ist. Die höchsten APRI- Kennwerte werden bei Höchstlast und einer hohen EE- Einspeisung beobachtet. In diesen Netznutzungsfällen liegt hinsichtlich der Betriebsmittelbelastung die geringste Netzsicherheit vor. 4.2 Identifizierung kritischer Störungen 0,32 0,24 0,16 0,08 Für die Netznutzungsfälle mit den höchsten PRI- Kennwerten werden für das Übertragungsnetz 2024 ÜNB die Komponenten ermittelt, deren Störungen den höchsten Beitrag zu einer geringen Netzsicherheit leisten. Zur Bestimmung der kritischen Einfachausfälle werden die Störungen zunächst nach Betriebsmitteltypen klassifiziert und anschließend nach Höhe ihres PRI- Kennwertes sortiert. Bei der Auswertung von HGÜ- Störungen wird deutlich, dass für den betrachteten Netznutzungsfall die APRI-Kennwerte um eine Zehnerpotenz höher als bei konventionellen Drehstromleitungen ausfallen. In Bild 6 sind die APRI-Kennwerte der HGÜ in den 0 28 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

41 DISSERTATIONEN drei Übertragungsnetzvarianten des Jahres 2024 vergleichend dargestellt. Dabei ist besonders auffällig, dass in 2024 ÜNB die HGÜ im Korridor B bei einer Störung im betrachteten Netznutzungsfall die höchste Störungsauswirkung aufweist. Sowohl die HGÜ B als auch die HGÜ C3 sind im Übertragungsnetz 2024 BNetzA nicht vorhanden. Dies führt dazu, dass die Betriebsmittel im Übertragungsnetz 2024 BNetzA im Allgemeinen stärker ausgelastet sind und bei deren Ausfall eine höhere Störungsauswirkung beobachtet werden kann. APRI Bild 6: 0,04 0,03 0,02 0,01 0 B C2 D A1 A2 C1 C3 HGÜ-Störung 2024 ÜNB 2024 BNetzA 2024 Bayern APRI-Werte von HGÜ-Störungen eines Netznutzungsfalls Die hohen APRI-Kennwerte bei den HGÜ lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Berücksichtigung des vollständigen Ausfalls der HGÜ als planungsrelevante Störung nicht ausreichend ist. Um eine bessere Netzsicherheit zu erreichen, ist entweder ein umfangreicherer Ausbau des Übertragungsnetzes oder der Einsatz marktbezogener Maßnahmen erforderlich. Die Störung einer HGÜ hat bei der Spannungshaltung aufgrund ihrer Möglichkeit zu einer hohen Blindleistungsbereitstellung eine vergleichbar hohe Störungsauswirkung wie bei der Betriebsmittelbelastung. Die exemplarischen Untersuchungen zeigen, dass die HGÜ im Korridor D die höchste Störungsauswirkung aufweist und analog zu den APRI-Kennwerten eine höhere Störungsauswirkung bei den HGÜ im Übertragungsnetz 2024 BNetzA besteht. Mit den fehlenden HGÜ B und C3 führt eine Störung der HGÜ C2 zur höchsten Gefährdung der Netzsicherheit im Übertragungsnetz 2024 BNetzA. 4.3 Gesamtbewertung der Übertragungsnetze Mithilfe eines Vergleichs der PRI-Kennwerte kann eine Aussage über das unterschiedliche Netzsicherheitsniveau der verschiedenen betrachteten Übertragungsnetze getroffen werden. Die Untersuchungen zeigen, dass die Netzsicherheit in den Wintermonaten niedriger ist als in den Sommermonaten. Das gilt sowohl in Bezug auf die thermische Belastbarkeit der Betriebsmittel wie auf die Spannungshaltung. Die Planungen der ÜNB im Rahmen des Netzentwicklungsplans führen schon zu einer gegenüber dem Jahr 2010 reduzierten Netzsicherheit. Demgegenüber verringern die eingeschränkten Bestätigungen des Netzentwicklungsplans die Netzsicherheit weiter. Ein Wegfall des Korridors D, wie vom Freistaat Bayern angeregt, verschlechtert die Netzsicherheit erheblich, insbesondere hinsichtlich der Spannungshaltung. 5 Zusammenfassung Die exemplarischen Untersuchungen zeigen die Praxistauglichkeit und den Nutzen des Verfahrens. Mithilfe des entwickelten Verfahrens können grundsätzliche Aussagen abgeleitet werden, welche Störungen und welche Netznutzungsfälle im Rahmen des (N-1)-Kriteriums als planungsrelevant betrachtet werden sollen. Weitergehend kann die besondere Rolle der einzelnen HGÜ-Verbindungen für die Netzsicherheit quantifiziert werden. 6 Literatur [1] Verband der Netzbetreiber (VDN) beim VDEW Transmission-Code Netz- und Systemregeln der deutschen Übertragungsnetzbetreiber. [2] Kirschen, D.; Jayaweera, D.; Nedic, D. P.; Allen, R. N.; A probabilistic indicator of system stress. IEEE Transactions on Power Systems 19 (3 2004), S [3] Awater, P.; Schäfer, S.; Moser, A. A Probabilistic Method of Grid Security Assessment in Transmission Grid Planning. IEEE 5th International Conference on Power Engineering, Energy and Electrical Drives, Riga, Lettland, S , [4] Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber Netzentwicklungsplan Strom überarbeiteter Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber [5] Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Bedarfsermittlung Zusammenfassung zum Konsultationsstart IAEW FGE JAHRESBERICHT

42 DISSERTATIONEN Simulation der europäischen Märkte für Erdgas und Strom Simulation of the European Markets for Natural Gas and Power Dr.-Ing. Christoph Baumann Die Erreichung der Klimaschutzziele im Stromsektor erfordert europaweit einen starken Ausbau der Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien. Aufgrund der damit einhergehenden steigenden Volatilität der Residuallast ergibt sich für das Stromsystem ein Flexibilitäts- und Speicherbedarf. Eine mögliche Lösungsoption stellt eine verstärkte Kopplung von Strom- und Erdgassystem mittels erdgasgefeuerter Stromerzeugungsanlagen und Power-to-Gas-Anlagen dar. Diese Arbeit untersucht den Einfluss einer solchen Kopplung mit Hilfe eines neu entwickelten integrierten Marktsimulationsverfahrens. In order to reach the European emission reduction targets of greenhouse gases in the power sector, the further expansion of power generation from Renewable Energy Sources (RES) is pursued. As a result, the volatility of the electric residual load increases due to the intermittent feed-in of solar and wind power. This leads to an additional need for flexibility and storage options in the power system. A possible solution is an enhanced coupling of the power system with the natural gas system by means of gas-fired power plants and power-to-gas (PtG) plants. This research project analysis the systemic effects of the mentioned coupling using a newly developed method for the combined simulation of the natural gas and power markets. In the concept of coupling the natural gas and the power system, PtG plants are a new element in the energy supply system. PtG is a process in which electrical energy is converted into chemical energy. In the first step of the process, electrolyzers produce hydrogen from water using electricity. The hydrogen can either be used directly or it can be fed into the natural gas grid. Due to the chemical characteristics of hydrogen, the feed-in into the grid is limited. To avoid this limitation, the hydrogen can be converted into methane in a downstream second process step called methanation. The injected gas can be stored in the natural gas infrastructure and utilized in the different consumer groups such as heating devices, mobility or power generation. Thus, when using power from RES, PtG plants are able to shift and also store renewable energy from the power system. The geographical scope of the derived model is Europe with regard to external natural gas supply and with market areas as the smallest entities. For considering seasonal effects, the time horizon of the model is one year with hourly resolution of the power system and daily time intervals in the natural gas system. The simulation of the markets for natural gas and power would require to model the behavior of all market participants in the first instance. When assuming efficient markets and by externalization of consumer benefits, this task can be reduced to a cost minimization of natural gas supply and power generation. The main constraint of this cost minimization is the coverage of natural gas and power demand as well as the provision of electric reserve power. Further limitations are technical constraints, capacity limitations, restrictions of gas supply as well as limitations of H 2 and CO 2 quantities. Integer decisions and nonlinearities in the constraints of thermal power plants and PtG plants create a highly complex optimization problem. Therefore, a multi-stage approach using Lagrangian relaxation and decomposition is applied. Inputs of the developed method are unit-sharp infrastructure data, gas supply restrictions, hourly demand and RES feed-in, reserve requirements and quantity restrictions. Main results are the total variable system costs, unit dispatch, natural gas and power exchanges between market areas and CO 2 emissions. The simulation method is verified by a backtesting simulation of the year Only slight differences occur between the simulated results and real data. Thus, the developed method is suitable for natural gas and power market simulation. Exemplary results for a RES-dominated scenario of the European energy system in the year 2050 show the relevance of storage opportunities in the power system. A power surplus of 215 TWh/a (without PtG) holds potential for 71 GW el of PtG plants in Europe. With this additional PtG capacity, the power surplus is reduced by nearly 75%. Beside the integration of RES, also nuclear power generation slightly increases. Most of the produced synthetic gas is used to replace fossil natural gas supply and not for increasing generation from gas-fired power plants. Thus, PtG plants mostly shift energy from the power system to the natural gas system. Cross-border exchanges of natural gas show, that gas pipelines support the distribution of energy from RES in Europe. PtG plants reduce the total variable system costs and CO 2 emissions. For an economic efficiency from a system point of view, PtG investment costs have to reach about EUR/kW el in the regarded scenario. 30 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

43 DISSERTATIONEN 1 Einleitung 1.1 Hintergrund und Fragestellungen Bei der Erreichung der europäischen Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen soll der Stromsektor, wie in Bild 1 zu sehen, einen wesentlichen Beitrag leisten. Hierzu ist neben der Erhöhung der Energieeffizienz vor allem der weitere Ausbau von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien (EE) erforderlich. Der daraus folgende Anstieg der Volatilität der elektrischen Residuallast führt zu neuen Herausforderungen für das Stromsystem. Zum einen entsteht zukünftig durch zeitlich begrenzte Stromüberschüsse ein Speicherbedarf für elektrische Energie. Zum anderen sind weiterhin flexible Kraftwerke zum Ausgleich der steigenden EE-Gradienten und zur Bereitstellung gesicherter Leistung in Zeiten geringen EE-Dargebots erforderlich. Treibhausgas-Niveau % Stromerzeugung Haushalte & Gewerbe Industrie Verkehr 20 Landwirtschaft & Sonst Bild 1: CO 2-Roadmap der EU [1] Eine mögliche Lösungsoption für die genannten Herausforderungen ist die stärkere Kopplung von Strom- und Erdgassystem mittels der Kopplungselemente erdgasgefeuerte Stromerzeugungsanlagen und Power-to-Gas-Anlagen (PtG-Anlagen). Gaskraftwerke stellen aufgrund ihrer Flexibilität eine geeignete Ergänzung zur volatilen EE- Einspeisung dar. PtG-Anlagen ermöglichen eine Umwandlung von elektrischer in chemische Energie, welche anschließend in das Erdgasnetz eingespeist werden kann. Dies ermöglicht die Verschiebung und Speicherung von Energieüberschüssen aus dem Stromsystem. Bei einer großtechnischen Umsetzung der skizzierten Kopplung kommt es vor dem Hintergrund des europäischen Binnenmarktes für Energie zu einer bisher nicht quantifizierten gegenseitiger Beeinflussung von Erdgasund Stromsystem. Weiterhin ist unklar, welchen Beitrag die PtG-Technologie zur Integration von EE leisten kann. 1.2 Ziel der Arbeit Zur Beantwortung der im vorherigen Abschnitt abgeleiteten Fragestellungen eignen sich Marktsimulationsverfahren. Die Analyse bestehender Modelle zeigt, dass bisher kein Verfahren die aus der Fragestellung resultierenden hohen Anforderungen erfüllt. Dabei steht insbesondere für die integrierte Simulation beider Systeme bei hoher Modellierungsgenauigkeit bisher kein Modell zur Verfügung. Daher ist das Ziel dieser Arbeit die Entwicklung eines Verfahrens zur gemeinsamen Simulation der europäischen Märkte für Erdgas und Strom. Mit dem entwickelten Verfahren werden anschließend Untersuchungen hinsichtlich der Auswirkungen von PtG-Anlagen auf das zukünftige Energiesystem in Europa durchgeführt. 2 Analyse 2.1 Komponenten des Erdgas- und Stromsystems Die verschiedenen Komponenten von Erdgas- und Stromsystem sind in Bild 2 anhand der Wertschöpfungsketten dargestellt. Die Komponenten der Bereiche Versorgung und Erzeugung befinden sich dabei in einem wettbewerblichen Umfeld und werden durch die jeweiligen Betreiber an den Märkten für Erdgas und Strom vermarktet. Die Netzinfrastruktur als natürliches Monopol und im Erdgassystem auch die Speicher werden durch unabhängige Unternehmen betrieben. Diese Betreiber stehen unter regulatorischer Aufsicht und stellen den Marktteilnehmern den Zugang zu ihrer Infrastruktur zur Verfügung. Stromerzeugung Förderung + Biogas Bild 2: Erdgasgefeuerte Stromhandel und -vertrieb Transport Erdgas Erdgashandel und -vertrieb Transport Speicherung Stromerzeugungsanlagen O 2 H 2 Speicherung PtG-Anlagen Nachfrage Komponenten des Erdgas- und Stromsystems Der Einsatz der einzelnen Anlagen an den Märkten ist durch technische und wirtschaftliche Restriktionen beschränkt. So führen beispielsweise thermodynamische Prozesse in thermischen Kraftwerken zu einer Einschränkung der Einsatzflexibilität. Wirtschaftliche Restriktionen treten unter anderem beim Bezug von Erdgas auf. Die hierbei zumeist verwendeten langfristigen Lieferverträge schränken die Bezugsflexibilität durch zeitraumbezogene Mindest- und Maximalmengen ein. Die zukünftige Entwicklung ist im europäischen Erdgassystem vor allem durch den Rückgang der indigenen Förderung und eine Reduzierung der Nachfrage, vor allem in den westlichen Industrienationen, geprägt. Im H 2O Nachfrage IAEW FGE JAHRESBERICHT

44 DISSERTATIONEN Stromsystem ist ein großer Einfluss durch den zunehmenden EE-Anteil zu erwarten. Hierdurch sinken die Einsatzstunden konventioneller Kraftwerke und der Bedarf an Speichern steigt. Als mögliche Speicheroption und neues Element in der Energieversorgung soll im Folgenden detaillierter auf die PtG-Anlagen eingegangen werden. 2.2 Power-to-Gas Der PtG-Prozess beschreibt die Umwandlung von elektrischer in chemische Energie. Dafür wird in einem ersten Schritt in Elektrolyseuren aus Wasser mit Hilfe von Strom Wasserstoff hergestellt. Dieser kann entweder direkt genutzt oder in das Erdgasnetz eingespeist werden. Aufgrund der chemischen Eigenschaften von Wasserstoff ist die H 2-Toleranz einiger Elemente der Erdgasinfrastruktur, wie z. B. Erdgasfahrzeuge und Untergrundporenspeicher, begrenzt. Daher ist die Zumischung von Wasserstoff in Deutschland in der Regel auf 5% vol. limitiert, wobei zukünftig von einer möglichen Erhöhung dieser Begrenzung ausgegangen wird [2]. Um die Limitierung zu umgehen, besteht die Möglichkeit, in einem zweiten Prozessschritt aus dem Wasserstoff zusammen mit Kohlenstoffdioxid Methan zu produzieren. Methan kann als perfektes Erdgassubstitut praktisch unbegrenzt in das Netz eingespeist werden. Das für die so genannte Methanisierung erforderliche CO 2 kann aus Biogasanlagen, durch die Abscheidung aus Rauchgas oder direkt aus der Luft gewonnen werden. Als mögliche Endverbraucher für das in PtG-Anlagen produzierte Gas kommen alle Nachfragesektoren der Erdgasversorgung in Frage (siehe Bild 3). Wird das Gas in Kraftwerken rückverstromt, so dient der PtG-Prozess als Speicher für elektrische Energie. Eine direkte Nutzung von Wasserstoff ist vor allem in der Industrie und in der Mobilität denkbar. Elektrolyseur H 2 Elektrische Energie Methanisierung CO 2 betrachtet, da handelsseitig Netzrestriktionen innerhalb eines Marktgebietes vernachlässigt werden. Die verfügbare Kapazität zwischen den Marktgebieten ist im Erdgassystem durch die Pipelinekapazitäten und im Stromsystem durch Net Transfer Capacities (NTC) beschränkt. Der Simulationszeitraum umfasst ein zusammenhängendes Jahr. Somit können auch saisonale Effekte im Modell abgebildet werden. Zur Berücksichtigung der Volatilität der elektrischen Residuallast ist die zeitliche Auflösung im Stromsystem auf Stunden festgelegt. Im Erdgassystem ist, u. a. aufgrund des Netzpuffers, eine wesentlich höhere Speicherbarkeit vorhanden. Daher wird hier entsprechend der Bilanzierung an den Erdgasmärkten ein tägliches Zeitraster verwendet. 3.2 Mathematisches Modell Eine Simulation der Märkte erfordert im ersten Schritt das Nachbilden des Verhaltens aller Akteure an diesen Märkten. Wird allerdings von effizienten Märkten ausgegangen und die Nachfrage vorgegeben, so kann die Simulation der Märkte durch eine Kostenminimierung von Erdgasbezug und Stromerzeugung unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Nebenbedingungen abgebildet werden (siehe Bild 4). Die Vorgabe der Nachfrage umfasst dabei auch eine mögliche Lastverschiebung im Stromsystem im Rahmen von Demand Side Management (DSM). Effiziente Märkte Vorgabe der Nachfrage (inkl. DSM-Potenziale) Bild 4: Modellierungsansatz Simulation der europäischen Märkte für Erdgas und elektrische Energie Wohlfahrtsmaximierung Kostenminimierung von Erdgasbezug und Stromerzeugung Das Simulationsmodell kann somit wie folgt als mathematische Optimierungsaufgabe formuliert werden: A CH 4 H 2 Gasnetz Speicher A Zielfunktion CH 4 n MG n ZI,Gas Industrie Mobilität Stromerzeugung Bild 3: Power-to-Gas-Prozess [3] 3 Modellierung 3.1 Betrachtungsbereich Wärmeerzeugung / Prozessgas Der geographische Betrachtungsbereich des Modells umfasst Europa mit externen Erdgasbezugsmöglichkeiten. Als kleinste räumliche Einheit werden Marktgebiete min K ges = ( K Erdgasbezug,i,j j=1 n ZI,Strom 32 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016 i=1 + K Stromerzeugung,i,k ) k=1 mit K: Kosten n MG : Anzahl Marktgebiete n ZI : Anzahl Zeitintervalle

45 DISSERTATIONEN Nebenbedingungen Deckung der Nachfrage nach Erdgas und elektrischer Energie sowie Vorhaltung von elektrischer Regelleistung Technische Restriktionen von Kraftwerken, PtG-Anlagen und Erdgasspeichern Kapazitätsrestriktionen für den Austausch zwischen Marktgebieten und von LNG- Terminals Zeitkopplungen durch Becken hydraulischer Kraftwerke und Erdgasspeicher Maximale H 2-Einspeisung in das Erdgasnetz je Marktgebiet und Zeitabschnitt Maximaler CO 2-Ausstoß 4 Simulationsverfahren Das mathematische Modell wird in ein technisches Simulationsverfahren überführt. Bild 5 gibt eine Übersicht des entwickelten Verfahrens. Die wichtigsten Eingangsdaten sind blockscharfe technische Anlagenparameter, Übertragungskapazitäten, Primärenergiepreise, EE- Dargebot und die Nachfrage. Wesentliche Ergebnisse des Verfahrens sind neben den resultierenden Gesamtkosten der Einsatz von Kraftwerken, PtG-Anlagen und Erdgasspeichern sowie die Erdgasimportstruktur und der innereuropäische Strom- und Erdgasaustausch. Eingangsdaten Ergebnisse Bild 5: Erdgassystem Infrastruktur Übertragungskapazitäten und LNG-Terminals Erdgasspeicher Bezugsmöglichkeiten Verträge und kurzfristiger Bezug Biogaseinspeisung Nachfrage und H 2 - Restriktionen Optimierung Gesamtkosten zur Deckung der Nachfrage nach Strom und Erdgas Detaillierte Ergebnisse Erdgas Erdgashandelsflüsse zwischen Marktgebieten und an der Systemgrenze Speichernutzung CO 2 -Emissionen und H 2 -Anteil CO 2 -Cap Verfahrensübersicht Stromsystem Infrastruktur Kraftwerks- und Speicherpark EE-Anlagen PtG-Anlagen NTC DSM-Prozesse Primärenergiepreise Nachfrage, EE-Dargebot und Reserveanforderung Detaillierte Ergebnisse Strom Im- und Exporte von Strom zwischen Marktgebieten Kraftwerks-, Speicher- und PtG-Einsatz CO 2 -Emissionen Die zu lösende Optimierungsaufgabe stellt ein hochkomplexes mathematisches Problem dar. Zum einen führen die technischen Randbedingungen von Kraftwerken, Erdgasspeichern und PtG-Anlagen zu Nicht-Linearitäten und Ganzzahligkeiten und zum anderen generieren insbesondere hydraulische Speicherbecken und Erdgasspeicher Zeitkopplungen. Da dieses Optimierungsproblem im angestrebten zeitlichen und räumlichen Betrachtungsbereich nicht mehr geschlossen, z. B. mittels Gemischt- A Ganzzahliger Quadratischer Programmierung, gelöst werden kann, wird auf den in Bild 6 dargestellten mehrstufigen Ansatz zurückgegriffen. Bild 6: Startlösung durch gemeinsame Optimierung des Erdgas- und Stromsystems LP Im- und Exporte von Strom Gaspreisindikatoren Einschaltentscheidungen Mehrstufige Optimierung Iteration Gasnachfrag n Gasnachfrage e In der ersten Verfahrensstufe wird eine Startlösung durch eine gemeinsame Optimierung des Strom- und Erdgassystems mittels Linearer Programmierung (LP) durchgeführt. Hierfür werden Ganzzahligkeiten und Nichtlinearitäten vernachlässigt. Anschließend werden Im- und Exporte von Strom zwischen den Marktgebieten sowie Gaspreisindikatoren an eine Lagrange-Relaxation und -Dekomposition des Stromsystems übergeben. Die Gaspreisindikatoren stammen dabei aus den dualen Variablen der Lastdeckungsnebenbedingungen im Erdgassystem. Durch die Dekomposition in der zweiten Stufe können alle relevanten technischen Nebenbedingungen von Kraftwerken und PtG-Anlagen im Rahmen einer Dynamischen Programmierung berücksichtigt werden. Schließlich wird in der dritten Stufe unter Berücksichtigung der ermittelten Einschaltentscheidungen der Anlagen erneut eine gemeinsame Optimierung des Stromund Erdgassystems durchgeführt. Zur Berücksichtigung eventueller Rückwirkungen der Gasnachfrage bzw. -einspeisung aus Gaskraftwerken und PtG-Anlagen auf die Gaspreise kann zusätzlich zwischen der zweiten und dritten Stufe iteriert werden. Dabei werden neben den Im- und Exporten von Strom sowie den Gaspreisen auch aus den Änderungen zwischen zwei Iterationen ermittelte Gaspreiselastizitäten an die Lagrange-Relaxation übergeben. Mit dem entwickelten Verfahren kann eine Simulation der europäischen Märkte für Erdgas und Strom in praxistauglicher Rechenzeit durchgeführt werden. IAEW FGE JAHRESBERICHT Stufe Lagrange-Relaxation für Stromsystem Fixe Gaspreise in erster Iteration Anschließend Berücksichtigung von Gaspreiselastizitäten Gaspreis Iteration n+1 Im- und Exporte von Strom Gaspreisindikatoren Geschlossene Lösung durch gemeinsame Optimierung des Erdgas- und Stromsystems LP A

46 DISSERTATIONEN 5 Exemplarische Untersuchungen Leistung Stromerzeugung 5.1 Backtesting-Rechnung 2013 Zur Verifizierung des entwickelten Verfahrens werden zunächst eine Backtesting-Rechnung für das Jahr 2013 durchgeführt und simulierte mit realen Werten verglichen. Beispielhaft für die Ergebnisse des Erdgassystems sind in Bild 7 der reale und simulierte aggregierte Einsatz der Erdgasspeicher dargestellt. Ein-/Ausspeicherung Bild 7: Vergleich von simuliertem und realem Erdgasspeichereinsatz Der Vergleich der Speichernutzung zeigt eine gute Übereinstimmung des Ein- und Ausspeicherverhaltens. Insbesondere die Zeitpunkte des Übergangs von Aus- zu Einspeicherung im April und von Ein- zu Ausspeicherung im November werden sehr genau getroffen. Leichte Abweichungen ergeben sich in der Höhe der Ein- bzw. Ausspeicherungen und im Verlauf der Füllstandskurve. Dies ist vor allem durch den Ansatz der perfekten Voraussicht im Verfahren zu erklären, welcher u. a. zeitliche Preisunterschiede im Erdgasbezug optimal ausnutzt. Auch die in Bild 8 zu sehenden simulierten Stromerzeugungsmengen liegen nahe an den realen Werten. Leichte Differenzen bei der Erzeugung aus Erdgaskraftwerken, wie z. B. in Italien oder in Deutschland, können aus fehlenden Informationen über individuelle Lieferverträge resultieren. Bild 8: 1000 Mio. Nm³ 500 Tag TWh 500 a Speicherfüllstand Speichernutzung 20 J F M A M J A S O N D Real Simulation Zeit (Jahr) Sim Real AT CH DE ES FR IT NO PL SE UK Vergleich zwischen simulierten und realen Stromerzeugungsmengen Insgesamt bewegen sich die Abweichungen in der Backtesting-Rechnung in akzeptablen und zu erwartenden Größenordnungen. Somit ist das entwickelte Verfahren für eine Simulation der europäischen Märkte für Erdgas und Strom geeignet % Speicherfüllstand Wasser Biomasse Solar Wind Sonstige Erdgas Steinkohle Braunkohle Kernenergie Nachfrage 5.2 Zukunftsszenario 2050 Das untersuchte Zukunftsszenario für das Jahr 2050 basiert stromseitig auf der EU Trends-Studie [4], wobei der Anteil der EE-Stromerzeugung an der Stromnachfrage bilanziell auf 100% für Deutschland und etwas über 80% für Europa erhöht wird. Somit bildet das Szenario ein stark EE-geprägtes Stromsystem ab. Das Erdgassystem basiert größtenteils auf Annahmen der europäischen Transportnetzbetreiber aus dem Ten Year Network Development Plan 2015 [5]. Simuliert wird zunächst ein System ohne PtG-Anlagen. Anschließend werden in einer zweiten Rechnung PtG-Anlagen entsprechend des verfügbaren Potenzials hinzugefügt. In der Rechnung ohne PtG-Anlagen ergeben sich insgesamt bilanzielle Stromüberschüsse von 215 TWh/a. Diese Energie kann auch unter Nutzung der vorhandenen Flexibilität nicht in das Energiesystem integriert werden und führt zur Abregelung von EE-Anlagen. Wie in Bild 10 zu sehen, treten diese Überschüsse in Deutschland zwar mit sehr hohen Leistungen von bis zu mehr als 120 GW auf, allerdings ist die Dauerlinie stark abfallend und insgesamt ergeben sich nur in etwas mehr als h/a Stromüberschüsse. In Ländern mit noch höherem EE- Anteil oder geringeren Übertragungskapazitäten treten Überschüsse in bis zu mehr als h/a auf. Überschussleistung 180 GWh 120 h 60 Bild 9: 0 Dauerlinien der Überschussleistung ohne PtG-Anlagen Auf Basis der Überschüsse ergibt sich europaweit ein Potenzial für insgesamt 71 GW el an PtG-Anlagen. Bei der Parametrierung wird angenommen, dass die Anlagen in mindestens h/a mit EE-Stromüberschüssen betrieben werden können. Zur Vermeidung häufiger Einschränkungen aufgrund der H 2-Restriktionen werden 33 GW el der PtG-Anlagen mit einer zusätzlichen Methanisierung parametriert. 150 GWh 120 h Bild 10: h a Zeit DE UK NL BE PT h 72 Konventionell PtH EE Zeit (3 Tage) PtG DSM Last Importsaldo Exemplarischer Fahrplan (DE) 34 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

47 DISSERTATIONEN Der Einfluss durch die zusätzlichen PtG-Anlagen ist in Bild anhand eines exemplarischen Fahrplans für Deutschland dargestellt. Es ist zu erkennen, dass in Situationen mit EE-Überschüssen die verschiedenen Flexibilitätsoptionen eingesetzt werden. Aufgrund des höheren energetischen Wirkungsgrades werden dabei zunächst konventionelle Speicher und Power-to-Heat-Anwendungen (PtH) genutzt, bevor PtG-Anlagen zum Einsatz kommen. Durch die PtG-Anlagen im System ergeben sich die in Bild 11 zu sehenden Differenzen bei den Stromerzeugungsmengen. Insbesondere erhöht sich die EE- Einspeisung, sodass fast 75% der Stromüberschüsse in das System integriert werden können. Zudem steigt die Erzeugung aus Kernkraftwerken an. Da diese sehr geringe variable Kosten aufweisen, werden nicht zur elektrischen Lastdeckung benötigte Kapazitäten zur Erzeugung von Gas genutzt. Die Auswirkungen auf den Einsatz der Erdgaskraftwerke sind sehr gering. Somit werden die PtG-Anlagen im betrachteten Szenario weniger als Stromspeicher genutzt, sondern sie verschieben überschüssige elektrische Energie in andere Sektoren. ΔStromerzeugung 60 TWh 40 a 20 0 Bild 11: BE DE DK ES FR IE IT NL PT SE UK Kernenergie Erdgas EE Differenz der Stromerzeugung mit und ohne PtG-Anlagen Die Mehrintegration von EE hat Auswirkungen auf die Systemkosten und die CO 2-Emissionen. Wird die Kostenersparnis auf die installierte PtG-Leistung bezogen, so ergibt sich eine spezifische Ersparnis von 58 EUR/kW ela. Werden zusätzlich die eingesparten CO 2-Emissionen mit dem in der EU-Trends Studie für das Jahr 2050 angenommenen Zertifikatspreis von 75 EUR/t bewertet, so erhöht sich die spezifische Ersparnis auf 83 EUR/kW ela. Mit einem angenommenen Zinssatz von 5%/a und einer Laufzeit von 20 a können die maximalen Investitionskosten für PtG-Anlagen ermittelt werden, bei denen durch die Anlagen aus marktseitiger Systemsicht ein Mehrwert entsteht. Diese maximalen Investitionskosten (gesamte Anlage) ergeben sich mit Bewertung der CO 2- Ersparnis zu EUR/kW el. Dieser Wert lässt sich zwar heute noch nicht erreichen, doch er erscheint bei entsprechender Kostendegression für die Zukunft realistisch [6]. Somit ergibt sich durch die PtG-Anlagen im betrachteten Szenario ein systemischer Mehrwert. 6 Zusammenfassung Durch die Energiewende in Europa ergibt sich für das Stromsystem ein Flexibilitäts- und Speicherbedarf. Eine mögliche Lösungsoption für die damit einhergehenden Herausforderungen bietet die stärkere Kopplung von Erdgas- und Stromsystem mittels erdgasgefeuerter Stromerzeugungsanlagen und PtG-Anlagen. Zur Analyse der Auswirkungen einer solchen Kopplung wurde in dieser Arbeit ein Verfahren zur gemeinsamen Simulation der europäischen Märkte für Erdgas und Strom entwickelt. Das Verfahren bildet die Märkte über eine Kostenoptimierung von Erdgasbezug und Stromerzeugung unter Berücksichtigung der Lastdeckung sowie technischer und wirtschaftlicher Restriktionen ab. Die Optimierung wurde dabei in einem mehrstufigen Ansatz mit Nutzung einer Lagrange-Relaxation und Dekomposition umgesetzt. Eine Backtesting-Rechnung für das Jahr 2013 konnte das entwickelte Verfahren anhand des Vergleichs von simulierten und realen Werten verifizieren. Exemplarische Untersuchungen für ein stark erneuerbar geprägtes Energiesystem im Jahr 2050 haben gezeigt, dass die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien durch PtG-Anlagen deutlich erhöht und Abregelungen damit reduziert werden können. Um marktseitig einen systemischen Mehrwert zu generieren, müssen im untersuchten Szenario die PtG-Investitionskosten auf etwa EUR/kW el sinken. 7 Literatur [1] Europäische Kommission Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO 2-armen Wirtschaft bis 2050 Brüssel, 2011 [2] Valentin, F.; Bredow, H. Power-to-Gas. Rechtlicher Rahmen für Wasserstoff und synthetisches Gas aus erneuerbaren Energien Energiewirtschaftliche Tagesfragen, Heft 12 Essen, 2011 [3] M. Specht et. al Speicherung von Bioenergie und erneuerbarem Strom im Erdgasnetz Erdöl, Erdgas und Kohle, Volume 126 Hamburg, 2010 [4] Europäische Kommission EU Energy, Transport and GHG Emissions - Trends to 2050 Brüssel, 2013 [5] ENTSO-G Ten Year Network Development Plan Brüssel, 2015 [6] Fischedick, M. et al. Synergieeffekte Gas- und Stromnetze Wuppertal, 2013 IAEW FGE JAHRESBERICHT

48 DISSERTATIONEN Simulation des europäischen Binnenmarktes für Strom und Regelleistung bei hohem Anteil erneuerbarer Energien Simulation of the Future Single European Market for Electricity and Reserves at a High Share of Renewable Energies Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Tim Drees tim.drees@iaew.rwth-aachen.de Für die kommenden Jahre wird ein Ausbau regenerativer Erzeugungsanlagen prognostiziert. Dies resultiert in steigenden Unsicherheiten sowie einer Zunahme des Flexibilitätsbedarfs. Zusätzlich strebt die Europäische Union die Harmonisierung und Integration der Regelleistungsmärkte in Europa an. Diese Entwicklungen stellen das europäische Stromerzeugungssystem vor neue Herausforderungen. Um damit einhergehende Fragestellungen zu beantworten, werden Marktsimulationsverfahren eingesetzt. Die aufgezeigten Entwicklungen ergeben neue Anforderungen an diese Verfahren. So sind unsichere Erwartungen in der lang- und kurzfristigen Perspektive in der Einsatzplanung zu berücksichtigen. Ebenso ist eine regelzonenübergreifende Regelleistungsbereitstellung abzubilden. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung eines Marktsimulationsverfahrens, das die dargestellten Anforderungen des europäischen Binnenmarktes für Strom und Regelleistung in ihrer Gesamtheit abbilden und simulieren kann. In the coming years and even today, more and more power plants based on renewable energy sources (RES) are built in the electricity generation system due to the recent energy policy in the European Union. Therefore, an increased share of feed-in by RES is predicted. This will go along with rising uncertainties in power generation due to changing weather conditions and forecast errors for wind and solar radiation. This results in increasing demand for flexibility to keep the electrical energy system balanced. Furthermore, the European Union pushes the integration in the wholesale markets to reach the European single market. Additionally, the aim is to harmonize the reserve markets in Europe and to achieve the integration of these markets. Therefore, the European transmission system operators provide the reserve exchange as a concept of cross border reserve provision. At this, the marketing of power plants to cover load and reserve is optimized on integrated energy only markets and reserve markets. This results in competition on limited transmission capacities between adjacent market areas. These developments lead to new questions considering the consequences in the electricity generation system. To answer these questions simulations of energy only and reserve markets are carried out for future scenarios using market simulation methods. However, the developments described above pose new requirements on these methods. Therefore, the aim of this work is to develop a market simulation method that is capable to consider the requirements on the future Single European Market for Electricity and Reserves. At this, uncertainties in feed-in of RES in long- and short-term as well as integrated reserve markets are taken into account As a modeling of the European energy markets, different market areas are in the scope of consideration. These market areas are coupled by limited transmission capacities. Within each market area an electricity demand has to be covered and a reserve demand has to be provided by power plants, RES, storages and DSM processes under consideration of technical and operational restrictions. To simulate the requirements of the markets an hourly time pattern is considered for a whole year. In this work, a mathematical optimization method is developed to simulate the cost-efficient and market based dispatch of all units. At this, a three-step-approach is chosen to model the impact of uncertainties in the energy planning as well as of forecast-errors in the spot and reserve markets. In each step, a fundamental optimization method based on a Lagrangian Relaxation and Decomposition approach is used. This allows a detailed modeling of all units in the European generation system under consideration of technical restrictions as well as of integrated reserve markets. Firstly, the optimization method is verified by a detailed simulation of the year The results show a higher utilization of flexible generation units such as gas turbines or storages. Additionally, a change in imports and exports of electricity can be determined. Secondly, the methodology is exemplarily applied for a future scenario of the year 2024 to evaluate the macroeconomic benefits of integrated markets for reserve. By implementing a reserve exchange in Central Europe the generation costs can be reduced up to M EUR/a. If core portions have to be provided, these savings are reduced to 87.8 M EUR/a. Additionally, the utilization of the transmission capacities can be increased. 36 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

49 DISSERTATIONEN 1 Einleitung 1.1 Entwicklungen im europäischen Stromerzeugungssystem Für die kommenden Jahre wird aufgrund klimapolitischer Ziele in Deutschland und Europa ein Wandel von einer fossil-geprägten hin zu einer nachhaltigen Stromerzeugung auf Basis regenerativer Energiequellen angestrebt. Hierzu wird ein Zubau von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien (EE-Anlagen) angereizt. Diese Anreize beziehen sich vorrangig auf Windenergieanlagen (WEA), Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) und Biomasse-Anlagen. Aufgrund der Dargebotsabhängigkeit der Energieträger Wind- und Solarenergie werden auf der einen Seite die Volatilität und die Gradienten der Einspeisung steigen. Auf der anderen Seite unterliegen diese regenerativen Energieträger durch die Dargebotsabhängigkeit Prognoseunsicherheiten. Damit steigen die Herausforderungen für den konventionellen Kraftwerkspark zum Ausgleich der Prognoseunsicherheiten und zur Integration der EE- Anlagen in die Strommärkte. Gleichzeitig wird durch die Europäische Union die Integration der europäischen Strommärkte zu einem einheitlichen Binnenmarkt für Elektrizität vorangetrieben, indem der europaweite Handel mit elektrischer Energie zur Steigerung des Wettbewerbs gestärkt wird. Daneben wird durch eine regelzonenübergreifende Regelleistungsbereitstellung zusätzlich eine Stärkung des europäischen Binnenmarktes für Elektrizität mit Fokus auf die Märkte für Regelleistung angestrebt. Dies wird eine Erhöhung der Leistungsflüsse und eine steigende Konkurrenz um begrenzte Netzkapazitäten mit sich bringen. Zudem ist davon auszugehen, dass sich auch die Teilnehmer an den Märkten verändern. So werden der verstärkte Einsatz von Laststeuerungsprozessen im Rahmen des Demand Side Management (DSM), der flexiblere Einsatz von Erzeugungsanlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und die zunehmende Integration von EE- Anlagen erwartet. Die aufgezeigten Entwicklungen resultieren in tiefgreifenden Änderungen im europaweiten Stromerzeugungssystem. Hieraus ergeben sich neue Fragestellungen, zu deren Beantwortung für zukünftige Szenarien Simulationen der Fahrplanenergie- und Regelleistungsmärkte durchgeführt werden. 1.2 Anforderungen an Marktsimulationen Das Ziel von Simulationen der Fahrplanenergie- und Regelleistungsmärkte, sogenannten Marktsimulationen, ist grundsätzlich eine Nachbildung der Gebote an diesen marktwirtschaftlich organisierten Handelsplätzen. Auf diese Weise wird eine effiziente Deckung der Nachfrage nach elektrischer Energie bzw. Regelleistung durch Angebote von Erzeugungsanlagen ermittelt. Marktsimulationen bieten dabei ein Werkzeug für ein großes Spektrum an Anwendungen. So werden Marktsimulationsverfahren zur Bewertung von Anlagen in den Strommärkten eingesetzt; ebenso können durch die Nutzung von Kraftwerksfahrplänen Netzbetriebssimulationen und -bewertungen durchgeführt werden. Aber auch betriebswirtschaftliche oder regulatorische Fragestellungen können im Fokus von Analysen stehen. Anhand der aufgezeigten Entwicklungen ergeben sich jedoch neue Anforderungen an die Simulation, die angemessen einzubeziehen sind. So führen die Akteure auf Basis langfristiger Erwartungen eigene Energieeinsatzplanungen durch, die als Einschränkung in die kurzfristige Vermarktung eingehen und dort die Verfügbarkeit einschränken. Kurzfristig begegnen die Marktteilnehmer Prognosefehlern durch einen Handel am Intraday-Markt sowie entsprechende Anpassungen der Kraftwerkseinsätze. Insbesondere durch den hohen Flexibilitätsbedarf kommt es in diesem Zeitbereich zu einer Bevorzugung von flexiblen Erzeugungsanlagen oder Speichern, die unter Berücksichtigung ihrer technischen Restriktionen eingesetzt werden. Um die resultierenden Einsätze von Erzeugungsanlagen und Speichern realitätsnah zu bestimmen, ergibt sich damit die Anforderung an Marktsimulationen, Prognoseunsicherheiten sowohl in der langfristigen als auch der kurzfristigen Perspektive sachgerecht abzubilden. Die Integration der Regelleistungsmärkte und die dabei angestrebte regelzonenübergreifende Regelleistungsbereitstellung werden die Konkurrenz um begrenzte Netzkapazitäten steigern. Dies bedeutet, dass eine Berücksichtigung der Regelleistungsbereitstellung bei einer Vergabe der Kapazitäten an den Strommärkten erforderlich wird. Um Synergiepotenziale durch eine Integration und Kopplung der Regelleistungsmärkte bei harmonisierten Märkten in Europa zu berücksichtigen, sind in der Simulation gekoppelte Fahrplanenergie- und Regelleistungsmärkte in Marktsimulationsverfahren abzubilden. 1.3 Ziel der Arbeit Da bestehende Marktsimulationsverfahren die vorab aufgezeigten Anforderungen jedoch lediglich begrenzt berücksichtigen, ist das Ziel dieser Arbeit die Entwicklung eines Marktsimulationsverfahrens, das die dargestellten Anforderungen des europäischen Binnenmarktes für Strom und Regelleistung in ihrer Gesamtheit abbilden und simulieren kann. Durch den zukünftig hohen Anteil der Stromerzeugung aus EE-Anlagen ist hierbei vor allem die Berücksichtigung von unsicheren Erwartungen erforderlich. Ein weiterer Fokus liegt insbesondere auf der Modellierung der europaweiten Regelleistungsmärkte sowie der regelzonenübergreifenden Teilnahme ihrer Akteure. IAEW FGE JAHRESBERICHT

50 DISSERTATIONEN 2 Analyse der Fragestellung Zur Analyse der Fragestellung wird zunächst ein Überblick über den Planungsprozess der Marktteilnehmer gegeben und die sich daraus ergebenden Stufen der Kraftwerkseinsatzplanung betrachtet. 2.1 Stufen der Kraftwerkseinsatzplanung Die marktbasierten Kraftwerkseinsätze bestimmen sich abhängig von den jeweiligen Erwartungen, auf Basis derer die Akteure ihre Gebote an den Märkten abgeben. Das Handeln der Akteure kann dabei mit den jeweils vorliegenden Erwartungen im Zeitbereich untergliedert werden. In der langfristigen Perspektive führen die Marktteilnehmer jährliche Energieeinsatzplanungen durch, die unterjährig auf Basis neuer Erkenntnisse wiederholt werden. Diese Einsatzplanungen fokussieren auf die verfügbaren Ressourcen im eigenen Portfolio, die insbesondere bei Erzeugungsanlagen mit intertemporalen Abhängigkeiten, bspw. saisonalen Speichern oder Erdgas gefeuerten Kraftwerken mit Lieferverträgen, eine große Rolle spielen. Die damit einhergehenden Risiken müssen die Marktteilnehmer im Rahmen ihrer Energieeinsatzplanung in der Jahresfrist berücksichtigen. Unterjährig findet anschließend eine wiederholende Planung, beispielsweise im Monatszyklus, statt, in der der Erkenntnisgewinn im Jahresverlauf berücksichtigt wird. In der kurzfristigeren Perspektive schließt sich der Handel der Marktteilnehmer an den Spot- und Regelleistungsmärkten an. Dabei gehen die in der langfristigen Perspektive ermittelten Planungen als Restriktionen ein. Den resultierenden Prognosefehlern begegnen die Marktteilnehmer hierbei durch einen kurzfristigen Handel und eine Anpassung der Kraftwerkseinsätze. Aufgrund des dabei steigenden Flexibilitätsbedarfs liegt der Fokus insbesondere auf einer sehr kurzfristigen Optimierung der Handelsentscheidungen. 2.2 Prognoseunsicherheiten Entsprechend der Planungsstufen der Marktteilnehmer können die vorliegenden Prognoseunsicherheiten nach der zeitlichen Perspektive untergliedert werden. Auf der Seite der Stromerzeugung resultieren die langfristigen Prognoseunsicherheiten aus der Dargebotsabhängigkeit der EE-Anlagen. Dies wird in Bild 1 anhand des monatlichen Verlaufs der auf die installierte Leistung normierten Einspeisung aus WEA in Deutschland deutlich. Es ist über die Jahre 2011 bis 2014 zu erkennen, dass eine saisonale Abhängigkeit vorliegt, gleichzeitig aber auch windreiche Jahre (bspw. Januar 2012) und windarme Zeiten (vgl. Januar 2011) vorliegen. Diese Einflüsse auf der Seite der Stromerzeugung können ebenfalls bei Einspeisungen aus PV-Anlagen und Laufwasserkraftwerken festgestellt werden. Bild 1: Monatliche WEA-Einspeisung (norm.) Auf installierte Leistung normierte WEA- Einspeisung in Deutschland Zusätzliche Einflüsse auf die Kraftwerkseinsätze resultieren aus kurzfristigen Unsicherheiten. Diese sind verursacht durch Prognosefehler in der Einspeisung aus EE- Anlagen und der Nachfrage nach elektrischer Energie. Bild 2 gibt als Beispiel hierzu die Abhängigkeit des Prognosefehlers anhand des RMSE der WEA-Einspeisung über den Vorhersagehorizont wieder. Bild 2: RMSE des WEA-Einspeisungsprognosefehlers über den Vorhersagehorizont Somit werden schließlich bekannte Prognosefehler über einen Handel am Intraday-Markt ausgeglichen. Die verbleibenden Abweichungen werden technisch durch eine Aktivierung von Regelleistung durch den Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) beherrscht. 2.3 Märkte für Fahrplanenergie Die Betreiber von Erzeugungsanlagen oder Verbrauchern vermarkten diese oder kaufen elektrische Energie an den Großhandelsmärkten ein. Diese Fahrplanenergiemärkte können zeitlich anhand der Handelszeitpunkte untergliedert werden. Einen langfristigen Handel bietet der sogenannte Terminmarkt, bei dem der Handel vorrangig dem Hedging und der langfristigen Preisabsicherung dient. Im Anschluss findet im Day-Ahead-Handel eine Vermarktung für den Folgetag statt. Auf diese Weise kann eine Planung des Einsatzes von Erzeugungsanlagen oder 38 IAEW FGE JAHRESBERICHT Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez RMSE WEA-Einspeisungsprognosefehler 5 % 4 P nenn h 50 Vorhersagehorizont

51 DISSERTATIONEN Verbrauchern für den Folgetag erfolgen. Da der Handel am Day-Ahead-Markt Prognosen und somit Unsicherheiten unterliegt, kann der vorab geplante Einsatz untertäglich auf Basis neuer Informationen an den Intraday- Märkten angepasst werden. Im europäischen Kontext sind die einzelnen Marktgebiete durch begrenzte Übertragungskapazitäten miteinander verbunden. Die verfügbaren Übertragungskapazitäten werden an den Märkten wohlfahrtsmaximal im Rahmen einer Auktion an die Marktteilnehmer vergeben. 2.4 Märkte für Regelleistung Den ÜNB obliegt die Pflicht, einen sicheren und stabilen Netzbetrieb zu gewährleisten. Hierzu setzen die ÜNB zum Ausgleich von Abweichungen des Regelzonensaldos Regelleistung ein. Bei der Regelleistungsbereitstellung sind die Dimensionierung sowie deren Kontrahierung und Aktivierung bisher Aufgabe der jeweiligen nationalen ÜNB. Dies erschwert aufgrund der vorliegenden Marktbarrieren eine Kooperation zwischen den Regelzonen. Daher wird eine europaweite Harmonisierung und Integration der Regelleistungsmärkte durch die Agency for the Cooperation of Energy Regulators (ACER) angestrebt und durch den Verbund der europäischen ÜNB, die sog. ENTSO-E, in Form von Network Codes umgesetzt. Diese Standardisierung sieht vier Regelleistungsqualitäten vor, die anhand des Verantwortungsbereichs und der Aktivierungszeit untergliedert werden können: Frequency Containment Reserve (FCR) automatic Frequency Restoration Reserve (afrr) manual Frequency Restoration Reserve (mfrr) Replacement Reserve (RR) Nach Eintritt eines Leistungsungleichgewichts stabilisiert die FCR die Frequenz durch eine gemeinsame Aktivierung im Synchrongebiet. Anschließend geht die Verantwortung an den zugehörigen ÜNB über, der durch eine Aktivierung der afrr die FCR ablöst. Bei einer längeren Abweichung wird durch den ÜNB zusätzlich die mfrr aktiviert. Darüber hinaus kann mit einer Aktivierungszeit ab einer Stunde die RR abgerufen werden. Bild 3: Frequenz / Leistung FCR FRR Frequenz automatic manual RR Zeit Standardisierte Regelleistungsqualitäten Zur Integration und Harmonisierung wird zusätzlich eine europaweite Bereitstellung von Regelleistung angestrebt, um Wohlfahrtspotenziale auszunutzen. Zur Bereitstellung von Regelleistung für eine andere Regelzone sehen die Network Codes der ENTSO-E hierzu einen Reserve Exchange vor. Da eine regelzonenübergreifende Regelleistungsbereitstellung eine Rückwirkung auf grenzüberschreitende Leistungsflüsse hat, ist diese bei der Vergabe der verfügbaren Übertragungskapazitäten zu berücksichtigen. Dies führt zu einer Konkurrenz zwischen Fahrplanenergie- und Regelleistungsmarkt. Weiterhin sehen die ÜNB eine Vorhaltung von Kernanteilen für Regelleistung vor, um einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten. Dies bedeutet eine Mindestvorhaltung und damit eine Begrenzung von Im- bzw. Exporten. 2.5 Abgrenzung des Betrachtungsbereichs Auf Basis der dargestellten Rahmenbedingungen ergibt sich der zu berücksichtigende Betrachtungsbereich. Daher werden Marktgebiete abgebildet, die über begrenzte Übertragungskapazitäten miteinander verbunden sind. Innerhalb der Marktgebiete sind jeweils eine Nachfrage nach elektrischer Energie zu decken und Regelleistung verschiedener Qualitäten vorzuhalten. Hierzu können thermische Kraftwerke, EE-Anlagen, Speicher für elektrische Energie oder DSM-Prozesse eingesetzt werden. Randbedingungen ergeben sich aus technischen und betrieblichen Restriktionen der Systemkomponenten oder der Vorhaltung von Kernanteilen. Um die Märkte für Fahrplanenergie und Regelleistung geeignet zu berücksichtigen, wird im Rahmen der Arbeit ein stündliches Zeitraster für ein ganzes Jahr betrachtet. 3 Verfahren Folgend wird ein mathematisches Optimierungsverfahren vorgestellt, um die kostenminimalen, marktbasierten Einsätze der Erzeugungsanlagen, Speicher und flexiblen Verbraucher zu simulieren. 3.1 Verfahrensstufen Um den Einfluss von Prognoseunsicherheiten abzubilden, wird im Rahmen dieser Arbeit ein mehrstufiges Verfahren angewendet (vgl. Bild 4). Im ersten Verfahrensschritt werden in einer Jahresenergieeinsatzplanung auf Basis langfristiger Prognosen die saisonalen Speichereinsätze und der Primärenergieeinsatz ermittelt. Daran schließen sich unterjährige Einsatzplanungen im Monatsraster an, in denen aktualisierte Prognosen genutzt werden. Unter Berücksichtigung der neuen Informationen werden schrittweise jeweils erneute Simulationen durchgeführt. Anschließend wird eine gemeinsame Simulation von Regelleistungs-, Day- Ahead- und Intraday-Märkten durchgeführt, in der die Auswirkungen kurzfristiger Prognosefehler durch einen rollierenden Ablauf detailliert abgebildet werden. IAEW FGE JAHRESBERICHT

52 DISSERTATIONEN Simulation der Jahresenergieeinsatzplanung - Langfristige Prognosen zu Einspeisungen aus WEA, PV-Anlagen und Laufwasserkraftwerken, zu natürlichen Speicherzuflüssen und zur erwarteten Nachfrage Langfristiger Speicher- und Primärenergieeinsatz Bild 4: Simulation der unterjährigen Energieeinsatzplanung - Neue Informationen zu Einspeisungen aus WEA, PV-Anlagen und Laufwasserkraftwerken, zu natürlichen Speicherzuflüssen und zur erwarteten Nachfrage mit monatlicher Aktualisierung Aktualisierter Speicher- und Primärenergieeinsatz Simulation von Regelleistungs-, Day-Aheadund Intraday-Märkten - Rollierende Simulation mit deterministischen Prognosen zu Last, Einspeisungen aus EE-Anlagen und natürlichen Speicherzuflüssen - Berücksichtigung erwarteter Speichereinsätze und verfügbarer Primärenergien Detaillierte, marktbasierte Einsätze von Erzeugungsanlagen, Speichern, flexiblen Verbrauchern Mehrstufiges Verfahren zur Abbildung von Prognoseunsicherheiten und -fehlern Um zunächst die saisonalen Speichereinsätze und anschließend die detaillierten Kraftwerkseinsätze zu simulieren, wird in allen Verfahrensstufen eine fundamentale Marktsimulation durchgeführt. Die Berechnung erfolgt vereinfacht in der Energieeinsatzplanung zur Nachbildung der langfristigen Einsatzplanung der Akteure und detailliert zur Simulation der Fahrplanenergie- und Regelleistungsmärkte. 3.2 Fundamentales Verfahren zur Simulation von Energieeinsatzplanung und Märkten Unter Berücksichtigung der technischen Restriktionen ergibt dies aufgrund expliziter Einschaltentscheidungen sowie der Wärmeverbrauchskennlinien der thermischen Kraftwerke ein Gemischt-Ganzzahlig Quadratisches Optimierungsproblem, das durch den Einsatz kommerzieller Solver nicht mehr gelöst werden kann. Im Rahmen der Arbeit wird daher ein Zerlegungsansatz auf Basis einer Lagrange-Relaxation angewendet. Dazu wird das Gesamtverfahren in drei Schritte überführt. Zunächst wird über eine Lineare Programmierung (LP) eine vereinfachte Simulation zur Berechnung einer Startlösung der Im- und Exporte für Fahrplanenergie und Regelleistung durchgeführt. Darauf aufbauend wird je Marktgebiet die Lagrange-Relaxation und -Dekomposition angewendet, wodurch das Gesamtproblem in getrennte Optimierungsprobleme zerlegt wird. Die Erzeugungsanlagen werden auf Basis einer Dynamischen Programmierung, die Speicher mithilfe einer Gemischt- Ganzzahligen Linearen Programmierung und die DSM- Prozesse über eine LP optimiert. Diese Algorithmen werden durch die Lagrange-Relaxation zur Ermittlung der gesamtoptimalen Lösung koordiniert. Anschließend werden für eine Optimierung des Gesamtproblems die vorab berechneten expliziten Einschalt- und Betriebsentscheidungen für Erzeugungsanlagen und Speicher übernommen, sodass in der finalen LP die detaillierten Arbeitspunkte zur Deckung der Last und Vorhaltung der Regelleistung in allen Marktgebieten bestimmt werden. 4 Exemplarische Ergebnisse Das entwickelte Verfahren wird zunächst mit Fokus auf die Regelleistungsmärkte sowie Prognoseunsicherheiten und -fehler verifiziert. Anschließend wird eine exemplarische Anwendung für eine regulatorische Fragestellung durchgeführt. 4.1 Verifizierung des Modells Zur Verifikation des Optimierungsverfahrens mit Fokus auf Prognoseunsicherheiten wird ein Szenario für das Jahr 2012 herangezogen. Hierbei werden die Auswirkungen einer langfristigen Energieeinsatzplanung und Berücksichtigung von kurzfristigen Prognoseunsicherheiten auf die Einsätze von Erzeugungsanlagen und Speichern analysiert. Die resultierende Veränderung der jährlichen Stromerzeugung im Vergleich zur deterministischen Simulation, d. h. zur perfekten Voraussicht ohne Prognoseunsicherheiten, ist in Bild 5 dargestellt. Es zeigt sich insbesondere ein erhöhter Einsatz von Pumpspeicherkraftwerken. Weiter zeigen sich Veränderungen der Stromerzeugung in thermischen Kraftwerken. Diese resultieren aus den langfristigen Prognoseunsicherheiten, die sich in der Energieeinsatzplanung widerspiegeln, sowie kurzfristigen Prognoseunsicherheiten in den Fahrplanenergieund Regelleistungsmärkten. Bild 5: Veränderung der Stromerzeugung 15 TWh 10 a 5 Veränderung der Stromerzeugung durch eine Abbildung von Prognosefehlern 40 IAEW FGE JAHRESBERICHT AT BE CH CZ DE FI FR IT NL NO PL SE Kernenergie Braunkohle Steinkohle Erdgas Öl Turbine Pumpe

53 DISSERTATIONEN Weiter zeigt sich, dass es durch langfristige Prognoseunsicherheiten Rückwirkungen auf die Energieeinsatzplanung gibt, da die Flexibilität von saisonalen Speichern unterschätzt wird. Zudem verändern sich die Einsätze von Erzeugungsanlagen und Speichern durch kurzfristige Prognosefehler, da diese vorrangig durch Veränderungen der Im- und Exporte zwischen den Marktgebieten und einen flexibleren Einsatz der Speicher ausgeglichen werden. 4.2 Auswirkungen eines europaweit gekoppelten Regelleistungsmarktes Weiter wird das Verfahren exemplarisch zur Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile eines Reserve Exchange in Zentraleuropa für das Jahr 2024 angewendet. Das hierzu angenommene Szenario ist am Netzentwicklungsplan 2014 orientiert. Die angenommenen Prognosezeitreihen für Einspeisungen aus WEA und PV- Anlagen basieren auf historischen Prognosen des Jahres 2012, die entsprechend der installierten Leistungen des Jahres 2024 skaliert wurden. Folgend wird zunächst die Einführung eines Reserve Exchange in Zentraleuropa analysiert, wobei eine optimale und freie Vergabe der Übertragungskapazitäten unterstellt wird. Die resultierende Regelleistungsvorhaltung ist im Vergleich zum jeweiligen Regelleistungsbedarf in Bild 6 dargestellt. Es zeigt sich eine kosteneffiziente Vorhaltung von positiver Regelleistung in hydraulisch geprägten Marktgebieten. Aus diesem Grund wird positive Regelleistung in Norwegen für Schweden sowie in Österreich und der Schweiz für Deutschland, Frankreich und den Niederlanden bereitgestellt. Zusätzlich wird negative Regelleistung von den Niederlanden, Belgien und Polen in die Schweiz, Österreich und Italien exportiert. Diese regelzonenübergreifende Bereitstellung ermöglicht einen kosteneffizienteren Einsatz von thermischen Kraftwerken und Speichern. Bild 6: Mittlere Regelleistungsbedarf und -vorhaltung 6000 Bedarf 4000 MW Vorhaltung AT BE CH DE FI FR IT NL NO PL SE negative Regelleistung positive Regelleistung Mittlere Regelleistungsbedarf und -vorhaltung bei einem Reserve Exchange Zusätzlich müssen die ÜNB Kernanteile an Regelleistung in den jeweiligen Regelzonen vorhalten. Eine Berücksichtigung dieser Anforderungen reduziert die Im- und Exporte von Regelleistung, jedoch zeigen sich immer noch die gleichen Treiber einer regelzonenübergreifenden Bereitstellung bei begrenzten Auswirkungen auf die Stromerzeugung. Insgesamt zeigen die Ergebnisse einen gesamtwirtschaftlichen Vorteil eines Reserve Exchange in integrierten Regelleistungsmärkten auf. Die Kosteneinsparungen durch Einführung eines Reserve Exchange betragen 766,1 Mio. EUR/a. Ist jedoch ein Kernanteil in den Regelzonen vorzuhalten, sinken die Kosteneinsparungen auf 87,8 Mio. EUR/a. Neben diesen Kosteneinsparungen kann ebenfalls eine höhere Auslastung der Übertragungskapazitäten festgestellt werden. So steigt die mittlere Auslastung über alle Übertragungskapazitäten von 37,5 % auf 50,8 % durch einen Reserve Exchange. Bei Vorhaltung von Kernanteilen wird die Auslastung jedoch wieder auf 44,4 % reduziert. 5 Zusammenfassung Für die kommenden Jahre wird ein Ausbau regenerativer Erzeugungsanlagen prognostiziert. Dies resultiert in steigenden Unsicherheiten und einer Zunahme des Flexibilitätsbedarfs. Zusätzlich strebt die Europäische Union die Harmonisierung und Integration der Regelleistungsmärkte an. Diese Entwicklungen stellen das europäische Stromerzeugungssystem vor neue Herausforderungen. Um damit einhergehende Fragestellungen zu beantworten, werden Marktsimulationsverfahren eingesetzt. Die aufgezeigten Entwicklungen ergeben neue Anforderungen an diese Verfahren. So sind unsichere Erwartungen in der Einsatzplanung zu berücksichtigen. Ebenso ist eine regelzonenübergreifende Regelleistungsbereitstellung abzubilden. Das Ziel dieser Arbeit ist daher die Entwicklung eines Marktsimulationsverfahrens, das die dargestellten Anforderungen abbilden kann. Hierzu wird ein dreistufiges Verfahren entwickelt, das die Stufen der Kraftwerkseinsatzplanung der Akteure nachbildet. Durch Abbildung einer Jahresenergieeinsatzplanung mit unterjähriger Aktualisierung sowie eine detaillierte Simulation von Regelleistungs- und Spotmärkten werden die Einflüsse von Prognoseunsicherheiten berücksichtigt. In jeder Verfahrensstufe wird mithilfe eines Zerlegungsansatzes eine fundamentale Simulation der Märkte durchgeführt. Dies ermöglicht die Abbildung der technischen und betrieblichen Restriktionen von Erzeugungsanlagen, Speichern und DSM-Prozessen. Das entwickelte Verfahren wurde exemplarisch anhand einer Simulation für das Jahr 2012 verifiziert und für das Jahr 2024 zur Bewertung eines Reserve Exchange angewendet. Die Ergebnisse zeigen insbesondere einen gesamtwirtschaftlichen Vorteil eines Reserve Exchange. IAEW FGE JAHRESBERICHT

54 DISSERTATIONEN Simulation der Engpassbehebung im deutschen Übertragungsnetzbetrieb Simulation of Congestion Management in Transmission System Operation Dr.-Ing. Jonas Eickmann Die Entwicklung der Redispatchmaßnahmen in den vergangenen Jahren zeigt in beeindruckender Art und Weise, dass Engpässe im elektrischen Übertragungsnetz nicht nur eine technische Randerscheinung, sondern eine alltägliche Gefährdung der Netzsicherheit sind. So wurden im Jahr 2015 rund 1 Mrd. EUR von den deutschen Übertragungsnetzbetreibern für Redispatchmaßnahmen bezahlt. Unter der Annahme, dass die Netzsituation im Übertragungsnetz durch die Verzögerungen im Netzausbau zukünftig sogar noch kritischer werden könnte, wird die Entwicklung der Engpassbehebung im Übertragungsnetzbetrieb auch unter ökonomischen Aspekten für die Bewertung zukünftiger Szenarien der elektrischen Energieversorgung ein zentraler Bewertungspunkt. Ziel dieses Forschungsvorhabens war daher die Entwicklung eines Verfahrens zur Simulation der Engpassbehebung im Betrieb elektrischer Übertragungsnetze. Transmission grid operators are facing increasing power flows in the transmission grid leading to a growing amount of congestions and an increasing number of implemented remedial measures. To assess the impact of these developments on the electric supply system in future scenarios, an adequate simulation method for congestion management in transmission system operation is required. Thus, the objective of this dissertation is to develop an adequate simulation method to assess the future development of congestion management in transmission system operation. Within this context, there are a couple of technical requirements to be met. On the one hand, all technical limits need to be considered. These limits include current limits, voltage limits and phase-angle-difference limits. For current limits, temporary admissible transmission loadings need to be modeled explicitly to enable the evaluation of post contingency control strategies. To ensure the compliance with the abovementioned limits, there is a variety of possible remedial measures. Transmission system operators can vary the network topology by use of topological switching actions to control the power flows. In addition, the availability of devices for power flow control like phase shifting transformers or HVDC lines provides great flexibility in terms of active power flow control to the TSO. The use of shunt elements enables voltage level control. If these remedial measures are insufficient to ensure the compliance with operational limits, additional more costly measures have to be taken. Redispatch measures enable the adjustment of power plant schedules to adapt the power flows in the transmission grid to its capabilities. From a technical perspective, redispatch measures are constrained by numerous limitations like minimum and maximum power output, limitations of power gradients, minimum up- and downtimes or startup durations. In case of hydro power plants, an additional consideration of basin levels is necessary. If the amount of available conventional redispatch measures is insufficient to relieve all congestions, additional emergency measures need to be taken. These emergency measures include the curtailment of renewable energy sources and, in a last step, even load shedding. The coordination of all abovementioned technical limits and remedial measures poses a huge challenge for a simulation tool. From a technical perspective, the problem is a mixed integer security-constrained optimal power flow (SCOPF) problem. Although this kind of problem is well known in the scientific community, there are no algorithms available to estimate an optimal solution for a large transmission grid model in finite time. Thus, the main objective of this research project was to develop an adequate simulation method providing a sufficiently accurate solution of the SCOPF problem in limited computational time. This has been realized by a decomposition of the optimized selection of topological switching actions from the coordination of all other remedial measures. The optimized selection of topological switching actions is realized by a heuristic method that identifies promising topological modifications in the surrounding of congestions in the transmission grid. Based on the optimized network topology provided by this algorithm, the coordination of all other remedial measures is implemented in a successive linear optimization including a mixed integer unit-commitment model to provide technically valid redispatch schedules. The application of the developed method to different models of the European transmission grid shows outstanding computational performance. This enables the technically detailed evaluation of congestion management problems and is thereby providing new insights into the future role of congestion management in transmission system operation. 42 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

55 DISSERTATIONEN 1 Hintergrund Bei der Übertragung elektrischer Leistung über weite Strecken nimmt das elektrische Übertragungsnetz eine zentrale Funktion ein, wobei es an die durch Allokation von Last und Erzeugung beschriebene Transportaufgabe angepasst wurde. Durch umfangreiche Entwicklungen, von denen ein wesentlicher Teil in Deutschland unter dem Stichwort Energiewende zusammengefasst wird, ändert sich diese Transportaufgabe und damit auch die Anforderung an das elektrische Übertragungsnetz. 1.1 Veränderung der Erzeugungsstruktur Ausgangspunkt für die umfangreichen Veränderungen im Bereich der Stromerzeugung war der Beschluss des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien [1] im Jahr Durch die Förderung von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien entstand ein Geschäftsmodell für die Errichtung und den Betrieb solcher Anlagen. In Folge kam es zu einem Zubau von Windkraft- und PV-Anlagen, der bis zum Ende des Jahres 2014 eine insgesamt installierte Erzeugungsleistung in Höhe von über 76 GW [2, 3] in Deutschland erreicht hat. Diese Anlagenleistung unterscheidet sich in ihrer geographischen Verteilung deutlich von derjenigen der konventionellen Erzeugungseinheiten, was in veränderten Transportaufgaben für das Übertragungsnetz resultiert. Da die Anlagen zudem im Verteilungsnetz angeschlossen und elektrisch somit weit vom Übertragungsnetz entfernt sind, kommt es durch die Verdrängung konventioneller Kraftwerke zu einer Reduktion des Umfangs verfügbarer Blindleistungsquellen im Übertragungsnetz. Neben der Veränderung der innerdeutschen Erzeugungsstruktur kommt es politisch getrieben auch auf europäischer Ebene zu einer Veränderung der elektrischen Transportaufgabe. Durch die Richtlinien zur Vollendung des europäischen Elektrizitätsbinnenmarktes [4] wurde die Entwicklung zu einem vereinheitlichten europäischen Markt für elektrische Energie als Ziel zukünftiger Entwicklung forciert, was zu mehr grenzüberschreitendem Energiehandel und damit in technischer Konsequenz zu größeren Stromtransporten im Übertragungsnetz führt. Von diesen Stromtransporten ist Deutschland mit seiner zentralen Lage in Europa in besonderem Maße betroffen. 1.2 Realisierung von Netzausbau Als direkte Folge der Veränderungen im Bereich der elektrischen Stromerzeugung kommt es zu einer Notwendigkeit, das Übertragungsnetz an die neuen Transportaufgaben anzupassen. Im Falle zunehmender Stromtransporte entspricht dies dem Bedarf an zusätzlichen Netzbetriebsmitteln und neuen Übertragungstrassen. Während die Anforderungen an das Übertragungsnetz stetig zunehmen, kommt der Netzausbau jedoch nur schleppend voran [5]. So wird erwartet, dass bis 2016 nur 40~% der nach EnLAG geplanten Maßnahmen realisiert werden können [3, 6]. Durch die geringe gesellschaftliche Akzeptanz von Netzausbaumaßnahmen [7] ist beim Netzum- und -ausbau auch zukünftig mit erheblichen Verzögerungen zu rechnen. Daraus folgt eine Zunahme der Menge an Engpässen und Eingriffen im Übertragungsnetzbetrieb. So wurden von den deutschen Übertragungsnetzbetreibern im Jahr 2013 an 232 Tagen Redispatchmaßnahmen durchgeführt, im Jahr 2010 war Redispatch nur an 90 Tagen erforderlich [2, 3]. Gleichzeitig führt die dargebotsabhängige und volatile Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien zu einer Diskussion über die Zielgröße der Netzdimensionierung. Nach aktueller Regulierung müssen die Netze so ausgelegt sein, dass die Übertragungsaufgabe in vollem Umfang erfüllt werden kann [8]. Im Zusammenhang mit der volatilen Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien kann diese Praxis jedoch aus ökonomischen Überlegungen und Akzeptanzgründen in Frage gestellt werden. Untersuchungen im Bereich der Verteilungsnetze haben gezeigt, dass ein Einspeisemanagement bereits bei geringem Umfang der abgeregelten Energiemenge signifikant zur Einsparung von Netzausbaubedarf beitragen kann [9]. Daher stellt sich auch im Übertragungsnetzbereich die Frage, welche Folgen in ökonomischer Hinsicht, aber insbesondere auch in Bezug auf die Netzsicherheit, ein nicht engpassfreier Ausbau des Übertragungsnetzes haben würde. 1.3 Technologische Entwicklungen Den vermehrt auftretenden Engpässen stehen eine Reihe technologischer Entwicklungen entgegen. Durch den Einsatz zusätzlicher Phasenschiebertransformatoren (PST) im vermaschten AC-Übertragungsnetz [10] wird eine Steuerbarkeit der Wirkleistungsflüsse erreicht, die zur Engpassbehebung genutzt werden kann. Diese Steuerbarkeit führt jedoch auch zu einem erhöhten Koordinationsaufwand, da bei einer großen Anzahl leistungsflusssteuernder Betriebsmittel innerhalb eines begrenzten Netzbereiches eine wirksame Leistungsflusssteuerung nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Wechselwirkungen möglich ist. Neben den bewährten PST sind auch Hochspannungs- Gleichstrom-Übertragungsstrecken (HGÜ) auf Übertragungsnetzebene in Diskussion, Planung und in Betrieb. Der Einsatzbereich entwickelt sich dabei von der bewährten Kopplung asynchroner Netze über den Anschluss von Offshore-Windenergieanlagen zu einer Verwendung von HGÜ-Übertragungsleitungen parallel zum Drehstromnetz weiter [11]. Auch innerhalb der Anwendungen parallel zum Drehstromnetz geht die Entwicklung vom Ausbau von Kuppelkapazitäten, beispielsweise an den Grenzen zwischen Spanien und Frankreich oder Deutschland und Belgien [12], hin zur marktgebietsinter- IAEW FGE JAHRESBERICHT

56 DISSERTATIONEN nen Verwendung parallel zum deutschen Übertragungsnetz [11]. Für den Betrieb des Drehstromnetzes stellen die HGÜ eine zusätzliche Steuerungsoption zur Beeinflussung der Leistungsflüsse dar. Die neuen Steuerungsoptionen im Rahmen der Wirkleistungsflusssteuerung durch PST wie auch HGÜ verändern die Engpassbestimmung im Übertragungsnetz. In einem Netz ohne Steuerungsmöglichkeiten werden Engpässe ausgehend von der Last- und Einspeisesituation durch Leistungsflussberechnung identifiziert. Sind im Netz jedoch in signifikantem Umfang Steuerungsmöglichkeiten vorhanden, sind Strategien erforderlich, wie diese bei der Bestimmung von Engpässen berücksichtigt werden können. Wie diese Strategien idealerweise auszugestalten sind, ist derzeit eine offene Forschungsfrage. 1.4 Ziel der Arbeit Aus den aufgezeigten Entwicklungen lässt sich ableiten, dass für zukünftige Situationen eine zunehmende Menge an Engpässen im deutschen Übertragungsnetz zu beheben sein wird. Bei der Untersuchung zukünftiger Szenarien der elektrischen Energieversorgung müssen die Auswirkungen der Behebung dieser Engpässe berücksichtigt werden. Dabei ist die Fragestellung zu untersuchen, ob eine Engpassbehebung und damit eine Wahrung der Netzsicherheit technisch möglich sein wird. Für zukünftige Szenarien ist diese Fragestellung auf Grund der hohen Kosten einer Nichtversorgung von Kundenanlagen mit höchster Priorität zu behandeln. Um diese Fragestellung quantitativ beantworten zu können, ist ein Verfahren zur Simulation der operativen Engpassbehebung im Rahmen des Übertragungsnetzbetriebs erforderlich. Obwohl bereits umfangreiche Arbeiten im Bereich der Optimierung unter Leistungsflussnebenbedingungen existieren, gibt es derzeit kein Verfahren zur Simulation des Zusammenspiels und der Wechselwirkungen aller Handlungsoptionen der Übertragungsnetzbetreiber. Insbesondere zeitkoppelnde Restriktionen durch die Flexibilitätsrestriktionen thermischer und hydraulischer Kraftwerke sowie die Möglichkeiten korrektiver Maßnahmenumsetzung sind zu berücksichtigen. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung eines Verfahrens zur Simulation der operativen Engpassbehebung im Übertragungsnetzbetrieb unter Berücksichtigung der verfügbaren betrieblichen Maßnahmen und technischen Restriktionen. 2 Anforderungen Die betrieblichen Grenzwerte und zur operativen Engpassbehebung verfügbaren Freiheitsgrade und somit auch die Anforderungen an die Simulation ihres Einsatzes sind vielfältig. Bild 1: Ist eine Anpassung der Last- und Einspeisesituation erforderlich, ist Redispatch mit konventionellen Kraftwerken derzeit die bevorzugte Handlungsoption. Konventionelle Kraftwerke unterliegen jedoch einer Reihe von Flexibilitätsrestriktionen, die in der Simulation adäquat zu berücksichtigen sind. Diese umfassen die Notwendigkeiten von Mindestzeiten und Kraftwerksanfahrten, aber auch die Restriktionen durch Gradienten, die eine kurzfristige korrektive Veränderung der Leistungseinspeisung limitieren. Für hydraulische Kraftwerke sind zudem die Beckenfüllstandsrestriktionen zu prüfen. In der koorstrom- und spannungsbedingt spannungsbedingt strombedingt Ursachen für Redispatchmaßnahmen der deutschen Übertragungsnetzbetreiber [13] Wie aus Bild 1 ersichtlich wird, ist ein Großteil der durch deutsche ÜNB veranlassten Redispatchmaßnahmen motiviert durch Verletzungen der Stromgrenzwerte. In einer Simulation der operativen Engpassbehebung ist folglich ein Schwerpunkt auf die angemessene Abbildung der Stromgrenzwerte zu legen, die sich durch meteorologische Einflüsse im Zeitverlauf ändern und eine kurzfristige Überlastfähigkeit durch die Zeitkonstanten thermischer Ausgleichsprozesse aufweisen können. Auch die Berücksichtigung von Spannungsgrenzwerten ist für die umfassende Simulation der operativen Engpassbehebung im Übertragungsnetzbetrieb erforderlich, jedoch haben diese bei Fortschreibung der aktuellen Zahlen einen wesentlich geringeren Einfluss auf marktbezogene Maßnahmen. Im Bereich der netzbezogenen Maßnahmen spielt der Freiheitsgrad der Topologieschaltmaßnahmen eine zentrale Rolle. Topologieschaltmaßnahmen werden an vielen Stellen im Netz und sowohl bei Verletzungen der Spannungs- als auch der Stromgrenzwerte eingesetzt. Jedoch werden Topologieschaltmaßnahmen betrieblich nicht gesamtheitlich optimiert, sondern auf Basis der Betriebserfahrung eingesetzt. Dies ist in einem Simulationsverfahren zu berücksichtigen. Die Stufung von Transformatoren gehört zum täglichen Umfang des Netzbetriebs und ist in der Simulation insbesondere zu berücksichtigen, da ein steigender Einsatz von PST erwartet wird. Selbiges gilt auch für die Blindleistungsbereitstellung durch Querkompensationsanlagen. Der geplante Ausbau des Einsatzes von HGÜ macht deren Berücksichtigung essenziell. Sowohl der Einsatz im ungestörten Betrieb als auch die Ausnutzung der kurzfristigen Steuerbarkeit im Falle von Betriebsmittelausfällen sind wichtige Anwendungsfelder, die eine entsprechende Abbildung in der Simulation der operativen Engpassbehebung erforderlich machen. 44 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

57 DISSERTATIONEN dinierten Anwendung ist sicherzustellen, dass konventionelle Kraftwerke bevorzugt zum Redispatch verwendet werden und erst nachrangig Maßnahmen des Einspeisemanagements, welches im Umfang der gegebenen Anlagensteuerbarkeit abzubilden ist, eingesetzt werden. Die Maßnahmen der Lastabschaltung sind zu berücksichtigen, hier ist eine Differenzierung in Abschaltung kontrahierter Lasten und sonstige Lastabschaltung jedoch zentral. Bei der Modellierung der marktbezogenen Maßnahmen ist weiterhin eine adäquate Modellierung der entstehenden Kosten erforderlich, da diese ein wichtiges Bewertungskriterium darstellen. 3 Verfahren Die benannten Anforderungen lassen sich in ein gemischt-ganzzahliges, weder lineares, noch konvexes Optimierungsproblem überführen. Bei der Anwendung auf realitätsnahe Übertragungsnetzmodelle ist nach aktuellem Stand der Forschung jedoch auch für Teilprobleme keine geschlossene Lösung möglich. Im Rahmen dieser Arbeit wird folglich ein Verfahren entwickelt, welches unter Berücksichtigung der Anforderungen einer Simulation der operativen Engpassbehebung im Übertragungsnetzbetrieb geeignete Annahmen trifft, um eine effiziente Lösung des Problems zu ermöglichen. Die Analyse des Optimierungsproblems zeigt zwei zentrale Herausforderungen für die Entwicklung eines Lösungsverfahrens. Diese sind die Größe des Optimierungsproblems Berücksichtigung diskreter Variablen Zur Handhabung der Größe des Optimierungsproblems ist eine weitergehende Untersuchung der Struktur erforderlich. Die Ähnlichkeit von konsekutiven Leistungsflusssituationen oder auch die begrenzte Auslenkung durch Betriebsmittelausfälle legen jedoch nahe, dass an dieser Stelle die Entwicklung effizienter Algorithmen für die Handhabung des Optimierungsproblems möglich ist. Weitergehend ist die Behandlung diskreter Variablen für die Auswahl der Lösungsalgorithmen zentral. Die Betrachtung der diskreten Variablen zeigt dabei deutliche Unterschiede bezüglich Relaxierbarkeit und relaxierter Differenzierbarkeit. Während für die Stufenstellung von Kompensationselementen und Transformatorstufenstellern eine direkte kontinuierliche Näherung der Variablen innerhalb der Lösungsmethodik möglich ist, ist eine Relaxierung der Betriebszustandsvariablen thermischer Kraftwerke innerhalb der Mindestbetriebs- und -stillstandszeitnebenbedingungen nicht zielführend. Ebenso ist eine relaxierte Betrachtung des Topologieschaltzustandes nicht sinnvoll. Für die Konzeption des Verfahrensaufbaus bedeutet dies, dass im Sinne einer effizienten Lösung mathematisch homogener Teilprobleme die Optimierung des Topologieschaltzustandes separat von der Optimierung kontinuierlicher und kontinuierlich relaxierbarer Variablen sowie der Einhaltung von Mindestbetriebs- und -stillstandszeiten bei geeigneter Koordination zwischen den Teilproblemen durchzuführen ist. 3.1 Verfahrensaufbau Innerhalb des entwickelten Verfahrens zur Simulation der Engpassbehebung im Übertragungsnetzbetrieb wird daher das Gesamtproblem, wie in Bild 2 dargestellt, in einen Teil zur Bestimmung technisch geeigneter Topologieschaltzustände, ein Auswahlverfahren für den Topologieschaltzustand auf Basis der betrachteten Last- und Einspeisesituation, eine initiale Bestimmung der verlustminimalen Arbeitspunkte für leistungsflusssteuernde Betriebsmittel sowie eine zeitkoppelnde, gemischtganzzahlige Simulation der nicht-topologischen Maßnahmen zur Engpassbehebung aufgetrennt. Bild 2: Geeignete Topologieschaltmaßnahmen Last- Geeignete und Topologieschaltmaßnahmen Einspeisesituationen Geeignete Topologieschaltmaßnahmen Ausgewählte Topologieschaltmaßnahmen Geeignete Topologieschaltmaßnahmen Geeignete Topologieschaltmaßnahmen Verlustminimale Einstellungen der PST & HGÜ Geeignete Topologieschaltmaßnahmen Geeignete Topologieschaltmaßnahmen Geeignete Nicht-topol. Topologieschaltmaßnahmen Maßnahmen zur Engpassbehebung Verfahrensaufbau Repräsentative Identifikation geeigneter Topologieschaltmaßnahmen Identifikation geeigneter Topologieschaltmaßnahmen Identifikation geeigneter Topologieschaltmaßnahmen Identifikation geeigneter Topologieschaltmaßnahmen Identifikation geeigneter Auswahl Topologieschaltmaßnahmen von Topologieschaltmaßnahmen Identifikation geeigneter Topologieschaltmaßnahmen Identifikation Verlustminimierung geeigneter Topologieschaltmaßnahmen durch PST & HGÜ Zeitkoppelnde gemischtganzzahlige Simulation der Engpassbehebung Der erste Verfahrensschritt besteht dabei in einer Identifikation von Topologieschaltzuständen, die zur Behebung von Engpässen geeignet sind. Diese Identifikation erfolgt jeweils isoliert für einzelne Last- und Einspeisesituationen, in denen Engpässe auftreten. Diese einzelnen Situationen können dabei alle erwarteten oder auch nur eine Stichprobe repräsentativer Last- und Einspeisesituationen sein. Je nach Wahl der Anwendungsfälle werden dann im Rahmen des Verfahrens optimierte Topologieschaltmaßnahmen oder, wie betrieblich derzeit üblich [14], eine Menge geeigneter Topologieschaltmaßnahmen für die Anwendung auch in anderen Last- und Einspeisesituationen bestimmt. Die Bereitstellung der Topologieschaltmaßnahmen als explizites Zwischenergebnis ermöglicht optional eine Prüfung auf die Einhaltung weitergehender betrieblicher Grenzen, die evtl. im verwendeten Netzmodell nicht vollständig abgebildet sind, wie etwa Ringflüsse über unterlagerte Spannungsebenen oder die Einhaltung von Kurzschlussstromgrenzen. Aufbauend auf den geeigneten Topologieschaltmaßnahmen wird für jede Last- und Einspeisesituationen isoliert Alle IAEW FGE JAHRESBERICHT

58 DISSERTATIONEN eine Initialisierung durchgeführt. Im Rahmen dieser Initialisierung wird ein Topologieschaltzustand aufbauend auf der Menge geeigneter Topologieschaltmaßnahmen ausgewählt, der den Umfang an Engpässen in dieser Situation reduziert. Weitergehend wird eine Minimierung der Wirkleistungsverluste im ungestörten Betrieb durch Einstellung leistungsflusssteuernder Betriebsmittel durchgeführt. Die Optimierung wird durch Lösung eines reduzierten OPF-Problems für eine einzelne Situation ohne Grenzwertnebenbedingungen vorgenommen. Resultat dieser Zwischenschritte sind initialisierte Leistungsflusssituationen mit optimierten Topologieschaltzuständen und verlustminimal eingestellten Betriebsmitteln zur Wirkleistungsflusssteuerung für die untersuchten Lastund Einspeisesituationen. Abschließend werden diese initialisierten Leistungsflusssituationen gemeinsam an die Methodik zur Lösung des zeitkoppelnden gemischt-ganzzahligen SCOPF- Problems übergeben und gelöst. Die Ergebnisse des Optimierungsschritts sind die Leistungsflüsse im ungestörten Betrieb sowie die Leistungsflüsse nach Betriebsmittelausfällen jeweils vor und nach Umsetzung von Maßnahmen zur Engpassbehebung. Weitergehend stehen Informationen zu den durchzuführenden Maßnahmen, insbesondere deren Umfang und Kosten, zur Verfügung. 4 Exemplarische Untersuchungen Abschließend werden zur Veranschaulichung exemplarischer Anwendungsmöglichkeiten des entwickelten Verfahrens Untersuchungen auf Basis eines zukünftigen Szenarios der elektrischen Energieversorgung vorgestellt. Hierzu wird aufbauend auf dem Szenario B 2024 des deutschen Netzentwicklungsplans 2014 [11] untersucht, welchen Einfluss eine Verzögerung des Netzausbaus auf die technische Gewährleistbarkeit der Netzsicherheit hat. Dazu wird angenommen, dass es bei der Realisierung der HGÜ-Netzausbaumaßnahmen von Korridor C zu Verzögerungen kommt, sodass dieser noch nicht fertiggestellt werden konnte. Darüber hinaus wird unterstellt, dass die HGÜ des Korridor D im gesamten Betrachtungszeitraum wartungsbedingt nicht verfügbar ist. Das resultierende Modell des deutschen Übertragungsnetzes ist in Bild 3 dargestellt. Bild 3: 380 kv 220 kv HGÜ a) Drehstromnetz b) HGÜ Geschwächt Modell des deutschen Übertragungsnetzes Bei diesem geschwächten Netzzustand ist eine vollständige Engpassbehebung in 1,9 % der betrachteten Lastund Einspeisesituationen mit den zur Verfügung stehenden Maßnahmen nicht möglich. Die deutschen ÜNB verfügen in diesem Untersuchungsszenario folglich nicht über genügend betriebliche Flexibilität zur Behebung aller Engpässe. Die größte Menge verbleibender Engpässe verbleibt dabei in einer Nachtstunde im Winter mit einer Last von 55,2 GW und einer Einspeisung aus Windenergieanlagen von 42,5 GW in Deutschland. Deutschland exportiert in dieser Situation 24,2 GW, davon 5,5 GW nach Österreich und 4,4 GW in die Schweiz. Da südlich der Engpässe im deutschen Übertragungsnetz nur geringes Potenzial zur Erhöhung der Einspeiseleistung in Deutschland besteht, ist eine Wahrung der Netzsicherheit nicht möglich. Auch nach Durchführung der operativen Engpassbehebung mit einem Gesamtvolumen an Redispatchmaßnahmen von 13,5 GW verbleiben noch der ursprünglich überlasteten Stromkreiskilometer. Das Redispatchvolumen eignet sich an dieser Stelle nicht zur alleinigen Bewertung der Netzsicherheitsgefährdung, da in insgesamt 1,9 % der betrachteten Last- und Einspeisesituationen um bis zu Faktor 2 höhere Redispatchvolumina auftreten. In Bezug auf die Anzahl verbleibender Engpässe nach der operativen Engpassbehebung sind diese jedoch weniger kritisch. Die Problemstellung, dass eine Wahrung der Netzsicherheit nicht in allen Last- und Einspeisesituationen möglich ist, wird auch innerhalb der Systemanalysen zur Feststellung des Bedarfs an Reservekraftwerken durch die deutschen Übertragungsnetzbetreiber [15, 16] untersucht. Zur kurzfristigen Wahrung der Netzsicherheit wird in diesen Untersuchungen ein Bedarf an zusätzlicher Redispatchkapazität in Form von Reservekraftwerken bestimmt, die zur Wahrung der Netzsicherheit benötigt wird. Diese Vorgehensweise wird nachfolgend exemplarisch auf das vorliegende Untersuchungsszenario angewendet. Die Möglichkeiten zur Durchführung von Redispatchmaßnahmen werden um Redispatchmaßnahmen mit thermischen und hydraulischen Kraftwerken in Österreich und in der Schweiz erweitert. Die Untersuchungen mit diesen erweiterten Redispatchmöglichkeiten zeigen, dass eine vollständige Engpassbehebung und damit auch eine Wahrung der Netzsicherheit mit dem erweiterten Maßnahmenumfang in allen betrachteten Last- und Einspeisesituationen möglich ist. Der maximale zeitgleiche Redispatchabruf außerhalb Deutschlands beträgt 4,7 GW und tritt genau in derjenigen Last- und Einspeisesituation auf, in der auch die größte Menge verbleibender Engpässe nach Simulation der innerdeutschen operativen Engpassbehebung auftritt. Die geographische Allokation des Redispatcheinsatzes in dieser Situation ist in Bild 4 dargestellt. Insgesamt besteht die Notwendigkeit für Redispatchmaßnahmen außerhalb Deutschlands in insgesamt 46 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

59 DISSERTATIONEN 164 Last- und Einspeisesituationen. In diesen Situationen sind die deutschen Übertragungsnetzbetreiber mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht in der Lage, die Netzsicherheit zu gewährleisten. Bild 4: Redispatch und Engpässe in kritischster Last- und Einspeisesituation Eine mögliche Folgerung daraus ist, dass im betrachteten Szenario mit verzögertem Netzausbau für eine Wahrung der Netzsicherheit die vertragliche Sicherung von Reservekraftwerken mit einer Gesamtleistung von 4,7 GW erforderlich ist. Insofern führt ein verzögerter Netzausbau in diesem Szenario nicht nur zu höheren Auswendungen im Redispatch, sondern auch zu einer immanenten Gefährdung der Netzsicherheit. 5 Literaturverzeichnis 1 GW 2 GW 4 GW Engpass Erhöhung Reduktion [1] Deutscher Bundestag, Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien: EEG, [2] Bundesnetzagentur, Internetseite der Bundesnetzagentur. Available: (2015, May. 17). [3] Bundesnetzagentur and Bundeskartellamt, Monitoringbericht 2014, Nov [4] Richtlinien über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, [5] Europäische Kommission, EU Energy Markets in 2014, [6] Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen: EnLAG, [7] P. Schweizer-Ries, Umweltpsychologische Untersuchung der Akzeptanz von Maßnahmen zur Netzintegration Erneuerbarer Energien in der Region Wahle - Mecklar (Niedersachsen und Hessen), Jun [8] Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG): EnWG, [9] J. Büchner, J. Katzfey, O. Flörcken, A. Moser, H. Schuster, S. Dierkes, T. van Leeuwen, L. Verheggen, M. Uslar, and M. van Amelsvoort, Moderne Verteilernetze für Moderne Verteilernetze für Deutschland (Verteilernetzstudie): Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), Forschungsprojekt Nr. 44/12, Sep [10] 50Hertz Transmission GmbH, Polskie Sieci Elektroenergetyczne Spolka Akcyjna, Vereinbarung zwischen polnischem (PSE) und deutschem (50Hertz) Übertragungsnetzbetreiber zu Phasenschiebertransformatoren markiert wichtigen Schritt hin zur Vollendung des europäischen Energiebinnenmarktes. Warschau / Berlin, [11] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber, Netzentwicklungsplan Strom 2014: Zweiter Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber, Nov [12] European Network of Transmission System Operators for Electricity, 10-Year Network Development Plan 2012, European Network of Transmission System Operators for Electricity, Jul [13] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber, Redispatch- Massnahmen. Available: (2016, Jan. 31). [14] UMBRELLA Konsortium, Deliverable D3.2 - Report on EOPF considering uncertainties, Sep [15] Bundesnetzagentur, Feststellung des Reservekraftwerksbedarfs für den Winter 2015/2016: Bericht über die Ergebnisse der Prüfung der Systemanalysen, Sep [16] Bundesnetzagentur, Feststellung des Reservekraftwerksbedarfs für den Winter 2014/2015 sowie die Jahre 2015/2016 und 2017/2018 und zugleich Bericht über die Ergebnisse der Prüfung der Systemanalysen, May IAEW FGE JAHRESBERICHT

60 DISSERTATIONEN Netzinhaltsoptimierung von mengengesteuerten Gasnetzen Optimization of Line Pack in Volume-Controlled Natural Gas Networks Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Kevin Münch Die zentrale Aufgabe des Betreibers von mengengesteuerten Gasnetzen besteht in der Einhaltung der zulässigen Druckgrenzen, die sich durch den vertraglich vereinbarten Entnahmedruck und den betriebsmittelspezifischen maximalen Druck ergeben. Dabei hat der Netzbetreiber zeitgleich die Erfüllung der angemeldeten Einspeisungen und Entnahmen der Transportkunden sicherzustellen. Dazu ist das wesentliche Mittel die Anpassung des Netzinhaltes zur Regelung des Druckniveaus. Aufgrund der Liberalisierung des Marktes verfügen die Betreiber von Gastransportnetzen jedoch über keine Möglichkeit, Erdgas aus dem Netz zu entnehmen oder einzuspeisen. Daher sind sie auf Flexibility Services als Dienstleistungen Dritter angewiesen, um Erdgas zu leihen beziehungsweise zu parken. Somit stellt sich die Frage nach einem kostenoptimalen Einsatz der Flexibility Services. Da der aktuelle Stand der Forschung keine Antwort auf diese Frage gibt, ist in dieser Arbeit ein zweistufiger Ansatz entwickelt, der dem Dispatcher eine Entscheidungshilfe gibt, indem er ermittelt, zu welchem Zeitpunkt welche Flexibility Services in welcher Höhe zu nutzen sind. The central task of a natural gas transport network operator is to fulfil the pressure borders, while realizing feed-in and withdrawal of the customers. The pressure borders are defined by contractual minimal pressure and maximal pressure of network components. The actual pressure within the natural gas network in volume-controlled natural gas networks depends on the linepack and the actual gas flows, which are a result of the feedin and withdrawal of the customers. As the customers behavior should not be influenced by the network operator, only linepack is a degree of freedom for the network operator to ensure valid pressure values. During times of monopoly, a change of linepack was foresightful possible by use of companies own infrastructure, but the unbundling of natural gas transport network operators has changed the situation seriously. For necessary changes in linepack the network operator needs services from third parties called Flexibility Services. It should be noted that this service is always a Parking and Borrowing. This means that the used natural gas quantity has to be rejected during the Gas Day. The network operator often has the possibility to choose out of different options of Flexibility Services. Based on the principle of the Energy Sector Act, that claims a safe supply with minimal costs, the question arises, which is the cost minimal use of Flexibility Services? Existing research papers provide no satisfying answer to this question. Therefore, the aim of this work is to develop a method to answer this question, to help the dispatcher during decision making within practicable computing times. Possible service providers for Flexibility Services are neighboring network areas, natural gas storages and locally connected natural productions. The payment for the services is calculated by the used natural gas quantity multiplied with the price and the duration. Furthermore, an optimization has to consider the technical constraints for the use of these services. For example maximal gas flows or start-up times. In addition the constraints of the natural gas network have to be considered. The pressure borders can be modelled as linepack borders, but a change of the linepack changes the gas flows. This affects again the linepack borders. Therefore, an iterative solution is needed. Additional changes of the line pack lead to pressure oscillations. Therefore, this work suggests a method using a two-step approach to minimize the cost for the use of Flexibility Services. As the objective function is linear and also has integer constraints, for example operating states, a mixed integer problem exists. To solve this kind of problem the Branch-and-Cut-Method is proven and used in this work. To consider the additional constraints of the natural gas network, methods for gas flow calculations are necessary. Existing methods for gas flow calculations are not fulfilling the computation time requirements to solve the optimization problem. Therefore, this work develops a transient gas flow calculation and a quasi-stationary gas flow calculation. On the one hand, the transient gas flow calculation verifies the acceptable pressure values, particularly in regard to pressure oscillations. On the other hand, the approach uses the quasi-stationary gas flow calculation to iteratively solve the optimization problem. The exemplary investigations show that the developed method leads to plausible results after practical computing times. Thereby, the methods meets all constraints. Furthermore, the exemplary investigations demonstrate for example that the existing fixed balancing period should be more flexible in the future to realize additional saving potentials. 48 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

61 Druck in bar DISSERTATIONEN 1 Hintergrund Die zentrale Aufgabe für die Betreiber von Fernleitungsnetzen besteht in der Einhaltung der zulässigen Druckgrenzen [1], die sich durch den vertraglich vereinbarten minimalen Entnahmedruck und den betriebsmittelspezifischen maximalen Druck ergeben. Der Druck im mengengesteuerten Fernleitungsnetz ergibt sich als Folgegröße von dem im Fernleitungsnetz vorhandenen Netzinhalt und den aktuellen Normvolumenströmen in den einzelnen Rohrleitungen [2]. Da die Normvolumenströme im liberalisierten Gasmarkt aus den Einspeisungen und den Entnahmen der Transportkunden resultieren, hat der Netzbetreiber keinen Einfluss auf diese. Entsprechend kann nur der Netzinhalt als Freiheitsgrad eingesetzt werden, um die Einhaltung der Druckgrenzen sicherzustellen. Bild 1 zeigt exemplarisch, wie eine Erhöhung des Normvolumenstroms zu einer Verletzung der Druckgrenzen führen kann und diese durch eine Anhebung des Netzinhaltes behoben werden kann. Bild 1: p min Länge in km Ausgangssituation Normvolumenstrom +20 % Netzinhalt ±0 % Normvolumenstrom +20 % Netzinhalt +20 % Einhaltung der Druckgrenzen p max Zur Anpassung des Netzinhaltes ist der Netzbetreiber auf Dienstleistungen Dritter angewiesen, da er als Folge der Liberalisierung nicht mehr über eigene, entsprechende Infrastruktur, wie beispielsweise Speicher, verfügen darf [3]. Die Dienstleistungsprodukte zur Anpassung des Netzinhaltes werden allgemein als Flexibility Services bezeichnet. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Nutzung von Flexibility Services um ein Parken und Leihen von Gasmengen handelt [4]. Dies bedeutet, dass die genutzte Gasmenge innerhalb eines Gastages zurückgespeist werden muss. Dementsprechend hat der Netzbetreiber zur Anpassung des Netzinhaltes möglicherweise verschiedene Optionen Flexibility Services auszuwählen. Da die Vergütungen unterschiedlich gestaltet sein können, stellt sich im Hinblick auf den Leitsatz des Energiewirtschaftsgesetzes [5] die Aufgabe für den Betreiber eines Fernleitungsnetzes, die Kosten für die Nutzung von Flexibility Services zu minimieren. Daraus leitet sich die Fragestellung ab, welche Netzinhaltsanpassungen der Betreiber eines Fernleitungsnetzes zu welchem Zeitpunkt vornehmen muss, um die Kosten für Flexibility Services zu minimieren. Der aktuelle Stand der Forschung gibt keine Antwort auf diese Fragestellung. Vor diesem Hintergrund leitet sich das Ziel dieser Arbeit ab: Die Entwicklung eines Verfahrens zur Beantwortung der Fragestellung, um dem Dispatcher eine Entscheidungshilfe innerhalb einer praxistauglichen Rechenzeit zu bieten. 2 Flexibility Services Die Analyse möglicher Anbieter für Flexibility Services zeigt Potential bei drei Möglichkeiten zur Erbringung der Dienstleistung: benachbarte Netzbereiche Speicher lokal angeschlossene Förderungen Die Vergütung berechnet sich durch das jeweils genutzte Normvolumen gewichtet mit der genutzten Dauer und dem jeweiligen Arbeitspreis. Zusätzlich sind Abgeltungskosten zu vergüten, falls es zu einem Defizit bei der Rückspeisung über den Bilanzierungszeitraum kommt [4]. Als Bilanzierungszeitraum wird momentan gesetzlich der Gastag vorgegeben. Aufgrund des engen Zeitfensters von 06:00 Uhr bis zum Folgetag 06:00 Uhr [6] ist fraglich, ob dieser Zeitraum die kostengünstigste Auswahl von Flexibility Services ermöglicht. Weiterhin haben alle möglichen Anbieter von Flexibility Services gemeinsam, dass die Nutzung der jeweiligen Flexibility Services eine Berücksichtigung der technischen Restriktionen verlangt. Exemplarisch für die Flexibility Services sind beim Speicher verschiedene technische Restriktionen zu berücksichtigen. Zunächst ergeben sich durch das vorhandene Speichervolumen und den aktuellen Füllstand des Speichers die Gasmengen, die maximal in den Speicher eingespeist beziehungsweise maximal aus dem Speicher ausgespeist werden können [7]. Dabei ist über den Betrachtungszeitraum eine fahrplanbedingte Änderung des Speicherfüllstands zu berücksichtigen. Weiterhin wird das nutzbare Volumen durch die maximale Ein- und Ausspeicherleistung begrenzt. Diese sind zum einen durch die technischen Einrichtungen, wie Vorwärmung, Kühlung, Entspannung oder Verdichtung, begrenzt, zum anderen aber auch vom Füllstand abhängig. Dies ist in Bild 2 skizziert. IAEW FGE JAHRESBERICHT

62 DISSERTATIONEN Ausspeicherleistung Leistung in Tsd. m³ /h Einspeicherleistung Druck in bar Druck in bar p max p min Arbeitsgasvolumen in Mio. m³ Länge in km Normvolumenstrom: groß gering Bild 2: Exemplarische Speicherkennlinien Die Ausspeicherleistung steigt mit steigendem Speicherfüllstand, da der Speicher bei einer höheren gespeicherten Gasmenge unter höherem Druck steht und somit das Gefälle zwischen Druck im Speicher und Druck im Fernleitungsnetz größer ist. Die Einspeicherleistung verhält sich entsprechend umgekehrt, da ein gering gefüllter Speicher einen geringeren Druck hat und somit weniger Verdichtungsarbeit notwendig ist. Da die Nutzung von Flexibility Services möglicherweise zu einer Umschaltung des Betriebszustandes von Einspeicherung auf Ausspeicherung oder umgekehrt führen kann, sind zusätzlich die jeweiligen Betriebszeiten zu berücksichtigen. Hierzu sei beispielsweise die Anfahrtszeit der Vorwärmung zu nennen. Da sowohl Netzbetreiber als auch Speicherbetreiber eine genaue Kenntnis über die ausgetauschte Gasmenge zwischen Speicher und Fernleitungsnetz haben müssen, sind sogenannte Mess- und Regeleinrichtungen zu nutzen. Diese benötigen jedoch zum einwandfreien Betrieb einen minimalen Normvolumenstrom, sodass dieser ebenfalls bei der Nutzung von Flexibility Services berücksichtigt werden muss. 3 Mengengesteuerte Gasnetze In mengengesteuerten Gasnetzen ist der Druck eine Folgegröße aus Normvolumenstrom und Netzinhalt [2]. Da der Netzinhalt entsprechend vom Normvolumenstrom und Druckniveau im Gasnetz abhängig ist, ist eine Analogie zwischen Netzinhaltsgrenzen und Druckgrenzen gegeben. Im Falle der Einhaltung des vertraglichen minimalen Drucks ergibt die im Gasnetz komprimierte Menge an Gas den minimal notwendigen Netzinhalt. Bei einer Unterschreitung des vertraglichen minimalen Drucks wird somit auch der minimal notwendige Netzinhalt unterschritten. Bei einer Erhöhung des Normvolumenstroms steigt aufgrund des höheren Druckabfalls im gesamten Netz das Druckniveau, wie in Bild 3 dargestellt ist. Dementsprechend steigt bei einem höheren Normvolumenstrom auch der minimal notwendige Netzinhalt. Bild 3: Druckverluste der Netzinhaltsgrenzen Der Betrieb mit betriebsmittelspezifischem maximalem Einspeisedruck führt auf der anderen Seite zum maximal zulässigen Netzinhalt. Eine Erhöhung des Normvolumenstroms führt daher zu einem geringeren maximal zulässigen Netzinhalt, da das Druckniveau im gesamten Gasnetz geringer ist, wie Bild 3 zeigt. Da eine Änderung des Netzinhaltes zur Einhaltung der Netzinhaltsgrenzen und analog auch zur Einhaltung der Druckgrenzen stets eine Anpassung des Normvolumenstroms bedingt, ergeben sich direkt neue Netzinhaltsgrenzen. Dementsprechend ist eine iterative Überprüfung notwendig. Weiterhin stellt eine Anpassung des Netzinhaltes eine instationäre Situation dar, bei der es ein Ungleichgewicht zwischen Einspeisung und Entnahme gibt. Dies führt zu Druckschwingungen [8], die in Bild 4 am Beispiel einer zusätzlichen Einspeisung am Einspeiseort exemplarisch skizziert sind. Bild 4: Start Ort der Einspeisung Zeit in h Instationäre Eigenschaften Ende Zum Zeitpunkt des Beginns der zusätzlichen Einspeisung steigt der Druck am Einspeiseort der zusätzlichen Einspeisung an. Dies ist auch durch den allgemeinen Druckanstieg im gesamten Netz durch den höheren Netzinhalt beeinflusst. Entscheidender ist jedoch die lokale Gasansammlung aufgrund der endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit des Gases, sodass dieser Effekt lokal zu einer höheren Kompression des Gases führt. Dies zeigt sich auch am Ende der zusätzlichen Einspeisung, da zu 1h höhere Einspeisemenge 50 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

63 DISSERTATIONEN diesem Zeitpunkt die Ausgleichvorgänge der zusätzlichen Gasmenge im Gasnetz weiterhin vorhanden sind. Dadurch flacht der Druck am Ort der zusätzlichen Einspeisung auch im Anschluss noch ab. Aus diesem Grund sind zur Einhaltung der Druckgrenzen alle Druckschwingungen zu berücksichtigen. 4 Verfahrensübersicht Das Ziel des Verfahrens besteht in der Minimierung der Kosten für die Nutzung von Flexibility Services unter der Berücksichtigung der technischen Randbedingungen der Flexibility Services und des Fernleitungsnetzes. Da die Zielfunktion der Optimierungsaufgabe sowohl lineare als auch ganzzahlige Nebenbedingungen aufweist, ergibt sich ein gemischt-ganzzahliges lineares Problem. Da die zu berücksichtigenden Randbedingungen des Fernleitungsnetzes nicht analytisch zu bestimmen sind, ist zusätzlich die Nutzung von Verfahren zur Gasflussberechnung erforderlich. Da die Nutzung von Flexibility Services die Normvolumenströme innerhalb des Netzbereiches verändert, verschieben sich die Grenzen des Netzinhaltes, sodass eine iterative Lösung der Optimierungsaufgabe notwendig ist. Da existierende Verfahren zu Gasflussberechnung nicht den Rechenzeitanforderungen zur Lösung der Optimierungsaufgabe genügen, entwickelt diese Arbeit sowohl ein instationäres Verfahren als auch ein quasistationäres Verfahren zur Gasflussberechnung. Diese sind in einem zweistufigen Ansatz kombiniert, um alle Anforderungen an die Optimierungsaufgabe zu erfüllen. Aufgrund der instationären Situationen während der Nutzung von Flexibility Services prüft die entwickelte instationäre Gasflussberechnung insbesondere die Einhaltung der Druckgrenzen in einer äußeren Schleife. Im Falle von Druckverletzungen wird die innere Schleife genutzt. Diese verwendet zur iterativen Lösung der Optimierungsaufgabe die entwickelte quasistationäre Gasflussberechnung, die zwar nur eine Näherung der instationären Zustände darstellt, dafür jedoch weniger Rechenzeit beansprucht. Bild 5 skizziert den Ablauf des Verfahrens. 4.1 Optimierung der Flexibility Services In der Praxis hat sich zur Lösung von gemischt-ganzzahligen linearen Problemen das Branch-and-Cut-Verfahren bewährt [9,10]. Daher wird dieses genutzt, um die kostenminimale Anpassung des Netzinhaltes durch Flexibility Services zu ermitteln. Zur Anwendung des Verfahrens nutzt diese Arbeit den kommerziellen Solver CPLEX. 4.2 Instationäre Gasflussberechnung Da existierende instationäre Gasflussberechnungen aufgrund ihrer hohen Rechenzeitanforderungen nicht zur Lösung der Optimierungsaufgabe geeignet sind, greift diese Arbeit eine Idee von Zielke und Wylie auf [11]. Bild 5: Topologie Flexibility Services Optimierung der Flexibility Services instationärer Fahrplan Ergebnisausgabe Netzinhaltsgrenzen Fahrpläne nicht erfüllt Verfahrensübersicht Randbedingungen quasistationäre Gasflussberechnung quasistationärer Fahrplan Modellierung Eingangsdaten nicht erfüllt erfüllt instationäre Gasflussberechnung Randbedingungen Diese schlägt die Kombination von charakteristischem Verfahren und impliziten Verfahren vor, um die Vorteile beider Verfahren zu nutzen und so die Rechenzeit zu verkürzen. Die verkürzte Rechenzeit erlaubt zwar eine mehrfache Nutzung der instationären Gasflussberechnung innerhalb einer praxisüblichen Rechenzeit, ist jedoch nicht für eine vielfache Anwendung geeignet. 4.3 Quasistationäre Gasflussberechnung Da stationäre Gasflussberechnungen sehr kurze Rechenzeiten aufweisen, entwickelt diese Arbeit eine quasistationäre Gasflussberechnung als Abfolge von stationären Zuständen. Dabei ist vereinfachend angenommen, dass zu den betrachteten Zeitpunkten ein stationärer Zustand vorliegt und alle Anpassungen des Netzinhaltes in der Zwischenzeit passieren. Aufgrund der Abhängigkeiten des Netzinhaltes vom Vorzustand ist dieser als zeitkoppelnde Nebenbedingung zwischen den einzelnen Zuständen berücksichtigt. IAEW FGE JAHRESBERICHT Start erfüllt Druckschwingungen

64 Verdichter 2 Netz 2 Verdichter 1 DISSERTATIONEN 5 Exemplarische Untersuchungen Die exemplarischen Untersuchungen behandeln die aufgeworfene Frage, ob der Bilanzierungszeitraum eines Gastages sinnvoll gewählt ist. Die Untersuchungen verwenden das entwickelte Verfahren, dessen Praxistauglichkeit zum einen durch einen Benchmark der entwickelten Gasflussberechnungsverfahren mit einem kommerziellen Anbieter und zum anderen durch eine umfassende Analyse der Ergebnisse des Branch-and-Cut-Verfahrens verifiziert wurden. 5.2 Variation des Bilanzierungszeitraums Zur exemplarischen Überprüfung des gesetzlich vorgegebenen Bilanzierungszeitraums des Gastages ist eine flexiblere Gestaltung des Zeitraumes betrachtet. Zum Vergleich sind zum einen sieben Tage der exemplarischen Woche unabhängig voneinander mit dem Bilanzierungsszeitraum von einem Gastag optimiert. Zum anderen sind alle sieben Tage konsekutiv mit dem Bilanzierungszeitraum einer Woche optimiert. Die Ergebnisse des Vergleichs sind in Bild 7 dargestellt. 5.1 Modellsystem Zur Anwendung des entwickelten Verfahrens ist eine reale Netztopologie der Open Grid Europe GmbH genutzt, die zu Forschungszwecken veröffentlicht wurde [12]. Wie Bild 6 zeigt, teilt Verdichter 3 die betrachtete Topologie in zwei Netzbereiche. Da im Modellsystem im Netzbereich 2 keine wesentlichen Anschlusspunkte sind, liegt der Fokus der Betrachtungen auf Netzbereich 1. Förderung Speicher 1 Systemgrenze Netzpunkt Rohrleitung Normvolumen in Mio. Nm³ Tag: 12,6 Tsd. gesamte Woche -30,5 % Kosten +10,1 % Normvolumen 18,2 Tsd. einzelne Tage Bilanzierungszeitraum Bild 6: Speicher 2 Verdichter 3 Topologie Großkunde Als mögliche Anbieter von Flexibility Services werden die vorgelagerten Netze 1 und 2, die Speicher 1 und 2 sowie die Förderung betrachtet. Dabei sind diese aufgrund der Analyse ihrer Kosten, falls möglich, in der genannten Reihenfolge abzurufen. Als Fahrpläne für die einzelnen Netzpunkte sind ebenfalls veröffentlichte Einspeise- und Entnahmesituationen genutzt. Dabei ist eine Woche mit niedrigen Temperaturen gewählt, in der Verletzungen des maximalen betriebsmittelspezifischen Drucks auftreten. Bild 7: Nutzung der Flexibility Services Durch den größeren Bilanzierungszeitraum werden in erster Betrachtung insgesamt 10,1 % mehr Arbeitsgasvolumen der Flexibility Services genutzt. Dabei beinhaltet die Summe die Höhe und Dauer des jeweiligen Arbeitsgasvolumens, sodass im betrachteten Fall nicht in einzelnen Stunden mehr Arbeitsgasvolumen genutzt wird, sondern einzelne Flexibility Services über einen längeren Zeitraum genutzt werden. Diese längere Nutzung über den Bilanzierungszeitraum eines Gastages hinaus führt zeitgleich zu einer Einsparung von 30,5 % der Kosten. Dieser Effekt ist besonders durch die Verschiebung der Nutzung von Flexibility Services von Tag 7 auf Tag 6 zu begründen. Eine Flexibilisierung des Bilanzierungszeitraums ist im Falle der gezeigten Untersuchung somit sinnvoll, um Einsparpotentiale zu realisieren. 6 Zusammenfassung Diese Arbeit behandelt die Fragestellung, welche Netzinhaltsanpassung der Betreiber eines mengengesteuerten Gasnetzes zu welchem Zeitpunkt vornehmen muss, um die Kosten für Flexibility Services zu minimieren. Hierzu ist ein Verfahren entwickelt, um die Fragestellung innerhalb praxisüblicher Rechenzeit zu beantworten und dem Dispatcher eine Entscheidungshilfe zu geben. Die Flexibility Services können durch Förderung, Speicher und benachbarte Netze bereitgestellt werden. Dabei sind bei der Nutzung die jeweiligen technischen 52 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

65 DISSERTATIONEN Restriktionen zu berücksichtigen. Weiterhin sind zur Einhaltung der Druckgrenzen die Netzinhaltsgrenzen als technische Grenzen des Fernleitungsnetzes zu erfüllen. Da eine Anpassung des Netzinhaltes immer eine Änderung der Netzinhaltsgrenzen hervorruft, ist eine iterative Anwendung der Optimierung notwendig. Weiterhin ist die Einhaltung der Druckgrenzen auch bei instationären Vorgängen sicherzustellen. Um diese Anforderungen zu erfüllen, nutzt das entwickelte Verfahren einen zweistufigen Ansatz. Dieser modelliert die Fragestellung als gemischt-ganzzahliges lineares Problem. Zur Überprüfung der Randbedingungen des Gasnetzes sowie der Ermittlung der Netzinhaltsgrenzen nutzt das Verfahren ein entwickeltes quasistationäres Verfahren und ein entwickeltes instationäres Verfahren. Die detaillierte Analyse der Ergebnisse zeigt die Plausibilität des Verfahrens. Die vorgestellten exemplarischen Untersuchungen zur Plausibilisierung des gesetzlich vorgebenen Bilanzierungszeitraums der Nutzung von Flexibility Services zeigen, dass eine Flexibilisierung des Bilanzierungszeitraums sinnvoll ist, um Einsparpotentiale zu realisieren. 7 Literatur [1] Sun, C.; Uraikul, V.; Chan, C.W.; Tontiwachwuthikul, P. An Integrated Expert System/Operational Research Approach for Natural Gas Pipeline Operations Optimization In: IEEE Canadian Conference on Electrical and Computer Engineering Edmonton, Alberta, Canada, 1999 [2] Technische Regeln Arbeitsblatt Mindestanforderungen bezüglich Interoperabilität und Anschluss an Gasversorgungsnetze DVGW G 2000 (A), 2011 [3] Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG [4] GASPOOL und NetConnectGermany Zielmodell für die standardisierte Beschaffung von Regelenergie in den Marktgebieten GASPOOL und NCG 2012 [5] Energiewirtschaftsgesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066) geändert worden ist [6] Gasnetzzugangsverordnung vom 3. September 2010 (BGBl. I S. 1261), die zuletzt durch Artikel 314 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist [7] Mischner, J.; Fasold, H.-G., Kadner, K. gas2energy.net Systemplanerische Grundlagen der Gasversorgung München: Oldenbourg Industrieverlag GmbH, 2011 [8] de Nevers, N.; Day, A. Packing and Draftin in Natural Gas Pipelines In: Journal of Petroleum Technology, März 1983 [9] Kallrath, J. Gemischt-ganzzahlige Optimierung: Modellierung in der Praxis 2. Auflage Wiesbaden: Springer Spektrum, 2013 [10] Neumann, K.; Morlock, M. Operations Research München Wien: Carl Hanser Verlag, 1993 [11] Zielke, W.; Wylie, E. Zwei Verfahren zur Berechnung instationärer Strömungen in Gasfernleitungsnetzen und Gasfernrohrnetzen In: Berechnung der Frequenzganglinien und Eigenschwingungen von Rohrleitungssystemen, Versuchsanstalt für Wasserbau der Technischen Hochschule München, Band 23 München/Obernach 1971 [12] Für Forschungszwecke veröffentlichte Netzbereiche der Open Grid Europe GmbH (Stand ) IAEW FGE JAHRESBERICHT

66 FORSCHUNGSPROJEKTE Bewertung von System Adequacy in regenerativ geprägten Erzeugungssystemen Evaluation of System Adequacy in Renewable Dominated Generation Systems M.Sc. Philipp Baumanns Die fortschreitende Integration erneuerbarer Energien in die Elektrizitätsversorgungssysteme konfrontiert die beteiligten Akteure kontinuierlich mit Herausforderungen. Die Thematik der Versorgungssicherheit gerät dabei zunehmend in den Fokus der Diskussion. In diesem Zusammenhang wird unter System Adequacy die Eignung des Elektrizitätsversorgungssystems zur sicheren Deckung der Nachfrage nach elektrischer Energie verstanden. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass in Zukunft, neben einer zunehmenden Durchdringung mit Anlagen mit volatiler Einspeisung, auch der steigende Transportbedarf und intertemporale Restriktionen berücksichtigt werden müssen. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist deshalb die Entwicklung einer Methodik zur Bewertung von System Adequacy in regenerativ geprägten Erzeugungssystemen. The increasing integration of renewable energy into electricity supply systems challenges stakeholders continuously. The issue of security of supply is increasingly becoming into focus of discussions. In this context, system adequacy describes the suitability of the electricity supply system to safely meet the demand for electrical energy. It must be assumed that for the future, in addition to increasing penetration of plants with volatile supply, also rising demand for transport and intertemporal restrictions, have to be considered. Hence, the goal of this research project is the development of a methodology for evaluating System Adequacy in renewable dominated generation systems. 1 Motivation und Fragestellung Die ständige Verfügbarkeit von elektrischer Energie hat sich seit Beginn der Elektrifizierung zu einer Selbstverständlichkeit entwickelt, welche heute Grundvoraussetzung für die Aufrechterhaltung einer Vielzahl alltäglicher Prozesse ist. Neben Abhängigkeiten bei Industriellen und wirtschaftlichen Prozessen ist es vor allem die infrastrukturelle Verflechtung, die für ein entsprechendes öffentliches Interesse an ausreichender Versorgungssicherheit bei der Elektrizitätsversorgung sorgt. Die Erwähnung als erstes Ziel im ersten Paragraphen des Energiewirtschaftsgesetzes unterstreicht dabei die politische Relevanz der Thematik. Gemäß 12 des gleichen Gesetzestextes ist dabei der Übertragungsnetzbetreiber für die Aufrechterhaltung des sicheren Betriebes verantwortlich [1]. Die besondere gesellschaftliche Bedeutung führt letztendlich zu der Anforderung, dass das Elektrizitätsversorgungssystem in der Lage sein muss, die Nachfrage unter Berücksichtigung möglicher Flexibilität zu jedem Zeitpunkt zu decken. Die hierzu notwendige, angemessene und adäquate Auslegung des Systems wird dabei mit dem englischen Begriff System Adequacy beschrieben. Aufgrund anhaltender Veränderungen im europäischen, im speziellen aber auch im deutschen Elektrizitätsversorgungssystem, sind hier bereits heute, aber auch künftig signifikante Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung zu erwarten. Die umfangreiche Integration von EE-Anlagen führt beispielsweise in Deutschland zu einer anhaltenden Verdrängung thermischer Kraftwerke aus dem Markt. Darüber hinaus sind kurz- und mittelfristig altersbedingte Stilllegungen zu erwarten. Hinzu kommt, dass zwischen den Orten der Netzeinspeisung und der Nachfrage in Zukunft größere Transportwege zu überbrücken sein werden. Die Entwicklung der installierten Erzeugungsleistungen von konventionellen Anlagen, Windenergieanlagen (WEA) sowie Photovoltaikanlagen (PVA) von den Jahren 2014 bis 2024 ist in Bild 1 dargestellt und verdeutlicht die zu erwartende Verlagerung in den Norden. Bild 1: Entwicklung der installierten Leistungen von konventionelle Anlagen, Windenergieanlagen (WEA) sowie Photovoltaikanlagen (PVA) von 2014 bis 2024 nach [2; 3; 4] 54 IAEW FGE JAHRESBERICHT GW GW konv. Anlagen konv. Anlagen WEA und PVA WEA und PVA 20 GW GW konv. Anlagen konv. Anlagen WEA und PVA WEA und PVA

67 FORSCHUNGSPROJEKTE Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob in einem solchen, von regenerativen Anlagen geprägten Elektrizitätsversorgungssystem die Analyse einzelner typischer Situationen zur Bewertung von System Adequacy ausreichend ist. Kritische Zustände, wie etwa durch langanhaltende Windflauten ausgelöst, werden erst bei Betrachtung im zeitlichen Verlauf sichtbar. Ziel des Forschungsvorhabens ist deshalb, System Adequacy in künftigen, regenerativ geprägten Erzeugungssystemen zu bewerten. 2 Analyse 2.1 Definition von System Adequacy In der Literatur existiert keine einheitliche oder allgemeingültige Definition des Begriffs System Adequacy. Auch eine feste Übersetzung ins Deutsche existiert nicht. Für die weiteren Schritte im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wird deshalb die folgende Definition verwendet: System Adequacy in der elektrischen Energieversorgung wird als die Fähigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems verstanden, die Nachfrage nach Elektrizität zu einem zu definierenden Sicherheitsniveau zu decken. System Adequacy kann dabei in einem ersten Ansatz in Generation System Adequacy (GSA) und Transmission System Adequacy (TSA) unterteilt werden. GSA beschreibt den bilanziellen Vergleich von Erzeugungskapazitäten und Last. Die Fähigkeit der Übertragung des elektrischen Stroms von den Erzeugungseinheiten zu den Lastzentren kann als TSA bezeichnet werden. 2.2 Einflussfaktoren auf System Adequacy Die Entwicklung von System Adequacy wird von einer Vielzahl exogener Faktoren positiv wie negativ beeinflusst. Die Faktoren weisen dabei teilweise weitreichende Interdependenzen auf, die eine weitergehende Analyse notwendig machen. Zunächst wird System Adequacy deshalb in Kernbestandteile unterteilt, wie in Bild 2 dargestellt ist. Durch den stetigen Ausbau von Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien, gewinnt die korrekte Abbildung von Speichern im zeitlichen Verlauf und die Abhängigkeit vom Primärenergiedargebot für eine präzise Bewertung der zur Verfügung stehenden Erzeugungsleistung an Bedeutung. Füllstände von Speichern, aber auch Betriebszustände von thermischen Kraftwerken sind dabei in erster Linie vom Markt determiniert. Darüber hinaus ist neben einer Abbildung regionaler Netzengpässe vor allem eine Ländergrenzen übergreifende Untersuchung erforderlich. Die Erzeugungssysteme in den verschiedenen europäischen Ländern sind nicht homogen, Einflussfaktoren können also regional unterschiedliche Ausprägungen und Abhängigkeiten aufweisen. Im Sinne dieser Arbeit zählt demnach die Prozesskette von der Primärenergiebereitstellung über die Elektrizitätserzeugung und -übertragung bis zu den Lastzentren zum Betrachtungsbereich der Bewertung von System Adequacy. System Adequacy Bild 2: Primärenergie Primärenergiedargebot Versorgungsengpässe Speicherfüllstände Rationierung Erzeugung & Nachfrage Installierte Leistung Revisionen Ausfälle Flexibilität Demand-Side-Response Übertragungsnetz Austausch gesicherter Leistung National International Redispatchbedarf Redispatchfähigkeit Verteilernetz Versorgungsqualität Versorgungsunterbrechungen Einordung von Einflussfaktoren auf die Kernbestandteile sowie systemische Abgrenzung von System Adequacy Berücksichtigt werden müssen bei der Bewertung von System Adequacy deshalb eine ganze Reihe von Faktoren, die mittelbar oder unmittelbar die dargestellten Kernbestandteile determinieren. Zu nennen sind hier etwa politische Entscheidungen und Ziele, klimatische sowie meteorologische Randbedingungen oder technische Entwicklungen. 2.3 Status Quo der Bewertung Leistungsbilanzierung Das heute in Deutschland übliche Vorgehen zur Bewertung von System Adequacy ist in Anlehnung an innerhalb der ENTSO-E bereits seit mehreren Jahren etablierte Verfahren [5] das Aufstellen einer Leistungsbilanz. Die Übertragungsnetzbetreiber sind nach dem Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (EnWG) verpflichtet, jährlich einen entsprechenden Bericht zur Leistungsbilanz an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) zu übermitteln. Die Leistungsbilanz wird für die vier Regelzonen einzeln und für Gesamtdeutschland aufgestellt [6]. Dabei wird die gesamte gesicherte Erzeugerleistung in einem Gebiet nach Abzug entsprechender Margen für die Verfügbarkeit der Höchstlast gegenübergestellt, wie in Bild 2 gezeigt wird. IAEW FGE JAHRESBERICHT

68 FORSCHUNGSPROJEKTE Installierte Leistung Nicht einsetzbare Leistung Ausfälle/Revisionen Vorhaltung SDL Gesicherte Leistung Erzeugung Bild 2: Methodik der Leistungsbilanzierung nach [6] Die Standorte einzelner Anlagen oder Einschränkungen durch begrenzte Übertragungskapazitäten finden dabei keine Berücksichtigung. Auch mögliche intertemporale Einschränkungen, wie sie etwa bei hoher Durchdringung mit Speichertechnologien zu erwarten sind, oder der Austausch zwischen Regelzonen oder Marktgebieten werden nur vereinfacht abgebildet Probabilistische Methoden Verbleibende Leistung Last Verbrauch Neben der im Regelfall deterministisch angewandten Methode der Leistungsbilanzierung gewinnen zunehmend probabilistische Ansätze an Bedeutung, wie sie etwa im gemeinsamen Versorgungssicherheitsbericht für Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich und der Schweiz für die Jahre 2015/2016 und 2020/2021 angewendet wurden [7]. Als Kenngrößen zur Bewertung der System Adequacy dienen dabei entsprechende stochastische Kennzahlen. Zu nennen sind etwa die "Loss of Load Expectation" (LOLE), welche die Stunden in einem Jahr angibt, in welchem erwartet werden muss, dass die Erzeugung die Last nicht decken kann oder die "Expected Energy Unserved" (EEU), welche die Energiemenge in MWh beschreibt, welche nicht durch Erzeugungsanlagen bereitgestellt werden kann [8]. 3 Geplantes Vorgehen und Ausblick Die bestehenden Methoden werden im Rahmen dieses Forschungsvorhabens weiterentwickelt und mit innovativen Ansätzen kombiniert. Ziel ist dabei, einen Lösungsansatz zu wählen, der eine geschlossene Bewertung des Einflusses der relevanten Größen in angemessener Rechenzeit ermöglicht. Hierzu erscheinen zunächst eine weitreichende Analyse der Relevanz verschiedener Einflussfaktoren und die Ableitung entsprechender Kenngrößen zur Bewertung notwendig. Zu den Komponenten dieses Verfahrens zählen deshalb in einem ersten Ansatz Module zur Szenarienbasierten Bewertung von Versorgungssicherheit mittels verschiedener Kennzahlen, Kraftwerkseinsatz- und Marktsimulation, Lastsimulation, Netzbetriebssimulation, Ausfallsimulation sowie verbesserte Strukturen zur Datenhaltung und Kombination verschiedener Szenarien. Hierzu wird eine aus verschiedenen Modulen bestehende Methodik entwickelt, welche die Sicherheit und Zuverlässigkeit der elektrischen Energieversorgung bewertet. Ziel ist die Entwicklung eines Verfahrens, welches in der Lage ist, die Versorgungssicherheit in regenerativ geprägten Erzeugungssystemen unter verschiedenen Szenarioannahmen zu bewerten. Dabei erfolgt explizit eine integrierte Abbildung von Markt, Übertragungs- und Erzeugerseite, der Last sowie der Primärenergieversorgung. 4 Literatur [1] Bundesrepublik Deutschland Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) Berlin 2005 [2] Bundesnetzagentur Kraftwerksliste Stand [3] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Kraftwerksliste zum NEP 2014 [4] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Szenariorahmen für die NEP Strom 2014 [5] ENTSO-E Scenario Outlook & Adequacy Forecast (SOAF) , 2014 [6] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Bericht der deutschen Übertragungsnetzbetreiber zur Leistungsbilanz, 2014 [7] PLEF Pentalateral generation adequacy probabilistic assessment, 2015 [8] Department of Energy & Climate Change Annex C: Reliability Standard Methodology London IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

69 FORSCHUNGSPROJEKTE Bestimmung auslegungsrelevanter Kurzschlussströme in hybriden AC/DC-Verteilernetzen Calculation of Relevant Short-circuit Currents in Hybrid AC/DC Distribution Grids M.Sc. Raphael Bleilevens Die voranschreitende Energiewende führt durch den einhergehenden Anstieg dezentraler Erzeugungskapazitäten zu Herausforderungen insbesondere in den Verteilernetzen. Um den vielerorts resultierenden konventionellen Netzausbaubedarf zu reduzieren, werden aktuell unterschiedliche Smart-Grid Technologien diskutiert. Eine vielversprechende Technologie stellt dabei die Gleichspannungs-Technologie in Form von Gleichspannungsverteilernetzen dar. Bis zur Realisierung ist jedoch noch eine Vielzahl an technischen Herausforderungen zu lösen. Eine dieser Herausforderungen ist die Bestimmung der auslegungsrelevanten Kurzschlussströme in hybriden AC/DC-Verteilernetzen. Demzufolge ist das Ziel dieser Arbeit die Herleitung einer Berechnungsmethode zur Bestimmung auslegungsrelevanter Kurzschlussströme in hybriden AC/DC- Verteilernetzen. The progressing Energiewende leads to challenges especially in distribution grids, due to increasing distributed generation capacity. To reduce the need of resulting conventional grid expansion in many places, different Smart-Grid Technologies are discussed today. One promising technology is the direct current technology e.g. direct current medium voltage distribution grids. However, there are multiple technical challenges to be solved before the first practical realization. One of them is the calculation of short-circuit currents in direct current and hybrid AC/DC distribution grids. Therefore, the goal of this research activity is the development of a method to calculate short-circuit-currents in hybrid AC/DC distribution grids for the application in grid planning activities. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit Durch die zunehmende Integration dezentraler Erzeugungsanlagen in das Energieversorgungssystem und den damit einhergehenden Anstieg dezentraler Erzeugungskapazitäten kommt es insbesondere auf Verteilernetzebene zu bidirektionalen Leistungsflüssen. Die bestehenden Verteilernetze sind für die zunehmende Integration dezentraler Erzeugungsanlagen nicht ausgelegt, sodass es bereits heute vermehrt zu Verletzungen technischer Randbedingungen kommt. Bei den Verletzungen der technischen Randbedingungen handelt es sich insbesondere um Verletzungen der Spannungsgrenzen. Diese müssen durch Netzausbau behoben werden, um den sicheren Betrieb des Netzes zu gewährleisten. Um den konventionellen Netzausbau zu reduzieren, werden aktuell zahlreiche innovative Alternativen erforscht. Als eine Alternative zum konventionellen Netzausbau wird die Integration von DC-Technologien in die Verteilernetzebene diskutiert. Im Bereich der Verteilernetze handelt es sich dabei insbesondere um Gleichspannungs-Mittelspannungsnetze [1]. Diese ermöglichen, durch die Entkopplung von der konventionellen Wechselspannung (AC) durch steuerbare Umrichter, den Einsatz von betrieblichen Freiheitsgraden. Doch existiert eine Vielzahl an Herausforderungen bevor DC-Netze realisiert werden können. Eine dieser Herausforderungen ist die Bestimmung auslegungsrelevanter Kurzschlussströme in Gleichspannungs-Verteilernetzen sowie der Einfluss von und auf benachbarte AC- Netzstrukturen. Im Rahmen dieser Arbeit wird daher eine Berechnungsmethode zur Bestimmung auslegungsrelevanter Kurzschlussströme in hybriden Netzstrukturen mit DC- und AC-Netzbereichen entwickelt. 2 Geplantes Vorgehen In einem ersten Schritt werden die in hybriden Netzen möglichen Kurzschlüsse und die dazugehörigen Einflussgrößen analysiert. Darauf aufbauend wird eine Berechnungsmethode entwickelt, die alle relevanten Einflussgrößen berücksichtigt. Mithilfe dieser Berechnungsmethode wird schlussendlich ein Verfahren zur Berechnung der Kurzschlussströme entwickelt, das die Planung und Auslegung von Gleichspannungsnetzbereichen auf Verteilernetzebene unterstützt. 3 Literatur [1] De Doncker, R. W. Power Electronic Technologies for Flexible DC Distribution Grids, IPEC-Hiroshima ECCE- Asia, Hiroshima 2014 IAEW FGE JAHRESBERICHT

70 FORSCHUNGSPROJEKTE Bewertung von Netzausbaumaßnahmen unter Unsicherheiten Evaluation of Network Reinforcement Measures under Uncertainties M.Sc. Tim Bongers Aufgrund politischer Vorgaben steigt der Anteil regenerativer Energien und führt zu einer Verdrängung konventioneller Kraftwerke. In Deutschland werden zudem bis zum Jahr 2022 alle Kernkraftwerke stillgelegt. Die damit verbundene Änderung der Transportaufgabe im Übertragungsnetz macht einen Aus- und Umbau notwendig. Die Übertragungsnetzbetreiber bestimmen daher im Netzentwicklungsplan (NEP) die Netzausbaumaßnahmen für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre. Da die zukünftige Entwicklung der Versorgungsaufgabe allerdings mit Unsicherheiten verbunden ist, werden im NEP mehrere Entwicklungsszenarien aufgestellt und für jedes Szenario ein optimaler Netzausbauplan bestimmt. Am Ende bleibt fraglich, welche Maßnahmen aus den Netzausbauplänen gebaut werden sollen und wie groß der Einfluss von Unsicherheiten auf die Netzausbaumaßnahmen ist. Im Rahmen dieser Arbeit soll daher der Einfluss von Unsicherheiten auf Netzausbaumaßnahmen bewertet sowie ein Verfahren entwickelt werden, das aus den Ausbauplänen diejenigen Maßnahmen bestimmt, die unter Berücksichtigung der Unsicherheiten die beste Lösung darstellen. Due to political incentives the share of renewable energies is increasing and leads to a displacement of conventional power plants. Furthermore, in Germany nuclear power plants will phase out until year The resulting transport of energy in the transmission network makes a reinforcement necessary. The transmission network operators are therefore obligated to deploy every two years a network expansion plan to determine the reinforcements for the next ten to twenty years. As the development of the future generation and load is uncertain, the transmission system operators use several evolution scenarios and for each they determine an optimal expansion plan. In the end the question remains, which reinforcements out of the expansion plans should be built and which uncertainties have the highest impact on the reinforcements. With this thesis the influence of uncertainties on network reinforcement measures is investigated and a method is developed selecting those reinforcement measures from the network expansion plans, which are the best solution for the given uncertainties. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit In Deutschland wird die installierte Leistung aus dezentralen Erzeugungsanlagen aufgrund von politischen Zielvorgaben stark zunehmen. Zudem kommt es zur Abschaltung lastnaher thermischer Kraftwerke wie bspw. durch den Kernenergieausstieg. Insgesamt führt dies zu einer Veränderung der Transportaufgabe im Übertragungsnetz resultierend aus der Dislozierung von Erzeugung und Verbrauch. Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber sind daher gesetzlich verpflichtet, alle zwei Jahre einen Netzentwicklungsplan (NEP) aufzustellen, der die notwendigen Aus- und Umbaumaßnahmen im Übertragungsnetz enthält (EnWG 12). Der NEP 2015 [1] schätzt den Investitionsbedarf für die nächsten zehn Jahre auf 22 bis 25 Mrd. Euro. Eine vollständige Erdverkabelung der HGÜ-Leitungen kostet zusätzlich 9 bis 11 Mrd. Euro. Zur Bestimmung der notwendigen Netzausbaumaßnahmen ist eine Prognose der zukünftigen Versorgungsaufgabe notwendig. Diese umfasst im Wesentlichen Annahmen hinsichtlich des Zubaus der Erneuerbaren Energie-Anlagen (EE-Anlagen) und der Entwicklung des hydrothermischen Kraftwerkparks. Da Prognosen allerdings mit Unsicherheiten behaftet sind, stellen die Übertragungsnetzbetreiber im Szenariorahmen mehrere Szenarien für einen Zeitraum von zehn Jahren und zwanzig Jahren auf, wie in Bild 1 dargestellt [2]. Für jedes Szenario wird der Europäische Kraftwerkseinsatz simuliert und anschließend der optimale Netzausbau ermittelt. Resultat sind mehrere Netzausbaupläne. In der weiteren Prozesskette wurden allerdings nur die Maßnahmen aus dem wahrscheinlichsten Szenario (Leitszenario) von der Bundesnetzagentur auf die Notwendigkeit überprüft und im Bundesbedarfsplan gesetzlich verankert. Der Bundesbedarfsplan muss in dem Prozess mindestens alle vier Jahre aktualisiert werden. Szenario Bild 1: Szenariorahmen t NEP Prozesskette der Netzplanung Bundesbedarfsplan Durch diese Vorgehensweise werden allerdings die anderen Ausbaupläne nicht betrachtet und damit die unsichere Entwicklung vernachlässigt. Falls ein anderes Szenario als das Leitszenario eintritt, besteht das Risiko hoher nicht kalkulierter Folgekosten. Zudem könnten weitere Unsicherheiten wie bspw. Preise für Brennstoffe, die bisher als deterministisch angenommen wurden, Einfluss auf die Netzausbaumaßnahmen haben. 58 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

71 Das Ziel dieser Arbeit ist daher, den Einfluss von Unsicherheiten auf bestehende Netzausbaumaßnahmen zu bestimmen sowie eine Methodik zu entwickeln, die diejenigen Netzausbaumaßnahmen aus den Netzausbauplänen identifiziert, die unter den unsicheren Randbedingungen und dem Risiko möglicher Folgekosten die beste Entscheidung darstellen. 2 Analyse In diesem Kapitel werden in 2.1 die Unsicherheiten in der Netzplanung erläutert und anschließend in 2.2 Möglichkeiten zur Modellierung der Unsicherheiten beschrieben. Wie in 2.3 erklärt, entsteht aufgrund der Unsicherheiten eine Entscheidung unter Risiko. In Abschnitt 2.4 wird der Zusammenhang zwischen der Netzplanung und dem Netzbetrieb beschrieben. 2.1 Unsicherheiten in der Netzplanung Die zukünftige Entwicklung der Versorgungsaufgabe unterliegt Unsicherheiten, die den drei Rubriken, Erzeugung/Verbrauch, Markt und Akzeptanz zugeordnet werden können. Bei der Erzeugung sind neben der eigentlichen Höhe der installierten Leistung aus EE-Anlagen auch die zukünftige regionale Verteilung sowie die zukünftige volatile Einspeisung ungewiss. Konventionelle Kraftwerke werden vermehrt stillgelegt und es ist offen, inwiefern geplante Kraftwerke rechtzeitig in Betrieb gehen werden. Durch Energieeffizienzmaßnahmen könnte die Last in Zukunft zudem abnehmen. Bei der Marktentwicklung spielen die Preise für Primärenergie als auch für CO2-Zertifikate eine signifikante Rolle. Die Preise sind abhängig von vielen Einflussfaktoren und wirken nicht nur auf den Kraftwerkseinsatz, sondern bestimmen auch den zukünftigen Erzeugungspark. Die Akzeptanz spielt beim Netzausbau eine wesentliche Rolle. Durch Widerstand in der Bevölkerung können Leitungsprojekte in Verzug geraten. Zudem könnte die Forderung bestehen, Freileitungs- auf Kabelprojekte umzustellen. Die Akzeptanz hat zudem Einfluss auf die Durchsetzbarkeit bestimmter Kraftwerkstechnologien. Es besteht so eine Vielzahl an Unsicherheiten, die zudem untereinander korreliert sind. Es ist daher notwendig, diese geeignet in der Planung abzubilden. 2.2 Modellierung von Unsicherheiten Zur Modellierung von Unsicherheiten wird in der Literatur zwischen der Fuzzy-Logik, dem Monte-Carlo Ansatz und der Szenario-Technik unterschieden. Die Fuzzy-Logik kommt vor allem in der Regelungstechnik zum Einsatz und soll hier nicht weiter betrachtet werden. Der Monte- Carlo Ansatz beruht auf der Aufstellung einer Verteilungsfunktion für jede Unsicherheit. Durch eine Ziehung wird aus den Verteilungsfunktionen ein Set an Werten FORSCHUNGSPROJEKTE für eine anschließende Ausbauplanung ermittelt. Diese Methode ist nur für sehr viele Ziehungen, die nur durch einen komplexen computergestützten Planungsalgorithmus abgearbeitet werden können, sinnvoll [3]. Bei der Szenario-Technik werden diverse Einflussgrößen der Zukunft, sogenannte Deskriptoren, prognostiziert. Dabei werden verschiedene Ausprägungen der Deskriptoren betrachtet und deren Wechselwirkung untereinander auf Konsistenz überprüft. Anschließend können konsistente Ausprägungen zu einem Szenario gruppiert werden [4]. In einem weiteren Schritt kann die Anzahl der Szenarien weiter reduziert werden. Bei einer kleinen Anzahl an Szenarien kann ein Netz mit Hilfe von Expertenwissen nachvollziehbar geplant werden. Zur Erstellung europäischer Netzentwicklungspläne wird diese Methodik fast ausschließlich angewendet, sodass auch diese hier Anwendung findet. Selbst wenn der Netzplaner die Unsicherheiten geeignet modelliert, bleibt ein Entscheidungsrisiko. 2.3 Entscheidung unter Risiko Entscheidet sich der Netzplaner am Ende nur für den Ausbauplan eines Szenarios, können hohe Folgekosten auftreten, falls ein anderes Szenario eintritt. Eine Möglichkeit, eine optimale Entscheidung unter diesem Risiko zu treffen ist der Least Regret Ansatz. Bei diesem Ansatz werden für jeden Ausbauplan die Gesamtkosten für jedes mögliche Szenario berechnet. Die Gesamtkosten setzen sich dabei aus den Investitionskosten und Folgekosten zusammen. Anschließend wird der Ausbauplan mit den geringsten maximalen Gesamtkosten über die Szenarien gewählt. Für mehrere Ausbaupläne bietet dieser risiko-aversive Ansatz allerdings keine Möglichkeit diese zu kombinieren. Im Netzentwicklungsplan Großbritanniens wird der Least Regret Ansatz daher auf jede Maßnahme einzeln angewendet, wenn es mehrere Optionen für die Behebung eines Engpasses gibt [5]. Risiken können zudem durch Risikomaße quantifiziert werden. Der Erwartungswert beschreibt die mittleren Gesamtkosten der jeweiligen Ausbaupläne über alle Szenarien. Der Stresswert bspw. gibt die maximalen Gesamtkosten an, die im "worst case" Szenario auftreten können. Da dieser Fall womöglich sehr selten eintritt, können mit dem Value at Risk (VaR) diejenigen Gesamtkosten bestimmt werden, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nicht überschritten werden [6]. Aufgrund der geringen Anzahl von Szenarien ist allerdings die Berechnung eines VaR nicht zielführend. Vielmehr sollten die maximalen Abweichungen vom Erwartungswert betrachtet werden. 2.4 Netzplanung und -betrieb Für jedes Szenario wird ein engpassfreies Übertragungsnetz geplant, sodass es bei dem jeweiligen Ausbauplan IAEW FGE JAHRESBERICHT

72 FORSCHUNGSPROJEKTE zu keiner Stunde des Zukunftsjahres zu Überlastungen im (n-1)-fall kommt. Neben thermischen Überlastungen werden zudem die Spannungshaltung, die Stabilität des Netzes sowie die Kurzschlussleistung bei der Netzplanung berücksichtigt. Tritt allerdings eine andere Versorgungsaufgabe als prognostiziert ein, bleiben dem Netzplaner aufgrund der langen Bau- und Genehmigungszeiten von Leitungsprojekten nur betriebliche Maßnahmen, um dennoch einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten. Die betrieblichen Maßnahmen unterscheiden sich in netz- und marktbezogenen Maßnahmen. Bei netzbezogenen Maßnahmen besteht die Möglichkeit, den Lastfluss durch Topologiemaßnahmen, Stufung von Transformatoren oder in Zukunft auch durch die Änderung des Betriebspunktes der Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) zu ändern. Marktbezogene Maßnahmen bedeuten einen Eingriff in das Marktgeschehen durch Änderung der Einspeisung konventioneller Kraftwerke, die Einspeisereduktion von EE-Anlagen oder die Abschaltung von Lasten. Bei marktbezogenen Maßnahmen entstehen Kosten durch Entschädigungszahlungen an die Kraftwerksbetreiber [7]. Stehen nicht genügend Maßnahmen zur Verfügung, könnte zudem die Gefahr eines Blackouts bestehen. 3 Geplantes Vorgehen Im Rahmen dieser Arbeit sollen die Netzausbaumaßnahmen unter den Unsicherheiten bewertet werden. In einem ersten Schritt werden daher für die beschriebenen Unsicherheiten konsistente Szenarien nach der Szenario-Technik aufgestellt. Anschließend wird durch Marktund Netzbetriebssimulationen der Einfluss dieser Szenarien auf die bestehenden Netzausbaumaßnahmen bewertet. Im zweiten Schritt wird eine Methodik entwickelt, bei der die Szenarien sowie die Ausbaupläne als Eingangsdaten eingehen. In der anschließenden Optimierung findet eine Kombination der Ausbaumaßnahmen aus allen Ausbauplänen statt. Die Kombination wird anhand des Erwartungswerts der Gesamtkosten bewertet. Dieser ergibt sich aus den Investitionskosten für die Maßnahmen als auch aus den Folgekosten (insb. betriebliche Maßnahmen). Ebenfalls muss das Risiko möglicher Folgekosten unter einer gewissen maximalen Kostenschranke gehalten werden. Eine Kombination der Maßnahmen, die keinen sicheren Netzbetrieb gewährleistet, wird zudem verworfen. Resultat der Optimierung sind diejenigen Maßnahmen, die für die gegebenen Unsicherheiten sich als optimal erweisen. 4 Zusammenfassung Die Netzbetreiber bestimmen im Netzentwicklungsplan die notwendigen Netzausbaumaßnahmen für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre in Deutschland. Für jedes Szenario im NEP wird ein optimaler Netzausbau ermittelt. In der weiteren Prozesskette wird allerdings nur der Ausbauplan des wahrscheinlichsten Szenarios betrachtet. Damit findet der Einfluss von Unsicherheiten auf die Netzausbaumaßnahmen keine Berücksichtigung. Die Analyse zeigt, dass zahlreiche Unsicherheiten in den Bereichen Erzeugung/Verbrauch, Markt und der Akzeptanz existieren. Zur Abbildung der Unsicherheiten wird in der Netzplanung hauptsächlich die Szenario-Technik verwendet. Durch die Unsicherheiten können hohe Folgekosten entstehen, falls ein anderes Szenario eintritt als erwartet. Zur Entscheidung unter Risiko eignet sich bspw. der Least-Regret Ansatz oder die Verwendung von Risikomaßen. Folgekosten selbst entstehen insbesondere durch betriebliche Maßnahmen. Allerdings muss in jedem Fall das Netz vor einem Blackout bewahrt bleiben. Im Rahmen dieser Arbeit werden konsistente Szenarien aufgestellt und deren Einfluss auf die Netzausbaumaßnahmen bewertet. Des Weiteren wird ein Verfahren entwickelt, das die Maßnahmen der Ausbaupläne geeignet kombiniert und anschließend die Kombinationen im Hinblick auf ihre Gesamtkosten, d.h. Investitions- und Folgekosten, bewertet. Netzpläne, die ein bestimmtes Risiko übersteigen, werden aussortiert. Das Ergebnis ist somit ein Satz an Ausbaumaßnahmen, die unter den Unsicherheiten die beste Entscheidung darstellen. 5 Literatur [1] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Netzentwicklungsplan Strom Erster Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber [2] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Szenariorahmen für die Netzentwicklungspläne Strom 2015, Genehmigt von der BNetzA, 2014 [3] Scholl, A. Robuste Planung und Optimierung Physica-Verlag Heidelberg, 2001 [4] BET im Auftrag der Agora Energiewende Methoden zur Netzentwicklung Aachen, 2014 [5] National Grid Electricity Ten Year Statement 2014 www2.nationalgrid.com, UK, 2014 [6] Klein, R.; Scholl, A. Planung und Entscheidung Verlag Vahlen, München, 2004 [7] Bundesnetzagentur Beschluss BK Bonn, IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

73 FORSCHUNGSPROJEKTE Untersuchung der Frequenzstabilität im europäischen Elektrizitätsversorgungssystem Study of Frequency Stability in the European Power System M.Sc. Christian Bredtmann Durch die aktuellen und zukünftig erwarteten Entwicklungen der Energiewende kommt es in Deutschland zu einem vermehrten Zubau dezentraler Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien. Aufgrund des volatilen Einspeiseverhaltens und großflächiger Wetterphänomene sind zunehmend höhere Gradienten bei der Leistungseinspeisung zu erwarten. Der geplante Ausstieg aus der Kernenergie sowie die Verdrängung von konventionellen Kraftwerken durch Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien führen insgesamt zur Stilllegung von Großkraftwerken mit Synchronmaschinen. Die daraus folgende Reduktion der rotierenden Masse im europäischen Synchronverbund kann zu einer Verminderung stabilisierender Einflüsse sowie zu größeren Frequenzgradienten führen. Daher ist das Ziel des Forschungsvorhabens die Untersuchung einer potenziellen Gefährdung der Frequenzstabilität in einem synchron gekoppelten, regenerativ geprägten elektrischen Energieversorgungssystem. Due to the current and expected future developments of the German Energiewende there is an increased addition of distributed generation systems based on renewable energies. Because of their volatile feed-in characteristics and large-scale weather phenomena, larger gradients are increasingly expected with this type of power feed-in. The planned exit from nuclear power plants and the displacement of conventional power plants through systems based on renewable energies lead to a total closure of large power plants with synchronous machines. The resulting reduction in rotating mass in the European synchronous network can lead to a reduction in stabilizing factors and to larger frequency gradients. Therefore, the aim of this research project is to investigate a potential threat to the frequency stability in a synchronous coupled, renewable dominated electrical power system. 1 Einleitung 1.1 Hintergrund und Motivation Die in den letzten Jahren stattgefundenen Veränderungen in der Erzeugungsstruktur aufgrund gesetzlicher Vorgaben der Bundesregierung zur Förderung erneuerbarer Energien (EE) führen zu einer vermehrt volatilen Einspeisung. Auch zukünftig wird eine weitere Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung erwartet [1]. Der Zubau dargebotsabhängiger, regenerativer Stromerzeugungsanlagen wie Windenergie- (WEA) und Photovoltaikanlagen (PVA) in Verbindung mit großflächigen Wetterphänomenen, die Einfluss auf die Leistungseinspeisung dieser Anlagen haben können, lässt die Wahrscheinlichkeit höherer Gradienten in der Leistungseinspeisung steigen. Ein Großteil der EE wird dabei über leistungselektronische Umrichter an das elektrische Netz angeschlossen. Dies hat zur Folge, dass keine direkte synchrone Kopplung der Anlagen vorhanden ist und somit kein intrinsischer Beitrag von EE-Anlagen zur Momentanreserve existiert. Obwohl in den letzten Jahren, unter anderem aufgrund des deutschen Kernenergieausstiegs, bereits einige Kraftwerksstilllegungen stattgefunden haben, findet auch weiterhin eine Verdrängung konventioneller Großkraftwerke durch erneuerbare Energien in Europa statt. Diese Großkraftwerke, welche üblicherweise mittels Synchronmaschinen in das elektrische Netz einspeisen, haben bisher klassischerweise durch die Bereitstellung von Momentanreserve durch ihre rotierenden Massen zur Frequenzhaltung im elektrischen Energieversorgungssystem beigetragen. Die Stilllegung von Großkraftwerken mit Synchronmaschinen hat eine Reduktion der rotierenden Masse im synchron gekoppelten Netz zur Folge. Es wird erwartet, dass der Anteil Deutschlands bei der Bereitstellung von Momentanreserve im Jahr 2030 um etwa 66 % gegenüber 2011 sinken wird [2]. Dem gegenüber stehen durch die EE-Anlagen mögliche alternative Erbringer von Momentanreserve und Primärregelleistung zur Verfügung. Im Hinblick auf WEA lassen sich beispielsweise die Trägheit des Rotors und die Energiespeicher nutzen, um künstlich Momentanreserve bereitstellen zu können. Insbesondere die Einflüsse und Möglichkeiten der über Wechselrichter einspeisenden Stromerzeuger bezüglich kleinerer Zeitkonstanten bei der Leistungsbereitstellung sind von Interesse. Die Auswirkungen der eingangs geschilderten anhaltenden Entwicklungen sind eine Verminderung der stabilisierenden Einflüsse im Übertragungsnetz sowie potenziell größere Frequenzgradienten bei der Änderung der Leistungseinspeisung durch EE. Dies kann negative Folgen für die Systemstabilität des kontinental-europäischen Synchronverbundes haben. IAEW FGE JAHRESBERICHT

74 FORSCHUNGSPROJEKTE 1.2 Ziel des Forschungsvorhabens Das Ziel des Forschungsvorhabens ist daher die Untersuchung der Frequenzstabilität im europäischen Synchronverbund unter Berücksichtigung eines hohen Anteils erneuerbarer Energien. Insbesondere stellen sich die Fragen, ob die Frequenzstabilität in einem regenerativ geprägten Elektrizitätsversorgungssystem gewährleistet ist und welche Maßnahmen unterstützenden Einfluss auf die Frequenzstabilität haben. Für die Untersuchung sind Methoden, Modelle und letztlich Verfahren zu entwickeln, welche die Simulation der Auswirkungen des sich im Wandel befindlichen europäischen Synchronverbundes erlaubt. 2 Analyse Eine Untersuchung, welche Auswirkungen eine Verminderung stabilisierender Einflüsse sowie größere Frequenzgradienten in der Leistungseinspeisung zur Folge haben, ist erforderlich. Daher erfolgt zunächst die Analyse der Frequenzstabilität hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb. Dazu ist es im nächsten Schritt erforderlich auf die Eigenschaften der Netzfrequenz im Synchronverbund einzugehen. Daraus lässt sich die Notwendigkeit für die Betrachtung dynamischer Ausgleichsvorgänge ableiten. 2.1 Frequenzstabilität Die Systemstabilität eines Elektrizitätsversorgungssystems lässt sich anhand der beeinflussten Systemvariablen, der Störgröße und des zu betrachtenden Zeitbereichs kategorisieren [3]. Diese Kategorisierung ist in Bild 1 dargestellt. Frequenzstabilität Systemstabilität Spannungsstabilität Winkelstabilität 2.2 Synchronverbund Die Frequenz stellt eine systemweite Führungsgröße in einem synchron gekoppelten Übertragungsnetz dar. Dabei weist die Netzfrequenz einen prinzipiell ähnlichen Verlauf an unterschiedlichen Netzknoten auf. Bei einer Detailbetrachtung im Zeitbereich ist jedoch eine Ortsabhängigkeit der Netzfrequenz gegeben. Exemplarisch ist in Bild 2 der Frequenzverlauf nach einem Kraftwerksausfall in Frankreich für zwei entfernte Orte dargestellt. Bild 2: Ausfallzeitpunkt Athen (Griechenland) Algier (Algerien) Frequenzverlauf nach Kraftwerksausfall in Frankreich nach [4] Es ist zu sehen, dass sich die maximale dynamische Frequenzabweichung an unterschiedlichen Orten im gleichen Synchrongebiet sowohl in ihrer Höhe als auch in ihrem zeitlichen Auftreten unterscheidet. Daher ist für eine Untersuchung der Frequenzstabilität im Synchronverbund eine Betrachtung des Übertragungsnetzes als realitätsnahes lokal aufgelöstes Mehr-Knoten-Modell erforderlich. Um die Wechselwirkungen zwischen mehreren Standorten des Übertragungsnetzes abbilden zu können, ist eine dynamische Simulation der Ausgleichsvorgänge im transienten Bereich notwendig. Kurzzeit Langzeit Bild 1: Kategorien der Systemstabilität nach [3] Die eingangs geschilderten Veränderungen des Erzeugungssystems betreffen vornehmlich die Frequenzstabilität, da die Reduktion der Momentanreserve insbesondere einen Einfluss auf den Frequenzverlauf im Kurzzeit- Bereich bei einer Großsignal-Störung (z. B. einem Kraftwerksausfall) hat. Die Frequenzstabilität bezeichnet dabei die Fähigkeit eines Systems, eine stabile Netzfrequenz nach einer schwerwiegenden Störung zu halten oder wieder zu erlangen. Dabei existieren Richtwerte für die maximale statische Frequenzabweichung in Höhe von 180 bzw. 200 mhz und die maximale dynamische Frequenzabweichung in Höhe von 800 mhz. 2.3 Dynamische Ausgleichsvorgänge Als Ausgleichsvorgang oder auch transienter Vorgang wird der Übergang von einem stationären, eingeschwungenen Systemzustand zu einem anderen verstanden. Auslöser solcher Ausgleichsvorgänge können Störungen, Schalthandlungen oder plötzliche Veränderungen der Last-/Einspeisesituation sein. Die in einem Übertragungsnetz auftretenden dynamischen Ausgleichsvorgänge lassen sich entsprechend ihrer Zeitkonstanten und ihrer zeitlichen Ausdehnung klassifizieren und sind in Bild 3 in einem logarithmischen Maßstab aufgetragen. Diese Zeitbereiche können in elektromagnetische, elektromechanische und thermodynamische Vorgänge unterteilt werden. Zudem sind die im Netz vorhandenen Regelungen mit ihren entsprechenden Zeitbereichen, in denen sie wirken, abgebildet. 62 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

75 FORSCHUNGSPROJEKTE Blitzeinschläge Ausgleichsvorgänge Regelungen Bild 3: Schaltvorgänge Stator Transienten und subsynchrone Resonanz FACTS Lastfolgebetrieb Generator- Regelung Frequenzstabilität Schutz Zeitbereiche von Ausgleichsvorgängen im elektrischen Netz nach [5] Für Systembetrachtungen im Rahmen einer Frequenzstabilitätsuntersuchung ist die Simulation elektro-mechanischer Ausgleichsvorgänge ausreichend. Der Fokus der Arbeit liegt damit in der Abbildung der Regelungen und Mechanismen, welche im Bild 3 gekennzeichneten Bereich liegen. Für eine transiente Simulation eines Elektrizitätsversorgungssystems sind die Wahl der Schrittweite sowie der zu betrachtende Zeithorizont entscheidend. Aus den obigen Überlegungen folgernd, ergeben sich für eine dynamische Simulation transienter Ausgleichsvorgänge als sinnvolle Werte der Schrittweite 5-10 ms und als zeitlicher Betrachtungshorizont etwa 2-5 min. 2.4 Zukünftige Entwicklungen Zukünftig ist eine Bereitstellung von Momentanreserve und Primärregelleistung (PRL) durch erneuerbare Energien denkbar. Durch die Nutzung von schnellen Regelungsmechanismen kann die Möglichkeit der Trägheitsnachbildung einer Synchronmaschine diskutiert werden, um Momentanreserve vorhalten zu können. Dazu werden Erzeugungsanlagen mit Energiespeichern benötigt: Batteriespeicher mit/ohne Erzeugungsanlage Kinetische Energie der Rotoren von WEA Drosselung von WEA oder PVA Langzeit Dynamiken Turbinenregelung SRL / MRL elektromagnetisch elektromechanisch thermodynamisch Des Weiteren können über Leistungselektronik angeschlossene EE-Anlagen auch zu einer schnelleren Primärregelleistungserbringung beitragen. Die Auswirkungen dieser Erbringung von PRL mit deutlich kleineren Zeitkonstanten sind daher ebenfalls zu untersuchen. 3 Verfahrensansatz Für die Untersuchung der dynamischen Ausgleichsvorgänge im Rahmen der Analyse der Frequenzstabilität wird eine Simulation des transienten Systemverhaltens durchgeführt. Um das ausgedehnte kontinentaleuropäische Netz explizit in akzeptabler Rechenzeit abzubilden, wird ein Dekompositionsansatz verwendet. Dieser bildet das Elektrizitätsversorgungssystem in das Netz, welches durch algebraische Gleichungen beschrieben werden kann und in Injektoren, welche durch ein Differentialgleichungssystem beschrieben werden, ab. Dies ermöglicht die Entkopplung und damit Parallelisierung einzelner an das Übertragungsnetz angebundener Betriebsmittel. Injektoren ~ ~ (Differentialgleichungen) M M ~ Unterlagertes Netz Bild 4: Dekompositionsansatz nach [6] 4 Literatur Übertragungsnetz (algebr. Gleichungen) [1] BMU Arbeitsgemeinschaft DLR, IWES, IFNE: Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global (BMU Leitstudie 2011); Berlin 2012 [2] Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena): dena-studie Systemdienstleistungen 2030; Berlin 2014 HGÜ [3] IEEE/CIGRE Joint Task Force: Definition and Classification of Power System Stability; Paris 2003 [4] Weißbach, T. (ifk der Universität Stuttgart): Netzdynamikverhalten und die Rolle des Netzselbstregeleffekts; Goslar 2009 [5] Milano, F.: Power System Modelling and Scripting; Berlin, Heidelberg 2010 [6] Aristidou, P.: Time-domain simulation of large electric power systems using domain-decomposition and parallel processing methods; Belgien 2015 ~ Schnittstelle IAEW FGE JAHRESBERICHT

76 FORSCHUNGSPROJEKTE Technisches Flexibilitätspotenzial aus Mittel- und Niederspannungsnetzen unter Berücksichtigung von Unsicherheiten Technical Potential of Low and Medium Voltage Grids for Providing Flexibility Considering Uncertainties M.Sc. Hengsi Chen Im Zuge der vermehrten Stilllegung konventioneller Kraftwerkskapazitäten werden Verteilnetze zunehmend als mögliche Lieferanten für Flexibilität im Hinblick auf ihre Wirk- und Blindleistungsbilanz am Netzverknüpfungspunkt diskutiert. Die angespannte wirtschaftliche Lage vieler konventioneller Erzeugungsanlagen resultiert aus dem signifikanten Anstieg der installierten Kapazitäten dezentraler erneuerbarer Energien-Anlagen (EE-Anlagen). Ein Großteil dieser EE-Anlagen (ca. 80%) ist in der Mittel- und Niederspannungsebene angeschlossen. In diesen Netzebenen gibt es zukünftig durch die vermehrte Nutzung sogenannter "Smart-Grid"-Technologien neue Freiheitsgrade in dem Netzbetrieb. Deshalb soll im Rahmen dieses Forschungsvorhabens ein Verfahren entwickelt werden, welches für spezifische Mittel- bzw. Niederspannungsnetze das Flexibilitätspotenzial im Hinblick auf die Wirk- und Blindleistungsbereitstellung zum überlagerten Hochspannungsnetz unter Berücksichtigung des eigenen erforderlichen Flexibilitätspotenzials für den sicheren Netzbetrieb ermittelt. Dabei sollen insbesondere auch Unsicherheiten, wie beispielsweise Prognosefehler von EE-Anlagen, berücksichtigt werden. As increasing number of conventional generating capacities are decommissioned, there is an arising discussion on distribution grids providing flexibility in terms of active and reactive power balancing at the interconnection point to the superimposed higher voltage grids. The stressed financial situation of many conventional power plants results from a significant increase in decentralized renewable generation capacity. Most of these decentralized generation units (ca. 80%) are connected to the medium- and low-voltage grids. In these grids, the utilization of so-called smart grid technologies enables new degrees of freedom in network operation. Therefore, this research project aims on developing a methodology to quantify the flexibility potential of individual low- and medium-voltage grids in terms of active and reactive power balancing for the superimposed high voltage grid under consideration of their own required flexibility needed for a safe grid operation. Besides this, the uncertainties for instance caused by forecast errors of renewable energies should be considered. 1 Einleitung Durch eine zunehmende Verdrängung konventioneller Kraftwerkskapazitäten steigt der Bedarf an neuen Quellen für Flexibilität beispielsweise für Systemdienstleistungen wie Regelreserve, Blindleistungsbereitstellung und Redispatch. Dabei ist es prinzipiell denkbar, dass diese Flexibilität im Hinblick auf Wirk- und Blindleistung aus unterlagerten Netzebenen bereitgestellt wird. Der Zubau dezentraler erneuerbarer Erzeugungskapazitäten, der zu einer zunehmenden Verdrängung konventioneller Erzeugungsanlagen führt, findet zu großen Teilen in der Verteilnetzebene, insbesondere in den Mittel- und Niederspannungsnetzen statt. Im Jahr 2014 waren ca. 79 % der nach EEG vergüteten Erzeugungsanlagen in diesen Netzebenen angeschlossen (siehe Bild 1). Neben einer Zunahme der zentralen Erzeugungskapazitäten werden in der Mittel- und Niederspannungsebene vermehrt neue Betriebsmittel und Strategien, sogenannte Smart Grid Technologien, eingesetzt. Diese führen zu einer steigenden Anzahl betrieblicher Freiheitsgrade für den Netzbetreiber. Daraus resultiert die Frage, welches technische Flexibilitätspotenzial Mittelspannungsnetze sowie die unterlagerten Niederspannungsnetze am jeweiligen Verknüpfungspunkt zu dem überlagerten Hochspannungsnetz bereitstellen können. Als Flexibilitätspotenzial wird dabei im Rahmen dieser Arbeit die Beeinflussbarkeit der Wirk- und Blindleistungsbilanz am Netzverknüpfungspunkt verstanden. 50 Bild 1: GW 40 ca. 79% HöS HS MS NS Wind Solar Biomasse sonstige Installierte Leistung aus EEG-Anlagen nach Spannungsebenen 2014 in Deutschland [1] Es ist dabei jedoch zu berücksichtigen, dass ein Teil der Flexibilität bereits für einen sicheren Netzbetrieb im Mittel- und Niederspannungsnetz selber benötigt wird, sodass das verbleibende Flexibilitätspotenzial von Interesse ist. 64 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

77 Darüber hinaus ist beispielsweise die Einspeisung aus erneuerbaren Energien stark abhängig von Wetterbedingungen und unterliegt Prognosefehlern. Dadurch ist das Flexibilitätspotenzial aus den MS- und NS-Netzen mit Unsicherheiten behaftet. In den folgenden Abschnitten erfolgt zuerst eine Analyse der relevanten technischen Randbedingungen in Verteilnetzen, der verfügbaren betrieblichen Freiheitsgrade sowie vorhandener Unsicherheiten. Darauf aufbauend erfolgt eine Beschreibung des Verfahrens sowie des weiteren Vorgehens. 2 Analyse 2.1 Technische Randbedingungen Verteilnetzbetreiber müssen die technische Sicherheit der Stromversorgung gewährleisten. Dabei sind insbesondere alle technischen Randbedingungen wie beispielsweise Grenzwerte für Betriebsspannungen, Betriebsmittelbelastbarkeiten und Kurzschlussströme einzuhalten. Die Betriebsmittelbelastbarkeit beschränkt sowohl die Wirk- als auch Blindleistungsflüsse im Netz und kann somit die mögliche Flexibilitätsbereitstellung eines Verteilnetzes einschränken. Die Grenzen der Kurzschlussströme werden als technisches Kriterium bereits im Rahmen der Netzplanung berücksichtigt. Daraus folgt eine Ableitung von Betriebsgrundsätzen, beispielsweise im Hinblick auf die Kopplung verschiedener Netzgruppen, sodass keine weitere explizite Betrachtung im Rahmen dieses Forschungsvorhabens erfolgt. Aus Gründen der Spannungsqualität darf die Spannung in Mittel- und Niederspannungsnetzen am Kundenanschluss nicht um mehr als 10 % von der Nennspannung abweichen. Insbesondere in Verbindung mit der Heterogenität elektrischer Netze, in denen einzelne Abgänge stark durch Einspeisungen und andere stark durch Verbraucher dominiert sind, können dadurch Restriktionen für die Bereitstellung von Flexibilität resultieren. 2.2 Betriebliche Freiheitsgrade Die Steuerungsmöglichkeiten der im Verteilnetz angeschlossenen Erzeugungsanlagen, Speicher und Lasten sowie der Netzbetriebsmittel stellen Freiheitsgrade im Netzbetrieb dar. Mit Hilfe dieser Freiheitsgrade kann die Bereitstellung möglicher Flexibilität beeinflusst werden. Dabei wird im Rahmen dieser Arbeit von regulatorischen Rahmenbedingungen abstrahiert, wie sie beispielsweise aus dem Unbundling resultieren, da das Ziel der Arbeit auf die Ermittlung des technischen Flexibilitätspotenzials fokussiert. Auf der Erzeugungsseite können sowohl die Wirkleistung als auch die Blindleistung einer Anlage in einem FORSCHUNGSPROJEKTE bestimmten Bereich geregelt werden. Dabei setzt eine gezielte Fernsteuerung einzelner Anlagen jedoch entsprechende Informations- und Kommunikationstechnik voraus. Diese wird im Rahmen dieser Arbeit als gegeben angenommen. Im Bereich der Verbraucher ist eine Steuerung im Rahmen eines sogenannten Demand Side Managements denkbar. Die im Verteilnetz vorhandenen Lasten lassen sich dabei in die drei Bereiche Industrie-, GHD- (Gewerbe, Handel und Dienstleistung) und Haushaltslasten unterteilen. Eine Laststeuerung in Haushalten sollte nicht zu Einschränkungen des Komforts führen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird das einzelne geringe Steuerungspotenzial je Haushalt vernachlässigt. Im Gegensatz dazu ist eine Implementierung von Demand Side Management in den Sektoren GHD und Industrie durch die höhere Skalengröße der einzelnen Anwendungen deutlich einfacher und bietet höheres Potenzial [2]. Generell erfordert die Berücksichtigung eines Demand Side Managements eine zeitkoppelnde Simulation mehrerer Stunden, wenn eine Verschiebung des Verbrauchs zwischen verschiedenen Stunden möglich ist. Aktuell erfolgt in einer steigenden Anzahl von Verteilnetzen die Integration von Speichern, beispielsweise zur Eigenbedarfsoptimierung oder aber auch zur Bereitstellung von Regelleistung. Zukünftig könnten diese Speicher einen zusätzlichen Freiheitsgrad zur Bereitstellung von Flexibilität darstellen [3]. Dabei müssen auch zeitkoppelnde Einschränkungen durch das Speichervolumen berücksichtigt werden. Neben der Steuerung des Wirk- und Blindleistungsbezugs bzw. der Einspeisung von Netzkunden, stehen dem Netzbetreiber weitere netzbezogene Freiheitsgrade zur Verfügung. So kann insbesondere das Blindleistungsverhalten eines Netzes durch eine Stufung der HS/MS- Transformatoren bzw. eventuell vorhandener intelligenter regelbarer Ortsnetztransformatoren beeinflusst werden. Eine Anpassung der Topologie ist anders als in überlagerten Netzebenen bedingt durch die Schutzkonzepte sowie die geringe Anzahl an Leistungsschaltern bzw. ferngesteuerter Trennschalter selten möglich und wird im Rahmen dieses Forschungsvorhabens nicht berücksichtigt. 2.3 Unsicherheiten der Flexibilität Die Last-/Einspeisungssituation beeinflusst die Netzbelastung und letztendlich auch das verfügbare Flexibilitätspotenzial. Eine exemplarische Analyse der Einspeiseprognose von Wind- und Solarparks zeigt, dass die Prognosefehler abhängig vom Prognosehorizont sind. Mit zunehmendem Prognosehorizont ist ein Anstieg der Prognosefehler zu beobachten. Außerdem weisen die Prognosefehler neben der Abhängigkeit vom Prognosehorizont auch eine Abhängigkeit von der Höhe der IAEW FGE JAHRESBERICHT

78 FORSCHUNGSPROJEKTE prognostizierten Einspeisung auf. Der relative Prognosefehler ist mit zunehmenden Einspeisehöhen tendenziell größer. Darüber hinaus, existiert zusätzlich eine stochastische Abhängigkeit der Prognosefehler von Erzeugungsanlagen, die an unterschiedlichen Netzknoten angeschlossen sind. Dafür wird im Rahmen dieser Arbeit eine Copula zur Abbildung dieser Abhängigkeit verwendet. Großverbraucher (deren Jahresenergieverbrauch größer als 100 MWh/a) sind mit sogenannten registrierenden Leistungsmessungen ausgerüstet. Die aufgenommenen viertelstündlichen Messwerte werden in regelmäßigen Abständen (meist am Folgetag) an den Verteilnetzbetreiber übermittelt. Diese Werte können zur Lastprognose verwendet werden. Bei Kleinverbrauchern (Jahresenergieverbrauch kleiner als 100 MWh/a) sind zumeist lediglich die Jahresenergieverbräuche bekannt, sodass hier normalerweise Standardlastprofile zur Lastprognose verwendet werden. Diese sind jedoch nur für eine aggregierte Betrachtung mehrerer Kunden aussagekräftig, sodass sich bei Vergleich zwischen Standardlastprofil und real gemessener Leistungsaufnahme eines einzelnen Verbrauchers große Abweichungen ergeben. Somit ist der Einfluss der Lastprognosefehler auf das verfügbare technische Flexibilitätspotenzial zu untersuchen. Zusätzliche Unsicherheiten resultieren aus dem Ausfall von Betriebsmitteln. Dabei können sowohl Netzbetriebsmittel wie beispielsweise Leitungen und Transformatoren aber auch Kundenanlagen wie beispielsweise Erzeugungsanlagen ausfallen. In beiden Fällen kann das Flexibilitätspotenzial beeinträchtigt werden. Im Rahmen weiterer Voranalysen ist eine Quantifizierung dieses Einflusses geplant. Dazu wird für die Netzbetriebsmittel auf Daten der FNN-Statistik zurückgegriffen, die Auswertungen der betriebsmittelspezifischen Ausfallhäufigkeiten über viele Jahre enthalten. Auf Basis dieser statistischen Daten ist somit der Einfluss von Netzbetriebsmittelausfällen auf das Flexibilitätspotenzial quantifizierbar. 3 Verfahren Ziel des Verfahrens ist die Ermittlung des verbleibenden technischen Flexibilitätspotenzials eines spezifischen MS/NS-Netzes. Dabei erfolgt die Ermittlung des Flexibilitätspotenzials zu verschiedenen Zeitpunkten vor dem eigentlichen Erfüllungszeitpunkt unter Berücksichtigung der bereits aufgeführten Unsicherheiten. In einem ersten Schritt wird zunächst der Prognosehorizont festgelegt und Eingangsdaten wie beispielsweise Netzdaten, Einspeisung, Lasten und betriebliche Freiheitsgrade parametriert. Betriebliche Freiheitsgrade umfassen das Regeln der Wirk- und Blindleistung von Erzeugungsanlagen, verschiebbaren Lasten, Speichern und Stufenstellung der Transformatoren. Anschließend werden die Fehlerverteilungen für die Einspeiseprognose in Abhängigkeit des Prognosehorizontes und die Fehlerverteilungen für die Lastprognose sowie die Wahrscheinlichkeit für Betriebsmittelausfälle bestimmt. Darauf basierend erfolgt eine probabilistische Betriebssimulation bzw. Optimierung mittels einem Optimal Power Flow (OPF). Optimierungsziel ist die Bestimmung der maximalen bzw. minimalen Wirk- und Blindleistungsbereitstellung am Netzverknüpfungspunkt, also des Flexibilitätspotenzials, unter Berücksichtigung aller technischen Restriktionen bzw. Nebenbedingungen, wie beispielweise der Steuerbarkeit der Erzeugungsanlagen, zeitgekoppelte Einschränkungen von schiebbaren Lasten und Speichern. Da das maximale Flexibilitätspotenzial im Hinblick auf die Wirk- und Blindleistungsbilanz nicht unbedingt gleichzeitig erreicht werden kann, wird ein Abtastverfahren zur Berücksichtigung der Abhängigkeit der Wirkund Blindleistungsbilanz iterativ durchgeführt. Bei jeder Iteration wird entweder die Wirk- oder Blindleistungsbilanz fest vorgegeben. Ergebnis ist eine probabilistische Größe für das verbleibende technische Flexibilitätspotenzial. Der Einfluss des Prognosehorizontes ist dabei eine wesentliche Untersuchungsgröße. Da die Berücksichtigung von DSM und Speichern als Freiheitsgrade eine zeitkoppelnde Simulation erfordern, wird im Rahmen dieses Forschungsvorhabens, basierend auf prognostizierten Verschiebepotenzialen und Speichergrößen, eine zeitliche Kopplung über einen Tag (24 Stunden) angestrebt. 4 Weiteres Vorgehen Im weiteren Verlauf des Forschungsvorhabens wird die Implementierung des Verfahrens zur probabilistischen Ermittlung des verbleibenden technischen Flexibilitätspotenzials aus MS- und NS-Netzen abgeschlossen. Anschließend wird das Verfahren plausibilisiert und die Einflussfaktoren auf das technische Flexibilitätspotenzial im Rahmen exemplarischer Untersuchungen bewertet. 5 Literatur [1] EEG-Anlagenregister. Stand: [2] Schäfer, A.: Portfoliooptimierung in dezentralen Energieversorgungssystemen IAEW, RWTH Aachen, 2013 [3] VDE-Studie: Regionale Flexibilitätsmärkte September IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

79 Installierte Leistung FORSCHUNGSPROJEKTE Simulation des Einsatzes von Erzeugungsanlagen und Verbrauchern im Verteilnetz unter Berücksichtigung von Akteursverhalten Dispatch Simulation for Generation and Consumption Units in Distribution Grids under Consideration of Stakeholder Behavior Dipl.-Wi.-Ing. Kilian Geschermann Durch die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung ist es in den vergangenen Jahren zu einem starken Ausbau dezentraler Stromerzeugungsanlagen auf Verteilnetzebene gekommen. Weiterhin werden in den Verteilnetzen vermehrt neuartige Verbraucher wie Wärmepumpen oder Elektrofahrzeuge sowie Speicher angeschlossen. Mit Auslaufen der Förderung sind ein zunehmend marktbasierter Einsatz dieser Anlagen sowie eine Zunahme des Eigenverbrauchs zu erwarten. Die Auswirkungen auf die zukünftige Nutzung der Verteilnetze sind hierbei jedoch unklar. Deshalb soll im Rahmen dieser Arbeit ein Verfahren zur Simulation des Einsatzes von Erzeugungsanlagen und Verbrauchern im Verteilnetz entwickelt werden, wobei das Verhalten der einzelnen Akteure, die diese Anlagen betreiben, sowie die hierfür relevanten Einflussgrößen wie regulatorische Rahmenbedingungen und Unsicherheiten mit berücksichtigt werden sollen. The political subsidization of power generation from renewable energies and combined heat and power has significantly increased the amount of distributed generation units in the distribution grids over the last years. Furthermore, a growing number of new consumption units like heat pumps or electric vehicles as well as storage units are connected to the distribution grid. With expiring subsidization, an increasing market based dispatch as well as an increase of self-consumption is to be expected. The consequences for the utilization of distribution grids are however uncertain. Therefore, the scope of this thesis is the development of a method to simulate dispatch of generation units and consumers in distribution grids. In particular stakeholder behavior and the relevant influences such as the regulatory framework and uncertainties shall be considered in this connection for all stakeholders who operate generation or consumption units in distribution grids. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit In den vergangenen Jahren ist es in Deutschland bedingt durch die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (EE) und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) mittels des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) bzw. Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG) zu einem starken Ausbau der dezentralen Stromerzeugungsanlagen (DEA) gekommen. Diese sind zu einem Großteil in den Verteilnetzen, insbesondere in der Mittel- und Niederspannungsebene, angeschlossen (siehe Bild 1). 45 GW HöS HS MS NS Wind Solar Biomasse Sonstige Bild 1: Installierte EEG-Anlagenleistung 2014 [1] Weiterhin ist zukünftig mit einer wachsenden Anzahl an neuartigen Verbrauchern wie Wärmepumpen oder Elektrofahrzeugen sowie dezentralen Speichern im Verteilnetz zu rechnen (vgl. [2]). Durch diese Entwicklung wandelt sich die Aufgabe der Verteilnetze von einer reinen Verteilung elektrischer Energie an weitestgehend unflexible Endverbraucher hin zu einer Verteilung elektrischer Energie an teilweise flexible Verbraucher und einer Aufnahme und Weiterleitung der volatilen Einspeisung aus DEA. Mit Auslaufen der EEG- bzw. KWKG-Förderung in einigen Jahren sowie der Einführung variabler Strombezugstarife für Endverbraucher ist darüber hinaus mit einem zunehmend marktbasierten Einsatz von DEA, neuartigen Verbrauchern und Speichern sowie einer Nutzung dieser zur Optimierung des Eigenverbrauchs zu rechnen. Die Auswirkungen dieses Wandels auf die zukünftige Nutzung der Verteilnetze sind jedoch unklar. Ebenso ist noch offen, inwiefern die zunehmend vorhandenen Flexibilitäten im Verteilnetz genutzt werden können, um dem Verteilnetzbetreiber lokale Netzdienstleistungen zur Vermeidung von Netzengpässen zur Verfügung zu stellen. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist deshalb die Entwicklung eines Verfahrens zur Simulation des Einsatzes von Erzeugungsanlagen, Verbrauchern und Speichern im Verteilnetz. Da die einzelnen Anlagen durch eine Vielzahl heterogener Akteure (bspw. private Haushalte, Aggregatoren etc.) betrieben werden, sollen insbesondere das Verhalten einzelner Akteure sowie der Einfluss von Unsicherheiten und regulatorischen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. IAEW FGE JAHRESBERICHT

80 Elektrizität Wärme FORSCHUNGSPROJEKTE 2 Analyse und Modellbildung 2.1 Betrachtete Komponenten Die im Verteilnetz angeschlossenen Erzeugungsanlagen, Verbraucher und Speicher sind mit ihren technischen Parametern und Flexibilitäten zu modellieren. Die Stromerzeugung aus Photovoltaik- (PVA) und Windenergieanlagen (WEA) ist stark dargebotsabhängig. Die Einspeiseprofile einzelner Anlagen in einem Netzgebiet weichen darüber hinaus aufgrund von unterschiedlicher Ausrichtung und Abschattungseffekten bzw. unterschiedlichen Nabenhöhen und lokalen Windeffekten voneinander ab. Deshalb werden synthetische Einspeiseprofile für einzelne PVA und WEA verwendet, die diese Effekte berücksichtigen. Bei Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlagen) muss stets die Deckung der Wärmenachfrage gewährleistet sein. Heutzutage werden deshalb die meisten KWK-Anlagen wärmegeführt eingesetzt, d. h. die Stromerzeugung hängt unmittelbar vom zeitlichen Verlauf der Wärmenachfrage ab. Durch den Einsatz von Wärmespeichern kann diese Abhängigkeit zeitlich entkoppelt werden, sodass KWK- Anlagen abhängig von den Preisen am Strommarkt optimal eingesetzt werden können. Eine solche stromgeführte Fahrweise wird in Zukunft immer häufiger zur Anwendung kommen [3], weshalb zusätzlich zu KWK- Anlagen auch Wärmespeicher im Modell abgebildet werden. Haushaltskundenlasten werden heutzutage meist mittels Standardlastprofilen (SLP) geschätzt. Bei Betrachtung einzelner Haushaltslasten im Vergleich zum SLP ergeben sich jedoch erhebliche Abweichungen. Deshalb werden für die Modellierung von Haushaltslasten anstelle von SLP mit einem Haushaltskundenmodell generierte synthetische Lastprofile genutzt. Für Gewerbeund Industriekunden kann auf gemessene Lastprofile zurückgegriffen werden. Power-to-Heat-Komponenten (PtH) wie Wärmepumpen werden ebenso wie Power-to- Gas-Anlagen (PtG) und Elektrofahrzeuge gesondert abgebildet, da diese Komponenten eine besonders hohe Flexibilität auf Nachfrageseite aufweisen. Als dezentrale Stromspeichertechnologie kommen mittelfristig einzig Batteriespeicher in Frage. Sie werden insbesondere auch zur Eigenverbrauchsoptimierung in Kombination mit Erzeugungsanlagen basierend auf erneuerbaren Energien (EE-Anlagen) eingesetzt. Abgebildet werden Batteriespeicher über ein vereinfachtes Speichermodell. 2.2 Anlageneinsatz durch einzelne Akteure Der Einsatz der einzelnen Anlagen erfolgt durch unterschiedliche Akteure. Grundlegend wird im Folgenden zwischen zwei Kategorien von Akteuren unterschieden: Einzelne Verbraucher und Aggregatoren. Zur ersten Kategorie gehören private Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass alle von ihnen betriebenen Anlagen sich am selben Netzknoten innerhalb eines Verteilnetzes befinden. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einem Aggregator um Energieversorgungsunternehmen oder Direktvermarkter von EE-Anlagen. Aggregatoren betreiben ein Portfolio bestehend aus einer Vielzahl an Anlagen, welche sich nicht zwangsläufig alle am selben Netzknoten befinden. Weiterhin unterscheiden sich die beiden Akteurstypen durch die Zielsetzung, die sie beim Einsatz ihrer Anlagen verfolgen Zielsetzung von einzelnen Verbrauchern Einzelne Verbraucher streben in erster Linie eine Minimierung ihrer Strombezugskosten an. Bei zeitvariablen Strombezugstarifen, welche zukünftig vermehrt zu erwarten sind, ist dies durch die Nutzung vorhandener Demand Side Management (DSM)-Potenziale sowie durch die Flexibilität neuartiger Verbraucher möglich. Darüber hinaus liegen die Stromgestehungskosten von DEA mittlerweile deutlich unterhalb der Strombezugskosten, weshalb der Eigenverbrauch von Stromerzeugung aus DEA für Endverbraucher wirtschaftlich ist. Eine Erhöhung des Eigenverbrauchsanteils ist möglich durch einen stromgeführten Betrieb von KWK-Anlagen, den Einsatz von Batteriespeichern oder die Verschiebung von Lasten in Zeiten mit Stromerzeugung aus eigenen DEA. Die überschüssige Stromerzeugung aus DEA wird in der Regel gegen eine feste Vergütung ins Netz eingespeist. Bild 2 gibt zusammenfassend einen Überblick über den betrachteten Systembereich einzelner Verbraucher. Bild 2: DSM + - Elektr. Last Therm. Last PtH Regenerative Batteriespeicher Erzeugung Netzeinspeisung Systembereich einzelner Verbraucher Zielsetzung von Aggregatoren Wärmespeicher KWK Netzbezug Aggregatoren vermarkten ihr komplettes Portfolio, welches aus einer Vielzahl an DEA, Kundenlasten und neuartigen Verbrauchern besteht, am Spot- und Regelleistungsmarkt mit der Zielsetzung, einen möglichst hohen Deckungsbeitrag zu generieren. Die Vermarktung zu den 68 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

81 FORSCHUNGSPROJEKTE einzelnen Handelszeitpunkten erfolgt dabei auf der Basis von Prognosen. Für die einzelnen Anlagen im Portfolio ergibt sich ein entsprechend der Vermarktungsentscheidungen optimierter Einsatz. Bild 3 gibt einen Überblick über den betrachteten Systembereich von Aggregatoren. Elektrizität Regenerative Erzeugung Therm. Last PtH Wärmespeicher KWK Wärme Marktpreise am Fahrplanenergie- und Regelleistungsmarkt vorgegeben, in deren Abhängigkeit der Anlageneinsatz optimiert wird. Da passive einzelne Verbraucher keine flexibel einsetzbaren Anlagen besitzen, können Last- und Einspeisezeitreihen für diese Akteure ohne Optimierung aus dem vorgegebenen Last- und Einspeiseverlauf übernommen werden. Bei aktiven einzelnen Verbrauchern, welche über flexible Erzeugungsanlagen, Lasten oder Speicher verfügen, wird ebenso wie bei Aggregatoren der Einsatz aller Anlagen optimiert. Als Ergebnisse werden der viertelstündliche Anlageneinsatz, der Einspeise- und Lastverlauf je Netzknoten sowie die Strombezugskosten bzw. Deckungsbeiträge der einzelnen Akteure ermittelt. Eingangsdaten Strom- und Wärmelasten Strombezugstarife Marktpreise EE-Einspeiseprofile Lastverschiebepotenziale Prognosen (EE, Last) Bild 3: PtG Systembereich von Aggregatoren 1 p Passiver einzelner Verbraucher/DEA- Betreiber Batteriespeicher Regelleistung Fahrplanenergie Kundenlast Last-/Einspeiseverlauf aus Eingangsdaten 1 n Aktiver einzelner Verbraucher/DEA- Betreiber Simulation Anlageneinsatz 1 m Aggregator Simulation Anlageneinsatz 2.3 Unsicherheiten Die Handels- und Anlageneinsatzentscheidungen unterliegen verschiedenen Unsicherheiten, da den Akteuren zum Entscheidungszeitpunkt nur unvollständige Informationen bzw. Prognosen für den weiteren Planungshorizont vorliegen. Bei Aggregatoren stellen das Dargebot der Stromerzeugung aus EE-Anlagen, die Höhe der Kundenlasten sowie die Preise nachgelagerter Märkte eine Unsicherheit zum Zeitpunkt der Handelsentscheidung dar. Da einzelne Verbraucher keine Handelsentscheidungen treffen, wirken sich hier die entsprechenden Unsicherheiten zum Zeitpunkt des Anlageneinsatzes aus, beispielsweise beim Einsatz flexibler Komponenten zur Optimierung des Eigenverbrauchs. Im Modell werden die Mengenunsicherheiten über die Verwendung von aktualisierten Prognosen zum jeweiligen Handelszeitpunkt bzw. zum Zeitpunkt des Anlageneinsatzes abgebildet, wobei sich die Art und Güte der verwendeten Prognosen zwischen den unterschiedlichen Akteurstypen unterscheiden kann. Preisunsicherheiten werden hingegen nicht abgebildet. 3 Verfahren Das Verfahren basiert darauf, den Anlageneinsatz für jeden einzelnen Akteur in Abhängigkeit der jeweiligen Zielsetzung und Rahmenbedingungen zu optimieren. Bild 4 gibt einen Überblick über das Verfahren. Als Eingangsdaten werden Strom- und Wärmelasten, Einspeiseprofile von EE-Anlagen, Lastverschiebepotenziale sowie Prognosen für EE-Erzeugung und Last verwendet. Weiterhin werden Preise für Strombezug aus dem Netz sowie Vergütungstarife für die Netzeinspeisung bzw. Bild 4: Ergebnisse Viertelstündlicher Anlageneinsatz Viertelstündliche Einspeisung/Last je Netzknoten Strombezugskosten/Deckungsbeitrag einzelner Akteure Verfahrensüberblick Im weiteren Verlauf der Arbeit soll das Verfahren noch um die Bereitstellung von lokalen Netzdienstleistungen (NDL) für den Verteilnetzbetreiber durch die einzelnen Akteure erweitert werden. Hierzu kann ein mithilfe von Lastflussberechnungen ermittelter NDL-Bedarf, der zur Vermeidung eines Netzausbaus erforderlich ist, als Restriktion in der Anlageneinsatzoptimierung berücksichtigt werden. Auf diese Weise können bspw. die Opportunitätskosten, die einzelnen Akteuren durch die Bereitstellung von NDL für den Verteilnetzbetreiber entstehen, ermittelt werden. Diese Opportunitätskosten sind wiederum notwendig, um eine Bewertung der Nutzung marktbasiert bereitgestellter lokaler NDL im Vergleich zum Netzausbau zu ermöglichen. 4 Literatur [1] EEG-Anlagenregister, Stand , Deutsche Übertragungsnetzbetreiber, [2] Nitsch J. et. al.: Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global. Stuttgart 2012 [3] Öko-Institut e.v.: Perspektiven der Kraft-Wärme- Kopplung im Rahmen der Energiewende. Berlin 2013 IAEW FGE JAHRESBERICHT

82 FORSCHUNGSPROJEKTE Auswirkungen von Kapazitätsmechanismen auf die Entwicklung des deutschen Kraftwerksparks Impact of Capacity Mechanisms on the Development of the German Generation Stack Dipl.-Wirt.-Ing. Fabian Grote Der anhaltende Zubau von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien beeinflusst sowohl die Wirtschaftlichkeit möglicher Investitionen als auch des bestehenden Kraftwerksparks. Dies führt zu der Diskussion, ob die heutigen Strommärkte ausreichende Anreize liefern, um erzeugungsseitige Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Daher ist es das Ziel dieses Forschungsvorhabens, die marktbasierte Entwicklung des Kraftwerksparks in Deutschland im heutigen Strommarkt sowie mit möglichen Kapazitätsmechanismen zu untersuchen und diese vergleichend zu bewerten. The continuing growth of renewable generation capacities endangers the profitability of the existing generation stack as well as of possible new investments. This leads to the discussion whether or not the current power markets provide sufficient incentives to ensure security of supply in the medium and long term. Therefore, the aim of this research project is to investigate and evaluate the market based development of the German generation stack considering today s power markets and possible capacity mechanisms. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit Der politisch und gesellschaftlich geförderte Zubau von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien (EE- Anlagen) und die engere Verknüpfung der europäischen Strommärkte führen in vielen europäischen Ländern zu abnehmenden Benutzungsstunden des konventionellen Kraftwerksparks sowie zu sinkenden Strompreisen. Diese Entwicklungen bedrohen sowohl die Wirtschaftlichkeit bestehender Kraftwerke als auch mögliche Investitionen in neue Kapazitäten. Aufgrund der Altersstruktur des deutschen Kraftwerksparks sowie des Kernenergieausstiegs wird jedoch mittel- und langfristig ein Investitionsbedarf erwartet, um erzeugungsseitige Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Aufgrund dieser Entwicklungen wurden in den vergangenen Jahren in vielen europäischen Ländern Diskussionen über die Ausgestaltung der Strommärkte und die Notwendigkeit der Einführung eines Kapazitätsmechanismus (KM) geführt. Während sich einige Länder wie bspw. Frankreich oder Großbritannien für die Einführung von KM entschieden, strebt die deutsche Politik die Weiterentwicklung des heutigen Energy-Only-Marktes (EOM) zu einem Strommarkt 2.0 an. Dabei wurde von der Einführung eines KM abgesehen und lediglich die Einführung einer Kapazitätsreserve in Höhe von 5 % der Spitzenlast zur Absicherung des Strommarktes beschlossen [1]. Dabei bleiben die Fragen ungeklärt, ob der Strommarkt 2.0 Anreize für ausreichend gesicherte Leistung im deutschen Kraftwerkspark liefert oder ob mittelfristig die Einführung eines KM notwendig wird und wie dieser im Falle einer Einführung zur effizienten Gewährleistung der Versorgungssicherheit ausgestaltet werden könnte. Dieses Forschungsvorhaben hat daher zum Ziel, die marktbasierte Entwicklung des deutschen Kraftwerksparks sowohl im Strommarkt 2.0 als auch bei einer Einführung von Kapazitätsmechanismen abzubilden. Mithilfe des Verfahrens wird anschließend bewertet, mit welcher Marktausgestaltung heute und in Zukunft ausreichende Anreize geboten werden, um erzeugungsseitige Versorgungssicherheit zu gewährleisten. 2 Investitionsentscheidungen und die Entwicklung des Kraftwerksparks Im heutigen liberalisierten Strommarkt treffen Marktteilnehmer Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen auf Basis von Wirtschaftlichkeitsbewertungen unter Annahmen über die Zukunft. Für die jeweilige einzelne Entscheidung ist der Kapitalwert aus aktuellen und zukünftig erwarteten Deckungsbeiträgen sowie anfallenden Fixkosten relevant. Für bestehende Kraftwerke sind dies nur die operativen Fixkosten, da die Investitionskosten bereits angefallen sind. Für Investitionsentscheidungen hingegen ist zu bestimmen, ob durch die Deckungsbeiträge über den jeweiligen Abschreibungszeitraum zusätzlich der für die Investitionskosten anfallende Kapitaldienst erwirtschaftet werden kann. Die aggregierten Einzelentscheidungen der Marktteilnehmer ergeben die Entwicklung des gesamten Kraftwerksparks. Trotz des Ziels einer kontinuierlichen Zunahme des Anteils von EE-Anlagen an der Stromerzeugung wird davon ausgegangen, dass auch mittel- und langfristig ein thermischer Mindestkraftwerkspark benötigt wird, um die Deckung der Last zu jedem Zeitpunkt gewährleisten zu können [2]. 70 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

83 FORSCHUNGSPROJEKTE Im heutigen deutschen Strommarkt übernehmen die bestehenden Märkte für Fahrplanenergie und Regelleistung vor allem die kurzfristige Gewährleistung der Systemsicherheit und Ressourcenallokation, sodass hauptsächlich die tatsächlich gelieferte elektrische Energie vergütet wird. Das Ziel eines Kapazitätsmechanismus wäre es, die Vorhaltung ausreichender gesicherter Leistung durch eine explizite Vergütung sicherzustellen [2]. Unter der Vielzahl denkbarer Ausgestaltungen von Kapazitätsmechanismen stehen für Deutschland hauptsächlich eine Strategische Reserve (SR) sowie selektive (SKM) und umfassende Kapazitätsmärkte (UKM) in der Diskussion. Bei der SR werden durch eine zentrale Instanz zuvor definierte Kapazitäten gegen Zahlung ihrer Fixkosten kontrahiert, die dann dem Fahrplanenergiemarkt im Falle einer Knappheitssituation zu einem definierten Ausübungspreis zur Verfügung stehen [3]. In einem SKM erhält ein Teil des Kraftwerksparks zusätzliche Zahlungen basierend auf zuvor festgelegten Kriterien, bspw. der Erzeugungstechnologie, den CO 2-Emissionen oder dem Alter. Beim UKM hingegen erhalten die Betreiber aller Kapazitäten Zahlungen [4]. Die Ausgestaltung der Strommärkte und möglichen KM, deren Wechselwirkungen sowie die zuvor genannten Einflussfaktoren auf die marktbasierte Kapazitätsentwicklung müssen in einem Verfahren geeignet abgebildet werden. 3 Verfahren Das entwickelte Verfahren zur marktbasierten Ausbausimulation basiert darauf, iterativ den Kraftwerkseinsatz und die Preise auf den zur Verfügung stehenden Strommärkten sowie KM zu simulieren, um daraus Kapitalwerte abzuleiten. Anhand der Kapitalwerte werden anschließend Investitions- und Stilllegungsentscheidungen getroffen. Der sich im Zeitverlauf ergebende Kraftwerkspark beschreibt die marktbasierte Kapazitätsentwicklung, basierend auf einem Ausgangskraftwerkspark. Der grundsätzliche Aufbau des entwickelten Verfahrens wird in Bild 1 dargestellt. Die Entwicklungen von EE-Kapazitäten, der Kraftwerkspark zu Beginn sowie technisch bedingte zukünftige Stilllegungen von Bestandsanlagen und energiewirtschaftliche Randbedingungen, bspw. Netzrestriktionen oder Zinssätze, werden exogen vorgegeben. Die Simulation der Entwicklung des Kraftwerksparks erfolgt durch chronologisches Durchlaufen der betrachteten Jahre. In jedem Jahr werden Preis- und Einsatzsimulationen für das betrachtete und alle folgenden Jahre durchgeführt, aus denen Einsätze und Deckungsbeiträge abgeleitet werden. Jede Einzelentscheidung wird dabei durch eine vollständige Simulation des verbleibenden Betrachtungszeitraums untersucht. Bild 1: Erwarteter Kraftwerkspark Strommärkte/KM Für alle Jahre t bis T Zinssatz Netzrestriktionen Preis- und Einsatzsimulationen t bis T Wirtschaftlichkeitsbewertung in t Iterative Kapazitätsentwicklung - Stilllegungsentscheidungen in t - Ausbauentscheidungen für nächstes Jahr Erneute Preis- und Einsatzsimulation Wirtschaftlichkeitsbewertung CO 2 -Emissionen Kapazitätspreise Entwicklung des Kraftwerkspark Austausche Verfahrensüberblick Nachfrage Kraftwerkspark Einsatz Strompreise Die Kapitalwerte zur Bewertung der Kapazitäten werden aus den aus Einsätzen und Preisen abgeleiteten Deckungsbeiträgen bestimmt und mit den jeweils relevanten Fixkosten verglichen. Für in der Zukunft liegende Jahre, für die noch keine endogenen Entscheidungen getroffen wurden, werden dabei exogen vorzugebende Zubauten angenommen, die Markterwartungen an die Entwicklung des Kraftwerksparks abbilden. Die installierte Leistung in den Stützjahren ergibt sich aus einer Aggregation der Einzelentscheidungen. Im Verlauf der Simulation ersetzen die endogenen Kapazitätsänderungen die exogenen Werte und ergeben somit den simulierten Pfad an Investitions- und Stilllegungsentscheidungen. Bei Betrachtung eines Kapazitätsmarktes werden zusätzliche leistungsabhängige Vergütungen entsprechend bei der Investitionsentscheidung berücksichtigt, indem die Kapazitätspreise basierend auf den sich aus der Simulation ergebenen Deckungsbeiträgen sowie der Ausgestaltung des jeweils ausgewählten Kapazitätsmechanismus bestimmt werden. Die SR wird bei der Deckung der Nachfrage berücksichtigt und ein möglicher Übergang von Bestandskapazitäten oder neugebauten Kapazitäten in die SR simuliert. Aufgrund des iterativen Ansatzes ergibt sich ein hoher Rechenaufwand. Um dennoch praxisgerechte Rechenzeiten zu ermöglichen, ist eine Reduktion der Komplexität notwendig. Daher werden nicht alle Jahre im Zeitverlauf, sondern nur Stützjahre in gleichmäßigen Abständen betrachtet. Darüber hinaus werden die einzelnen Stützjahre dahingehend vereinfacht, dass typische Situationen betrachtet werden, die zusammengenom- IAEW FGE JAHRESBERICHT

84 FORSCHUNGSPROJEKTE men das jeweilige Jahr angemessen widerspiegeln. Außerdem werden Erzeugungs- und Speichertechnologien zu Alters- und Technologieklassen zusammengefasst. 4 Exemplarische Ergebnisse Mithilfe des Simulationsverfahrens werden der Kraftwerkseinsatz in 18 europäischen Marktgebieten und die Entwicklung des deutschen Kraftwerksparks von 2012 bis zum Jahr 2048 mit der heutigen Marktausgestaltung (EOM) und mit den zuvor genannten Kapazitätsmechanismen simuliert. Im Rahmen dieser exemplarischen Untersuchungen wird die Entwicklung der Kapazitäten von EE-Anlagen und Speichern als exogen gemäß des Leitszenarios des Netzentwicklungsplans Strom angenommen [5]. Die Kapazitätsentwicklung wird für Steinkohle, Braunkohle-, Öl- und Erdgas- aufgeteilt in Gasturbinen-, Gas- sowie Gas- und Dampfkraftwerke untersucht. Die Zusammenfassung von Bestandsanlagen erfolgt nach Anlagenalter und Wirkungsgrad, für Neuinvestitionen wird ein einheitlicher Wirkungsgrad je Primärenergieträger angenommen. Als Ergebnis ist die jeweilige Entwicklung des thermischen Kraftwerksparks im EOM und in den betrachteten Ausgestaltungen des KM in Bild 2 dargestellt. 100 GW 80 GW Installierte Leistung Bild 2: EOM SR ZSKM ZUKM EOM SR ZSKM ZUKM EOM SR ZSKM ZUKM EOM SR ZSKM ZUKM Erdöl (SR) Gasturbinenkraftwerk (SR) Erdöl GuD Braunkohle Gaskraftwerk (SR) GuD (SR) Gaskraftwerk Steinkohle Kernenergie Exemplarische Entwicklungen des deutschen thermischen Kraftwerksparks mit und ohne Kapazitätsmechanismen Die Stilllegungen und geringen Investitionen in den Simulationsergebnissen beim EOM im kurz- und mittelfristigen Zeitbereich spiegeln die aktuell schwierige wirtschaftliche Situation für Spitzenlastkraftwerke wider. Der Nettozubau, d. h. die Investitionen in konventionelle Kraftwerke abzüglich der Stilllegungen sowie der technischen Sterbelinie des Bestandskraftwerksparks, ist in jedem untersuchten Stützjahr negativ, sodass langfristig die installierten Kapazitäten in Deutschland abnehmen. Dahingegen wird bei der Einführung eines Kapazitätsmechanismus die vorgegebene gesicherte Leistung erreicht, je nach Ausgestaltung ergibt sich jedoch eine andere Zusammensetzung. Dies führt bei Einführung eines Kapazitätsmarktes zu einem größeren Angebot und geringeren Strompreisen in Deutschland. Diesen positiven Effekten stehen jedoch die Kapazitätszahlungen entgegen. Die Barwerte der Kapazitätszahlungen, kumuliert über den gesamten Betrachtungszeitraum und bezogen auf das Ausgangsjahr 2012, betragen ca. 14 Mrd. EUR bei der SR, 20 Mrd. EUR beim SKM und knapp 38 Mrd. EUR beim UKM. Diese exemplarischen Ergebnisse zeigen somit, dass KM die Sicherstellung erzeugungsseitiger Versorgungssicherheit gewährleisten können, deuten aber auch auf hohe Kosten sowie die Gefahr von sog. Windfall-Profits für ohnehin profitable Kraftwerke hin. 5 Zusammenfassung und Ausblick Die aufgrund des stetig steigenden Anteils der Stromerzeugung auf Basis regenerativer Energien aktuell fehlende Wirtschaftlichkeit vieler thermischer Kraftwerke hat dazu geführt, dass eine Diskussion über die zukünftig zur Sicherung der Versorgungssicherheit notwendigen Kraftwerkskapazitäten sowie die Ausgestaltung der Strommärkte stattfindet. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wird daher ein Verfahren entwickelt, das die marktbasierte Entwicklung des Kraftwerksparks in Abhängigkeit der zu betrachtenden Strommärkte und Kapazitätsmechanismen abbildet und somit eine vergleichende Bewertung ermöglicht. Das weitere Vorgehen umfasst abschließende Untersuchungen mit dem entwickelten Verfahren sowie eine Bewertung der Entwicklung des deutschen Kraftwerksparks im Kontext unterschiedlicher Kapazitätsmechanismen. 6 Literatur [1] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Ein Strommarkt für die Energiewende, 2015 [2] Grote, F.; Kraemer, C.; Moser, A.: Marktumfeld der Energiewende, VGB PowerTech 8, 2014 [3] Consentec et al.: Märkte stärken, Versorgung sichern Konzept für die Umsetzung einer Strategischen Reserve in Deutschland, 2013 [4] Herrmann, N.: Der dezentrale Leistungsmarkt Vorstellung und Einordnung eines Vorschlags zur marktlichen Organisation der Leistungsvorhaltung, 13. Symposium Energieinnovation, Graz, [5] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber: Netzentwicklungsplan Strom 2014, IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

85 FORSCHUNGSPROJEKTE Bewertung von Netzausbaumaßnahmen in Hochspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher Freiheitsgrade Evaluation of Network Expansion Measures in Subtransmission-Networks under Consideration of Operational Degrees of Freedom M.Sc. Jan Kellermann Bedingt durch den starken Zubau an dezentralen Erzeugungsanlagen (DEA) in den vergangenen Jahren ergeben sich in vielen Hochspannungsnetzen in Deutschland neue Herausforderungen. Da ein Großteil der DEA in der Verteilnetzebene angeschlossen ist, kommt es zunehmend zu Situationen, in denen Hochspannungsnetze Leistung aus direkt angeschlossenen Erzeugungsanlagen sowie aus unterlagerten Netzebenen aufnehmen und abtransportieren müssen. In einigen, insbesondere ländlichen Netzregionen führt diese Entwicklung zu einem akuten Netzausbaubedarf. Im Falle von Netzengpässen ist der Netzbetreiber aktuell zwar berechtigt, eine Wirkleistungsreduktion der DEA durchzuführen, seine Netzausbaupflicht bleibt jedoch unberührt. Angekündigte Gesetzesänderungen sehen jedoch vor, dass betriebliche Eingriffe wie ein Einspeisemanagement bereits im Rahmen der Netzplanung berücksichtigt werden können, um den Netzausbaubedarf zu verringern. Dadurch steigen die Anforderungen an den Netzplanungsprozess, da betriebliche Maßnahmen als neuer Freiheitsgrad zu berücksichtigen sind. Das Ziel dieser Arbeit ist daher eine Bewertung von Netzausbauprojekten in Hochspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher Freiheitsgrade. Due to the large increase of distributed renewable energy resources (DRES) in recent years, many German subtransmissionnetworks are facing new challenges. The main share of the new generation units is installed either in the subtransmissionnetworks or in the subjacent distribution networks leading to increasing power transfers from the distribution level upwards to the transmission system. Especially in rural areas this leads to an increasing need to enforce the existing network. In the case of contingencies, the network operator is allowed to curtail the active power infeed from DRES, however he still is obliged to enforce the network. Proposed changes in legislation suggest a consideration of this operational measures within the planning process in order to reduce the need for network expansion measures. The consideration of operational measures in combination with conventional network expansion leads to a more complex planning process. Therefore, the aim of this research project is the evaluation of network expansion measures in subtransmission-networks under consideration of operational measures. 1 Motivation und Zielsetzung Durch den Ausbau von DEA auf Basis erneuerbarer Energien (EE) kommt es zu einem starken Anstieg der in der Verteilnetzebene installierten Erzeugungsleistung [1]. Insbesondere in ländlich geprägten Hochspannungsnetzen, die historisch auf die Versorgung der unterlagerten Lasten ausgelegt wurden, kommt es daher zu neuen Herausforderungen, bedingt durch Rückspeisungen. Diese Entwicklungen führen in einigen Netzgebieten zu einem akuten Ausbaubedarf. Da der Ausbau der EE-Anlagen häufig schneller als der Ausbau der Netze voranschreitet, nehmen Netzbetreiber im Rahmen eines Einspeisemanagements bereits heute operative Eingriffe in die Netznutzung vor [2]. Nach aktueller Gesetzgebung bleibt die Ausbaupflicht jedoch bestehen. Angekündigte Gesetzesänderungen [3] sehen jedoch eine optionale Berücksichtigung eines Einspeisemanagements in gewissen Grenzen bereits bei der Dimensionierung der Netze vor, um einen unverhältnismäßigen Netzausbau zu vermeiden. Auch die Berücksichtigung weiterer betrieblicher Maßnahmen wie einem netzdienlichen Lastmanagement oder einer stärkeren Einbindung von EE-Anlagen in das Blindleistungsmanagement können dabei helfen, den konventionellen Netzausbaubedarf zu reduzieren. Aufgrund der langen Realisierungszeiträume für Netzausbaumaßnahmen müssen auch unsichere zukünftige Entwicklungen im Rahmen der Netzplanung berücksichtigt werden. Die Unsicherheiten beziehen sich insbesondere auf die absolute Höhe des EE-Zubaus sowie den zeitlichen Verlauf und die räumliche Verteilung des Zubaus. Es stellt sich daher die Frage, wie die Berücksichtigung betrieblicher Maßnahmen den Umgang mit Unsicherheiten im Planungsprozess beeinflusst. Insgesamt ist somit eine steigende Komplexität der Netzplanung zu verzeichnen, da die Bewertung alternativer Netzausbauprojekte auch den resultierenden Einsatz betrieblicher Flexibilitäten berücksichtigen muss. Das Ziel dieses Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung eines Verfahrens zur Bewertung von Netzausbauprojekten in Hochspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher Maßnahmen und Unsicherheiten. IAEW FGE JAHRESBERICHT

86 FORSCHUNGSPROJEKTE 2 Analyse In diesem Abschnitt werden die an Hochspannungsnetze gestellten technischen Randbedingungen sowie planerische und betriebliche Freiheitsgrade zu deren Einhaltung analysiert. Weiterhin wird auf planungsrelevante Unsicherheiten eingegangen. 2.1 Technische Randbedingungen Um einen zuverlässigen Netzbetrieb zu gewährleisten, werden technische Randbedingungen formuliert, die innerhalb des Netzbetriebs eingehalten werden müssen. Dazu zählen dauerhafte Belastungsgrenzen der Betriebsmittel durch maximale Stromgrenzen für Leitungen und Transformatoren sowie die Einhaltung minimaler und maximaler Spannungsgrenzen. Eine weitere Randbedingung stellt die minimale und maximale Kurzschlussleistung an Netzknoten dar, die zum einen der Fehlerdetektion und zum anderen dem Schutz von Betriebsmitteln dient. Auch die Sternpunktbehandlung stellt eine relevante Randbedingung für die Bewertung von Netzausbauprojekten dar. Bei einem steigenden Kabelanteil im Netz kann die Umstellung von der in Freileitungsnetzen in Deutschland häufig angewendeten kompensierten (77% der 110 kv-netze [4]) auf eine niederohmige Sternpunkterdung (23% der 110 kv-netze [4]) durch die höheren Erdkapazitäten von Kabeln im Vergleich zu Freileitungen notwendig werden. Alternativ könnte auch eine Verkleinerung der Netzgruppen erforderlich werden. 2.2 Freiheitsgrade im Rahmen der Netzplanung Für den Fall, dass die Einhaltung der technischen Randbedingungen gefährdet ist, sind Netzbetreiber verpflichtet, ihr Netz zu verstärken. Dabei wird in der Regel nach dem NOVA-Prinzip (Netz-Optimierung vor Verstärkung vor Ausbau) vorgegangen. Zu den Verstärkungs- und Ausbaumaßnahmen zählen dabei der Austausch bestehender oder der Bau neuer Betriebsmittel (Freileitungen, Kabel, Transformatoren, Netzstationen und Kompensationselemente). Auch der Einsatz neuer Technologien wie einem Leiterseilmonitoring ist dabei zu berücksichtigen. Für Ausbauprojekte auf neuen Trassen wird in Hochspannungsnetzen gesetzlich (EnWG 43h) eine Ausführung als Erdkabel vorgeschrieben, solange ein Kostenverhältnis von 2,75 im Vergleich zu Freileitungsprojekten nicht überschritten wird. Weiterhin wird die Integration neuer EE-Anlagen durch (n-0)- sichere Entsorgungsnetze ohne angeschlossene Verbraucher diskutiert. Zusammenfassend zeigt sich, dass im Rahmen zukünftiger Netzausbaumaßnahmen Veränderungen sowohl hinsichtlich der Netzstruktur, als auch hinsichtlich der Betriebsmittelauswahl zu erwarten sind. Um den konventionellen Ausbaubedarf zu reduzieren, spielt die Berücksichtigung betrieblicher Maßnahmen eine zunehmende Bedeutung im Rahmen der Netzoptimierung. Insbesondere eine Auslegung der Netze auf extreme Leistungsspitzen verursacht durch EE-Anlagen, die nur in wenigen Stunden eines Jahres auftreten, scheint fragwürdig. Angekündigte Gesetzesänderungen [3] sehen daher die optionale Berücksichtigung eines Einspeisemanagements bereits bei der Dimensionierung der Netze vor, um einen unverhältnismäßigen Netzausbau zu vermeiden. Das zugelassene Einspeisemanagement ist dabei jedoch auf eine Abregelung von maximal drei Prozent der jährlichen Energieeinspeisung je Anlage beschränkt. Weitere betriebliche Maßnahmen, die einen Eingriff in die Netznutzung ermöglichen, sind die Beeinflussung von Verbrauchern im Rahmen eines Lastmanagements (EnWG 14, Abs. 2) oder der Einsatz von Speichern. Da sowohl ein Last- als auch ein Speichermanagement nicht nur netzdienlich, sondern auch marktgesteuert erfolgen können, sind unterschiedliche Einsatzstrategien zu berücksichtigen, insbesondere da der Einfluss des Netzbetreibers auf Verbraucher und Speicher nicht zwingend gegeben ist. Auch die Ausgestaltung eines Blindleistungsmanagements unter Berücksichtigung von DEA stellt einen betrieblichen Freiheitsgrad dar. Hierbei kann zwischen dezentralen Lösungen über Anlagenkennlinien oder einer zentralen Steuerung durch Sollwert-Vorgaben unterschieden werden. Zusammenfassend zeigt sich, dass betriebliche Maßnahmen in Zukunft einen größeren Einfluss auf die Netznutzung haben werden, wodurch die bisherige Netzauslegung auf wenige auslegungsrelevante Netznutzungsfälle zu überdenken ist. Insbesondere im Hinblick auf die Überprüfung maximal abzuregelnder Energiemengen ist daher eine detailliertere Simulation des Netzbetriebs bereits während der Netzplanung durchzuführen. 2.3 Unsicherheiten Insbesondere die zukünftige Versorgungsaufgabe stellt eine große Unsicherheit im Netzplanungsprozess dar. Ihre Entwicklung ist schwer zu prognostizieren, da weder die absolute Höhe oder der zeitliche Verlauf des EE- Zubaus, noch die räumliche Verteilung der Anlagen im Netzgebiet festgelegt ist. Weiterhin unterliegt auch das zukünftige Verhalten der Verbraucher verschiedenen Unsicherheiten. So kann es durch demografische Entwicklungen sowohl zu Änderungen der maximalen Last, als auch zu Änderungen der regionalen Verteilung der Verbraucher kommen. Weiterhin werden zunehmend steuerbare Lasten und Speicher wie Elektrofahrzeuge erwartet, welche durch die Veränderung des Verbraucherverhaltens eine weitere Unsicherheit darstellen. Im Rahmen des zu entwickelnden Bewertungsverfahrens für Netzplanungsprojekte soll daher die Berücksichtigung einer unsicheren Versorgungsaufgabe in Form exogen vorzugebender Szenarien, welche sowohl die zeitliche, als auch die regionale Entwicklung von Erzeugungsanlagen und Lasten abdecken, implementiert werden. 74 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

87 Output Verfahren Leistung Input FORSCHUNGSPROJEKTE 3 Methodischer Ansatz Durch die Anreizregulierung sind die Netzbetreiber bestrebt, ihre Netze kostenoptimal zu planen und zu betreiben. Der Prozess der Netzplanung wird jedoch durch die Berücksichtigung von Unsicherheiten und die steigende Bedeutung betrieblicher Maßnahmen zunehmend komplexer. Um eine bessere Bewältigung dieser Optimierungsaufgabe zu ermöglichen, wird in diesem Forschungsprojekt ein Bewertungsverfahren für Ausbauprojekte unter Berücksichtigung betrieblicher Maßnahmen und Unsicherheiten entwickelt. Ausgehend von einem bestehenden Netz werden Ausbauprojekte sowie unterschiedliche Ausgestaltungen der betrieblichen Freiheitsgrade untersucht. Ausbauprojekte können dabei unterschiedliche Ausbaumaßnahmen enthalten, die zu verschiedenen Zeitpunkten umgesetzt werden. Unter Berücksichtigung der mit Unsicherheiten behafteten Entwicklung der Versorgungsaufgabe erfolgt eine technische und wirtschaftliche Bewertung der Planungsprojekte. Dafür wird eine detaillierte Abbildung des Netzbetriebs implementiert, um z. B. die im Rahmen eines Einspeisemanagements abzuregelnden Energiemengen zu ermitteln. Der allgemeine Verfahrensablauf ist in Bild 1 dargestellt. der Kapitalwertmethode diskontiert werden. Dieses Vorgehen ermöglicht neben der Berücksichtigung aller Investitionskosten auch eine Quantifizierung der Folgekosten je Planungsprojekt über den gesamten Bewertungszeitraum, wie erhöhte Betriebskosten oder nachfolgende Netzausbaukosten, z. B. bedingt durch eine weitere Zunahme der EE-Einspeisung. In diesem Rahmen ist eine vereinfachte Abbildung weiterer erforderlicher Ausbaumaßnahmen über den Planungshorizont hinaus angedacht. Kostenbewertung Projektbedingter Netzausbau Verluste und Netzbetrieb (inkl. Einspeise-/Lastmanagement) Kostenabschätzung zukünftiger Netzausbau Diskontierung Projekt Planungszeitraum Bewertungszeitraum Szenarien Versorgungsaufgabe Netzausbauprojekte Versorgungsaufgabe je Netzebene Simulation Netzbetrieb in HS-Ebene Umsetzung Ausbaumaßnahmen Einhaltung technischer Randbedingungen Einsatz betrieblicher Maßnahmen Investitions- und Betriebskosten Zeit Bild 2: Exemplarische Kostenbewertung Das Verfahren soll somit insbesondere dazu dienen, robuste und kurzfristig durchzuführende Ausbauprojekte vor dem Kontext unsicherer zukünftiger Entwicklungen der Versorgungsaufgabe zu identifizieren. 4 Literatur Zeit Bild 1: Allgemeiner Verfahrensablauf Neben der Überprüfung der Einhaltung aller in der Analyse aufgezeigten technischen Randbedingungen, soll ein Kostenvergleich unterschiedlicher Projekte ermöglicht werden. Dazu müssen die zusätzlichen Betriebskosten (z. B. für nicht eingespeiste Energie oder veränderte Netzverluste) neben den Investitionskosten des Netzausbaus berücksichtigt werden. Für die Kostenbewertung einzelner Planungsprojekte soll daher die in Bild 2 dargestellte Methodik verwendet werden, in der alle Kosten innerhalb eines Bewertungszeitraumes mit Hilfe [1] Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.v., [Online] energymap.info, 2015 [2] Bundesnetzagentur (BNetzA), Monitoringbericht 2014, Bonn 2014 [3] Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz), 2015 [4] Die aktuelle Situation der Sternpunktbehandlung in Netzen bis 110 kv (D-A-CH), ETG-Fachbericht, Helmut Melzer (Hrsg.), Berlin 2012 IAEW FGE JAHRESBERICHT

88 FORSCHUNGSPROJEKTE Simulation europäischer Strommärkte unter Berücksichtigung der Wärmeversorgung Simulation of European Electricity Markets Considering Heat Utility M.Sc. Mihail Ketov Die Dargebotsabhängigkeit der Einspeisung von Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien steigert die Nachfrage nach flexiblen Stromerzeugern und -verbrauchern. Bestehende Kopplungselemente zur Wärmeversorgung wie Kraft-Wärme- Kopplung oder Power-to-Heat sind in Kombination mit reinen Wärmebereitstellungsanlagen oder Wärmespeichern flexibel einsetzbar. Eine Bewertung dieser Flexibilitätsoption wurde bisher jedoch nicht durchgeführt. Ziel ist somit die Entwicklung eines Verfahrens zur Simulation europäischer Strommärkte unter Berücksichtigung der Wärmeversorgung, um die Interdependenzen zwischen beiden Sektoren zur Integration von erneuerbaren Energien zu bewerten. The intermittent feed-in of the renewable generation increase the demand for flexible electricity generation and consumption. Existing coupling elements to the heat utility like combined heat and power generation or electric heating can be used flexible with heat storages. This flexibility source has not been assessed. Hence, the aim is to develop a method for the simulation of the European electricity markets considering the heat utility, in order to investigate the interdependencies between both sectors for the concerning the integration of renewable energy sources. 1 Einleitung Durch die zunehmende und wetterabhängige Einspeisung von Windenergie- und Photovoltaikanlagen (EE- Anlagen) steigt der Bedarf nach disponiblen und regelbaren Stromerzeugungs- und -verbrauchsanlagen. Als eine mögliche Flexibilitätsoption stehen heute bestehende europäische Wärmeversorgungssysteme zur Verfügung. In diesen stellen Kraft-Wärme-Kopplungs- Anlagen (KWK) eine steuerbare Stromerzeugung, Power-to-Heat-Anlagen (PtH) einen steuerbaren elektrischen Verbrauch und Wärmespeicher eine zeitliche Flexibilität im Einsatz letzterer dar. Diese wetterabhängige und bidirektionale Sektorkopplung wurde bezüglich ihrer Eignung zur EE-Integration bisher nicht bewertet. Der regulatorische Umgang mit der Wärmeversorgung ist in Europa nicht einheitlich und bildet einen Diskussionsschwerpunkt [1]. Unklar sind das Verhältnis zu anderen Flexibilitätsoptionen und die Abhängigkeit der Flexibilität von der Temperatur und der thermischen Vernetzung. Hier bietet eine simulative und fundamentale Abbildung des Zusammenspiels zwischen Wärmeversorgung und EE-Einspeisung einen Mehrwert. Der grenzüberschreitende Handel stellt selbst eine Flexibilitätsquelle dar. Infolge der voranschreitenden europäischen Integration der Spot- und Regelleistungsmärkte gewinnt dieser an Bedeutung. Damit können Flexibilitätsoptionen nur mit einem europäischen Betrachtungsbereich bewertet werden. Ziel ist damit die Entwicklung eines Verfahrens zur fundamentalen Simulation der europäischen Strommärkte unter Berücksichtigung der Wärmeversorgung, um die Interdependenzen zwischen dem Wärme- und Stromsektor zur Integration von EE-Anlagen in das Stromsystem zu bewerten. 2 Analyse und Modellbildung 2.1 Abgrenzung Systembereich Zur Simulation werden sämtliche Strom- und Wärmebereitstellungsanlagen sowie der elektrische und thermische Verbrauch in Europa gemäß Bild 1 betrachtet. Bild 1: Marktgebiet Hydraulisch, Thermisch, Regenerativ Betrachteter Systembereich El. Nachfrage, Regelleistung Elektrische Verbraucher und Erzeuger werden im Einsatz über europäische Strommärkte koordiniert. Verbundene 76 IAEW FGE JAHRESBERICHT Kraft-Wärme-Kopplung, Power-to-Heat Wärmegruppe Heizwerk, Spitzenlastkessel... Wärmespeicher... Thermische Nachfrage Im- und Exporte mit angrenzenden europäischen Marktgebieten

89 Relative Wärmelast Marktgebiete tauschen untereinander elektrische Energie und Regelleistung aus. Netzgebundene und -ungebundene Wärmeversorgungssysteme (Wärmegruppen) sind nicht direkt verbunden, da der Wärmetransport hohe spezifische Verluste verursacht und damit keine thermische Vernetzung vorliegt. Ein Marktgebiet umfasst folglich eine Vielzahl von Wärmegruppen. Die elektrische Nachfrage wird je Marktgebiet durch die enthaltenen thermischen, hydraulischen und regenerativen Erzeugungsanlagen sowie Im- und Exporte gedeckt. In der Wärmeversorgung ergeben sich Anlageneinsätze über die Freiheitsgrade des örtlichen Portfolios und der zu bedienenden örtlichen Wärmenachfrage. Daher kann die thermische Nachfrage verschieden auf die Anlagen verteilt werden, falls mehrere Anlagen zur Verfügung stehen. Einsatzentscheidungen netzungebundener Wärmeversorgungsysteme beeinflussen aufgrund niedriger Nennleistungen nur in geringem Maße das Koordinationsergebnis der Strommärkte. Wärmenetzgebundene Anlagen mit vergleichsweise hohen Nennleistungen sind stärker mit dem Stromsektor gekoppelt, sodass im Folgenden zwischen wärmenetzgebundenen und wärmenetzungebundenen Systemen unterschieden wird. Da Forschungsvorgaben zur Abbildung von hydraulischen, regenerativen und thermischen Stromerzeugern und elektrischen Verbrauchern abgeschlossen sind [2], richtet sich im Folgenden der Fokus auf die wärmenetzungebundenen und wärmenetzgebundenen Anlagen zur Nachfragedeckung in einzelnen Wärmegruppen. 2.2 Wärmenachfrage Von Verbrauchern angeforderte Wärmeleistungen sind nahezu zeitgleich bereitzustellen. Nur Wärmespeicher und die Speicherfähigkeit von Wärmenetzen ermöglichen eine zeitliche Entkopplung von Erzeugung und Last. Da die Summe der Verbraucher je Wärmegruppe den Anlageneinsatz bedingt, wird die Wärmenachfrage über eine aggregierte Last je Wärmegruppe abgebildet. Bild 2 zeigt exemplarisch den gemessenen relativen Wärmelastverlauf des Kopenhagener Wärmenetzes in Der Kurvenverlauf als Badewannenkurve macht die hohe zeitliche Variation der thermischen Last deutlich, welche überwiegend dem Anwendungsbereich Raumwärme zukommt. Die Raumwärmenachfrage ist im Wesentlichen abhängig von der Umgebungstemperatur. Die zeitabhängige Warmwasser- und Prozesswärme fällt gleichmäßiger im Sommer als auch im Winter an. Die gesamte Wärmelast ist damit abhängig vom Wetter, dem Anwendungsfall und dem Verbraucherverhalten. Verbraucher können in Industrie, Haushalte und Gewerbe eingruppiert werden, welche jeweils Raum-, Warmwasser- und Prozesswärme nachfragen. Folglich FORSCHUNGSPROJEKTE muss die Verbraucherstruktur, die Temperaturabhängigkeit und das zeitliche Verbraucherverhalten der Wärmegruppe bei der Lastherleitung berücksichtigt werden. Bild 2: Gemessener relativer Wärmelastverlauf des Kopenhagener Wärmenetzes in 2013 Die Wärmelast korreliert mit der Erdgaslast, da Erdgas fast ausschließlich zu Heizzwecken verwendet wird. Bei Erdgas stehen Standartlastprofilverfahren zur Abbildung der Nachfrage in der Literatur zur Verfügung [3]. Aggregierte Wärmelasten je Wärmegruppe werden deshalb im Zeitverlauf mit recherchierten Nachfragezusammensetzungen und temperaturabhängigen Standardlastprofilverfahren für die Erdgasnachfrage abgeleitet. 2.3 Wärmeangebot Wärmegruppen können dezentrale Wärmeversorgungssysteme, Objektversorgung und Wärmenetze darstellen. Die Objektversorgung beinhaltet Stromerzeuger mit installierten elektrischen Leistungen unter 1 MW, sodass diese mit als dezentrale Systeme abgebildet werden. PtH-Anlagen als elektrische Wärmepumpen oder Heizstäbe wandeln elektrische in thermische Energie um. Daneben existieren reine Wärmebereitstellungsanlagen wie Heizwerke oder Spitzenlastkessel. Diese Anlagen sind mit Freiheitsgraden im Einsatz zu berücksichtigen. Im Vergleich zu Bereitstellungsanlagen von Strom und Wärme auf Basis entkoppelter Prozesse stellen KWK- Anlagen elektrische und thermische Energie mit einem höheren Gesamtwirkungsgrad bereit. Zum Teil können KWK-Anlagen, bspw. durch Entnahmekondensationsturbinen, das Verhältnis zwischen der Strom- und Wärmebereitstellung (Stromkennzahl) variieren, wodurch Freiheitsgrade im Kraftwerkseinsatz gegeben sind. KWK-Anlagen werden blockscharf berücksichtigt. Wärmespeicher oder die Speicherfähigkeit von Wärmenetzen entkoppeln zeitlich Angebot und Nachfrage. Diese werden unter Vernachlässigung von füllstandsabhängigen Lade- und Entladeleistungen abgebildet. 2.4 Netzungebundene Wärmeversorgung Netzungebundene KWK-Anlagen sind häufig mit einer fixen Stromkennzahl ausgeführt. Zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit und Versorgungszuverlässigkeit einer IAEW FGE JAHRESBERICHT % h/a 8760 Stunde

90 FORSCHUNGSPROJEKTE KWK-Anlage ist in der Regel ein zusätzlicher Spitzenlastkessel installiert, welcher zum Großteil alleine die Wärmelast decken kann. Dieses Anlagenduo wird zumeist wärmegeführt betrieben, sodass der Einsatz durch die Wärmelast determiniert ist. Deshalb werden Wärmegeführte Systeme mit KWK- oder PtH-Anlagen als exogene elektrische Einspeise- und Lastzeitreihen je Marktgebiet abgebildet. Stromgeführte Anlagen mit Wärmespeichern können im Verbund Flexibilität bereitstellen. Dabei weichen sie von der wärmegeführten Einspeise- und Lastzeitreihe ab. Daher werden sie über kostenbelegte Verschiebepotenziale in der Erzeugung bzw. im Verbrauch abgebildet. Dieser Modellansatz kann linear formuliert werden. Er abstrahiert von einzelnen Anlagen und bildet lediglich die Wechselwirkung zu den Strommärkten ab. 2.5 Netzgebundene Wärmeversorgung Netzgebundene Wärmeversorgungssysteme weisen mehr technische Freiheitsgrade im Einsatz auf. Es wird zwischen Industrienetzen und Fernwärmenetzen unterschieden. Häufig sind zur Vermeidung von wärmelastgetriebenen An- und Abfahrvorgängen von KWK-Anlagen Wärmespeicher installiert. Auch die Speicherkapazität des Wärmenetzes selbst steht im Einsatz zur Verfügung. Zur Abbildung wurden Fernwärme- und Industrienetze und die thermische Vernetzung recherchiert. In Bild 3 sind die Netze als einzelne Punkte dargestellt. Bild 3: Fernwärme- und Industrienetze in Europa Jedem Wärmenetz sind gemäß Bild 1 unterschiedliche Anlagen zugeordnet. Anlagenbetreiber streben in der Kraftwerkseinsatzplanung das Deckungsbeitragsmaximum an, sodass sich der Einsatz anhand der einsatzabhängigen Kosten und stromseitigen Erlöse unter Deckung der Last im jeweiligen Wärmenetz ergibt. Zur Komplexitätsreduktion kann die Aggregation einzelner Wärmenetze zu einer Wärmesenke mit je einem Wärmespeicher, einem Heizwerk, einem PtH- und mehreren KWK-Anlagen zielführend sein. 3 Verfahrensansatz Durch die zunehmende Harmonisierung und Integration der europäischen Strommärkte, wie bspw. das Price Coupling of Regions bem Day-Ahead-Markt, gewinnt der grenzüberschreitende Handel zunehmend an Bedeutung. Da dies im Fokus abgeschlossener Forschungsvorhaben stand, wird auf einen bestehenden mehrstufigen Strommarktsimulationsansatz aufgebaut [2]. Ziel der Marktsimulation ist die Bestimmung der gesamtkostenminimalen europäischen Kraftwerkseinsätze unter Einhaltung aller technischen und wirtschaftlichen Restriktionen. Dazu gehören u. a. die Deckung der Last und die Vorhaltung aller Regelleistungsqualitäten. Als Ergebnis der Simulation ergibt sich der europäische Kraftwerkseinsatz sowie Im- und Exporte. Das Verfahren ist um die gewählten Modellierungsansätze zu erweitern, sodass wärmenetzgebundene und wärmenetzungebundene Wärmeversorgungssysteme berücksichtigt werden können. 4 Zusammenfassung und Ausblick Ziel des Forschungsvorhabens ist die Entwicklung eines Verfahrens zur Simulation der europäischen Strommärkte unter Berücksichtigung der Wärmeversorgung, um den Wärmesektor bezüglich der Integration von EE- Anlagen in das Stromsystem zu bewerten. Dazu wird auf ein bestehendes Verfahren zur Simulation der europäischen Strommärkte aufgebaut. Der nächste Schritt liegt in der Implementierung der entwickelten Modelle, sodass anschließend erste Untersuchungen durchgeführt werden können. 5 Literatur [1] Beerepoot, M.; Marmion A. Policies for renewable heat - An integrated approach International Energy Agency, 2012 [2] Drees, T. Simulation des europäischen Binnenmarktes für Strom und Regelleistung bei hohem Anteil erneuerbarer Energien Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 168, 2016 [3] Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) Anwendung von Standardlastprofilen zur Belieferung nicht-leistungsgemessener Kunden, IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

91 Häufigkeit Störungen FORSCHUNGSPROJEKTE Netzsicherheitsbewertung von Übertragungsnetzen System Reliability Assessment of Transmission Grids M.Sc. Annika Klettke Der sichere Betrieb des Übertragungsnetzes ist von großer Bedeutung für ein funktionierendes Elektrizitätsversorgungssystem. Durch zukünftige Änderungen der Einflussfaktoren auf die Netzsicherheit, wie die zunehmende Auslastung sowie des geplanten Einsatzes von Hochspannungsgleichstromübertragungs- und Kabelsystemen, ergeben sich veränderte Anforderungen an ein Bewertungsverfahren. Aufgrund dessen ist ein Verfahren zu entwickeln, in dem diese Anforderungen berücksichtigt werden und eine probabilistische Bewertung der Netzsicherheit im Übertragungsnetz möglich ist. The secure operation of transmission grids is necessary for the electricity supply system. Future changes of impacts on system reliability of the transmission grids result in requirements regarding system reliability assessment. These changes for example contain higher grid utilization or new electrical equipment like high voltage direct current and cable systems. The objective is therefore the development of a method for system reliability assessment considering future changes of transmission grids and the resulting requirements for this method. 1 Hintergrund und Fragestellung Die Netzsicherheit ist ein wesentlicher Bestandteil für die Gewährleistung eines funktionierenden Elektrizitätsversorgungssystems. Durch eine höhere Auslastung des Übertragungsnetzes aufgrund des steigenden Anteils an dezentraler Erzeugung sowie des Einsatzes neuer Betriebsmittel ergeben sich jedoch neue Anforderungen an die Bewertung der Netzsicherheit. Bild 1: 100 % Mittelwert Quantil Kabel Freileitung h 300 Ausfalldauer im Störungsfall Häufigkeiten von Ausfalldauern im Störungsfall für Freileitungen und Kabel im Übertragungsnetz Dabei handelt es sich beispielsweise um geplante Hochspannungsgleichstromübertragungen (HGÜ), die verkabelt ausgeführt werden sollen. Aus Abbildung 1 wird ersichtlich, dass die Ausfalldauer im Störungsfall bei einem Kabel deutlich höher ist als die einer Freileitung. Aus diesem Grund ist für eine realitätsnahe Abbildung der Ausfallsituationen die Bewertung der Netzsicherheit in Abhängigkeit des zuvor eingetretenen Netznutzungsfalls notwendig. Darüber hinaus ergibt sich durch die eingangs beschriebenen Entwicklungen des Übertragungsnetzes, wie bereits in [1] motiviert, die Notwendigkeit einer probabilistischen Bewertung der Netzsicherheit. In bestehenden Verfahren zur probabilistischen Netzsicherheitsbewertung werden Kenngrößen wie beispielsweise die erwartete nicht gelieferte Energiemenge (Expected Energy not Supplied - EENS) verwendet [2]. Der Nachteil einer solchen Kenngröße besteht darin, dass es sich um einen einzelnen Zahlenwert handelt, der die Probabilistik des komplexer werdenden Elektrizitätsversorgungssystems nicht ausreichend darstellen kann. Das Ziel des Forschungsvorhabens ist somit die Entwicklung eines Verfahrens zur probabilistischen Netzsicherheitsbewertung unter Berücksichtigung von konsekutiven Netznutzungsfällen. 2 Geplantes Vorgehen Zur Entwicklung dieses Verfahrens sind zunächst die Einflussfaktoren wie beispielsweise eine längere Ausfalldauer durch den Einsatz neuer Betriebsmittel zu analysieren. Für die Bewertung der Netzsicherheit ist darüber hinaus ein Risikomaß zu identifizieren, welches entgegen dem aktuellen Stand der Forschung eine Aussage darüber zulässt, mit welcher Wahrscheinlichkeit und somit auch für welchen Zeitraum eines Jahres sich das System in einem sicheren Betrieb befindet. 3 Literatur [1] Awater, P.: Quantitative Bewertung der Netzsicherheit in der Planung elektrischer Übertragungsnetze, Aachen [2] Kirschen, D. S. et al: A Probabilistic Indicator of System Stress, IEEE Transactions on Power Systems, Vol. 19, No. 3, IAEW FGE JAHRESBERICHT

92 FORSCHUNGSPROJEKTE Bewertung der quasistationären Spannungshaltung im Übertragungsnetz Assessment of Quasi-Stationary Voltage Control within the Transmission System M.Sc. Patrick Larscheid Durch den Ausbau von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien wird die Sicherstellung zulässiger Spannungsgrenzen im Übertragungsnetz zukünftig erschwert. Wesentliche Gründe dafür sind der zu erwartende ansteigende Blindleistungsbedarf des Übertragungsnetzes durch zunehmende Leistungstransporte und das durch die steigende fluktuierende Einspeisung bedingte veränderte Blindleistungsverhalten unterlagerter Verteilnetze. Hinzu kommt, dass die Anzahl angeschlossener Blindleistung bereitstellender Synchrongeneratoren als Folge der Verdrängung konventioneller Kraftwerke zukünftig reduziert ist. Ziel des Forschungsvorhabens ist daher die Untersuchung, inwieweit durch einen geeigneten Einsatz zukünftig zur Verfügung stehender Maßnahmen der Blindleistungsbereitstellung quasistationäre Spannungshaltung sichergestellt werden kann. Es wird daher eine Methodik zur Bewertung der quasistationären Spannungshaltung unter Berücksichtigung des Einflusses unterlagerter Verteilnetze entwickelt. Due to the increasing share of power generation units based on renewable energies, the securing of permissible voltage limits within the transmission system becomes more and more challenging. Essential reasons for this are the expected increase in reactive power demand of the transmission system as a result of rising power transfers and the modified reactive power demand of distribution grids due to the increasing volatile power feed-in of distributed generation units. Additionally, the number of synchronous generators providing reactive power that are connected to the power system is reduced due to replacement of conventional power plants by renewable power plants. The scope of this research project is an evaluation to what extent quasi-stationary voltage control can be secured with a suitable operation of future devices for reactive power supply. Hence, a method for the assessment of quasi-stationary voltage control is developed that considers the impact of distribution grids. 1 Hintergrund und Motivation Die Herausforderungen der Übertragungsnetzbetreiber in Bezug auf die betriebliche Einhaltung zulässiger Spannungsgrenzen werden zukünftig deutlich zunehmen. Maßgeblich hierfür ist der im Rahmen der Energiewende zu erwartende weitere Ausbau von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien (EE-Anlagen). Einerseits führt dieser Ausbau zu einem Anstieg der Transportleistungen im Übertragungsnetz und bedingt somit einen ansteigenden Blindleistungsbedarf der Übertragungsnetzleitungen. Als Folge der fluktuierenden Einspeisung aus EE-Anlagen nehmen die kurzfristigen Schwankungen der Leitungsauslastungen und des resultierenden Blindleistungsbedarfs des Übertragungsnetzes zu. Da EE-Anlagen hauptsächlich in der Verteilnetzebene angeschlossen werden, wirkt sich die volatile Einspeisung dieser Anlagen insbesondere auch auf die Blindleistungsbezüge des Verteilnetzes aus dem Übertragungsnetz aus. Um die Einhaltung des zulässigen Spannungsbandes zu gewährleisten, ist eine entsprechende Deckung des Blindleistungsbedarfs im Übertragungsnetz notwendig. Durch die Zunahme der Höhe sowie der kurzfristigen Schwankungen des Blindleistungsbedarfs ergeben sich gestiegene Anforderungen an Koordination und Reaktionsvermögen von Maßnahmen zur Blindleistungsbereitstellung. Herkömmliche Maßnahmen im Übertragungsnetz umfassen im Wesentlichen Synchrongeneratoren konventioneller Kraftwerke. Diese werden jedoch zunehmend durch die Installation von EE-Anlagen verdrängt und stehen dem Übertragungsnetzbetreiber in wesentlich verringertem Umfang zur Verfügung. Aktuelle Studien identifizieren im Rahmen netzplanerischer Untersuchungen den zukünftigen Bedarf alternativer Maßnahmen zur Blindleistungsbereitstellung [1], [2]. Die neuen Anforderungen an die Spannungshaltung im Übertragungsnetz erfordern insbesondere auch eine Überprüfung der Wirksamkeit ihres betrieblichen Einsatzes. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung einer Methodik zur Bewertung der quasistationären Spannungshaltung im Übertragungsnetz unter Berücksichtigung des Einflusses unterlagerter Spannungsebenen. 2 Analyse 2.1 Spannungshaltung Spannungshaltung bezeichnet die Aufgabe des Netzbetreibers innerhalb seines Netzgebiets ein bedarfsgerechtes Spannungsprofil aufrechtzuerhalten [3]. Das bedarfsgerechte Spannungsprofil kann definiert werden durch die Vorgabe maximal und minimal zulässiger Betriebsspannungen im Normalbetrieb und bei störungsbedingten Betriebsmittelausfällen. 80 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

93 FORSCHUNGSPROJEKTE Die Obergrenze des zulässigen Spannungsbandes ergibt sich durch die Bemessung der Isolation der Betriebsmittel. Während des Netzbetriebs ist sicherzustellen, dass durch hinreichend niedrige Spannungen einerseits eine zu schnelle Alterung der Isolationsmaterialien, andererseits zu hohe Fehlerraten vermieden werden. Bei niedrigen Betriebsspannungen besteht die Gefahr eines Spannungskollapses. Dieser tritt bei Unterschreitung der Spannungsstabilitätsgrenze auf. Da diese Grenze jedoch von der Netzsituation abhängig ist, ist durch die Wahl einer minimal zulässigen Betriebsspannung sicherzustellen, dass in allen Netzsituationen die Spannungsstabilitätsgrenze nicht erreicht wird. Zudem muss durch ausreichend hohe Betriebsspannungen gewährleistet werden, dass sich Erzeugungsanlagen durch Schutzauslösung nicht vom Netz trennen. Über eine geeignete Wahl der Spannungsober- und Spannungsuntergrenze ist zudem sicherzustellen, dass in Abhängigkeit der Transformatorregelgrenzen der Netzkuppeltransformatoren aus Gründen der Spannungshaltung unterlagerter Spannungsebenen vertraglich vereinbarte Spannungsgrenzen eingehalten werden können. Zur Wahrung eines (n-1)-sicheren Netzbetriebs ist zudem zu gewährleisten, dass das vorgegebene Spannungsband auch bei störungsbedingten Betriebsmittelausfällen eingehalten wird [4]. 2.2 Einfluss von Leistungstransporten im Übertragungsnetz Das Spannungsprofil im Übertragungsnetz wird im Wesentlichen durch den Blindleistungsbedarf seiner Betriebsmittel beeinflusst. Einen maßgeblichen Beitrag hierzu liefert der Blindleistungsbedarf der elektrischen Leitungen. Dieser steigt mit zunehmender Leitungsauslastung überproportional an. Zukünftig ist aufgrund des Ausbaus von EE-Anlagen eine Zunahme der Leitungsauslastungen und somit des Blindleistungsbedarfs zu erwarten. Kurzfristige Schwankungen der Leistungstransporte als Folge fluktuierender Einspeisung aus EE- Anlagen resultiert somit in steigenden kurzfristigen quasistationären Änderungen des Blindleistungsbedarfs und somit der Netzspannungen. Ein geeignetes Verfahren zur Bewertung der quasistationären Spannungshaltung erfordert daher die Berücksichtigung dieser Entwicklungen. 2.3 Einfluss unterlagerter Spannungsebenen Neben dem Blindleistungsbedarf der Übertragungsnetzleitungen haben die Blindleistungsflüsse vom Übertragungsnetz in die über Netzkuppeltransformatoren angebundenen Verteilnetze einen entscheidenden Einfluss auf die Spannungen im Übertragungsnetz. Diese Blindleistungsflüsse sind von der Topologie, den Leitungsreaktanzen, der situationsabhängigen Verteilnetzauslastung und somit ebenfalls dem Spannungsniveau im Verteilnetz sowie dem Blindleistungsbezug der im Verteilnetz angeschlossenen Verbraucher und dezentralen Stromerzeugungsanlagen abhängig. Wesentlichen Einfluss auf die Blindleistungsflüsse haben zudem Regelund Steuerungskonzepte zur Spannungshaltung im Verteilnetz wie die Regelung von Transformatorstufenstellern. Die zunehmende fluktuierende Einspeisung aufgrund der steigenden Durchdringung der Verteilnetze mit EE- Anlagen führt zu einer Zunahme der kurzfristigen Änderungen der Verteilnetzauslastungen, des Spannungsniveaus im Verteilnetz sowie der Blindleistungsbereitstellung durch EE-Anlagen. Als Folge steigen die zeitlichen Gradienten der quasistationären Blindleistungsflüsse aus dem Übertragungsnetz in die Verteilnetze. Totbänder und Totzeiten dezentraler Regelungen diskret einstellbarer Betriebsmittel wie Transformatorstufenstellern beeinflussen diese kurzfristigen Änderungen des quasistationären Blindleistungsbezugs der Verteilnetze zusätzlich. Die Bewertung der Spannungshaltung im Übertragungsnetz erfordert daher eine möglichst genaue Abbildung dieser Blindleistungsflüsse. 2.4 Anforderungen an Maßnahmen zur Spannungshaltung Um seiner Aufgabe der Spannungshaltung gerecht zu werden, ergreift der Netzbetreiber in Abhängigkeit der jeweiligen Netzsituation Maßnahmen zur Beeinflussung des Spannungsprofils. Je nach Netzsituation ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die Maßnahmen zur Spannungshaltung. Eine Einteilung dieser Anforderungen erlaubt die Unterscheidung zwischen dynamischer und quasistationärer Spannungshaltung [1]. Die dynamische Spannungshaltung dient dem Ausgleich transienter Spannungsschwankungen im Sekundenbereich z. B. in Folge von Schalthandlungen und Kraftwerksausfällen. Maßnahmen der dynamischen Spannungshaltung erfordern somit eine möglichst schnelle und flexible Reaktion auf den aktuellen Betriebszustand. Ihre Umsetzung erfolgt dezentral über die automatische Spannungsregelung kontinuierlich einstellbarer Blindleistungsquellen. Im Rahmen der Netzplanung muss daher sichergestellt werden, dass flexibel einsetzbare Blindleistungsquellen in ausreichendem Umfang im Übertragungsnetz installiert werden. Die quasistationäre Spannungshaltung dient dem Ausgleich von Spannungsänderungen im Minuten- und Stundenbereich in Folge von Last- und Einspeiseänderungen. Die Anforderungen hinsichtlich schneller Reaktionszeiten an Gegenmaßnahmen sind daher weniger hoch als bei Maßnahmen der dynamischen Spannungshaltung. Neben der Anpassung von Sollwertvorgaben kontinuierlich einstellbarer Blindleistungsquellen können daher auch diskret stellbare Betriebsmittel eingesetzt werden. Die Bestimmung des Einsatzes dieser IAEW FGE JAHRESBERICHT

94 FORSCHUNGSPROJEKTE Maßnahmen kann im Rahmen von Verfahren der Spannungsblindleistungs-Optimierung erfolgen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ausreichende Reserven flexibel einsetzbarer Blindleistungsquellen zur dynamischen Spannungshaltung gewährleistet sind. Die Umsetzung der Maßnahmen zur quasistationären Spannungshaltung erfolgt in der Regel manuell durch den Schaltingenieur der Netzleitstelle in Form entsprechender Stellfolgen. Aufgrund des zu erwartenden Anstiegs kurzfristiger Änderungen des quasistationären Blindleistungsbedarfs ist zu erwarten, dass die Anforderungen an das Reaktionsvermögen sowie die Koordination der Maßnahmen der quasistationären Spannungshaltung im Rahmen der Stellfolgen steigen werden. 2.5 Maßnahmen zur Spannungshaltung Wesentlich für die Beeinflussung des Spannungsprofils im Übertragungsnetz ist die lokale Bereitstellung von Blindleistung. Betriebliche Maßnahmen des Netzbetreibers umfassen daher hauptsächlich solche Betriebsmittel, deren Blindleistungsbereitstellung geregelt bzw. gesteuert werden kann. In zentralen Stromerzeugungsanlagen wie thermischen Kraftwerken erfolgt die Stromerzeugung über Synchrongeneratoren. Die Blindleistungsbereitstellung kann hierbei über ein Erregersystem innerhalb technischer Grenzen flexibel eingestellt werden. Diese Grenzen sind durch die thermischen Stator- und Rotorgrenzströme gegeben und abhängig von der Netzspannung. Der Anschluss der Generatoren erfolgt in der Regel über stufbare Blocktransformatoren. Aufgrund der automatischen Spannungsregelung des Generators eignen sich zentrale Stromerzeugungsanlagen sowohl zur dynamischen als auch zur quasistationären Spannungshaltung. Zur Spannungshaltung werden zudem Blindleistungskompensationsanlagen eingesetzt. Konventionelle Kompensationsanlagen umfassen Kondensatorbänke zur Bereitstellung induktiver und Ladestromspulen zur Bereitstellung kapazitiver Blindleistung. Eine Anpassung der Blindleistungsbereitstellung erfolgt über mechanisches Zu- bzw. Abschalten einzelner Kondensatoren bzw. Ladestromspulen. Schaltentscheidungen werden manuell durch den Schaltingenieur der Netzleitstelle oder automatisiert auf Basis von Zu- und Abschaltschwellenwerten der Betriebsspannung durchgeführt. Ein Einsatz konventioneller Kompensationselemente ist daher ausschließlich zur quasistationären Spannungshaltung geeignet. Leistungselektronisch geregelte Betriebsmittel zur Blindleistungskompensation sowie rotierende Phasenschieber können im Gegensatz zu konventionellen Kompensationselementen ihre Blindleistungsbereitstellung innerhalb ihrer Betriebsgrenzen kontinuierlich und unverzüglich anpassen. Mit Hilfe einer automatischen Spannungsregelung können diese Elemente sowohl zur dynamischen als auch zur quasistationären Spannungshaltung eingesetzt werden. Zur Spannungshaltung können ebenfalls moderne Hochspannungsgleichstromübertragungen auf Basis selbstgeführter Umrichter zur Kopplung der Dreh- und Gleichstromseite eingesetzt werden. Diese Konverter erlauben in weiten Grenzen eine kontinuierliche und unverzügliche, vom Wirkleistungsfluss unabhängige Anpassung der drehstromseitigen Blindleistungsbereitstellung und können somit zur dynamischen und quasistationären Spannungshaltung eingesetzt werden. Topologiemaßnahmen stellen eine weitere Möglichkeit zur Sicherstellung der quasistationären Spannungshaltung dar. Ein Freischalten schwach belasteter Leitungen mit hohem kapazitiven Blindleistungsbedarf kann beispielsweise die Überschreitung der Obergrenze des vorgegebenen Spannungsbands verhindern. 3 Geplantes Vorgehen Für eine Bewertung der quasistationären Spannungshaltung unter Berücksichtigung des sich zukünftig verändernden Blindleistungsbedarfs im Übertragungsnetz ist es erforderlich, den Einfluss unterlagerter Spannungsebenen abzubilden. Es wird daher ein Modell entwickelt, welches eine detaillierte Abbildung der Blindleistungsbezüge der unterlagerten Verteilnetze unter Berücksichtigung der hierin angeschlossenen Stromerzeugungsanlagen und Verbraucher erlaubt. Dies erfordert insbesondere eine Abbildung der Steuerungs- und Regelungskonzepte zur Spannungshaltung in den Verteilnetzen. Aufbauend wird ein Verfahren entwickelt, welches die quasistationäre Spannungshaltung durch eine betriebsnahe Umsetzung geeigneter Maßnahmen in Form von Stellfolgen hinsichtlich der Einhaltung vorgegebener Spannungsbänder bewertet. 4 Literatur [1] Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) dena-studie Systemdienstleistungen 2030 Berlin 2014 [2] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber (Hrsg.) Netzentwicklungsplan Strom 2014 Berlin 2014 [3] Verband der Netzbetreiber VDN e.v. TransmissionCode 2007 Berlin 2007 [4] European Network of Transmission System Operators for Electricity Network Code on Operational Security Brüssel IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

95 FORSCHUNGSPROJEKTE Bewertung der elektromagnetischen Beeinflussung in ausgedehnten Hochspannungsnetzen Evaluation of the Electromagnetic Interference in Extensive High-Voltage Grids M.Sc. Julian Lichtinghagen Der Ausbau von Übertragungs- und Verteilungsnetzen wird zunehmend durch eine eingeschränkte Trassenwahl sowie Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung erschwert. Zur Verringerung der Anzahl an Genehmigungsverfahren sowie zur Beschleunigung dieser werden daher, soweit möglich, Freileitungen verschiedener Netze auf Gemeinschaftsgestängen geführt. Durch die räumliche Nähe der Stromkreise ergibt sich eine starke elektromagnetische Kopplung, deren Beeinflussungswirkung den sicheren und zuverlässigen Betrieb der betroffenen Netze gefährden kann. Aus diesem Grund werden innerhalb des Planungsprozesses Gemeinschaftsgestänge auf ihre Zulässigkeit hinsichtlich der Beeinflussungswirkung geprüft. In der Praxis erfolgt dabei in der Regel eine isolierte Betrachtung einzelner Beeinflussungsstrecken unter Vernachlässigung der Wechselwirkung mit bereits vorhandenen Beeinflussungstrecken. Aufgrund der stark wachsenden Anzahl an Gemeinschaftsgestängen stellt sich die Frage, inwieweit Wechselwirkungen zwischen Beeinflussungsstrecken innerhalb eines Netzes berücksichtigt werden müssen, um die sich ergebende Gesamtbeeinflussung abschätzen zu können. Im Fokus der Arbeit steht daher die Bewertung der elektromagnetischen Beeinflussung in ausgedehnten, mehrfach beeinflussten Hochspannungsnetzen. The expansion of transmission and distribution networks is complicated by restricted routings for new overhead lines and acceptance problems among the public. To reduce the number of approval procedures and expedite them new overhead lines are added to existing suitable line corridors if possible. This often leads to overhead lines of different voltage levels and different networks on the same tower. Due to the close proximity of the circuits a strong electromagnetic coupling arises. The resulting interference may compromise the secure and reliable operation of the affected networks. On this account, a verification during the planning process is needed to prove that no unacceptable interference between different overhead lines on the same tower occurs. In practice, an isolated consideration of individual interference routes is conducted. Thus, the interdependencies between different interference routes in the same network are neglected. Due to the rising number of interference routes it is questionable to what extent interdependencies between interference routes need to be considered to estimate the resulting electromagnetic interference. Thus, the focus of this thesis is to evaluate the electromagnetic interference in widespread high-voltage grids with multiple interference routes. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit Die gegenseitige Beeinflussung von Stromkreisen auf Gemeinschaftsgestängen kann den sicheren und zuverlässigen Betrieb der betroffenen Netze gefährden. Werden Systeme unterschiedlicher Betriebsspannung und Frequenz auf einem Gemeinschaftsgestänge geführt, so ergeben sich durch die räumliche Nähe enge induktive, kapazitive und, bei Auftreten von Nullströmen, konduktive Kopplungen. Zur Wahrung eines sicheren und zuverlässigen Systembetriebs muss die resultierende Beeinflussungswirkung unter Berücksichtigung des Mastbildes inklusive Verdrillungen, der Sternpunktbehandlung und möglicher Betriebszustände (Normalbetrieb, Fehlerfall, Kurzunterbrechung) der beteiligten Netze untersucht werden. Bei einer unzulässig hohen Beeinflussungswirkung sind Maßnahmen zur Reduktion der gegenseitigen Beeinflussung zu treffen, welche unter Umständen wiederum Rückwirkungen auf den Genehmigungsprozess haben können. Bisherige Untersuchungen zur wechselseitigen Beeinflussung von Stromkreisen auf Gemeinschaftsgestängen beschäftigen sich hauptsächlich mit der Beeinflussung von gelöscht betriebenen 110 kv-systemen durch Leitungen höherer Spannungsebenen. Im Hinblick auf die einzuhaltenden Grenzwerte für Verlagerungsspannung sowie den Erdschlussreststrom wurden bisher lediglich Einzelfalluntersuchungen für einzelne Gemeinschaftsgestänge durchgeführt. Durch die wachsende Anzahl an Beeinflussungsstrecken in Hochspannungsnetzen stellt sich die Frage, ob diese vereinfachte Betrachtungsweise weiterhin zulässig ist. Die Vernachlässigung der Wechselwirkungen zwischen Beeinflussungsstrecken innerhalb eines mehrfach beeinflussten Netzes kann sowohl zu einer Über- als auch zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Beeinflussungswirkung und somit auch zu einer Gefährdung des zuverlässigen Systembetriebs führen. Ziel des Forschungsvorhabens ist daher die Untersuchung der Wechselwirkung unterschiedlicher Beeinflussungsstrecken in ausgedehnten Hochspannungsnetzen. Hierbei sollen sowohl realitätsnahe Leistungsflusssituationen auf den beeinflussenden Stromkreisen abgebildet als auch die in ausgedehnten Netzen vorhandene Dämpfungswirkung berücksichtigt werden. Aus den Untersu- IAEW FGE JAHRESBERICHT

96 FORSCHUNGSPROJEKTE chungen sollen anschließend Auslegungsfälle für mehrfach beeinflusste Netze abgeleitet werden, um so die Gesamtbeeinflussungswirkung abschätzen zu können. 2 Analyse 2.1 Beeinflussungsmechanismen Die gegenseitige Wechselwirkung von Leitungen auf Gemeinschaftsgestängen entsteht im Wesentlichen durch drei Beeinflussungsmechanismen: Kapazitive Beeinflussung Induktive Beeinflussung Beeinflussung durch Strömungsfelder Die kapazitive Beeinflussung entsteht durch das elektrische Feld zwischen zwei Leitern. Sie ist stark abhängig vom Abstand sowie der Spannung zwischen den Leitern. Da sich die Spannungen üblicherweise in engen betrieblichen Grenzen bewegen, weist die kapazitive Beeinflussung nur eine geringe Netznutzungsfallabhängigkeit auf. Die induktive Beeinflussung entsteht durch die zeitliche Veränderung des magnetischen Flusses. Sie ist ebenfalls stark abhängig vom Abstand zwischen den Leitern sowie vom Stromfluss in den Leitern, welche das magnetische Feld hervorrufen. Da die Leitungsauslastung im Netzbetrieb deutlich stärker schwankt als die Betriebsspannung, zeigt die induktive Beeinflussung eine deutlich stärkere Netznutzungsfallabhängigkeit. Um die induktive Beeinflussung durch mehrere Beeinflussungsstrecken abschätzen zu können, ist demnach eine Berücksichtigung realitätsnaher Leistungsflusssituationen notwendig. heute eine Vielzahl an Stromkreisen gemeinsam mit 380 kv- sowie 110 kv-drehstromkreisen der öffentlichen Stromversorgung auf Gemeinschaftsgestängen geführt. Im Gegensatz zum Bahnstromnetz ist die Hochspannungsebene der öffentlichen Stromversorgung in mehr als 100 galvanisch getrennte Hochspannungsnetze unterteilt. Hieraus resultieren eine vergleichsweise geringe räumliche Ausdehnung und somit auch eine deutlich geringere Wahrscheinlichkeit einer Mehrfachbeeinflussung der einzelnen Hochspannungsnetze. Des Weiteren ist die Dämpfungswirkung in diesen Hochspannungsnetzen aufgrund der geringeren räumlichen Ausdehnung nicht so stark ausgeprägt wie im Bahnstromnetz. Aus diesen Gründen liegt der Fokus der Arbeit auf der Bewertung der Beeinflussung im Bahnstromnetz. 2.3 Das 110 kv-bahnstromnetz Das deutsche Bahnstromnetz mit einer Trassenlänge von ca km ist mit einem Kabelanteil von unter 1 nahezu ein reines Freileitungsnetz. Es ist zusammen mit dem galvanisch gekoppelten Netz in Österreich das weltweit größte kompensiert betriebene Hochspannungsnetz. Die zwischen Mittelpunktsbildner eines Transformators und der Erde angeschlossenen Erdschlusslöschspulen bewirken, dass im einpoligen Fehlerfall der durch die Leiter-Erde-Kapazität fließende Strom I CE durch einen entgegengerichteten Spulenstrom I L annähernd kompensiert wird. Dabei sind für das Bahnstromnetz folgende Grenzen für Erdschlussreststrom und Verlagerungsspannung einzuhalten [1,2]: Der Erdschlussreststrom darf nach DIN VDE 0845 für gelöscht betriebene 110 kv-netze den Wert von 132 A nicht überschreiten. Die Beeinflussung durch Strömungsfelder als Folge von Betriebs- oder Fehlerströmen über Erde wirkt sich hauptsächlich auf erdverlegte metallische Leitungen aus. Prinzipiell entsteht eine Beeinflussung durch Strömungsfelder, wenn Stromflüsse verschiedener Stromkreise eine gemeinsame Masche durchlaufen. Dies ist für Stromkreise auf einem Gemeinschaftsgestänge nur bei Spannungsübertritt, d. h. einem Kurzschluss zwischen verschiedenen Stromkreisen oder gleichzeitigem Erdfehler von Leitern verschiedener Stromkreise der Fall. Aufgrund der vergleichsweise geringen Auftrittswahrscheinlichkeit dieser Fälle soll die Beeinflussung durch Strömungsfelder im Rahmen dieser Arbeit außer Betracht gelassen werden. 2.2 Beeinflussung in Hochspannungsnetzen In Deutschland lassen sich grundsätzlich zwei Arten von Hochspannungsnetzen unterscheiden. Zum einen das 110 kv-netz der DB Energie (im Folgenden vereinfacht Bahnstromnetz genannt). Zum anderen die 110 kv-netze der öffentlichen Stromversorgung. Im nahezu bundesweit ausgedehnten Bahnstromnetz werden bereits Die Verlagerungsspannung bei betrieblicher Verstimmung soll zum Schutz der Erdschlusslöschspulen und Spannungswandler einen bestimmten Grenzwert nicht überschreiten. Dieser Grenzwert wird in verschiedenen Veröffentlichungen mit Werten zwischen 5 bis 16 % der Leiter-Erde-Spannung für 50 Hz-Netze angegeben. Entsprechend ergibt sich eine maximale Verlagerungsspannung im Bahnstromnetz von 2,8 bis 9 kv. Im Resonanzpunkt sollte die Spannungsbeanspruchung der Spulen und Leitungen diejenige des Erdschlussfalles nicht überschreiten. Durch die Beeinflussung auf Gemeinschaftsgestängen ergibt sich ein zusätzlicher eingekoppelter netzfremder Beitrag zum Erdschlussreststrom sowie zur Verlagerungsspannung mit einer Frequenz von 50 Hz. Bei der Überprüfung der einzuhaltenden Grenzwerte für den Erdschlussreststrom sowie für die Verlagerungsspannung müssen die eingekoppelten 50 Hz-Anteile ebenfalls berücksichtigt werden, um die Löschfähigkeit des Netzes nicht zu gefährden. Insbesondere der Erhalt der Löschfähigkeit hat eine hohe Bedeutung für den zuverlässigen 84 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

97 FORSCHUNGSPROJEKTE Betrieb des Bahnstromnetzes. So blieben im Jahr % der aufgetretenen Erdschlussfehler durch selbsttätiges Erlöschen ohne Einfluss auf den Netzbetrieb [3]. 2.4 Abhilfemaßnahmen Im Falle unzulässiger Beeinflussungsströme oder -spannungen sind Maßnahmen zur Reduktion der Beeinflussungswirkung notwendig [2]: Verdrillung der Leiter, insbesondere der verursachenden Systeme Änderung der Phasenanordnungen beziehungsweise des Mastbildes inklusive der Erdseile Anpassung des Schutzkonzeptes Einbau zusätzlicher Überspannungsableiter Die ersten beiden aufwendigen Maßnahmen werden besonders zur Einhaltung der Grenzbedingungen des gelöscht betriebenen Netzes hinsichtlich Verlagerungsspannung und Erdschlussreststrom eingesetzt. Eine Verdrillung der verursachenden Systeme verhindert zudem eine Beeinflussung bei Fehlern ohne Nullkomponente (dreipoliger Fehler, zweipoliger Fehler ohne Erdberührung), ist aber bei anderen Fehlern unwirksam. Falls eine unzulässige Beeinflussung nicht zu vermeiden ist, sind die letzten beiden Maßnahmen zur Reduzierung der Folgen der Beeinflussung denkbar. 3 Modellierung 3.1 Gekoppeltes Mehrleitersystem Die induktive Kopplung und die kapazitive Kopplungen können durch Koppelinduktivitäten und -kapazitäten modelliert werden. Dabei wird eine Entkopplung von elektrischem und magnetischem Feld vorausgesetzt, wie sie für die in der Energietechnik üblichen Betriebsfrequenzen bis zu 60 Hz außerhalb leitfähiger Stoffe hinreichend genau gegeben ist. Für einen betrachteten Leitungsabschnitt ergibt sich das in Bild 1 dargestellte Ersatzschaltbild. Bild 1: ~ Induktiv Kapazitiv Ersatzschaltbild eines infinitesimal kurzen, induktiv und kapazitiv beeinflussten Leitungsabschnitts Das Ersatzschaltbild und die zugehörigen Leitungsgleichungen basieren auf der um die induktive und kapazitive Beeinflussung erweiterte Telegraphengleichung für quasistationäre Zustände. Die kapazitive Beeinflussung des betrachteten Leiters wird im Ersatzschaltbild durch die längenbezogene ideale Stromquelle n = k=1;k i Y ik U k (1) I B,i modelliert, während die induktive Beeinflussung durch die längenbezogene ideale Spannungsquelle n = k=1;k i Z ik I k (2) U B,i modelliert wird. 4 Verfahrensansatz Das Verfahren soll die sich ergebende Gesamtbeeinflussungswirkung für die gleichzeitige Betrachtung beliebig vieler Beeinflussungsstrecken bestimmen. Die Wechselwirkung zwischen den einzelnen betrachteten Beeinflussungsstrecken ist stark abhängig von ihrer Lage im Netz zueinander sowie von der Leistungsflusssituation auf den beeinflussenden Stromkreisen. Innerhalb des Verfahrens muss also das Bahnstromnetz mit einer entsprechend hohen Genauigkeit abgebildet werden. Des Weiteren müssen für die einzelnen Beeinflussungsstrecken realitätsnahe Leistungsflusssituationen berücksichtigt werden, da diese einen großen Einfluss insbesondere auf die induktive Beeinflussung haben. Hierzu soll ein am IAEW vorhandenes Modell des deutschen Übertragungsnetzes mit einem Modell des Bahnstromnetzes gekoppelt werden. Eine Jahressimulation der Leistungsflüsse im Übertragungsnetz im stündlichen Raster liefert die Ströme und Spannungen auf den beeinflussenden Stromkreisen. Durch die Bewertung der sich ergebenden Beeinflussungswirkung für jede Stunde soll die maximale Gesamtbeeinflussungswirkung abgeschätzt werden. 5 Literatur [1] Adler, T; Gels, H.-B.; Gerhardt, W. Schutz, Erdung und Beeinflussung bei der Umstellung der Sternpunktbehandlung in 110-kV-Netzen Elektrizitätswirtschaft, Jg 82 (1983), S [2] Helle, W. Beeinflussung gelöscht betriebener 110-kV-Netze durch die Parallelführung von 110-kV- und 380-kV-Leitungen ETZArchiv, Jg. 2 (1980), S [3] Krämer, S.; Schmidt, R.; Winter, K. Erdschluss-Vollschutzanlage für das 110-kV- Bahnstromnetz Elektrische Bahnen, Heft , S IAEW FGE JAHRESBERICHT

98 FORSCHUNGSPROJEKTE Regionalisierung und Einspeisung von Windenergie- und Photovoltaikanlagen Spatial Distribution and Feed-In of Wind Turbines and Photovoltaic Systems M.Sc. Lara Lück Auch zukünftig ist in Deutschland eine Fortsetzung des in den letzten Jahren gestiegenen Zubaus von Windenergie- und Photovoltaikanlagen zu erwarten, der essentiell von eingesetzten politischen Förderungen induziert wird. Die regionale Verteilung hängt dabei von einer Vielzahl an Einflussgrößen wie bspw. Flächenverfügbarkeiten, Dargebotspotenzialen, gesellschaftlicher Akzeptanz oder regionalen Investitionen ab. Aufgrund unterschiedlicher Wetterverhältnisse und Anlagenkonfigurationen ist die volatile Einspeisung dieser Anlagen standortabhängig. Daher werden in diesem Forschungsvorhaben die Regionalisierung von Wind- und Photovoltaikanlagen unter Berücksichtigung fundamentaler Einflussgrößen sowie resultierende Einspeisungen untersucht. The expected continuingly increasing share of wind turbines and photovoltaic systems in the German power system is essentially induced by subsidy policies. The regional distribution of those plants depends on a variety of influencing factors such as land availability, harvest potentials, local wind speed and solar radiation potentials, social acceptance or regional investors. As feed-in depends on local weather conditions and plant designs, the regional distribution of plants plays a crucial role when considering the power supply. Therefore, the aim of this thesis is to assess the regional distribution in consideration of fundamental influencing factors and to determine the resulting feed-in of wind turbines and solar power systems. 1 Hintergrund und Fragestellung Um europäische Klimaschutzziele zu erreichen, werden auf nationalen Ebenen verschiedene energiepolitische Instrumente zur Förderung des Zubaus von Windenergieund Photovoltaikanlagen (WEA und PVA) eingesetzt. In Deutschland war in den letzten Jahren ein deutlicher Anstieg der installierten Leistungen dieser Anlagen festzustellen und auch für zukünftige Entwicklungen wird ein weiterer Zubau prognostiziert. Neue Herausforderungen für das Stromsystem entstehen dabei aufgrund der dargebotsabhängigen, volatilen Einspeisung, weshalb Kenntnisse über die zu erwartende Einspeisung mit ihrer räumlichen und zeitlichen Abhängigkeit notwendig sind. Die Einspeisung hängt von verschiedenen, an den Standort gekoppelten Faktoren ab. Dargebotsseitig kommen lokale Wetterphänomene und standortscharfe Windströmungs- und Einstrahlungsbedingungen zum Tragen, anlagenseitig beeinflussen Anlagenkonfigurationen, -ausrichtungen und -verfügbarkeiten die tatsächliche Stromproduktion der Erzeugungssysteme. Die genaue Platzierung der Anlagen hängt von einer Vielzahl teilweise sehr unterschiedlicher Einflussfaktoren ab. Beispielsweise gibt es eine begrenzte Anzahl von Flächen, die für den Anlagenbau zur Verfügung stehen und bisher nicht genutzt werden. Für PVA zählen dazu Hausdächer mit geeigneter Neigung und Ausrichtung sowie nicht verschattete Bodenflächen für Freiflächenanlagen. Für WEA sind Flächen mit geringer Hangneigung, ausreichendem Abstand zu Wohnhäusern oder Straßen außerhalb von Schutzgebieten notwendig. Für die Platzierung von Offshore-WEA spielt bspw. die Wassertiefe eine entscheidende Rolle. Da lokale Windgeschwindigkeit und Einstrahlung die potenziellen Erträge der Anlagen beeinflussen, werden ertragsreiche Standorte vorrangig genutzt. Auch sind regionale Vorrangflächen definiert, die einen Zubau bestärken. Zusätzlich spielen gesellschaftliche Faktoren eine wichtige Rolle, wobei die Gesellschaft lokal zustimmend oder ablehnend wirken kann. Während bspw. Kleininvestoren Anlagen in räumlicher Nähe platzieren, also auf dem eigenen Hausdach oder in der eigenen Gemeinde, ist auch eine ablehnende Haltung von Anwohnern gegenüber Bauprojekten in ihrer Nachbarschaft feststellbar. Daraus ergibt sich die Frage, wie die Regionalisierung von WEA und PVA zukünftig gestaltet sein wird, welchen Einfluss verschiedene erkennbare Faktoren haben und welche Einspeisung daraus abzuleiten ist. 2 Geplantes Vorgehen Ziel dieser Arbeit ist, die zukünftige Regionalisierung und Einspeisung von WEA und PVA unter expliziter Berücksichtigung genannter fundamentaler Einflussfaktoren zu untersuchen. Dazu ist zunächst ein Verfahren zu entwickeln, welches unter Berücksichtigung dieser Faktoren einen georeferenzierten, räumlich hochauflösenden Zubau zu modellieren. Anschließend gilt es, mithilfe anlagenspezifischer Parameter wie Verschattungen, Verfügbarkeiten und Anlagentypen sowie mittels zeitlich aufgelöster Wetterdaten Einspeisezeitreihen zu ermitteln. Durch eine Analyse und Gewichtung der einfließenden Einflussfaktoren wird es möglich, Rückschlüsse der Auswirkungen einzelner Einflussgrößen auf die Regionalisierung und Einspeisung zu treffen. 86 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

99 FORSCHUNGSPROJEKTE Agentenbasierte Simulation der Märkte für elektrische Energie und Regelleistung in Deutschland Agent-Based Price Simulation of the German Markets for Electricity and Reserve Power Dipl.-Wirt.-Ing. Andreas Maaz Im Rahmen der Energiewende hat der Wandel des Stromversorgungssystems in den vergangenen wie auch in kommenden Jahren einen großen Einfluss auf den Einsatz von Erzeugungseinheiten und Speichern und damit auch auf die Märkte für Fahrplanenergie und Regelleistung. Daher befasst sich dieses Forschungsvorhaben mit der Simulation von Preisen an diesen Märkten, indem das Bietverhalten der Marktteilnehmer mit berücksichtigt wird. Es wird ein agentenbasiertes Preissimulationsverfahren vorgestellt und das Ergebnis mit historischen Regelleistungspreisen aus dem Jahr 2014 verglichen. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass strategisches Bietverhalten in bestimmten Auktionen einen bedeutenden Einfluss auf das Marktergebnis hat. Neben Regelleistungspreisen kann das Verfahren auch eingesetzt werden, Preise am Spotmarkt und in Zukunft auch den Intraday-Handel auf Basis von Prognoseabweichungen zu simulieren. Recent and future changes in the European power generation system have a major impact on the dispatch of hydraulic and thermal generation units and on the markets for electricity and reserve. Therefore, this research project investigates simulating market prices by taking cost based and strategic bidding into account. An agent-based market simulation method is presented and the resulting prices for control reserve power are compared to historic prices of the year The results show that strategic bidding has a significant influence on the market result of some auctions. Besides the reserve market the model can also be applied to simulate the day ahead spot market. In order to simulate the intraday market, prognosis errors will be included into the model. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit In den vergangenen Jahren ist ein hoher Zubau von Erzeugungsleistung auf Basis erneuerbarer Energien (EE) in Deutschland zu beobachten. Gleichzeitig geht die Nachfrage nach elektrischer Energie in Europa aufgrund der Wirtschaftskrise in vielen Ländern zurück. Ein Grund dafür ist die Kostenstruktur von EE, deren hohen Investitionskosten kaum arbeitsabhängige Kosten gegenüberstehen. Aufgrund der Dargebotsabhängigkeit von EE muss die notwendige Flexibilität jedoch u.a. durch konventionelle Kraftwerke oder durch flexible Nachfrage bereitgestellt werden. Die daraus resultierenden zusätzlichen Kosten der Kraftwerke spiegeln sich auch in den am Markt abgegebenen Geboten wider. Insbesondere flexible Kraftwerke mit geringen Einsatzstunden haben ein höheres Verhältnis von fixen zu variablen Kosten. Deren geringere Benutzungsstunden machen es daher erforderlich, auch Fixkostenbestandteile bei der Gebotsabgabe zu berücksichtigen, um die Wirtschaftlichkeit der Anlage gewährleisten zu können. Die Preisvolatilität, die sich aus diesen Effekten ergibt, lässt sich nicht allein auf Basis der variablen Kosten abbilden. Daher ist das Ziel des Forschungsvorhabens, Preise des Spot- und Regelleistungsmarktes dahingehend zu untersuchen, ob es zu strategischem Bietverhalten kommt. Dazu wird das Bietverhalten der Marktteilnehmer mit in der Preissimulation berücksichtigt. 2 Ansätze zur Preissimulation Es existieren verschiedene Modelle zur Simulation von Strommarktpreisen. Diese lassen sich unter anderem in fundamentale Einsatzoptimierungen und agentenbasierte Marktsimulationen unterscheiden. 2.1 Fundamentale Einsatzoptimierung In fundamentalen Einsatzsimulationen wird der Einsatz des zur Verfügung stehenden Kraftwerksparks für den gesamten Betrachtungsbereich mit dem Ziel optimiert, die Nachfrage nach elektrischer Energie sowie den Bedarf an Regelleistung möglichst kostengünstig zu decken. Dieser Ansatz basiert auf der Annahme, dass ein perfekter Strommarkt zu einer Maximierung der Wohlfahrt führt und damit die Kosten für die Stromversorgung minimiert werden [1]. Aus den marginalen Kosten der Nachfragedeckung lassen sich Preisindikatoren für jedes simulierte Zeitintervall ableiten. Fundamentale Einsatzoptimierungen werden häufig eingesetzt, um Preise für elektrische Energie zu simulieren, da das Einheitspreisverfahren der europäischen Spotmärkte Stromerzeugern einen starken Anreiz bietet, zu ihren variablen Kosten anzubieten. Damit sind sie im besonderen Maße geeignet, Preise zu simulieren, die das historische Preisniveau an Märkten mit großem Wettbewerb treffen. Dies gilt jedoch nur für bestimmte Absatzmärkte. Zu den Einflussgrößen, die nicht abgebildet werden können, zählen die Unvollkommenheit realer Märkte, unvollständige Informationen und unterschiedliches Bietverhalten der IAEW FGE JAHRESBERICHT

100 FORSCHUNGSPROJEKTE Marktteilnehmer, die in der Optimierung vernachlässigt bzw. unzureichend berücksichtigt werden. 2.2 Agentenbasierte Simulation Einen anderen Ansatz stellen agentenbasierte (AB) Simulationen dar, bei denen das Verhalten von Marktteilnehmern auf makroökonomischer Ebene simuliert wird, um das resultierende Marktergebnis zu analysieren. Ein Anwendungsfeld von AB Modellen ist die Evaluierung von Marktdesignalternativen, indem untersucht wird, welche Regeln und Prozesse in einer Umgebung mit eigenständig handelnden Agenten zu den besten Ergebnissen führen [2]. Eine andere Anwendung ist die Simulation von Preisen an Märkten, die durch Marktmacht und strategisches Bietverhalten geprägt sind. In [3] wird ein AB Modell zur Simulation des neuseeländischen Strommarkts herangezogen. Dabei liegt der Fokus in der Abbildung von Marktmacht, die aus großen Marktanteilen einzelner Stromerzeugungsunternehmen sowie lokalen Restriktionen des Übertragungsnetzes resultiert. Um strategisches Bietverhalten abzubilden, werden in AB Modellen häufig Reinforcement Learning Algorithmen angewendet, um die Gebotspreise der Agenten zu ermitteln. Dabei beeinflusst der in der Vergangenheit durch eine bestimmte Strategie erzielte Erlös die Wahrscheinlichkeit, dass die Strategie durch den Agenten erneut verfolgt wird. Die meisten AB Modelle simulieren das Marktgeschehen auf einer hohen Abstraktionsebene, indem der Fokus auf der Interaktion der Agenten liegt. Dadurch werden Kraftwerkseinsatzrestriktionen häufig nur vereinfacht abgebildet oder ganz vernachlässigt. Um jedoch das Geschehen an realen Märkten simulieren zu können, müssen sowohl technische Restriktionen als auch Bietverhalten der Akteure berücksichtigt werden. 3 Verfahren Das in diesem Forschungsvorhaben entwickelte Verfahren zur Preissimulation kombiniert eine agentenbasierte Simulation der Märkte mit der detaillierten Modellierung des Kraftwerkseinsatzes, wie sie auch in fundamentalen Einsatzoptimierungen verwendet wird. Dazu erfolgt eine Simulation der Gebotsabgabe jedes Marktteilnehmers an den verschiedenen Absatzmärkten. Aus der Zusammenführung von Geboten der Angebots- und Nachfrageseite ergeben sich je nach Marktregime Gebotszuschläge und Marktpreise. In der vorgestellten Modellierung stellt jede Erzeugungseinheit einen Agenten am simulierten Markt dar. Zu den Agenten gehören: Thermische Kraftwerke (Pump-)Speicherkraftwerke EE-Anlagen Nachfrage / Vorzuhaltende Regelleistung Sowohl Nachfrage als auch Must-run Erzeugung aus EE- Anlagen wird im Rahmen des Verfahrens durch jeweils einen aggregierten Agenten vermarktet. Der Verfahrensablauf ist in Bild 1 dargestellt. Ziel des Verfahrens ist die Simulation der kurzfristigen Absatzmärkte für Regelleistung und der Spotmärkte in Deutschland. Um den kurzfristigen Planungshorizont der Marktteilnehmer abzubilden, erfolgt die Simulation daher sequentiell jeweils für eine Woche. Der Einfluss der benachbarten Marktgebiete sowie die Einsatzplanung von Langzeitspeichern werden anhand des Ergebnisses einer vorgeschalteten Simulation des Kraftwerkseinsatzes für den gesamteuropäischen Betrachtungsbereich für ein komplettes Jahr berücksichtigt. Methodik Bild 1: Simulation Kraftwerkseinsatz Europa (Jahr) Sequenzielle Preissimulation (Woche) Iterative Gebotssimulation Einsatzsimulation Gebotssimulation Reservemärkte Market Clearing Reservemärkte Einsatzsimulation mit Reservezuschl. Gebotssimulation Spotmarkt Market Clearing Spotmarkt Update Preiserwartungen Verfahrensübersicht Anschließend erfolgt eine sequentielle Simulation der betrachteten Märkte für jede Handelswoche, indem für jeden Marktteilnehmer auf Basis einer Kraftwerkseinsatzsimulation und einer Marktpreiserwartung Gebote simuliert werden. Die Marktreihenfolge orientiert sich dabei an der realen Handelsreihenfolge. So wird zunächst die Gebotsabgabe in den Regelleistungsauktionen simuliert. Nach der anschließenden Markträumung erfolgt die Gebotsabgabe am Spotmarkt unter Berücksichtigung der von jedem Agenten vorzuhaltenden Regelleistung. Die Marktpreise ergeben sich an jedem Markt durch die Zusammenführung der aggregierten Gebotskurven für Angebot und Nachfrage. Dabei kann nach dem jeweiligen Preisbildungsverfahren unterschieden werden. So ergibt sich beim Einheitspreisverfahren für jede gehandelte Zeitscheibe ein Marktpreis, wobei beim Gebotspreisverfahren jedes zugeschlagene Gebot mit dem gebotenen Preis vergütet wird. 3.1 Gebotsabgabe am Regelleistungsmarkt Die Ermittlung der abgegebenen Gebote jedes Agenten richtet sich in dem vorgestellten Verfahren immer nach dem optimierten Fahrplan und den erwarteten Marktpreisen. Am Regelleistungsmarkt wird jeweils die 88 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016 Ergebnis Im-/Export Speicherfüllstände Startwert Preise Gebotskurven Zuschläge je Reserveprodukt Gebotskurven Stündlicher Spotpreis Marktpreise je Produkt

101 FORSCHUNGSPROJEKTE präqualifizierte Regelleistung jeder Anlage angeboten. Die Opportunitätskosten aus der Vermarktung am Spotmarkt bilden eine Untergrenze für den gebotenen Marktpreis. Zu hohen Spotpreisen ergeben sich zum Beispiel für ein thermisches Kraftwerk Opportunitätskosten in Höhe der entgangenen Deckungsbeiträge durch die Vorhaltung positiver Regelleistung. Muss das Kraftwerk zu Zeiten niedriger Spotpreise mindestens mit seiner Minimalleistung einspeisen, um Regelleistung vorzuhalten, so ergeben sich daraus Kosten in Höhe der dazu am Spotmarkt generierten Verluste. Zusätzlich zu den erwarteten Kosten wird durch jeden Marktteilnehmer ein strategischer Markup auf den Gebotspreis aufgeschlagen, der sich am erwarteten Grenzpreis der Regelleistungsauktion orientiert. Mithilfe eines Reinforcement Learning Algorithmus geht die Erfahrung aus den vorangegangenen Auktionen mit in die Markupstrategie jedes Agenten ein. 3.2 Gebotsabgabe am Spotmarkt Zur Ermittlung der Spotgebote erfolgt zunächst eine Optimierung des Einsatzes aller Anlagen gegen die erwarteten Marktpreise. Anschließend werden die Gebote nach Preis und Menge bestimmt. Die Menge richtet sich dabei nach dem Fahrplan jeder Anlage. Für Gebote, die zum Betrieb des Kraftwerks zwingend erforderlich sind, werden die Opportunitätskosten für den Nichtbetrieb preismindernd berücksichtigt. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die abgegebenen Gebote auch technische Einsatzrestriktion wie die Einschaltentscheidung thermischer Kraftwerke beinhalten. Für die übrigen Gebote innerhalb des flexiblen Bereichs stellen die variablen Erzeugungskosten jeder Anlage die Preisuntergrenze dar. Auch am Spotmarkt wird ein Markup auf Basis des erwarteten Marktpreises bestimmt. 4 Ergebnisse Um die entwickelte AB Preissimulation zu evaluieren, werden im Folgenden exemplarisch die simulierten Preise für ein Szenario basierend auf der historischen Marktsituation für Deutschland des Jahres 2014 dargestellt und mit den historischen Preisen der Auktion für das Nebentarif-Produkt (NT) für positive Sekundärregelleistung (SRL) verglichen. Dabei werden zwei unterschiedliche Simulationsvarianten untersucht. Die fundamentale Simulation unterstellt dabei sowohl vollkommenen Wettbewerb als auch vollkommene Informationen aller Marktteilnehmer. Von Produktzeiträumen und Auktionsreihenfolge wird dabei abstrahiert. In der zweiten Variante hingegen kommt eine AB Simulation zum Einsatz, bei der strategische Gebotsmarkups auf Basis eines Reinforcement Learning Algorithmus geboten werden, um strategische Markups für jeden Agenten auf Basis der Markterwartung zu bestimmen. Die Markups werden dabei so gewählt, dass der Deckungsbeitrag der Anbieter maximiert wird. Bild 2 zeigt den Jahresverlauf der simulierten Preise beider Varianten im Vergleich zu den historischen Preisen. Die Preise der fundamentalen Simulation liegen dabei deutlich unterhalb der historischen Preise. Grenzleistungspreis SRL positiv NT 45 EUR 40 MW h Woche Bild 2: Dauerlinie simulierter und historischer Grenzleistungspreise für SRL positiv NT-Produkt in 2014 Daraus lässt sich schließen, dass die abgegebenen Gebotspreise in der entsprechenden Auktion nicht vollständig durch fundamentale Einflussfaktoren abgebildet werden können. In der AB Simulation werden auch strategische Markups der Marktteilnehmer berücksichtigt. Dies führt zum Teil zu höheren Grenzpreisen als im historischen Marktergebnis. Bei niedrigen Preisen hingegen unterschätzt die AB Simulation den Marktpreis. Die Ergebnisse zeigen, dass es in bestimmten Auktionen Einflüsse auf die Gebotspreise gibt, die nur durch strategisches Bietverhalten abgebildet werden können. Wird jedoch für alle Marktteilnehmer strategisches Bietverhalten unterstellt, das basierend auf Erfahrung vergangener Auktionen Markupentscheidungen trifft, die zu maximalen Deckungsbeiträgen führen, werden die resultierenden Grenzpreise überschätzt. Daraus kann gefolgert werden, dass in diesen Auktionen Bietverhalten zwar eine Rolle spielt, aber die entsprechende Marktposition der Anbieter nicht vollständig ausgenutzt wird. 5 Literatur Historisch Agentenbasiert Fundamental [1] Drees. T.; Bracht, N. v.; Moser, A. "Reserve providing in future generation systems considering renewable energy sources," European Energy Market (EEM), th International Conference on the, pp.1, 6, May [2] Weidlich, A.; Veit, D. "A critical survey of agentbased wholesale electricity market models", Energy Economics, vol. 30, no. 4, pp , [3] Young, D.; Poletti, S.; Browne, O. "Can agentbased models forecast spot prices in electricity markets? Evidence from the New Zealand electricity market", Energy Economics, vol. 45, no. 0, pp , IAEW FGE JAHRESBERICHT

102 FORSCHUNGSPROJEKTE Spannungsstabilität im deutschen elektrischen Energieversorgungssystem im Langzeitbereich Voltage Stability in the German Electric Power System in the Long-term Time-frame M.Sc. Moritz Maercks Heutige Übertragungsnetze wurden bei ihrer ursprünglichen Planung für den Transport von Reserveleistung zwischen weitgehend voneinander unabhängigen Netzgebieten dimensioniert. Aufgrund der fundamentalen Veränderung des deutschen Kraftwerksparks im Rahmen der Energiewende wird das deutsche Übertragungsnetz vermehrt Leistung über weite Strecken übertragen müssen. Aktuelle Forschungsvorhaben zeigen, dass sich die veränderte Versorgungsaufgabe wesentlich auf die Spannungsstabilität auswirkt. Daher sind im Netzentwicklungsplan deutscher Übertragungsnetzbetreiber Kondensatorbänke zur Spannungsstützung berücksichtigt. Allerdings ist bislang nicht geklärt, inwieweit die Spannungsstabilität durch dynamische Effekte beeinflusst wird und in welchem Maße ein Bau dynamisch regelfähiger Blindleistungsquellen vorteilhaft wäre. Ziel des Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung eines Verfahrens zur Identifizierung Spannungsinstabilität verursachender Netzbereiche im Langzeitbereich. Today's transmission grids have been designed to transport reserve power between basically independent areas. Due to the fundamental change in the composition of power plant units on behalf of German energy transition, transmission networks will have to transmit power over long distances more frequently. Current research projects indicate that the modified supply task substantially affects voltage stability. Therefore, capacitor banks for voltage support are scheduled in the German network development plan. However, it is not yet analysed to what extent voltage stability is influenced by dynamical effects and whether the integration of dynamically controllable reactive power sources would be beneficial. Thus, the aim of this research project is to develop a method to identify network areas being causative for voltage instability considering dynamic interdependencies. 1 Hintergrund und Motivation Aufgrund der durch die deutsche Energiewende bedingten fundamentalen Veränderung der Allokation und des Einspeiseverhaltens zentraler und dezentraler Erzeugungsanlagen wird das deutsche Übertragungsnetz zukünftig mehr Energie über weite Strecken transportieren müssen. Dies wurde bei der ursprünglichen Planung der heute bestehenden Übertragungsnetze nicht berücksichtigt. In aktuellen Forschungsvorhaben wird untersucht, inwieweit sich die veränderte Versorgungsaufgabe auf die Spannungsstabilität auswirkt. Da sich abzeichnet, dass diese eine wesentliche Größe der Netzplanung bei stationären Betrachtungen darstellt, sind weitergehende Untersuchungen notwendig [1]. In Netznutzungssituationen mit hoher Auslastung nahe der Spannungsstabilitätsgrenze besteht die Gefahr, dass nach einer Störung stationär spannungsstabile Zustände aufgrund dynamischer Effekte nicht eintreten. Grund hierfür ist das dynamische Verhalten von Netzbetriebsmitteln, Erzeugungsanlagen und Verbrauchern bis in den langfristigen Zeitbereich von mehreren Minuten. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Steuerung und Regelung des Blindleistungshaushaltes im Übertragungs- und Verteilnetzbetrieb zur Einhaltung des geforderten Spannungsbandes kann die Betrachtung derartiger Fälle zukünftig an Bedeutung gewinnen [1,2]. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung eines Verfahrens zur Identifizierung hinsichtlich der Spannungsstabilität gefährdeter Netzbereiche. Dies soll die Bewertung der Auswirkungen der genannten Entwicklungen auf die Spannungsstabilität im deutschen Elektrizitätsversorgungssystem unter Berücksichtigung dynamischer Wirkungszusammenhänge ermöglichen. 2 Analyse Die Fähigkeit eines Elektrizitätsversorgungssystems, Grenzen der den Systemzustand beschreibenden Zustandsgrößen einzuhalten, wird als Systemstabilität bezeichnet. Zur Komplexitätsreduktion und Nutzung eines angemessenen Detailgrades der bei Untersuchungen von Elektrizitätsversorgungssystemen verwendeten Modelle wird zwischen Winkel-, Frequenz- und Spannungsstabilität unterschieden. Der aufgeführte Wandel im deutschen Elektrizitätsversorgungssystem hat Auswirkungen auf alle genannten Formen der Systemstabilität. Schwerpunkt dieses Forschungsprojektes ist die Untersuchung der insbesondere mit dem Blindleistungshaushalt zusammenhängenden Spannungsstabilität [3]. 2.1 Spannungsstabilität Spannungsstabilität bezeichnet die Fähigkeit eines Elektrizitätsversorgungssystems, die minimalen und maximalen Betriebsspannungen auch nach einer Störung einzuhalten. 90 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

103 FORSCHUNGSPROJEKTE Spannungsgrenzen sind durch die technischen Grenzwerte mit dem Netz verbundener Betriebsmittel und der damit einhergehenden Schutzsystemparametrierung gegeben. Spannungsstabilität wird hinsichtlich der Art des eine Instabilität verursachenden Ereignisses gegliedert. Dementsprechend wird unterschieden zwischen Großsignalstabilität, etwa bei Leitungs- oder Kraftwerksausfällen, und Kleinsignalstabilität, die bei der Untersuchung stetiger Änderungen, wie Lastrauschen und Windflanken, angewendet wird [3] Spannungsstabilität im Zeitbereich Neben der Art der Instabilitäten verursachenden Ereignisse wird Spannungsstabilität auch hinsichtlich der untersuchten Zeitbereiche klassifiziert. Unter Kurzzeitspannungsstabilität wird Spannungsstabilität im Zeitbereich bis zu wenigen Sekunden verstanden. Prägend ist hierbei das dynamische Verhalten schnell reagierender Komponenten wie Motoren, elektronisch geregelter Lasten und Wechselrichter. Die Überprüfung der Kurzzeitspannungsstabilität durch Zeitbereichssimulationen ist mit unterschiedlichen Programmen bereits heute Stand der Technik. Werden Zeitbereiche von mehreren Minuten betrachtet, spricht man von Langzeitspannungsstabilität. Prägend ist hierbei das Verhalten langsam reagierender Komponenten, wie das der Stufensteller von Transformatoren und spannungsabhängiger Lasten. Bei Langzeitbetrachtungen zur Spannungsstabilität ist es weiterhin üblich, zwischen statischen und dynamischen Betrachtungen zu unterscheiden. Bei der statischen Zeitpunktanalyse wird der Verlauf der Spannungen nicht untersucht, sondern ein quasistationärer Endzustand betrachtet. Derartige Verfahren eignen sich aufgrund kurzer Rechenzeiten insbesondere zur Untersuchung einer Vielzahl unterschiedlicher Netzbelastungssituationen. Derart können hinsichtlich der Spannungsstabilität als kritisch einzustufende Situationen identifiziert werden. So ist es möglich, wesentliche die Spannungsstabilität beeinflussende Faktoren zu identifizieren. Statische Verfahren werden durch dynamische Untersuchungen ergänzt, in denen für einen gesamten Zeitraum Systemzustand und -verhalten ermittelt werden. Bisher nicht untersucht ist, inwiefern im deutschen Elektrizitätsversorgungssystem durch die Berücksichtigung des dynamischen Verhaltens von Systemkomponenten statisch bestimmte Sicherheitsreserven als zu hoch oder in Sonderfällen sogar als zu niedrig identifiziert werden können. Letzteres kann dann der Fall sein, wenn ein stationäres Gleichgewicht existiert, dieses aber aufgrund des dynamischen Systemverhaltens nicht erreicht werden kann. Analysemethoden zur dynamischen Bewertung von Spannungsstabilität in konventionellen Elektrizitätsversorgungssystemen sind international bekannt. Zu nennen ist hier neben der detaillierten Lösung im Zeitbereich die Methode der Quasi Steady-State-Simulation zur dynamischen Bewertung von Spannungsstabilität, wie von Übertragungsnetzbetreibern in Frankreich, Belgien und Kanada angewendet [4, 5]. Die dynamische Bewertung der Spannungsstabilität in sich stark wandelnden regenerativ geprägten Systemen wie dem deutschen Elektrizitätsversorgungssystem mit umfangreichen Regelungen im Verteilnetz ist Gegenstand aktueller Forschung. 2.2 Einflussgrößen auf Spannungsstabilität Zur Analyse der Wirkungszusammenhänge bei Spannungszusammenbrüchen ist eine adäquate Berücksichtigung des Verhaltens der im Folgenden aufgeführten Elemente des Elektrizitätsversorgungssystems erforderlich Zentrale Stromerzeuger Zentrale Erzeugungsanlagen sind am Übertragungsoder Hochspannungsnetz angeschlossene, meist thermische Kraftwerke. Die Stromerzeugung erfolgt in der Regel unter Verwendung von Synchrongeneratoren. Über ein Erregersystem kann die Blindleistung der am Netz befindlichen Synchrongeneratoren in weiten Grenzen flexibel eingestellt werden. Entsprechend werden die Generatoren zentraler Stromerzeuger spannungsstützend eingesetzt. Die Grenzen der Blindleistungsbereitstellung ergeben sich aus den thermischen Rotor- und Statorgrenzströmen. Hierbei sind zeitweise Überlastungen im Sekunden- bis Minutenbereich technisch möglich und üblich. Das umzusetzende Verhalten zentraler Stromerzeuger bei Spannungseinbrüchen wie spannungsstützende Blindstromeinspeisung und Trennung vom Netz ist in den Netzanschlussregeln der Netzbetreiber detailliert geregelt Dezentrale Stromerzeuger Dezentrale Erzeugungsanlagen sind in den Verteilnetzen angeschlossene Stromerzeuger. Meist sind dies Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energiequellen. Das Blindleistungsverhalten dezentraler Erzeugungsanlagen ist in technischen Richtlinien geregelt. Für die Niederspannungsebene ist dies die VDE-Anwendungsregel VDE-AR-N 4105 und für die Mittelspannungsebene die technische Richtlinie Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz des BDEW. Für Anlagen in der Hochspannungsebene sind die Anforderungen in der VDE- Anwendungsregel VDE-AR-N 4120 festgelegt. Das Blindleistungsverhalten dezentraler Stromerzeuger hat ebenso wie die Verlagerung der Erzeugung in niedrigere Spannungsebenen einen Einfluss auf das Spannungsniveau und damit die Spannungsstabilität im gesamten Elektrizitätsversorgungssystem. IAEW FGE JAHRESBERICHT

104 FORSCHUNGSPROJEKTE Für Spannungsstabilitätsanalysen im Zeitbereich muss neben dem Blindleistungsverhalten das variable Einspeiseverhalten dargebotsabhängiger Stromerzeuger berücksichtigt werden. Hierbei sind auch Sicherheitsreserven für Prognosefehler zu berücksichtigen Stromverbraucher Stromverbraucher beeinflussen wesentlich die Netzbelastung und damit das Spannungsniveau im Elektrizitätsversorgungssystem. Da ihr Wirk- und Blindleistungsverhalten in der Regel spannungsabhängig sind, müssen bei Spannungsstabilitätsbetrachtungen diese Abhängigkeiten im betrachteten Zeitbereich berücksichtigt werden. Typisch sind Wirkleistungsregelungen, reine Impedanzen und motorische Lasten mit insbesondere variabler induktiver Blindleistungsaufnahme [2] Leitungen Für die Leitungslängen im europäischen Elektrizitätsversorgungssystem kann näherungsweise von elektrisch kurzen Leitungen ausgegangen werden. Dies ermöglicht die Modellierung mithilfe eines vereinfachten π-ersatzschaltbildes. In Abhängigkeit der Leitungsauslastung verhalten sich Drehstromleitungen induktiv oder kapazitiv. Bei Belastung mit der sogenannten natürlichen Leistung gleichen sich induktiver und kapazitiver Blindleistungsbedarf gerade aus. Schwach belastete Leitungen verhalten sich kapazitiv, stark belastete induktiv. Aufgrund des in Abhängigkeit der Auslastung stark variierenden Blindleistungsverhaltens elektrischer Leitungen haben diese wesentlichen Einfluss auf die Systemspannungen Hochspannungsgleichstromübertragung Mit Hochspannungsgleichstromübertragungen können Wirkleistungsflüsse frei gesteuert werden. Weiterhin kann von den Umrichtern in weiten Grenzen flexibel Blindleistung bereitgestellt werden. Für Spannungsstabilitätsuntersuchungen im Zeitbereich muss das verwendete Regelungskonzept zur Blindleistungsbereitstellung berücksichtigt werden Transformatoren Transformatoren zur Kopplung unterschiedlicher Spannungsebenen beeinflussen direkt die Betriebsspannungen. Durch die Regelung des Übersetzungsverhältnisses von Transformatoren wird die Spannungsabhängigkeit der Last aus Übertragungsnetzsicht im Langzeitbereich ausgeglichen. Phasenschiebertransformatoren beeinflussen die Wirkleistungsflüsse im Übertragungsnetz und damit die Leitungsauslastungen und deren Blindleistungsbedarf. Bei Zeitbereichsanalysen ist das Regelungsverhalten von Transformatoren unter Beachtung von Schaltzeiten und Totbändern zu berücksichtigen Kompensationselemente Der Einsatz von Kompensationselementen dient der lokalen Blindleistungsbereitstellung zur Anpassung der Betriebsspannungen. Eine Erhöhung der Spannungen ist durch den Einsatz von Kondensatorbänken, ein Absenken mit Ladestromspulen möglich. Neben konventionellen Kompensationselementen kommen verschiedene unter dem Begriff FACTS zusammengefasste Komponenten der Leistungselektronik zum Einsatz. Die verwendeten Schalt- und Regelungskonzepte von Kompensationselementen beeinflussen direkt die Betriebsspannungen und sind daher bei Untersuchungen zur Spannungsstabilität zu betrachten. 3 Geplantes Vorgehen Im Rahmen des Forschungsprojektes wird das Systemverhalten der genannten Einflussgrößen auf die Spannungsstabilität analysiert. Darauf aufbauend werden dynamische Modelle der Systemkomponenten entwickelt. Im Anschluss erfolgt die Entwicklung eines Verfahrens zur Bewertung der Spannungsstabilität im Langzeitbereich. Dynamische Untersuchungen sollen in Kombination mit stationären Verfahren zur Identifikation gefährdeter Systembereiche erfolgen. Damit ist ein Vergleich der stationären und dynamischen Analyse möglich. 4 Literatur [1] Dierkes, S. Einfluss von konventionellen Kraftwerken auf die Spannungsstabilität im Übertragungsnetz unter Berücksichtigung dezentraler Erzeugung, 13. Symposium Energieinnovation, Graz/Austria 2014 [2] Xu, W.; Mansour, J. Voltage Stability Analysis Using Generic Dynamic Load Models, IEEE Transactions on Power Systems Vol [3] IEEE/CIGRE Joint Task Force Definition and Classification of Power System Stability, 2003 [4] Van Cutsem, T.; Grenier, M.-E.; Lefebvre, D. Combined Detailed and Quasi Steady State Time Simulations for Large Disturbance Analysis, Université de Liège, 2006 [5] Aristidou, P.; Fabozzi, D.; van Custem, T. Dynamic Simulation of Large-Scale Power Systems Using a Parallel Schur-complement-based Decomposition Method, IEEE Transactions on Parallel and Distributed Systems Vol. 25, IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

105 FORSCHUNGSPROJEKTE Berechnung von Übertragungskapazitäten unter Berücksichtigung von Unsicherheiten und netzbetrieblichen Maßnahmen Calculation of Transmission Capacity Considering Uncertainties and Operational Flexibilities M.Sc. Ivan Marjanovic Die grenzüberschreitenden Übertragungskapazitäten schränken den Handel zwischen den Gebotszonen aufgrund netzbetrieblicher Restriktionen ein und haben damit eine Rückwirkung auf die ökonomische Wohlfahrt der Märkte. Die effiziente Berechnung der Übertragungskapazitäten ist daher eine der Voraussetzungen zum Erreichen der europäischen energiepolitischen Ziele. Zunehmende Unsicherheiten in der Einspeisesituation sowie die erhöhte Steuerbarkeit des Systems durch neuartige lastflusssteuernde Betriebsmittel stellen neue Herausforderungen und Möglichkeiten für den Berechnungsprozess. Ziel der Arbeit ist es, die Übertragungskapazitäten unter Berücksichtigung von Unsicherheiten sowie verfügbaren netzbetrieblichen Freiheitsgraden zu berechnen. Cross-border transmission capacity limit the trade between market areas due to technical constraints of the grid, enabling optimal coupling of the markets in terms of social welfare. The efficient calculation of transmission capacity is therefore one of the requirements for the successful implementation of European energy policy. Growing uncertainties in the infeed situation as well as the increased controllability of the transmission system due to newly installed load-flow controlling devices represent new challenges and possibilities for the calculation process. This research project aims on developing a method for the calculation of transmission capacity taking into account uncertainties and operational flexibilities. 1 Einleitung Ziel des Engpassmanagements ist eine möglichst kostengünstige und zuverlässige Energieversorgung. Durch den grenzüberschreitenden Handel können die Erzeugungskosten minimiert werden, da eine kostenintensive Erzeugung aus einer Gebotszone durch eine günstigere aus einer anderen ersetzt wird. Diese Einsparungen tragen zur ökonomischen Wohlfahrt bei. Die genaue Dimensionierung von Übertragungskapazitäten hat eine große Bedeutung. Eine Überschätzung führt zu Überlastungen, die mithilfe von Redispatch-Maßnahmen zu beheben sind. Dies verursacht in der Regel zusätzliche Kosten. Im Gegensatz dazu führt eine zu niedrige Dimensionierung zu unnötigen Einschränkung des Handels. Als Folge ergeben sich wiederum höhere Erzeugungskosten. Ein effizientes Engpassmanagement und die damit verbundene Berechnung und Vergabe von Übertragungskapazitäten stehen in den letzten Jahren im Vordergrund der europäischen Gesetzgebung [1]. Die genannten Prozesse sind besonders wichtig für die Vollendung des europäischen Binnenmarktes für Strom sowie zur verbesserten Integration dargebotsabhängiger Erzeugung. Allerdings nimmt die Komplexität der Kapazitätsberechnung einerseits aufgrund des zunehmenden Anteils der volatilen Erzeugung aus Photovoltaik und Windkraftanlagen an der Stromerzeugung zu. Die Prognostizierbarkeit der Einspeisesituation, die ein wesentliches Eingangsdatum für die Kapazitätsberechnung ist, ist dadurch deutlich erschwert. Dies ist auch an dem raschen Anstieg des gehandelten Volumens am Intraday Markt zu erkennen, da dieser Markt u. a. zum kurzfristigen Ausgleich der Abweichungen von der geplanten Erzeugungsmenge genutzt wird. Andererseits werden vermehrt lastflusssteuernde Betriebsmittel wie Phasenschiebertransformatoren (PST) in dem europäischen Verbundnetz installiert. Deren Einsatz sowie andere netzbetriebliche Freiheitsgrade sollen nach neuesten Richtlinien auch im Rahmen der Kapazitätsberechnung berücksichtigt werden [2]. In der zentralwesteuropäischen Region (CWE) wurde im letzten Jahr eine neue flussbasierte Berechnungsmethode eingeführt. Ein Vergleich mit der vorher verwendeten Methode zur Kapazitätsberechnung, den koordinierten Net-Transfer-Capacites (NTC), zeigt, dass im Durchschnitt tägliche Wohlfahrtsgewinne von ca. 250 Tsd. Euro erzielt werden können. Dies bestätigt das hohe Potenzial der Kapazitätsberechnung zur Steigerung der Wohlfahrt. Die Abbildung der Unsicherheiten und der betrieblichen Maßnahmen in der neuen Berechnungsmethode wurde allerdings noch nicht angemessen betrachtet und könnte zu einer weiteren Wohlfahrtssteigerung führen. In der aktuellen flussbasierten Methode sind die Unsicherheiten mithilfe einer Sicherheitsmarge abgebildet. Dabei wird diese leitungsscharfe Sicherheitsmarge aufgrund der historisch gemessenen Flussabweichungen dimensioniert [3]. Da sie auf den vergangenen Beobachtungen basiert, bildet die Sicherheitsmarge nicht den aktuellen Informationsstand ab. So könnten sich inzwischen die Ursachen für die Flussabweichungen geändert haben. War zuvor bspw. ein Kraftwerksausfall dominierend, IAEW FGE JAHRESBERICHT

106 FORSCHUNGSPROJEKTE könnte dies nun der Prognosefehler der dargebotsabhängigen Einspeisung sein. Außerdem ist der Prognosefehler der Einspeisung aus Windkraftanlagen vom Arbeitspunkt abhängig. So sind die größten Prognosefehler bei mittlerer Windgeschwindigkeit zu erwarten, was in der herkömmlichen Sicherheitsmarge nicht erfasst wird. Weiterhin findet bei der Berechnung keine Optimierung der verfügbaren netzbetrieblichen Freiheitsgrade in Bezug auf die Zielgröße, der ökonomischen Wohlfahrt, statt. Betriebliche Freiheitsgrade werden momentan so eingesetzt, dass die Summe der Übertragungskapazitäten maximiert wird. Die Auswirkung auf die Wohlfahrt wird jedoch nicht beachtet [3]. Es stellen sich daher folgende Fragen bei der Berechnung von Übertragungskapazitäten, die im Rahmen dieser Arbeit durch die Entwicklung eines Verfahrens beantwortet werden sollen: Wie können die Unsicherheiten effizient abgebildet werden? Welche Wohlfahrtssteigerung kann durch Nutzung netzbetrieblicher Freiheitsgrade erzielt werden? 2 Analyse und Modellbildung 2.1 Berechnung von Übertragungskapazitäten Aufgabe der Berechnung von Übertragungskapazitäten ist die Bestimmung der maximalen Handelsflüsse zwischen den Gebotszonen unter Berücksichtigung der Netzsicherheit. Die Netzsicherheit ist durch technische Randbedingungen des Netzes definiert, die insbesondere über Stromund Spannungsgrenzen beschrieben werden können [2]. Es wird bei der Berechnung von einem Basisfall ausgegangen, der einen erwarteten Netzzustand für den betrachteten Zeitpunkt darstellt. Der Basisfall beinhaltet unter anderem die wahrscheinlichste Prognose der Last-/Einspeisesituation sowie die Netztopologie. Austausche zwischen den Gebotszonen sind im Basisfall ebenfalls vorhanden. Ausgehend von diesem Arbeitspunkt wird dann der Energieaustausch so lange erhöht (also die Handelsbilanzen der Gebotszonen geändert), bis eines der genannten Kriterien verletzt ist. Ggf. ist durch den Einsatz netzbetrieblicher Freiheitsgrade eine Erhöhung des zulässigen Austausches möglich. Als Richtgröße für die Berechnung dient die Wohlfahrt, die sich erst nachgelagert bei der Vergabe aus den Marktgeboten ergibt. Wie sich die Änderungen der Handelsbilanzen auf einzelne Kraftwerke bzw. auf einzelne Netzknoten verteilen, wird über Generation Shift Keys (GSK) abgebildet. Dabei wird versucht, das Gebotsverhalten der Kraftwerke am Markt nachzubilden und Auswirkungen einer Handelsbilanzänderung auf das Marktergebnis funktional auszudrücken. Dies wird in Bild 1 beispielhaft verdeutlicht. Eine exakte Abbildung des funktionalen Zusammenhangs impliziert, unter Annahme des vollkommenen Marktes, eine Abbildung der Merit Orders ausgehend von dem Arbeitspunkt. Erzeugungskosten / Verkaufspreis Bild 1: Beispielhafte Bestimmung der GSK Dies ist jedoch nur mithilfe von stückweise definierten Funktionen möglich. Da dies zu einer erheblichen Steigerung der Komplexität führt, wird in den meisten Methoden eine Linearisierung in der Nähe des Arbeitspunktes durchgeführt. Jedem Kraftwerk wird daher ein Anteilsfaktor zugeordnet und die Handelsbilanzänderung im Einklang mit diesem Faktor verteilt. Das Ergebnis der Berechnung ist ein Sicherheitsbereich, d. h. die Menge aller Werte der Handelsbilanzen, für die die Netzsicherheitskriterien erfüllt sind. Der Sicherheitsbereich wird mathematisch über ein lineares Ungleichungssystem approximiert und dem Vergabeprozess übermittelt. Dazu existieren verschiedene Kapazitätsmodelle. Bild 2: Kraftwerksgebote Arbeitspunkt Flussbasiertes Kapazitätsmodell Handelsbilanzänderung GSK Bereich Kapazität Flussbasierte Methode Austausch A B Sicherheitsbereich Austausch A C Lösungsraum Flussbasierte Nebenbedingungen Die Zielvorgabe für kurzfristige Strommärkte ist das flussbasierte Kapazitätsmodell [1], das daher auch im Rahmen dieser Arbeit benutzt wird. Wie in Bild 2 dargestellt ist, werden bei der flussbasierten Methode alle genannten Netzsicherheitskriterien über linearisierte Nebenbedingungen des Leistungsflusses abgebildet. Im Vergleich zum NTC-Ansatz bietet diese Methode eine bessere Abbildung der Wechselwirkungen zwischen einzelnen Austauschen sowie eine höhere Genauigkeit durch die Betrachtung einzelner Sicherheitskriterien. 94 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

107 FORSCHUNGSPROJEKTE Es bestehen bei der Kapazitätsberechnung starke Wechselwirkungen mit den anderen Stufen des Engpassmanagements. So können beispielsweise innerhalb einer Gebotszone strukturelle Engpässe vorhanden sein. Da die grenzüberschreitenden Übertragungskapazitäten nicht aufgrund der gebotszoneninternen Engpässe beschränkt werden sollen, werden bei der Berechnung nur von dem Austausch stark beeinflusste Netzelemente oder -bereiche betrachtet [3]. Darüber hinaus haben die Entscheidungen in der Kapazitätsberechnung Einfluss auf den Handlungsspielraum in der Systemführung. Aufgrund der hohen Redundanzanforderungen in der Systemführung werden die betrieblichen Freiheitsgrade nicht im vollen Umfang berücksichtigt. 2.3 Einfluss netzbetrieblicher Freiheitsgrade Maßnahmen wie die Stufung der PST, die Änderung der Netztopologie sowie der Redispatch ermöglichen eine gezielte Steuerung des Leistungsflusses. So kann dadurch der maximale Austausch erhöht werden, in dem die für ihn begrenzenden Netzelemente entlastet werden. Dieser zusätzliche Spielraum wird in der Berechnung dadurch berücksichtigt, dass der Einfluss der genannten Freiheitsgrade auf die Netzelemente bzw. auf die technischen Randbedingungen modelliert wird. Es ist jedoch zu beachten, dass durch eine Umlenkung der Leistungsflüsse ggf. andere Austausche begrenzt werden können. Der Einsatz der Maßnahmen soll daher wohlfahrtmaximierend erfolgen. 2.2 Unsicherheiten in der Kapazitätsberechnung Die wesentlichen Eingangsdaten für die Kapazitätsberechnung sind mit Unsicherheiten behaftet. Diese Unsicherheiten lassen sich wie folgt unterteilen: Prognosefehler der Last sowie der Einspeisung dargebotsabhängiger Erzeugungsanlagen Ungeplante Nichtverfügbarkeiten der Kraftwerke oder Netzbetriebsmittel (Ausfälle) Unsicherheiten im Gebotsverhalten der Marktteilnehmer Von bestimmten GSK-Faktoren abweichender Kraftwerkseinsatz Dies führt dazu, dass sowohl die Zielgröße, die ökonomische Wohlfahrt, als auch die Nebenbedingungen, die technischen Randbedingungen des Netzbetriebs von dem erwarteten Wert abweichen können. Zwischen diesen Unsicherheiten bestehen Zusammenhänge, die bei der Modellierung zu berücksichtigen sind. So sind die Prognosefehler auf einzelnen Standorten sowohl räumlich als auch zeitlich korreliert. Diese führen zu einer Abweichung in der Wirkleistungsbilanz, die auf den späteren kurzfristigen Strommärkten oder durch Leistungs- Frequenz-Regelung (LFR) ausgeglichen werden muss. Weiterhin können je nach Ursache, insbesondere auf parallel verlaufenden Trassen, mehrere Netzbetriebsmittel gleichzeitig ausfallen. Die Berechnung von Übertragungskapazitäten stellt einen Entscheidungsprozess dar. Die einzige Entscheidung ist hierbei, wieviel Übertragungskapazität dem Markt freigegeben wird. Die Entscheidungsfindung erfolgt unter Risiko, d. h. mögliche Entwicklungen der Unsicherheiten sollen berücksichtigt werden. So wird die Einhaltung der Nebenbedingungen mithilfe von Sicherheitsmargen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit sichergestellt. Zur Abbildung der Unsicherheiten eignet sich der Monte-Carlo-Ansatz, da hier u. a. die Korrelationen zwischen den Unsicherheiten geeignet modelliert werden können. 3 Geplantes Vorgehen Zur Ermittlung der Übertragungskapazitäten werden zunächst die Auswirkungen der Unsicherheiten auf die Zielgröße und die Nebenbedingungen ermittelt. Es werden ausgehend von einem Basisfall im Rahmen einer Monte-Carlo-Simulation eine große Anzahl möglicher Entwicklungen der beschriebenen Unsicherheiten unter Berücksichtigung der hinterlegten stochastischen Eigenschaften generiert. Für jede generierte Ziehung werden durch die Simulation der Strommärkte die Last-/Einspeisesituation ermittelt und anschließend Auswirkungen auf die Nebenbedingungen mithilfe einer Lastflussrechnung bestimmt. Aus der Häufigkeitsverteilung der Abweichungen in den Nebenbedingungen können die Sicherheitsmargen für jede Nebenbedingung abgeleitet werden. Für die optimale Einsatzentscheidung der betrieblichen Freiheitsgrade muss jedoch die große Anzahl an Ziehungen zu Szenarien aggregiert werden, um die Rechenzeit zu begrenzen. Für die bestimmten Szenarien soll dann die Berechnung der Übertragungskapazitäten in Form einer stochastischen Optimierung stattfinden. Aus den Berechnungen ergeben sich flussbasierte Nebenbedingungen unter Berücksichtigung des für alle Szenarien optimalen Einsatzes der netzbetrieblichen Maßnahmen. 4 Literatur [1] Europäische Kommission Verordnung 2015/ [2] ENTSO-E Network Code on Capacity Allocation and Congestion Management 2012 [3] CWE Flow-Based Market Coupling Parties CWE FB MC Approval Document 2014 IAEW FGE JAHRESBERICHT

108 FORSCHUNGSPROJEKTE Planung von Verteilnetzen unter Berücksichtigung von Gleichstromtechnologie Planning of Distribution Grids in Consideration of DC Technology M.Sc. Jens Priebe Im Zuge der Energiewende müssen die Verteilnetze für die weitere Integration von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energiequellen ertüchtigt werden. Historisch bedingt basieren die elektrischen Netze auf der etablierten Wechselstromtechnologie. Einen neuartigen Ansatz zur Ertüchtigung stellt allerdings die Gleichstromtechnologie dar. Aufgrund technologischer Fortschritte und Kostendegressionen im Bereich der Leistungselektronik in den vergangenen Jahren rückt diese Technologie zunehmend in den Fokus. Dabei verspricht die Gleichstromtechnologie einige Vorteile gegenüber der konventionellen Wechselstromtechnologie. Um den Einsatz von Gleichstromtechnologie in den Verteilnetzen bewerten zu können, besteht jedoch Forschungsbedarf, wie auf Gleichstromtechnologie basierende Verteilnetze grundsätzlich technisch und kostenoptimal konzipiert werden können. Daher ist das Ziel dieses Forschungsvorhabens die Entwicklung eines Planungsverfahrens für Verteilnetze auf Basis von Gleichstromtechnologie. The distribution grids need to be reinforced for a further integration of generation units based on renewable energy sources due to the energy transition. Historically, the electrical grids are based on established alternating current technology. A new approach for the reinforcement is the direct current technology. Due to technological progresses and decreasing trends in costs in the field of power electronics in the last years this technology is focused more and more. At the same time direct current technology promises some advantages compared to the conventional alternating current technology. In order to evaluate the application of direct current technology in distribution grids there is an existing need for research how distribution grids based on direct current technology can be technically and cost-optimally designed. Therefore, the objective of this research project is to develop a planning tool for distribution grids based on direct current technology. 1 Hintergrund und Zielsetzung Aufgrund energiepolitischer Zielsetzungen kommt es zu einem Anstieg der installierten Leistungen dezentraler Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien. Dabei ist ein Großteil dieser Erzeugungsanlagen in den Verteilnetzebenen angeschlossen. Allerdings sind die historisch gewachsenen Verteilnetze der Mittel- und Niederspannungsebene, welche auf Basis von Wechselstrom (AC) errichtet sind, im Wesentlichen für die Versorgung von Lasten und nicht für die Aufnahme von Einspeisungen erbaut worden. Daher kann es durch die vermehrte Leistungseinspeisungen zu Problemen bei der Einhaltung der technischen Randbedingungen kommen. Insbesondere können Verletzungen der Spannungsbandgrenzen resultieren. Netzausbaumaßnahmen können zu einer Behebung der auftretenden Grenzwertverletzungen beitragen und zusätzlich die weitere Integration von dezentralen Erzeugungsanlagen ermöglichen. Um den Netzausbau allerdings zu reduzieren, werden heutzutage verschiedene Konzepte erprobt, welche neue Freiheitsgrade für den Netzbetrieb darstellen. In Folge von technologischen Fortschritten und Kostendegressionen im Bereich der Leistungselektronik in den letzten Jahren rückt die Gleichstromtechnologie (DC) zunehmend in den Fokus aktueller Forschungsaktivitäten. Netze auf Basis von Gleichstromtechnologie werden daher zunehmend realistischer. Neue netzbetriebliche Freiheitsgrade in den Verteilnetzen und weitere potenzielle Vorteile gegenüber der Wechselstromtechnologie verspricht auch die Gleichstromtechnologie sowie der damit verbundene Einsatz von Umrichtern. In Netzen auf Basis von Gleichstromtechnologie kann durch die Steuerbarkeit beim Einsatz von Umrichtern die Möglichkeit entstehen, Leistungsflüsse zu steuern. Zudem wird keine Blindleistung übertragen, sodass die Spannungshaltung erleichtert werden könnte und Leitungen lediglich für die Übertragung von Wirkleistung genutzt werden könnten. Da eine steigende Nutzung leistungselektronischer Anwendungen bei elektrischen Verbrauchern und Erzeugungsanlagen in den Verteilnetzen zu verzeichnen ist, versprechen DC-Netze weiterhin Einsparungen von Umwandlungsverlusten, da AC/DC-Umwandlungsstufen wegfallen könnten. Folglich ist zu untersuchen, ob eine Nutzung von DC-Technologie in Verteilnetzen vorteilhaft ist. In Deutschland umfasst die Verteilnetzebene die drei Ebenen der Hoch-, Mittel- und Niederspannung. Die meisten Kunden- sowie dezentralen Erzeugungsanlagen, bei welchen größtenteils leistungselektronische Anwendungen zum Einsatz kommen, haben Anschlussleistungen im unteren Megawatt-Bereich und sind dementsprechend in den unteren Spannungsebenen der Verteilungsnetzebene angeschlossen. Eine weitere Betrachtung zukünftiger DC-Netze in der Verteilnetzebene mit Anschluss einer Vielzahl an Verbrauchern und Erzeugern erfolgt daher innerhalb eines Spannungsbereichs bis 110 kv. 96 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

109 FORSCHUNGSPROJEKTE Für diesen Spannungsbereich stellt sich die Frage, wie reine DC-Netze prinzipiell technisch und kostenoptimal konzipiert werden können. Dafür müssen beispielsweise geeignete Netzstrukturen und die Anzahl an Spannungsebenen überdacht werden. In Bild 1 ist ein schematischer Überblick über ein mögliches Netz auf Basis von Gleichstromtechnologie mit zwei Spannungsebenen dargestellt. = Bild 1: 110 kv 110 kv = AC/DC-Umrichter Vereinfachtes Prinzipbild eines Verteilnetzes auf Basis von Gleichstromtechnologie Das Ziel des Forschungsvorhabens ist vor diesem Hintergrund die Entwicklung eines Grundsatzplanungsverfahrens für Verteilnetze auf Basis von Gleichstromtechnologie. Dieses Verfahren soll einen grundsätzlichen Vergleich zwischen DC- und AC-Netzen ermöglichen. Zudem sollen auf Basis des Verfahrens erste Aussagen über eine mögliche technische und wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit getroffen werden können. 2 Analyse 2.1 Planerische Freiheitsgrade von Gleichstromverteilnetzen Zukünftige Verteilnetze unter Berücksichtigung von Gleichstromtechnologie ermöglichen unterschiedliche Varianten der Ausgestaltung. Aufgrund fehlender Konventionen und Standardisierungen resultieren im Vergleich zur konventionellen Netzplanung zusätzliche Freiheitsgrade. Daher ergeben sich die folgenden Freiheitsgrade, welche bei der Planung zu berücksichtigen sind: Anzahl der Spannungsebenen und Spannungsniveau je Ebene Anzahl und Standorte von Verknüpfungspunkten zwischen den Spannungsebenen Netzstrukturen DC-Übertragungskonfiguration Trassenauswahl = = = = Verknüpfungspunkt zu unterlagerter Spannungsebene = AC DC DC/DC-Spannungswandler Betriebsmittelwahl und -dimensionierung Im Falle reiner DC-Netze sind die Anzahl an Spannungsebenen und die zugehörigen Spannungsniveaus zu bestimmen. Mit einer steigenden Anzahl an Spannungsebenen nimmt allerdings auch die Anzahl an Transformations- bzw. Spannungswandlungsstufen zu. Die Wahl der Spannungsniveaus der einzelnen Ebenen wird durch einige beeinflussende Faktoren wie die übertragbare Leistung oder die Kosten für Betriebsmittel eingeschränkt. Weiterhin sind die Anzahl sowie die Standorte der Verknüpfungspunkte zwischen den jeweiligen Spannungsebenen zu bestimmen. Auch die Netzstrukturen für zukünftige DC-Netze sind bislang nicht determiniert, sodass diese für jede Versorgungsaufgabe individuell zu wählen sind. Folglich könnten sich auch vermaschte Netzstrukturen eignen und müssen daher planbar sein. Daraus resultiert die Forderung nach einer strukturoffenen Planung. Weiterhin muss untersucht werden, ob DC- Netze auf Basis monopolarer oder bipolarer Übertragungskonfigurationen errichtet werden. Eine monopolare Verbindung basiert auf einem spannungsführenden Leiter. Eine bipolare Verbindung liegt im Falle zweier mit entgegengesetzter Polarität betriebener Leiter vor. Beide Konfigurationen können eine Rückleitung über Erde oder Neutralleiter haben. Weiterhin müssen die Auswahl und Belegungen möglicher Trassenverläufe bestimmt werden und Betriebsmittel abhängig von der Netzbelastung gewählt und dimensioniert werden. 2.2 Technische Randbedingungen Bereits bei der Planung von Netzen muss ein gültiger Betrieb sichergestellt werden. Der Einsatz einer neuen Technologie und damit auch neuartiger Betriebsmittel erfordert daher die Untersuchung der technischen Randbedingungen. Diese sind im Wesentlichen die zulässigen Spannungsbänder, Betriebsmittelbelastungen, Kurzschlussströme sowie die Versorgungszuverlässigkeit. Die zulässigen Spannungsbänder werden von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst. Ein Anschluss an Gleichstromnetze wird größtenteils über Umrichter zur Wandlung der Spannungsform oder der Spannungshöhe erfolgen. Umrichter verfügen meist über einen definierten Eingangsbereich der DC-Spannung, innerhalb dessen eine gewisse Ausgangsspannung erzeugt werden kann. Neben der Isolationsfestigkeit der Betriebsmittel und der Gewährleistung für einen uneingeschränkten Betrieb technischer Geräte bestimmen daher auch die Grenzen der im DC-Netz eingesetzten Umrichter die zulässigen Spannungsbänder. Weiterhin ermöglicht ein solcher Eingangsbereich der Spannung bei geeigneten DC/DC-Spannungswandlern, welche Spannungsebenen verbinden können, eine Entkopplung der Spannungsbänder der verbundenen Spannungsebenen. Als Folge werden sich die Spannungsbänder in DC-Netzen anders als in AC-Netzen mit Transformatoren mit festem Übersetzungsverhältnis nicht mehr über Spannungsebenen wie IAEW FGE JAHRESBERICHT

110 FORSCHUNGSPROJEKTE beispielsweise über Mittel- und Niederspannung aufteilen. Überschreitungen des thermischen Grenzstroms oder maximal übertragbarer Leistungen können zu unzulässig hohen thermischen Beanspruchungen führen, welche in einer thermischen Beschädigung oder Zerstörung der Betriebsmittel resultieren können. In zu planenden Netzen müssen solche Überlastungen folglich vermieden werden. Eine weitere Randbedingung sind auftretende Kurzschlussströme, deren charakteristischer Verlauf sich in reinen DC-Netzen von dem in AC- Netzen unterscheidet. Diese Fehlerströme weisen beispielsweise keinen Null-Durchgang und andere Eigenschaften in Bezug auf maximale Fehlerstromhöhe und Anstieg auf. Weiterhin muss eine gewisse Versorgungszuverlässigkeit sichergestellt werden. Diese sollte in einer mindestens vergleichbaren Größenordnung wie in bestehenden AC-Netzen liegen und wird in DC-Netzen durch zusätzliche auf Leistungselektronik basierende Umrichter als wesentliche Komponenten beeinflusst. Zu diesem Zweck ist auch eine entsprechende Auslegung und Dimensionierung des Schutzes erforderlich, sodass abhängig von der Netzstruktur eine Auswahl geeigneter Schutzkonzepte erfolgen muss [1]. Dabei ist beispielsweise zu untersuchen, welche Ausdehnung einzelne Abschaltbereiche aufweisen sollten, damit in Fehlerfällen nicht das gesamte Netz, sondern lediglich Teilbereiche abgeschaltet werden können. 2.3 Betrieb von Gleichstromverteilnetzen Bisherige Erfahrungswerte in der Verteilnetzebene basieren auf dem Betrieb von historisch gewachsenen Drehstromnetzen. Gleichstromnetze in der öffentlichen Elektrizitätsversorgung mit einer Vielzahl ein- und ausspeisender Umrichter sind bislang nicht umgesetzt. Daher ist es erforderlich, ein Verständnis der Funktionsweise und des Betriebs von DC-Netzen aufzubauen. Dazu müssen die Konzepte der Leistungsbilanzierung, zur Spannungssteuerung sowie zur Leistungsflusssteuerung analysiert werden. Eine wesentliche Bedeutung innerhalb von DC-Netzen kommt der Spannung zu. Diese kann als Indikator für die Leistungsbilanzierung herangezogen werden [2]. Um die Spannung an Knoten, an denen Umrichter angeschlossen sind, zu regeln, gibt es sowohl unterschiedliche Konzepte einzelne Umrichter als auch Strategien alle im Netz angeschlossenen Umrichter koordiniert zu steuern. Einzelne Umrichter können beispielsweise auf Basis unterschiedlicher Strom- oder Leistung-Spannung-Kennlinien geregelt werden. [3] In DC-Netzen mit mindestens zwei Umrichtern, welche nicht dem Anschluss einer konstanten Einspeisung oder Last dienen, wie die Umrichter zur Verbindung mit dem überlagerten AC-Netz besteht die Möglichkeit, die jeweils ein- oder ausgespeiste Leistung über den Umrichter zu steuern und damit die Leistungsflüsse innerhalb des Netzes zu beeinflussen. Somit könnten auch die Auslastungen einzelner Leitungen oder die Netzverluste durch einen optimierten Umrichtereinsatz beeinflusst werden. Ein solcher optimierter Betrieb muss daher in der Netzplanung abgebildet werden. 3 Geplantes Vorgehen und Verfahren Innerhalb des Verfahrens zur Zielnetzplanung von Verteilnetzen unter Berücksichtigung von Gleichstromtechnologie müssen die beschriebenen planerischen Freiheitsgrade sowie die technischen Randbedingungen berücksichtigt und der Netzbetrieb abgebildet werden. Als Eingangsdaten muss im Wesentlichen eine Versorgungsaufgabe eingelesen werden. Auf Basis vorheriger Analysen können dann beispielsweise eine geeignete Anzahl an Spannungsebenen, geeignete Spannungsniveaus und Übertragungskonfigurationen vorgeben werden, auf deren Basis ein entsprechendes Zielnetz geplant werden kann. Die Zielnetzplanung einer betrachteten Versorgungsaufgabe mit einer Vielzahl an Verbindungsmöglichkeiten der anzuschließenden Stationen, Verbraucher und Lasten stellt grundsätzlich ein kombinatorisches Optimierungsproblem dar, welches innerhalb einer akzeptablen Rechenzeit zu lösen ist. Daher bieten sich vornehmlich heuristische Lösungsansätze gegenüber exakten, rechenzeitintensiven Lösungsverfahren an. In Abhängigkeit der Vorgaben und auf Basis des zu wählenden Lösungsverfahrens können für die Versorgungsaufgabe verschiedene Netzentwürfe erstellt werden, welche in einem ersten Schritt auf technische Gültigkeit geprüft werden müssen. Ist ein Netzentwurf technisch gültig, kann dieser anhand seiner Investitions- und Betriebskosten bewertet werden. Dadurch kann dann der kostengünstigste Netzentwurf bestimmt werden. In die Bewertung der Netzentwürfe muss allerdings auch der optimierte Umrichtereinsatz für den Netzbetrieb eingehen, welcher beispielsweise die Auslegung der erforderlichen Betriebsmittel beeinflussen kann. Als Ergebnis soll ein Zielnetz mit optimalen Netzstrukturen sowie Betriebsmittelauslegungen folgen. Das geplante DC-Zielnetz kann anschließend mit einem AC-Zielnetz für die gleiche Versorgungsaufgabe verglichen werden. 4 Literatur [1] Jovic, D.; Ahmed, K. High-Voltage Direct-Current Transmission: Converters, Systems and DC Grids Aberdeen, Scotland, 2015 [2] Renner, R. H.; Beereten, J.; Van Hertem, D. Optimal DC Reference Voltage in HVDC Grids 11th IET International Conference on AC and DC Power Transmission, 2015 [3] Vrana, T.; Beereten, J.; Belmans, R.; Fosso, O. A Classification of DC Node Voltage Control Methods for HVDC Grids Electric Power System Research, vol. 103, pp , IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

111 FORSCHUNGSPROJEKTE Bewertung regenerativer Erzeugungsportfolios mit Speichern unter Berücksichtigung von Unsicherheiten in Deutschland Evaluation of Renewable Energy Portfolios with Storage Systems Considering Uncertainties in Germany Dipl.-Wirt.-Ing. Daniel Schweer Aufgrund der Förderung von Einspeisungen aus Erzeugungsanlagen auf Basis von erneuerbaren Energien (EE) hat die dargebotsabhängige, nicht steuerbare Erzeugung, insbesondere aus Windenergie- und Photovoltaikanlagen, in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Die erzielte Marktreife der EE-Anlagen führt zu einer zunehmenden Marktintegration durch eigenverantwortliche Direktvermarktung bei Neu- und Bestandsanlagen. Die Vermarktung ist mit Unsicherheiten verbunden: erzeugerseitig aufgrund fehlerbehafteter Einspeiseprognosen für Windenergie- und Photovoltaikanlagen und marktseitig durch Preisentwicklungen am Spotmarkt und am Markt für Regelleistung. Insbesondere Stromspeicher können mit der flexiblen Bereitstellung von Leistung zur Reduktion des Einflusses von Unsicherheiten im Betrieb und in der Vermarktung beitragen. Im Rahmen dieser Arbeit soll daher ein Verfahren zur Bewertung regenerativer Erzeugungsportfolios mit Speichern unter Berücksichtigung von Unsicherheiten in Deutschland entwickelt werden. Due to the political subsidization of feed-in from generation units based on renewable energies, the feed-in of electrical energy by intermittent sources, such as wind or solar power, has increased significantly over the last years. As this trend will continue, incentives for market integration of renewable energy sources are essential. The direct trading of renewable power plant portfolios is automatically linked to uncertainties. On one side, the forecast errors lead to mismatch in between traded and generated power, on the other side the price uncertainty has to be considered for the optimal allocation of power to the actual market considering revenues on the following markets. Furthermore, power storage systems could serve for the reduction of the influence of uncertainties both on the operation and on the trading side. Therefore, the scope of this thesis is the development of a method for evaluation of renewable energy portfolios with storage systems considering uncertainties in Germany. 1 Einleitung Die Stromversorgung in Deutschland unterliegt mit dem Zubau an Erzeugungsleistung auf Basis von erneuerbaren Energien (EE-Anlagen) sowie der Abnahme von konventioneller Erzeugungsleistung aufgrund des Kernenergieausstiegs bis zum Jahr 2022 und der Überführung von Braunkohlekraftwerken in die Kapazitätsreserve ab 2017 mit anschließender Stilllegung nach vier Jahren einer stetigen Veränderung. Im Rahmen der Energiewende werden vorzugsweise dargebotsabhängige Erzeugungstechnologien wie Windenergieanlagen (WEA) und Photovoltaikanlagen (PVA) zugebaut. Die dargebotsabhängige Einspeisung birgt Herausforderungen hinsichtlich des Ausgleichs von Prognosefehlern sowie des langfristigen Dargebotsausgleichs. Der steigende Flexibilitätsbedarf im Stromversorgungsystem ist zukünftig daher neben konventionellen Kraftwerken und dem Übertragungsnetz, insbesondere durch Nachfrageflexibilisierung, bedarfsgerechte Einspeisung durch EE-Anlagen und Speicher bereitzustellen [1]. Mit der Veränderung der Zusammensetzung des Stromerzeugungssystems werden die Portfolios in der Vermarktung stärker durch EE-Anlagen und Flexibilitätsoptionen gekennzeichnet sein. Die Vermarktung der EE- Anlagen erfolgt an den Spotmärkten unter Inanspruchnahme der Förderung nach Erneuerbare-Energien-Gesetz und teils an den Regelleistungsmärkten. Aufgrund der kurzfristigen Vermarktung des Portfolios sind Flexibilitätsoptionen für den Kurzfristbereich zum Ausgleich von Leistungsungleichgewichten aufgrund von Prognoseabweichungen erforderlich. Zur kurzfristigen Leistungsbereitstellung eignen sich insbesondere Batteriespeicher. Die Vermarktung der Einspeisung aus EE-Anlagen basiert auf fehlerbehaftete Leistungsprognosen. Aufgrund der stetigen Veränderungen des meteorologischen Dargebots werden diese Leistungsprognosen in regelmäßigen Zeitabständen durch die Anbieter aktualisiert. Dennoch sind Prognosen mit Unsicherheit behaftet und Prognoseabweichungen treten laufend auf. Diese nehmen zwar mit einem kürzer werdenden Prognosehorizont ab, führen jedoch zu Abweichungen in der Leistungsbilanz des Portfolios. Im Rahmen dieser Arbeit gilt es daher, ein Verfahren zu entwickeln, welches zur Bewertung der Vermarktung von regenerativen Erzeugungsportfolios und Speichern unter besonderer Berücksichtigung von Unsicherheiten dient. 2 Analyse Zur Marktintegration von EE-Anlagen wurde die Direktvermarktung als eigenverantwortliche Veräußerung von erzeugtem Strom aus EE-Anlagen an Dritte eingeführt. IAEW FGE JAHRESBERICHT

112 FORSCHUNGSPROJEKTE Im Wesentlichen ist zwischen zwei Formen der Direktvermarktung zu unterscheiden: Bei der geförderten Direktvermarktung erhält der Anlagenbetreiber für den vermarkteten und tatsächlich eingespeisten Strom neben den Handelserlösen vom Netzbetreiber eine Marktprämie. Der Anspruch auf die geförderte Direktvermarktung besteht ausschließlich für die Dauer von 20 Kalenderjahren nach Inbetriebnahme zuzüglich des Inbetriebnahmejahres. Bei der sonstigen Direktvermarktung wird keine weitere Förderung durch den Netzbetreiber gewährt, daher wird diese Vermarktung vorwiegend von Anlagenbetreibern ohne weiteren Förderungsanspruch gewählt. Voraussetzung zur Direktvermarktung ist eine technische Einrichtung zum Auslesen der Ist-Einspeisung in einem 15 Minuten Intervall und Fernsteuerbarkeit, wobei je nach Leitungsklasse eine diskrete oder kontinuierliche Leistungsanpassung erfolgt. Biogasanlagen erhalten für die Vorhaltung von Leistung zur bedarfsgerechten Erzeugung einen Leistungspreis, die sogenannte Flexibilitätsprämie. 2.1 Erzeugungsportfolio Erzeugungsportfolios in der Direktvermarktung sind durch regenerative Erzeugungsanlagen determiniert. Der Großteil der vermarkteten Leistung ist durch die fluktuierende Einspeisung aus WEA und PVA bestimmt. Deren Einspeisung ist durch starke, periodische (Tagesgang, Jahreszeit) und stochastische (Wetter) Schwankungen beeinflusst. Die regenerative Erzeugung aus Biogas bietet aufgrund der regelbaren Zufuhr des Energieträgers eine flexible Leistungsbereitstellung. Insbesondere betriebliche Restriktionen durch die begrenzte Kapazität des Biogasspeichers sind jedoch zu berücksichtigen. Die Speicherung von Biogas im Fermenter oder in externen Folienkissenspeichern erlaubt die Entkopplung zwischen Gasgewinnung und -nutzung und damit eine bedarfsorientierte Gasabnahme zur flexiblen Leistungsbereitstellung. Weitere Flexibilität schafft die Entkoppelung der dargebotsabhängigen Erzeugung und Einspeisung durch den Einsatz von Batteriespeichern. Zur kurzfristigen Verschiebung der Einspeisung und zum Ausgleich von Fahrplanabweichungen ist daher in der kurzfristigen Vermarktung eine Integration von Batteriespeichern in das Portfolio sinnvoll. Batteriespeicher bieten im Kurzfristbereich bei hohen Leistungsänderungsgeschwindigkeiten ein hohes Flexibilitätspotenzial. 2.2 Handelsplätze Die Vermarktung der EE-Anlagen kann an verschiedenen Handelsplätzen erfolgen. Bild 1 beschreibt den Handelsablauf in der Vermarktung. Die Auktionen zur Regelleistungsbeschaffung durch die Übertragungsnetzbetreiber sind stets dem Spothandel vorgelagert. Die wöchentlichen Ausschreibungen der Primärregelleistung (PRL) und der Sekundärregelleistung (SRL) werden in der Vorwoche auktioniert. Minutenreserve (MR) wird werktags um 10 Uhr für den Zeitraum bis einschließlich des folgenden Werktags gehandelt. Täglich um 12 Uhr findet der Day Ahead Handel für den Folgetag statt. Um 15 Uhr des Vortags schließt die Intraday Auktion der Viertelstundenkontrakte. Zum selben Zeitpunkt öffnet der kontinuierliche Intraday Handel für den Folgetag, wo der Handel bis zu 30 Minuten vor Lieferung möglich ist [2, 3]. Bild 1: Handelsablauf am Markt für Regelleistung und Spotmarkt Zur Abbildung des Handelsablaufs ist eine Unterteilung in die verschiedenen Handelsstufen erforderlich. Die jeweiligen Handelsstufen sind durch den zugehörigen Zeitpunkt der Entscheidung sowie den entsprechenden Planungszeitraum determiniert. 2.3 Unsicherheiten In der Direktvermarktung liegt zum Zeitpunkt der Handelsentscheidung eine Preisunsicherheit, insbesondere für die nachgelagerten Märkte als auch eine Mengenunsicherheit bei der Leistungsprognose der dargebotsabhängigen Einspeisung vor. Bild 2: Handel PRL SRL MR Day Ahead Intraday Zeitverlauf Vorwoche Vortag kontinuierlich Regelleistung Handelsentscheidung Spothandel Zeitpunkt der Lieferung Qualitative Darstellung der Entwicklung von Unsicherheiten über Planungshorizont Der Handelsablauf hat zur Folge, dass der Zeitpunkt der Handelsentscheidung stets vor dem eigentlichen Lieferzeitpunkt liegt. Bild 2 stellt exemplarisch den Zeitpunkt der Handelsentscheidung sowie die zeitabhängige Dichtefunktion der Abweichungen vom Erwartungswert der Einspeiseprognose über den Planungshorizont dar. So steigen die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Abweichung sowie deren absolute Höhe mit zunehmendem Zeithorizont zwischen dem Zeitpunkt der Handelsentscheidung und der tatsächlichen Erfüllung des Handelsgeschäfts. In der Modellierung des Handelsgeschehens sind daher die Unsicherheiten in ihrer zeitlichen Struktur und Ausprägung zu berücksichtigen. 100 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

113 3 Modellierung Bei der Abbildung des Erzeugungsportfolios finden die technischen und betrieblichen Restriktionen der Anlagen sowie deren betriebliche Kosten Berücksichtigung. Aufgrund der Kleinstufigkeit der Leistung bei dargebotsabhängigen Erzeugungsanlagen kann bei gegebener Fernsteuerbarkeit die Regelung der Einspeiseleistung von WEA und PVA bei einem ausreichend großen Portfolio als kontinuierlich angenommen werden. Bei Biogasanlagen werden vorwiegend Verbrennungsmotoren eingesetzt. Dies erfordert in der Modellierung die Berücksichtigung der thermischen Prozesse gemäß [4]. Das begrenzte Biogasdargebot des Fermentationsprozesses wird als zeitvarianter Biogasausstoß abgebildet, wobei das minimale und das maximale Speichervolumen durch den Fermenter bestimmt sind. Die Abbildung der Handelsentscheidung erfolgt unter Berücksichtigung der Preiserwartungen an den nachgelagerten Handel sowie des EE-Prognosefehlers. Hierzu wird ein Szenariobaum mit den verschiedenen Entwicklungen (Szenariopfade) aufgespannt. Ein Szenariopfad enthält die Preiserwartungen für die aktuelle Handelsentscheidung und die verschiedenen Entwicklungen der unsicheren Einspeiseprognosen der EE-Anlagen sowie deren zugehörige, korrelierte Preiserwartung für die nachfolgenden Handelsplätze. Zur Herleitung einer eindeutigen Entscheidung wird eine Kopplung der Szenariopfade im Punkt der zu treffenden Entscheidung vorgenommen. Bild 3 zeigt die exemplarische Abbildung der Entscheidungsfindung über die berücksichtigten Szenariopfade sowie die zugehörige Eintrittswahrscheinlichkeiten. Szenario P Bild 3: Abbildung der Entscheidungsfindung über die betrachteten Szenariopfade Mithilfe der gewählten Methodik lassen sich eindeutige Handelsentscheidungen zu einem definierten Handelszeitpunkt unter Unsicherheiten bestimmen, die über alle Szenariopfade die optimale Entscheidung darstellen. 4 Verfahren Szenariopfad Zeitverlauf Entscheidung über alle Szenarien P 1 P 2 P 3 P n-1 P n Eintrittswahrscheinlichkeit des Szenarios Die Grundlage für die Verfahrensentwicklung bildet ein am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IAEW) an der RWTH Aachen University entwickeltes Verfahren [5]. FORSCHUNGSPROJEKTE Der Verfahrensablauf ist durch die Veränderungen in den Informationen und der damit verbundenen Handelsentscheidung bestimmt. In jedem Iterationsschritt werden die Erwartungen an die Markt- und Einspeiseentwicklung gemäß aktueller Informationen aufgearbeitet und anschließend in Form eines Szenarienbaums an die Optimierung übergeben. Ergebnis der Optimierung sind eindeutige und optimale Handelsentscheidungen über alle Szenariopfade für den aktuellen Handelsplatz. Für die nachfolgende Iteration werden die Handelsentscheidungen als abgeschlossene Handelsgeschäfte berücksichtigt. Abschließend werden die getroffenen Handelsentscheidungen bilanziert. Der Verfahrensablauf ist schematisch in Bild 4 dargestellt. Bild 4: Verfahrensablauf Ergebnis ist die optimale Handelsentscheidung unter der Berücksichtigung der aktuell vorliegenden Informationen und Erwartungen an das zukünftige Markt- und Einspeisegeschehen. 5 Weiteres Vorgehen In den weiteren Schritten gilt es, die Anwendbarkeit des Verfahrens zu verifizieren und zu plausibilisieren. Hierzu wurde ein konsistentes Untersuchungsprogramm hergeleitet. 6 Literatur Aktualisierung Markt- und Einspeiseerwartungen Erstellung des Szenarienbaums Optimierung der Handelsentscheidung Abschluss der Handelsentscheidung Bilanzierung aller Handelsentscheidung [1] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Ein Strommarkt für die Energiewende, 2015 [2] 50Hertz Transmission, Amprion, TransetBW, TenneT TSO, Internetplattform zur Vergabe von Regelleistung, [3] EPEX SPOT SE, EPEX SPOT Handlungsbedingungen, Paris 2015 [4] Carrión, M.; Arroyo, J. M. A Computationally Efficient Mixed-Integer Linear Formulation for the Thermal Unit Commitment Problem, IEEE, 2006 [5] Kasper, U. S. Modelle zur Unterstützung von Handelsentscheidungen an Märkten für Fahrplanenergie und Reserve, Diss. RWTH Aachen, 2013 IAEW FGE JAHRESBERICHT

114 FORSCHUNGSPROJEKTE Betriebswirtschaftliche Ausbauplanung von Mittel- und Niederspannungsnetzen unter Berücksichtigung des regulatorischen Rahmens Economic Expansion Planning of Medium- and Low-Voltage Grids under Consideration of the Regulatory Framework M.Sc. Marius Sieberichs Durch den starken Zubau dezentraler Erzeugungsanlagen in der Mittel- und Niederspannungsebene obliegen Netzbetreiber zunehmend der Pflicht, Netzverstärkungs- und Netzausbaumaßnahmen zu ergreifen. Zudem sind Ersatzmaßnahmen zum Erhalt einer angemessenen Versorgungsqualität von Verteilnetzbetreibern zu realisieren. Diese planerischen Maßnahmen nehmen Einfluss auf die sich aus der Regulierung ergebenen Eigenkapitalverzinsung der Anteilseigner. Netzbetreiber sollten somit stets die betriebswirtschaftlichen Wechselwirkungen zwischen den erforderlichen Planungsmaßnahmen und den verschiedenen durch die Regulierung vorgegebenen Erlösmechanismen beachten. Das Ziel der Arbeit ist daher die Entwicklung eines Netzplanungsverfahrens, welches unter Berücksichtigung der planerischen Freiheitsgrade und des gegenwärtigen Regulierungsrahmens technisch gültige und betriebswirtschaftlich optimale Umsetzungszeitpunkte für verschiedene Planungsmaßnahmen ermittelt. Due to the increasing number of decentralized and volatile feed-in of distributed power generation units, network operators are obliged to expand their networks. Furthermore replacement measures are necessary in order to preserve a reasonable power quality service. These network planning measures influence the revenues of network operators due to the German regulatory framework. Thus, grid operators need to consider interactions between the different degrees of freedoms and regulatory revenue mechanisms in the planning process. Therefore the scope of this research project is to develop a method to determine optimal realization dates of different planning measures under consideration of technical and economical influences such as the regulatory framework. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit Durch die zunehmende, meist dargebotsabhängige Einspeisung von dezentralen Erzeugungsanlagen und den Netzanschluss neuartiger Letztverbraucher kommt es insbesondere in der Verteilnetzebene zu einer deutlichen Veränderung der Netznutzung. Die bestehenden Verteilungsnetze sind auf die Veränderung der Versorgungsaufgabe nicht ausgelegt, sodass schon heute in einigen Netzgebieten die Einhaltung eines zuverlässigen und sicheren Netzbetriebs erschwert wird. Um die technischen Randbedingungen des Netzbetriebs einzuhalten, sind Verteilnetzbetreiber verpflichtet ihr Stromnetz auszubauen. Dem Netzbetreiber stehen dazu konventionelle und zukünftig netzbetriebliche Maßnahmen, wie beispielsweise das Wirkleistungsmanagement von dezentralen Erzeugungsanlagen, zur Verfügung. Zudem sind Verteilnetzbetreiber bemüht, ein angemessenes Niveau an Versorgungsqualität zu gewährleisten, sodass zudem regelmäßig Ersatzmaßnahmen erforderlich sind. Der optimale Zeitpunkt für die Umsetzung erforderlicher Planungsmaßnahmen ist stark von der Art der Planungsmaßnahme (Ersatz-, Umbau- oder Ausbaumaßnahme) und der Wirkung des Regulierungsrahmens abhängig. Damit Netzbetreiber unter Berücksichtigung des derzeitigen Regulierungsrahmens die aus der Referenznetzplanung ableitbaren Planungsmaßnahmen zum bestmöglichen Zeitpunkt umsetzen können, ist ein Planungsverfahren erforderlich. Im Rahmen dieser Arbeit wird daher eine Ausbauplanungsmethodik entwickelt, welche unter Berücksichtigung technischer und betriebswirtschaftlicher Einflussfaktoren einen optimalen Ausbauplan ermittelt. Die dazu notwendige Analyse wird innerhalb des folgenden Abschnittes vorgestellt. 2 Analyse 2.1 Technische Randbedingungen und Planungsmaßnahmen Im Rahmen der Ausbauplanung ist sicherzustellen, dass der zuverlässige und sichere Netzbetrieb zu jedem Zeitpunkt gewährleistet wird. Aus diesem Grund sind technische Randbedingungen der Spannungshaltung, der thermischen Strombelastung, der Versorgungszuverlässigkeit und des Kurzschlussstromes einzuhalten. Sofern innerhalb des Zeitverlaufs die Einhaltung der technischen Randbedingungen gefährdet wird, sind vom Netzplaner entsprechende Planungsmaßnahmen zu ergreifen. Um die Spannungshaltung und die thermische Strombelastung innerhalb der vorgegebenen Grenzen zu halten, greifen Netzbetreiber üblicherweise auf Erweiterungsmaßnahmen zurück. Zu diesen zählen konventionelle Leitungs- oder Transformatorverstärkungen sowie der Einsatz netzbetrieblicher Maßnahmen. Ersatzmaßnahmen werden üblicherweise ergriffen, wenn die altersabhängige Ausfallhäufigkeit der Netzbetriebsmittel 102 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

115 Erlöse FORSCHUNGSPROJEKTE so stark zunimmt, dass eine angemessene Versorgungsqualität nicht mehr gewährleistet werden kann. Ziele von Umstrukturierungsmaßnahmen sind üblicherweise die Verbesserung der Versorgungsqualität oder eine Reduktion des Netzmengengerüstes zur Erfüllung der Versorgungsaufgabe. Um den betriebswirtschaftlichen Einfluss dieser Maßnahmen quantifizieren zu können, ist zunächst die Zielgröße der betriebswirtschaftlichen Ausbauplanung festzulegen. 2.2 Zielgröße der betriebswirtschaftlichen Bewertung Im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Netzbewirtschaftung wird für die unternehmensinterne Bewertung von Strategiealternativen nicht der Kapitalwert am Kapitalmarkt abgelesen, sondern durch die Diskontierung einer Erfolgsgröße bestimmt. Für die Bestimmung von Kapitalwerten im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführung wird üblicherweise die Discounted Free Cash Flow (DFCF) Methode angewandt [1]. Grundprinzip dieser Methode ist die Bewertung von zukünftig erwarteten freien Kapitalflüssen, die zur Ausschüttung an die Kapitalgeber zur Verfügung stehen. Dieser Ansatz betrachtet ausschließlich die Zahlungsströme, die dem Eigenkapital des Netzbetreibers bzw. der Anteilseigner zufließen. Zur Ermittlung des Kapitalwertes werden anschließend die an den Eigenkapitalgeber fließenden Zahlungsströme mit anzusetzenden Eigenkapitalkosten diskontiert. Für die Optimierungszielgröße des Netzbetreibers im Rahmen der Ausbauplanung kann folglich die Kapitalwertmaximierung des Eigenkapitals herangezogen werden. Der als Zielgröße gewählte Wert des Eigenkapitals bestimmt sich aus dem Barwert der den Eigenkapitalgebern eines Unternehmens zufließenden Netto-Zahlungsströmen und kann nach dem vereinfachten Rechnungsschema gemäß Bild 1 ermittelt werden. im Folgenden vorgestellt werden. Die Erlösbildungsmechanismen ergeben sich im Wesentlichen auf Grundlage der Stromnetzentgelt- und der Anreizregulierungsverordnung [2,3]. 2.3 Erlösbildungsmechanismen Zyklische Kostenprüfung Die Berechnung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenzen einer jeden Regulierungsperiode erfolgt durch eine Kostenprüfung innerhalb des Basisjahres. Das Basisjahr ist das dritte Jahr einer jeden Regulierungsperiode. Die in die Prüfung eingehenden Kosten ergeben sich aus der Stromnetzentgeltverordnung. Durch die zyklische Kostenprüfung ergibt sich für den Netzbetreiber ein Zeitverzug in der Refinanzierung seiner Kosten. Der geringste Zeitverzug ergibt sich dabei bei der Umsetzung einer Planungsmaßnahme innerhalb des Basisjahres. Aus diesem Grund sind einige Netzbetreiber bestrebt, insbesondere in den Vor- und Basisjahren Planungsmaßnahmen zu realisieren, um einen möglichst hohen Discounted Free Cash Flow zu generieren. Jedoch ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass neben dem periodischen Kosten- und Erlösabgleich durch die Netzkostenprüfung weitere Erlösmechanismen auf den DFCF des Netzbetreibers wirken. Diese Erlösmechanismen werden im Folgenden vorgestellt Effizienzwertvergleich Während die Kostenprüfung den Startwert der Erlösobergrenzen für die folgenden Regulierungsperioden determiniert, bestimmt der Effizienzwertvergleich den Absenkungsgrad der Erlösobergrenzen für die folgenden Regulierungsperioden. Zur Berechnung des Effizienzwertes werden Aufwands- und Strukturparameter von Netzbetreibern vor Beginn der Regulierungsperiode untereinander verglichen. Bild 1: Free-Cash-Flow an Eigenkapitalgeber Auszahlungen für Investitionen Fremdkapital- und Steuerzahlungen Betriebliche Auszahlungen Prinzip Discounted Free Cash Flow Die Auszahlungen sind dabei rein deterministisch durch die Rechnungslegungsvorschriften des Regulierungsrahmens und den netzbetreiberspezifischen kalkulatorischen Rechnungsgrundsätzen bestimmbar. Der Erlös des Netzbetreibers wird dahingehend stark von unterschiedlichen Erlösbildungsmechanismen beeinflusst, welche Die Aufwandsparameter entsprechen den genehmigten Kosten der Kostenprüfung im Basisjahr. Um Verzerrungen durch eine unterschiedliche Altersstruktur der Anlagen der Netzbetreiber zu vermeiden, wird der Tagesneuwert des Anlagevermögens für den Effizienzvergleich herangezogen. Die Strukturparameter ergeben sich aus unterschiedlichen Kenngrößen, welche die netzbetreiberspezifische Versorgungsaufgabe möglichst genau beschreiben sollen. Beispielsweise die Anzahl der Anschlusspunkte o- der die Jahreshöchstlast innerhalb des Netzgebietes. Im Rahmen eines statistischen Vergleiches werden anschließend die Aufwandsparameter der Netzbetreiber bei jeweils ähnlichen Versorgungsaufgaben untereinander verglichen. In einem relativen Vergleich zum effizientesten Verteilnetzbetreiber (Peer-Verteilnetzbetreiber) wird anschließend die individuelle Kosteneffizienz jedes Netzbetreibers festgelegt. IAEW FGE JAHRESBERICHT

116 FORSCHUNGSPROJEKTE In der folgenden Regulierungsperiode wird der durch die Kostenprüfung festgelegte Startwert anschließend gleich verteilt, um den Grad der ermittelten netzbetreiberspezifischen Ineffizienz, abgesenkt. Durch den Effizienzwertvergleich werden somit Anreize für eine kosteneffiziente Netzbewirtschaftung des Netzbetreibers generiert Erweiterungsfaktor Der Erweiterungsfaktor stellt ein Instrument dar, mit welchem Netzbetreiber der Mittel- und Niederspannungsebene Steigerungen in den Netzkosten aufgrund von Veränderungen der Versorgungsaufgabe bereits frühzeitig innerhalb der Erlösobergrenze berücksichtigen können. Die Erlösanpassungen werden üblicherweise jeweils bis zum Ende der laufenden Regulierungsperiode gewährt. Zu Beginn der neuen Regulierungsperiode wird der Erweiterungsfaktor zurückgesetzt und kann bei eintretenden Veränderungen der Versorgungsaufgabe gegenüber dem Basisjahr, welches der derzeitigen Erlösobergrenze zu Grunde liegt, beantragt werden. Der Erweiterungsfaktor ist nicht darauf ausgelegt, die Kosten der Erweiterungsinvestitionen jährlich und maßnahmenscharf auszugleichen, da die Anpassungen der Erlösobergrenze lediglich abhängig von der Veränderung der Versorgungsaufgabe und der absoluten Veränderung der Kostenbasis der Netzbetreiber sind. Insofern stellt der Erweiterungsfaktor einen technologieneutralen Erlösmechanismus dar Qualitätselement Insbesondere durch den Erlösmechanismus des Effizienzwertvergleiches besteht für Netzbetreiber der Anreiz, erforderliche Investitionen in die Netze zu unterlassen, um Kosten zu sparen und somit den individuellen DFCF zu verbessern. Die Folge könnte demnach eine Verschlechterung der Versorgungsqualität sein. Um dem zu begegnen ist das Qualitätselement als weiterer Erlösbestandteil für den Netzbetreiber vorgesehen. Die Qualitätsregulierung ist grundsätzlich in Netzzuverlässigkeit, Netzleistungsfähigkeit und Servicequalität sowie die technische Versorgungssicherheit untergliederbar. Von diesen Bestandteilen ist aktuell nur die Netzzuverlässigkeit in der Anreizregulierung ausgestaltet, wobei derzeit auch die zukünftige Berücksichtigung der Netzleistungsfähigkeit innerhalb der Erlösbildung diskutiert wird. Die Grundlage für die Bestimmung des Qualitätselementes bildet ein Referenzwert, welcher als Durchschnittswert aus den gewichteten Qualitätskennzahlen aller Netzbetreiber in Abhängigkeit von der netzbetreiberspezifischen Lastdichte ermittelt wird. Individuelle Abweichungen in den Qualitätskennzahlen führen abhängig vom netzbetreiberspezifischen Referenzwert zu einem Bonus oder Malus innerhalb der Erlösobergrenzen. Diese Erlösanpassung ist abhängig von einem festgelegten Monetarisierungsfaktor, welcher die Zahlungsbereitschaft der Kunden innerhalb Deutschlands repräsentiert. Die erlösseitige Auswirkung des Qualitätselementes im Rahmen der Ausbauplanung ist somit determiniert durch die Auswirkung der Planungsmaßnahme auf die Qualitätskennzahl und durch das Verhalten der Netzbetreiber Wechselwirkungen Zwischen der zyklischen Kostenprüfung, dem Effizienzwertvergleich, dem Erweiterungsfaktor sowie dem Qualitätselement bestehen zahlreiche Wechselwirkungen, welche der Netzplaner bei der Planungsentscheidung berücksichtigen sollte. Zudem muss der Netzplaner beachten, dass die Wirkung der Erlösmechanismen und dessen jeweilige Wechselwirkung mit der Art der Planungsmaßnahme variieren. Aus diesem Grund ist eine ganzheitliche Berücksichtigung der vorgestellten Erlösmechanismen innerhalb der betriebswirtschaftlichen Ausbauplanung als zielführend anzusehen. 3 Geplantes methodisches Vorgehen Um für Netzbetreiber unter Berücksichtigung der bestehenden Wechselwirkungen eine optimierte Handlungsempfehlung zu identifizieren, ist die Entwicklung eines Ausbauplanungsverfahrens notwendig, welches die technischen und betriebswirtschaftlichen Einflussgrößen ganzheitlich berücksichtigt. Zu diesem Zweck sind die technischen Restriktionen und die Wirkung von Planungsmaßnahmen im Rahmen einer Netzbetriebssimulation zu modellieren. Zudem ist eine genaue Abbildung des regulatorischen Rahmens und der sich daraus ergebenen Wechselwirkungen erforderlich. 4 Literatur [1] Schnabel, S. Ein technoökonomisches Modell zur Netzplanung unter Berücksichtigung regulierter Netzentgelte, Karlsruhe Verlag, S. 79; Karlsruhe 2013 [2] Bundesamt für Justiz Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen; 2005 [3] Bundesamt für Justiz Verordnung über die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze; IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

117 FORSCHUNGSPROJEKTE Sektorübergreifende Flexibilitätsoptionen zur Umsetzung von Klimaschutzzielen Cross-Sectoral Flexibility Options for the Realization of Climate Protection Goals M.Sc. Levin Skiba Um die Klimaschutzziele der EU-Kommission zu erreichen, muss eine umfassende Reduktion des CO2-Ausstoßes erfolgen. In den meisten Endenergiesektoren ist dies allerdings nur durch eine stärkere Kopplung mit dem Stromsektor und die Nutzung von Strom aus regenerativen Quellen möglich. Der daraus resultierende Zubau von Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien führt zu einem gesteigerten Flexibilitätsbedarf im Stromsystem. Dieser Flexibilitätsbedarf kann jedoch durch die immer engere Sektorkopplung zunehmend auch mit Flexibilitätsoptionen in anderen Energiesektoren bedient werden. Um die einzelnen Flexibilitätsoptionen bewerten und ihre Wechselwirkungen abbilden zu können, soll in diesem Forschungsvorhaben ein Verfahren zur Simulation des Einsatzes aller relevanten Flexibilitätsoptionen entwickelt werden. In order to reach the climate protection goals set by the EU commission, it is necessary to reduce CO2 emissions significantly. In most energy sectors, this can only be archived by an increasing interaction with the electricity sector for a cross sectoral utilization of renewable energy sources. The resulting increase of installed generation capacities based on renewable energy sources leads to a rising demand for flexibility in the electricity sector. Due to the increasing interaction between the sectors, this demand can also be met by flexibility options in other energy sectors. In order to assess these flexibility options and their retroactive effect, this research project aims at developing a procedure to simulate the dispatch of all relevant flexibility options. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit Die Ziele der EU-Kommission sehen bis zum Jahr 2050 eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 80 % gegenüber den Werten von 1990 über alle Energiesektoren vor [1]. Dabei spielen neben dem Stromsektor insbesondere die Bereiche Haushalt, Industrie und Verkehr eine wesentliche Rolle. In diesen Bereichen ist eine ausreichende Reduktion des CO2-Ausstoßes jedoch nicht alleine durch Effizienzmaßnamen zu erreichen. Vielmehr muss eine stärkere Sektorkopplung erreicht werden (beispielsweise über Power-to-X-, X-to-X- oder X-to-Power-Technologien), um fossile Brennstoffe durch Strom aus regenerativen Quellen als Hauptenergieträger zu ersetzen. Vor diesem Hintergrund ist ein weiterer Zubau von Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien (EE-Anlagen) im Stromsektor zu erwarten. Großteils handelt es sich dabei um Photovoltaik- und Windenergieanlagen, die dargebotsabhängig und meist volatil in das Elektrizitätssystem einspeisen [2]. Dadurch kann es zunehmend zu einem Auseinanderfallen von Erzeugung und Nachfrage nach elektrischer Energie kommen, was sich durch einen gesteigerten Flexibilitätsbedarf im Stromsektor äußert [3]. Bisher wurde dieser Flexibilitätsbedarf vor allem durch den konventionellen Kraftwerks- und Speicherpark gedeckt. Bei einem immer größeren Anteil von EE-Anlagen an der Stromerzeugung werden diese Flexibilitätsoptionen zukünftig aber nicht mehr ausreichen. Die zunehmende Sektorkopplung macht es jedoch möglich, die benötigte Flexibilität auch sektorübergreifend bereitzustellen. Dabei ist unklar, welche Kopplung der Sektoren optimal ist, welche Technologien wie eingesetzt werden und welche Rückwirkungen sie aufeinander haben. Um diese Fragestellungen beantworten zu können, ist das Ziel dieses Forschungsvorhabens, ein Verfahren zur Simulation des Anlageneinsatzes in den unterschiedlichen Sektoren unter besonderer Berücksichtigung sektorübergreifender Flexibilitätsoptionen zu entwickeln. 2 Geplantes Vorgehen Zunächst sollen mögliche Sektorabgrenzungen und -einteilungen sowie Kopplungspunkte zwischen den Sektoren bestimmt und analysiert werden. Wurde eine geeignete modelltechnische Einteilung der betrachteten Systeme entwickelt, müssen in einem nächsten Schritt die Flexibilitätsanforderungen und -optionen in den jeweiligen Sektoren bestimmt und ihre Wechselwirkungen untersucht werden, um darauf aufbauend eine sachgerechte Modellierung der relevanten Sektoren und Flexibilitätsoptionen ableiten zu können. Schließlich werden bereits bestehende Simulationsansätze analysiert und die Erkenntnisse dazu genutzt, ein anforderungsgerechtes Verfahren zu entwickeln und zu implementieren. 3 Literatur [1] Europäische Kommission Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050, Brüssel 2011 [2] Europäische Kommission EU Energy, Transport and GHG Emissions Trends to 2050, Luxembourg 2013 [3] AG 3 der Plattform Erneuerbare Energien Abschlussbericht vom IAEW FGE JAHRESBERICHT

118 FORSCHUNGSPROJEKTE Regelleistungsbedarf des zukünftigen europäischen Verbundsystems Operating Reserve of a Future European Interconnected System M.Sc. Jens Sprey jens.sprey@iaew.rwth-aachen.de Durch den stetig wachsenden Anteil von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien steht die Stromerzeugung und -versorgung seit Jahren und vor allem in der Zukunft vor strukturellen Veränderungen. Die zur Frequenzstabilisierung notwendige Regelleistung ist davon in besonderem Maße betroffen. Heutzutage bestimmen die Übertragungsnetzbetreiber den Regelleistungsbedarf quartalsweise und tageszeitlich nahezu konstant. Die Besonderheit der saisonalen bzw. tageszeitlich fluktuierenden Einspeisungen, Synergiepotenziale durch Vergrößerung des Netzregelverbunds sowie Restriktionen aufgrund von Netzinfrastrukturen finden keine Berücksichtigung. Da bestehende Verfahren dies nicht abbilden, soll in diesem Forschungsvorhaben die Regelleistungsbemessung sowie -erbringung hinterfragt und ein Verfahren zur Bestimmung des zukünftigen Bedarfs an Regelleistung im europäischen Verbundsystem entwickelt werden. Dabei ist zu überprüfen inwieweit bestehende Reservequalitäten den zukünftigen Anforderungen gerecht werden. Due to the ever-growing share of generation based on renewable energy sources, the electricity generation is facing structural changes. The need for frequency stabilization control is particularly affected. Nowadays, the transmission system operators determine operating reserve capacity which is nearly constant over the day and the quarter. Existing methods do not take the characteristic of systems embossed by fluctuating feed-in, grid control cooperation's or restrictions caused by the grid infrastructure into account. Therefore, this research project calls the dimensioning and delivery of operating reserve into question and will develop a method do determine the future demand for balancing power in the European interconnected system. In this context, it is necessary to check up to what extent the current reserve qualities meet future requirements. 1 Einleitung Das Leistungsgleichgewicht zwischen Erzeugung, Verbrauch und Übertragungsverlusten im Elektrizitätsversorgungssystem wird fortlaufend gestört. Diese Abweichungen, hervorgerufen z. B. durch Lastprognosefehler und schwankende Einspeisungen dargebotsabhängiger Erzeugungsanlagen, werden im europäischen Verbundsystem durch die Vorhaltung und den Abruf von Regelleistung ausgeglichen [1]. 1.1 Hintergrund und Motivation Die bisher durch konventionelle Kraftwerke erbrachte Regelleistung steht jedoch in vielen Teilen Europas einer veränderten Erzeugungsstruktur gegenüber, welche neue Herausforderung birgt. Ein wesentlicher Einflussfaktor ist die in den letzten Jahren stark zunehmende, vom Dargebot abhängige Einspeisung aus Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien (EE). Diese ist neben der variablen Nachfrage ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor, der in der Bilanzierung des Energieversorgungssystems sowie in der Bemessung der dazu erforderlichen Regelleistung berücksichtigt werden muss. Diese zusätzlichen Unsicherheiten resultieren zunächst aus der Prognosegüte der Wettermodelle sowie den sich anschließenden notwendigen Handelsaktivitäten der Bilanzkreise, um die gemeldeten Fahrpläne einzuhalten. Dabei ist offen, wie weitreichend der Einfluss von Prognosefehlern auf den Bedarf an Regelleistung ist. Für den Ausgleich Ungleichgewichten in der Leistungsbilanz sind die Übertragungsnetzbetreiber der jeweiligen Regelzonen verantwortlich, in denen die Störung auftritt. Daher sind im Bereich der Leistungsfrequenzregelung die vorherrschenden Marktstrukturen weiterhin stark national geprägt. Die in weiten Teilen der Strommärkte bereits umgesetzte Liberalisierung wurde im Regelleistungsmarkt bisher nicht durchgeführt. Ein grenzüberschreitender Handel von Regelleistung sowie eine Ausweitung des Netzregelverbunds sind zukünftig denkbar. [2] Zur Bemessung der Regelleistung greifen Übertragungsnetzbetreiber heute auf das Graf-Haubrich-Verfahren [1, 3] und eigene Erfahrungswerte zurück. In Systemen mit hohem Anteil erneuerbarer Energien ist die Effizienz dieser Vorgehensweise zu hinterfragen, da das Graf- Haubrich-Verfahren stochastische Unabhängigkeit der Eingangsparameter voraussetzt. Weiterhin werden in diesem Verfahren Restriktionen, die aus der Netzinfrastruktur erwachsen, nicht berücksichtigt. Die Bereitstellung von Regelleistung aus anderen Regelzonen für die jeweils eigene Regelzone kann jedoch aufgrund der unterschiedlichen Erzeugungsstrukturen ökonomisch von Vorteil sein. Hierbei ist offen, inwieweit mögliche Kapazitätsbeschränkungen auf Kuppelleitungen zwischen Regelzonen berücksichtigt werden müssen. 106 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

119 FORSCHUNGSPROJEKTE 1.2 Ziel des Forschungsvorhabens Aus den genannten Gründen ist das Ziel des Forschungsvorhabens das Regelungskonzept, die Regelleistungsbemessung und die Regelleistungserbringung zu hinterfragen. Insbesondere stellt sich die Frage, wie viel Regelleistung in welchem Zeithorizont zukünftig bereitgestellt werden muss. Darüber hinaus ist zu klären, inwieweit Netzrestriktionen einen europäischen Binnenmarkt für Regelleistung beeinflussen und wie diese Restriktionen in der Dimensionierung berücksichtigt werden können. 2 Analyse Die Verantwortung für den sicheren und stabilen Betrieb des Elektrizitätsversorgungssystems obliegt den jeweiligen Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB). Zunächst soll daher analysiert werden, woraus die Notwendigkeit für den Einsatz von Regelleistung resultiert und inwiefern sich zukünftig die Anforderung an diese ändern könnte. Im darauffolgenden Schritt erfolgen die Analyse der aktuellen bzw. zukünftigen Ausgestaltung der Regelleistungsmärkte und deren Rückwirkung auf die Dimensionierung der Regelleistung. 2.1 Notwendigkeit für den Einsatz von Regelleistung im Stromnetz Die Einhaltung des Gleichgewichts aus Stromerzeugung und -verbrauch muss zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein. Werden mögliche Störungen der Leistungsbilanz, hervorgerufen zum Beispiel durch den Ausfall eines Kraftwerksblockes, nicht unmittelbar durch den Einsatz von Regelenergie ausgeglichen, kann die Systemstabilität gefährdet werden. Wesentliche Einflussfaktoren, die ebenso zu einer Bilanzabweichung führen können, sind Lastrauschen und Prognosefehler der Nachfrage, Fahrplansprünge von Kraftwerken bei Fahrplananpassung sowie Prognosefehler der Einspeisung von EE-Anlagen. Die einzelnen Einflüsse unterscheiden sich nach der Dauer, Größe und Richtung der Leistungsbilanzstörung [4]. Dabei kommt durch den hohen Zubau von EE- Anlagen der Prognosegüte der volatilen Einspeisungen eine zunehmende Bedeutung zu. Die starke Kopplung dieser Anlagen an das Dargebot lassen zukünftig tageszeitlich sehr unterschiedliche Leistungsbilanzabweichungen erwarten. Zum Ausgleich der saldierten Abweichung aller Einflussfaktoren setzen die ÜNB Regelleistung unterschiedlicher Qualitäten ein. Diese werden in Deutschland marktbasiert beschafft und nach einer Merit-Order-List (MOL) zugeschlagen sowie bei notwendigen Bedarf abgerufen Dimensionierung einzelner Regelleistungsqualitäten und Produkte Unterschiedliche Bilanzstörungsursachen bedingen die Vorhaltung technisch verschiedener Regelleistungsqualitäten durch die ÜNB. Bild 1 zeigt die von der ENTSO-E angestrebten, harmonisierten Regelleistungsqualitäten. Die Frequency Containment Reserve (FCR), auch bekannt als Primärregelleistung, wird innerhalb des Synchrongebietes dimensioniert und gemeinschaftlich vorgehalten. In naher Zukunft ist hier durch die eingangs geschilderten Entwicklungen mit keiner Anpassung des Dimensionierungsverfahrens zu rechnen, da der auslegungsrelevante Fall der gleichzeitige Ausfall zweier, großer Kraftwerksblöcke ist. Bild 1: Regelleistungsqualitäten nach [4] Die Dimensionierung der Frequency Restoration Reserve (FRR) obliegt bisher dem je Regelzone verantwortlichen ÜNB. Die automatic FRR (Sekundärregelleistung) und die manual FRR (Minutenreserve) werden nur in der Regelzone dimensioniert, beschafft und eingesetzt, in der die Störung auftritt. Beide Qualitäten sind durch den Ausbau von EE-Anlagen maßgeblich beeinflusst. So verändert sich durch saisonale Effekte der Bedarf an Regelleistung im Jahresverlauf sowie durch Flanken bei der Einspeisung ebenso im Tagesverlauf. Bisher werden beide Qualitäten in Deutschland quartalsweise und im Tagesverlauf konstant auf Basis historischer Werte mittels des Graf-Haubrich-Verfahrens dimensioniert. Dieses Verfahren beruht auf der mathematischen Methode der Faltung, welche von einer stochastischen Unabhängigkeit der Einflussfaktoren ausgeht. Diese ist im Bereich der Prognosefehler von EE-Anlagen aufgrund der Dargebotsabhängigkeit jedoch vermutlich nicht gegeben. Darüber hinaus werden in diesem Verfahren keine Rückwirkungen aus der Netzinfrastruktur berücksichtigt. Da die Replacement Reserve (RR) entsprechend des Network Codes der ENTSO-E nicht obligatorisch [4] ist und von einer zukünftigen Integration der Regelleistungsmärkte anzunehmen ist, wird in diesem Forschungsvorhaben davon ausgegangen, dass Abweichungen länger als 60 Minuten marktbasiert durch die Verursacher der Leistungsbilanzstörung ausgeglichen werden. IAEW FGE JAHRESBERICHT

120 FORSCHUNGSPROJEKTE 2.2 Zukünftige Entwicklung der europäischen Regelleistungsmärkte Hohe Kosten und große Synergiepotenziale im Bereich der Leistungsfrequenzregelung führen dazu, dass zunehmend Harmonisierungen angestrengt werden. Dafür wurden bereits einzelne Regelzonen zu Netzregelverbünden zusammengeschlossen und in einer weiteren Stufe sollen Regelleistungsqualitäten regelzonenübergreifend bereitgestellt und genutzt werden können Netzregelverbund Die vier deutschen ÜNB optimieren bereits ihren Regelenergieeinsatz sowie die Regelleistungsvorhaltung mittels eines gemeinschaftlichen Regelkonzepts. Hierbei wird die gegenläufige Aktivierung von Regelleistung vermieden sowie für alle vier Regelzonen gemeinschaftlich dimensioniert. Darüber hinaus erfolgen eine gemeinsame, auktionsbasierte Beschaffung sowie eine kostenoptimale Aktivierung. Da bei Kontrahierung und Aktivierung von Netzrestriktionen abstrahiert wird, kann es im Fall von begrenzten Übertragungskapazitäten bei Regelenergieeinsätzen zu Netzengpässen kommen. Diese Problematik gewinnt an zunehmender Bedeutung, wenn der Netzregelverbund um weitere Regelzonen zur International Grid Control Cooperation (IGCC) ergänzt wird Imbalance Netting Process, Reserve Exchange und Reserve Sharing Der Imbalance Netting Process (INP), als europäisches Pendant zur Vermeidung gegenläufiger Regelleistungsaktivierung in Deutschland, ist bereits zwischen vielen Regelzonen im Synchronverbund umgesetzt. Hierbei werden im kurzen Zeitraster die Bilanzabweichungen der einzelnen Regelzonen unter Einbezug der noch verfügbaren Übertragungskapazität saldiert und so der gegenläufige Einsatz von Regelleistung vermieden. Beim Reserve Exchange sowie dem Reserve Sharing wird darüber hinaus die Vorhaltung von Regelleistung regelzonenübergreifend ermöglicht. Hierbei können Erzeugungsanlagen Regelleistung entweder für eine andere Regelzone oder aber auch für mehrere Regelzonen bereitstellen. Die Betrachtung von Kapazitätsbeschränkungen auf Kuppelleitungen zwischen Regelzonen ist dahingehend notwendiger Bestandteil des zu entwickelnden Verfahrens. 3 Modellbildung und Verfahrensansatz Um den zukünftigen Bedarf an Regelleistung im zukünftigen europäischen Verbundsystem zu bestimmen, ist ein mehrstufiges Verfahren vorgesehen. In Bild 2 ist der geplante Verfahrensansatz schematisch dargestellt. Im ersten Schritt soll auf Basis einer Monte-Carlo-Simulation der Regelleistungsbedarf zukünftiger Elektrizitätsversorgungssysteme dimensioniert werden. Bild 2: Überblick des Verfahrensansatzes Dieser Bedarf dient neben weiteren Parametern als Eingangsdaten für eine europäische Marktsimulation. Die Ergebnisse lassen Aussagen über eine kraftwerkscharfe Vorhaltung sowie die resultierende MOL der Regelleistungspreise (RL) zu. Diese Informationen sollen im Zusammenhang mit den zur Dimensionierung erstellten Abrufszenarien zur Netzbetriebssimulation bei Eintritt einer Leistungsbilanzstörung genutzt werden. Dies lässt Rückschlüsse auf zusätzliche Netzbelastung durch den Einsatz von Regelleistung zu. Im letzten Schritt sollen die Rückwirkungen dieser zusätzlichen Überlastungen im Übertragungsnetz auf die Regelleistungsdimensionierung betrachtet werden. 4 Literatur [1] Maurer, C. et al. Dimensioning of secondary and tertiary control reserve by probabilistic methods Euro. Trans. Electv: Power 2009, 19 [2] Agency for the Cooperation of Energy Regulators Framework Guidelines on Electricity Balancing, 2012 [3] Haubrich, H.-J. Gutachten zur Höhe des Regelenergiebedarfs BNetzA für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Bonn 2008 [4] European Network of Transmission System Operators for Electricity Network Code on Load-Frequency Control and Reserves, IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

121 FORSCHUNGSPROJEKTE Entwicklung des europäischen Stromerzeugungssystems unter Unsicherheiten Development of the European Generation System under Uncertainties M.Sc. Niklas van Bracht Aufgrund klimapolitischer Rahmenbedingungen wird in den kommenden Jahren ein Wandel von einer fossil hin zu einer regenerativ geprägten Stromerzeugung in Europa erwartet. In Folge begrenzter Prognostizierbarkeit der Einflussfaktoren ist dabei die Entwicklung des Stromerzeugungssystems durch hohe Unvorhersehbarkeit charakterisiert, sodass unklar ist, wie der zukünftige Entwicklungspfad vor dem Hintergrund verschiedener Unsicherheiten aussieht. Ziel dieses Forschungsvorhabens besteht somit darin, ein Verfahren zur Bestimmung des Transformationspfades des europäischen Erzeugungssystems zu entwickeln, in welchem alle relevanten Unsicherheiten berücksichtigt werden. Due to recent resolutions in climate policy, an upcoming change from fossil-fueled to renewable power generation is expected. As a consequence of the unpredictable nature of relevant influencing factors, the development of the generation system is clouded by uncertainties. Under these circumstances the future development path remains vague. Hence, the goal of this research project is to develop a method determining the transformation path of the European generation system considering all relevant uncertainties. 1 Hintergrund und Motivation In den letzten Jahren haben klimapolitische Ziele auf europäischer und nationaler Ebene den Ausbau von Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien stark vorangetrieben. Auf der anderen Seite führen der in einigen europäischen Ländern beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie sowie die hohe Altersstruktur des europäischen Kraftwerksparks zu einer Vielzahl von Stilllegungen konventioneller Erzeugungsanlagen. Dies führt dazu, dass ein signifikanter Wandel des Stromerzeugungssystems zu verzeichnen ist. Die Entwicklung des Erzeugungssystems ist dabei von großem heutigem Interesse, insbesondere für politische Entscheidungsträger sowie Regulatoren, welche zukünftige Veränderungen in Entscheidungsprozessen antizipieren müssen. Die Erwartungen an das zukünftige Umfeld unterscheiden sich dabei, sodass sich hieraus die Fragestellung ergibt, wie sich das zukünftige Erzeugungssystem vor dem Hintergrund bestimmter Erwartungen entwickelt. Eine langfristige Betrachtung der Entwicklung führt dabei jedoch zwangsläufig zu einer begrenzten Prognostizierbarkeit der verschiedenen Einflussfaktoren. Obwohl für einige der Faktoren bereits heute Trends zu erkennen sind, sind andere Faktoren durch hohe Unvorhersehbarkeit charakterisiert, was dazu führt, dass Unsicherheiten, welche den Entwicklungspfad beeinflussen, bei der Bestimmung zukünftiger Entwicklungen explizit berücksichtigt werden müssen. Das Ziel dieses Dissertationsvorhabens ist somit die Entwicklung eines Verfahrens, mit welchem der Entwicklungspfad des europäischen Speicher- und Kraftwerkspark unter besonderer Berücksichtigung von Unsicherheiten für die nächsten Dekaden bestimmt werden kann. 2 Analyse und Modellbildung Die grundlegenden Entscheidungen bei der Bestimmung des zukünftigen Erzeugungssystems bestehen in den Zeitpunkten und der Höhe des Zu- und Abbaus von Kraftwerken und Speichern. Der Entwicklungspfad muss dabei unter Berücksichtigung des bestehenden Erzeugungssystems sowie absehbaren Investitionsprojekten bestimmt werden und diverse Anforderungen erfüllen. Diese sich zum Teil auch gegenseitig beeinflussenden Randbedingungen werden in Abbildung 1 dargestellt [1]. Bild 1:? Die energiepolitischen Anforderungen an das zukünftige Erzeugungssystem Eine wesentliche Anforderung an das zukünftige System besteht in der Sicherstellung der Versorgungssicherheit, die u.a. eine jederzeitige Deckung der elektrischen Nachfrage umfasst. Dies bedarf einer ausreichenden Kapazität an Erzeugern. Wesentlich hierbei ist die politische Grundsatzfrage, ob dies rein national erfolgt oder ob und in welchem Umfang vor dem Hintergrund eines IAEW FGE JAHRESBERICHT

122 FORSCHUNGSPROJEKTE wachsenden Binnenmarktes Importkapazitäten genutzt werden können. Im Zeitbereich der kurzfristigen Versorgungssicherheit wird zudem eine ausreichende Vorhaltung von positiver sowie negativer Regelleistung verschiedener Qualitäten gefordert. Des Weiteren stellen nationale und europäische Klimaziele eine zu erfüllende Zielgröße dar. EU- Mitgliedstaaten sind demnach bis zum Jahr 2020 verpflichtet, die Treibhausgasemissionen um mindestens 20 % gegenüber 1990 zu reduzieren und einen EE-Anteil von 20 % am Gesamtenergieverbrauch zu erreichen. Während der Ausbau von EE politisch gefordert wird, ist in einigen europäischen Ländern der Zubau bestimmter Erzeugungstechnologien nur beschränkt oder gar nicht möglich. So führte bspw. das Reaktorunglück in Fukushima zu einem beschleunigten Kernenergieausstieg in Deutschland, Belgien und der Schweiz. Dies hat signifikante Auswirkungen auf den Speicher- und Kraftwerkspark, welches zur Aufnahme des Kriteriums der gesellschaftlichen Akzeptanz in das klassische energiepolitische Dreieck führt. 2.1 Unsicherheiten Die in den Entwicklungspfad einfließenden Unsicherheiten haben Auswirkungen auf verschiedene Entscheidungen, die im Rahmen des Planungsprozesses getroffen werden. Zunächst werden die Einsatzentscheidungen der Systemkomponenten durch kurzfristige Unsicherheiten wie Brennstoffpreisvolatilitäten oder das natürliche Dargebot beeinflusst. Diese haben Rückwirkungen auf die Zu- und Abbauentscheidungen von Erzeugungsanlagen, die darüber hinaus noch weiteren langfristigen Unsicherheiten wie gesellschaftlichen politischen Einflüssen unterliegen. Abbildung 2 gibt einen Überblick über die beiden Entscheidungsstufen sowie dazugehörigen kurz- und langfristigen Unsicherheiten. Wie zu erkennen ist, sind die Unsicherheiten auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt. Hierzu gehören neben natürlichen Gegebenheiten wie meteorologische Bedingungen auch wirtschaftliche, technische und gesellschaftspolitische Unsicherheiten, die es zu berücksichtigen gilt. Des Weiteren zeichnen sich die unsicheren Einflussfaktoren durch eine hohe gegenseitige, zum Teil stochastische Abhängigkeit aus. Beispielsweise hängt die zukünftige Entwicklung der Transportinfrastruktur maßgeblich von der Veränderung der Versorgungsaufgabe, d.h. insbesondere vom Ausbau von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien ab. Derartige Wechselwirkungen gilt es im Rahmen der Modellierung zu berücksichtigen [2]. Bild 2: Langfristige Unsicherheiten Gesellschaftliche / politische Einflüsse Überblick über die in den Betrachtungsbereich einfließenden Unsicherheiten 2.2 Modellierung Zinsniveau Preisniveau Diskrete Entscheidungen über Zu- und Abbauten heute 2050 Kurzfristige Unsicherheiten Preisschwankungen (Brennstoff und CO 2 ) Verfügbarkeit Dargebot ~ ~ Technologieparameter Nachfragestruktur Investitions-/ Fixkosten Kraftwerke Speicher EEelektrische Anlagen Nachfrage weitere Marktgebiete Übertragungskapazität Lastprofil Um diese Komplexität adäquat abzubilden und eine logisch-konsistente Verknüpfung der Unsicherheiten zu gewährleisten, werden die Unsicherheiten auf Basis der Szenariotechnik [3] konzeptionell modelliert. Dabei werden unsichere Einflussfaktoren nicht isoliert betrachtet, sondern vielmehr als konsistente Szenarien. Die Optimierung des Entwicklungspfades gegen konträre Szenarien ist an dieser Stelle jedoch nicht sinnvoll, da Erwartungen an die Zukunft signifikant variieren und auch in der Realität nicht eingetroffene Szenarien verworfen werden. Aus diesem Grund werden im Rahmen dieser Arbeit verschiedene Szenarienbündel ("Welten") erstellt, die jeweils verschiedene konsistente Szenarien mit gleichen Trend umfassen. Die Szenarien innerhalb eines Bündels berücksichtigen dann die verbleibenden Unsicherheiten eines Trends bzw. Bündels. Das Ziel des Marktgeschehens besteht in einer möglichst wohlfahrtsmaximierenden Deckung der Nachfrage nach elektrische Energie und Regelleistung. Unter Vernachlässigung möglicher Unzulänglichkeiten stellt dabei die Minimierung der Gesamtkosten eines Bündels, bestehend aus Investitions-, Abbau- und Betriebskosten, ein Maß für ein volkswirtschaftlich effizienten Kraftwerks- und Speicherpark dar. Das stochastische Optimierungsproblem besteht somit in der Minimierung des Erwartungswertes der Gesamtkosten über alle Szenarien eines Bündels unter Berücksichtigung sämtlicher technischer Restriktionen sowie weiterer Nebenbedingungen wie Lastdeckung und Regelleistungsvorhaltung. Klimaschutzziele werden dabei optional über Zertifikatspreise oder über einen maximal möglichen Kohlenstoffdioxid-Ausstoß berücksichtigt. Die Problemstellung wird mathematisch so formuliert, dass für jedes Bündel genau ein Entwicklungspfad für alle Szenarien des Bündels ermittelt wird unter Berücksichtigung deterministischer Einsatzentscheidungen der Erzeugungsanlagen für jedes Szenario. 110 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

123 FORSCHUNGSPROJEKTE 3 Verfahren Die Modellierung resultiert in einem stochastischen, nicht-linearen, gemischt-ganzzahligen Optimierungsproblem, dessen Lösung verschiedene Vereinfachungen benötigt. In einem ersten Schritt wird die Problemstellung linearisiert und auf eine blockscharfe Betrachtung einzelner Erzeugungsanlagen verzichtet. Stattdessen werden Anlagen zu repräsentativen Technologieklassen aggregiert. Neben diesen systemischen Vereinfachungen wird zudem das Problem auf Stützjahre mit typisierten Einsatzsituationen reduziert. Das verbleibende mehrstufige stochastische lineare Optimierungsproblem ist dennoch in geschlossener Form nicht lösbar, sodass mittels eines Cutting-Plane-Verfahrens das Problem in verschiedene Entscheidungsstufen zerlegt wird. Dies geschieht durch die Anwendung einer Benders-Dekomposition [4], welche es ermöglicht, die Investitions- von der Einsatzentscheidung zu trennen. Die prinzipielle Idee des Zerlegungsansatzes besteht darin, die Investitions- und Abbauentscheidungen für alle Szenarien unter Unsicherheit in einem relaxierten Masterproblem zu treffen (here-and-now). Aufbauend auf diesem Entwicklungspfad werden dann die deterministischen Einsatzentscheidungen für jedes Szenario des Bündels in sogenannten Sub-Problemen getroffen (waitand-see). Die Informationen über die entsprechenden Betriebskosten eines Speicher- und Kraftwerksparks werden nachfolgend an das Masterproblem in Form einer neuen Nebenbedingung ( Benders' Cut ) übermittelt (siehe Abbildung 3). Dieser Schnitt enthält neben dem Zielfunktionswert der Sub-Probleme die dualen Variablen der einzelnen Bestandsnebenbedingungen des Erzeugungssystems, welche Aufschluss darüber geben, ob eine Erhöhung oder Verringerung der installierten Kapazität zu einer Reduktion der Betriebskosten führen. Das Masterproblem erhält somit iterativ weitere Informationen aus den Sub-Problemen, auf Basis derer die Investitionsentscheidungen für die nächste Iteration getroffen bzw. angepasst werden. Die Relaxierung des Masterproblems nimmt somit iterativ durch das Hinzufügen neuer Nebenbedingungen (Schnitte) ab, wodurch das ursprüngliche (primale) Problem schrittweise approximiert wird. Das Verfahren iteriert bis ein Konvergenz- bzw. Gütekriterium erreicht ist. Der Vorteil des Zerlegungsansatzes besteht darin, eine Vielzahl kleinerer Probleme anstelle eines geschlossenen Problems zu lösen, welches zudem die Möglichkeit bietet, das Verfahren laufzeiteffizient zu parallelisieren. Des Weiteren handelt es sich bei der Benders-Dekomposition um ein exaktes Verfahren, welches vor dem Hintergrund der Optimalitätsgarantie nach endlicher Iterationszahl zu einer optimalen Lösung führt. Bild 3: Szenarienerstellung Szenario n Masterproblem Investitionsentscheidung Kraftwerks- & Speicherpark Sub-Probleme Einsatzentscheidung Konvergenz ja Optimale Lösung 4 Ausblick Optimierungsansatz auf Basis einer Benders-Dekomposition Das weitere Vorgehen besteht darin, die relevanten Unsicherheiten zu identifizieren und zu analysieren. Zur adäquaten Abbildung der Unsicherheiten werden in einem nächsten Schritt konsistente Szenarien(bündel) mittels der Szenarientechnik aufgestellt, welche Eingangsdatum für das vorgestellte stochastische Optimierungsverfahren darstellen. Auf Basis dieser werden erste Untersuchungen durchgeführt, die Aufschluss über mögliche Entwicklungspfade des Stromerzeugungssystems geben. 5 Literatur nein Szenarien Benders Cut Neue Nebenbedingung Szenarien [1] Kraemer, C. Zukünftiger Kraftwerks- und Speicherpark unter klimapolitischen Rahmenbedingungen, Dissertation RWTH Aachen, Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 161; Aachen 2015 [2] Crousillat, E. (The World Bank) Incorporating Risk and Uncertainty in Power System Planning; Washington, D.C [3] Geschka, H.; Schwarz-Geschka, M. Einführung in die Szenariotechnik. Geschka & Partner Unternehmensberatung; Darmstadt 2012 [4] Conejo, A. J. et al. Decomposition Techniques in Mathematical Programming, S. 111 ff.; Berlin 2006 IAEW FGE JAHRESBERICHT

124 FORSCHUNGSPROJEKTE Simulation des Übertragungsnetzbetriebs unter Unsicherheiten Simulation of Transmission System Operation Considering Uncertainty M.Sc. Tobias van Leeuwen Die Zunahme von Stromtransiten auf europäischer Ebene sowie signifikante Veränderungen in der Erzeugungsstruktur führen zu einem steigenden Transportbedarf im Übertragungsnetz. Zur Bewältigung der Transportaufgabe haben die Betreiber der Übertragungsnetze zahlreiche Netzausbaumaßnahmen beschlossen, bei deren Umsetzung es jedoch zu Verzögerungen kommt. Eine Folge ist das vermehrte Auftreten von Engpässen im Übertragungsnetz, die das kurzfristige Eingreifen der Übertragungsnetzbetreiber in den Übertragungsnetzbetrieb erfordern. Engpassbeseitigungsmaßnahmen werden auf Basis von antizipierten Betriebszuständen ermittelt und durchgeführt. Zunehmende Unsicherheiten im Übertragungsnetzbetrieb, hervorgerufen durch Prognosefehler der Einspeisung aus erneuerbaren Energien oder durch Betriebsmittelausfälle, führen jedoch zu Abweichungen von antizipierten Betriebszuständen. Dabei besteht die Gefahr, dass Situationen mit unzureichender Flexibilität zur Behebung von Engpässen auftreten. Aus diesem Grund müssen Übertragungsnetzbetreiber auch stochastisch auftretende Betriebszustände einplanen und Sicherheitsmargen vorhalten. Zu große Sicherheitsmargen sind jedoch ökonomisch nicht effizient, während zu klein gewählte Sicherheitsmargen die Netzsicherheit gefährden können. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist daher, den zukünftigen Übertragungsnetzbetrieb unter expliziter Berücksichtigung von Unsicherheiten zu simulieren und Konzepte für den Umgang mit Unsicherheiten zu bewerten. Increasing power flows and delays in many grid expansion projects increase the amount of remedial measures required during transmission system operation. Transmission System Operators identify necessary remedial measures based on anticipated system states. However, forecast errors of renewable energies as well as contingencies result in deviations from anticipated system states. Therefore, Transmission System Operators have to brace themselves for possible, stochastically occurring upcoming system states and create security margins. Yet too large security margins are economical inefficient, too small security margins endanger the system security. Hence, the focus of this research project is the simulation of transmission system operation considering uncertainties. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit Sowohl die Netzbetriebsplanung als auch der Netzbetrieb selbst werden zunehmend von der Integration Erneuerbarer Energien (EE) beeinflusst. Steigende Transportleistungen und -entfernungen sowie Verzögerungen im Netzausbau führen dazu, dass das Übertragungsnetz zunehmend an betriebliche Grenzen betrieben wird. Die Folge ist ein häufiges Auftreten von Netzengpässen und als Konsequenz eine massive Anzahl an Steuerungseingriffen seitens der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) gemäß 13 Abs. 1 & 2 EnWG. So betrugen die Kosten zur Engpassbehebung im Jahr 2015 bereits über eine Milliarde Euro. Die Engpassbehebungsmaßnahmen werden im Rahmen der Netzbetriebsplanung jeweils für den Folgetag auf Basis prognostizierter Grenzwertverletzungen in planungsrelevanten Ausfallsituationen ermittelt. Jedoch kommt es aufgrund von Prognosefehlern dargebotsabhängiger erneuerbaren Energiequellen und Verbraucherlasten sowie Betriebsmittelausfällen zunehmend zu Abweichungen von antizipierten Betriebszuständen, sodass Sicherheitsmargen zur Gewährleistung der Netzsicherheit vergrößert werden müssen. Zukünftig verbreitete Technologien zur kurzfristigen Leistungsflusssteuerung wie Phasenschiebertransformatoren (PST) und Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) bieten großes Potenzial zur Engpassbehebung im Kontext von Unsicherheiten, da sie erst aktiviert werden müssen, wenn es tatsächlich zu einem unerwarteten Engpass kommt. Um dieses Potenzial heben zu können, sind Engpassbehebungsstrategien abweichend von aktuellen deterministischen Betriebsplanungsprozessen unverzichtbar. Dabei sollte eine Maßnahme erst dann umgesetzt werden, wenn sie aufgrund ihrer Aktivierungszeit umgesetzt werden muss. Eine ausreichende Reaktionsfähigkeit des Übertragungsnetzes ist dabei stets zu gewährleisten. Neben konventionellen Engpassbehebungsmaßnahmen wie Redispatch, Transformatorstufungen etc. sind weitere Maßnahmen zur Engpassbehebung im Kontext von Unsicherheiten denkbar. So kann beispielsweise ein gezielter Abruf von Regelleistung oder der direkte Eingriff in den Intraday-Handel eine Möglichkeit darstellen, den Einfluss von Unsicherheiten auf die Netzsicherheit zu reduzieren. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung eines Verfahrens zur Simulation des Übertragungsnetzbetriebs unter Berücksichtigung von Unsicherheiten, mit dem einerseits der Einfluss von Unsicherheiten auf den Übertragungsnetzbetrieb quantifiziert und andererseits Konzepte für den Umgang mit Unsicherheiten bewertet werden können. 112 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

125 FORSCHUNGSPROJEKTE 2 Analyse der Problemstellung 2.1 Unsicherheiten im Übertragungsnetzbetrieb Eine zentrale Herausforderung im Betrieb von Übertragungsnetzen sind Unsicherheiten. Neben Betriebsmittelausfällen führen zunehmend auch Prognosefehler der EE-Einspeisungen zu Abweichungen von antizipierten Betriebszuständen. Im ohnehin stark belasteten Übertragungsnetz kann es so zu unvorhergesehenen Grenzwertverletzungen mit einer einhergehenden Gefährdung der Netzsicherheit kommen. Das heute verwendete (n-1)- Kriterium als Redundanzanforderung reicht in einer damit deterministischen Betriebsplanung unter Umständen nicht immer zur Gewährleistung der Netzsicherheit aus. Aufgrund dieser starken Zeitabhängigkeit werden Prognosen in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Teilnehmer an den Energiemärkten nehmen daher zum Ausgleich ihrer Bilanz am Intraday-Handel teil, was zu Fahrplanabweichungen konventioneller Kraftwerke führt. Sehr kurzfristig eintretende Prognoseabweichungen, wie z. B. Kraftwerksausfälle, werden zusätzlich mit Hilfe der Leistungsfrequenzregelung kompensiert. Die zur Bilanzierung genutzten Kraftwerke sind den ÜNB größtenteils unbekannt, sodass einhergehend mit Prognosefehlern aus EE-Anlagen auch der konventionelle Kraftwerkspark eine Unsicherheit im Übertragungsnetzbetrieb darstellt. 2.2 Übertragungsnetzbetrieb unter Unsicherheiten Nach 13 EnWG sind die Betreiber von Übertragungsnetzen verpflichtet, bei einer Gefährdung der Netzsicherheit in den Übertragungsnetzbetrieb einzugreifen. ÜNB planen den Netzbetrieb daher mit Hilfe des (n-1)-kriteriums. Dabei sind für alle relevanten Ausfallsituationen betriebliche Grenzwerte einzuhalten. Ist dies durch den marktbasierten Kraftwerkseinsatz nicht gegeben, werden präventiv, d. h. im ungestörten Betrieb, Engpassbehebungsmaßnahmen eingeleitet. Wesentlicher Treiber von Prognosefehlern sind fehlerbehaftete Wetterprognosen, die direkt zu fehlerhaften EE- Einspeiseprognosen führen. Insbesondere räumliche Korrelationen der Prognosefehler können in Prognoseabweichungen im Bereich einiger Gigawatt resultieren, wie in Bild 1 zu sehen ist. Der durchschnittliche Prognosefehler der Einspeisungen aus WEA für den Folgetag beträgt 4 % und der Einspeisungen aus Photovoltaikanlagen (PVA) 6 % bezogen auf die installierte Leistung. Im Jahr 2013 entspricht dies durchschnittlich 1 GW für WEA-Einspeisungen und 1,2 GW für PVA-Einspeisungen [1]. Für die jeweilige Folgestunde beträgt der Prognosefehler der Einspeisungen aus WEA 2,9 % und der PVA 1,5 % und weist damit eine starke Abhängigkeit vom Prognosehorizont auf [2]. 12 GW Bild 1: Januar 2015 Hochrechnung Prognose Prognosefehler Vortäglicher Prognosefehler in Regelzone 50Hertz [1] Unter zunehmenden Einspeiseunsicherheiten ist ein analoges Vorgehen denkbar, wirtschaftlich jedoch nicht optimal, da dies mit deutlich größeren präventiv zu aktivierenden Redispatchmengen verbunden ist und die Netzinfrastruktur nicht optimal ausgenutzt wird. Eine Alternative dazu ist, die Entwicklung des Betriebszustands abzuwarten und Maßnahmen erst dann kurativ umzusetzen, sollte sich ein kritischer Betriebszustand tatsächlich entwickeln. Zusätzlich können kurzfristig tolerierbare Überlastungen dazu genutzt werden, korrektiv, d. h. nach Eintreten einer Ausfallsituation, in den Übertragungsnetzbetrieb einzugreifen. Ein solches Vorgehen erfordert stets eine ausreichende Reaktionsfähigkeit des Übertragungsnetzes, die beispielsweise durch das präventive Anfahren von Reservekraftwerken zur Bereitstellung von Redispatchpotenzialen erzeugt werden kann. 2.3 Handlungsoptionen von Übertragungsnetzbetreibern Die verfügbaren Handlungsoptionen der Übertragungsnetzbetreiber lassen sich im Allgemeinen nach einer Anpassung der Netznutzung sowie einer Anpassung der Netztopologie unterscheiden. Maßnahmen, die eine Anpassung der Netztopologie beinhalten, werden regulatorisch als netzbezogene Maßnahmen bezeichnet. Zu diesen zählen typischerweise Netztopologieänderungen durch Schalthandlungen, die Stufung von längs-, schrägund quergeregelten Transformatoren, das Ein- und Ausschalten von Kompensationselementen sowie die Arbeitspunktanpassung von HGÜ-Strecken. Diese Maßnahmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr schnell verfügbar und gleichzeitig kostengünstig sind. Daher können sie kurzfristig eingesetzt werden, wenn sich eine kritische Netzsituation entwickelt (kurativer Einsatz) oder diese bereits eingetreten ist (korrektiver Einsatz). Zu den Maßnahmen, die eine Anpassung der Netznutzung hervorrufen, zählen klassischerweise Redispatchmaßnahmen. Leistungsgradienten, Mindestbetriebs- und -stillstandzeiten sowie Anfahrtszeiten von IAEW FGE JAHRESBERICHT

126 Belastung FORSCHUNGSPROJEKTE thermischen Kraftwerken führen dazu, dass Redispatchmaßnahmen im Vorfeld unter unvollständiger Systemkenntnis getroffen werden müssen. Insbesondere die Anfahrt eines Reservekraftwerks kann mehrere Tage erfordern. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen zur Behebung von Engpässen im Kontext von Unsicherheiten vorstellbar. Es ist denkbar, dass gezielte Handelseinschränkungen im Intraday-Handel, bspw. gezielte Handelsverbote zwischen Deutschland und Österreich, die Wahrscheinlichkeit von Grenzwertverletzungen verringern können. Darüber hinaus bietet ein gezielter Einsatz von Regelleistung Potenzial zur Behebung von Engpässen. 3 Geplantes methodisches Vorgehen Die Simulation der in vorgestellten koordinierten Engpassbehebung unter Unsicherheiten erfordert die Kenntnis möglicherweise auftretender Betriebszustände. Aus diesem Grund wird in dieser Forschungsarbeit ein zweistufiges Vorgehen angewandt, siehe Bild Generierung von Szenarien Netzbetriebsoptimierung Bild 2: Methodisches Vorgehen Im ersten Schritt werden die möglicherweise auftretenden Betriebszustände als Szenarien modelliert. Dazu werden auf Basis eines stündlichen Kraftwerkseinsatzes und Wetterzeitreihen Prognosefehler für Wind- und PV- Einspeisungen sowie für Lasten und den Kraftwerkspark als Szenarien generiert. Jedes Szenario spiegelt einen möglichen zeitlichen Verlauf einer Last-Einspeisesituation wider, wie in Bild 3 gezeigt ist. Für jeden Zeitschritt eines Szenarios werden außerdem relevante Ausfallsituationen berücksichtigt. Zur realistischen Abbildung der Prognosefehler ist die Berücksichtigung von zeitlichen und räumlichen stochastischen Abhängigkeiten unabdingbar. Dazu wird eine Monte-Carlo-Simulation zur Ziehung von Szenarien um Copulae erweitert, die stochastisch abhängige Zufallsziehungen erlaubt. Szenario Ausfallsituation Die nachfolgende Netzbetriebsoptimierung hat das Ziel, die erwarteten Engpassbehebungskosten unter Einhaltung aller betrieblichen Randbedingungen in allen Szenarien in allen relevanten Betriebssituationen zu minimieren. Die vorhandenen Freiheitsgrade werden abhängig von ihrer Aktivierungszeit innerhalb einer präventiven, kurativen oder korrektiven Strategie umgesetzt. Eine präventive Maßnahme wirkt sich dabei auf alle Szenarien aus, eine kurative Maßnahme nur auf ein einzelnes Szenario und eine korrektive Maßnahme nur auf eine einzelne Ausfallsituation. Durch Gewichtung der Kosten nach ihrer Auftrittswahrscheinlichkeit werden so korrektive vor kurativen, vor präventiven Maßnahmen umgesetzt. Dieses Vorgehen macht eine zeitkoppelnde Simulation erforderlich, sodass beispielsweise die Notwendigkeit von Kraftwerksanfahrten unter der Berücksichtigung von kurzfristig verfügbaren Engpassbehebungsmaßnahmen ermittelt werden kann. Als Freiheitsgrade werden neben lastflusssteuernden Betriebsmitteln (Transformatoren, HGÜ-Strecken, Kompensationsanlagen) und Redispatchmaßnahmen auch die Berücksichtigung von Intraday-Markt-Eingriffen und der gezielte Abruf von Regelleistung berücksichtigt. Das beschriebene Vorgehen ermöglicht somit die Minimierung des Erwartungswerts der Maßnahmenumsetzung sowie der Wahrscheinlichkeit von Grenzwertverletzungen. Damit ist eine Quantifizierung des Einflusses von Unsicherheiten auf den Übertragungsnetzbetrieb sowie die Bewertung des Mehrwerts weiterer Konzepte im Umgang mit Unsicherheiten möglich. Erste Simulationen der Engpassbehebung unter Unsicherheiten zeigen vielversprechende Ergebnisse. Insbesondere der Einsatz von kurativen und korrektiven Maßnahmen von kurzfristig einsetzbaren Betriebsmitteln wie HGÜ-Strecken oder Phasenschiebertransformatoren bieten großes Reduktionspotenzial von konventionellen Redispatchmaßnahmen. 4 Literatur [1] 50Hertz Transmission GmbH; Prognostizierte Erzeugung und eingetretene Erzeugung 2013; [2] Nitsch et al. 2012; Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Berlin, Deutschland Bild 3: Prinzip der stochastischen Optimierung 114 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

127 FORSCHUNGSPROJEKTE Kombinierte Grundsatzplanung von Mittel- und Niederspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher Maßnahmen und Unsicherheiten Combined Medium and Low Voltage Target Network Planning Considering Operational Concepts and Uncertainties Dipl.-Ing. Lukas Verheggen Aufgrund der steigenden Zahl installierter dezentraler Erzeugungsanlagen in den Mittel- und Niederspannungsnetzen und der großen Unsicherheit über die Kenntnis des genauen Anlagenstandortes und der Höhe der installierten Leistung an einem Standort, ist derzeit eine langfristige Planung der Netze nur schwierig möglich. Neben dem klassischen Leitungszubau sind durch technologische Entwicklungen zunehmend auch betriebliche Maßnahmen für den Einsatz in Mittel- und Niederspannungsnetzen wirtschaftlich. Diese Maßnahmen haben den Vorteil, das Netz unter der zukünftigen Netznutzung besser auszulasten und somit weiteres Optimierungspotenzial in der Netzplanung bereitzustellen. Weiterhin ermöglichen diese Maßnahmen einen flexiblen Netzbetrieb, welcher so eine bessere Reaktion auf die Unsicherheiten ermöglicht. Das Ziel dieser Arbeit ist es, diese Maßnahmen in die Grundsatzplanung von Mittel- und Niederspannungsnetzen zu integrieren, um dieses Optimierungspotenzial vor dem Hintergrund der Unsicherheiten in der Netznutzung auszuschöpfen. The planning of distribution networks are facing new challenges, due to an increase of distributed generation in low and medium voltage networks. One of the main challenges are the uncertainties of the allocation and the value of the installed capacities of the distributed generation. Due to this challenge the long-term planning of low and medium voltage networks have high uncertainties. In addition to the classical network, operational concepts are discussed to integrate distributed generation in these networks. These concepts facilitate a flexible operation of networks and mean an option to address the given uncertainties. The aim of this research project is to integrate these approaches in a low and medium voltage network planning in order to identify further optimization potential in the context of uncertainties of the distributed generation and the load. 1 Hintergrund und Ziel der Arbeit Durch die politische Förderung erneuerbarer Energien, kommt es zu einem Anstieg an dezentralen Erzeugungsanlagen in den Mittel- und Niederspannungsnetzen. Da das Erneuerbare-Energien-Gesetz keine Vorgaben bezügliche der Höhe und des Standortes dieser Anlagen innerhalb dieser Netze macht, stellt die Entwicklung des Zubaus dezentraler Erzeugungsanlagen ein Unsicherheitsfaktor in der Planung der Mittel- und Niederspannungsnetze dar. Der Netzbetreiber ist verpflichtet, dezentrale Erzeugungsanlagen an sein Netz anzuschließen [1]. Aufgrund der hohen Dynamik des Zubaus dezentraler Erzeugungsanlagen und den langen Nutzungszeiten der Betriebsmittel, ist eine langfristige Netzplanung für den Netzbetreiber derzeit mit hohen Risiken verbunden. Somit wird zunehmend über Maßnahmen im Netzbetrieb für die verbesserte Integration der dezentralen Erzeugungsanlagen gesprochen. Diese Betriebskonzepte ermöglichen eine flexiblere Reaktion auf die Netznutzung und ermöglicht eine höhere Leistung dezentraler Erzeugungsanlagen in das bestehende Netz zu integrieren [2]. Weiterhin konnte in Studien gezeigt werden, dass der Einsatz betrieblicher Maßnahmen zu Kostensenkung in den Verteilnetzen führt [3]. Viele der derzeit verwendeten Betriebskonzepte werden bereits seit vielen Jahren in den Höchst- und Hochspanungsnetzen eingesetzt. Aufgrund des deutlich höheren Netzmengengerüsts und der deutlich höheren Anzahl dezentraler Erzeugungsanlagen in den Mittel- und Niederspannungsnetzen, ist ein erhöhter Automatisierungsgrad dieser Konzepte hier notwendig. Durch diese Notwendigkeit und den Entwicklungen, welche in den letzten Jahren in der Informations- und Kommunikationstechnik stattgefunden haben, wurden verschiedene intelligente Betriebskonzepte entwickelt. Diese werden in einigen Netzen bereits auch heute schon eingesetzt. Das Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, diese Betriebskonzepte in der langfristigen Planung von Mittel- und Niederspannungsnetzen mit zu berücksichtigen, um deren Mehrwert zu bewerten. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Unsicherheiten bei der Entwicklung der Erzeugung und der Versorgungsaufgabe in den Netzgebieten relevant. 2 Analyse Die Planung der Verteilnetze stellt ein komplexes Problem dar, sodass sich ein zweistufiger Ansatz zur Netzplanung bewährt hat. Zunächst wird in einem ersten Schritt, der Grundsatzplanung, das langfristig kostenoptimale Netz, das sogenannte Zielnetz, entworfen. Der zweite Schritt, die sogenannte Ausbauplanung, umfasst die Änderung des bestehenden Netzes hin zu dem Zielnetz [4]. In vorherigen Arbeiten [5] wurde die Grundsatzplanung zur Ableitung von Planungsgrundsätzen genutzt und stellt auch in dieser Arbeit den Fokus dar. IAEW FGE JAHRESBERICHT

128 FORSCHUNGSPROJEKTE 2.1 Technische Randbedingungen Die technischen Randbedingungen in den Verteilnetzen umfassen Randbedingungen für den Strom, die Spannung sowie den Kurzschlussstrom. Das gültige Spannungsband ist durch die Norm EN definiert und schreibt eine maximale Spannungsabweichung beim Endkunden von 10 Prozent der Nennspannung vor. Der thermische Grenzstrom ist durch die Betriebsmittel vorgegeben und stellt den maximalen Strom, der durch Betriebsmittel fließen kann, dar, ohne dass dieses aufgrund von Überhitzungen dauerhaft beschädigt wird. Die Grenzen des Kurzschlussstroms sind zum einen durch das Schutzkonzept des Netzes und zum anderen durch die Betriebsmittel begrenzt. Der maximale Kurzschlussstrom darf keine Komponenten im Netz durch einen auftretenden Kurzschluss dauerhaft beschädigen. Allerdings muss der Kurzschlussstrom mindestens so groß sein, dass das Schutzkonzept den Fehler sicher erkennt und diesen sicher abschalten kann. 2.2 Freiheitsgrade in der Netzstruktur Neben den technischen Randbedingungen ist die Netzstruktur maßgeblich von der geographischen Gegebenheit abhängig. Kabel werden in der Regel so verlegt, dass Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen leicht durchgeführt werden. Aus diesem Grund sollen nach DIN 1998 Kabel in öffentlichen Grund verlegt werden, was in der Regel zu einer Verlegung von Kabeln in Straßen führt. Für die Mittel- und Niederspannungsnetzplanung bedeutet das, dass die Straßenverläufe, die wesentlichen Freiheitsgrade bei der Verlegung von Kabeln darstellt. Daher werden im Rahmen dieser Arbeit Straßenkarten aus dem OpenStreetMap-Projekt [6] für die Planungsaufgabe berücksichtigt. 2.3 Freiheitsgrade durch betriebliche Maßnahmen Sollten Verletzungen technischer Randbedingungen in einem Netz auftreten, besteht die Möglichkeit mit betrieblichen Maßnahmen diese Verletzungen zu beheben. Derzeit werden verschiedene betriebliche Maßnahmen diskutiert [2], wie Regelbare Ortsnetztransformatoren Spannungsbeeinflussung durch Erzeugungsanlagen Wirkleistungsmanagement durch Erzeugungsanlagen, Speicher und steuerbare Lasten Aufgrund des großen Netzmengengerüsts und der noch nicht soweit entwickelten Informations- und Kommunikationstechnik (IKT), wurde auf solche Maßnahmen in der Vergangenheit verzichtet. Durch die zunehmende Kostendegression in der IKT kann dieses jedoch in Zukunft eine Alternative zum Netzausbau darstellen. 2.4 Kostenbewertung Netzbetreiber sind verpflichtet, durch die Anreizregulierung ihre Netze kostenminimal zu betreiben und Ineffizienzen abzubauen. Kosten, die hier zu bewerten sind, sind Investitions-, Betriebskosten sowie Kosten für Netzverluste. 2.5 Berücksichtigung der Unsicherheiten Die Netzplanung wird durch Unsicherheiten beeinflusst. Auf die Grundsatzplanung wirken sich insbesondere die Höhe der installierten Leistung aus dezentralen Erzeugungsanlagen als auch eine Veränderung des Lastverhaltens der Verbraucher aus. In den letzten Jahren war insbesondere der Zubau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Photovoltaik- und Windenergieanlagen, nicht konstant. Dieser Zubau führt zu einem veränderten Energiebezug des Verteilnetzes, bedeutet jedoch auch ein Flexibilitätspotenzial im Netzbetrieb. In bestehenden Forschungsvorhaben wurde der Einfluss der Unsicherheiten auf die Netzplanung durch eine Variation der Eingangsdaten vorgenommen und das Verfahren mehrfach angewendet. Das Ergebnis waren verschiedene Netzentwürfe. Für den Netzplaner ist jedoch ein möglichst robustes Ergebnis von Interesse, um trotz der hohen Unsicherheiten sichere Planungsentscheidungen zu treffen. Somit wird in diesem Forschungsvorhaben eine geschlossene Betrachtung der verschiedenen Unsicherheiten angestrebt, um ein robustes Ergebnis für verschiedene Unsicherheiten zu erhalten. Die Abbildung der einzelnen Unsicherheiten soll über konsistente Szenarien erfolgen. 3 Methodik Die entwickelte Methodik stellt einen zweistufigen Ansatz dar. Zunächst erfolgt in einem ersten Schritt der Entwurf der Niederspannungsnetzstruktur und in einem zweiten Schritt die Planung des überlagerten Mittelspannungsnetzes. Die Niederspannungsnetzplanung erfolgt zunächst eine Aufteilung des betrachteten Untersuchungsbereichs in Niederspannungsnetzzuschnitte. Im Anschluss erfolgt für jeden Netzzuschnitt die Planung der Netzstruktur. Mittels des Average-Linkage-Algorithmus werden im ersten Schritt die einzelnen Niederspannungsnetzkunden zu Netzzuschnitten zusammengefasst. Anschließend werden die Netzzuschnitte solange geteilt, bis in den einzelnen Netzzuschnitten gültige Netze gefunden wurden. Eine Mindestanzahl der Netzzuschnitte kann dem Verfahren vorgegeben werden. Nachdem ein Netzzuschnitt gewählt wurde, erfolgt zunächst die Standortwahl für die Ortsnetzstation. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: ONS mittig : Hier werden die Ortsnetzstation möglichst nah an großen Verbrauchern und Einspeisungen errichtet. 116 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

129 FORSCHUNGSPROJEKTE Somit sind die Verluste im Netz geringer und auch die Spannungshaltung in den Netzen ist verbessert. ONS nahe UW : In dem Fall wird der Standort der Ortsnetzstationen so gewählt, dass dieser eine möglichst kurze Entfernung zum nächsten Umspannwerk (UW) hat. Hier fließen die Informationen aus dem OpenStreetMap- Projekt ein. Nachdem der Standort der Ortsnetzstation festgelegt wurde, kann die Niederspannungsnetzstruktur entworfen werden. Da in den Niederspannungsnetzen Strahlennetze geplant werden, werden die einzelnen Netzkunden auf dem kürzesten Weg mit den Ortsnetzstationen verbunden. Mittels eines Floyd-Warshall-Algorithmus wird der kürzeste Weg bestimmt, der anschließend den Leitungsverlauf darstellt. Mittels einer im Folgenden noch beschriebenen Betriebssimulation erfolgt die Dimensionierung der Kabel und Transformatoren. Nach dem Entwurf der unterlagerten Niederspannungsnetze, wird das überlagerte Mittelspannungsnetz geplant. Da der Standort der Ortsnetzstationen im vorgelagerten Schritt bereits festgelegt wurde und der Standort der Umspannwerke kein Freiheitsgrad darstellt, besteht das Problem in der Verlegung und Dimensionierung der Mittelspannungskabel. Das vorliegende Problem wird mit der in [5] vorgestellten Methodik gelöst, bei dem ein Ameisenalgorithmus zur Planung von Ring- und Strangnetzen in der Mittelspannungsebene verwendet wird. Zur Berücksichtigung der Straßenverläufe wurde die Methodik erweitert, indem die Entfernungen zwischen den Ortsnetzstationen aus den Straßendaten die Informationen aus dem Niederspannungsnetzentwurf verwendet werden. Dadurch wird die Berücksichtigung einer gemeinsamen Verlegung der Mittel- und Niederspannungsnetzkabel in einem Graben ermöglicht. Die Überprüfung der technischen Randbedingungen hinsichtlich der Spannungshaltung und der thermischen Belastbarkeit der Betriebsmittel erfolgt mit Hilfe einer Betriebssimulation. Bei der Betriebssimulation werden mittels einer Lastflussrechnung die Knotenspannungen und die Zweigströme berechnet. Um den Einfluss der Unsicherheiten zu berücksichtigen, wird für jedes Unsicherheitsszenario eine Jahresrechnung basierend auf Zeitschritten im Stundenraster durchgeführt. So kann sichergestellt werden, dass das Ergebnis für alle betrachteten Unsicherheiten gültig ist. 4 Erste Ergebnisse und Ausblick Das Verfahren wurde an einem synthetischen, realitätsnahen Netzgebiet erprobt. Dieses Versorgungsgebiet umfasst ca Netzkunden mit einer zeitgleichen Jahreshöchstlast von ca. 11 MW sowie ca. 670 dezentralen Erzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung von ca. 18 MW. Bild 1 zeigt den Einfluss der Lage der Ortsnetzstationen (ONS) innerhalb eines Niederspannungsnetzes und der Anzahl der ONS in dem Gebiet auf die annuitätischen Netzkosten bei einer Planung ohne Betrachtung betrieblicher Maßnahmen und Unsicherheiten. Das kostengünstigste Netz bei diesen Untersuchungen ist jenes, welches die geringste Anzahl an Ortsnetzstationen hat. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass bei einer Platzierung der ONS nahe des Umspannwerks mehr ONS benötigt werden, um ein gültiges Ergebnis zu finden, welches zu Mehrkosten führt. 120 % ONS mittig ONS nahe UW 82 ONS 100 ONS 126 ONS Graben NS MS Verluste Ann. Netzkosten Bild 1: Einfluss des Standorts und der Anzahl von Ortsnetzstationen auf die annuitätischen Netzkosten Im weiteren Verlauf des Forschungsvorhabens erfolgt die Ausarbeitung konsistenter Szenarien für die Unsicherheiten, um die Mehrkosten für eine robuste Netzplanung zu identifizieren. Literatur [1] Deutsche Bundesregierung; Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG), Berlin, 2014 [2] Gwisdorf, B.; Borchard, T.; Hammerschmidt, T.; Rehtanz, C.: Technical and economic evaluation of voltage regulation strategies for distribution grids with a high amount of fluctuating dispersed generation units, Conference on Innovative Technologies for an Efficient and Reliable Electricity Supply, Waltham, MA, USA, 2010 [3] E-Bridge, IAEW, Offis: Moderne Verteilernetze für Deutschland (BMWi-Verteilernetzstudie), Berlin, 2014 [4] Hosemann, G.: Elektrische Energietechnik, Band 3, Berlin Heidelberg, 2001 [5] Rotering, N.: Zielnetzplanung von Mittelspannungsnetzen unter Berücksichtigung von dezentralen Anlagen und steuerbaren Lasten, Aachen, 2012 [6] OpenStreetMap; IAEW FGE JAHRESBERICHT

130 FORSCHUNGSPROJEKTE Stochastische Simulation der Märkte für elektrische Energie in Europa Stochastic Simulation of Electricity Markets in Europe M.Sc. Denis vom Stein Aufgrund des Ausbaus von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien steigt die Dargebotsabhängigkeit und Volatilität der Residuallast im europäischen Stromversorgungssystem. Aus der Wetterabhängigkeit der erneuerbaren Energien folgt ein Anstieg sowohl langfristiger als auch kurzfristiger Unsicherheiten der Residuallast, deren Ausprägungen durch Flexibilitätsoptionen ausgeglichen werden müssen. Zur Bewertung des gesamtwirtschaftlich effizienten Einsatzes von Flexibilitätsoptionen bedarf es einer Abbildung der europäischen Märkte für elektrische Energie unter Berücksichtigung der ansteigenden Unsicherheiten. Ziel des Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung eines Verfahrens zur stochastischen Simulation der Märkte für elektrische Energie in Europa. Due to the increasing installed generation capacities based on intermittent Renewable Energy Sources, a more volatile and weather dependent residual load can be expected in the European electricity system. Despite the weather dependency, the residual load - including its long-term and short-term uncertain manifestations - have to be balanced by flexibilityoptions. To evaluate the optimal economic dispatch of flexibility-options from a system point of view, a simulation of the European electricity markets, considering these increasing uncertainties, is needed. Thus, the aim of this research project is the development of a stochastic simulation of electricity markets in Europe. 1 Hintergrund und Motivation Ein klimapolitisches Ziel der Europäischen Union (EU) ist die Reduzierung des Ausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen um 40 % bis 2030 im Vergleich zu 1990 [1]. Insbesondere durch den Ausbau von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien (EE) soll der Stromsektor einen Beitrag zu diesem Klimaschutzziel leisten. Mit dem Ausbau von EE-Anlagen, wie Windenergie- (WEA) und Photovoltaikanlagen (PVA), sowie dem Ausstieg aus der Kernenergie einiger EU- Mitgliedsstaaten gehen erhöhte Unsicherheiten der Residuallast einher, deren Ausprägung durch den verbleibenden Kraftwerkspark gedeckt werden muss. So kann sich bspw. das durchschnittliche Dargebot an Wind und Globalstrahlung zwischen verschiedenen Jahren stark unterscheiden. Zudem unterliegen natürliche Zuflüsse hydraulischer Kraftwerke saisonalen Unsicherheiten. Im kurzfristigen Zeitbereich wird versucht, die Einspeisung aus EE möglichst genau zu prognostizieren, jedoch unterliegen auch diese Prognosen Unsicherheiten. Neben diesem klimapolitischen Ziel stellt die Schaffung eines einheitlichen europäischen, liberalisierten Strommarktes ein wirtschaftspolitisches Ziel der EU dar [2]. Mit einer zunehmenden Integration der Märkte für elektrische Energie in Europa ist auch ein erhöhtes Potenzial zur marktgebietsübergreifenden Nutzung von Flexibilitätsoptionen verbunden. Zur Analyse und Bewertung des Einflusses der zunehmenden Unsicherheiten der dargebotsabhängigen Einspeisung im Stromversorgungssystem ist eine integrierte Simulation der europäischen Strommärkte erforderlich. Bestehende europäische Marktsimulationsverfahren berücksichtigen die lang- und kurzfristigen Unsicherheiten nicht integriert oder bilden diese über deterministische Prognoseveränderungen vereinfachend ab. Ziel dieser Arbeit ist es daher, sowohl lang- als auch kurzfristige Unsicherheiten im Rahmen eines stochastischen Marktsimulationsverfahrens antizipieren zu können und durch die detaillierte Abbildung der Märkte für elektrische Energie einen gesamtwirtschaftlich-optimalen Einsatz von Flexibilitätsoptionen zu simulieren. 2 Analyse und Modellbildung 2.1 Märkte und Planungsstufen der Akteure Das Zusammenbringen von Nachfrage und Angebot nach elektrischer Energie erfolgt zunehmend an Großhandelsmärkten. Dabei kann zwischen Termin-, Day- Ahead-, Intraday- und Regelleistungsmärkten unterschieden werden. In Europa existieren mehrere Strombörsen, deren Harmonisierung und Kopplung bspw. durch das Price Coupling of Regions und das XBID Market Projekt im Sinne des europäischen Ziels eines Energiebinnenmarktes weiter vorangetrieben wird. Darüber hinaus kontrahieren Übertragungsnetzbetreiber zur Sicherung der Systemstabilität Regelleistung. Der Terminmarkt dient den Akteuren zur finanziellen Absicherung von Preis- und Mengenrisiken mit einem Zeithorizont von bis zu mehreren Jahren. Am Day-Ahead-Markt erfolgt im Gegensatz zu den Terminmärkten die Planung der physischen Erfüllung. Die Auktion der Day-Ahead-Märkte finden i.d.r. um 12 Uhr 118 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

131 FORSCHUNGSPROJEKTE am Vortag statt, sodass die Erfüllungszeitpunkte der Kontrakte h in der Zukunft liegen. Die Auktion ist als Einheitspreisverfahren ausgestaltet, was in einem Preis für alle zustande kommenden Kontrakte mit stündlicher Granularität resultiert. Intraday-Märkte sind i.d.r. als kontinuierlicher Handel mit offenem Orderbuch ausgestaltet, welche mit einem Pay-as-Bid-Verfahren operieren. Die Gate Closure Time (GCT), d. h. der letzte Zeitpunkt zu dem vor Beginn der Erfüllungsperiode Handelsgeschäfte möglich sind, kann sich je nach Börse unterscheiden. Für das deutschösterreichische (DE/AT) Marktgebiet an der EPEX Spot wurde die GCT im Jahr 2015 von 45 min auf 30 min reduziert. Am Intraday-Markt sind somit sehr kurzfristige Handelsgeschäfte möglich, um auf veränderte Informationslagen im Vergleich zu den getätigten Day-Ahead- Geschäften reagieren zu können. Neben der Möglichkeit bspw. auf Prognoseveränderungen von EE reagieren zu können, ist eine verbesserte Abbildung von Residuallastrampen durch Viertelstunden-Kontrakte an Intraday- Märkten möglich. U. a. wurde hierzu eine zusätzliche Intraday-Auktion um 15 Uhr am Vortag für das DE/AT Marktgebiet eingeführt. In den letzten Jahren ist eine deutliche Zunahme der Liquidität der Intraday Produkte in diesem Marktgebiet zu verzeichnen. Die Energieversorgungsunternehmen als Akteure an den Märkten orientieren sich bei der Einsatzplanung ihrer Assets an der Gliederung und zeitlichen Abfolge der Märkte. Langfristig planen sie die Beschaffung und Bewirtschaftung von Ressourcen. Insbesondere Betreiber von saisonalen Speicherkraftwerken werden im Rahmen einer langfristigen Energieeinsatzplanung ihre knappe Ressource einteilen und dabei langfristige Unsicherheiten, wie z. B. die Menge der natürlichen Zuflüsse, versuchen in ihre Planung einfließen zu lassen. An die Energieeinsatzplanung schließt sich das mittelfristige Unit Commitement an, bei dem unter Vorgaben aus der Energieeinsatzplanung eine Wochen- bis Tagesplanung erfolgt und damit auch die Vermarktung am Day-Ahead-Markt geplant wird. Hierbei fließen Prognosen für die EE-Einspeisung in die Vermarktung ein. Auf mögliche veränderte Informationslagen reagieren Akteure im Rahmen eines kurzfristigen Unit Commitements. Dabei können Anpassungen eigener Kraftwerksfahrpläne ihres Portfolios sowie Handelsgeschäfte am Intraday-Markt vorgenommen werden. Es ist davon auszugehen, dass in der Realität die Akteure versuchen, gewinnmaximierend zu agieren. Die Einsatzentscheidungen ihrer Assets und damit verbundene Gebotspreise werden auf Basis von antizipierten Preisen bzw. Preisszenarien erstellt. Ein einzelner Akteur maximiert dabei den erwarteten Deckungsbeitrag seines Portfolios unter Berücksichtigung von Unsicherheiten. Aufgrund der angestrebten gesamtwirtschaftlichen Betrachtung im Rahmen dieser Arbeit wird für die Modellierung der Märkte von effizienten Märkten ausgegangen, sodass eine Wohlfahrtsoptimierung die Zielgröße darstellt. Durch eine Externalisierung des Konsumentennutzens ist eine Kostenminimierung unter Einhaltung aller Systemnebenbedingungen als Modellierungsansatz zulässig. Das Optimierungsproblem kann daher als Minimierung der erwarteten Systemgesamtkosten unter den Nebenbedingungen der Nachfrage- und Regelleistungsdeckung sowie der Einhaltung technischer Restriktionen formuliert werden. Durch diesen Ansatz bedarf es keiner ex-anten Vorhersage von Preisen, sondern der detaillierten Abbildung des gesamten europäischen Stromerzeugungssystems inklusive möglicher Ausprägungen von unsicherheitsbehafteten Größen. 2.2 Langfristige Unsicherheiten Unter dem Begriff der langfristigen Unsicherheiten sind im Rahmen dieser Arbeit alle Dargebotsabhängigkeiten mit monatlichen, saisonalen oder jährlichen Effekten zu verstehen. Neben dem Jahresniveau, wie bspw. der durchschnittlichen Anzahl an Volllaststunden der PVA und WEA, können sich verschiedene Wetterjahre auch in der monatlichen Aufteilung dieser Volllaststunden unterscheiden. Weitere zu untersuchende Unsicherheiten des Dargebots stellen die natürlichen Zuflüsse von saisonalen hydraulischen Speichern dar, da sowohl im Jahresniveau als auch im saisonalen Verlauf, bspw. durch Schneefall und Schneeschmelze, unsichere Faktoren existieren. Zudem gilt es die Unsicherheiten der Nachfrage im Jahresniveau und saisonalen Verlauf zu berücksichtigen. Da die Ausprägungen von Nachfrage und Dargebot über das Wetter gekoppelt sind, soll zur Modellierung langfristiger Unsicherheiten von Residuallast und natürlichen Zuflüssen auf verschiedene historische Wetterjahre zurückgegriffen werden. 2.3 Kurzfristige Unsicherheiten Kurzfristige unsichere Einflussfaktoren, die den Kraftwerkseinsatz bestimmen, sind zum einen die Prognosen von EE-Einspeisung und Verbraucherlasten, sowie Kraftwerksausfälle und verfügbare Kuppelkapazitäten. Je näher der Erfüllungszeitpunkt rückt, desto besser ist bspw. die Prognosegüte der Einspeisung aus EE. Darauf können die Akteure durch den kontinuierlichen Handel am Intraday Markt reagieren, sodass ein zeitlicher Verlauf von Informationsupdates zu modellieren ist. Die Modellierung der kurzfristigen Unsicherheiten wird auf Basis historischer Daten zu Prognosen angestrebt. Die stochastischen Eigenschaften der historischen Prognosefehler, wie Autokorrelationen und Korrelationen zwischen PV-, Wind- und Lastprognosefehlern, gilt es in dem zu entwickelnden Modell abzubilden. Die daraus zu IAEW FGE JAHRESBERICHT

132 FORSCHUNGSPROJEKTE entwickelnden konsistenten Szenarien mit Informationsupdates im Zeitverlauf stellen eine zentrale Eingangsgröße des angestrebten Verfahrens dar. 3 Verfahrensansatz Die im Rahmen der Analyse dargelegte Gliederung der Märkte und die damit in Verbindung stehenden drei Planungsstufen der Akteure, sollen unter Berücksichtigung der lang- und kurzfristigen Unsicherheiten in einem zu entwickelnden Verfahren abgebildet werden. Die angestrebte Methodik zur Einsatzoptimierung der Kraftwerke unter Unsicherheiten ist in allen drei Verfahrensstufen identisch. Dabei können in jeder Verfahrensstufe zwei Zeitabschnitte unterschieden und ein zweistufiges stochastisches Problem aufgebaut werden. Zu Beginn der Planungsstufe existiert eine deterministische Wurzel für die eine Realisierung der unsicherheitsbehafteten Größe angenommen wird, da für diesen Zeitabschnitt aufgrund der zeitlichen Nähe näherungsweise exakte Informationen vorliegen. Nach dem deterministischen Zeitraum schließt sich der antizipierte Zeitraum an. In diesem werden unterschiedliche Ausprägungen von Unsicherheiten durch wahrscheinlichkeitsgewichtete Szenarien antizipiert. In jedem der Szenarien stellen die Deckung der Residuallast und Regelleistungsnachfrage einzuhaltende Nebenbedingungen dar. Die Optimierung erlaubt es für den deterministischen Zeitraum eine eindeutige, optimale Entscheidung unter der Berücksichtigung der antizipierten Unsicherheiten zu treffen. Dabei werden die Erzeugungskosten der deterministischen Wurzel und der Erwartungswert der Erzeugungskosten für alle antizipierten Szenarien geschlossen minimiert. Im Rahmen der Energieeinsatzplanung werden ausgewählte technische Restriktionen wie z. B. Mindestbetriebs- und Mindeststillstandszeiten thermischer Kraftwerke vernachlässigt. In den unterlagerten Day-Aheadund Intraday-Stufen wird die Modellierungsgenauigkeit den Anforderungen angepasst, um alle relevanten technischen Nebenbedingungen zu berücksichtigen. Bspw. müssen minimale und maximale Leistungsgradienten thermischer Kraftwerke im viertelstündlichen Zeitraster des Intraday Marktes modelliert werden, wobei diese in den beiden überlagerten Stufen vernachlässigt werden können. Die Optimierung erfolgt in diesen Stufen mit kürzerem Planungshorizont. In der Day-Ahead-Stufe werden deterministische Entscheidungen für 24 h gefällt. In der Intraday-Stufe werden diese 24 h erneut rollierend mit einem Zeitraster von 1/4 h und neuen Informationen zu kurzfristigen Unsicherheiten reoptimiert. In beiden Stufen werden Unsicherheiten für die folgenden Zeiträume antizipiert. Sind die 24 h der Day-Ahead-Stufe durchlaufen, erfolgt eine Rollierung um die nächsten 24 h in der Day-Ahead-Stufe. Bild 1 zeigt die Idee des Verfahrensansatzes. Verbesserung Informationslage + Modell Detaillierungsgrad Bild 1: Energieeinsatzplanung Day-Ahead Stufe Intraday Stufe Rollierender stochastischer Optimierungsansatz Eine besondere Herausforderung stellt die planungsstufenübergreifende Koordination der An- und Abfahrt Entscheidungen sowie der Einsatz begrenzter Ressourcen dar. Diese soll mit Hilfe von abgeleiteten Opportunitätskosten von Mengenbedingungen und der Übernahme von Einschaltentscheidungen erfolgen. Ergebnisse des angestrebten Verfahrens sind u. a. Day- Ahead- und Intraday-Fahrpläne für den europäischen Kraftwerkspark. Darüber hinaus ist eine Auswertung der Einsatzwahrscheinlichkeiten einzelner Anlagen in den antizipierten Szenarien möglich. 4 Zusammenfassung und Ausblick Steigende langfristige und kurzfristige Unsicherheiten im Stromversorgungssystem, die insbesondere auf den Ausbau von EE zurückzuführen sind, gilt es adäquat in einem europäischen Marktsimulationsverfahren abzubilden. Dazu soll im Rahmen dieser Arbeit eine stochastische Marktsimulation mit planungsstufen-übergreifender Koordination entwickelt werden. Die Verfahrensstufe der Energieeinsatzplanung befindet sich aktuell in der Implementierung, sodass auf Seiten des Verfahrens die Abbildung der Day-Ahead- und Intraday-Marktstufe als nächste Schritte identifiziert werden können. Zudem gilt es, ein Modell zur Abbildung der kurzfristigen Unsicherheiten zu entwickeln. 5 Literatur Deterministische Wurzel 24 h 1 Monat Antizipierter Zeitraum [1] European Council, 2030 Climate and energy policy framework, Brüssel 2014 [2] Verordnung (EG) Nr. 714/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 ¼ h Rollierung p 1 p 2 p 3 p IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

133 STUDIENBEISPIELE Ermittlung von Übertragungskapazitäten Investigation of Transfer Capacities M.Sc. Ivan Marjanovic; Dipl.-Wirt.-Ing. Andreas Maaz; Dr.-Ing. Jonas Eickmann (IAEW) Die Bestimmung der Übertragungskapazitäten spielt eine bedeutende Rolle im Rahmen der Planung zukünftiger Netze, da diese erheblichen Einfluss auf das Marktergebnis und somit auf die resultierende Netzbelastung haben. Sowohl über- als auch zu niedrig dimensionierte Übertragungskapazitäten führen zur Ineffizienzen (bedingt durch Redispatchbedarf bzw. entgangenen Handel), was die Kosten-Nutzen-Analyse von Ausbauprojekten beeinflussen kann. Planungsdatensätze stellen aufgrund des Koordinierungsprozesses sowie zahlreicher Unsicherheiten in der Regel noch keinen vollständig ausgebauten Netzzustand dar und können somit lokale Engpassstellen enthalten. Bei konventionellen Methoden zur Ermittlung von Übertragungskapazitäten führen die Engpässe zu starken Einschränkungen der berechneten Übertragungskapazitäten. Im Rahmen dieses Projektes wurde ein Verfahren entwickelt, das eine Berechnung von bilateralen und multilateralen Übertragungskapazitäten auch dann ermöglicht, wenn das betrachtete System engpassbehaftet ist. Durch Einbindung eines OPF-Algorithmus können im Rahmen des Verfahrens außerdem betriebliche Freiheitsgrade berücksichtigt werden. Die Eignung des Verfahrens wurde an einem Planungsdatensatz untersucht und die Robustheit der berechneten Übertragungskapazitäten auf mehreren Netznutzungsfällen analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass das Verfahren die Dimensionierung von Übertragungskapazitäten unterstützen kann, dass die Übertragungskapazitäten jedoch stark vom zugrunde liegenden Netznutzungsfall abhängen. The estimation of transfer capacities plays a major role within the simulation of future electricity systems for network planning purposes. Both over- and underestimation of transfer capacities lead to inefficiencies (as a consequence of redispatch or missed trading opportunities respectively), which can have an impact on the cost-benefit analysis of construction projects. Due to considerable uncertainties and a coordination effort, planning datasets for future scenarios usually do not reflect a fully developed grid and contain congestions that are strongly limiting transfer capacities when using conventional calculation methods. In the scope of this project a new methodology was developed, which enables an estimation of both bilateral and multilateral transfer capacities in the presence of congestions. The approach is based on the quantification of congestions as a function of the exchange between market areas. Effects of remedial actions are considered by integrating an OPF algorithm into the method. Applicability of the method was analyzed on an exemplary planning dataset and robustness of the calculated capacities was evaluated for several network situations. The obtained results confirm that the method can aid in dimensioning transfer capacities. However, the calculated values highly depend on the considered network situation. 1 Hintergrund der Studie Jede Netzausbauplanung benötigt als Grundlage für die Ermittlung des Netzausbaubedarfs die Übertragungsaufgabe des zukünftigen Netzes. Dafür werden geeignete Einspeisesituationen für ein bestimmtes Erzeugungsszenario mithilfe von Marktsimulationen ermittelt. Wichtige Eingangsdaten für die Marktsimulation sind Übertragungskapazitäten zwischen den Gebotszonen, die den Austausch aufgrund der netzseitigen Restriktionen einschränken. Werden diese zu hoch dimensioniert, so sind Überlastungen, die aus zu hohen Handelsbilanzen herrühren, mithilfe von Redispatch-Maßnahmen zu beheben, was in der Regel zusätzliche Kosten verursacht. Im Gegensatz dazu führt eine zu niedrige Dimensionierung zu unnötigen Einschränkung des Handels. Als Folge ergeben sich wiederum höhere Erzeugungskosten und damit Ineffizienzen. Da bei der Kosten-Nutzen-Analyse einzelner Ausbauprojekte Effekte auf die ökonomische Wohlfahrt untersucht werden, fällt der Dimensionierung von Übertragungskapazitäten somit eine bedeutende Rolle zu. Eine genaue Berechnung von Übertragungskapazitäten im Rahmen der Netzplanung ist jedoch mit besonderen Herausforderungen verbunden. Zum einen wird nach einem robusten Wert gesucht, der für möglichst viele Einspeisesituationen anwendbar ist. Zum anderen stellen Planungsdatensätze zu Beginn des Netzplanungsprozesses aufgrund des Koordinierungsprozesses sowie zahlreicher Unsicherheiten noch keinen vollständig ausgebauten Netzzustand dar, und können somit lokale Engpassstellen enthalten. Eine Berechnung mithilfe konventioneller Methoden ist ungeeignet, da diese in der Regel einen engpassfreien Netzzustand unterstellen. Das Ziel dieser Studie im Auftrag von Amprion GmbH war daher, ein Verfahren zu entwickeln, der diesen Herausforderungen entgegnet und eine effiziente Ermittlung von Übertragungskapazitäten auch bei eingeschränkter Datengrundlage der verwendeten Modelle ermöglicht. IAEW FGE JAHRESBERICHT

134 STUDIENBEISPIELE Außerdem soll das Verfahren in der Lage sein, die Wechselwirkungen zwischen Austauschen verschiedener Grenzen zu erfassen, um eine koordinierte Dimensionierung zu unterstützen. Darauf aufbauend wurde untersucht, wie robust die resultierenden Kapazitäten in Bezug auf den zugrunde liegenden Netznutzungsfall sind. 2 Übertragungskapazität Bei der Berechnung von Übertragungskapazitäten handelt es sich um die Quantifizierung der Netzsicherheitsgrenzen in der Abhängigkeit von dem marktseitigen Handel zwischen Gebotszonen. Die Netzsicherheit wird durch thermische Belastbarkeit der Betriebsmittel, zulässige Spannungswerte sowie Stabilitätskriterien definiert. Diese sollen sowohl für den Normalbetrieb als auch im Fall eines Ausfalls (n-1-kriterium) eingehalten werden. Da sowohl die Spannungs- als auch die Stabilitätsprobleme durch Begrenzung der Leistungsflüsse behoben werden können, wird die resultierende Engpassleistung oft als Maß für die Quantifizierung der Engpässe benutzt. Als Engpassleistung wird im Rahmen der Studie die Summe aller Überlastungen im betrachteten Systembereich auch unter Berücksichtigung der kritischsten Ausfallsituation bezeichnet. Damit die Transportkapazität nicht rein aufgrund marktgebietsinterner Engpässe begrenzt wird, werden die oben genannten Kriterien bei der Berechnung nur für die Netzelemente oder Netzbereiche aufgestellt, die erheblich von dem Austausch beeinflusst sind. Diese Elemente werden als "kritische" Netzelemente bezeichnet. Der Berechnungsprozess ist in Abbildung 1 dargestellt. Ausgangszustand für die Berechnung ist eine für den betrachteten Zeitpunkt erwartete Netzsituation (diese wird als Basisfall bezeichnet). Der Basisfall enthält unter anderem auch die bereits angenommenen Austausche. Idealerweise kommt es im Ausgangszustand zu keinen Grenzwertverletzungen (keine Engpassleistung). Es wird dann solange die Austauschleistung erhöht, bis eines der betrachteten Netzsicherheitskriterien verletzt ist, also bis es zur Überschreitung der Übertragungsgrenze eines Netzelements kommt. Dieser theoretische Verlauf unterscheidet sich jedoch von der realen Charakteristik dadurch, dass ggf. schon im Basisfall Engpässe vorhanden sind. Nach konventionellen Berechnungsmethoden (wie z. B. NTC) ist in solchen Fällen keine Übertragungskapazität verfügbar. Engpass Bild 1: Maximale Negative Auslenkung ATC- Kein Engpass Kein Austausch Engpassleistung Basisfall ATC+ Reale Charakteristik Theoretische Charakteristik Engpass Maximale Positive Auslenkung Austausch Maximaler Gradient Austausch Bestimmung der Übertragungskapazitäten über die Engpassleistung Falls sich jedoch die gesamte Engpassleistung nicht oder nur geringfügig mit der Erhöhung des Austausches ändert, ist es hier auch berechtigt, die Austausche so lange zu erhöhen, bis ein Einfluss auf die Übertragungskapazität bemerkbar wird. Die Einflussgrenze kann in der Form eines Engpassleistung-Austausch Gradienten definiert werden. Die Hauptvorteile des beschriebenen Vorgehens sind: Ein engpassfreier Basisfall ist nicht erforderlich. Kritische Netzelemente oder Netzbereiche müssen nicht im Vorhinein identifiziert werden. Austauschbegrenzende Netzbereiche können identifiziert werden. Die Auswirkungen auf die Engpassleistung können auch für simultane Austausche zwischen mehreren Marktgebieten ermittelt werden. Auf diese Weise können die Zusammenhänge zwischen mehreren Austauschen quantifiziert werden, um eine koordinierte Dimensionierung zu unterstützen. Somit stellt diese Methode eine abwärtskompatible Erweiterung der üblich benutzten NTC und koordinierte NTC Methoden dar. Nach den neuen europäischen Richtlinien sollen auch netzbetriebliche Maßnahmen (wie z. B. Stufung der Phasenschiebertransformatoren) berücksichtigt werden, um eine Steigerung des grenzüberschreitenden Handels zu erzielen [1]. Der Einsatz dieser Maßnahmen wird normalerweise aufgrund betrieblicher Erfahrung situationsscharf modelliert. In dem entwickelten Verfahren besteht außerdem die Möglichkeit, den Einsatz netzbetrieblicher Maßnahmen innerhalb des Optimierungskerns zu ermitteln. 3 Bestimmung von Übertragungskapazitäten als Optimierungsproblem Der Berechnungsprozess besteht im Wesentlichen aus der Ermittlung der Engpassleistung-Austausch-Charakteristik. Dafür kann der Austausch iterativ erhöht und die 122 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

135 STUDIENBEISPIELE Engpassleistung mithilfe von Lastflussrechnungen bestimmt werden. Dieses Vorgehen entspricht dem von konventioneller Berechnungsmethoden, und ist mit großem Rechenaufwand verbunden. Im Rahmen dieses iterativen Prozesses wird der Einsatz der verfügbaren netzbetrieblichen Maßnahmen meistens auf Basis bisheriger Erfahrung koordiniert. Eine schnelle Auswertung von vielen Netznutzungsfällen kann durch Formulierung eines Optimierungsproblems ermöglicht werden. Als Stand der Technik werden bei solchen Problemen Optimal-Power-Flow-Verfahren (OPF) benutzt. Diese führen eine Kostenminimierung unter Berücksichtigung der Leistungsfluss-Nebenbedingungen durch. Die Zielfunktion kann auf verschiedene Weise definiert werden: Bilaterale Berechnung - Maximierung des Austausches. Multilaterale Berechnung - Maximierung der totalen Austauschmenge oder Maximierung der Austausche gewichtet mit dem erwarteten Spread zwischen den Marktgebietspreisen. Als Nebenbedingung werden die relevanten Netzsicherheitskriterien berücksichtigt. Diese können als Leistungsflussgrenzen modelliert werden. In Abhängigkeit davon ob Überlastungen gültige Zustände darstellen, ist eine Verletzung der Nebenbedingungen zulässig oder nicht. Die Höhe der Verletzung der Leistungsflussgrenzen auf einem Netzelement entspricht der Überlastung auf diesem Element. Für die Bestimmung der Engpasskapazitäten wird die Engpassleistung als Summe einzelner Überlastungen ermittelt. Um eine Änderung des Austauschs zu erwirken, wird die Erzeugung in einem Marktgebiet erhöht und in anderem reduziert. Wie sich diese Menge auf einzelne Kraftwerke bzw. Netzknoten verteilt, wird über sogenannte Generation-Shift-Key-Faktoren (GSK) definiert. Es existieren mehrere GSK-Ansätze, deren Ziel ist es, möglichst nah das Marktergebnis als Funktion des Austausches abzuschätzen: Kraftwerke werden proportional zur Erzeugung im Basisfall hoch- bzw. heruntergefahren. Kraftwerke werden proportional zu ihrer freien Leistung im Basisfall hoch- bzw. heruntergefahren. Kraftwerke werden in einer vordefinierten Reihenfolge (Merit-Order) hoch- bzw. heruntergefahren. Um diese GSK-Strategien abzubilden, werden in dem Optimierungsproblem zusätzliche Nebenbedingungen eingeführt, die den Zusammenhang zwischen knotenscharfen Einspeisungen und der Änderung der Handelsbilanz eines Marktgebietes beschreiben. So gewährleisten diese Nebenbedingungen, dass die Einspeisungen mit einem gewissen Anteil (der dem GSK entspricht) in der Bilanzänderung teilnehmen. Eine weitere Nebenbedingung ist die Systembilanz, die gewährleistet, dass Einspeiseerhöhungen und -reduktionen übereinstimmen. Entscheidungsvariablen des Optimierungsproblems sind die Handelsbilanzen der Marktgebiete, Einspeisung der Generatoren, die einen GSK-Faktor zugeordnet haben, sowie die Einsätze verschiedener netzbetrieblichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen umfassen Änderung der Stufenstellung der Phasenschiebertransformatoren sowie des Betriebspunktes der HGÜ-Konverterstationen und Topologiemaßnahmen (z. B. Schaltzustände im Netz). Die Modellierung letzterer erhöht jedoch die Komplexität des Optimierungsproblems deutlich und wurde daher in den vorgestellten Untersuchungen nicht berücksichtigt. Nebenbedingungen Leistungsflussgrenzen im Normalbetrieb und Ausfallsituation Generation Shift Freiheitsgrade Einspeisung der Generatoren PST Stufenstellung HGÜ Einsatz Zielfunktion Maximierung der Austausche unter Berücksichtigung der Engpassleistung Bild 2: Verfahrensüberblick Aufbereitung der Eingangsdaten Berechnung der GSK Faktoren Lastflussrechnung und Ausfallsimulation Ermittlung der Sensitivitäten Optimierung Prüfung der Konvergenz Ausgabe der Übertragungskapazität Ein Überblick über das Verfahren ist in Bild 2 dargestellt. Die Basis stellt ein OPF-Framework dar, das in [1] detailliert beschrieben ist. Das Framework wurde angepasst, um eine Analyse von Übertragungskapazitäten zu ermöglichen. Dazu wurde in erster Linie der Optimierungskern des OPF angepasst (geänderte Zielfunktion sowie hinzugefügte Nebenbedingungen). Weiterhin wurde eine Routine zur Berechnung der GSK-Faktoren implementiert. Es handelt sich hierbei um ein iteratives Verfahren zur Lösung der Lastflussgleichungen über eine sukzessive Linearisierung. Die Linearisierung erfolgt hierbei über die dp/dθ Sensitivitäten, die durch Invertierung der Jakobi Matrix in dem aktuellen Arbeitspunkt bestimmt werden. Der Einfluss von N-1-Ausfallsitationen kann ebenfalls mithilfe dieser Sensitivitäten und der Current- Injection-Methode berücksichtigt werden. Nachdem Auslastung und Sensitivitäten ermittelt sind, wird das beschriebene Optimierungsproblem aufgestellt. Die Handelsbilanzen können aus anderen Entscheidungsvariablen (Einspeisung der Generatoren) abgeleitet werden. Die Zielfunktion enthält einen Nutzenterm für zusätzlichen Austausch sowie einen Strafterm für die induzierte IAEW FGE JAHRESBERICHT

136 STUDIENBEISPIELE Engpassleistung. Auf diese Weise wird der Austausch so lange erhöht, bis die Kosten für Engpässe den Nutzen der Austauschsteigerung übersteigen. Diese zwei Kostenterme definieren daher den maximalen Gradienten (siehe Bild 1) und ermöglichen eine schnelle Annäherung an die Lösung. Netzbetriebliche Maßnahmen können auch in der Zielfunktion mit einem minimalen Kostenterm enthalten sein, um unnötige Schwankungen der Lösung zu vermeiden. Ergebnis der Optimierung sind die neuen Handelsbilanzen der Marktgebiete und der damit (über GSK-Faktoren) verbundene Kraftwerkseinsatz. Für den neuen Systemzustand werden wieder Lastflussrechnung und Ausfallsimulation durchgeführt, um den Linearisierungsfehler zu quantifizieren. Die Optimierung wird anschließend mit den aktualisierten Zustandsgrößen wiederholt. Dieser Vorgang wird solange ausgeführt bis die Linearisierungsfehler hinreichend klein sind und die Lösung sich in der Nähe eines Grenzwerts stabilisiert. 4 Exemplarische Untersuchungen Zunächst wurde die Anwendbarkeit des entwickelten Verfahrens auf einen netzplanerischen Datensatz getestet. Dieser besteht aus vier Netznutzungsfällen, die charakteristische Netzsituationen repräsentieren. Für alle aufgeführten Untersuchungen wurde eine GSK- Strategie proportional zur Einspeisung im Basisfall gewählt. Dabei ist die Auslenkung auf konventionelle Kraftwerke (sowohl thermische als auch hydraulische) beschränkt, da diese flexibel auf Marktsignale reagieren können. Zur Veranschaulichung wurde an dieser Stelle die gesamte Engpassleistung-Austausch-Charakteristik abgebildet, obwohl die Problemformulierung eine direkte Ermittlung des maximalen Austauschs erlaubt. Um die Charakteristik vollständig aufzunehmen, wurden die Generatoren auch über ihre maximale Leistung hinaus ausgelenkt. Engpassleistung 120 GW Andere DE->FR FR->IT FR->BE NL->BE AT->IT DE->DE AT->AT FR->FR NL->NL BE->BE IT->IT EPL Austausch Charakteristik DE FR Situation A GW Austausch DE FR In Bild 3 ist die Entwicklung der Engpassleistung in Abhängigkeit vom Austausch von Deutschland nach Frankreich dargestellt. Die Engpassleistung wurde hier nach Netzbereichen zusammengefasst (marktgebietsinterne Engpässe, z. B. BE BE, sowie die Engpässe auf Kuppelleitungen, z. B. BE NL). Weiterhin sind auch unabhängig vom Austausch zwischen DE und FR deutliche Überlastungen von 30 GW im gesamten Betrachtungsbereich zu erkennen. Diese befinden sich zu einem großen Teil außerhalb von DE und FR. Es ist zu beobachten, dass unterschiedliche Netzbereiche begrenzend auf den zu bestimmende Engpassleistung wirken. Gradient Bild 4: Situation A Situation C Situation B Situation D GW Austausch DE FR Verlauf der Engpassgradienten in Abhängigkeit zur Austauschleistung DE FR Der Gradient der Engpassleistung ist ausgehend vom Minimum stetig steigend (abgesehen von kleinen Schwankungen aufgrund der Lastfluss-Konvergenz), da immer mehr Leitungen überlastet werden. Dies ist in Bild 4 veranschaulicht. Hier sind die Gradienten der Engpassleistung für die vier Netznutzungsfällen dargestellt. Die Gradienten verlaufen ähnlich, jedoch ist ein Versatz zwischen den Minima zu beobachten. Da hier die Engpässe im ganzen System betrachtet werden, kann dieser Versatz mit den unterschiedlichen Ausgangszuständen erklärt werden. Durch Reduktion des Betrachtungsbereichs auf stark beeinflusste Netzbereiche kann der Versatz deutlich reduziert werden. Auch die resultierenden Übertragungskapazitäten unterscheiden sich deutlich zwischen den Netznutzungsfällen. Insbesondere ist Situation B auffällig, wo deutliche Nord-Süd-Leistungsflüsse ein Hemmnis für den Export aus Deutschland darstellen. Zudem ist festzustellen, dass die Wahl der maximalen Gradienten einen erkennbaren Einfluss auf die resultierenden Übertragungskapazitäten hat. Es lässt sich somit rein analytisch keine eindeutige Beschränkung der Transportkapazität bestimmen. Dennoch können die durch die Simulation gewonnen Erkenntnisse die Festlegung von Austauschkapazitäten im Planungsprozess unterstützen. Bild 3: Engpassleistung als Funktion des Austausches 124 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

137 STUDIENBEISPIELE Engpassleistung 80 Bild 5: GW ohne NM mit PST mit PST & HGÜ GW Austausch DE FR Einfluss der netzbetrieblichen Maßnahmen Die Auswirkungen des Einsatzes netzbetrieblicher Maßnahmen auf die Engpassleistung-Austausch-Charakteristik sind in Bild 5 beispielhaft dargestellt. Die Engpassleistung wird ausgehend vom Basiszustand reduziert, und verläuft dann parallel zu der Charakteristik ohne netzbetriebliche Maßnahmen. Es ist auch zu erkennen, dass der Einsatz von HGÜ in diesem Netznutzungsfall deutlich geringeres Potenzial hat, die Engpässe zu reduzieren. Dies liegt darin begründet, dass sich auch ohne Optimierung der HGÜ ein Lastfluss über diese ergibt, der bereits einen sehr positiven Einfluss auf die Austauschkapazität hat. Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen den Übertragungskapazitäten kann der Austausch zwischen mehreren Marktgebieten simultan variiert werden. So ist es möglich, die Engpassleistung für verschiedene Kombinationen der Austausche zu ermitteln und eine mehrdimensionale Charakteristik durch Interpolation zu bestimmen. Da eine Visualisierung nur für zwei Austausche möglich ist, wurden hier beispielhaft zwei westdeutsche Grenzen (DE NL und DE FR) untersucht. Wie in Bild 6 zu sehen ist, nimmt die Charakteristik der Engpassleistung die Form eines elliptischen Paraboloids (Glocke) an. Die Höhe der Engpassleistung ist positiv korreliert mit der Summe der Exporte an den Grenzen. Diese Zusammenhänge sind deutlicher anhand des unteren Konturdiagramms zu erkennen. Isolinien verbinden hier die Punkte mit dem gleichen Wert der Engpassleistung, und sind jeweils für gleiche Schritte gegeben. Der Abstand zwischen den Linien kann somit als Gradient interpretiert werden, je näher die Linien desto größer der Gradient. Der Verlauf der Isolinien (ungefähr 45 Neigung in den Ecken) zeigt hier, dass eine Summennebenbedingung geeignet ist, die Korrelationen zwischen den Austauschen zu erfassen. Es wurden exemplarisch zwei solcher Linien gezeichnet (Import und Export aus Deutschland). Diese Nebenbedingungen können dann die Lösungsdomain begrenzen (Berücksichtigung bei der Vergabe - einzelne bilaterale Werte nehmen zu), oder als Orientierung für eine koordinierte Dimensionierung dienen (Berücksichtigung bei der Berechnung). Engpassleistung Austausch DE NL Bild 6: 180 GW GW Exemplarische Bestimmung koordinierter Übertragungskapazitäten Die Ergebnisse zeigen die Funktionalität des Verfahrens, das eine Unterstützung bei der Bestimmung der Übertragungskapazitäten auf Basis der netzplanerischen Datensätze bietet. Es zeigt sich jedoch, dass die analytisch bestimmten Übertragungskapazitäten stark vom zugrunde liegenden Netznutzungsfall abhängen. Daher können analytische Verfahren im Planungsprozess nur unterstützend wirken. Um robuste Kapazitäten definieren zu können, sind weiterhin manuelle Eingriffe sowie sorgfältige Analysen und erfahrungsbasierte Entscheidungen erforderlich. Literatur GW 20 BTC DE NL BTC FR DE [1] ENTSO-E, Network Code on Capacity Allocation and Congestion Management, 2012 [2] Eickmann, J.: Simulation der Engpassbehebung im deutschen Übertragungsnetzbetrieb, Print Production M. Wolff, Aachen, BTC DE FR BTC NL DE 0 Koordinierte Nebenbedingung GW GW 10 Austausch DE FR 20 IAEW FGE JAHRESBERICHT

138 STUDIENBEISPIELE Identifikation von zentralen Treibern für den Redispatchbedarf in Deutschland Identification of Key Drivers for Redispatch Volumes in Germany Dr.-Ing. Christoph Baumann; M.Sc. Philipp Baumanns (IAEW) Lasse Sundahl (Dong Energy A/S) Die Energiewende führt zu einer zunehmenden Überlastung der Übertragungsnetze in Deutschland, insbesondere in Nord- Süd-Richtung. Zur Wahrung der Netzsicherheit setzen die Netzbetreiber netzbezogene und marktbezogene (vor allem Redispatch) Maßnahmen ein. Auch die dem Markt zur Verfügung gestellte grenzüberschreitende Übertragungskapazität wird durch mögliche Überlastungen grenznaher Leitungen beeinflusst. Vor diesem Hintergrund hat der dänische Energieversorger Dong Energy das IAEW beauftragt, zentrale Treiber für den Redispatchbedarf in Deutschland zu identifizieren. Das Ziel ist es, Abschätzungen über die zukünftige marktseitige Verfügbarkeit der Austauschkapazität über den DK1-DE- Interkonnektor zu treffen. Simulationen für verschiedene Szenarien des Jahres 2024 zeigen, dass der Redispatchbedarf vor allem durch den Zubau von Windenergieanlagen im Norden Deutschlands und durch den Ausbaufortschritt der geplanten Hochspannungsgleichstromübertragungsleitungen beeinflusst wird. In Situationen mit einem Handelsfluss von Dänemark- West nach Deutschland ist eine Einschränkung der verfügbaren Kuppelkapazität je nach Szenario in bis zu 13 % bis 31 % der Fälle zu erwarten. As a result of the energy transition, congestions in the German transmission grid increase, especially in the north-south direction. In order to maintain system security, system operators make use of network-related and market-related (mainly redispatch) measures. Furthermore, possible congestions close to the border influence the available cross-border exchange capacities for the market. Against this background, the Danish utility Dong Energy asked IAEW to identify key drivers for redispatch volumes in Germany. The objective is to analyze the available capacity on the DK1-DE interconnector for the market in the future. Simulation results for different scenarios of the year 2024 indicate that the necessary redispatch is primarily influenced by wind power generation in Northern Germany and by the progress of the planned HVDC grid expansion. In situations with commercial flow from Denmark to Germany, a restriction of the available cross-border capacity is likely in up to 13 % to 31 % of the hours depending on the respective scenario. 1 Hintergrund und Ziel der Studie Der Ausbau von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien (EE) stellt neue Anforderungen an die elektrischen Netze. Im deutschen Übertragungsnetz führt insbesondere der Zubau lastferner Windparks im Norden zunehmend zu Überlastungen auf Nord-Süd-Leitungen und somit einem Netzausbaubedarf. Zur Behebung der Überlastungen und Wahrung der Systemsicherheit stehen den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) nach Ausschöpfung von netzbezogenen auch marktbezogene Maßnahmen zur Verfügung, insbesondere in Form von Redispatch. Zudem stellt auch die Einschränkung von grenzüberschreitenden Stromimporten und -exporten eine Möglichkeit zur Reduktion der Belastungen im (grenznahen) Übertragungsnetz dar. In den letzten Jahren hat die Einschränkung der dem Handel zur Verfügung gestellten Übertragungskapazität zwischen den Marktgebieten Dänemark-West (DK1) und Deutschland (DE) stark zugenommen. Dong Energy ist als dänischer Energieversorger an einer Abschätzung der zukünftigen marktseitigen Verfügbarkeit der Kapazität auf dem DK1-DE-Interkonnektor interessiert. IAEW hat bereits Untersuchungen zu den Effekten einer Kapazitätserhöhung dieser Kuppelleitung durchgeführt [1] und wurde entsprechend mit dieser weiterführenden Studie beauftragt. Ein wesentlicher Indikator für die marktseitige Verfügbarkeit der Interkonnektorkapazität ist der Redispatchbedarf in Deutschland. Daher ist das Ziel dieser Studie, die Treiber für den zukünftigen Redispatchbedarf zu identifizieren. Hierfür werden Markt- und Netzsimulationen für verschiedene Szenarien durchgeführt und die Ergebnisse analysiert. 2 Methodisches Vorgehen Für die Untersuchungen werden zunächst die Zeitreihen der EE-Einspeisung und der Last auf Basis realer Wetterund Lastdaten des Jahres 2011 generiert. Diese dienen als Eingangsdatum für eine Marktsimulation. Die resultierenden Kraftwerkseinsätze werden anschließend für eine Simulation des Netzbetriebes und notwendiger Redispatchmaßnahmen genutzt (siehe Bild 1). Bild 1: Erneuerbare & Last Untersuchungsmethodik Marktsimulation Netzsimulation 126 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

139 STUDIENBEISPIELE 2.1 Marktsimulationsverfahren Die Marktsimulationen werden unter Anwendung eines am IAEW entwickelten Verfahrens zur Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung durchgeführt [2]. Auf Basis der Eingangsdaten, wie bspw. dem Kraftwerkspark inkl. technischer Daten der Anlagen, Primärenergiepreisen, Nachfrage, EE-Einspeisung sowie Übertragungskapazitäten zwischen den Marktgebieten, erfolgt die Simulation des europäischen Strommarktes über die Ermittlung des kostenminimalen, d. h. volkswirtschaftlich optimalen, Kraftwerkseinsatzes zur Nachfragedeckung unter Berücksichtigung der technischen Restriktionen in der Stromerzeugung und -übertragung. Die wesentlichen Ergebnisse der Marktsimulation sind der systemweit kostenminimale Kraftwerkseinsatz für ein gesamtes Jahr in stündlicher Auflösung, die entsprechenden Stromimporte und -exporte sowie die Gesamtkosten der Stromerzeugung zur Nachfragedeckung. 2.2 Netzsimulationsverfahren Da in der Marktsimulation die Übertragung innerhalb eines Marktgebietes als engpassfrei angenommen wird, können sich bei anschließender Betrachtung des Lastflusses Überlastungen bzw. Engpässe ergeben. Mittels eines am IAEW entwickelten Simulationsverfahrens [3] können hierbei nicht nur die Auslastungen der Leitungen im Grundfall und in n-1-ausfallsituationen, sondern anschließend auch notwendige Maßnahmen zu Behebung, wie etwa der Redispatch von Kraftwerken, simuliert werden. Solche Eingriffe in das Marktergebnis sind dabei erst dann zulässig, wenn netzbasierte Eingriffe, wie etwa Topologieschaltmaßnahmen, Transformatorstufung oder Anpassung der Steuerung von marktgebietsinternen Hochspannungsgleichstromverbindungen (HGÜ), keine ausreichende Abhilfe schaffen. Dementsprechend wichtig ist es, bei der Ermittlung des Redispatches zunächst die Kaskade dieser möglichen Maßnahmen korrekt und vollständig abzubilden. Das ZKNOT-Optimierungsframework (Zeitkoppelndes Netzoptimierungstool) ist hierbei in der Lage, zunächst mittels Lastflusssimulation die Grundfallauslastung aller relevanten Betriebsmittel zu bestimmen. Anschließend wird analog eine entsprechende Auslastung für alle relevanten n-1-ausfallsituationen bestimmt, sodass kritische, engpassbehaftete Leitungen identifiziert werden können. Entsprechend der oben beschriebenen Lösungskaskade werden anschließend Maßnahmen zur Behebung ergriffen. Verwendet wird hierbei eine multikriterielle Zielfunktion, um möglichst vielen Anforderungen des Übertragungsnetzbetriebes gerecht zu werden. Bestandteil der Zielfunktion ist dabei unter anderem die kostenminimale Behebung aller Engpässe im Betrachtungsbereich. Für Dong Energy ist der Einfluss verschiedener Faktoren auf die Beschränkung von Importkapazitäten aus Dänemark von besonderem Interesse. Dies ist zwar keine explizit modellierte Maßnahme zur Behebung von Engpässen, es kann aber unterstellt werden, dass in Stunden mit hohem Redispatchvolumen auch die Wahrscheinlichkeit einer Begrenzung der Importkapazitäten aus Dänemark steigt. 3 Untersuchungsprogramm Im Rahmen der durchgeführten Studie werden ausgehend von einem Basis- bzw. Referenzszenario basierend auf den veröffentlichten Daten zum Szenario B des Netzentwicklungsplanes 2024 [4] der Einfluss verschiedener Annahmen auf das Redispatchvolumen als Sensitivitätsanalysen betrachtet. 3.1 HGÜ Szenarien Basierend auf dem Referenzszenario, in welchem alle im Netzentwicklungsplan geplanten HGÜ-Verbindungen berücksichtigt sind, werden zwei abgeleitete Szenarien zum verzögerten Netzausbau als Sensitivitätsanalysen betrachtet. In Szenario HGÜ1 wird zunächst der von der Bundesnetzagentur nicht bestätigte Korridor C3 mit einer Leistung von 2 GW aus der Simulation entfernt. Auf diesem Szenario baut das Szenario HGÜ2 auf, in welchem zusätzlich die Korridore B und D mit einer gemeinsamen Übertragungsleistung von 4 GW keine Berücksichtig finden. Diese beiden Szenarien dienen der Abbildung des Einflusses von möglichen Verzögerungen im deutschen Netzausbau und sind in Bild 2 grafisch dargestellt. Bild 2: B C3 HGÜ-Leitungen in verschiedenen Szenarien D HGÜ IAEW FGE JAHRESBERICHT

140 STUDIENBEISPIELE Darüber hinaus wird eine Reduktion der verfügbaren Übertragungskapazität zwischen Norwegen und Deutschland untersucht. Hierzu bleibt im Szenario HGÜ1 die geplante 1,4 GW-HGÜ Kabelverbindung NordLink sowohl markt- als auch netzseitig unberücksichtigt. 3.2 EE-Szenarien Basierend auf dem Referenzszenario werden zwei Szenarien als EE-Sensitivitätsanalysen betrachtet: Die Annahme der installierten Leistungen aus dem Szenario C des Netzentwicklungsplanes für Windenergieanlagen (WEA) und Photovoltaikanlagen (PVA) nur für Schleswig- Holstein (Szenario EE1) und die vollständige Annahme der installierten Leistungen für alle deutschen Bundesländer (EE2), wobei der Netzausbau nach Szenario B beibehalten wird. Diese beiden Szenarien dienen der Abbildung eines möglichen, stärker ambitionierten Ausbaus von EE-Anlagen in Deutschland sowie der Analyse des Einflusses der Allokation der Anlagen. Die installierten Leistungen im Referenz- und im jeweiligen Untersuchungsszenario sind in Tab.1 und Tab. 2 gezeigt. Tab. 1: Tab. 2: Referenz EE1 Wind 7 GW 13 GW PV 2,5 GW 2 GW Installierte WEA- und PVA-Leistung in Schleswig-Holstein im Referenz- und im Sensitivitätsszenario EE1 Referenz EE2 Wind 55,2 GW 87,4 GW PV 56 GW 58,9 GW Installierte Wind- und PV-Leistung in Deutschland im Referenz- und im Sensitivitätsszenario EE2 3.3 Marktsimulationsergebnisse Die aus der Marktsimulation resultierende Stromerzeugung je Primärenergieträger ist in Bild 3 dargestellt. Durch den Ausbau von WEA und PVA steigt der EE-Anteil an der Nachfrage auf 49 % im Referenzszenario und auf bis zu 61 % im Szenario EE2. Die konventionelle Erzeugung verteilt sich zu vergleichbaren Teilen auf die Primärenergieträger Braunkohle, Steinkohle und Erdgas. Auch unter Ausnutzung der Flexibilitäten im Stromsystem kann nicht die komplette EE- Erzeugung in den Markt integriert werden. Es kommt daher zu bilanziellen EE-Stromüberschüssen zwischen 0,2 TWh/a (Referenzszenario) und 4,7 TWh/a (Szenario EE2). Stromerzeugung Bild 3: Stromerzeugungsmengen in den untersuchten Szenarien Das Delta der Stromerzeugung zwischen den Sensitivitäten und dem Referenzszenario ist in Bild 4 zu sehen. Da Deutschland an den Nordgrenzen vorzugsweise Strom aus Skandinavien importiert, sinkt die Importbilanz in der Variante ohne NordLink um etwa 1 TWh/a ab. Die fehlende Strommenge wird durch eine Mehrerzeugung in Gaskraftwerken ausgeglichen. In den Szenarien mit höherem EE-Ausbau kommt es vor allem zu einem Abtausch zwischen Stromerzeugung aus WEA und konventioneller Erzeugung. Zudem steigt das deutsche Exportsaldo um bis zu 26 TWh/a (Szenario EE2) an. ΔStromerzeugung Bild 4: 700 TWh 600 a TWh 60 a Referenz ohne NordLink Delta der Stromerzeugung EE1 EE2 Braunkohle Steinkohle Erdgas Wasser Wind PV Biomasse Sonstige Nachfrage 0 ohne NordLink EE1 EE2 Braunkohle Steinkohle Erdgas Wind PV Die Veränderung von Im- und Exporten spiegelt sich auch in den in Bild 5 dargestellten Dauerlinien des Handelsflusses auf dem DK1-DE-Interkonnektor wider. Import/Export MW DK1 DE DE DK1 Max. 2,5 GW h 8000 a Zeit (Jahr) Referenz ohne NordLink EE1 EE2 Bild 5: Dauerlinien der Im- und Exporte zwischen DK1 und DE 128 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

141 STUDIENBEISPIELE In allen Szenarien ist die Haupthandelsrichtung von Dänemark-West nach Deutschland. Im Szenario ohne Nord- Link verschiebt sich die Kurve nach rechts, da in diesem Fall ein größerer Teil der Stromexporte aus Skandinavien über Dänemark geht. Bei einem stärkeren EE-Ausbau, insbesondere im Szenario EE2, verschiebt sich die Dauerlinie nach links, da die Exporte von Strom aus Deutschland zunehmen. 4 Netzsimulationsergebnisse 4.1 HGÜ-Szenarien Sowohl eine Nichtberücksichtigung des Korridors C3 (HGÜ1) als auch eine zusätzliche Nichtberücksichtigung der Korridore D und B (HGÜ2) führen zu einem signifikanten Anstieg des notwendigen Redispatches. Aufgrund der merklich höheren Reduktion der Nord-Süd-Übertragungskapazität in Szenario HGÜ2 fällt auch die Erhöhung des Redispatches in diesem Szenario deutlicher aus. Die Nichtberücksichtigung von NordLink und die entsprechende Reduktion der Importe aus Norwegen führt zu einem geringfügigen Rückgang des Redispatchvolumens, wobei die Anzahl der Stunden, in denen Redispatch notwendig ist, beinahe unverändert bleibt. Der Grund für den Rückgang ist, dass sich das NordLink-Kabel nördlich des Engpasses im deutschen Übertragungsnetz befindet und in den meisten Stunden Strom aus Norwegen importiert wird. Durch den Wegfall des Nord- Link-Kabels kann daher im betrachteten Szenario eine Entlastung des Netzes erreicht werden. Die ermittelten Redispatchvolumina und die Anzahl der Stunden mit Redispatch in den untersuchten HGÜ-Szenarien sind nachfolgend in Bild 6 dargestellt. führt zu einem deutlichen Anstieg der notwendigen Eingriffe. Die ermittelten Redispatchvolumina und die Anzahl der Stunden mit Redispatch in den untersuchten EE- Szenarien sind nachfolgend in Bild 7 dargestellt. Redispatchvolumen 6 TWh 4 a 2 0 Bild 7: Basisfall HGÜ1 HGÜ1 o. NordLink Volumen Stunden HGÜ2 Ermittelte Redispatchvolumina und Redispatchstunden in den untersuchten EE- Szenarien 4.3 Untersuchung von grenznahen EE- Anschlussleitungen h a 1000 In den vorherigen Ergebnissen wurde ein starker Einfluss der lokalen Windeinspeisung im Norden Deutschlands auf das Redispatchvolumen aufgezeigt. Um auszuschließen, dass dies lediglich auf die Überlastung lokaler Netzanschlusszweige zur Anbindung der zusätzlichen EE-Anlagen zurückzuführen ist, wird eine weitere Simulation betrachtet (siehe Bild 8). 0 Redispatchstunden Redispatchvolumen TWh 4 a 2 0 h 2000 a Redispatchstunden Bild 6: Basisfall EE1 EE2 Ermittelte Redispatchvolumina und Redispatchstunden in den untersuchten HGÜ- Szenarien 4.2 EE-Szenarien Volumen Stunden Ähnlich sensitiv reagieren die Redispatchvolumina und - stunden auf einen verstärkten EE-Ausbau bei unveränderter Netzinfrastruktur. Treibender Einflussfaktor ist hier der EE-Ausbau im Norden, wie der direkte Vergleich der Szenarien EE1 und EE2 zeigt. Bereits eine Erhöhung der installierten Leistung nur in Schleswig-Holstein (EE1) Bild 8: Redispatch 0,1 TWh/a Einspeiseerhöhung Einspeiseabsenkung Vergleich des notwendigen Redispatches mit (oben) und ohne Berücksichtigung lokaler Anschlussleitungen (unten) in durchgeführten Sensitivitätsbetrachtungen Die entsprechenden lokalen Anbindungen werden in dieser Analyse aus dem Betrachtungsbereich ausgeschlossen und die Simulation anschließend wiederholt. Es zeigt sich nur ein geringfügiger Rückgang des Redispatchvolumens um etwa 13 %. Gleichzeitig kommt es zu einer geringfügigen Verschiebung der betroffenen IAEW FGE JAHRESBERICHT

142 STUDIENBEISPIELE Standorte. Das gesamte Redispatchvolumen in den vorherigen Untersuchungen ist also vornehmlich durch Engpässe zwischen Nord- und Süddeutschland getrieben und nicht durch lokale Netzüberlastungen. 5 Fazit hinsichtlich der Übertragungskapazität zwischen Deutschland und Dänemark-West Es zeigt sich in den Untersuchungsszenarien, dass hohe Importe aus Dänemark teilweise in Situationen auftreten, in denen das Netz bereits belastet ist. Die Stunden mit einem marktseitigen Austausch von Dänemark-West nach Deutschland und der Anteil an diesen Stunden mit Redispatch in den untersuchten HGÜ- und EE-Szenarien ist in den folgenden Tabellen Tab. 3 und Tab. 4 aufgeschlüsselt. Stunden mit Marktaustausch DK1 nach Deutschland Anteil an diesen Stunden mit Redispatch Tab. 3: Stunden mit Marktaustausch DK1 nach Deutschland Anteil an diesen Stunden mit Redispatch Tab. 4: Referenz HGÜ1 HGÜ2 HGÜ1 o. NordLink % 17 % 27 % 18 % Stunden mit Marktaustausch Dänemark nach Deutschland und Anteil an Stunden mit Redispatch in den untersuchten HGÜ- Szenarien Referenz EE1 EE % 29 % 31 % Stunden mit Marktaustausch Dänemark nach Deutschland und Anteil an Stunden mit Redispatch in den untersuchten EE- Szenarien Insgesamt ist in den untersuchten Szenarien in bis zu jeder dritten Stunde mit einem Marktaustausch von Dänemark-West nach Deutschland auch Redispatch notwendig. Entsprechend wahrscheinlich scheint in diesen Stunden hohen Importes auch eine Limitierung der Kuppelkapazität zwischen Dänemark und Deutschland. Auf der anderen Seite scheint jedoch selbst in den kritischen Szenarien der Untersuchungen in über 70 % der Stunden eine Einschränkung als nicht notwendig. Zur Identifikation der zentralen Treiber wurden ausgehend von einem Referenzszenario basierend auf dem Netzentwicklungsplan Strom 2014 mehrere Sensitivitätsszenarien betrachtet. Zum einen wurde in den Szenarien HGÜ1 und HGÜ2 der Einfluss einer Nichtberücksichtigung einzelner HGÜ-Korridore gezeigt, zum anderen wurde in den Szenarien EE1 und EE2 der Einfluss verschiedener installierte EE-Leistungen in Gesamtdeutschland und in Schleswig-Holstein betrachtet. Außerdem wurde die Nichtberücksichtigung der NordLink-HGÜ- Verbindung in Kombination mit dem Szenario HGÜ1 untersucht. Die Auswertungen haben gezeigt, dass sich die Redispatchvolumina in den betrachteten Szenarien teilweise mehr als vervierfachen. In einer weiteren Untersuchung wurde gezeigt, dass die Limitierungen vornehmlich auf Kapazitätsengpässe zwischen Süd- und Norddeutschland zurückzuführen sind und nicht auf lokale Engpässe nahe der deutsch-dänischen Grenze. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass in keinem der Szenarien in mehr als 31 % der untersuchten Stunden eine Einschränkung der vom Handel nachgefragten Kuppelkapazität zu erwarten ist. Im Referenzszenario trifft dies für etwa 13 % der Stunden zu. 6 Literatur [1] Grote, F. et al.: Untersuchung der Wohlfahrtseffekte durch Erhöhung der Cross-Border-Kapazitäten der DK1-DE Kuppelleitung Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 162, Aachen 2015 [2] Mirbach, T.: Marktsimulationsverfahren zur Untersuchung der Preisentwicklung im europäischen Strommarkt Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 128, Aachen 2009 [3] Eickmann, J.: Simulation der Engpassbehebung im deutschen Übertragungsnetzbetrieb Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 164, Aachen 2015 [4] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber: Netzentwicklungsplan Strom 2014, Berlin IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

143 STUDIENBEISPIELE Das Proaktive Verteilnetz - Mehr Flexibilität für Verteilnetze Proactive Distribution Grid - More Flexibility for Distribution Grids Dipl.-Wi.-Ing. Kilian Geschermann; M.Sc. Marius Sieberichs kilian.geschermann@iaew.rwth-aachen.de; marius.sieberichs@iaew.rwth-aachen.de Ziel des Forschungsvorhabens ist die Entwicklung, Demonstration und Bewertung eines Systems zur Nutzung von marktbasiert bereitgestellten Flexibilitäten für die lokale Engpassbehebung im Verteilnetz. Als Entscheidungsgrundlage für den Abruf dient eine Netzzustandsschätzung, die auf Basis unsicherer und probabilistischer Umfelddaten eine verlässliche Aussage über den Systemzustand ermöglicht. Sofern auf Basis der Netzzustandsschätzung ein Engpass prognostiziert wird, kann der Verteilnetzbetreiber Flexibilitäten abrufen, welche im Voraus marktbasiert kontrahiert wurden (gelbe Ampelphase). Die Koordination des Flexibilitätsabrufes erfolgt dabei über eine Kommunikations- und Dienste-Plattform, welche als zentrale Daten- und Kommunikationsdrehscheibe den Flexibilitätsabruf vom Verteilnetzbetreiber an die Flexibilitätsanbieter, beispielsweise Aggregatoren, übermittelt. In einem Feldtest wird schließlich die Funktionalität des Systems in einem realen Verteilnetzgebiet unter Einbindung realer Flexibilitäten demonstriert. Weiterhin wird die Wirtschaftlichkeit einer Nutzung von marktbasiert bereitgestellten Flexibilitäten gegenüber dem alternativen konventionellen Netzausbau mit einem entsprechenden Simulationsverfahren bewertet. The aim of this research project is to develop, demonstrate and evaluate the use of market-based contracted flexibilities for local bottleneck prevention in distribution grids. A state estimation provides the basis for decision-making. This calculation method uses uncertain and probabilistic environmental data to determine the system state. In case of predicted bottlenecks, market-based contracted flexibilities can be released. The flexibility release order is coordinated via a communication and services platform. The platform represents the central data and communication hub and enables the transfer of flexibility release orders from grid operators to market participants. In order to demonstrate the system functionality within a real distribution grid under consideration of real flexibilities, a field test will be conducted. Furthermore, the economic efficiency of the use of market-based contracted flexibilities will be compared to conventional grid expansion measures by applying an adequate simulation method. 1 Einleitung Bedingt durch die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung mittels des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bzw. des Kraft- Wärme-Kopplungs-Gesetzes wurde in Deutschland in den vergangenen Jahren eine hohe Anzahl an dezentralen Stromerzeugungsanlagen installiert. Diese sind zu einem Großteil in der Mittel- und Niederspannungsebene (siehe Bild 1) angebunden und führen zu einer starken Zunahme der fluktuierenden Einspeisung innerhalb der Stromnetze. Installierte Leistung 45 GW HöS HS MS NS Wind Solar Biomasse Sonstige dass diese zunehmend auch in Abhängigkeit von variablen Strompreisen eingesetzt werden, was zu einer höheren Gleichzeitigkeit der Verbraucherlast führen kann. Aufgrund dieser Veränderungen entstehen neue Herausforderungen für die Netzbetreiber bei der Planung und dem Betrieb der Mittel- und Niederspannungsnetze. Zugleich wird davon ausgegangen, dass Netzbetreiber zukünftig eine zunehmend proaktive Rolle im Kontext der elektrischen Energieversorgung einnehmen, indem die vorhandenen Flexibilitäten der Netznutzer im Verteilnetz erschlossen und genutzt werden. Verteilnetzbetreiber können dadurch Netzengpässe beheben und konventionellen Netzausbau einsparen und somit eine kostenoptimale Netzbewirtschaftung forcieren. In dem Projekt "Das proaktive Verteilnetz" wird ein System entworfen, das die Nutzung von marktbasiert bereitgestellten Flexibilitäten im Verteilnetz für die lokale Engpassbehebung, sogenannten lokalen Netzdienstleistungen (NDL), vorsieht. Zur Gestaltung des Gesamtsystems werden dabei drei Teilziele verfolgt: Bild 1: Installierte EEG-Anlagenleistung 2014 [1] Weiterhin ist zukünftig mit einer wachsenden Anzahl an neuartigen Verbrauchern wie Wärmepumpen oder Elektrofahrzeugen sowie dezentralen Speichern im Verteilnetz zu rechnen. Es kann davon ausgegangen werden, Entwicklung einer verlässlichen Zustandsschätzung des Verteilnetzes, Sichere und diskriminierungsfreie Koordination von Netz- und Marktakteuren mittels einer Kommunikations- und Dienste-Plattform, IAEW FGE JAHRESBERICHT

144 STUDIENBEISPIELE Nutzbarmachung und wirtschaftliche Bewertung von lokalen NDL für das Verteilnetz. Am IAEW werden insbesondere Beiträge für das dritte Teilziel erarbeitet. Diese umfassen dabei die Entwicklung einer Methodik zur Ableitung von lokalen NDL-Qualitäten und -Bedarfen aus Netzüberlastungen, die Entwicklung von Konzepten und Steuerungsverfahren für die marktbasierte Bereitstellung von NDL in der gelben Ampelphase sowie die Entwicklung eines Verfahrens zur Bestimmung von Kosten für die NDL-Erbringung sowie zur wirtschaftlichen Bewertung der Nutzung von NDL gegenüber alternativem Netzausbau. 2 Ausgestaltung der gelben Ampelphase Sowohl die grüne Ampelphase, welche den Normalbetrieb des Netzes beschreibt, als auch die rote Ampelphase, welche einen Eingriff des Netzbetreibers in den Anlageneinsatz zur Wahrung der Netzsicherheit beschreibt, existieren bereits heute. Ergänzt werden diese zukünftig durch die gelbe Ampelphase, während welcher Flexibilitäten durch den Verteilnetzbetreiber auf vertraglicher Basis zur Vermeidung von Netzausbau angefordert werden. Diese Interaktion zwischen Markt und Netz ist heute (noch) nicht im regulatorischen Rahmen vorgesehen, wird jedoch als Kern des Ampelkonzeptes im Rahmen des Projektes als gegeben vorausgesetzt. Zur Ausgestaltung der gelben Ampelphase sind unterschiedliche Vorschläge verschiedenen Studien zu entnehmen, beispielsweise das BDEW-Ampelkonzept (vgl. [2]) oder das RegioFlex-Konzept (vgl. [3]). Die einzelnen Konzepte unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich der Art der Steuerung von Flexibilitäten, der Aggregationsebene, der Fristigkeit bei der Kontrahierung von Flexibilitäten o- der den Vorlaufzeiten zum Abruf (vgl. [4]). Die Ausgestaltung des Systems in diesem Forschungsvorhaben orientiert sich im Wesentlichen am Ampelkonzept des BDEW, welches jedoch im Rahmen des Projektes in einigen Punkten weiterentwickelt bzw. detaillierter ausgestaltet wurde. Die verschiedenen Ampelphasen stellen dabei die wettbewerbliche Interaktion von Markt und Netz dar. Bild 2 gibt einen Überblick über das im Projekt weiterentwickelte System der Flexibilitätsampel. System & Umweltdaten Netzzustandsbewertung U, I Eigene Mittel Flexibilitätsnutzung Sicherheitsmaßnahme Ermittlung Verfügbarkeit Bestimung Auswirkung Bewertung Ergebnis Abruf Flexibilität Zu beachten ist, dass die Flexibilitätsampel keine Anzeige für den aktuellen Netzzustand oder die freie Netzkapazität ist, sondern eine Anzeige für den aktuellen Zustand der Interaktion zwischen Markt und Netz. 3 Methodik 3.1 Ermittlung von NDL-Bedarfen aus Netzüberlastungen Um innerhalb der gelben Ampelphase NDL abzurufen, ist es erforderlich, durch Netzsicherheitsrechnungen für prognostizierte Last- und Einspeisesituationen den Bedarf an NDL zu identifizieren. Aufgrund der meist radialen Netzstruktur innerhalb der Mittel- und Niederspannungsnetzebenen haben nur ausgewählte Netznutzer einen Einfluss auf mögliche Netzengpässe. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sowohl der Spannungs- als auch der Stromverlauf innerhalb eines Netzabschnittes aufgrund der Vierpolparameter der Netzbetriebsmittel nicht linear sind. Daher haben unterschiedliche Netznutzer einen unterschiedlich starken Einfluss auf die Netzengpässe. Der individuelle Einfluss der Leistungsanpassung von Netznutzern auf einen möglichen Engpass lässt sich über sog. Engpasssensitivitäten quantifizieren. Sofern ein Netzbetreiber einen Engpass prognostiziert, können in einem nachgelagerten Schritt die Engpasssensitivitäten der Netznutzer sowie der jeweilige Flexibilitätsbedarf zur Behebung des Engpasses ermittelt werden. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob durch den Flexibilitätsabruf eines Netznutzers eventuell an einer anderen Stelle innerhalb des Netzes Engpässe entstehen können (Sekundärgrenzwertverletzungen). Auf Grundlage der Berechnung wird schließlich eine Flexibilitätseinschränkungsliste vom Netzbetreiber erstellt. Eine exemplarische Form der Flexibilitätseinschränkungsliste kann dem folgenden Bild 3 entnommen werden. Bild 3: Abruf-ID Abrufinformation Netzbetreiber Westnetz Leistungsband Pmin -3,71 MW Pmax +11,23 MW Flex-Zählpunktliste ID Zählpunktnr. Sensitivität +Daten ,97 ABC ,79 BCD n XYZ 1. Randbedingung Pmin -3,71 MW Pmax +11,23 MW ID Zählpunktnr. Sensitivität +Daten ,97 ABC Flexibilitätseinschränkungsliste Zeitraum Von Bis Bild 2: System der Flexibilitätsampel 132 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

145 Markterlöse STUDIENBEISPIELE Innerhalb der Flexibilitätseinschränkungsliste wird das erforderliche Leistungsband sowie die Sensitivität der jeweiligen Netznutzer inklusive ihrer spezifischen Zählpunktnummer ermittelt. Zusätzlich sind Randbedingungen für evtl. auftretende Sekundärgrenzwertverletzungen auszuweisen. Die vom Netzbetreiber erstellte Liste wird anschließend über eine Kommunikations- und Dienste-Plattform an die zuständigen Marktteilnehmer übergeben. Der Einsatz einer einheitlichen Flexibilitätseinschränkungsliste ermöglicht somit eine einfache Kommunikation zwischen den Marktteilnehmern und den Verteilnetzbetreibern und ermittelt netz- und versorgungsaufgabenspezifisch den erforderlichen NDL- Bedarf. 3.2 Steuerungsverfahren für die Bereitstellung von NDL Um bei Abruf von kontrahierten NDL durch den Netzbetreiber diejenigen Anlagen zu ermitteln, die die angeforderte Flexibilität letztendlich bereitstellen, muss eine Simulation des Anlageneinsatzes aus der Perspektive der jeweiligen NDL-Anbieter durchgeführt werden. Bei den NDL-Anbietern handelt es sich in der Regel um sogenannte Aggregatoren, die mehrere flexible Anlagen in einem Portfolio, einem sog. virtuellen Kraftwerk, bündeln. Gegebenenfalls können aber auch Letztverbraucher oder Betreiber einzelner Stromerzeugungs- und Verbrauchsanlagen bzw. Speicher entsprechende NDL bereitstellen. Zur Ermittlung des Anlageneinsatzes wird auf ein akteursbasiertes Anlageneinsatzoptimierungsverfahren, welches am Institut entwickelt wird, zurückgegriffen. Dieses Verfahren wird um die Berücksichtigung von Netzrestriktionen, welche sich aus der Bereitstellung und dem Abruf von NDL ergeben, erweitert. 3.3 Bestimmung von Kosten für die NDL- Nutzung Jeder Aggregator kann die eingespeiste Leistung von Anlagen in seinem Portfolio an der Strombörse als Fahrplanenergie und gegebenenfalls am Regelleistungsmarkt vermarkten. Die zusätzliche Bereitstellung von Flexibilität für die Erbringung von NDL grenzt dahingehend die Anlagenfahrweise und somit die Freiheitsgrade bei der Portfoliovermarktung ein. Diese Eingrenzung des Handlungsspielraumes ruft Erlöseinbußen bei den Bereitstellern von NDL hervor. Damit die Bereitschaft für eine NDL-Erbringung durch die Flexibilitätsanbieter geweckt wird, sollten daher die Erlöse aus der NDL-Vermarktung mindestens die Erlöseinbußen an anderen Märkten kompensieren. Die Ermittlung der Mindesterlöse kann über eine Vergleichsrechnung erfolgen, in der die Erlöse der Akteure mit und ohne NDL- Bereitstellung verglichen werden. Die dargestellten Zusammenhänge können dem folgenden Bild 4 entnommen werden. Bild 4: Keine Bereitstellung Bereitstellung von von Flexibilität Flexibilität Mindesterlöse aus Flexibilitätsvermarktung an den VNB Fahrplanenergie Regelleistung Flexibilitätsprodukt Mindesterlöse aus Flexibilitätsvermarktung Aus den Mindesterlösen der Marktteilnehmer für die Flexibilitätsvermarktung an den Verteilnetzbetreiber ergeben sich schließlich die minimalen Aufwendungen des Netzbetreibers für die NDL-Nutzung. Der Netzbetreiber kann dann selbst netzspezifisch zwischen dem Netzausbau und der Nutzung von Flexibilitäten entscheiden. Die Handlungsalternativen sind schließlich im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Bewertung durch den Netzbetreiber gegeneinander abzuwägen. 3.4 Bewertungsmethodik zur Wirtschaftlichkeit von NDL gegenüber Netzausbau Innerhalb der BMWi-Verteilernetzstudie wurde bereits gezeigt, dass eine temporäre Reduzierung der Einspeiseleistung von dezentralen Erzeugungsanlagen in Stunden mit einer hohen Rückspeisung den Netzausbau signifikant verringern kann (vgl. [5]). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, in welchem Maße die Nutzung von NDL volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Um den volkswirtschaftlichen Nutzen zu quantifizieren, sind sowohl die Kosten für die Nutzung von NDL als auch die Kosten für den Netzausbau in das Bewertungskalkül einzubeziehen. Dabei sind nicht nur die Kosten des konventionellen Netzausbaus den Kosten der NDL-Nutzung gegenüberzustellen, sondern auch sich ergänzende Kombinationen zwischen Netzausbau und Flexibilitätsnutzung zu untersuchen. Um die volkwirtschaftlich günstigste Kombination aus Netzausbau und Flexibilitätsnutzung zu quantifizieren, wird ein Netzausbausimulationsverfahren entwickelt, welches an das Steuerungsverfahren für die NDL-Erbringung gekoppelt wird (vgl. Abschnitt 3.2). Basierend auf Prognosen über die zukünftige Entwicklung der Versorgungsaufgabe wird für ausgewiesene Stützjahre eine Netzsicherheitsrechnung durchgeführt. Im Rahmen dieser werden die technischen Randbedingungen des Netzbetriebes überprüft. Dazu gehören insbesondere die Überprüfung der Spannungshaltung und der thermischen Überlastungen. Sofern eine Verletzung der technischen Randbedingungen auftritt, sind betrieb- IAEW FGE JAHRESBERICHT

146 Gesamtkosten STUDIENBEISPIELE liche und/oder netzplanerische Maßnahmen zu ergreifen, um einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten. Mögliche Maßnahmen können dann die Nutzung von NDL und/oder der konventionelle Netzausbau sein. Im Rahmen der Bewertungsmethodik wird dabei zunächst für alle Stützjahre und Viertelstunden des Jahres überprüft, ob Grenzwertverletzungen vorliegen. Sofern die betrieblichen Grenzen verletzt werden, wird der notwendige NDL-Bedarf zur Behebung des Engpasses bestimmt. Der NDL-Bedarf wird dann gebündelt durch eine Flexibilitätseinschränkungsliste an die für die flexiblen Anlagen verantwortlichen Marktteilnehmer gesendet. Im Rahmen des Steuerungsverfahrens für die NDL-Erbringung werden schließlich der exakte Anlageneinsatz und die damit einhergehenden Kosten bestimmt. Die Kosten der NDL-Nutzung des Netzbetreibers für alle Jahre und Viertelstunden des Betrachtungszeitraumes gepaart mit den dazugehören IKT-Anschlusskosten für die Regelung der Netznutzer ergeben schließlich die erforderlichen Gesamtkosten zur Gewährleistung eines sicheren Netzbetriebes (siehe linker Balken in Bild 5). In einem nächsten Schritt werden anschließend die konventionellen Ausbaumaßnahmen realisiert, welche die Kosten für die Nutzung von NDL am stärksten reduzieren. Die Gesamtkosten ergeben sich dann aus den Kosten für den Netzausbau und den Kosten für die NDL-Nutzung. Sofern die Kosten für den Netzausbau geringer als die Reduktion der Kosten für die NDL-Nutzung sind, erfolgt dadurch eine Reduktion der Gesamtkosten (zweiter Balken von links in Bild 5). Das Vorgehen wird anschließend solange iterativ wiederholt bis das Netzgebiet vollständig mit konventionellen Netzbetriebsmitteln verstärkt wurde und kein Abruf von NDL mehr notwendig ist. Bild 5: Kosten IKT Kosten Netzausbau Kostenminimale Kombination von Netzausbau und NDL-Nutzung Netzausbau Kosten NDL-Nutzung Gesamtkosten Ermittlung der Gesamtkosten für Netzausbau Ziel der Methodik ist zunächst der Nachweis über die technische und volkswirtschaftliche Effizienz der Nutzung von NDL. Zudem ermöglicht die Bewertungsmethodik eine Quantifizierung des gesamtkostenminimalen Verhältnisses zwischen Netzausbau und der Nutzung von NDL. Dadurch kann schließlich ein erster Eindruck über die optimale Allokation zwischen Netzausbau und der Nutzung von marktbasiert bereitgestellten NDL innerhalb des zu untersuchenden Netzgebietes ermittelt werden. 4 Zusammenfassung und weiteres Vorgehen Im Rahmen des Projektes ist zu untersuchen, inwiefern die marktbasierte Erbringung von NDL für die Mittel- und Niederspannungsnetzebene pragmatisch umsetzbar und volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Zu dem Zweck entwickelt das IAEW zusammen mit seinen Konsortialpartnern eine Methodik zur Nutzbarmachung und wirtschaftlichen Bewertung marktbasierter Flexibilität innerhalb der gelben Ampelphase. Im Rahmen der bereits durchgeführten Arbeiten konnte eine Methodik zur Ermittlung von NDL-Bedarfen entwickelt werden. In dieser übergibt der Netzbetreiber im Falle eines Engpasses eine Flexibilitätseinschränkungsliste über eine Kommunikations- und Dienste-Plattform an die entsprechenden Marktteilnehmer. Zudem wurde bereits ein Steuerungsverfahren für die Bereitstellung von NDL entwickelt, welches nun noch um die Berücksichtigung von Netzrestriktionen erweitert wird. Derzeit in Arbeit ist weiterhin die Entwicklung eines Ausbauplanungsverfahrens, in welchem iterativ die optimale Kombination zwischen Netzausbau und der Nutzung von NDL abgetastet wird. Zum Ende des Jahres werden dann voraussichtlich erste Ergebnisse für die Netzregion Lengerich der Westnetz GmbH vorliegen. 5 Literatur [1] Deutsche Übertragungsnetzbetreiber: EEG- Anlagenregister, [2] Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.v.: Smart Grids Ampelkonzept, Berlin 2015, [3] Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik e.v.: Regionale Flexibilitätsmärkte, Frankfurt 2014, [4] Ohrem, S. et al.: "Die verschiedenen Ampelkonzepte Herausforderungen und Folgen für Verteilnetzbetreiber", Kassel 2015, ETG-Fachtagung [5] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Moderne Verteilernetze für Deutschland (Verteilernetzstudie), Berlin 2014, IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

147 STUDIENBEISPIELE Bedarf an Blindleistungsquellen im deutschen Übertragungsnetz 2024 Need for Reactive Power Sources in the German Transmission Grid 2024 M.Sc. Tobias van Leeuwen, IAEW Dipl.-Ing. Mathias Schoeneberger, FGH e.v. Die zunehmende Erzeugung aus erneuerbaren Energien und die damit einhergehende Verdrängung thermischer Kraftwerke im Rahmen der Energiewende führen zum Wegfall konventioneller Blindleistungsquellen im Übertragungsnetz. Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien können die zur Spannungshaltung notwendige Blindleistung nur bedingt kompensieren, sodass sich ein signifikant steigender Bedarf an Blindleistungsquellen im deutschen Übertragungsnetz abzeichnet. Daher beauftragten die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber die FGH e.v. in Zusammenarbeit mit dem Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der RWTH Aachen, den notwendigen Bedarf und die optimale Allokation stationärer Blindleistungskompensationsanlagen für das Jahr 2024 zu ermitteln. The increasing use of renewable energy sources and the resulting crowding out of conventional thermal power plants result in a decreasing amount of conventional reactive power sources in the German transmission grid. Due to the fact that renewable power plants are not able to compensate the required reactive power adequately, a significant need for stationary reactive power sources emerges. Therefore, the four German transmission system operators commissioned FGH e.v. in cooperation with the Institute of Power Systems and Power Economics to determine the required amount and the optimal allocation of stationary reactive power sources. Aus diesem Grund haben die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber die FGH e.v. in Zusammenarbeit mit IAEW FGE JAHRESBERICHT Untersuchungsmethodik Die Bestimmung des Bedarfs an Blindleistungsquellen im Übertragungsnetz erfordert mehrere Arbeitsschritte, die in Bild 1 dargestellt werden. Netzmodell Q-Modell 800 Marktmodell Kohle/Kern Gas Erneuerbare Hydraulik Messwerte 2013 Q-Modell -600 Stade Wahle Zolling Wilster Sottrum Simbach Wechold Süderdonn Unterweser Diele Heide Audorf Niebüll Borken Eickum Dipperz Irsching Alfstedt Redwitz Mecklar Eltmann Pleinting Krümmel Oberhaid Lüneburg Jardelund Etzenricht Giessen/N Ovenstädt Hardegsen Herrenwyk Klein Ilsede Lamspringe Halbemond Brunsbüttel Heyden/KW Niedervieland Bechterdissen Aschaffenburg 430 kv 425 Fedderwarden Identifikation kritischer Netznutzungsfälle Grafenrheinfeld Bedingt durch Veränderungen in der Erzeugungsstruktur zeichnet sich mittelfristig ein signifikanter Bedarf an alternativen Blindleistungsquellen im Übertragungsnetz ab. Durch die Marktverdrängung thermischer Kraftwerke und verstärkt durch das KKW-Moratorium fehlen in Deutschland im Grundlastbetrieb eingesetzte Kraftwerke zur Spannungshaltung. Schon heute müssen Übertragungsnetzbetreiber daher in den marktbasierten Kraftwerkseinsatz eingreifen, um kritische Situationen zu beherrschen. Dieser Trend wird sich auch zukünftig fortsetzen. EEG-Anlagen können konventionelle Kraftwerke zur Blindleistungsbereitstellung nur sehr bedingt kompensieren, da sie nicht im Zugriffsbereich der ÜNB stehen und ihre Blindleistungseinspeisung durch erhebliche Restriktionen bei der Spannungshaltung in Verteilnetzen eingeschränkt und von der Einspeisesituation abhängig sind. Daher muss zukünftig die Spannungshaltung im Übertragungsnetz weitestgehend unabhängig vom Kraftwerkseinsatz mit alternativen Blindleistungsquellen erfolgen. Neben bereits installierten stationären Blindleistungskompensationsanlagen, wie Kondensatorbänken oder Drosselspulen, stehen dazu im Phasenschieberbetrieb eingesetzte Generatoren und zukünftig schnell regelbare Blindleistungsreserven aus HGÜTerminals zur Verfügung. Jedoch muss geprüft werden, ob die in 2024 vorhandenen Blindleistungsreserven (QReserven) auch in spannungskritischen Situationen ausreichen. dem Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der RWTH Aachen (IAEW) beauftragt, den Bedarf und die optimale Allokation von stationären Blindleistungskompensationsanlagen für das Jahr 2024 zu ermitteln. Emden/Borssum Hintergrund und Ziel der Studie Sandershausen Ost 1 Positionierung von Q-Quellen Ergebnis Verifikation Durch Auftraggeber bereitgestellte Daten Berechnungen im Rahmen dieser Studie Bild 1: Übersicht Untersuchungsmethodik Für die Untersuchungen ist von den Auftraggebern ein engpassfreies Modell des deutschen Übertragungsnetzes (Netzmodell) sowie ein stündlicher Kraftwerkseinsatz (Marktmodell) nach NEP 2014 Szenario B bereitgestellt worden. Innerhalb dieses Modells sind blindleistungsbereitstellende Betriebsmittel, wie Generatoren, Kompensationselemente und HGÜ-Terminals element- 135

148 STUDIENBEISPIELE scharf abgebildet. Die überwiegend am Verteilnetz angeschlossenen EE-Einspeisungen sind als Netzeinspeisungen am 110 kv-netz modelliert. Da Blindleistungsflüsse aus unterlagerten Netzebenen ein wesentlicher Einflussfaktor auf die Spannungshaltung im Übertragungsnetz sind, ist ein Modell zur geeigneten Abbildung dieser vertikalen Blindlast angewandt worden. Eine detaillierte Beschreibung dieses Modells ist in Abschnitt 2.1 zu finden. Basierend auf den Eingangsdaten ist ein iteratives Vorgehen zur Bestimmung des notwendigen Bedarfs an Blindleistungskompensationselementen zur Sicherstellung der Spannungshaltung im Übertragungsnetz angewandt worden. Dabei ist für einen Jahreslauf mit Netznutzungsfällen der kritische Netznutzungsfall, als die Situation mit den größten Verletzungen des Spannungsbandes, identifiziert worden. Zur bedarfsgerechten Ermittlung von Blindleistungsquellen ist es erforderlich, dass im kritischen Netznutzungsfall alle vorhandenen Q-Reserven vollständig ausgeschöpft sind. Hierzu ist ein Verfahren zur Simulation des Übertragungsnetzbetriebs weiterentwickelt worden, dass die Schaltzustände von bereits vorhandenen Kompensationselementen, die Stufung der Block- sowie Netzkuppeltransformatoren und die Blindleistungseinspeisung der HGÜTerminals spannungsoptimal ermittelt (Abschnitt 2.2.1). Darauf aufbauend wird für den ermittelten kritischen Netznutzungsfall der Bedarf an zusätzlichen Blindleistungsquellen ermittelt, der zur Einhaltung des Spannungsbandes an allen Sammelschienen erforderlich ist. Dafür ist ein gemischt-ganzzahliges Optimierungsproblem formuliert worden, dass in Abschnitt detailliert beschrieben wird. Nach erfolgter Positionierung zusätzlicher Blindleistungsquellen wird zur Verifikation der Spannungshaltung ein erneuter Jahreslauf simuliert. Sollten weiterhin Spannungsbandverletzungen auftreten, werden für den nun kritischsten Netznutzungsfall weitere Blindleistungsquellen ermittelt. Dieses Vorgehen wird wiederholt, bis keine Spannungsbandverletzungen im Jahreslauf auftreten. 2.1 Modellierung von vertikalen Lasten Die Blindleistungsflüsse in unterlagerte Netzebenen sind ein wesentlicher Einflussfaktor für die Spannungshaltung im Übertragungsnetz. Daher ist für die durchzuführenden Untersuchungen eine geeignete Modellierung dieser vertikalen Blindlast zu verwenden. Der Einfluss von Erzeugung in den unterlagerten Netzebenen auf die vertikale Blindlast lässt sich hauptsächlich durch zwei Wirkungszusammenhänge erklären. Einerseits kann es bei hoher Wind- bzw. PV-Erzeugung zu hohen Auslastungen und somit übernatürlichem Betrieb der Leitungen in der Verteilnetzebene kommen, was zu einem hohen Blindleistungsbedarf der Betriebsmittel in den Verteilnetzen führt. Andererseits wird die Blindleistungsbereitstellung von dezentralen Erzeugungsanlagen 136 vielfach dazu benutzt, den durch die Wirkleistungseinspeisung hervorgerufenen Spannungshub zu begrenzen, indem ebenfalls induktive Blindleistung bezogen wird. Insgesamt kommt es mit ansteigender Erzeugung aus dezentralen Erzeugungsanlagen zu einem steigenden Blindleistungsbedarf der unterlagerten Netzebenen. Um die genannten Effekte geeignet zu modellieren, ist ein statistisches Modell basierend auf künstlichen neuronalen Netzwerken, zur Prognose vertikaler Blindlasten entwickelt worden (Q-Modell), das in der Lage ist, die nicht linearen Zusammenhänge zwischen den Einflussgrößen und der vertikalen Blindlast zu modellieren [1]. Zur Parametrierung wurden die gemessenen vertikalen Wirk- und Blindlasten aus dem Jahr 2013 der einzelnen Netzbetreiber (Snapshotdaten) sowie die öffentlich verfügbaren Zeitreihen der für einzelne Regelzonen kumulierten Erzeugungsleistung aus Photovoltaik- und Windenergieanlagen verwendet. QVBL [MVAr] PVNL [MW] Messwerte 2013 Bild 2: Q-Modell PQ-Diagramm Vergleich Messung und QModell In Bild 2 ist exemplarisch das PQ-Diagramm einer Regelzone dargestellt. Auf der x-achse ist die kumulierte vertikale Last der Regelzone aufgetragen, auf der y-achse die kumulierte Blindlast. Jeder blaue Punkt stellt einen Messwert von vertikaler Wirk- und Blindlast aus dem Jahr 2013 dar. Die roten Punkte stellen die Ausgabe des Q-Modells dar und zeigen eine hohe Übereinstimmung mit den Messwerten. 2.2 Bestimmung des Blindleistungsbedarfs Zur Simulation einer großen Bandbreite an Netznutzungssituationen mit unterschiedlichen Anforderungen an die Blindleistungsbereitstellungen ist in dieser Studie ein Ansatz gewählt worden, in dem insgesamt Last, Einspeise- und Transitzustände betrachtet werden. Wie in Kapitel 2 beschrieben ist, werden in einem ersten Schritt spannungskritische Netznutzungsfälle mit Hilfe einer Netzbetriebssimulation ermittelt. Die Netzbetriebssimulation geht über eine normale Lastflussrechnung hinaus und bestimmt den spannungsoptimalen Schaltzustand aller vorhandenen Blindleistungsquellen. Das Ergebnis ist die netzknotenspezifische Verteilung IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

149 STUDIENBEISPIELE der Spannung. Aus dieser lassen sich die auslegungsrelevanten Netznutzungsfälle identifizieren, für die im Verfahren zur Ermittlung von zusätzlichen Blindleistungsquellen notwendige Kompensationselemente ermittelt werden. Die Identifizierung von kritischen Netznutzungssituationen sowie die Positionierung von Blindleistungsquellen werden iterativ wiederholt, bis in allen Netznutzungssituationen für alle betrachteten Ausfallsituationen das Spannungsband eingehalten werden kann Netzbetriebssimulation Ziel des Verfahrens ist der spannungsoptimierte Einsatz der im Netz vorhandenen Blindleistungsquellen. Zu den Freiheitsgraden zählen dabei der Schaltzustand der im Netz befindlichen Querkompensationselemente (Drosseln und MSCDN), die Stufenstellung der Block- und Netzkuppeltransformatoren sowie die Blindleistungseinspeisung der HGÜ-Terminals. Zur realitätsnahen Abbildung der Vorgehensweise der Systemführung werden in der Netzbetriebssimulation folgende Nebenbedingungen abgebildet: Die Spannung an allen Sammelschienen darf im (n-0)-, (n-1)- und (n-2)-fall das zulässige Spannungsband nicht verletzen. Im (n-0)- und (n-1)-fall darf kein Generator seine Blindleistungsgrenze erreichen. Im (n-2)-fall dürfen Generatoren ihre betrieblichen Spannungsgrenzen an den Generatorklemmen (+/-5 %) nicht verlassen. Im (n-0)-fall müssen pro HGÜ-Standort Reserven in Höhe von 500 MVAr (spannungshebend) und 300 MVAr (spannungssenkend) vorgehalten werden. Ein minimaler Blindleistungsaustausch zwischen Regelzonen wird angestrebt, sodass priorisiert Blindleistungsquellen innerhalb der Regelzone zur Spannungsstützung herangezogen, in der das Spannungsband verletzt ist. Zusätzlich soll sichergestellt werden, dass eventuelle Spannungsprobleme innerhalb von Deutschland und nicht durch den Import von Blindleistung aus dem Ausland behoben werden. Der spannungsoptimierte Einsatz der verfügbaren Blindleistungsquellen ist als nichtlineares Optimierungsproblem formuliert und basiert auf dem in [2] vorgestellten Verfahren. Aufbauend auf einem heuristisch ermittelten Startzustand erfolgt die eigentliche Arbeitspunktoptimierung (Bild 3) in einem zweistufigen Ansatz. In einem ersten Schritt wird eine Grundlastoptimierung durchgeführt, um einen geeigneten Startpunkt für die (n-1)-optimierung zu generieren und mit Bezug auf die Spannungshaltung relevante Ausfallsituationen zu identifizieren. Der geforderte präventive Einsatz der Blindleistungsquellen erfordert für den (n-1)-fall eine gekoppelte Optimierung aller Ausfallsituationen und des Grundlastfalls. Die Kopplung der einzelnen Ausfallsituationen sowie des Grundlastfalls resultiert in einem identischen Einsatz von Blocktransformatoren und Querkompensationsanlagen in jeder Ausfallsituation. Der Arbeitspunkt dynamischer Blindleistungsquellen (HGÜ-Konverter, SVC) kann trotz Kopplung unabhängig für die jeweiligen Ausfallsituationen eingestellt werden. Dabei wird berücksichtigt, dass im Grundlastfall Synchronmaschinen im Phasenschieberbetrieb keine Blindleistung und HGÜ-Terminals nur eingeschränkt Blindleistung bereitstellen dürfen. Bild 3: Knotenspannungen 420kV 390kV (n-0) (n-1) Berücksichtigung (n-0)-nb Blindleistungsgrenzen Spannungsbänder Sicherheitsmargen HGÜ Blindleistungsaustausch Grundlastoptimierung Q-Grenzen Kraftwerk Gekoppelte (n-1)-optimierung Sicherheitsmargen +500 MVar -300 Mvar Identifizierung kritischer Ausfallsituationen (n-1) Berücksichtigung (n-1)-nb Blindleistungsgrenzen Spannungsbänder Blindleistungsaustausch Schematischer Ablauf der Arbeitspunktoptimierung Die Zielfunktion des Optimierungsproblems ist die minimale Auslenkung aller Freiheitsgrade aus dem initialen Arbeitspunkt bei Einhaltung aller Nebenbedingungen und einem hohem Spannungsniveau. Zur Gewährleistung der Lösbarkeit des Optimierungsproblems werden für alle formulierten Nebenbedingungen Schlupfvariablen eingeführt, die eine mit hohen Kosten verbundene Verletzung dieser erlauben. Bild 4 zeigt den schematischen Ablauf des Verfahrens. Als Eingangsdaten für die Arbeitspunktoptimierung werden das vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Netzund Marktmodell sowie das beschriebene Blindleistungsmodell verwendet. Die gesamtheitliche Lösung des Optimierungsproblems erfolgt sukzessive. Dabei wird iterativ ein Optimierungsproblem aufgebaut und gelöst. Zwischen den einzelnen Iterationen wird jeweils eine Lastflussberechnung durchgeführt, auf deren Basis lineare Sensitivitäten aus der Jacobimatrix berechnet werden. Die Sensitivitäten repräsentieren dabei die Ableitung der Nebenbedingungen nach den verwendeten Freiheitsgraden. Anschließend erfolgt der Aufbau und das Lösen des Optimierungsproblems. Dieser Vorgang wird solange iterativ wiederholt, bis entweder keine Freiheitsgrade weiter angepasst werden oder alle Nebenbedingungen eingehalten sind. Als Ergebnisdaten (n-1) IAEW FGE JAHRESBERICHT

150 STUDIENBEISPIELE werden die Spannungen aller betrachteten Sammelschienen, der Einsatz aller Blindleistungsquellen sowie weitere Lastflussinformationen (Blindleistungsflüsse, Reserven etc.) ausgegeben. Bild 4: Eingangsdaten Netzmodell Marktmodell Blindleistungsmodell Ermittlung linearer Sensitivitäten aus Jacobimatrix Aufbau Optimierungsproblem Lösen des Optimierungsproblems Stufung Transformatoren, Kompensationselemente, HGÜ Ergebnisdaten Spannungen an betrachteten 380 kv-sammelschienen Einsatz von Blindleistungsquellen Lastflussdaten Schematischer Ablauf der verwendeten Netzbetriebssimulation 2.3 Positionierung von zusätzlichen Blindleistungsquellen Ziel dieses Arbeitsschrittes ist die Ermittlung optimaler Standorte zusätzlicher Blindleistungsquellen für kritische Netznutzungsfälle, sodass das Spannungsband an allen 380-kV-Sammelschienen eingehalten wird. Aufgrund diskreter Zubauentscheidungen werden zur Ermittlung der Auswirkungen des Zubaus von Blindleistungsquellen in dem Verfahren ganzzahlige Sensitivitäten ermittelt. Auf dieser Basis kann im Arbeitspunkt ein gemischt-ganzzahliges lineares Optimierungsproblem (GGLP) formuliert werden. Der Lösungsraum wird neben der Ganzzahligkeit durch unterschiedliche Typen von Nebenbedingungen eingeschränkt. An jeder betrachteten Sammelschiene muss die Spannung, wie sie sich aus dem Arbeitspunkt zuzüglich der linearen Überlagerung der Auswirkungen zu errichtender Kompensationselemente ergibt, im vorgegebenen Spannungsband liegen. Um das Vorhandensein einer zulässigen Lösung zu garantieren, wird jede Spannungsnebenbedingung um zwei Schlupfvariablen erweitert. Als Freiheitsgrade des Optimierungsproblems sind hierbei die Anzahl der je Sammelschiene errichteten induktiven und kapazitiven Blindleistungsquellen (ganzzahlig) sowie die Verletzung von Spannungsnebenbedingungen (Schlupfvariablen, kontinuierlich) berücksichtigt. Die Zielfunktion ergibt sich als Summe dieser Freiheitsgrade. Der zu minimierende Zielfunktionswert ist somit die Summe der errichteten Kompensationselemente sowie der mit Strafkosten gewichteten Werte der Schlupfvariablen. Der prinzipielle Ablauf des Verfahrens ist in Bild 5 dargestellt. Das GGLP wird ausgehend vom Ausgangszustand (nach Durchführung der Netzbetriebssimulation) iterativ angewendet. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die ermittelten Sensitivitäten lediglich Aussagen über die getrennt betrachteten Kompensationselemente ermöglichen. Etwaige sich ergebenden Interdependenzen sowie Abweichungen durch den gleichzeitigen Bau mehrerer Kompensationselemente an einem Standort können so nicht exakt vorhergesagt werden. Daher wird nach der Lösung des GGLP dieses erneut durchgeführt, wobei das folgende GGLP im neuen Arbeitspunkt aufgebaut wird. D.h. insb., dass die Spannungen, Sensitivitäten und Kosten der Schlupfvariablen angepasst werden. Das Verfahren kann so lange fortgesetzt werden, bis kein weiterer Zu- oder Abbaubedarf ermittelt wird. Bild 5: Eingangsdaten Liste von zu betrachtenden 380-kV-Sammelschienen Standortbeschränkungen (maximale Anzahl von Blindleistungsquellen) Ermittlung ganzzahliger Sensitivitäten Aufbau gemischt-ganzzahliges Optimierungsproblem Lösen des Optimierungsproblems mittels Branch-and-Cut Zu-/Abbau der ermittelten Blindleistungsquellen Ergebnisdaten Spannungen der betrachteten Sammelschienen für jede Iteration Zu-/Abbauentscheidungen je Iteration Schematischer Ablauf der verwendeten optimierten Positionierung Zur Lösung des sich ergebenden GGLP werden aktuelle Verfahren der ganzzahligen Optimierung eingesetzt. Durch die Ganzzahligkeitsbedingungen der die Zu-/Abbauentscheidungen beschreibenden Variablen im modellierten linearen Optimierungsproblem ist das Problem nicht mehr mit den herkömmlichen Methoden der linearen Programmierung lösbar. Vielmehr wird die optimale gemischt-ganzzahlige Lösung durch intelligentes Anordnen und Lösen einer Vielzahl zugehöriger sogenannter relaxierter Probleme ermittelt. 3 Ergebnisse In einem ersten Schritt wurde eine Grundlastflussrechnung (n-0) für alle Netznutzungsfälle (Jahresrechnung) unter Verwendung einer Einschaltheuristik durchgeführt. Dabei wurden die bereits existierenden sowie 138 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

151 STUDIENBEISPIELE geplanten Querkompensationselemente auf Basis der an den Sammelschienen anliegenden Spannungen zu- bzw. abgeschaltet U max 390 U min Bild 6: 380 kv Sammelschienen Spannungsquantile 100% 99,9% 99% 95% 90% 50% 10% 5% 1% 0,1% Spannungsband nach Einschaltheuristik (ohne Arbeitspunktoptimierung) Bild 6 zeigt das resultierende Spannungsband an allen 380 kv Sammelschienen für Stunden. Es ist zu erkennen, dass an in vielen Situationen das obere und untere Spannungsband teilweise sehr deutlich über- bzw. unterschritten wird. Die Ergebnisse zeigen, dass eine lokale Optimierung anhand von Sammelschienenspannungen zu nicht spannungsoptimalen Schaltzuständen und regional zu Spannungsbandverletzungen führt. Die in Abschnitt beschriebene Netzbetriebsoptimierung führt zu einem deutlich verbesserten Spannungsniveau, was die Wichtigkeit der realitätsnahen Abbildung des betrieblichen Einsatzes von Blindleistungsquellen unterstreicht. Aufbauend auf identifizierten kritischen Netznutzungsfällen sind eine Reihe von Blindleistungskompensationsanlagen ermittelt worden. Diese positionierten Anlagen befinden sich insbesondere an Standorten und Regionen, in denen nur geringe Kraftwerkskapazitäten vorhanden und wenig bis keine Blindleistungskompensationselemente vorhanden sind. Nach Positionierung der zusätzlichen Blindleistungsquellen ist eine abschließende Verifikation als erneute Jahressimulation durchgeführt worden. Das so ermittelte Spannungsband ist Bild 7 zu entnehmen. Für die Bewertung von (n-1)-situationen sind dabei zwei Fälle betrachtet worden. Neben der Berücksichtigung von Ausfällen von Leitungen und Blindleistungsquellen (Kompensationsanlagen und Synchrongeneratoren) sind in einem weiteren Schritt zusätzlich auch Ausfälle von HGÜ-Strecken betrachtet worden. Insbesondere Ausfälle von HGÜ-Terminals haben sich als kritisch hinsichtlich der Spannungshaltung erwiesen, da neben der Wirkleistungsübertragung auch Blindleistungsreserven wegfallen. Es zeigt sich, dass nach erfolgter Positionierung und bei einem spannungsoptimalen Einsatz aller Blindleistungsquellen alle Spannungen für den ungestörten Betrieb und in Ausfallsituationen innerhalb des erlaubten Spannungsbandes liegen. 430 U420 max U380 min 370 Bild 7: Spannungsband nach Arbeitspunktoptimierung im (n-1)-fall 4 Zusammenfassung Ziel der Studie war die Ermittlung und Allokation des Bedarfs an Blindleistungsquellen im deutschen Übertragungsnetz des Jahres Zu diesem Zweck wurde ein Verfahren zur Simulation des spannungsoptimalen Einsatzes existierender und geplanter Blindleistungsquellen entwickelt. Die Anwendung des entwickelten Verfahrens auf das bereitgestellte Netzmodell für die betrachteten Netznutzungsfälle des Jahres 2024 zeigt, dass trotz eines spannungsoptimalen Einsatzes Verletzungen des Spannungsbandes auftreten. Dies machte die Positionierung zusätzlicher Blindleistungsquellen notwendig. Diese sind vor allem in Netznutzungssituationen mit sehr starken Leitungsbelastungen und entsprechend hohen induktiven Blindleistungsverlusten erforderlich, um ein angemessenes Spannungsniveau zu halten. 5 Literatur 380 kv Sammelschienen Maximale Spannung (n-1) Maximale Spannung (n-1) ohne HGÜ Ausfall Minimale Spannung (n-1) Minimale Spannung (n-1) ohne HGÜ Ausfall (n-0)-spannungsband [1] Schoeneberger, M.; Scheufeld, O.; Schaefer, P.; Krahl, S. und Moser, A.: Forecasting Vertical Reac-tive Loads Considering the Influcence of Renew-able Energy Sources,GCC Cigre Conference & Exhibition 2015 [2] Eickmann, J.: Simulation der Engpassbehebung im deutschen Übertragungsnetzbetrieb, Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 164, printproduction M. Wolff GmbH, Aachen, 2015 IAEW FGE JAHRESBERICHT

152 STUDIENBEISPIELE Kosten-Nutzen-Analyse einer Spitzenkappung im Verteilnetz Cost-Benefit-Analysis of Curtailment of Renewables in Distribution Networks M.Sc. Jan Kellermann; Dipl.-Ing. Lukas Verheggen; M.Sc. Marius Sieberichs; Dr.-Ing. Sebastian Dierkes Die Umstellung des deutschen Energiesystems auf erneuerbare Energien (EE) führt zu steigenden Anforderungen an die Planung und den Betrieb sicherer, zuverlässiger und kostengünstiger elektrischer Verteilnetze. Um den Netzausbaubedarf zur Integration weiterer Erzeugungsanlagen (EZA) in die Verteilnetze zu reduzieren, kann zukünftig eine optionale Reduktion der Wirkleistungseinspeisung (Spitzenkappung) von EZA bereits in der Netzplanung berücksichtigt werden. Im Rahmen des "3 %-Ansatzes" können die Netze dabei so geplant werden, dass eine Abregelung von maximal 3 % der jährlichen Energie je EZA nicht überschritten wird. Im Rahmen der Studie werden unterschiedliche Konzepte zur Umsetzung einer Spitzenkappung in den Verteilnetzen der Hoch-, Mittel- und Niederspannungsebene mit Hilfe einer technisch-wirtschaftlichen Kosten- Nutzen-Analyse gegenübergestellt und im Hinblick auf eine praktische Umsetzbarkeit untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass neben der reinen Reduktion der Netzausbaukosten vor allem auch der Aufwand und die Kosten für die Umsetzung einer Spitzenkappung in der Praxis relevant sind und sich daher unterschiedliche Ausgestaltungskonzepte einer Spitzenkappung in unterschiedlichen Regionen Deutschlands sowie in den verschiedenen Verteilnetzebenen anbieten. The generation shift to renewable energies in the German energy system leads to new challenges for the planning and operation of secure, reliable and cost-efficient electric distribution networks. To reduce the need for network expansion while connecting further distributed generation units to the networks, an optional curtailment of renewables will be allowed in future grid operation, which can be considered within the network planning process. However, the curtailment considered during the planning may not exceed 3 % of the annual energy feed-in per generation unit. In this study, different concepts for the curtailment in high-, medium- and low-voltage networks are compared using a techno-economic costbenefit-analysis. Furthermore, the practical implementability for each concept is assessed. The results reveal that not only the reduction in network expansion costs, but also the expenses for implementing a curtailment concept in the practical network planning and operation processes have an important impact. Therefore different curtailment concepts seem to be preferable for different regions in Germany as well as for the different voltage-levels within the distribution system. 1 Motivation und Zielsetzung Bedingt durch die Energiewende in Deutschland kam es in den letzten Jahren zu einem starken Zubau an dezentralen Erzeugungsanlagen in der Verteilnetzebene, der auch in den kommenden Jahren noch anhalten wird. Dies führt zu veränderten Anforderungen an die Planung und den Betrieb der elektrischen Verteilnetze. Als optionale Strategie zur EE-Integration wird neben der Verstärkung der Netze durch Primärtechnik in Zukunft eine gezielte Reduktion der Wirkleistungseinspeisung von EZA in kritischen Netzsituationen im Rahmen einer Spitzenkappung zulässig sein. Anders als beim bisher durchgeführten Einspeisemanagement nach EEG 14, bei dem eine Ausbauverpflichtung für den Netzbetreiber bestehen bleibt, kann die Spitzenkappung bereits bei der Planung der Netze berücksichtigt werden. Der sogenannte "3 %-Ansatz" schränkt den Einsatz der Spitzenkappung jedoch dahingehend ein, dass in der Planung je EZA maximal 3 % der jährlichen Energiemenge zur Reduktion des Netzausbaubedarfes gekappt werden dürfen [1]. Somit stellt die Spitzenkappung einen optionalen Freiheitsgrad in der Netzplanung dar. Das grundsätzliche Potenzial einer Spitzenkappung wurde in bereits veröffentlichten Studien [2,3] aufgezeigt. Im Rahmen dieser Studie soll darüber hinaus die praktische Umsetzbarkeit einer Spitzenkappung in Netzplanung und Netzbetrieb untersucht werden. Diese ist im Wesentlichen abhängig von der Anzahl der an einer Spitzenkappung beteiligten Anlagen je Netzebene sowie der Komplexität der angewendeten Regelungsstrategien, da diese in großem Maße die auszubringende Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sowie Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik (MSR) zur Umsetzung der Spitzenkappung, aber auch die im Betrieb abzuregelnde Energie beeinflussen. Des Weiteren müssen bei der Bewertung einer Spitzenkappung auch die regional unterschiedlichen Herausforderungen der Verteilnetzbetreiber berücksichtigt werden. Ist der Süden Deutschlands eher durch viele kleine Photovoltaik-Anlagen in den Nieder- und Mittelspannungsnetzen geprägt, dominieren in nördlichen Regionen hingegen größere EZA in der Mittel- und Hochspannungsebene. Zur Bewertung unterschiedlicher Konzepte einer Spitzenkappung wird eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Die Wirtschaftlichkeit je Konzept ist dabei die zentrale Bewertungsgröße und setzt sich aus den Kosten von abgeregelter Energie, den zusätzlich anfallenden Kosten für IKT-und MSR-Systeme sowie der Kostenreduktion des konventionellen Netzausbaus zusammen. 140 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

153 STUDIENBEISPIELE 2 Analyse und Modellbildung Um den Einfluss einer Spitzenkappung auf den Netzausbau in den Verteilnetzen untersuchen zu können, ist eine spannungsebenenübergreifende Betrachtung aller Verteilnetzebenen notwendig. Der daher erforderliche systemische Betrachtungsbereich ist in Bild 1 gezeigt. Hochspannungsnetz Eine Verknüpfung der HS- und MS/NS-Modelle erfolgt an den Umspannwerken zwischen HS- und MS-Ebene, sodass eine spannungsebenenübergreifende Betrachtung aller Verteilnetzebenen ermöglicht wird. 2.2 Modellierung der Netznutzung Zur Bewertung einer Spitzenkappung ist eine detaillierte Abbildung der installierten Leistung und Anzahl an EZA und Verbrauchern je Spannungsebene sowie des zeitlichen Einspeise- und Lastverlaufs notwendig. Bild 1: Mittelspannungsnetz Niederspannungsnetz Systemischer Betrachtungsbereich Die in der Studie untersuchten Netzgebiete liegen in verschiedenen Regionen Deutschlands und weisen daher sowohl Unterschiede in den bestehenden Netzstrukturen und Versorgungsaufgaben (Last und Erzeugung) auf, als auch in der erwarteten Entwicklung der Versorgungsaufgabe. Die Modellierung zur Abbildung der regionsspezifischen Eigenschaften von Netzstruktur und Versorgungsaufgabe werden im Folgenden dargelegt. 2.1 Modellierung der Verteilnetze Da eine geschlossene Abbildung und Simulation der Hochspannungsebene mit allen unterlagerten Mittelund Niederspannungsnetzen aufgrund der Modellkomplexität nicht praktikabel ist, erfolgt eine Zerlegung in ein getrenntes Modell der Hoch- (HS) sowie ein kombiniertes Modell der Mittel- (MS) und Nieder- (NS) spannungsebene. Die Modelle der HS-Netze werden von den E.ON Regionalversorgern bereitgestellt und geben die bestehende Netzstruktur wieder. Um die Vielzahl unterschiedlicher MS- und NS-Netze mit ihren regionalspezifischen Eigenschaften abbilden zu können, wird hingegen ein Modellnetzansatz in Anlehnung an [2, 3] verwendet. Basierend auf einer Datenbank realer Netzcharakteristika, entsprechend der nach gesetzlichen Pflichten veröffentlichten Daten der Netzbetreiber, werden Verteilungsfunktionen bestimmter Netzstrukturparameter (z. B. Netzlängen und Anzahl der Entnahmestellen) in Abhängigkeit der regionalen Einwohnerdichten abgeleitet. Über Ziehungen aus diesen Verteilungsfunktionen werden regionsspezifische Netzstrukturen eins MS-Netzes sowie aller unterlagerten NS-Netze erstellt Erzeugung und Verbrauch Die Modellierung der installierten Leistung dezentraler EZA basiert auf einer Auswertung des EEG-Anlagenregisters, in der für jedes Postleitzahlgebiet (PLZ) die installierte EE-Leistung und Anlagenanzahl je Spannungsebene und je Primärenergietyp bestimmt werden. Aus einer Aggregation der gewonnenen Daten werden regionsspezifische Verteilungsfunktionen der installierten Leistung je Anlagentyp und Spannungsebene abgeleitet. Durch iterative Ziehungen aus diesen Verteilungsfunktionen werden den zuvor beschriebenen Modellnetzen schrittweise EZA hinzugefügt, bis eine vorgegebene installierte EE-Leistung je Spannungsebene erreicht wurde. Somit können sowohl die Anlagenanzahl als auch die Anlagengröße je Netzebene regionsspezifisch abgebildet werden. Eine Abschätzung der Haushaltslasten sowie Gewerbeund Industriekunden je PLZ erfolgt anhand der lokalen Einwohnerdichte Zeitlicher Verlauf der Netznutzung Die Modellierung des zeitlichen Verlaufs des Verbrauchs und der Einspeisung erfolgt über Zeitreihen für ein Jahr in stundenscharfer Auflösung. Hierbei wird auf eine Vielzahl gemessener Einspeisezeitreihen sowie der geografischen Nähe der EZA zueinander zurückgegriffen. Die Zeitreihen für Haushaltskunden basieren auf bestehenden detaillierten Verbrauchermodellen, welche Höhe und Stochastik der Last inklusive Extremsituationen, auch in einzelnen NS-Abgängen, realitätsnah abbilden können [4]. Die Lastzeitreihen von Industrie- und Gewerbekunden basieren auf historischen Messzeitreihen für verschiedene Lastkategorien, wie z. B. Landwirtschaft, Dienstleistung oder Einzelhandel. Durch eine Zuordnung der Zeitreihen zu den einzelnen Verbrauchern und EZA in den Netzmodellen erfolgt eine detaillierte Modellierung der Netznutzung mit stündlichem Zeitraster für ein Jahr. 3 Methodischer Ansatz Die Bewertung unterschiedlicher Ausgestaltungskonzepte einer Spitzenkappung erfolgt im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse. Diese berücksichtigt zum einen IAEW FGE JAHRESBERICHT

154 STUDIENBEISPIELE die Kosten für die aufgrund einer Spitzenkappung nicht eingespeiste Energie sowie die Kosten der zur Umsetzung des jeweiligen Konzeptes notwendigen IKT/MSR. Dem gegenüber steht der Nutzen in Form reduzierter Netzausbaukosten im Vergleich zu einer Referenzvariante ohne Spitzenkappung. Bild 3: Betriebssimulation Identifikation von Engpässen Spitzenkappung Behebung der Engpässe Methodischer Ansatz Netzausbau Reduktion der Abregelung Um diese Bewertungskenngrößen simulativ abzuleiten, wird die in Bild 3 vereinfacht dargestellte Methode angewendet. Je Konzept werden ausgehend von einer Betriebssimulation Grenzwertverletzungen im Netz identifiziert und die notwendige Spitzenkappung ermittelt. In einem nachgelagerten Schritt wird ein Netzausbau simuliert, indem jeweils Netzausbaumaßnahmen zur Behebung der kritischsten Grenzwertverletzungen durchgeführt werden. Dieses Vorgehen wird wiederholt, bis entweder alle Grenzwertverletzungen behoben sind (Referenz) oder aber, bis alle gekappten EZA das 3 %-Kriterium einhalten. 3.1 Umsetzung einer Spitzenkappung Prinzipiell sind unterschiedliche Konzepte für die Umsetzung einer Spitzenkappung denkbar. Diese unterscheiden sich zum einen in der Anzahl der EZA, die an ihnen teilnehmen (z. B. getrennt nach Spannungsebenen) und zum anderen in der Umsetzung der Leistungsreduktion. Generell sollten dabei die folgenden Punkte berücksichtigt werden: Nur dort abregeln, wo ein Netzengpass auftritt. Nur dann abregeln, wenn Netzengpässe auftreten. Nur so viel abregeln, dass die technischen Randbedingungen eingehalten werden. Eine gezielte Abregelung einzelner Anlagen setzt jedoch eine genaue Kenntnis des Netzzustandes sowie eine IKT-Anbindung der entsprechenden EZA voraus, welche zusätzliche Kosten verursachen. Darüber hinaus kann diese Vorgehensweise einen deutlichen Mehraufwand in Netzplanung und -betrieb nach sich ziehen. Alternativ bietet sich eine pauschale Kappung von EZA an, die ohne weitere IKT-Anbindung umsetzbar wäre, jedoch die abgeregelte Energie erhöhen würde. Beide Ansätze sowie ihre Umsetzung im Rahmen der Methodik werden im Folgenden vorgestellt Pauschale Spitzenkappung Die Umsetzung einer pauschalen Spitzenkappung erfolgt über eine fest vorgegebene Leistungsobergrenze in den EZA. Wesentliche Vorteile dieser Variante sind, dass eine messtechnische Erfassung des Netzzustandes und die Anbindung der EZA an die Leitstelle nicht für die Spitzenkappung notwendig sind. Somit können die Kosten für MSR und IKT reduziert werden. Auch das Vorgehen zur Anschlussbewertung neuer EZA kann beibehalten werden. Im Rahmen des methodischen Vorgehens erfolgt die Bestimmung einer leistungsbezogenen Kappungsgrenze je Primärenergietyp so, dass die am schlechtesten gestellte Anlage genau 3 % ihrer Jahresenergie nicht einspeist. Um eine übermäßige Abregelung zu vermeiden, erfolgt eine Umsetzung der Spitzenkappung in den durchgeführten Simulationen nur in den Netzabgängen, in denen Grenzwertverletzungen auftreten Selektive Spitzenkappung Unter einer selektiven Spitzenkappung wird die bedarfsorientierte, individuelle Kappung je EZA verstanden. Die Einspeisung wird dabei nur in Zeitpunkten, in denen Engpässe auftreten und nur bei EZA, die eine Wirkung auf den Engpass haben, reduziert. Dies erfordert zur Umsetzung jedoch einen aktiven Netzbetrieb auch in den unterlagerten MS- und NS-Netzen und somit eine Änderung aktueller Planungs- und Betriebskonzepte. Dem gegenüber steht jedoch ein gezieltes Engpassmanagement, welches die abgeregelte Energie minimiert. Um die Regelung der EZA umzusetzen, ist eine IKT- Anbindung notwendig und zur Erfassung des Netzzustandes muss MSR ausgebracht werden. Im Rahmen der Methode erfolgt eine Bestimmung der selektiven Spitzenkappung je EZA und Zeitschritt auf Basis der durchgeführten Netzbetriebssimulation mit Hilfe eines Optimal-Power-Flow (OPF) Algorithmus. Eine leistungsbezogene Kappungsgrenze wird dabei nicht vorgegeben, sodass Anlagen im Extremfall für einzelne Zeitpunkte auch komplett abgeregelt werden können Spannungsebenenübergreifende Konzepte Eine Spitzenkappung in den unteren Netzebenen hat insbesondere auch einen entlastenden Einfluss auf überlagerte Netze. Zusätzlich unterscheiden sich die Größe und Anzahl der EZA und damit auch der Aufwand für eine IKT/MSR-Ausstattung deutlich zwischen den Spannungsebenen. Somit liegt die Überlegung nahe, unterschiedliche Konzepte der Spitzenkappung in unterschiedlichen Netzebenen zu bevorzugen. In den nachfolgenden Untersuchungen werden daher die folgenden 142 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

155 STUDIENBEISPIELE Konzepte für eine spannungsebenenübergreifende Spitzenkappung gegenübergestellt: Referenz: Keine Anwendung einer Spitzenkappung. Selektiv HS: Selektive Spitzenkappung ausschließlich in HS-Ebene, Anlagen in MS- und NS-Netzen werden bei Bedarf pauschal gekappt. Selektiv HS/MS: Selektive Spitzenkappung wird in der HS- und MS-Ebene implementiert, in NS-Netzen werden EZA bedarfsgerecht pauschal gekappt. Selektiv: In allen Netzebenen (HS, MS und NS) wird eine selektive Spitzenkappung durchgeführt. Eine pauschale Kappung in der HS-Ebene wird aufgrund der zu hohen abzuregelnden Energie nicht betrachtet. 3.2 Ermittlung des Netzausbaubedarfs Bei Anwendung des 3 %-Kriteriums verbleibt ein Netzausbaubedarf in den Netzbereichen, in denen die erlaubte Abregelung nicht ausreicht, um alle Grenzwertverletzungen zu beheben. Um den verbleibenden Netzausbaubedarf zu bewerten, wird ein vereinfachtes Netzausbauverfahren, bei dem der Ausbau ausschließlich durch eine Parallelverstärkung von Netzbetriebsmitteln erfolgt, angewendet. Änderungen der Netzstruktur oder der Zubau neuer Netzstationen werden nicht betrachtet. Der in [2] verwendete der Ansatz wurde dahingehend erweitert, dass eine Netzverstärkung nicht nur für einen auslegungsrelevanten Netznutzungsfall, sondern auf Basis der Ergebnisse einer Betriebssimulation für ein Jahr bestimmt wird. Wird der Netzausbau ohne Spitzenkappung, oder aber eine pauschale Kappung untersucht, so werden alle nach pauschaler Kappung verbleibenden Grenzwertverletzungen durch Netzausbau behoben. Bei Berücksichtigung des anlagenbezogenen 3 %-Kriteriums bei selektiver Spitzenkappung sollten diejenigen Netzengpässe zuerst verstärkt werden, die zu einer hohen Abregelung einzelner Anlagen führen. Daher erfolgt eine präferierte Auswahl derjenigen Maßnahmen, die eine größtmögliche Reduktion der abgeregelten Energie der am stärksten betroffenen Anlagen zur Folge hat. Das grundlegende Prinzip des Netzausbauverfahrens bei selektiver Kappung ist in Bild 4 dargestellt. Die Simulation der Spitzenkappung und die nachfolgende Bestimmung von Netzausbaumaßnahmen erfolgen iterativ bis zur Einhaltung aller technischen Randbedingungen sowie des 3 %-Kriteriums. Bild 4: Netzausbau bei selektiver Spitzenkappung Die in der MS- und NS-Ebene berücksichtigten Netzausbaumaßnahmen sind der Neubau von Kabeln sowie die Verstärkung oder der Neubau von Ortsnetztransformatoren. In der HS-Ebene werden neben dem Neubau von Freileitungs- und Kabelsystemen auch die Verstärkung bestehender Stromkreise durch Hochtemperatur-Leiterseile, der Einsatz von Freileitungsmonitoring und eine dynamische Spannungsregelung im Umspannwerk berücksichtigt. 4 Exemplarische Untersuchungen Im Rahmen der Studie werden die vorgestellten Spitzenkappungs-Konzepte für unterschiedliche Netzregionen in Deutschland bewertet. Die Bewertung erfolgt dabei getrennt für die einzelnen E.ON Regionalversorger für einen Zeitraum von 2015 bis 2035 mit Stützjahren in einem Abstand von 5 Jahren. Bild 5: Zeitreihen-Simulation (1 Jahr) Lastflussberechnung und Bestimmung Grenzwertverletzungen Selektive Spitzenkappung (OPF) Keine verbleibenden Grenzwertverletzungen und 3%-Kriterium eingehalten? Ende 6 GW4 2 0 ja nein Bestimmung der nächsten Netzausbaumaßnahme HS HSMS MS MSNS NS Erwarteter EE-Zubau in exemplarischer Netzregion ab 2015 Exemplarisch wird der erwartete Zubau an EE-Anlagen je Spannungsebene für eine Netzregion im Süden Deutschlands in Bild 5 dargestellt. Die untersuchte Region ist durch eine Vielzahl an PV-Anlagen in den unteren Netzebenen charakterisiert. Die ermittelten annuitätischen Zusatzkosten für Netzausbau und abgeregelte Energie sind in Bild 6 darge- IAEW FGE JAHRESBERICHT

156 STUDIENBEISPIELE stellt. Für die abgeregelte Energie werden Ersatzbeschaffungskosten von 100 EUR/MWh analog zu [2] angenommen. Zusätzlich werden die maximal zulässigen Kosten für IKT und MSR aufgezeigt, bei denen das untersuchte Konzept noch wirtschaftlich gegenüber der Referenzvariante wäre. Annuitätische Zusatzkosten Bild 6: Exemplarische Simulationsergebnisse Die Simulationsergebnisse zeigen, dass alle untersuchten Konzepte zu einer Reduktion der Netzausbaukosten beitragen können. Darüber hinaus wird ein Unterschied in der abgeregelten Energie ersichtlich. Während bei einer selektiven Spitzenkappung nur sehr geringe abgeregelte Energiemenge auftreten, fallen diese bei Konzepten mit einer pauschalen Kappung deutlich höher aus. Der in Bild 6 schraffierte Balken zeigt die maximalen annuitätischen Zusatzkosten auf, die bei einer wirtschaftlichen Umsetzung des Konzeptes entstehen dürften. Diese Kosten werden nun auf die Anzahl der mit IKT auszustattenden EZA umgelegt, um die wirtschaftliche Umsetzbarkeit zu bewerten. Dabei stellt sich die Frage, welche Anlagen mit IKT auszustatten sind und wie genau diese bereits in der Planung zu identifizieren sind. Drei Varianten werden im Folgenden vorgestellt: Variante A: Ausstattung aller Anlagen in den Spannungsebenen mit selektiver Spitzenkappung Variante B: Gezielte Ausstattung der Anlagen in Netzabgängen mit Engpässen Variante C: Optimierte Ausstattung nur der Anlagen, die in der Betriebssimulation abgeregelt wurden Bild 7: Max. IKT/MSR-Kosten [EUR/Anlage/Jahr] Referenz Selektiv HS Selektiv HS/MS Selektiv Netzausbau MS/NS Netzausbau HS Abregelung MS/NS Abregelung HS Max. zulässige Zusatzkosten (IKT/MSR) Selektiv A B C Variante Selektiv HS/MS Maximal zulässige annuitätische IKT/MSR- Kosten für das Stützjahr A B C Variante Die Größenordnung der ermittelten Kosten je EZA für das letzte Stützjahr ist in Bild 7 dargestellt. Für die exemplarische Netzregion zeigt sich, dass aufgrund der hohen Anlagenzahlen in der NS-Ebene bei einer IKT/MSR-Ausstattung für das Konzept Selektiv nur geringe Kosten je EZA anfallen dürften. Für das Konzept "Selektiv HS/MS" sind bei gezielter IKT/MSR- Ausstattung jedoch auch höhere Kosten je EZA möglich, da deutlich weniger EZA auszustatten wären. Es sei darauf hingewiesen, dass Variante C ein theoretisches Optimum darstellt, da bereits zum Planungszeitpunkt exakt bekannt sein müsste, welche Anlagen im Betrieb zu kappen wären. Weiterhin sei erwähnt, dass für andere Netzregionen mit abweichender Zusammensetzung des Anlagenparks, in denen z. B. Anlagen in der HS- und MS-Ebene dominieren, andere Ergebnisse resultieren können. 5 Fazit Es wird ersichtlich, dass alle untersuchten Konzepte einer Spitzenkappung den Netzausbaubedarf reduzieren können. Jedoch unterscheiden sich die Konzepte in der gekappten Energie sowie der Komplexität der Umsetzbarkeit. Es zeigt sich, dass die wirtschaftliche Umsetzbarkeit der Konzepte im Wesentlichen von der mit IKT auszustattenden Anlagenanzahl abhängt. Darüber hinaus müssen in einer abschließenden Bewertung auch weitere Zusatzkosten berücksichtigt werden. Diese beinhalten die benötige MSR zur Ermittlung des Netzzustandes, die Anbindung von EZA und MSR an das Leitsystem sowie einen erhöhten Aufwand in Netzplanungund Betrieb. Die exemplarischen Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass eine vollständig selektive Spitzenkappung bis in die NS-Ebene zum einen nicht wirtschaftlich, zum anderen aber auch betrieblich nur schwer umsetzbar ist. Vielversprechender erscheinen daher Konzepte, bei denen nur große Anlagen gezielt mit einer IKT- Anbindung auszustatten sind. 6 Literatur [1] Deutsche Bundesregierung, Gesetzesentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz), Berlin 2016 [2] E-Bridge; IAEW; OFFIS: Moderne Verteilernetze für Deutschland (BMWi-Verteilernetzstudie), Berlin 2014 [3] EWE AG; IAEW; FGH: Systemstudie zum Einspeisemanagement erneuerbarer Energien, Oldenburg 2015 [4] S. Patzack; D. Schacht et al.: Hochauflösende Modellierung von Haushaltskunden zur Bewertung von DSM-Konzepten in der Niederspannungsebene, Berlin IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

157 STUDIENBEISPIELE Harmonisierte Aktivierungszeiten und Aktivierungsschemata für afrr in Europa Harmonized Full Activation Times and Activation schemes for afrr in Europe M.Sc. Jens Sprey; M.Sc. Christian Bredtmann; Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Tim Drees Der Entwurf der Network Codes für Electricity Balancing (NC EB) sieht vor, dass spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten die Übertragungsnetzbetreiber (TSO) Vorschläge für Standardprodukte für Regelleistung und -energie im Rahmen der Frequency Restoration Reserve (FRR) und der Replacement Reserve (RR) entwickeln. Im Zuge dieses Entwicklungsprozesses beauftragte ENTSO-E E-Bridge Consulting und das Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IAEW), technische Hintergrundinformationen zu den verschiedenen Anforderungen der automatic FRR (afrr) in ganz Europa zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus wurden die technischen Auswirkungen einer Änderung der Aktivierungsschemata zu einer Merit-Order-Aktivierung für afrr und einer harmonisierten Full Activation Time für alle LFC Blocks simuliert und quantitativ bewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass trotz des gemeinsamen Ziels, die Frequenz zu stabilisieren, sich die Ausgestaltungen zwischen einzelnen Leistungsfrequenzreglern stark unterscheiden. Weiter zeigen die Untersuchungen, dass der Wechsel zur Merit-Order Aktivierung ohne Anpassung weitere Parameter grundsätzlich die Regelqualität negativ beeinflusst. The draft Network Code on Electricity Balancing (NC EB) foresees that no later than one year after entry into force of this Network Code, the transmission system operators (TSO) shall develop a proposal for a list of standard products for Balancing Capacity and Balancing Energy for Frequency Restoration Reserves and Replacement Reserves. As an input for their standard product development process, ENTSO-E asked E-Bridge Consulting and Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) of RWTH Aachen University to provide technical background information on requirements for automatic Frequency Restoration Reserves (afrr) throughout Europe. Furthermore, ENTSO-E asked to quantitatively study the technical impact of a change to a merit order activation scheme for afrr and a harmonised afrr Full Activation Time (FAT) for all LFC Blocks. The results show that, despite the common objective to stabilize the frequency, the individual configuration of LF Controllers differ. Furthermore, the study shows that switching to merit order activation without adjusting other parameters has negative impact on the regulation quality. 1 Einleitung Ziel der Leistungsfrequenzregelung ist die Wahrung des Leistungsgleichgewichtes aus Einspeisungen und Entnahmen. Die Sollfrequenz von 50 Hz muss für einen stabilen Betrieb des Elektrizitätsversorgungssystems zu jedem Zeitpunkt aufrechterhalten werden. Im Synchronverbund wird diese gemeinschaftliche Verantwortung bisher von jedem Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) individuell ausgestaltet. 1.1 Hintergrund und Motivation Der Entwurf des Network Code on Electricity Balancing (NC EB) sieht vor, dass spätestens innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten die ÜNB einen Vorschlag für eine Liste von Standardprodukten für Balancing Capacity und Balancing Energy entwickeln und vorlegen. Dieses Bestreben der ENTSO-E rührt daher, dass die aktuelle Implementierung der Leistungsfrequenzregelung sich innerhalb Europas sowohl in marktlichen als auch technischen Aspekten teilweise stark unterscheiden. Darüber hinaus verwenden die europäischen ÜNB unterschiedliche Aktivierungsschemata für afrr. In vielen LFC Blocks (Regelblöcken) erfolgt die Aktivierung prorata (PR); einige jedoch, darunter auch Deutschland, aktivieren die benötigte Regelreserve nach Merit-Order (MO). Durch die Vereinheitlichung, Integration und Kooperation sollen potenzielle Synergien gehoben und Kosten zukünftig gesenkt werden. Um die richtigen Entschlüsse und Entscheidungen in diesem Harmonisierungs- und Produktentwicklungsprozess zu treffen, sollen jedoch zunächst sowohl der technische Hintergrund als auch die Auswirkungen möglicher Änderungen quantitativ bewertet und beleuchtet werden. Dabei stehen vor allem der Einfluss auf die Regelqualität und die Bewertung des Wechsels hin zu einer MO- Aktivierung im Vordergrund. Dies geht mit der Betrachtung einer Harmonisierung der Aktivierungszeit (Full Activation Time, FAT) einher [1]. 1.2 Ziele und Schwerpunkte der Studie Ziele und Schwerpunkte der Studie sind entsprechend: Überblick über die technischen Unterschiede in der Implementierung von afrr-produkten (Aktivierungsvoraussetzungen, Umfang, Präqualifizierung, Regulierung etc.) sowie afrr-aktivierungsschemata (PR oder MO) innerhalb Europas. Quantitative Analyse der Auswirkungen eines Übergangs von PR zu MO bezogen auf die Regelqualität. Bewertung der Auswirkungen einer Vereinheitlichung und Harmonisierung der Aktivierungszeiten für afrr. IAEW FGE JAHRESBERICHT

158 afrr Arbeitspreis ( /MWh) STUDIENBEISPIELE Die zuvor aufgezeigten Ziele gliedern die Studie in drei Teilbereiche, auf die im Folgenden genauer eingegangen wird. Der Fokus der Studie liegt dabei auf der afrr. 2 Technische Umsetzung der Leistungsfrequenzregelung bei der afrr in Europa Trotz des einheitlichen Ziels der Leistungsfrequenzregelung, das Leistungsgleichwicht in jedem Regelbock und damit auch im Synchronverbund aufrechtzuerhalten, unterscheiden sich die nationalen Konzepte stark voneinander. Vor allem zwischen Kontinentaleuropa (CE) und Skandinavien unterscheidet sich die technische Umsetzung der Frequenzregelung. Dies betrifft viele Teilbereiche, u. a.: Höhe der benötigten Regelleistung je Regelblock, Einsatzkonzept und -häufigkeiten der afrr im Vergleich mit der manual FRR, Technische Anforderungen bezogen auf die geforderten Gradienten sowie Antwortzeiten, Aktivierungsschemata bezogen auf PR oder MO sowie auf die Ausgestaltung der Reglersignale und Ansteuerung der reservestellenden Einheiten, Präqualifikationsprozesse sowie Abrechnungsperioden und methoden. Exemplarisch zeigt Bild 1 die Anwendung der unterschiedlichen Aktivierungsschemata. Dabei zeigt sich, dass die Mehrheit der Regelblöcke bisher eine PR Aktivierung vornimmt. Jedoch ist das Bestreben der ENTSO- E, dies aus Kostengründen auf MO-Aktivierung zu vereinheitlichen. 1 Merit Order Aktivierung Pro-rata Aktivierung Andere Keine Information Pro-rata Simultane Aktivierung aller Angebot Merit order Aktivierung entsprechend Arbeitspreis Für weitere Ausführungen sei an dieser Stelle auf Kapitel 2 sowie den Anhang A der Studie [1] verwiesen. 3 Quantitative Bewertung der Veränderung der Regelqualität bei Übergang von PR auf MO Aktivierung für afrr Eines der Ziele der Studie ist es, ein quantitatives Verständnis der Auswirkungen eines Übergangs von einer PR- zu einer MO-Aktivierung für afrr in Bezug auf die Regelgüte für jeden LFC-Block zu erhalten. Der Fokus liegt hierbei auf Auswirkungen bei bestehendem Leistungsfrequenzregelkonzept und bestehenden Anforderungen sowie bei geänderten Anforderungen (afrr Vollaktivierungszeiten, FAT). Dieses Kapitel gibt daher einen allgemeinen Überblick über die erstellten und verwendeten Simulationsmodelle, die verwendeten Daten sowie die getroffenen Annahmen. Zudem werden exemplarische Ergebnisse der Zeitreihensimulation auf Basis historischer Eingangsdaten und der simulierten Sprungantworten gezeigt. 3.1 Methodik Im Folgenden wird die Herangehensweise zur Quantifizierung der Wirkung einer Umstellung der Aktivierungsschemata und der Änderung der FAT auf die Regelzonensaldoabweichung, den sogenannten Frequency Restoration Control Error (FRCE), vorgestellt. In den Simulationsmodellen wird zunächst von einer konstanten Frequenz von 50,00 Hz ausgegangen, um insbesondere die Einflüsse der Frequency Containment Reserve (FCR) auf den Frequenzgang unberücksichtigt zu lassen. Bei dieser Herangehensweise sind die Auswirkungen auf den FRCE und somit auf die Regelgüte transparent und eindeutig zwischen den verschiedenen Aktivierungsschemata und Aktivierungszeiten vergleichbar. Ein schematischer Überblick über das Simulationsmodell je LFC-Block ist in Bild 2 dargestellt und wird im Folgenden genauer erläutert. Bild 1: afrr Volumen (MW) afrr Volumen (MW) 1. PL: afrr Aktivierung als Kombination aus Pro-rata und Merit Order Aktivierung Unterschiedliche Aktivierungsschemata der ÜNB [1] Input: a. Zeitreihe: gemessener FRCE aktivierte afrr b. Sprung: Ausfall von Kraftwerksblock Legende: : Leistung (MW) : Frequenz (Hz) 50Hz afrr Output: FRCE Grundsätzlich lässt dieser Wandel zunächst eine Verschlechterung der Regelqualität vermuten, da weniger technische Einheiten gleichzeitig aktiviert werden. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen, wie z. B. eine Anpassung der Parametrierung der Leistungsfrequenzregler, sinkt damit der resultierende Reservegradient. Bild 2: Schematischer Überblick über das Simulationsmodell [1] Als Eingangsdatum des Modells wird ein FRCE Open- Loop-Signal genutzt. Dieses Signal wird von dem Modell zur Aktivierung der afrr verarbeitet. Dieses afrr Antwortsignal wird zum anfänglichen Open-Loop-Signal des FRCE addiert. Die Summe entspricht dem resultierenden 146 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

159 STUDIENBEISPIELE FRCE, welcher für die Berechnung der Standardabweichung unterschiedlicher Aktivierungsschemata und Aktivierungszeiten verwendet wird. Für dieses Modell werden zwei verschiedene Eingangssignale simuliert: Historische Zeitreihen: Aus zur Verfügung gestellten historisch gemessenen FRCE- und historisch aktivierten afrr-zeitreihen sind die ursprüngliche FRCE- Open-Loop-Zeitreihen zurückgerechnet worden. Mithilfe dieses generierten Signals ist es nun möglich, andere Aktivierungsschemata oder andere Vollaktivierungszeiten im Modell anzuwenden und die Resultate mit dem historischen FRCE zu vergleichen. Sprungantworten bei kleinen und großen simulierten Ausfällen entsprechend des LFC Blocks. Das in der Simulation angewendete Modell der afrr- Aktivierung ist in Bild 3 näher dargestellt. FRCE Kp 1/Ti PI Controller Limiter (Rampen etc.) 1/s Bild 3: Modell zur afrr-aktivierung [1] Für die kontinentaleuropäischen LFC-Blöcke ist der Eingang des afrr Modells das FRCE-Signal des jeweiligen LFC-Blocks. Dieses Signal wird von einem PI-Controller verarbeitet, der in der Regel aus einer kleinen Verstärkung, dem proportionalen Teil Kp, und einem integralen Bestandteil mit einer Zeitkonstante Ti besteht. Der integrale Bestandteil ist hauptsächlich verantwortlich für die Rückführung des FRCE auf 0. Im Anschluss an den PI-Regler wird das afrr Aktivierungsschema simuliert. Im Rahmen der Studie sind simultan zwei verschiedene Aktivierungsschemata für jeden LFC-Block angewendet worden: Das aktuell im LFC-Block bestehende afrr-aktivierungsprogramm (Pro-Rata, Merit-Order oder gemischt) und ein in Europa harmonisiertes Strict-Merit- Order-Schema. Auf Basis des gewählten Schemas wird ein Aktivierungssignal generiert, welches anschließend durch eventuell vorhandene Limiter begrenzt werden kann. Darunter zählt insbesondere die Begrenzung der Änderungsrate. Beim PR-Aktivierungsschema wird die Änderungsrate mittels dieses Limiters auf den Quotienten aus verfügbarer afrr-kapazität und der Vollaktivierungszeit des LFC-Blocks begrenzt. Beim MO-Schema wird die Änderungsrate für jedes Gebot durch die aktivierten Gebote und die Anforderungen an die Vollaktivierungszeit beschränkt. Der letzte Block in Bild 3 bildet die Reaktion + Antwort der afrr Provider Aktivierungs -schema (Pro-Rata / Merit Order) afrr Antwort der afrr-provider des LFC-Blocks ab und hat die letztendlich im System aktivierte afrr als Ergebnis. Das Modell beinhaltet dabei vor allem Zeitverzögerungen und spezielle spezifische zusätzliche Einschränkungen des jeweiligen LFC-Blocks. Für jeden LFC-Block ist eine individuelle Abbildung der afrr-aktivierung unter Berücksichtigung des individuellen Aufbaus, der Parameter und der Einstellungen der Controller im Rahmen der Studie erfolgt. Darüber hinaus haben einige LFC-Blöcke über einen PI-Regler hinaus gehende spezielle Controller, Filter und Funktionalitäten wie bspw. Anti-Windup und Nulldurchgangserkennungen. Diese Details der LF-Controller sind analysiert und individuell für jeden LFC-Block modelliert worden, um eine möglichst realistische afrr-aktivierung und eine gute Übereinstimmung mit historischen Zeitreihen zu erhalten. Manuelle Reglereinstellungen oder nur manuell änderbare Optionen sind in dieser Studie nicht berücksichtigt worden. Um bei der Beurteilung der Auswirkungen eines Wechsels des Aktivierungsschemas von Pro-Rata zu Merit-Order vergleichbare Ergebnisse bei der Simulationen zu erhalten, ist ein einfaches harmonisiertes Merit-Order- Schema angewendet worden. Dieses Schema aktiviert Gebote entsprechend Merit-Order der Arbeitspreise bis zu dem Volumen, welches durch den PI-Regler angefordert wird. Alle Gebotsgrößen sind standardisiert und identisch. Die Aktivierung von Teilgeboten wird dabei zugelassen. Die Änderungsrate eines Gebots wird nur durch die Gebotsgröße und der Vollaktivierungszeit bestimmt. Die sich ergebende Änderungsrate ist somit von der Anzahl der aktivierten Gebote abhängig, die von der insgesamt angeforderten Leistung und der Gebotsgröße festgelegt wird. Eine zusätzliche parallele Aktivierung von mehr als leistungsmäßig benötigten Geboten, um insbesondere eine höhere Änderungsrate zu erzielen, ist in den Simulationen nicht angewendet worden. 3.2 Ergebnisse Die Simulationen des FRCE-Verhaltens wurden zum einen für historische Zeitreihen durchgeführt als auch für unterschiedliche Leistungsdefizite mit anschließender Analyse der Sprungantwort. Dies umfasst: Historische FRCE- und afrr-zeitreihen, Sprungantwort klein: 30 % der zur Verfügung stehenden gemittelten afrr-kapazität, Sprungantwort groß: Minimum aus der verfügbaren afrr-kapazität und dem größten Erzeugungsausfall. Die historischen, gemessenen FRCE- und afrr-zeitreihen sind auch zum Testen der Simulationsmodelle verwendet worden. IAEW FGE JAHRESBERICHT

160 STUDIENBEISPIELE Zeitreihensimulation Bild 4 zeigt ein beispielhaftes Ergebnis für die Zeitreihensimulation. Neben der historischen FRCE-Zeitreihe sind die Simulationsergebnisse für das aktuell verwendete Aktivierungsschema und die aktuell verwendete Vollaktivierungszeit sowie die Ergebnisse eines Wechsels zum Strict-Merit-Order-Schema zu erkennen. Dabei ist für eine Beurteilung der Qualitätsänderung bei einem Wechsel insbesondere die Standardabweichung des FRCE von Interesse. Bild 4: Abgerufene afrr-leistung [1] Sprungantwort Bild 5 zeigt exemplarisch ein Ergebnis der Simulation der Sprungantwort bei einem Wechsel des Aktivierungsschemas und der Vollaktivierungszeit. Bild 5: MW data % P 0 % -20 % -40 % -60 % -80 % -100 % Time Series Plot: historisch simuliert (bestehend) simuliert (Merit Order) Zeit Time (seconds) x 10 4 FRCE (bestehend) FRCE (Merit Order) 5 % Toleranzband Einschwingzeit min 30 Vergleich zweier Sprungantworten bei unterschiedlichen Aktivierungsschemata [1] Die Auswertung erfolgt dabei anhand der beiden folgenden Kriterien. Als erstes wird die Einschwingzeit betrachtet, welche die Zeit vom Einsetzen des Sprungs bis zum Wiedereintritt in das 5 %-Toleranzband beschreibt. Das zweite Kriterium ist das FRCE-Zeit-Integral. Dieser Wert entspricht der Fläche des FRCE über der Einschwingzeit. Dieses Kriterium kann als die vom System benötigte Energie interpretiert werden, um den FRCE innerhalb des Toleranzbandes zu halten. Auch bei kurzen Einschwingzeiten kann die Energieabweichung wegen einer schweren Überschreitung hoch sein. 4 Auswirkungen der Harmonisierung der FAT in Europa auf die verfügbaren Regelreservekapazitäten Weiteres Ziel der Studie war es, ein quantitatives Verständnis der Auswirkungen einer Änderung der Aktivierungszeit (FAT) auf die theoretisch verfügbaren Regelreservekapazitäten je LFC-Block zu erhalten. Da sich die Präqualifikationsbedingungen sowie die regelreservestellenden technischen Einheiten in den einzelnen Regelblöcken unterscheiden, lässt dieser Ansatz vergleichbare Abschätzungen technisch verfügbarer Regelreservekapazitäten bei unterschiedlichen FAT zu. Im Folgenden soll daher ein kurzer Überblick über die verwendete Datenbasis sowie die angewandte Methodik und Annahmen gegeben werden, bevor exemplarische Ergebnisse gezeigt und Schlussfolgerungen gezogen werden. 4.1 Methodik und Annahmen Die Analyse basiert auf dem europäischen Elektrizitätsversorgungsystem des Jahres Als Datenbasis wurde die detaillierte Kraftwerksdatenbank des IAEW sowie das factsheet 2014 der ENTSO-E genutzt. Die für jeden LFC-Block individuell bestimmte, theoretisch verfügbare Regelreservekapazität entspricht jedoch nicht der präqualifizierten Menge und stellt das Maximum der möglichen Kapazität jeder technischen Einheit dar. Weiterhin muss die technische Einheit bisher nicht mit einer Regeleinrichtung ausgerüstet sein o- der eine Anbindung an den Leistungsfrequenzregler des Regelblocks besitzen. Des Weiteren werden Effekte wie die gleichzeitige Lieferung von FCR oder eine zusätzliche Abnutzung und vermehrter Verschleiß durch afrr-aktivierungen nicht berücksichtigt. Es wird davon ausgegangen, dass die betrachteten Einheiten rotieren und sich im Betriebspunkt mit minimaler bzw. maximaler Leistung befinden. Um eine gewisse Fähigkeit zum Lastfolgebetrieb zu gewährleisten, werden keine Einheiten mit einer Inbetriebnahme vor 1985 (außer für Gas- und Wasserkraftwerke) berücksichtigt. Die theoretisch verfügbare Regelreservekapazität ist also eine Funktion der FAT, die folgende Kraftwerksparameter berücksichtigt: installierte Leistung, minimale stabile Betriebsleistung, Anlagenalter, Anlagenklasse sowie Leistungsänderungsgeschwindigkeit. 148 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

161 theoretical afrr capability* [MW] Theoretische afrr Kapazität relativ zur aktuellen FAT STUDIENBEISPIELE 4.2 Exemplarische Ergebnisse Für jeden LFC-Block in Europa wurde entsprechend der in Abschnitt 4.1 beschriebenen Vorgehensweise die theoretische Regelreservekapazität bestimmt und die Änderung auf die aktuelle FAT bezogen. Die ausgewählte Grafik in Bild 6 zeigt das Resultat für Deutschland. Aufgetragen sind auf der horizontalen Achse die FAT sowie auf der vertikalen Achse die akkumulierte Kapazität nach Kraftwerkstechnologie. 50,000 40,000 30,000 20,000 10, % Germany + 27 % Bild 6: afrr capability in Deutschland [1] + 39 % activation time [min] Hydraulic Turbine Hydraulic Pumps Nuclear Hard Coal Lignite Oil OCGT, ICE CCGT Other gas Biomass *upward or/and dow Es lässt sich erkennen, dass einige Kraftwerkstechnologien aufgrund des hohen Leistungsänderungsgradienten durch eine Änderung der FAT gar nicht oder nur minimal beeinflusst werden. So würde die Änderung der FAT auf 10 min in Deutschland zu einer theoretischen Erhöhung der möglichen Kapazität um 27 % führen. Die Auswertung aller Regelblöcke in Europa zeigt, wie sich die technologische Zusammensetzung des Kraftwerksparks auf die verfügbaren Kapazitäten auswirkt. Bild 7 zeigt hierzu für jeden Regelblock die Änderung bezogen auf die derzeitige Situation. Einzelne Regelblöcke wie Skandinavien oder die Schweiz wären kaum durch eine Änderung der FAT betroffen. Die Erzeugung wird hier durch hydraulische Einheiten dominiert, welche entsprechend schnell geregelt werden können. Auf der anderen Seite stehen Regelblöcke, die durch thermische Erzeugungseinheiten geprägt sind, z. B. in Belgien, Niederlande oder Polen. Diese könnten bei einer FAT von 10 oder 15 min deutlich mehr Kapazität zur Verfügung stellen. Insgesamt jedoch würde die Vereinheitlichung der FAT z. B. auf 5 min eine Reduktion der verfügbaren Kapazität bedeuten. 160% 140% 120% 100% 80% 60% 40% 20% Bild 7: Aktivierungszeit (FAT): Übersicht über die relative Änderung der afrr-kapazitäten in den europäischen LFC- Blocks [1] 5 Wesentliche Erkenntnisse Abschließend lässt sich festhalten, dass die technische Ausgestaltung der Leistungsfrequenzregelung in Europa sich trotz des einheitlichen Ziels der Frequenzstabilisierung bisher stark unterscheidet. Dies umfasst unter anderem: Einsatzkonzepte der Regelreservequalitäten, Aktivierungsschemata: 5 Regelblöcke aktivieren entsprechend MO, die übrigen entsprechend PR, Parametrierung der Leistungsfrequenzregler: PI- Regler, First-Order-Filter, Limiter, etc., Vollaktivierungszeit (FAT): 2 bis 15 Minuten. Ein Hauptaspekt der Studie war die quantitative Analyse der Effekte bei Übergang von einer PR-Aktivierung zu einem einheitlichen MO-System. Grundsätzlich sind PR- Aktivierungen in Bezug auf die Regelqualität besser geeignet, da die gleichzeitige Aktivierung aller technischen Einheiten zu einer insgesamt schnelleren und steileren Gesamtantwort führen. Bei einem Wandel zu einer MO- Aktivierung müssen diese Rückwirkungen adressiert werden. Dies kann zum einen durch die Anpassung der Regeleinrichtung aber auch durch die Verkürzung der FAT erfolgen. Darüber hinaus zeigen die Analysen, dass Regelreservekapazitäten ebenfalls durch Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien sowie flexible Lasten bereitgestellt werden können. Durch die Anbindung über moderne Leistungselektronik gibt es aus technischen Gesichtspunkten Potenzial, bei jeder FAT an der Leistungsfrequenzregelung teilzunehmen. Die theoretische Kapazität ist kaum von einer Änderung der FAT beeinflusst. 6 Literatur 2.5min 5min 7.5min 10min 15min [1] E-Bridge Consulting; IAEW RWTH Aachen University: Impact of Merit Order Activation of Frequency Restoration Reserves and Harmonised Full Activation Times IAEW FGE JAHRESBERICHT

162 STUDIEN UND PROJEKTE Ausgewählte Studien und Projekte des IAEW Am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft wurden im vergangenen Jahr zahlreiche wissenschaftliche Studien und Projekte durchgeführt. Die nachfolgende Auflistung ausgewählter Arbeiten veranschaulicht die zahlreichen Möglichkeiten des IAEW, Projektpartner bei aktuellen Fragestellungen zu unterstützen. Bundesamt für Energie Kostentragung beim Anschluss von Erzeugungsanlagen ans Stromnetz (Studie in Zusammenarbeit mit einem Beratungsunternehmen) Bundesamt für Energie Praktische Aspekte bei der Ausgestaltung der Schnittstelle Markt-Netz im Verteilnetz (Studie in Zusammenarbeit mit einem Beratungsunternehmen) Bundesministerium für Bildung und Forschung ERWAS: Energetische Optimierung des wasserwirtschaftlichen Gesamtsystems (Talsperren/Fließgewässer - Trinkwasseraufbereitung - Transport-Speicherung-Verteilung) (öffentliches Projekt; Konsortialführer: IWW Zentrum Wasser) Bundesministerium für Bildung und Forschung Forschungscampus Elektrische Netze der Zukunft (öffentliches Projekt in Zusammenarbeit mit diversen Projektpartnern) Bundesumweltministerium Integration fluktuierender erneuerbarer Energien durch konvergente Nutzung von Stromund Gasnetzen (Konvergenz Strom- und Gasnetze) (öffentliches Projekt; Konsortialführer: DBI Energie) Bundesumweltministerium Transformation des Energiesystems mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien mit Netz- und Speicherausbau unter einer gesamteuropäischen Perspektive (öffentliches Projekt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe, RWTH Aachen) Bundeswirtschaftsministerium Das proaktive Verteilnetz (öffentliches Projekt; Konsortialführer: IWW Zentrum Wasser) Bundeswirtschaftsministerium Ziele, Anreize und Hemmnisse für den grenzüberschreitenden Ausbau der Stromnetze (Studie in Zusammenarbeit mit Consentec, dem Fraunhofer ISI und der FGH) Bundeswirtschaftsministerium Modularer Multi-Megawatt Multi-Technologie Mittelspannungsbatteriespeicher (öffentliches Projekt; Konsortialführer: Institute for Power Generation and Storage Systems, RWTH Aachen) Bundeswirtschaftsministerium Smart Area: Intelligente Verteilungsnetze für Stadtwerke (öffentliches Projekt; Konsortialführer: Stadtwerke Aachen AG) Bundeswirtschaftsministerium 3connect Germany (öffentliches Projekt; Konsortialführer: smartlab GmbH) Bundeswirtschaftsministerium Reservemärkte im Wandel Neue Konzepte für mehr Versorgungssicherheit (öffentliches Projekt; Konsortialführer: das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH) Bundeswirtschaftsministerium Simulationsdatenbasis zum einheitlichen Vergleich von innovativen Lösungen im Bereich der Netzanalyse, Netzplanung und -betriebsführung (öffentliches Projekt, Konsortialführer: Universität Kassel) Deutsche Forschungsgemeinschaft Entwicklung von Methoden und Modellen zur Bewertung der Spannungsstabilität in Elektrizitätsversorgungssystemen mit hoher Durchdringung von Stromeinspeisungen aus erneuerbaren Quellen Deutsche Forschungsgemeinschaft JARA Energy - Technology based energy Systems Analysis Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Wissenschaftliche Analyse von Verfahren zur Redispatchoptimierung Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Ermittlung von Übertragungskapazitäten Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Wirkleistungseinsatz von HGÜ-Verbindungen 150 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

163 STUDIEN UND PROJEKTE (Studie in Zusammenarbeit mit der Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e. V.) Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Simulation des mittelfristigen Kraftwerkseinsatzes im europäischen Strommarkt Deutsche Übertragungsnetzbetreiber Wissenschaftlichen Untersuchung zu den Risiken für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der deutschen Übertragungsnetze im Sommer 2016 Deutscher Übertragungsnetzbetreiber Bestimmung von Wirkleistungsverlusten im Übertragungsnetz Deutscher Übertragungsnetzbetreiber Analyse des Bedarfs an Blindleistungsquellen im deutschen Übertragungsnetz in 2024 Deutscher Übertragungsnetzbetreiber Erarbeitung eines langfristigen Netzkonzeptes (Studie in Zusammenarbeit mit E-Bridge Consulting GmbH) Deutscher Übertragungsnetzbetreiber Machbarkeitsstudie zur Gemeinschaftsverlegung von Hochspannungsleitungen Deutscher Übertragungsnetzbetreiber Durchführung fundamentaler Marktsimulationen für ein zukünftiges Szenario Deutscher Übertragungsnetzbetreiber Bewertung der Verlegung von 110 kv- Bahnstromkreisen und 380 kv-drehstromkreisen auf ein Gemeinschaftsgestänge Deutscher Übertragungsnetzbetreiber Analyse des Einflusses flussbasierter Kapazitätsmodelle auf die Simulation europaweiter Kraftwerkseinsätze Deutscher Übertragungsnetzbetreiber Kooperation zur Implementierung und Weiterentwicklung eines Marktsimulationsverfahrens Deutscher Übertragungsnetzbetreiber Quantitative Bewertung der Spannungsstabilität im deutschen Übertragungsnetz Energieagentur NRW Fachliche Unterstützung bei der Konzeption des Netzwerks Energieinfrastrukturen und neue Netztechnologien Energieagentur NRW Fachliche Unterstützung bei der Konzeption des Netzwerks "Flexibilitätsoptionen für die Industrie in NRW Energieversorgungsunternehmen Identification of Key Drivers for Redispatch Volumes in Germany Energieversorgungsunternehmen Energiewirtschaftliche Auswirkungen veränderter Marktgebietszuschnitte ENTSO-E Analysis of the Impact of Different Activation Schemes and Activation Times for afrr Products (Studie in Zusammenarbeit mit E-Bridge Consulting) Europäische Union UMBRELLA: Innovative Netzsicherheitsrechnung (öffentliches Projekt in Zusammenarbeit mit diversen Partnern) Europäische Union evolvdso: Development of methodologies and tools for new and evolving DSO roles for efficient DRES integration in distribution networks (öffentliches Projekt in Zusammenarbeit mit diversen Partnern) Europäische Union Ideal grid for all (öffentliches Projekt in Zusammenarbeit mit diversen Partnern) Europäische Union ELYntegration - Grid Integrated Multi Megawatt High Pressure Alkaline Electrolysers for Energy Applications (öffentliches Projekt in Zusammenarbeit mit diversen Partnern) Europäische Kommission Energy system and market models for analysing climate and energy policies (Studie in Zusammenarbeit mit diversen Partnern) Forschungsinstitut Ermittlung von Einspeisezeitreihen für Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien Industrieunternehmen Bewertung eines europäischen PSKW- Ausbaus unter Berücksichtigung von Prognosefehlern Industrieunternehmen Bewertung des Netzanschlusses eines Industriekunden im Mittelspannungsnetz Industrieunternehmen Utilization of cables and nodal voltages in DC grids Industrieunternehmen Preparation of a MV DC landscape JARA-ENERGY VILLAS Virtually Interconnected Laboratories for LArge systems Simulation/emulation (Studie in Zusammenarbeit mit Instituten der RWTH Aachen und dem Forschungszentrum Jülich) IAEW FGE JAHRESBERICHT

164 STUDIEN UND PROJEKTE Kraftwerksbetreiber Value of large-scale balancing and storing from Norwegian hydro-power for the German power system and generation portfolios SINTEF Energy Research Day-Ahead Bidding with Multiple Short-Term Markets TenneT TSO B.V. Assistance in the Analysis of the Dutch-German Electricity Markets 2015 Übertragungsnetzbetreiber Untersuchung des Einflusses einer aktiven Bilanzkreisbewirtschaftung auf den Regelleistungsmarkt Übertragungsnetzbetreiber Modellbasierte Herleitung von Eingangsdaten für die Simulation europaweiter Kraftwerkseinsätze Übertragungsnetzbetreiber Wissenschaftliche Analyse des Marktgeschehens in kritischen Situationen im Jahr 2015 Verteilnetzbetreiber Bewertung von Netzgruppenkopplungen durch Gleichspannungsverbindungen Verteilnetzbetreiber Optimal gestaltete Verteilnetze für die Energiewende (Studie in Zusammenarbeit mit der Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e. V.) Verteilnetzbetreiber Kosten-Nutzen-Analyse eines intelligenten Einspeisemanagements im Verteilnetz 152 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

165 KURZBERICHTE Kurzberichte über institutsspezifische Aktivitäten Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e. V. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Tim Drees Die Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e. V. (FGH) ist ein An-Institut der RWTH Aachen University. Ihr Ziel ist es, mit praxisorientiertem Fachwissen alle Fragen und Erscheinungen, die bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Stromversorgungsanlagen auftreten, wissenschaftlich zu untersuchen und zu beantworten. Die FGH sorgt dabei mit ihrer Fachkompetenz und als Schnittstelle zwischen Industrie und Forschung für einen schnellen Transfer der Erkenntnisse aus der Wissenschaft in die Praxis. Univ.- Prof. Dr.-Ing. A. Moser lenkt als Vorstand auch die Entwicklung der FGH. Aufgrund der Synergien und Komplementarität der Arbeits- und Forschungsgebiete kooperieren FGH und IAEW in vielen Bereichen. Hier sind bspw. die gemeinsamen Untersuchungen zu den Risiken für die Versorgungszuverlässigkeit des Übertragungsnetzes oder die Identifizierung systemrelevanter Reservekraftwerke im deutschen Übertragungsnetz zu nennen. Darüber hinaus findet ein reger wissenschaftlicher Austausch z. B. durch gemeinsame Kolloquien, Workshops und Vorträge der Kollegen von FGH und IAEW statt. Dieser Austausch ist auch für die Zukunft angestrebt und soll weiter intensiviert werden. Forschungscampus Elektrische Netze der Zukunft (FEN) M.Sc. Jens Priebe, Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Tim Drees Mit einer Vielzahl weiterer Lehrstühle und Institutionen der RWTH Aachen University aus elektro- und soziotechnischen Fachbereichen war das IAEW auch dieses Jahr am Forschungscampus Flexible Elektrische Netze der Zukunft (FEN) beteiligt. Das Ziel des Forschungscampus FEN ist die Erforschung von flexiblen elektrischen Netzen für eine zukünftige Elektrizitätsversorgung mit hohem Anteil volatiler regenerativer Stromerzeugung, wobei die Erforschung von Gleichspannungslösungen im Fokus steht. In Folge technologischer Fortschritte sowie Kostendegressionen im Bereich der Leistungselektronik in den letzten Jahren rückt diese zunehmend in den Fokus von Wissenschaft und Industrie. Ein Einsatz von Gleichstromtechnologie in der Verteilnetzebene wird daher zukünftig denkbar und verspricht einen gesteigerten Wirkungsgrad und eine hohe Flexibilität. Zu diesem Zweck forschen und arbeiten die im FEN-Konsortium beteiligten Lehrstühle der RWTH Aachen University gemeinsam mit Industriepartnern an Grundlagen, Komponenten und Konzepten für innovative Gleichspannungsnetze. In den geschaffenen Arbeitsflächen auf dem Campus Melaten können die einzelnen Wissenschaftler und Mitarbeiter der beteiligten Industriepartner gemeinsam vor Ort zusammenarbeiten. Durch die räumliche Nähe wird sowohl ein unkomplizierter Austausch unter den energietechnischen Instituten als auch ein interdisziplinärer Austausch zwischen den elektro- und soziotechnischen Instituten sowie mit den Industriepartnern ermöglicht. Die Möglichkeit zum Austausch erfreute sich zunehmender Beliebtheit, sodass die Zusammenarbeit in diesem Jahr weiter intensiviert werden konnte. Arbeitsfläche am Forschungscampus FEN Der Forschungscampus gliedert sich entsprechend der Forschungsaktivitäten in vier übergeordnete Projekte, welche von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. Das IAEW ist an drei dieser Projekte beteiligt und leitet zudem das Projekt "Modellierung, Planung, Konzeption und Bewertung der Netze der Zukunft". Aktuell forscht das IAEW im Bereich der Entwicklung von Verfahren und Methoden zur Planung und zum Betrieb von reinen Gleichspannungs- bzw. hybriden Gleich- und Wechselspannungsnetzen für die Mittelspannung. Zusätzlich zu den durch das BMBF geförderten Projekten werden sogenannte Seed Fund Projekte aus Beiträgen der Industriepartner finanziert. Diese stellen eine Ergänzung der Forschungsaktivitäten dar und bieten die Möglichkeit zur Forschung an weiteren Fragestellungen im Bereich der Gleichstromtechnologie. Einige dieser Projekte werden ebenfalls durch das IAEW bearbeitet. Als Ziel soll im Rahmen des Forschungscampus FEN in den folgenden Jahren ein Mittelspannungs-Gleichspannungsnetz als Forschungsnetz auf dem Campus Melaten der RWTH Aachen University errichtet werden. Dieses Leuchtturmprojekt soll verschiedene Prüfstände verbinden und dient als Forschungsgrundlage für die praktische Anwendung und Validierung der erarbeiteten Konzepte für die Umsetzung und den Betrieb auf Komponenten- und Netzebene. IAEW FGE JAHRESBERICHT

166 KURZBERICHTE Für die Fahrten zwischen dem IAEW und den Arbeitsflächen des FEN hat sich das neue Elektroauto etabliert und erleichtert zudem kurze Projektreisen sowie hochschulinterne Fahrten. Preise und Auszeichnungen M.Sc. Julian Lichtinghagen Auch im Jahr 2015 erhielten Mitarbeiter des IAEW Preise und Auszeichnungen für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen. Frau M.Sc. Lara Lück erhielt für ihre Masterarbeit zum Thema "Technische Optionen und Wirtschaftlichkeitsanalyse für Kurzfristmärkte" den EEX Excellence Award für herausragende wissenschaftliche Arbeiten. Die Preisverleihung findet in diesem Jahr im Rahmen einer festlichen Veranstaltung in Brüssel statt. Unter den Preisträgern der jährlich im Rahmen einer Festveranstaltung vergebenen Friedrich-Wilhelm-Preise befand sich Herr M.Sc. Patrick Larscheid. Der Friedrich- Wilhelm-Preis wird für herausragende wissenschaftliche Leistungen vergeben und geht auf den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm zurück, den späteren 99-Tage Kaiser Friedrich III. Aachener Bürger überreichten ihm im Jahre 1858 eine Spende von Talern zur Gründung der Polytechnischen Schule. Das Geld bildete später den Grundstock der Friedrich-Wilhelm-Stiftung, mit der die Wissenschaft und die Studierenden der Aachener Hochschule seit Jahrzehnten gefördert werden. Die jährlich verliehene Springorum-Denkmünze für herausragende Studienleistungen erhielten im vergangenen Jahr Herr M.Sc. Niklas van Bracht, Herr M.Sc. Ivan Marjanovic, Herr M.Sc. Marius Sieberichs und Herr M.Sc. Jens Priebe. Die von Professor Bagdon, Dortmund, geschaffene Gedenkmedaille wird von der Rheinisch- Westfälischen Technischen Hochschule Aachen den Studierenden, die ihr Diplom- oder Masterexamen oder den Magister Artium mit Auszeichnung bestanden haben, verliehen. Studierendenentwicklung an der RWTH Aachen M.Sc. Tobias van Leeuwen Im Wintersemester 2015/2016 haben sich an der RWTH Aachen neue Studierende immatrikuliert. Damit ist die Zahl der Neueinschreibungen gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben. Die Anzahl der insgesamt eingeschriebenen Studierenden beläuft sich auf Im Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik haben sich im Wintersemester 2015/ Studierende im Bachelorstudiengang Elektrotechnik, Informationstechnik und Technische Informatik und 199 Studierende im Bachelorstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen Fachrichtung Elektrische Energietechnik eingeschrieben. Dies entspricht einem Zuwachs von etwa 6 % gegenüber dem Wintersemester 2014/2015. Der Bachelorstudiengang des Wirtschaftsingenieurwesens erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Aufgrund der Einschreibebeschränkung konnten nur 199 der 840 Bewerber zugelassen werden. Studierende ET, IT und TI Neueinschreibungen Bachelorstudiengänge Für die korrespondierenden Masterstudiengänge haben sich im Wintersemester 2015/2016 insgesamt 320 Studierende eingeschrieben. Am begehrtesten war der Masterstudiengang Elektrotechnik, Informationstechnik und Technische Informatik. Für die englischsprachigen Masterstudiengänge Electrical Power Engineering und Communications Engineering entschieden sich 67 Studierende. Außerdem schrieben sich ebenfalls 67 Studierende für den Masterstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen Fachrichtung Elektrische Energietechnik ein. Die Neueinschreibungen entsprechen damit dem Vorjahresniveau. Entwicklung des Studienganges Elektrotechnik M.Sc. Tobias van Leeuwen, M.Sc. Hengsi Chen Wirt.-Ing. EET Mit dem Bachelor- und Masterstudiengang "Elektrotechnik, Informationstechnik und Technische Informatik" wird der bewährte Diplomstudiengang seit dem Wintersemester 2007/2008 in neuer Form angeboten. Durch die Zusammenlegung der zuvor getrennten Studiengänge in Elektrotechnik und Technischer Informatik wird erreicht, dass den Studierenden mehr Zeit bleibt, um sich zu orientieren und ihren Schwerpunktbereich zu wählen. Um sicherzustellen, dass alle an der RWTH angebotenen Studiengänge eine einheitliche Struktur erhalten und vergleichbar sind, wurde im Sommer 2009 eine Rahmen- 154 IAEW FGE Jahresbericht 2016

167 KURZBERICHTE prüfungsordnung vom Senat verabschiedet. Die Prüfungsordnung des Masterstudienganges wurde anhand der Rahmenprüfungsordnung im November 2010 neu erstellt und verabschiedet. Im Masterstudiengang werden vertiefende Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden in einem von den Studierenden zu wählendem Schwerpunktbereich vermittelt. Die Absolventen werden zu hoher wissenschaftlicher Qualifikation und Selbstständigkeit in den jeweiligen Fachgebieten geführt. Der Masterstudiengang berechtigt wie zuvor der Diplomstudiengang zur Promotion. Folgende Schwerpunktbereiche werden angeboten: Energietechnik, Informationstechnik, Technische Informatik, Medizintechnik und Mikro-Elektronik. Zusätzlich werden die englischsprachigen Vertiefungen Electrical Power Engineering und Communication Engineering für internationale Studierende angeboten. Der Masterstudiengang ist aus drei Teilelementen aufgebaut. Zuerst absolvieren die Studierenden zwei Vorlesungssemester, in denen sie sich das zum Berufseinstieg erforderliche Fachwissen ihres Schwerpunktbereiches erarbeiten. Diese Kenntnisse werden im Praktikum angewandt und vertieft. Den Abschluss des Studiums bildet eine 6-monatige Masterarbeit, die sowohl in der Industrie als auch an einem Hochschulinstitut absolviert werden darf. Entwicklung des Studienganges Wirtschaftsingenieurwesen Elektrische Energietechnik M.Sc. Philipp Baumanns Der Studiengang "Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrichtung Elektrische Energietechnik" an der RWTH Aachen wurde unter Federführung des IAEW und der Fakultät für Elektrotechnik eingeführt. Da wirtschaftliche Zusammenhänge in der Energietechnik in besonderem Maße Entscheidungs- und Bewertungsgrößen darstellen, erschien eine Vertiefung des Wirtschaftsingenieur- Studiums in diesem Bereich besonders wichtig. Die Ausbildung im Bereich der Ingenieurswissenschaften ist dabei mathematisch und elektrotechnisch stark am Bachelorstudiengang Elektrotechnik orientiert. Für den Bachelorstudiengang bewarben sich im vergangenen Jahr etwa 840 Kandidaten auf 200 Studienplätze. Die Anzahl der Bewerbungen ist also im Vergleich zum Vorsemester unverändert hoch. Die Akkreditierung des Bachelor- und Masterstudiengangs wurde durch die Akkreditierungsagentur ASIIN im Herbst dieses Jahres erfolgreich verlängert und gilt nun bis zum Jahr Im vergangenen Jahr schlossen 61 Absolventen des zugehörigen, konsekutiven Masterstudiengangs ihr Studium ab. 16 der Absolventen wurden bei ihrer Abschlussarbeit am IAEW betreut. Im mittlerweile sechsten Jahr des Masterstudiengangs sind aktuell 296 Studierende eingeschrieben, im zugehörigen Bachelorstudiengang sind 669 Studierende eingeschrieben. Am IAEW ist der Studiengang weiterhin durch die Betreuung des Studienganges und den Vorsitz des Prüfungsausschusses des Masterstudienganges sowie den stellvertretenden Vorsitz des Prüfungsausschusses des Bachelorstudienganges durch Prof. Moser, durch die Durchführung der Fachstudienberatung durch Herrn Baumanns sowie durch viele Studierende und Absolventen in den Reihen der wissenschaftlichen und studentischen Mitarbeiter vertreten. Mit Lehrveranstaltungen ist das IAEW darüber hinaus sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudiengang im Curriculum vertreten. Aachener Energiemanager aktuell Dipl.-Wirt.-Ing. Daniel Schweer Auch im Jahr 2015 hat das IAEW und Trianel GmbH erneut das außerordentliche Modul Aachener Energiemanager aktuell angeboten. Das zweitägige Modul richtet sich an alle Absolventen des Kursprogramms "Aachener Energiemanager". Die Teilnehmer erhalten im Rahmen der Veranstaltung einen Überblick über die aktuellsten Themen und Entwicklungen in der Energiewirtschaft in kompakter Form. Am ersten Tag wurden die aktuellen Entwicklungen am Energiemarkt diskutiert, am zweiten Tag lag der Fokus auf den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Endkundengeschäft. Das regelmäßige Treffen aller Aachener Energiemanager fördert zudem den persönlichen Austausch mit Fach- und Führungskräften der verschiedenen Energieversorger sowie zu einem fachlichen Austausch mit den Referenten von IAEW und Trianel. Weitere Besonderheit ist die Mitbestimmung der Themenschwerpunkte des Moduls durch die Absolventen des Aachener Energiemanagers. Masterstudiengang Energiewirtschaft am Haus der Technik in Essen Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Kevin Münch In Kooperation mit der Universität Münster und dem Haus der Technik in Essen wird seit 2007 ein Masterstudiengang mit der Fachrichtung Energiewirtschaft angeboten. Dieser Studiengang richtet sich vor allem an Ingenieure, Naturwissenschaftler und Kaufleute mit mehrjähriger Berufserfahrung, die in einem berufsbegleitenden Studium ihr Wissen in Bezug auf Ökonomie und Technik in der Energiewirtschaft aufbauen und vertiefen wollen. Im Studienzeitraum von zwei Jahren werden neben ausgewählten Grundlagen vor allem praxisbezogene Inhalte vermittelt. Das Studium gliedert sich in Präsenzveran- IAEW FGE JAHRESBERICHT

168 KURZBERICHTE staltungen, Kontaktstudium und Selbststudium. Die Präsenzveranstaltungen finden freitagnachmittags und samstags statt. Für das Kontaktstudium steht eine Internetplattform bereit. Diese bietet neben vorlesungsbegleitenden Unterlagen die Möglichkeit, Fallstudien und Übungen von zu Hause aus zu bearbeiten und untereinander sowie mit den Dozenten zu kommunizieren. Diese Art der Wissensvermittlung wird durch einen großen Teil Selbststudium ergänzt. Die Veranstaltungen werden von Professoren der beteiligten Universitäten sowie ausgewählten Dozenten aus der Praxis durchgeführt, um die Verzahnung zwischen Praxis und Theorie herzustellen. Begleitet wird der Studiengang durch zusätzliche Veranstaltungen zur Stärkung des Kontaktes mit der Industrie. Hierzu sind beispielhaft Auslandsexkursionen zur Präsentation von Unternehmen oder Kaminabende mit Referenten aus der Wirtschaft anzuführen. Eine Masterarbeit schließt das Studium durch die selbstständige Bearbeitung einer wissenschaftlichen Aufgabenstellung ab. Den Absolventen wird nach erfolgreicher Teilnahme der akademische Grad Master of Science der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der RWTH Aachen University verliehen. Diese Universitäten verantworten die wissenschaftliche Leitung. Träger des von der ASIIN akkreditierten Studiengangs ist das Haus der Technik, das auch die Anmeldungen entgegen nimmt. Studierende am IAEW M.Sc. Julian Lichtinghagen Im Jahr 2015 haben insgesamt 83 Studierende der RWTH Aachen ihre Abschlussarbeit am IAEW angefertigt. Die Zahl der betreuten Masterarbeiten ist von 35 im Vorjahr auf 38 Arbeiten im Jahr 2015 leicht angestiegen. Der Anteil der Masterarbeiter mit den Studiengängen Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen betrug jeweils ungefähr 40 %. Die restlichen Masterarbeiten entfielen auf Studierende der Studiengängen Nachhaltige Energieversorgung und Maschinenbau. Aufgrund der endgültig auslaufenden Diplomstudiengänge wurde im vergangenen Jahr erstmals keine Diplomarbeit am IAEW betreut. Darüber hinaus haben 45 Studierende ihre Bachelorarbeit am IAEW verfasst, was einer Steigerung um 6 Arbeiten im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Studierende am IAEW Der Anteil der studentischen Hilfskräfte mit dem Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Insgesamt sind drei von vier studentischen Hilfskräften in diesen Studiengang eingeschrieben. Neben der Fachrichtung Elektrische Energietechnik ist auch ein zunehmendes Interesse Studierender aus anderen Fachrichtungen, wie den Studiengängen Maschinenbau und Nachhaltige Energieversorgung, zu verzeichnen. Insgesamt waren im vergangenen Jahr am IAEW 65 Studierende als studentische Hilfskräfte beschäftigt (im Jahresdurchschnitt rund 23 Studierende): Wiebke Albers, Marc Altherr, Michael Angolini, Marius Bode, Sebastian Bohlen, Maximilian Borning, Hao Chang, Nils Collath, Tom Dröscher, Alexander Fehler, Muriel Franken, Marco Franz, Alexandra Gallrach, Lukas Gläsel, Leonard Göke, Oskar Grabarczyk, Eva Grintal, Deliah Hecker, Lennart Heinemeier, Hanna Kammering, Timo Kern, Lisa Klesse, Annika Klettke, Julia Klossek, Marcel Kokot, Timon Kopka, Kilian Kröger, Martin Küppers, Lorenz Lättgen, Mario Leisten, Arne Lilienkamp, Lukas Löhr, Sarah Luger, Pierre Mann, Josef Meier, Dominik Mildt, Christian Monissen, Stefan Müllner, Soumyadip Nag, Lars Nolting, Peter Pallasch, Sophia Pauschinger, Lennart Peters, Tobias Poensgen, Sirkka Porada, Johanna Purschke, Tobias Rothe, Timo Rüwald, Kenneth Samaan, Andrea Schäfer, Frederic Schuh, Patrick Schultheis, Björn Selzer, Laurent Silverio, Kim Taylor, Bernd Tepaße, Philipp Tomczak, Jasmin Wagner, Julian Walter, Julia Warmuz, Niklas Wehbring, Matthias Wessels, Amelie Wiesmann und Kerstin Wittke. Interdisziplinäre Vorlesung "Berufsumfeld von Ingenieuren und Wirtschaftsingenieuren in der Praxis" Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Kevin Münch Im beruflichen Alltag spielen neben fachlichen Qualifikationen immer mehr so genannte "Soft Skills", wie rhetorische Fähigkeiten, Methodenkompetenzen oder Teamfähigkeit eine größere Rolle. Diese Aspekte in Kombinationen mit Hilfestellungen zur richtigen Berufswahl stehen im Mittelpunkt der Vorlesung "Berufsumfeld von Ingenieuren und Wirtschaftsingenieuren in der Praxis". An Stelle von Professoren berichten Referenten aus verschiedensten Praxisbereichen von ihren Erfahrungen, Kenntnissen sowie ihren Aufgabenfeldern. Auch in diesem Jahr konnten zahlreiche, hochmotivierte Vortragende aus Wirtschaft und Forschung als Referenten gewonnen werden. Im Wintersemester 2015/2016 nahmen rund 50 Teilnehmer, hauptsächlich aus den Fachrichtungen Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen Energietechnik, an den Veranstaltungen teil. Somit war die Vorlesung wie 156 IAEW FGE Jahresbericht 2016

169 KURZBERICHTE in den vergangenen Jahren bis zu ihrer Kapazitätsgrenze gefüllt. Dies spiegelt das qualitativ hohe Niveau der Vorträge sowie den Bedarf und das Interesse an praxisrelevanten und fachübergreifenden Veranstaltungen wider. Darüber hinaus besuchten die Teilnehmer die drei angebotenen FGE-Kolloquien des Wintersemesters. Wir bedanken uns recht herzlich bei den folgenden Vortragenden: Herrn Dr. Hermes von RWE Deutschland AG, Herrn Dr. Bläsig, Frau Mateeva und Herrn Woltery von E.ON Inhouse Consulting GmbH, Herrn Dr. Berg von VSE AG, Herrn Dr. Ringelband von Amprion GmbH, Herrn Dr. Deimel von ABB AG, Herrn Dr. Olbrich von Con Energy Unternehmensberatung GmbH & Co. KG, Herrn Dr. Dr. Paulun von European Energy Exchange AG, Herrn Tigges von RWE AG, Herrn Meißner von RWTH Aachen University sowie Herrn Dr. Stäglich, Herrn Fritz und Herrn Manteuffel von Oliver Wyman GmbH. Projekte für Studierende am IAEW Dr.-Ing. Christoph Baumann M.Sc. Ivan Marjanovic Für die Studierenden der RWTH Aachen bietet das IAEW semesterbegleitende Projektthemen an. Ziel dieser Projekte ist es, den Studierenden über praxisnahe Fragestellungen einen Einblick in energiewirtschaftliche Themenbereiche zu geben. Dazu müssen sich die Studierenden zunächst in das jeweilige Projektthema einarbeiten und anschließend die gegebenen Fragestellungen im Team selbstständig bearbeiten. Die Bearbeitung erfolgt mit Hilfe von rechnergestützten und praxisbewährten (Optimierungs-)Verfahren der Bereiche Zuverlässigkeitsbewertung, Netz- sowie Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung, die am IAEW entwickelt wurden. Die erzielten Ergebnisse werden im Anschluss in Form eines Vortrages aufbereitet und den Mitarbeitern des IAEW sowie Gästen aus der Energiewirtschaft im Rahmen einer Vortragsveranstaltung mit anschließender Diskussionsrunde präsentiert. Im Sommersemester 2015 nahmen 46 Studierende, im Wintersemester 2015/ Studierende an den Projekten teil. Dabei wurden die im Folgenden kurz vorgestellten Projektthemen angeboten und bearbeitet: Bewertung der Versorgungsqualität in Mittelspannungsnetzen, Der Weg zum langfristig optimalen Hochspannungsnetz, Planung langfristig optimaler Mittelspannungsnetze und Einsatz von Wasserkraftwerken im Strommarkt. Aufgabe in dem Projekt Bewertung der Versorgungsqualität in Mittelspannungsnetzen ist es, zunächst ein real existierendes Netz hinsichtlich Kosten und Versorgungszuverlässigkeit quantitativ zu bewerten. Dabei werden die üblichen Verfahren der Zuverlässigkeitsbewertung angewendet. Darauf aufbauend soll der Anschluss eines Industriekunden an das zuvor betrachtete Netz untersucht werden. Hierzu werden die Kosten verschiedener Anschlussvarianten unter Berücksichtigung aller technischen Kriterien wie (n-1)-sicherheit und vorgegebene Zuverlässigkeitskenngrößen bestimmt und vergleichend bewertet. Die Berechnungen der Zuverlässigkeit werden sowohl händisch als auch unter Zuhilfenahme moderner rechnergestützter Netzanalyseverfahren durchgeführt. Im Projekt Planung langfristig optimaler Mittelspannungsnetze wird zunächst eine Einführung über typische Mittelspannungs-(MS)-Netzstrukturen und die Grundlagen der wirtschaftlichen und technischen Bewertung von MS-Netzen gegeben. Anschließend sollen im Rahmen einer Grundsatzplanung unterschiedliche Netzstrukturen für ein reales städtisches Versorgungsgebiet geplant werden. Hierbei sind die Investitions- und Betriebskosten zu ermitteln sowie mit Hilfe professioneller Software die Einhaltung der technischen Randbedingungen zu überprüfen. Ziel des Projektes ist, durch eine Grundsatzplanung die langfristig kosteneffiziente Netzstruktur zu ermitteln, die bei der weiteren Netzentwicklung zur Reduzierung der Netzkosten beitragen könnte. Zur Planung kosteneffizienter Netzstrukturen müssen Netzbetreiber nicht nur langfristig optimale Zielnetze ermitteln, sondern auch den Ausbaupfad ausgehend vom Bestandsnetz hin zum Zielnetz optimieren. Im Rahmen des Projektes Der Weg zum langfristig optimalen Hochspannungsnetz wird den Studierenden Netz-, Altersund Kostenstruktur eines Hochspannungsnetzes vorgegeben und die Frage gestellt, wie ein ebenfalls vorgegebenes Zielnetz kosteneffizient erreicht werden kann. Dazu müssen die Teilnehmer verschiedene Ausbaustrategien entwerfen, diese technisch und wirtschaftlich bewerten und abschließend eine Ausbauempfehlung abgeben. Im Rahmen des Projektes Einsatz von Wasserkraftwerken im Strommarkt soll für eine reale Wasserkraftwerksgruppe der optimale Einsatz orientiert an Marktpreisen ermittelt werden. Dabei sind bspw. die sich im Zeithorizont der Planungsrechnungen ändernden Zuflüsse zu den Speicherbecken sowie die unsicheren Marktpreise für elektrische Energie durch Varianten abzubilden und zu bewerten. Zusätzlich können eventuelle Ausbauvarianten der bestehenden Kraftwerksgruppe mit in die Untersuchung einbezogen und ihre Auswirkungen auf den zu erzielenden Deckungsbeitrag analysiert sowie Aussagen über die Rentabilität der Investitionen getroffen werden. Für diese Analyse wird zunächst aus öffentlich zugänglichen Quellen ein Datenmodell der IAEW FGE JAHRESBERICHT

170 KURZBERICHTE Wasserkraftwerksgruppe abgeleitet sowie Zufluss- und Marktpreisvarianten generiert. Die Bestimmung des Einsatzes erfolgt anschließend unter Nutzung eines am IAEW entwickelten, praxisbewährten Optimierungsverfahrens. In diesem Jahr wurde die Kraftwerksgruppe der Vorarlberger Illwerke untersucht. Im Projekt wurde dabei unter anderem das Ausbauprojekt Obervermuntwerk II modelliert und hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit analysiert. Erstsemesterprojekt-MATLAB meets Lego Mindstorms M.Sc. Jan Kellermann Kristian Schmitt Im Wintersemester 2015/2016 fand zum neunten Mal das im Rahmen des Bachelorstudiengangs Elektrotechnik, Informationstechnik und Technische Informatik an der RWTH Aachen angebotene Erstsemesterprojekt MATLAB meets Lego Mindstorms statt. Wie in den vergangenen Jahren auch, wurde das Erstsemesterprojekt als zweiwöchige Blockveranstaltung an allen Instituten der Fakultät parallel durchgeführt, um eine optimale Betreuung der Studierenden in kleinen Gruppen zu gewährleisten. In diesem Jahr stellte das IAEW die Arbeitsplätze für eine Gruppe von 20 Studierenden zur Verfügung. Die im Rahmen der Vorlesung Mathematische Methoden der Elektrotechnik stattfindende Veranstaltung hat das Ziel, die Studierenden auf praktische Art an die Programmierung mit der mathematischen Entwicklungsumgebung MATLAB heranzuführen und in der Vorlesung erlerntes theoretisches Wissen in der Praxis umzusetzen. Die Programmierung und Entwicklung erfolgt dabei in MATLAB, welches mithilfe einer Kabel- oder Funkverbindung mit den Lego Mindstorms Robotern kommuniziert. Neben Programmierkenntnissen werden den Projektteilnehmern bereits in dieser frühen Phase ihres Studiums Fähigkeiten im Bereich Projektorganisation und -präsentation vermittelt, da im Rahmen einer Abschlusspräsentation ein eigenständig ausgewähltes und umgesetztes Roboterprojekt zu präsentieren ist. Im Rahmen einer Gruppenarbeit teilen sich im Durchschnitt jeweils vier Studierende einen Systembaukastensatz und mehrere Computerarbeitsplätze. Die Baukästen beinhalten Lego-Bauelemente zur Konstruktion der Roboter sowie eine Vielzahl an Sensoren und Aktoren, wie zum Beispiel Servomotoren und Ultraschall-, Beschleunigungs- oder Lichtsensoren. Die Ansteuerung der Motoren und Sensoren erfolgt über eine per Kabel oder Bluetooth angebundene Steuereinheit sowie einer an der RWTH Aachen unter MATLAB entwickelten Toolbox. In den ersten Tagen absolvierten die Studierenden sechs Pflichtversuche, in denen sie Schrittweise in die Bedienung der Entwicklungsumgebung sowie in die Funktionsweise der eingesetzten Bauteile eingeführt wurden. Nach erfolgreichem Abschluss der Pflichtversuche konnten die Studierenden ihrer Kreativität freien Lauf lassen und entwickelten eigenständig Robotermodelle und die zu deren Steuerung benötigte Software. In der diesjährigen Veranstaltung wurden von den Studierenden unter anderem ein fernsteuerbares Auto und ein Roboter zum Greifen und Transportieren von Getränken sowie ein Sortierroboter für Objekte unterschiedlicher Farben entwickelt. Ferngesteuertes Lego Mindstorms Auto Greifroboter zum Transport von Getränkeflaschen Zum Abschluss der Blockveranstaltung durften alle Gruppen ihre eigenständig durchgeführten Projekte im Rahmen einer Abschlusspräsentation inklusive Vorführung der Roboter vor den Mitarbeitern des IAEW präsentieren. Sowohl die Studierenden als auch die Betreuer gaben ein rundum positives Fazit ab, sodass die Veranstaltung auch dieses Jahr wieder als Erfolg gewertet werden kann. 158 IAEW FGE Jahresbericht 2016

171 KURZBERICHTE Intensivkurs - Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Ingenieure mit Unternehmensplanspiel M.Sc. Niklas van Bracht Die Integration betriebswirtschaftlicher und technischer Fragestellungen in Industrieunternehmen und die damit verbundene Fokussierung auf monetäre Aspekte in der gesamten Wertschöpfungskette dieser Unternehmen verlangt von den Ingenieuren die Kenntnis grundlegender betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge und Konzepte. Der im Masterstudium angebotene Intensivkurs "Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Ingenieure mit Unternehmensplanspiel" soll dem Erwerb dieser Kenntnisse dienen. Dabei wird der Schwerpunkt nicht nur auf den Erwerb theoretischen Wissens gelegt, sondern ebenso auf die Vertiefung dieses Wissens durch praktische Anwendung. Diese Ziele werden durch die Verbindung einer einführenden Vorlesung mit ergänzender Übung und einem computerbasierten Unternehmensplanspiel verfolgt. Die in dieser Form an der RWTH einzigartige Veranstaltung trifft auf hohe Resonanz. Immer wieder wird die Notwendigkeit, Kenntnisse betriebswirtschaftlicher Grundlagen als Zusatzqualifikation für den Berufseinstieg vorweisen zu können, als Motivation genannt, dieses Wahlfach zu belegen. Im Rahmen der Vorlesung werden grundlegende Themen der Betriebswirtschaftslehre näher gebracht. So sind die Grundlagen der Bilanzierung und Bilanzanalyse sowie der Investitions- und Kostenrechnung Themen, die später im Unternehmensplanspiel bei Führung eines Unternehmens angewendet werden. Die Bereiche Rechtsformen, Organisation, Unternehmensbewertung, Stromhandel und Unternehmensberatung runden die theoretische Einführung ab. In dem computerbasierten Unternehmensplanspiel müssen die Teilnehmer in Teams ein virtuelles Unternehmen der Energieversorgungsbranche leiten. Dieses Unternehmen steht mit sieben anderen Unternehmen über einen simulierten Zeitraum von zehn Jahren im Wettbewerb. Dabei verfolgen die Teams das Ziel, ihr Unternehmen auf einen der ersten Plätze zu führen und somit die Bedeutung der erlernten Inhalte für das spätere Berufsleben zu erfassen. Transformatorfertigung in Mönchengladbach, den Tagebau Inden, das Braunkohlekraftwerk Niederaußem, das Müllheizkraftwerk Essen-Karnap und das Projektgebiet des weltweit längsten Supraleiterkabels AmpaCity. Neben den Tagesexkursionen wurde zudem vom 26. bis zum 29. Mai 2015 die traditionelle Pfingstexkursion angeboten. Teilnehmer waren 30 Studierende des Bachelor- und Masterstudiengangs, vorwiegend von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, die, begleitet von zwei Assistenten des Instituts, Unternehmen in Zentral- und Süddeutschland sowie in Österreich besuchten. Am Pfingstdienstag starteten die Studierenden pünktlich in Aachen um 08:30 Uhr zum ersten Ziel der Exkursion, dem Atomkraftwerk in Philippsburg. Nach einem Vortrag im Informationszentrum des Kraftwerkes über die Funktionsweise und technischen Besonderheiten des Kraftwerkes folgte ein Rundgang durch die gesamte Kraftwerksanlage. Im Anschluss setzte die Gruppe die Fahrt zur Leitwarte der TransnetBW GmbH fort. Nach einem spannenden Vortrag über die Herausforderungen im Übertragungsnetzbetrieb folgten interessante Einblicke in die Funktionsweise der Leitwarte und der angrenzenden Umspannanlage. Im Anschluss nutzten die Studierenden den Abend zum gemeinsamen Kennenlernen in der Stadt Stuttgart. Am nächsten Morgen ging es mit dem Reisebus weiter zur TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) in Österreich. Vor Ort hatten die Studierenden Gelegenheit, die bereits aus den Vorlesungen bekannten Pumpspeicherkraftwerke zu begutachten. Nach einem ausgiebigen Mittagsessen wurden die Studierenden anhand von spannenden Vorträgen über durchgeführte und noch bevorstehende Bauprojekte der TIWAG informiert. Das erlernte theoretische Wissen wurde anschließend durch die Besichtigung eines sich im Bau befindlichen Druckschachtes praxisnah vertieft. Im Anschluss fuhr die Gruppe nach Innsbruck und rundete den Tag mit einer Brauhausbesichtigung ab. Exkursionen M.Sc. Marius Sieberichs Um den Studierenden praxisnahe Einblicke in die Energiewirtschaft zu ermöglichen, wurden im vergangenen Jahr wieder mehrere vorlesungsbegleitende Exkursionen zu verschiedenen Unternehmen der Energiebranche durchgeführt. So besuchten die Studierenden die Alstom Exkursionsgruppe bei der TIWAG in Österreich IAEW FGE JAHRESBERICHT

172 KURZBERICHTE Am dritten Exkursionstag folgte die Gruppe der Einladung der Stadtwerke München. Die Studierenden wurden herzlichst begrüßt und durch spannende Vorträge auf die bevorstehenden Herausforderungen der Stadtwerke aufmerksam gemacht. Zudem wurden den Studierenden Einblicke in vakante Praktika und Einstiegspositionen gegeben. Anschließend folgte die Besichtigung einer Umspannanlage und eines Heizkraftwerkes der Stadtwerke München. Nach einem Mittagsessen konnten die Studierenden durch ausgewählte Mitarbeiter, sogenannte Testimonials, praxisrelevante Einblicke in die Berufswelt erlangen. Der Abend wurde anschließend mit einer gemeinsamen Stadtführung abgeschlossen. Nach der letzten Übernachtung in München ging es am nächsten Tag weiter in Richtung Norden nach Hanau. Dort hatte die Gruppe die Möglichkeit, die Leistungsund Schaltanlagenfertigung der ABB AG zu besichtigen. In einem anknüpfenden Vortrag wurden die Herausforderungen der Schaltanlagenfertigung an einem Prototyp demonstriert und der fachliche Austausch mit den Studierenden gefördert. Im Anschluss an die Führung und einem Mittagessen trat die Gruppe ihre Heimreise nach Aachen an. Wir bedanken uns an dieser Stelle noch einmal sehr herzlich bei den Mitarbeitern der besuchten Unternehmen für die tolle Organisation und die spannenden Eindrücke. Studierendenpraktika im Ausland M.Sc. Philipp Baumanns Neben dem Ziel, eine Prüfungsleistung für ihr Studium zu erbringen, lockt vor allem die Abenteuerlust und der Wunsch fremde Kulturen zu entdecken, viele Studierende aus dem gewohnten Umfeld und sie entscheiden sich für ein Praktikum im Ausland. Dies bietet den Studierenden die Möglichkeit, neben einer ersten praktischen Anwendung der im akademischen Umfeld erworbenen Kenntnisse auch interkulturelle Kompetenzen zu erlangen. Gemeinsam mit Freunden, Förderern und Partnern unterstützt das IAEW die Studierenden durch Vermittlung von Praktika im Ausland sowie durch Beratung bei Auswahl und Entscheidung. Auch in diesem Jahr hat das IAEW wieder erfolgreich Auslandspraktika vermittelt. Fünf hiervon konnten in Übersee absolviert werden. Im Folgenden werden die Erlebnisse und persönlichen Eindrücke von zwei Studierenden exemplarisch näher vorgestellt. Lorenz Lättgen hat einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt an der Universidad de Chile verbracht. Das Praktikum fand im Departamento de Ingeniería Eléctrica der Universität statt. "Ich hatte die Möglichkeit, innerhalb des Fachbereiches Microgrids an einem Projekt unter der Leitung von Prof. Rodrigo Palma Behnke zu arbeiten", berichtet er. Das Projekt war dabei thematisch auf die Osterinsel bezogen, wodurch für den Studierenden die Möglichkeit bestand, sowohl die energietechnischen als auch die kulturellen Besonderheiten von Chile kennenzulernen. "Das bestehende Team hat mich toll integriert, wodurch ich meine Spanischkenntnisse stark verbessern konnte. Das Praktikum bot mir die Möglichkeit, den Beruf des Ingenieurs in einem anderen Teil der Welt kennenzulernen, was mich fachlich und persönlich sehr positiv geprägt hat", zieht Lorenz Lättgen ein durchweg positives Resümee. Lorenz Lättgen auf dem "Campus Beauchef" der "Universidad de Chile" Hanna Kammering hat ihr 6-monatiges Praktikum bei der EPEX Spot in Frankreich in der Abteilung "Product Design" absolviert und dabei, wie sie selber berichtet, tolle Einblicke in die Energiewirtschaft und das Unternehmen erhalten. Es sei interessant zu sehen, dass trotz der Nähe zu Deutschland im Unternehmen und im täglichen Leben "einige Dinge in Frankreich anders laufen als hier." Das angenehme Arbeitsklima ist ihr positiv in Erinnerung geblieben. Auch das Erleben verschiedener Kulturen und Sprachen am Arbeitsplatz war eine wichtige Erfahrung. Ihrer Meinung nach war es besonders schön, einmal aus dem gewohnten Alltag herauszukommen und dabei über den Tellerrand schauen zu können fachlich wie kulturell. Auch im kommenden Jahr wird das IAEW wieder vielen Studierenden die Möglichkeit bieten, einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren und fachliche wie persönliche Kompetenzen weiterzuentwickeln. Fakultätsfußballturnier 2015 M.Sc. Christoph Baumann Dipl.-Wirt.-Ing. Fabian Grote Nach einem zweiten Platz im Vorjahr konnten die Teams des IAEW das Fußballturnier der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik in diesem Jahr als Gäste besuchen und sich somit ganz auf ihre sportlichen Ziele fokussieren. Erstmalig ging das Institut dabei mit drei Teams aus Mitarbeitern und Studierenden an den 160 IAEW FGE Jahresbericht 2016

173 KURZBERICHTE Start, da es gelungen war, eine Damenmannschaft aufzustellen. Diese sollte sich in einem Damenfinale mit ihren Konkurrentinnen vom ISEA messen. Wie in den Jahren zuvor fand das Turnier mit 16 teilnehmenden Mannschaften wieder auf dem Sportplatz auf der Hörn statt. Aufgrund der Unterstützung durch zahlreiche Sponsoren war für das leibliche Wohl von Sportlern und Zuschauern gesorgt. Neben dem Platz wurde außerdem durch einen Sponsor der schnellste Sprinter mittels Radartechnik ermittelt und mit einem Preis geehrt. Verwandelter Siebenmeter im Spiel um Platz drei Mit dem Turniersieg geht für das IFHT auch die besondere Ehre einher, im nächsten Jahr die Organisation der 20. Auflage des Turniers zu übernehmen. Dann wird das IAEW natürlich wieder mit dabei sein und alles versuchen, um den Pokal zurück an seinen angestammten Platz zu holen. Die Mannschaften des ISEA und IAEW nach dem Damenfinale Die zweite Mannschaft des IAEW verpasste trotz starker Leistungen knapp den Einzug in die K.O.-Phase. Für die erste Mannschaft lief es mit zwei Siegen und dem zweiten Platz in der Gruppenphase besser. Im anschließend stattfindenden Damenfinale traten die Damenmannschaften des IAEW und ISEA gegeneinander an, unterstützt durch Prof. Sauer und Prof. Moser im jeweiligen Tor. Diese durften nach einer heiß umkämpften Partie mit ausgeglichenem Ergebnis ihre Fähigkeiten im Siebenmeterschießen unter Beweis stellen, welches die Damen des ISEA knapp gewannen. Für die erste Mannschaft des IAEW kam es nach einem Sieg gegen das ACS im Viertelfinale, wie in den Vorjahren, zu einem Aufeinandertreffen mit der FGH im Halbfinale. Das spielerisch ausgeglichene Spiel führte zu einer torlosen Begegnung, sodass es ebenfalls zum Siebenmeterschießen kam. Hier musste sich das IAEW der höheren Treffsicherheit der FGH geschlagen geben. Darauf folgte ein weiteres Siebenmeterschießen um den dritten Platz gegen das ISEA, das das IAEW schließlich für sich entscheiden konnte. Im anschließenden Finale gewann das IFHT gegen die FGH deutlich und konnte sich somit nach vielen vergeblichen Anläufen endlich den Titel sichern. Betriebsausflug 2015 M.Sc. Levin Skiba Der alljährliche Betriebsausflug begann am 11. September mit einer kleinen Stärkung im Institut, von wo aus wir zeitig mit dem Bus zum Kraftwerk Weisweiler aufbrachen. Vor Ort wurden wir freundlich empfangen und konnten unser Wissen bezüglich RWE und Kraftwerkstechnik auffrischen, bevor wir das Kraftwerk für eine Führung betraten. Unser Weg führte uns vorbei am Braunkohlebunker, riesigen Kesseln und noch höheren Kühltürmen auf das Dach der Kesselhäuser. Von dort konnten wir bei bestem Wetter eine hervorragende Aussicht über das Kraftwerk selbst und sein Umland genießen, bevor wir uns auf den Rückweg machten und dabei die Leitwarte und die Maschinenhalle samt Generator begutachten konnten. Unser Besuch im Kraftwerk Weisweiler endete mit einem gemeinsamen Mittagessen in der hauseigenen Kantine. Gruppenfoto in Schutzausrüstung IAEW FGE JAHRESBERICHT

174 KURZBERICHTE Frisch gestärkt begaben wir uns mit dem Bus weiter auf die Goltsteinkuppe, auf der sich der Aussichtsturm Indemann befindet. Bei unverändert gutem Wetter gab es auch hier eine grandiose Aussicht zu genießen - dieses Mal über das Indeland, das sich in den nächsten Jahren von einem Braunkohlerevier zu einem Erholungsgebiet wandeln soll. Unsere nächste Station war der Fußballgolfplatz, der sich direkt zu Füßen des Indemann befindet. Dort wurde in Teams von fünf Personen um Ruhm und Ehre sowie andere Gewinne gespielt. In Anlehnung an das traditionelle Golfspiel wird beim Fußballgolf versucht, mit so wenigen Schüssen wie möglich einen Fußball an diversen Hindernissen vorbei in ein Loch oder Netz zu manövrieren. Wegen eines straffen Zeitplans und unterschiedlicher Auffassungen des Regelwerks konnte leider kein eindeutiges Siegerteam ermittelt werden. Daher wurden Ruhm und Ehre - und andere Gewinne - zu gleichen Teilen unter allen Un- und Willigen verteilt, bevor es zur letzten Station des Tages, einer Kochschule, ging. Wie der Begriff Kochschule vermuten lässt, ging es dort keinesfalls darum uns bekochen zu lassen. Vielmehr wurde gemeinsam und unter fachmännischer Anleitung ein Menü zubereitet, das dem Tag zu einen würdigen Abschluss verhalf. mit Institutsmitarbeitern, Familienangehörigen und Studierenden gemeinsam besinnlich zu feiern. Die Feier wurde mit weihnachtlichen Liedern von der "IAEW-Band" und gesanglicher Unterstützung der Studierenden eingeläutet. Nach dem Jahresrückblick mit interessanten Zahlen und Fakten zum Institut im Jahr 2015 von Prof. Moser wurde das reichhaltige Buffet eröffnet. Neben dem leckeren Essen gab es die Möglichkeit, sich an der Theke u. a. mit Glühwein und Lumumba zu stärken und sich für den weiteren Verlauf der Feier einzustimmen. IAEW Weihnachtsfeier Wie jedes Jahr haben die Mitglieder des Organisationsteams, welches aus den Neuzugängen des Instituts besteht, das Programm für den Abend vorbereitet. Der als Tagesschau inszenierte Rückblick mit einer "IAEWklassischen" Gliederung konnte in der Analyse einige interessante Entwicklungen am Institut im Jahr 2015 aufzeigen. Hierbei hat insbesondere die Dokumentation über "Einen Tag am FEN" oder der Rückblick auf das Fakultätsfußballturnier für Erheiterung gesorgt. Nach dieser Rückschau ließ es sich der Weihnachtsmann nicht nehmen, persönlich vorbeizukommen und einige der Anwesenden mit Geschenken zu überraschen. Die Kinder von Herrn Schmitt bedankten sich beim Weihnachtsmann mit einer herzerwärmenden Musikeinlage mit Blockflöte und Gesang und sorgten damit für die schönste Überraschung des Abends. Gemeinsames Kochen So konnten wir nach getaner Arbeit bei gutem Essen und Wein den Tag nochmals Revue passieren lassen und in angenehmer Atmosphäre ausklingen lassen, bevor es gegen 22:00 Uhr zurück nach Aachen ging. Weihnachtsfeier 2015 M.Sc. Denis vom Stein M.Sc. Patrick Larscheid In altbewährter Tradition wurde auch im Jahr 2015 zur Weihnachtsfeier des IAEW in den geschmückten Praktikumsraum eingeladen, um die vorweihnachtliche Zeit Weihnachtslied von Julia und Benjamin Schmitt Auch die anderen Gäste wurden in die Gestaltung des weiteren Abendprogrammes einbezogen, sodass zwei 162 IAEW FGE Jahresbericht 2016

175 KURZBERICHTE bunt gemischte Gruppen von Studierenden und Angestellten des Institutes gegeneinander antraten, um sich in ihren zeichnerischen und pantomimischen Fähigkeiten sowie ihrem Wissen zu messen. Nach der Ehrung des Siegerteams wurde dann wieder gemeinsam gefeiert und der Abend fand einen schönen Ausklang in familiärer Atmosphäre. IAEW FGE JAHRESBERICHT

176 VERÖFFENTLICHUNGEN Veröffentlichungen im Berichtszeitraum Sprey, J.; Drees, T.; vom Stein, D.; Moser, A. Impact of balancing energy on network congestions 12th International Conference on the European Energy Market (EEM), Lisbon, Portugal, Maaz, A.; Grote, F.; Moser, A. Agent-Based Price Simulation of the German Wholesale Power Market 12th International Conference on the European Energy Market (EEM), Lisbon, Portugal, Grote, F.; Maaz, A.; Drees, T.; Moser, A. Modeling of Electricity Pricing in European Market Simulations 12th International Conference on the European Energy Market (EEM), Lisbon, Portugal, Hotopp, S.; Münch, K.; Bongers, T.; Müller-Kirchenbauer, J.; Moser, A. Identification of Optimal Connection Points between Electrical and Natural Gas Transmission Networks using Power-to-Gas-Technology ENERGY, SCIENCE & TECHNOLOGY International Conference and Exhibition, EST 2015, Karlsruhe, Deutschland, Dragon, J.; Greve, M.; Noll, T.; Rehtanz, C.; Zimmer, H.; Hanson, J.; Schäfer, P.; Vennegeerts, H.; Leibfried, T.; Bongers, T.; Dierkes, S.; Moser, A. Operation and Stability of Hybrid Transmission Systems ENERGY, SCIENCE & TECHNOLOGY International Conference and Exhibition, EST 2015, Karlsruhe, Deutschland, Wiernes, P.E.; Moser, A. Long-term Planning of the European Power System considering different HVDC Installation Costs Cigré International Symposium Across borders HVDC systems and market integration, Lund, Schweden, Moser, A. Jahresbericht 2015 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der RWTH Aachen in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der RWTH Aachen e.v. Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 162, printproduction M. Wolff GmbH, Aachen, 2015 Ziegeldorf, J.; Patzack, S.; Hoven, M.; Vennegeerts, H.; Moser, A.; Frings, R. Innovative Planning Method for Deriving New Rules for Future Network Planning 23 rd CIRED, Interlational Conference and Exhibition on Electricity Distribution, Lyon, Frankreich, Eickmann, J.; Kellermann, J.; Moser, A. Efficient Power Flow Approximation Methodology for Topology Optimization Algorithms in Transmission System Operation 5th International Conference on Clean Electrical Power, Taormina, Italien, Wiernes, P.E.; Moser, A. Energy Storage and DSM Opportunities in the Future European Power System PowerTech Eindhoven 2015, Eindhoven, Niederlande, Wiernes, P.E.; v. Bracht, N.; Bohlen, S; Moser, A. A novel Geo-spatial Clustering Tool applied to Power System Strategic Planning Modern Electric Power Systems 2015 Conference (MEPS'15), Breslau, Polen, IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

177 VERÖFFENTLICHUNGEN Münch, K. Netzinhaltsoptimierung von mengengesteuerten Gasnetzen Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 166, printproduction M. Wolff GmbH, Aachen, 2015 Büchner, J.; Uslar, M.; Katzfey, J.; Flörcken, O.; Moser, A.; Schuster, H.; Dierkes, S.; van Leeuwen, T.; Verheggen, L.; van Amelsvoort, M. Smart Grids in Germany: How much costs do distribution grids cause at planning time? 2015 International Symposium on Smart Electric Distribution Systems and Technologies (EDST), Wien, Österreich, Baumann, C.; Moser, A. Konvergenz der Strom- und Gasnetze im regulatorischen Kontext GWF Gas/Erdgas (2015), Heft 10 Echternacht, D.; Frings, R.; Feilhauer, W.; Schrieder, W.; Geulen, U.; Zimmer, P.; Moser, A. Smart Area Aachen In Field Test of Meter Placement and State Estimation Algorithms for Distribution Grids Innovative Smart Grid Technologies Conference Latinamerica 2015 (ISGT LA 2015), Montevideo, Uruguay, Eickmann, J.; Bredtmann, C.; Moser, A. Security-Constrained Optimization Framework for Large-Scale Power Systems Including Post-Contingency Remedial Actions and Inter-Temporal Constraints International Symposium on Energy System Optimization 2015, Heidelberg, Deutschland, Jäkel, M.; Schäfer, P.; Schacht, D.; Patzack, S.; Moser, A. Modular Probabilistic Approach for Modelling Distribution Grids and its Application ETG Congress Die Energiewende, Bonn, Deutschland, Larscheid, P.; Maercks, M; Dierkes, S.; Moser, A.; Patzack, S.; Vennegeerts, H.; Rolink, J.; Wieben, E. Increasing the hosting capacity of RES in distribution grids by active power control ETG Congress Die Energiewende, Bonn, Deutschland, Becker, A.; Kleimaier, M.; Leuthold, M.; Hesse, H.; Beck, H.-P.; Engel, B.; Jossen, A; Moser, A.; Rehtanz, C.; Sauer, D.; Witzmann, R; Loges, H.; Kippelt, S.; Gitis, A.; Echternacht, D.; Merei, G.; Müller, M.; Zeh, A. Electricity Storage Systems in Medium- and Low-Voltage Networks ETG Congress Die Energiewende, Bonn, Deutschland, Echternacht, D.; Stagge, H.; Priebe, J.; Wiernes, P.E.; Jagielski, K. Modelling, Planning, Design and Evaluation of DC-Distribution Grids ETG Congress Die Energiewende, Bonn, Deutschland, Kraemer, C. Zukünftiger Kraftwerks- und Speicherpark unter klimapolitischen Rahmenbedingungen Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 161, printproduction M. Wolff GmbH, Aachen, 2016 Schacht, D.; Patzack, S.; Vennegeerts, H.; Bock, C.; Schmidt, S. Stabilitätsbewertung einer Q(U)-Regelung für Erzeugungsanlagen ew (06/2015) (2016), S Awater, P. Quantitative Bewertung der Netzsicherheit in der Planung elektrischer Übertragungsnetz Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 163, printproduction M. Wolff GmbH, Aachen, 2016 IAEW FGE JAHRESBERICHT

178 VERÖFFENTLICHUNGEN Ove, W.; Henden, A. L.; Belsnes, H. M.; Baumann, C.; Maaz, A.; Schäfer, A.; Moser, A.; Harasta, M.; Døble, T. Scheduling when reservoirs are batteries for wind- and solar-power Energy Procedia, Band 87, Elsevier, 2016, S. Drees, T. Simulation des europäischen Binnenmarktes für Strom und Regelleistung bei hohem Anteil erneuerbarer Energien Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 168, printproduction M. Wolff GmbH, Aachen, 2016 Baumann, C. Simulation der europäischen Märkte für Erdgas und Strom Aachener Beiträge zur Energieversorgung, Band 167, printproduction M. Wolff GmbH, Aachen, 2016 Patzack, S.; Schacht, D.; Schilling, J.; Rudolph, F.; Vennegeerts, H.; Moser, A. Hochauflösende Modellierung von Haushaltskunden zur Bewertung von DSM-Konzepten in der Niederspannungsebene 3. OTTI-Konferenz "Zukünftige Stromnetze für Erneuerbare Energien", Berlin, Deutschland, Moormann, A.; Scheufeld, O.; Krahl, S.; Moser, A. Modellierung der zukünftigen Netznutzung elektrischer Übertragungssysteme als stochastischer Prozess EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, Patzack, S.; Erle, N.; Vennegeerts, H.; Moser, A. Einfluss von auslegungsrelevanten Netznutzungsfällen auf die Netzdimensionierung EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, Schäfer, P.; Vennegeerts, H.; Krahl, S.; Moser, A. Optionen für die Gestaltung des zukünftigen Blindleistungsaustauschs an der Schnittstelle Verteil-/Übertragungsnetz EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, Ziegeldorf, J.; Verheggen, L.; Krahl, S.; Moser, A. Optimale Ausbauplanung von Verteilnetzen unter Berücksichtigung von Unsicherheiten und innovativen Betriebsmitteln EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, Verheggen, L.; Moser, A. Kombinierte Grundsatzplanung von Mittel- und Niederspannungsnetzen unter Berücksichtig von Blindleistungsmanagement EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, van Leeuwen, T.; Eickmann, J.; Moser, A. Einfluss kurzfristig steuerbarer Netzbetriebsmittel auf den Übertragungsnetzbetrieb unter steigenden Unsicherheiten EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, Sprey, J.; Klettke, A.; Moser, A. Regelleistungsbedarf im Europäischen Übertragungsnetz EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, Kellermann, J.; Larscheid, P.; Moser, A. Auswirkungen unterschiedlicher Einspeisemanagementkonzepte auf den Netzausbaubedarf in der Verteilnetzebene EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

179 VERÖFFENTLICHUNGEN Eickmann, J.; Priebe, J.; Moser, A. Einfluss des Unit-Commitments im Redispatch EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, Sprey, J.; Klettke, A.; Moser, A. Stochastische Abhängigkeiten von Prognosefehlern der dargebotsabhängigen Einspeisung EnInnov 2016, 14. Symposium Energieinnovation 2016, Graz, Österreich, Bussar, C; Stöcker, P.; Cai, Z.; Morales Jr, L.; Magnor, D.; Wiernes, P.E.; v. Bracht, N.; Moser, A.; Sauer, D. Large-scale integration of renewable energies and impact on storage demand in a European renewable power system of 2050 Journal of Energy Storage, Band 6, Elsevier, 2016, S. IAEW FGE JAHRESBERICHT

180 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Masterarbeiten Die Masterarbeit mit einer Bearbeitungszeit von sechs Monaten bildet in der Regel den Abschluss des Elektrotechnikstudiums mit fünf Jahren Regelstudienzeit. Demgegenüber dauert die Masterarbeit des Studiengangs "Electrical Power Engineering" vier Monate bei einer Regelstudienzeit von zwei Jahren. Hierbei wird von Seiten der Betreuer streng auf selbstständiges Arbeiten und Einhaltung von Zeitrahmen und Thema geachtet. Der Abschlussvortrag in freier Rede mit anschließender Diskussion geht in die Bewertung der Arbeit ein. Nachfolgend sind die im Berichtszeitraum abgeschlossenen Masterarbeiten aufgelistet. Mir Khesraw Ilay Mehdizada Verfahren zur Einsatzoptimierung stationärer Batteriespeicher Der Ausbau der installierten Anlagenleistung auf Basis erneuerbarer Energien führt zu einem stetigen Anstieg der Volatilität im Stromversorgungssystem. Kurzfristige Abweichungen in der Leistungsbilanz im System werden dabei durch den Einsatz von Regelleistung ausgeglichen. Um dabei die Erlöspotenziale an Spot- und Regelleistungsmarkt zukünftig abschätzen zu können, galt es im Rahmen dieser Arbeit ein Verfahren um ein Batteriespeichermodell zu erweitern. Im Modell wurden sowohl technische als auch wirtschaftliche Restriktionen berücksichtigt. Die exemplarischen Untersuchungen zeigten, dass die Bewirtschaftung eines Batteriespeichers am Spot- und Regelenergiemarkt zu höheren Erlösen führt. Thomas Schubert Speicherung erneuerbarer Energien in Gastransportnetzen Die zunehmende volatile Einspeisung von elektrischer Energie führt zu einem größeren Bedarf an Speichern. Die Möglichkeit der Umwandlung von Strom zu Gas mit Einspeicherung in das Gastransportnetz kann jedoch zu Verletzungen der Systemsicherheit führen. Ziel dieser Arbeit war es daher, ein Modell zur Optimierung des Einsatzes von Regelenergie zu entwickeln, um die Speicherung von zusätzlichem Gas zu ermöglichen. Dazu wurde die Einspeisung von Gas aus einer Power-to-Gas-Anlage in einen Netzbereich betrachtet. Es zeigte sich, dass mithilfe des Modells das Gasnetz durch den Regelenergieeinsatz wieder in einen zulässigen Zustand zurückgeführt wird. Christoph Schönhofen Ermittlung anzusetzender Belastungsgrade in der Netzanschlussbewertung dezentraler Einspeiser Durch den zunehmenden Ausbau dezentraler Erzeugungsanlagen werden viele Nieder- und Mittelspannungsnetze nahe der Grenze ihrer technischen Aufnahmefähigkeit betrieben. Das Potenzial einer zeitlich begrenzten thermischen Überlastbarkeit der Netzbetriebsmittel wird jedoch selten betrachtet. Ziel der Arbeit war somit die Ermittlung des Einflusses der Berücksichtigung zeitlich begrenzt verfügbarer Überlastreserven von Netzbetriebsmitteln auf die Aufnahmefähigkeit bestehender Verteilungsnetze. Es konnte gezeigt werden, dass die Überlastfaktoren maßgeblich von der im Netz gegebenen Erzeugungsstruktur abhängen. Nauman Syed Shah Unterstützung vortäglicher Handelsentscheidungen in der Direktvermarktung Die Direktvermarktung von regenerativen Erzeugungsanlagen kann sowohl an den Märkten für Fahrplanenergie als auch an den Märkten für Regelleistung erfolgen. Aufgrund von unterschiedlichen Handelsschlüssen der jeweiligen Märkte liegen zum Zeitpunkt der zu treffenden Handelsentscheidungen bereits abgeschlossene Geschäfte des vorangegangenen Handels vor. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine Methode entwickelt, die die Erwartungen an den nachfolgenden Handel abbildet und damit zur Unterstützung von vortäglichen Handelsentscheidungen unter Unsicherheit dient. Anhand exemplarischer Untersuchungen wurde das Verfahren validiert. 168 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

181 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Martins Lagzdins Untersuchung der wechselseitigen Beeinflussung von spannungsregelnden Betriebsmitteln in Verteilnetzen Der Zuwachs dezentraler Erzeugungsleistung im Zuge der Energiewende gefährdet zunehmend die Einhaltung von Spannungshaltungsgrenzen, insbesondere in ländlichen Verteilnetzen. Diese Entwicklung führt zu neuen Herausforderungen für die Netzbetreiber. Neben der Möglichkeit des kostenintensiven Netzausbaus gibt es jedoch auch andere Verfahren zur Spannungshaltung. Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass insbesondere in ländlich geprägten Regionen mit weit ausgedehnten Netzen alternative Konzepte wirtschaftlich von Vorteil sind. Während die Stabilität von einzelnen spannungsregelnden Netzbetriebsmitteln bereits in einigen Studien untersucht wurde, ist das Ziel dieser Arbeit, die wechselseitigen Beeinflussungen zweier Blindleistungsregelungskonzepte und die des regelbaren Ortsnetztransformators zu untersuchen. Exemplarische Untersuchungen zeigten, dass spannungsregelnde Netzbetriebsmittel die in einem NS-Netz maximal installierbare Erzeugungsleistung signifikant erhöhen können. Manuel Klapperich Zukünftiger Regelleistungsbedarf in erneuerbar geprägten Energieversorgungssystemen Die Einflüsse der zunehmenden Integration von erneuerbaren Energien können durch bestehende Verfahren zur Dimensionierung von Regelleistung nicht mehr adäquat abgebildet werden, sodass diese Verfahren an die neuen Herausforderungen angepasst werden müssen. Diesbezüglich wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Verfahren entwickelt, das die für erneuerbar geprägte Systeme ermittelte Reserve auf die Reservequalitäten aufteilt. Das Verfahren wurde anhand von historischen Daten kalibriert und bewertet. Anschließend wurde anhand des Szenarios B des Netzentwicklungsplans 2014 eine Untersuchung für das Jahr 2024 durchgeführt. Die Auswertungen zeigten, dass das Verfahren insgesamt geeignet ist, um Regelleistung in ihre Qualitäten aufzuteilen. Angewandt auf das Zukunftsszenario ergibt sich insgesamt ein steigender Bedarf an Regelleistung. Konstantin Kozlov Praxisnahe Schutzauslegung in synthetischen Verteilungsnetzen Durch den zunehmenden Ausbau von dezentralen Erzeugern, wie Windkraft-, Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerken, ändert sich die Aufgabe von Verteilungsnetzen deutlich. In diesem Zusammenhang ist auch eine stetige Anpassung der Netzschutzkonzepte zur zuverlässigen und selektiven Abschaltung von Fehlern, die eine Gefahr für Menschen darstellen oder zur Zerstörung von Betriebsmitteln führen, erforderlich. Um diese Anforderungen an den Netzschutz zu gewährleisten, bedarf es einer geeigneten Schutzauslegung. In dieser Arbeit wurde daher ein Verfahren entwickelt, das synthetisch erzeugte Verteilungsnetze mit einer in der Praxis üblichen Schutzauslegung erweitert. Das Verfahren bildet das Schutzkonzept unter Berücksichtigung der in der Netzschutzpraxis angewendeten Normen, Vorschriften und Empfehlungen ab. Es werden dabei zudem die Parameter des Netzes, die einen Einfluss auf die von dem Verfahren bestimmte Netzschutzauslegung haben, bestimmt. In den exemplarischen Untersuchungen wurde ihr Einfluss qualitativ ermittelt. Maurice Wagner Untersuchung des Einflusses von Erlösen für Regelleistungsbereitstellung auf marktbasierte Ausbauentscheidungen thermischer Kraftwerke Aufgrund der Altersstruktur des bestehenden Kraftwerksparks und der systembedingten Notwendigkeit zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit ist ein Zubaubedarf an konventioneller Erzeugungskapazität auch in den kommenden Jahren zu erwarten. Aus diesem Grund findet derzeit eine Diskussion über die Wirtschaftlichkeit des aktuellen und möglichen zukünftigen Kraftwerksparks statt. Ziel dieser Arbeit war es, den Einfluss von Vergütungen für die Vorhaltung von Regelleistung auf marktbasierte Kraftwerksausbauentscheidungen zu untersuchen. Dazu wurde ein bereits bestehendes Modell zur marktbasierten Ausbausimulation entsprechend erweitert. Exemplarische Untersuchungen zeigten, dass Erlöse am Regelleistungsmarkt nur zu geringen zusätzlichen Investitionen in konventionelle Erzeugungsanlagen führen. IAEW FGE JAHRESBERICHT

182 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Katrin Janßen Bewertung unterschiedlicher Betriebs- und Vermarktungsalternativen für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen Die Veränderungen im deutschen Energiesystem haben auch zu einem vermehrten Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen geführt. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft beobachten lassen. Bei KWK-Anlagen wird dabei zwischen einem wärme- und einem stromgeführten Betrieb sowie zwischen der Vermarktung der erzeugten elektrischen Energie entsprechend der fixen Vergütung nach KWK-Gesetz bzw. der Direktvermarktung am Spot- und Regelleistungsmarkt oder auch einer Nutzung zum Eigenverbrauch unterschieden. In dieser Arbeit wurden die unterschiedlichen Betriebs- und Vermarktungsalternativen für KWK-Anlagen miteinander verglichen, bewertet und schließlich in einem geeigneten Modell abgebildet. Es konnte gezeigt werden, dass eine kombinierte Vermarktung am Spot- und Regelleistungsmarkt gegenüber einer einfachen Vermarktung am Spotmarkt deutliche Vorteile aufweist. Alexander Richard Berres Koordination netzbetrieblicher Maßnahmen zur Steigerung des grenzüberschreitenden Handels Die Zunahme von Stromtransiten auf europäischer Ebene sowie massive Veränderungen in der Erzeugungsstruktur führen das Übertragungsnetz näher an betriebliche Grenzen. Um Engpässe zu beheben, müssen Netzbetreiber immer häufiger auch kurzfristig in den Netzbetrieb eingreifen. Netzbetriebliche Maßnahmen bieten großes Potenzial zur gezielten Entlastung der Engpässe und dadurch zur Steigerung der verfügbaren Übertragungskapazitäten. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines Verfahrens zur Bestimmung des optimalen Einsatzes netzbetrieblicher Maßnahmen, die zu einer Steigerung der Übertragungskapazitäten in gewünschter Marktrichtung führen. Dabei wurde ein bestehendes Verfahren zur Netzbetriebssimulation entsprechend erweitert. Exemplarische Untersuchungen konnten zeigen, dass insbesondere Phasenschiebertransformatoren und Hochspannungsgleichstromübertragungsstrecken einen positiven Beitrag bei der durchgeführten Kapazitätsallokation leisten. Sebastian Bolte Entwicklung eines Verfahrens zur optimierten Modellierung von Übertragungsnetzen Die Struktur des deutschen elektrischen Energieversorgungssystems hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Dies führt auch zu neuen Anforderungen an Übertragungsnetzbetriebssimulationen. Das aktuell eingesetzte, vertragsbasierte Kapazitätsberechnungsverfahren kann durch die veränderte Erzeugungsstruktur zu reduzierten Transport und Handelskapazitäten führen. Die reduzierten Kapazitäten vermindern mögliche Wohlfahrtsgewinne, weshalb eine Anpassung notwendig war. Das Ziel dieser Arbeit war somit die Entwicklung eines neuartigen Übertragungskapazitätsberechnungsverfahrens. Dabei wurden sowohl die Betriebsgrenzen im Normalbetrieb eingehalten als auch Ausfallsituationen berücksichtigt. Der Optimierungsbereich wurde im Verfahren variabel angepasst, um die Laufzeit und Effizienz zu verbessern. Die Funktionalität des Verfahrens wurde anhand exemplarischer Untersuchungen nachgewiesen. Siegfried Ebermann Dezentrale Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmespeichern im europäischen Kraftwerkseinsatz Neben dem erhöhten Ausbau von Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien bestehen in Europa politische Bestrebungen zur Erhöhung der Stromerzeugung durch effiziente Anlagen mit Kraft-Wärme- Kopplung (KWK). KWK-Anlagen können flexibel elektrische und thermische Energie zur Verfügung stellen. Aufgrund von hohen Verlusten beim Transport von Wärme werden vermehrt dezentrale Anlagen installiert. Zur zeitlichen Entkopplung von Erzeugung und Verbrauch finden zusätzlich Wärmespeicher Anwendung. Ziel der Arbeit war die Abbildung von dezentralen KWK- Anlagen und Wärmespeichern in einem Verfahren zur Kraftwerkseinsatzplanung in Europa. Im Rahmen der exemplarischen Untersuchungen wurde mit Hilfe des erweiterten Verfahrens der Einsatz dezentraler KWK- Anlagen mit flexibler Leistungsanpassung untersucht und die entwickelte Modellierung validiert. 170 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

183 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Henrik Sommer Untersuchung des Einflusses von Kapazitätsmechanismen auf marktbasierte Ausbauentscheidungen thermischer Kraftwerke Aufgrund der vermehrt dargebotsabhängigen Einspeisung von Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien ist das Wahren der erzeugungsseitigen Versorgungssicherheit weiterhin von konventionellen Kraftwerken abhängig. Die Wirtschaftlichkeit konventioneller Kraftwerke muss daher auch bei einem weiteren Zubau von regenerativen Erzeugungsanlagen gewährleistet werden. Ziel dieser Arbeit war es, verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten von Kapazitätsmechanismen zu modellieren und deren Einfluss auf die Ausbauentscheidungen von Kraftwerken zu untersuchen. Nach einer Analyse der verschiedenen Handlungsmöglichkeiten wurde anschließend ein Ausgangsmodell um drei Kapazitätsmechanismen erweitert. Abschließend wurde anhand des entwickelten Verfahrens ein quantitativer Vergleich unterschiedlicher Ausgestaltungen des deutschen Strommarktes durchgeführt. Andreas Wasem Zukünftige Markt- und Produktdesigns für Fahrplanenergie und Regelreserve Im Zuge der Erstellung der europäischen Network Codes werden mögliche Definitionen von Reserveprodukten diskutiert, um im Umfeld neuer Teilnehmer sowie zunehmender Unsicherheiten durch regenerative Erzeugungsanlagen einen zuverlässigen und stabilen Netzbetrieb zu gewährleisten. Mögliche Ausgestaltungen betreffen hierbei Produktspezifikationen wie den Zeitraum der Vorhaltung, Mindestmengen oder Verfahren zur Gebotsabgabe und Vergütung. Daher wurden im Rahmen der Arbeit die derzeitigen Markt- und Produktausgestaltungen analysiert und die technischen sowie wirtschaftlichen Anforderungen an die Regelleistung dargestellt. Darauf aufbauend wurde ein Verfahren zur Kraftwerkseinsatzoptimierung um eine flexible Berücksichtigung von Markt- und Produktausgestaltungen an den Regelleistungsmärkten erweitert. Anhand von exemplarischen Untersuchungen wurden die volkswirtschaftlichen Auswirkungen dargestellt. Nicole Barbara Schwarz Entwicklung eines Verfahrens zur Kombination von Windenergieprognosen unter Berücksichtigung äußerer Einflüsse Die fluktuierende, dargebotsabhängige Einspeisung aus Windenergieanlagen führt zu erhöhten Unsicherheiten in der Planbarkeit der Stromerzeugung im Energieversorgungssystem. Da Abweichungen der prognostizierten Fahrpläne von der tatsächlichen Einspeisung die Systemstabilität gefährden können und Ausgleichsenergiekosten verursachen, ist eine möglichst genaue Kenntnis der zukünftigen Einspeisung aus Windkraftanlagen von großer Bedeutung. Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung eines Verfahrens zur Verbesserung der Qualität von Windleistungsprognosen unter Berücksichtigung externer Einflussfaktoren von unterschiedlichen Wetterzuständen. Verschiedene Wetterszenarien dienten als Eingangsdaten einer operativ kombinierten Windleistungsprognose, die dynamisch wetterabhängige Gewichtungsfaktoren für betrachtete Einzelprognosen verwendet. Anhand exemplarischer Untersuchungen wurde das Verfahren verifiziert und der Mehrwert herausgestellt. Thorben Rakers Risikobewertung von Schaltmaßnahmen in elektrischen Übertragungsnetzen Die Struktur der Stromversorgung in Europa unterliegt einer grundlegenden Veränderung, die sich vor allem in hohen Stromtransiten auswirkt. Um Netzengpässen vorzubeugen, müssen die europäischen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) daher seit einigen Jahren immer häufiger geeignete Maßnahmen ergreifen. Hierzu stehen den ÜNB netz- und marktbezogene Maßnahmen zur Verfügung. In Deutschland sind netzbezogene Maßnahmen wie nahezu kostenneutrale Schaltmaßnahmen vorrangig durchzuführen. Diese sind jedoch mit gewissen Risiken verbunden. In dieser Arbeit wurde daher eine systematische Bewertung dieser Gefahren durchgeführt. Zur Quantifizierung der Auswirkungen wurde ein Kaskadensimulationsverfahren genutzt. Dies beruht auf einer Methode zur Approximation und exakten Berechnung von Folgeausfällen. Die Ergebnisse werden abschließend mit Hilfe eines existierenden Tools zur Ermittlung von robusten Schaltzuständen getestet. IAEW FGE JAHRESBERICHT

184 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Marco Franz Planung von Hochspannungsnetzen unter Berücksichtigung dezentraler Erzeugungsanlagen Durch die politische Förderung erneuerbarer Energien steigt die Anzahl dezentraler Erzeugungsanlagen in den Verteilnetzen. Dies stellt die Verteilnetze vor neue Herausforderungen, die bereits bei der Planung dieser Netze mit berücksichtigt werden müssen. Vor diesem Hintergrund wird in der Politik aktuell die Option diskutiert, Einspeisemanagement-Maßnahmen bereits in der Netzplanung zu berücksichtigen. Aus diesem Grund wurde in dieser Arbeit ein Netzplanungsverfahren entwickelt, welches das Einspeisemanagement der dezentralen Erzeugungsanlagen einschließt. Dabei wurde ein bereits bestehendes Verfahren um die Integration des Einspeisemanagements sowie die Möglichkeit, mehrere Last- und Einspeisesituationen zu berücksichtigen, erweitert. Exemplarische Untersuchungen dienten dazu, das Verfahren zu plausibilisieren und konnten zeigen, dass der Einsatz des Einspeisemanagements zu einer Reduzierung des Netzausbaubedarfs führt. Sarah Valerie Luger Dynamisches Blindhaltungsverhalten von deutschen Mittel- und Niederspannungsnetzen Der strukturelle Wandel des deutschen Elektrizitätsversorgungssystems stellt insbesondere den Betrieb von Verteilnetzen vor neue Herausforderungen, da ein Großteil der dezentralen Erzeugungsanlagen in Deutschland in diese einspeist. Da diese Netze ursprünglich nicht hierfür ausgelegt wurden, können in Rückspeisefällen lokal unzulässig hohe Spannungen auftreten. Um dies zu vermeiden, ist in technischen Richtlinien das Blindleistungsverhalten dezentraler Erzeugungsanlagen geregelt. Dadurch wird jedoch der Blindleistungshaushalt überlagerter Netze und somit die Spannungen im gesamten Elektrizitätsversorgungssystem beeinflusst. Daher wurde in dieser Arbeit ein Verfahren zur Bestimmung des Verhaltens von Mittel- und Niederspannungsnetzen im Zeitbereich untersucht. Die Funktionalität des Verfahrens wurde durch exemplarische Untersuchungen bestätigt. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die verschiedenen Blindleistungsregelungen unterschiedliche Auswirkungen auf das gesamte Verteilnetz und die überlagerte Spannungsebene haben. Anja Christina Belke Einfluss einer optimierten Allokation regenerativer Erzeugungsanlagen auf den Übertragungsnetzausbau Durch den rasanten Ausbau regenerativer Erzeugungsanlagen werden neue Anforderungen an das Stromnetz gestellt. Auf Ebene des Übertragungsnetzes stellen Ausbau und Verstärkungsmaßnahmen ein geeignetes Mittel dar, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Deren Umsetzung wird jedoch durch langwierige Genehmigungsverfahren und Widerstände in der Bevölkerung verzögert. Einen wesentlichen Einfluss auf mögliche Netzüberlastungen hat der Standort von dezentralen Erzeugern. Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung einer optimalen Allokation regenerativer Erzeugungsanlagen. Dazu wurde ein bereits bestehendes Verfahren zur Markt und Netzbetriebssimulation um neue Freiheitsgrade erweitert. Bei der Durchführung exemplarischer Untersuchungen zeigte sich, dass die optimierte Allokation im Modell zu einer Reduktion sowohl vom Redispatch als auch dem Netzausbaubedarf führt. Julian Zimpel Bewertung der notwendigen Steuereingriffe in Smart Grids und deren Wirkung auf die Versorgungszuverlässigkeit Aufgrund des durch die Energiewende hervorgerufenen kostenintensiven Netzausbaus wird parallel eine Entwicklung der Stromnetze zu Smart Grids angestrebt. Dadurch ist eine Reduktion der Belastung von Verteilnetzen möglich. Sowohl im Normalbetrieb als auch im gestörten Netzbetrieb müssen Steuereingriffe durchgeführt werden. Dies kann wiederum Einfluss auf die Versorgungszuverlässigkeit haben. Ziel dieser Arbeit war die Erweiterung eines Verfahrens, um die notwendigen Steuereingriffe für einen aktiven Netzbetrieb in Smart Grids zu quantifizieren. Die zu modellierenden steuerbaren Komponenten umfassten sowohl Netznutzer wie Erzeugungsanlagen, Verbraucher und lokale Speicher als auch Netzbetriebsmittel wie regelbare Ortsnetztransformatoren und Kompensationsanlagen. Anhand von exemplarischen Untersuchungen wurde die Häufigkeit von Steuereingriffen für unterschiedliche Modellnetze und verschiedene Möglichkeiten der Spannungsregelung ausgewertet. 172 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

185 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Raphael Bleilevens Eigenverbrauchsoptimierung durch Einsatz von Speichern und Demand Side Management Durch die politisch motivierte Energiewende ist die installierte Photovoltaikleistung in den vergangenen 15 Jahren stetig angestiegen. Im Jahr 2012 wurde die sogenannte Netzparität erreicht. Dies bedeutet, dass die Stromerzeugung aus PV-Anlagen seitdem günstiger ist als der Strombezug aus dem öffentlichen Netz. Dies steigerte die Motivation, die PV-Anlage neben einer reinen Kapitalanlage vermehrt zur Versorgung des eigenen Strombedarfs zu verwenden. Ziel dieser Arbeit war somit, die Möglichkeit der Steigerung des Eigenverbrauchs mittels Batteriespeichern und Demand Side Management (DSM) mit verschiedenen Einsatzstrategien in Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit zu untersuchen. Hierzu wurde ein bestehendes Verfahren zur Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung durch geeignete mathematische Modelle erweitert. Im Rahmen exemplarischer Untersuchungen hat sich ergeben, dass Blei- Säure-Batterien noch gerade refinanzierbar sind, während bei DSM aufgrund geringer Investitionskosten die Wirtschaftlichkeit bereits gegeben ist. Jannik Breitner Berücksichtigung zukünftiger Flexibilitäten in einem Verfahren zur Strom- und Gasmarktsimulation Der starke Ausbau von regenerativen Anlagen stellt neue Anforderungen an die Flexibilität der Versorgungssysteme. In dieser Arbeit wurden daher zunächst die Einflussgrößen auf den Flexibilitätsbedarf diskutiert und mögliche Handlungsalternativen erörtert. Im Fokus standen hier auf der Nachfrageseite die Potenziale von Demand-Side-Management-Anwendungen und auf der Erzeugungsseite stromgeführte Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen mit thermischen Speichern. Ebenso wurden dezentrale elektrische Speicher wie Power-to-Gas-Anlagen betrachtet. Daraufhin wurde ein bestehendes Verfahren zur Simulation der europäischen Strom- und Erdgasversorgungssysteme um Einflüsse von Flexibilitäten erweitert. Die systemstützende Einsatzstrategie der einzelnen Technologien konnte belegt werden. Zudem zeigte sich, dass nicht nutzbare Energieüberschüsse signifikant reduziert werden konnten und somit Flexibilitätsoptionen einen signifikanten systemischen Mehrwert bieten. Lisa Hebenstreit Integration flexibler Lasten in städtischen 110 kv- Netzen Aufgrund der vermehrten Einspeisung von erneuerbaren Energien treten zunehmend niedrige oder negative Strompreise auf, welche die Verbraucher dazu motivieren können, ihren Strombezug zu flexibilisieren und ihre Strombezugskosten zu minimieren. Das geänderte Nutzungsverhalten kann jedoch wiederum zu Belastungen des Stromnetzes führen. Ziel dieser Arbeit war daher die Analyse, welche Flexibilisierungspotenziale in unterschiedlichen Industrien vorliegen, um darauf basierend abzuschätzen, wie sich das Entnahmeverhalten in industriell geprägten Stromverteilungsnetzen verändern kann. Zudem wurde ein mathematisches Modell entwickelt, welches mögliche Änderungen des Nachfrageverhaltens von Verbrauchern bei Umsetzung von variablen Stromtarifen abbildet. Durch exemplarische Untersuchungen stellte sich heraus, dass das marktgetriebene Nachfrageverhalten einen geringeren Einfluss als andere Treiber wie Transite oder eine Topologieveränderung auf die Netzbelastung haben kann. Annika Klettke Entwicklung eines Verfahrens zur Bestimmung des Regelleistungsbedarfs unter Berücksichtigung von Imbalance Netting Die Einhaltung des Gleichgewichts zwischen Erzeugung und Nachfrage durch den Einsatz von Regelleistung ist im elektrischen Stromversorgungssystem zur Wahrung der Systemstabilität essentiell. Jedoch sind die Anforderungen zur Gewährleistung einer ausgeglichenen Leistungsbilanz durch den steigenden Anteil dargebotsabhängiger Einspeisung in den letzten Jahren stark gestiegen. Gerade im Kontext eines europäischen Binnenmarktes hat sich das Imbalance Netting als eine effiziente sowie einfach zu implementierende Methode zur Optimierung des Regelleistungsabrufs herausgestellt. Es ermöglicht, den gegenläufigen Abruf von Regelleistung in benachbarten Zonen zu verringern. Vor diesem Hintergrund war das Ziel dieser Arbeit, ein Verfahren zu entwickeln, welches den Regelleistungsbedarf simulativ und unter Berücksichtigung von Netzrestriktionen bestimmt. Erste exemplarische Untersuchungen zeigten, dass die Integration des Imbalance Netting zu einem verringerten Regelleistungsbedarf führt. IAEW FGE JAHRESBERICHT

186 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Mario Leisten Ermittlung von Preisindikatoren für Reserve durch Simulation des Handels verschiedener Erzeugungsportfolios Seitdem die deutschen Übertragungsnetzbetreiber ihren Bedarf an Primär-, Sekundärregel- und Minutenreserveleistung auf einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Markt für Regelreserve beschaffen, sind hohe Schwankungen des Leistungs- und Arbeitspreises zu beobachten. Aufgrund der komplexen Struktur von leistungsbezogenen Kosten und Opportunitätskosten ist eine Prognose des Bieterverhaltens an diesem Markt jedoch sehr anspruchsvoll. Im Rahmen dieser Arbeit wurden daher in Zusammenarbeit mit dem Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW die Kosten der Reservestellung unterschiedlicher Anbieterportfolios fundamental ermittelt. Dazu wurde mittels eines Verfahrens sowie der netzbetreiberseitigen Marktkenntnis der Handel mit und ohne Reservestellung simuliert. Im Rahmen exemplarischer Untersuchungen wurden die ermittelten Kosten anschließend mit den gebotenen Preisen zu verschiedenen Marktsituationen verglichen. Silverio Laurent Entwicklung eines Verfahrens zur Netzbetriebssimulation im Verteilungsnetz In den letzten Jahren sind dezentrale Erzeugungsanlagen, insbesondere Photovoltaik- und Windenergieanlagen, in Verteilungsnetzen massiv zugebaut worden. Durch neuartige Betriebsmittel, beispielsweise regelbare Ortsnetztransformatoren und neuartige Technologien, wie Speicher und steuerbare Lasten, stehen dem Netzbetreiber eine Vielzahl von Steuerungsmöglichkeiten zur Verfügung. Diese stellen in Kombination mit Informations- und Kommunikationstechnik für den Netzbetreiber in Zukunft neue Freiheitsgrade dar. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Verfahren zur Netzbetriebssimulation im Verteilungsnetz durch Koordination der betrieblichen Freiheitsgrade entwickelt. Exemplarische Untersuchungen zeigten, dass das entwickelte Verfahren geeignet ist, um die bereitstellbare Flexibilität aus dem MS/NS-Netz zu ermitteln. Des Weiteren ist das technische Flexibilitätspotenzial stark von der Wirk- und Blindleistungsregelung der Erzeugungsanlagen, der Stufung des HS/MS-Transformators sowie den Prognosefehlern der Anlagen abhängig. Manuel Polnau Bewertung zukünftiger Potentiale des Demand Side Managements zur Reservestellung Durch die Zunahme an volatiler Einspeisung durch den Ausbau von Anlagen auf Basis von erneuerbaren Energien steigt die Flexibilitätsanforderung an das Stromerzeugungssystem. Hieraus entsteht ein zunehmender Regelleistungsbedarf. Die Vorhaltung der Regelleistung kann neben flexiblen konventionellen Kraftwerken auch auf der Nachfrageseite in Form von Demand Side Management (DSM) erfolgen. Das Ziel der Arbeit war daher die Abbildung der Regelleistungsvorhaltung von Laststeuerungsprozessen in einem bestehenden Verfahren zur Optimierung des europäischen Kraftwerkseinsatzes. Hierzu wurden die technischen und wirtschaftlichen Restriktionen von Laststeuerungsprozessen im Betrieb analysiert. Darauf aufbauend wurde ein praxistaugliches Modell erstellt und in das Verfahren integriert. Mittels exemplarischer Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass große Potenziale zur Regelleistungsvorhaltung von DSM vorhanden sind, der Anreiz jedoch noch nicht vorhanden ist. Josef Meier Agentenbasierte Preissimulation des Intradayhandels Seit 2006 wird an der Strombörse EPEX Spot in Paris nach der Day- Ahead-Auktion auch kontinuierlich am Intraday gehandelt. Auf diese Weise können Marktteilnehmer auf kurzfristige Prognoseabweichungen reagieren bzw. flexible Erzeugung zum Ausgleich zur Verfügung stellen. Die Abbildung des Intraday-Handels in einer agentenbasierten Simulation kurzfristiger Strommärkte gestaltet sich allerdings aufgrund des angewandten Gebotspreisverfahrens und des kontinuierlichen Gebotsabgabe- und Clearingprozesses während eines Handelstages schwierig. Im Rahmen dieser Arbeit wurde deshalb das Marktgeschehen am Intraday-Markt simuliert, indem das Gebotsverhalten der Teilnehmer in Form einer agentenbasierten Simulation abgebildet wurde. Die Grundlage für das Modell bot eine Analyse verschiedener Ansätze, die sich mit den Bietstrategien der Agenten auseinandersetzen. In exemplarischen Untersuchungen wurde das entwickelte Verfahren plausibilisiert. 174 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

187 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Levin Skiba Agentenbasierte Preissimulation des Day-Ahead- Markts und der Regelenergiemärkte Neben dem Day-Ahead-Markt bieten die Regelleistungsmärkte eine der wichtigsten Vermarktungsoptionen kurzfristig gehandelter Kraftwerkskapazitäten. Besonders die Preise an den Regelleistungsmärkten weisen ein hohes Niveau und eine hohe Volatilität auf, die unter Berücksichtigung des verwendeten Pay-as-bid-Verfahrens und der Marktmacht einiger Marktteilnehmer auf strategisches Bietverhalten schließen lassen. Um das Marktgeschehen und die sich dadurch einstellenden Preise simulieren zu können, war das Ziel dieser Arbeit, die Gebotserstellung auf dem Day-Ahead-Markt und den Regelleistungsmärkten nachzubilden, ihre Berechnung in einem agentenbasierten Simulationsverfahren zu implementieren und die sich einstellenden Marktpreise zu untersuchen. Dabei wurden sowohl fundamentale Kostenbestandteile als auch Preismarkups auf Basis lernender Algorithmen für jeden Agenten berücksichtigt. Exemplarische Untersuchungen zeigten, dass historische Marktpreise in ihrer Höhe und ihrem Verlauf teilweise gut nachgebildet werden können, dass sie allerdings auch häufig über- oder unterschätzt werden. Ananya Kuri Bewertung unterschiedlicher HGÜ Regelungsstrategien im Hinblick auf Frequenzstabilität Im Zuge der Energiewende führen die zu erwartenden zukünftigen Entwicklungen des Energiesystems in Deutschland zu einem deutlich erhöhten Anteil dezentraler Erzeugungseinheiten auf Basis erneuerbarer Energien und somit auch zu einer Verringerung der Systemträgheit im synchronen Netz, was zu einer geringeren Frequenzstabilität in Fehlerfällen führen kann. Ziel dieser Arbeit war es somit, den Einfluss der Frequenzänderung bzw. der Frequenzabweichung als Folge von Netzstörungen in einem von erneuerbaren Energien dominierten Übertragungsnetz mit abnehmender Systemträgheit zu bewerten. Darauf aufbauend wurde untersucht, welche neuen Möglichkeiten sich durch neue, innovative Betriebsmittel in Bezug auf Frequenzstabilität bieten können. Mit Hilfe exemplarischer Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass mit Hilfe innovativer Betriebsmittel die Auswirkungen von Netzstörungen auf Frequenzabweichungen gemindert werden können. Andreas Stephan Moser Einfluss der Regionalisierung von regenerativen Erzeugungsanlagen auf den Übertragungsnetzbetrieb Die Stromerzeugung in Deutschland befindet sich derzeit in einem grundlegenden strukturellen Wandel zu einem von dezentralen Erzeugungseinheiten geprägten Energieversorgungssystem. Da der Standort von Erzeugungseinheiten einen Einfluss auf die Netzbelastung und damit auch Netzausbaumaßnahmen hat, ist es wichtig, die installierte Leistung auf verschiedene Regionen in Deutschland zu verteilen, was auch als Regionalisierung bezeichnet wird. Der Ausbau der dezentralen Erzeugungsanlagen erfolgt jedoch im Wesentlichen ohne zentrale Steuerung. Ziel dieser Arbeit war es daher, eine geeignete Methodik zur Regionalisierung von Windenergie- und Photovoltaikanlagen in Deutschland zu entwickeln und mithilfe dieser anschließend den Einfluss auf den Übertragungsnetzbetrieb zu analysieren. Auf Basis dieses Simulationsmodells wurden unterschiedliche Regionalisierungen generiert. Exemplarische Untersuchungen verdeutlichten den Einfluss der Regionalisierung auf den Übertragungsnetzbetrieb. Sara Alicia Rodriguez Benavides Identifizierung repräsentativer Netznutzungsfälle zur Simulation des Übertragungsnetzbetriebs Die Integration erneuerbarer Energien stellt die Betreiber von Übertragungsnetzen vor große Herausforderungen. Diese planen anhand von prognostizierten Betriebszuständen Übertragungskapazitäten und Maßnahmen zur Beseitigung von Engpässen. Jedoch kann die prognostizierte Einspeisung aus erneuerbaren Energien von der tatsächlichen Einspeisung abweichen. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines Verfahrens, das probabilistische Einspeiseprognosen erstellt und daraus möglich auftretende Betriebszustände ableitet. Das Verfahren beschränkte sich auf die Windgeschwindigkeitsprognosen und die daraus abgeleiteten Einspeiseprognosen. Der Vergleich der generierten Prognosefehler-Zeitreihen mit den historischen Daten bestätigte eine hohe Konsistenz und eine sachgemäße Abbildung der relevanten Wirkungszusammenhänge. IAEW FGE JAHRESBERICHT

188 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Daniel Vogt Ermittlung von Netzausbaumaßnahmen für eine effiziente EE-Integration in Verteilnetzen Der verstärkte Ausbau von Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien führt gerade in Verteilnetzen zu einer zunehmenden Netzbelastung. Um die Aufnahmefähigkeit der Netze für weitere EE-Anlagen zu erhöhen, kommt neben dem konventionellen Netzausbau eine gezielte Reduktion der Einspeiseleistung aus Windenergie- und Photovoltaik-Anlagen in kritischen Situationen in Frage. Bisher ist das sogenannte Einspeisemanagement bei Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien nur zur Erhaltung der Systemsicherheit zulässig. Zurzeit wird jedoch diskutiert, ob eine Berücksichtigung von Einspeisemanagement bereits in der Netzplanung ermöglicht werden soll. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines Verfahrens zur Ermittlung und Bewertung geeigneter Netzausbauszenarien in der 110 kv-ebene unter Berücksichtigung des Einspeisemanagements. Exemplarische Untersuchungen dienten zur Validierung des Verfahrens Sven Pleines Entwicklung eines Verfahrens zur Bewertung von Gleichstromtechnologie in Verteilnetzen Durch die weiterhin zunehmende Installation von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien ergeben sich gerade für Verteilnetze neue Anforderungen an die Flexibilität. Infolge technologischer Fortschritte und Kostendegressionen im Bereich der Leistungselektronik sowie der gebotenen Flexibilität wird in diesem Zusammenhang auch der Einsatz von Gleichstromtechnologie in den Verteilnetzen diskutiert. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines Verfahrens, welches die Bestimmung von quasistationären Netzbetriebszuständen unter Berücksichtigung von Gleichstromtechnologie ermöglicht. Dazu wurden erforderliche Betriebsmittel modelliert und ihre Funktionalitäten innerhalb des Verfahrens abgebildet. Die Ergebnisse zeigten, dass es zu Beeinflussungen der untergelagerten Spannungsebene kommen kann und die Verluste im untersuchten hybriden Mittel- und Niederspannungsnetz insgesamt höher sind. Barbara Halmes Optimierung der Prozessunterstützung im liberalisierten Energiemarkt durch strukturierte Erfassung und Umsetzung der fachlichen Anforderungen am Beispiel MaBiS Nach der Liberalisierung des Energiemarktes wurden Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom (Ma- BiS) für den Austausch von Daten und Informationen zwischen den Marktteilnehmern für die einzelnen Geschäftsprozesse der Bilanzkreisabrechnung eingeführt. Da die MaBiS-Prozesse sehr komplex sind und eine große Menge an Daten innerhalb vorgegebener Fristen ausgetauscht werden muss, ist dies nur mit Hilfe von Software möglich. Das Ziel der Arbeit war somit die Optimierung der Prozessunterstützung für die MaBiS durch eine strukturierte Erfassung und Umsetzung der fachlichen Anforderungen. Im ersten Schritt wurden die Austauschprozesse der MaBiS analysiert und kategorisiert. Die Umsetzung kritischer Prozessschritte erfolgte daraufhin mit Hilfe eines Behavior Driven Development Frameworks. Abschließend wurden die Ergebnisse evaluiert. Antonios Dimitropoulos Ermittlung von Einsatzrestriktionen von Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung für einzelne Anwendungsfälle Im Rahmen der Energiewende gewinnen Anlagen mit Kraft-Wärme- Kopplung (KWK) zunehmend an Bedeutung, da die gekoppelte Bereitstellung von thermischer und elektrischer Energie eine Effizienzsteigerung darstellt. In der Kraftwerkseinsatzplanung und in Marktsimulationen werden KWK-Anlagen heute oftmals stark vereinfacht abgebildet. Dadurch, dass eine KWK-Anlage neben der Elektrizität auch noch Wärme bereitstellt, impliziert dies weitere technische und wirtschaftliche Nebenbedingungen. Ziel dieser Arbeit war es daher, diese Nebenbedingungen in einem geeigneten Modell aufzustellen. Dazu wurden zunächst die für den Betrieb relevanten Einflussfaktoren für einzelne Anwendungsfälle analysiert. Darauf aufbauend wurde ein Verfahren implementiert, welches Einsatzrestriktionen für die Kraftwerkseinsatzplanung herleitet. In exemplarischen Untersuchungen zeigte sich ein unterschiedlicher Einfluss je nach betrachtetem Primärenergieträger. 176 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

189 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Fabian Bauermann Simulation des marktbasierten Ausbaus von Nachfrageflexibilitäten Aufgrund des stark ansteigenden Anteils an Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sinken derzeit die Einsatzstunden thermischer Kraftwerke und gleichzeitig die Großhandelsstrompreise für elektrische Energie. Zukünftig wird sich diese Tendenz weiter fortsetzen, allerdings kommt es auch immer wieder zu Knappheitssituationen, in denen ein großer Anteil der thermischen Kraftwerke benötigt wird und diese daher hohe Preise für ihren Einsatz fordern können (Peak-Load-Pricing). Verschiedene Technologien wie beispielweise Demand Side Management (DSM) oder der Demand Side Response (DSR) bieten heute schon die Möglichkeit, die Stromnachfrage verstärkt an das Angebot anzupassen. Ziel dieser Arbeit war es daher, zu prüfen, ob die ökonomischen Anreize ausreichen, um das hohe technische Potenzial von DSM und DSR zu heben. Dazu wurden Modelle für den marktbasierten Einsatz und Ausbau von Nachfrageflexibilitäten und der Abbildung von Peak-Load-Pricing (PLP) am Strommarkt entwickelt. In exemplarischen Untersuchungen zeigte sich, dass in Zukunft nur mit geringen Zubauten in diesem Bereich zu rechnen ist. Christian Marx Entwicklung einer betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethodik für die Ausbauplanung von intelligenten Verteilungsnetzen Aufgrund der zunehmenden Integration von dezentralen Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien ist in einigen Netzgebieten der sichere und zuverlässige Netzbetrieb gefährdet. Aus diesem Grund obliegen Netzbetreiber der Pflicht, ihr Stromnetz auszubauen. Innerhalb der Ausbauplanung können Netzbetreiber verschiedene Ausbaustrategien verfolgen, die in Abhängigkeit vom Regulierungsrahmen unterschiedliche Renditen hervorrufen. Das Ziel der Arbeit war deshalb, den Mechanismus der Anreizregulierung in ein bestehendes Ausbauplanungsverfahren für Stromnetze zu integrieren. Auf Basis dieses Verfahrens wurden verschiedene Ausbauplanungsstrategien betriebswirtschaftlich untereinander verglichen und ein betriebswirtschaftlich optimaler Ausbauplan ausgewählt. In exemplarischen Untersuchungen wurde das Modell auf ein exemplarisches Stromnetz angewandt und validiert. Mirko Fabian Wahl Einfluss von kurzfristig steuerbaren Betriebsmitteln auf den Übertragungsnetzbetrieb Aufgrund der zunehmenden Einspeisung und der Dargebotsabhängigkeit von Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien kommt es zu kurzfristigen Abweichungen zwischen der prognostizierten und der tatsächlich eingespeisten Leistung. Übertragungsnetzbetreiber müssen dadurch immer häufiger kurzfristig in den Netzbetrieb eingreifen und durch Redispatchmaßnahmen erhöhte Sicherheitsreserven schaffen. Letzteres führt jedoch zu einer schlechten Ausnutzung der verfügbaren Netzkapazität, hohen Redispatchkosten und einer möglichen Gefährdung der Netzsicherheit. Innovative lastflusssteuernde Betriebsmittel, wie etwa HGÜ-Konverter oder Phasenschiebertransformatoren stellen eine effiziente und kostengünstige Alternative zum Redispatch dar. Dafür wurde in dieser Arbeit ein Verfahren zur Simulation der Engpassbehebung im Übertragungsnetz unter Unsicherheiten um kurzfristig steuerbare Betriebsmittel erweitert. Dazu wurde ein szenariobasierter Ansatz gewählt. Exemplarische Untersuchungen zeigten, dass der Einsatz von kurzfristig steuerbaren Betriebsmitteln eine signifikante Reduzierung des Redispatchvolumens bewirkt. Andreas Klein Ermittlung von robusten Schaltzuständen auf Basis historischer Netznutzungsfälle Aufgrund der vermehrten volatilen Einspeisung sowie der Verteilung dieser dezentralen Erzeugungsanlagen, nimmt die Komplexität der Prognose zukünftiger Einspeisesituationen immer weiter zu. Die Prognosen dienen den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) zur frühzeitigen Erkennung möglicher Verletzungen technischer Randbedingungen, um so den Schaltzustand ihrer Netze entsprechend anpassen zu können. Im aktuellen Prozess der ÜNB werden die betrieblichen Schaltzustände auf Basis von Erfahrungen der Betriebsingenieure abgeleitet. Die ist jedoch aufgrund des Wandels der Erzeugungsstruktur mit zunehmenden Risiken behaftet. Es war daher das Ziel dieser Arbeit, ein automatisiertes Verfahren zu entwickeln, das auf Grundlage der historischen Netznutzung, Schaltzustände ermittelt, die sich hinsichtlich der Unsicherheiten der Netznutzung als robust erweisen. Die exemplarischen Ergebnisse zeigten, dass geeignete Netznutzungsfälle ermittelt wurden. IAEW FGE JAHRESBERICHT

190 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Muriel Franken Entwicklung einer Methodik zur Abbildung von planungsrelevanten Einflüssen des Übertragungsnetzes auf die 110 kv-verteilnetzebene Der starke Zubau von dezentralen Erzeugungsanlagen führt sowohl in der Verteilnetzebene zu einem lokalen, als auch im Übertragungsnetz zu einem überregionalen Netzausbaubedarf. Insbesondere 110 kv-verteilnetze stehen dabei in enger Wechselwirkung mit dem Übertragungsnetz, was bereits im Rahmen der Netzplanung beachtet werden muss. Das Ziel der Arbeit war deshalb die Entwicklung eines Verfahrens zur Abbildung planungsrelevanter Einflüsse des Übertragungsnetzes auf die 110 kv-verteilnetzebene. Mit Hilfe eines Ersatznetzes und Clusteralgorithmen konnten die planungsrelevanten Netznutzungsfälle identifiziert werden. Die darauffolgenden exemplarischen Untersuchungen zeigten, dass Transitflüsse in extremen Fällen über 50 % der Leitungsbelastung von Stromkreisen im betrachteten 110 kv-netzgebiet ausmachen können. Des Weiteren zeigte sich, dass eine vereinfachte Betrachtung des Übertragungsnetzes ausreicht, um die planungsrelevanten Einflüsse des Übertragungsnetzes auf ein 110 kv-netz abzubilden. Lukas Schmidt Entwicklung eines Verfahrens zur stochastischen Energieeinsatzplanung saisonaler Speicherkraftwerke Aufgrund klimapolitischer Ziele schreitet der Ausbau von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien in Europa weiter voran. Deren dargebotsabhängige Stromeinspeisungen sind lediglich bedingt prognostizierbar und führen zu einer Steigerung der kurz- und mittelfristigen Unsicherheiten im Stromversorgungssystem. Der erwartete Abbau installierter Leistung thermischer Kraftwerke rückt saisonale Speicher zur Kompensation der Ausprägungen mittelfristiger Unsicherheiten in den Fokus. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines Simulationsverfahrens zur Bewertung der Auswirkungen von Unsicherheiten auf die Energieeinsatzplanung saisonaler Speicher im gesamten europäischen Stromversorgungssystem. Das entwickelte Verfahren berücksichtigt dabei die Unsicherheiten mittels eines zweistufigen stochastischen Optimierungsmodells. Es zeigten sich deutliche Veränderungen im Einsatz der saisonalen Speicher im Vergleich zu einem rein deterministischen Modell. Alexander Fehler Entwicklung des europäischen Kraftwerks- und Speicherparks unter Berücksichtigung von Unsicherheiten Aufgrund klimapolitischer Zielsetzungen, dem Kernenergieausstieg einiger Länder sowie der Altersstruktur bestehender Erzeugungsanlagen ist das europäische Erzeugungssystem einem strukturellen Wandel unterworfen. Die zukünftige Entwicklung des Erzeugungssystems unterliegt jedoch Unsicherheiten, welche sowohl die Investitions- als auch die Einsatzentscheidung einzelner Technologien beeinflussen. Das Ziel der Arbeit bestand somit darin, ein bestehendes Verfahren zur Simulation des gesamtwirtschaftlich optimalen Ausbaupfades des Stromerzeugungssystems um Unsicherheiten zu erweitern. Dazu wurden im ersten Schritt die relevanten Unsicherheiten identifiziert und hinsichtlich der Wirkung auf Investitions- und Einsatzentscheidungen analysiert. In der anschließenden Modellbildung wurde ein Simulationsmodell basierend auf der stochastischen linearen Programmierung aufgestellt, wobei Unsicherheiten mithilfe von Szenarien modelliert wurden. Es konnte gezeigt werden, dass das Verfahren zu plausiblen Ergebnissen führt. Hao Chang Verfahren zur Bestimmung von Zukunftsszenarien zur Bewertung von Netzausbaumaßnahmen Der zunehmende Anteil erneuerbarer Energien erfordert Netzaus- und -umbaumaßnahmen. Für einen bedarfsgerechten Netzausbau wird von den Übertragungsnetzbetreibern alle zwei Jahre ein Netzentwicklungsplan erarbeitet, der die Bedarfsermittlung anhand unterschiedlicher Szenarien bestimmt. Da die Zukunft allerdings mit Unsicherheiten verbunden ist, ist zur angemessenen Abbildung eine Vielzahl an Zukunftsszenarien notwendig. Im Rahmen dieser Arbeit wurde folglich ein Verfahren unter Zuhilfenahme von szenario-technischen Methoden entwickelt, um alle relevanten Unsicherheiten adäquat abbilden zu können. Wesentliche Kernpunkte waren dabei die Bestimmung der Eintrittswahrscheinlichkeiten von Szenarien und das Bündeln einer Vielzahl an Szenarien zu wenigen, aussagekräftigen Szenarien mittels Clusterverfahren. Abschließend wurden mithilfe des Verfahrens exemplarisch Szenarien für sieben unsichere Faktoren im Netzausbau aufgestellt und ausgewertet. 178 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

191 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Deliah Roxanne Hecker Mittel- und Niederspannungsnetzplanung unter Berücksichtigung von Unsicherheiten Durch den zunehmenden Ausbau dezentraler Erzeugungsanlagen werden gerade Mittel- und Niederspannungsnetze vor neue Herausforderungen gestellt. Somit wird eine Berücksichtigung der dezentralen Erzeugungsanlagen in der Netzplanung unerlässlich. Die Schwierigkeit hierbei ist jedoch die Unsicherheiten des Zubaus dieser Anlagen zu berücksichtigen. Ziel der Arbeit war es daher, ein Verfahren zu entwickeln, welches bei der Planung von Mittel- und Niederspannungsnetzen mögliche Unsicherheiten einkalkuliert. Zunächst wurden die Grundsatzplanung von Stromnetzen und mögliche Unsicherheiten analysiert. Daraufhin wurde ein bereits bestehendes Verfahren zur sukzessiven Planung von Nieder- und Mittelspannungsnetzen um Unsicherheiten erweitert. Anhand exemplarischer Untersuchungen wurde das entwickelte Verfahren validiert. Es zeigte sich zudem, dass das Verfahren imstande ist, die Entwicklung eines robusten Zielnetzes zu leisten. Josef Rauber Ausbauplanung von Verteilungsnetzen unter Berücksichtigung netzbetrieblicher Maßnahmen Aufgrund der politisch bedingten Förderung von dezentralen Erzeugungsanlagen auf Basis regenerativer Erzeuger werden zunehmend dezentrale Einspeisungen an die Stromnetze angebunden. Diese Netze sind jedoch nicht für den Anschluss von volatilen Einspeisungen ausgelegt. Deshalb kommt es bereits heute in ländlichen Mittel- und Niederspannungsnetzen zu Verletzungen der technischen Randbedingungen. Der konventionelle Netzausbaubedarf kann durch den Einsatz von Einspeisemanagement, also die Kappung von Einspeisespitzen, erheblich reduziert und die bestehende Netzinfrastruktur besser ausgenutzt werden. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Netzausbauplanungsverfahren entwickelt, welches den Einsatz von Einspeisemanagementmaßnahmen in die Netzplanung integriert. Exemplarische Untersuchungen zeigten, dass der Einsatz von Einspeisemanagement den konventionellen Netzausbaubedarf reduzieren kann. Die betriebswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit hängt jedoch maßgeblich vom angesetzten Kapitalkostensatz und den Kosten des Einspeisemanagements ab. Marcel Kokot Simulation der zukünftigen Einspeisung in Verteilnetzen mit hoher Photovoltaik-Durchdringung Die Anzahl an Photovoltaik-Anlagen (PVA) hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland stetig erhöht. Der Großteil davon befindet sich in den Verteilnetzen. Durch die zunehmende Durchdringung dieser mit PVA stehen die Verteilnetzbetreiber vor großen Herausforderungen in Bezug auf Planung und Betrieb ihrer Netze. Durch neue Flexibilitäten im Verteilnetz, wie z.b. Batteriespeicher in Kombination mit PVA, könnte sich die Einspeisesituation gegenüber der herkömmlichen Charakteristik zukünftig ändern. In dieser Arbeit wurde deswegen das Verbrauchs- und Einspeiseverhalten von Verteilnetzakteuren unter verschiedenen technischen und regulatorischen Bedingungen untersucht. Anschließende Untersuchungen zur Auswirkung einer verschärften Einspeiseregulierung für PV-Anlagen haben gezeigt, dass unter den angenommenen Bedingungen der netzdienliche Einsatz von Batteriespeichern sowohl aus technischer als auch wirtschaftlicher Sicht am vorteilhaftesten ist. Lorenz Tilman Lättgen Regelleistungsbereitstellung mit virtuellen Kraftwerken Getrieben durch die Energiewende basiert die Stromerzeugung in Deutschland zunehmend auf dezentralen Stromerzeugungsanlagen (DEA). Zu diesen gehören sowohl regenerative Erzeugungsanlagen wie Photovoltaik- und Windenergieanlagen als auch Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. In sogenannten virtuellen Kraftwerken werden DEA zusammen mit Demand-Side-Management-fähigen Verbrauchern, Power-to-Heat-Komponenten oder Batterien in Portfolios gebündelt und am Strommarkt vermarktet. Ziel dieser Arbeit war deshalb die Analyse und Bewertung der Vermarktung und der technischen Machbarkeit der Regelleistungsbereitstellung mit virtuellen Kraftwerken. Zunächst erfolgte eine Beschreibung der möglichen Kraftwerke in einem virtuellen Kraftwerk sowie deren Einsatzmöglichkeiten an den Reservemärkten. Daraufhin wurden bereits bestehende Modelle der einzelnen Komponenten entsprechend erweitert und in ein Verfahren zur Anlageneinsatzoptimierung integriert. Anhand von exemplarischen Untersuchungen wurden die Modelle validiert. Es zeigte sich zudem, dass durch die zusätzliche Vermarktung an den Reservemärkten ein bis zu 15 % höherer Deckungsbeitrag erzielt werden kann. IAEW FGE JAHRESBERICHT

192 MASTER- UND BACHELORARBEITEN Jan Rafael Finck Entwicklung eines Verfahrens zur Bewertung von Netzausbaumaßnahmen unter Unsicherheiten Durch den starken Ausbau von dezentralen und lastfernen Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien kommt es zu neuen Anforderungen an das Übertragungsnetz. Um diesen gerecht zu werden und einen sicheren und engpassfreien Transport der elektrischen Energie zu ermöglichen, wird das Übertragungsnetz ausgebaut. Die Wirksamkeit von Netzausbaumaßnahmen unterliegt jedoch zahlreichen Unsicherheiten. In dieser Arbeit wurde daher ein Verfahren zur Bewertung von Netzausbaumaßnahmen unter Unsicherheiten entwickelt. Die Unsicherheiten wurden anhand von Szenarien dargestellt. Zunächst wurden Netzausbauentwürfe erstellt, die dann unter Verwendung von Risikokenngrößen, wie dem Erwartungswert, für alle Szenarien bewertet wurden. Abschließend erfolgte eine Verbesserung der Netzausbaumaßnahmen mithilfe eines iterativen Algorithmus. Das Verfahren wurde anhand exemplarischer Untersuchungen validiert. Marius Bode Untersuchung des Einflusses von Kapazitätsmechanismen auf die Entwicklung des deutschen Kraftwerksparks Aufgrund der durch die Energiewende veränderten Erzeugungsstruktur, findet derzeit eine Diskussion über die Wirtschaftlichkeit des aktuellen und möglichen zukünftigen Kraftwerksparks statt, insbesondere darüber, ob das derzeitige Strommarktdesign heute und in Zukunft genügend Anreize liefert, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Derzeit können Kraftwerksbetreiber nur Einnahmen aus der Stromerzeugung und Vorhaltung der verschiedenen Reserveprodukte erzielen. Um die Wirtschaftlichkeit von Bestandskraftwerken und Kraftwerksneubauten zu verbessern, wurde daher in den letzten Jahren die Einführung verschiedener Kapazitätsmechanismen in Erwägung gezogen. Ziel dieser Arbeit war somit, verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten von Kapazitätsmechanismen zu modellieren und deren Einflüsse zu untersuchen. In exemplarischen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Veränderungen des Strommarktdesigns einen wesentlichen Einfluss auf die Größe und die Zusammensetzung des zukünftigen Kraftwerksparks haben. 180 IAEW FGE JAHRESBERICHT 2016

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