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1 82. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel e.v. Im Auftrag des Vorstandes herausgegeben von Ulrich Kalmbach und Dieter Fettback Salzwedel 2012

2 82. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel e.v. Im Auftrage des Vorstandes herausgegeben von Ulrich Kalmbach und Dieter Fettback Salzwedel 2012 Impressum Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte zu Salzwedel e.v. c/o Stadtarchiv Salzwedel, An der Mönchskirche 5, Salzwedel Redaktion: Ulrich Kalmbach, Dieter Fettback Druck: DruckManufaktur, Nicolaistraße 28, Stendal

3 3 Inhaltsverzeichnis Ulf Frommhagen und Falko Grubitzsch Die Kirche von Steinfeld und ihr romanischer Taufstein 5 Bernd-Wilhelm Linnemeier Leveke von Mengersen geb. Schenk von Flechtingen ( ) Eine altmärkische Adelige im weserländischen Exil 31 Ulrich Kalmbach Die Fotografenfamilie Rudolf Oberst in Salzwedel Zur Jahresausstellung 2011 im Danneil-Museum Salzwedel 89 Sigrid Brückner Geschichte in Bronze und Stein: Wie die Denkmale von Kaiser Karl IV. und Kurfürst Friedrich I. auf die Burg Tangermünde kamen 115 Henning Krüger Zur Geschichte des Brauwesens in der Stadt Kalbe (Milde) 133 Ulrich Kalmbach Vereinsbericht 157 Jürgen Kayser Kassenbericht 161

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5 5 Die Kirche von Steinfeld und ihr romanischer Taufstein 1 von Ulf Frommhagen und Falko Grubitzsch Auf der einzigen natürlichen Erhebung, einer saaleeiszeitlichen Düne im Norden der Ortslage von Steinfeld, hinterlässt die stauferzeitliche Saalkirche umgeben von einer mittelalterlichen Feldsteinmauer einen trutzigen Eindruck im platten Land der Altmark und ist schon von weitem sichtbar (Abb. 1). Vor dem Nordhang des erhöhten Kirchenstandortes befindet sich das größte erhaltene Megalithgrab der Altmark. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, dass sich der Ortsname Steinfeld von der aus glazialem Geschiebe errichteten, neolithischen Grabanlage ableitet. Abb. 1 Die Kirche in Steinfeld, Ansicht von Südwesten, um Der vorliegende Text ist in leicht gekürzter Form in der Zeitschrift Denkmalpflege in Sachsen- Anhalt, 1/2012 erstmals erschienen.

6 6 Abb. 2 Kirche von Südosten, 2011 Abb. 3 Priesterpforte in der südlichen Chorwand, 2011 Die ebenfalls aus glazial abgelagerten Findlingen erbaute Kirche besitzt einen dreiteiligen Grundriss (Abb. 2), bestehend aus eingezogenem quadratischem Altarraum mit geradem Abschluss, rechteckigem Langhaus und einem in den Obergeschossen ergänzten, spätmittelalterlichen Westquerturm von gleicher Breite. Um 1900 wurden die großen Fensteröffnungen an der Südseite des Langhauses und des Altarraumes eingebrochen sowie das abgestufte Hauptportal zugesetzt. An der Nordseite des Langhauses sind drei Rundbogenfenster aus der Bauzeit von den Modernisierungsmaßnahmen verschont geblieben. Das spätromanische Türgewände der Priesterpforte ist im Originalzustand belassen worden. Es besteht zum Teil aus präzise zugeschnittenen und geglätteten Monolithen. 2 Der überdimensionale Schlussstein hinterlässt eine beeindrukkende Wirkung auf die gesamte Südwand des Altarraumes (Abb. 3). An der Pfarrtür sind noch die ursprünglichen Beschläge erhalten. 3 2 Eine Lösung, die an zahlreichen romanischen Kirchen in der Altmark nachgewiesen ist, bevorzugt an den Priesterpforten. 3 Romanische Beschläge auf alten Türblättern sind in der Umgebung von Steinfeld an den Kirchen Groß Möringen, Häsewig, Uchtenhagen, Altmersleben und Winterfeld erhalten.

7 7 Abb. 4 Chor und Schiff nach der Neugestaltung, um 1900 Im Inneren der Kirche verbindet ein rundbogiger Triumphbogen Altarraum und Langhaus. Beide Räume sind flach mit hölzernen Decken geschlossen und im Altarraum 1901 kassettenartig verschalt, das Langhaus schmückt eine Deckenmalerei vom Anfang des 18. Jahrhunderts (Abb. 4).

8 8 Abb. 5 Steinfeld, Innenansicht von Westen, 2011 Abb. 6 Steinfeld, Taufstein, 2011

9 9 Auf dem Altartisch befindet sich ein Schnitzaltar aus der Mitte des 15. Jahrhunderts mit einer Madonna im Mittelschrein, die von Heiligen flankiert wird. Abb. 7 Kirche Schorstedt mit erhaltenem Glockengiebel und frühneuzeitlich angefügtem Dachreiter, Im Gegensatz zu Steinfeld war der Glockengiebel für die Aufnahme von zwei Glocken ausgelegt. Die hölzerne Kanzel datiert 1610 (Abb. 5). Das bedeutendste Ausstattungsstück ist jedoch die Taufe aus dem 12./13. Jahrhundert (Abb. 4, 6). Es stellt sich die Frage, ob dieser Taufstein tatsächlich von Beginn an in diese Kirche gehört. Außen an den Fluchten des Turmes ist deutlich an einer Zäsur in Form eines Mauerrücksprungs zu erkennen, dass die Errichtung des romanischen Turmstumpfes nur bis in Traufhöhe des Langhauses ausgeführt wurde. An der Westseite befindet sich ein Mauerabsatz oberhalb der Traufhöhe. Darüber setzt sich im unregelmäßigen jüngeren Turmmauerwerk die Struktur eines Glockengiebels ab, der eine (jetzt zugesetzte) rundbogige Öffnung, in der die Glocke aufgehängt war, besessen hatte. Über die ursprüngliche Funktion des Turmuntergeschosses, das durch eine Bogenöffnung vom Langhaus getrennt ist, können keine Aussagen getroffen werden. Überlegungen in Richtung einer Vorhalle bleiben bei der mangeln-

10 10 den Befundlage spekulativ, das abgetreppte rundbogige Westportal bestärkt allerdings eine solche Vermutung. Zum Turm kann festgestellt werden, dass keine Befunde auf einen frühen, hoch aufragenden querrechteckigen Turmvorgänger in Massiv- oder Holzbauweise hinweisen; der Westbau wurde nur im Untergeschoss angelegt. Warum der Weiterbau in der Kubatur des Breitturmes eingestellt wurde, kann nicht beantwortet werden. Ein Planwechsel hin zum Glockengiebel mit rundbogigem Glocken-träger kann jedoch noch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgt sein (Abb. 7). 4 An dem in seiner heutigen Gestalt vollendeten Kirchturm sind die Ecken in Backsteinen gesetzt, wie es mehrmals für das 15. Jahrhundert in der Altmark nachgewiesen ist. 5 Der spätmittelalterliche Turm unterscheidet sich nicht nur mit dem unregelmäßigen Findlingsmauerwerk von der Steinquaderarchitektur der Kirche, sondern auch in seiner Funktionalität. Im Gegensatz zu den romanischen Quertürmen des Umlandes, an denen profane Komponenten nicht bestritten werden können, ist der Steinfelder Turm primär als Glockenträger zu verstehen. Er besitzt keinen Hocheingang, keine Gewölbe, Mauertreppen und Sperrriegelverschlüsse wie an den frühen massiven Türmen der Umgebung, an denen das Glockengeschoss ursprünglich eine nachgeordnete Bedeutung besaß. 6 Die einzige Gemeinsamkeit besteht in der landschaftsbeherrschenden Stellung. Vielleicht entstand diese in Konkurrenz zu benachbarten Dörfern oder es führte die Lage direkt an der wichtigen Fernstraße zur Ausbildung einer repräsentativen Landmarke. Die größte Auffälligkeit jedoch ist bei der Steinfelder Kirche in dem Fehlen des lang gestreckten, tonnengewölbten Turmuntergeschosses zu sehen, denn der romanische Turmtyp in der Altmark ist in der Regel durch ein aus Findlingen gefertigtes Tonnengewölbe zum Untergeschoss abgeschlossen. Ein Turmeinstieg war ursprünglich nur über einen Hocheingang möglich. 7 Die 4 Ganz ähnliche Bauphasen sind in der näheren Umgebung besonders an der Kirche Schorstedt ablesbar. An dem flachgedeckten Feldsteinbau mit eingezogenem rechteckigem Altarraum besitzt der erhaltene Glockengiebel zwei rundbogige Öffnungen. In Schorstedt ist der Westquerturm ebenfalls nur im Untergeschoss angelegt. Dem Glockengiebel wurde im 18. Jahrhundert ein Fachwerkturm angefügt. 5 Z. B. Algenstedt, Baben, Lüffingen, Polkau, und das Glockengeschoss in Zierau (alle 15. Jahrhundert). 6 Prägnante Beispiele in nächster Nähe in Büste, Kläden, Schartau und Rochau. 7 Es sind auch hoch angelegte Turmeinstiege im Kircheninneren belegt. Diese sind vom Langhaus oder Turmuntergeschoss aus zugänglich; z. B. in Kläden, Groß Möringen, Kleinau und Uchtenhagen.

11 11 Untergeschosse sind in der Altmark durch einen Bogen oder eine Arkatur 8 zum Langhaus geöffnet, dadurch entsteht unweigerlich der Eindruck einer Doppelpoligkeit. Unter den beiden Polen sind der Turm im Westen und der ausgeschiedene Altarraum im Osten zu verstehen. Ähnlich wie der Altarraum durch den Triumphbogen vom Langhaus getrennt ist, so hat auch der oft schmalere Bogen oder die Arkatur am Turmuntergeschoss eine raumteilende Funktion besessen. In vorreformatorischer Zeit muss dieser heute völlig funktionslos anmutende separate Raum im Westturm eine nicht unbedeutende Stellung eingenommen haben, die sich zwar nicht mehr erschließen lässt, aber doch gegenpolig in Erscheinung tritt. Das tonnengewölbte Untergeschoss ist der am weitesten nach Westen gerückte Raum der Kirche, jedoch im Gegensatz zum Altarraum in ganzer Breite des Langhauses. Die hier ursprünglich angesiedelten Praktiken müssen in einer mittelalterlichen Landkirche überwiegend profaner Natur gewesen sein. 9 Die Kirche Steinfeld besitzt über Schiff und Chor mittelalterliche Dachwerke. Neben der spätmittelalterlichen Dachkonstruktion über dem Langhaus datiert das binderlose Kehlbalkendachwerk über dem Altarraum in die Bauzeit. Die Eichen für das Dachwerk wurden im Winter 1218 (d) geschlagen und im folgenden Jahr verbaut. Die Bauzeit fällt somit in die Periode des Landesausbaus, der in der Altmark in der Mitte des 12. Jahrhunderts einsetzte. Die ersten Massivbauten, insbesondere in der Umgebung um Stendal, gehören zum ältesten Kirchentyp. 10 Dieser ursprüngliche Grundriss repräsentiert sich in der vollständigen bzw. vierteiligen Anlage mit klarer geometrischer Durchbildung des Baukörpers, der sich aus querrechteckigem Turm, einschiffigem Langhaus, Altarraum mit halbkreisförmiger Apsis zusammensetzt. Der Turm tritt an mehreren Beispielen auch über die Fluchten des Langhauses hinaus. 8 In der Kirche Rochau, einem vollständigen Typ aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts, verbinden zwei Rundbögen das Turmuntergeschoss mit dem Langhaus. Am romanischen Backsteinvorgänger der Nikolaikirche in Gardelegen, einer Saalkirche, sind es gleich drei Rundbögen, die das Turmuntergeschoss (Westquerturm) mit demlanghaus verbinden. 9 Die heute»toten«turmuntergeschosse haben wohl für liturgische Handlungen zur Verfügung gestanden, die eher weltlich bestimmt waren wie Taufen, Kommunion, Sendgerichte oder in Verbindung mit Labfesten. Die Taufe befand sich ursprünglich im Westen der Kirche. Beispielsweise ist in der ursprünglich turmlosen romanischen Einraumkirche in Lüffingen bei Gardelegen der Taufstein noch an seiner ursprünglichen Stelle geblieben, nämlich im Turmuntergeschoss des quadratischen spätgotischen Turmes. 10 Die dendrochronologisch untersuchten Kirchen Groß Schwechten, Buchholz, Groß Möringen datieren mit den Kern-Splint-Grenzen in die 1150er und 1160er Jahre. Sämtliche im Text angegebenen Dendro-Ergebnisse berufen sich auf Probenentnahmen der Herren Dr. Karl-Uwe Heußner vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) in Berlin und Dipl.-Rest. Ulf Frommhagen, Seethen. Untersucht wurden die Proben von Karl-Uwe Heußner im Dendrolabor des DAI Berlin.

12 12 Noch im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts setzte sich auf dem Gebiet der heutigen Altmark bei den Findlingsbauten ein reduzierter Grundriss durch, bei dem auf die Apsis verzichtet wurde. 11 Da die frühesten steinernen Kirchenbauten in der Altmark dendrochronologisch bereits in die 1150/60er Jahre datieren, fällt die Bauzeit der Kirche Steinfeld schon in die jüngere Phase des Landesausbaus. 12 Unter dem eigentümlichen Bautyp ohne Apsis sind Anlagen zu unterscheiden mit Westquerturm, rechteckigem Langhaus und rechteckigem bzw. quadratischem Altarraum, daneben häufig auch turmlose Formen wie Langhaus mit eingezogenem Altarraum, seltener Einraumkirchen oder Langhaus mit Westquerturm. 13 Die schon früh aufgestellte These der Spätdatierung des reduzierten Grundrisses erhält durch die Dendrochronologie in den letzten beiden Jahrzehnten eine eindeutige Bestätigung. Demnach datiert dieser Formenapparat ab etwa 1220 bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts für das altmärkische Verbreitungsgebiet und durch den Übergangsstil nahtlos bis in die reine frühgotische Stilepoche hinein. Die Erbauung der zahlreichen großen altmärkischen Landkirchen war vermutlich so kosten- und aufwandsintensiv, dass die Mittel eines einzelnen Grundherrn in seiner Funktion als Eigenkirchenherr nicht ausreichten. 14 Die netzartige flächendeckende Errichtung der Kirchen, die besonders in der östlichen Altmark landschaftsprägend sind, machte ein Raumkonzept erforderlich, das nur durch landesherrliche Verordnung umgesetzt werden konnte. Dabei ist der zeitlich eng gesteckte Rahmen zu betrachten, in dem der askanische Kirchenbau in der Altmark erfolgte. Er deckt sich hauptsächlich mit der Regierungszeit Markgraf Ottos I. und seiner Söhne Otto, Albrecht und Heinrich, die aber auch andere Großprojekte förderten und finanzierten. Die 1218/19 unter Dach gekommene Kirche Steinfeld gehört mit der den gleichen Grundriss aufweisenden Saalkirche Möllenbeck zu den bisher frühesten untersuchten Beispielen dieses Bautyps im altmärkischen Verbreitungsgebiet. An der Kirche des 12 km nordwestlich von Steinfeld gelegenen 11 Der eingezogene Altarraum ist in der Altmark nicht das typische Kennzeichen der Frühgotik wie in den ostelbischen Gebieten der Mark Brandenburg. 12 Dendrochronologisch untersuchte Kirchen mit reduziertem Grundriss: Garlipp um 1226, Flessau 1223d, Krügen 1232d, Vielbaum 1242d, Möllenbeck 1218d (vgl. Text). 13 Das nicht geringe Vorkommen von turmlosen Bauten nährt die Überlegung, dass ein Kirchturm nicht unbedingt ein religiöses Erfordernis war. 14 In der Altmark ist für die 2. Hälfte des 12. bis in die 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts eine Form des traditionellen Eigenkirchenrechts nachgewiesen. Bedeutsam sind dabei besonders die topografischen Verhältnisse zwischen Burg, Dorf, adligem Herrenhof und Kirche.

13 13 Dorfes Möllenbeck sind über Langhaus und Altarraum gleich zwei Dachwerke erhalten, die ein Fälldatum der Eichenhölzer von 1218 (d) aufweisen. Die erste schriftliche Erwähnung von Steinfeld erfolgte 1209 (stenuelde). 15 Im etwa 10 km nordöstlich von Steinfeld gelegenen Dorf Groß Schwechten wird 1293 ein Heinrich von Stenvelde erwähnt. 16 Ursprüngliche Beziehungen einer Ministerialen-Familie Stenvelde zum altmärkischen Ort Steinfeld lassen sich nicht nachweisen, ein Zusammenhang kann nur vermutet werden. Wie an den allermeisten altmärkischen Kirchen herrscht auch in Steinfeld dokumentarische Stille hinsichtlich der Bauzeit. Lediglich die mutmaßliche Gestalt des Sakralbaus lässt sich für das 13. Jahrhundert erschließen: eine Saalkirche ohne Apsis mit einer Vorhalle und einem Glockengiebel mit einer Glocke. Der Ort Steinfeld befand sich im Mittelalter in der regio Balsamorum 17 an einer wichtigen Straße, die vom Burgwart Kalbe nach Stendal, Arneburg und Tangermünde führte. Das Balsamland gehörte kirchengeschichtlich als Archidiakonat Balsambann 18 seit dem 9. Jahrhundert zum Bistum Halberstadt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist für Steinfeld eine hufeisenförmige Dorfanlage überliefert, welche noch heute in der sackförmig endenden Dorfstraße ablesbar ist. 19 Demnach handelte es sich bei dem ursprünglichen Grundrissbild überraschenderweise um einen Rundling, der in der östlichen Altmark selten nachgewiesen ist. Wahrscheinlich erlag der Rundling in Steinfeld einem ähnlichen 15 Das Kollegiatstift St. Nikolai in Stendal besaß 1209 zwei Hufen Land in Steinfeld (Wohlbrück, Sigmund Wilhelm: Geschichte der Altmark bis zum Erlöschen der Markgrafen aus Ballenstädtschem Hause, Berlin 1855, S. 201). Weiterhin hatten St. Marien und St. Jakobi sowie das St. Katharinenkloster in Stendal und das Zisterziensernonnenkloster in Neuendorf Besitz in Steinfeld. 16 Wohlbrück, wie Anm. 14, S Bezeichnung des Balsamgaues in den Pegauer Annalen. Der Balsamgau lag westlich von Tangermünde, war ursprünglich durch Elbe, Milde, Biese und Tanger begrenzt und ist wohl später durch das Archidiakonat Balsambann in der ehemaligen Diözese Halberstadt bis zur Ohre ausgeweitet worden. Die Angaben zu den frühmittelalterlichen Gaubezeichnungen bleiben uneindeutig: 9. Jahrhundert Pagus Belkesheim?, 1006 Belcsem. Ab dem 12. Jahrhundert sind die Bezeichnungen Balsamland und Balsamien bis in das 16. Jahrhundert üblich. 18 Das Archidiakonat Balsambann ist durch die Zusammenlegung mehrerer Sendbezirke zu einem Bannsprengel entstanden; vgl. Diestelkamp, Adolf: Der Balsambann am Ausgange des 15. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte der mittelalterlichen Pfarrorganisation und der Diözesangrenzen in der Altmark, in: Zeitschrift des Vereins für Kirchengeschichte der Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt, Magdeburg 1932, S Zahn, Wilhelm: Heimatkunde der Altmark, Stendal 1891, S. 83.

14 14 Schicksal wie es für viele andere Platzanlagen im ehemaligen deutsch-slawischen Kontaktgebiet nachgewiesen wurde. Wenn nicht durch verheerende Dorfbrände, dann sind viele Rundlinge durch Umgestaltungsvorgänge während oder nach dem Dreißigjährigen Krieg, Wüstlegungen, Hofteilungen oder grundrissbeeinflussend während der Separation deformiert oder durch völlige Neuplanung verschwunden. So bestünde in Steinfeld die Möglichkeit, dass durch Aufteilung des ehemaligen Dorfplatzes unter den Hofstellen ein Wandel von einer Platzanlage zu einem sackförmigen Grundriss vollzogen wurde. 20 Bemerkenswert sind die topografischen Beziehungen, die sich hieraus ergeben, denn der Standort der Kirche befindet sich zum ehemaligen Platzdorf in einer Entfernung von 300 Meter in nordöstlicher Richtung. Die ehemals exponierte Lage des Kirchenstandortes scheint in seiner Entstehungszeit eher eine bewusste Nähe zum bedeutenden Verkehrsweg und/oder zu einem Edelsitz besessen zu haben, als zur Siedlung. Der mittelalterliche Verkehrsweg, der die Kirche Steinfeld unmittelbar berührte, verband hauptsächlich die beiden Städte Salzwedel und Stendal. Salzwedel war im 12. Jahrhundert der bedeutendste Handelsplatz in der Altmark. Später wurde Salzwedel von der gegen 1160 vom Markgrafen Albrecht dem Bären gegründeten Stadt Stendal überflügelt. Beide Städte hatten frühe Beziehungen zu Lübeck und den Ostseeländern. Salzwedel hatte nachweislich Handel bis nach Visby auf Gotland betrieben. 21 In Stendal bildete sich wegen seines Fernhandels sogar eine eigene Seefahrergilde heraus. Diese frühen Verbindungen bildeten die Voraussetzungen, die den Beitritt der beiden Städte in den Hansebund herbeiführten. Wandfeste Ausstattung (Altarmensa, Wandmalerei, Sakramentsnische u. a.) aus der Bauzeit oder zumindest aus dem Mittelalter hat sich in vielen Altmarkkirchen in situ überliefert. Dagegen war mobiles Inventar des Kirchenraums immer wieder intensiveren Veränderungen ausgesetzt. 22 Taufgerät war im Mittelalter zumeist fest installiert. 23 Liturgisch bedingt besaß es 20 Meibeyer, Wolfgang: Die Rundlingsdörfer im östlichen Niedersachsen (= Braunschweiger Geographische Studien 1), Braunschweig 1964; ders.: Der Rundling eine koloniale Siedlungsform des hohen Mittelalters, in: Niedersächsisches Jahrbuch 44 (1972), S ; ders.: Rundlingsdörfer im Hannoverschen Wendland und anderen Gebieten, in: Schmidt, Roderich (Hrsg.): Wendland und Altmark in historischer und sprachwissenschaftlicher Sicht, Lüneburg 1992, S Zahn, wie Anm. 18, S Stellvertretend für die in der Altmark zum Teil gut überlieferte immobile Ausstattung aus dem Mittelalter seien die Kirchen von Audorf, Dambeck und Winterfeld genannt. 23 In der romanischen Kirche von Wallwitz steht der pokalförmige Taufstein fest eingemauert im westlichen Kirchenschiff, nahe dem Gemeindeeingang auf der Nordseite.

15 15 einen bestimmten Standort, in der Regel im Schiff, dem Raum der Gemeinde. Daher kann auch der heutige Standort der Taufe von Steinfeld unter dem Triumphbogen nicht der angestammte Platz sein, sondern wurde erst in nachmittelalterlicher Zeit durch die Reformation bestimmt (Abb. 5). 24 Ursprünglich, und dafür finden sich auch in der Altmark noch vereinzelt Beispiele, war der Aufstellungsort einer Taufe in Pfarrkirchen nahe dem Eingang für die Gemeinde (z. B. Jeeben), symbolisierte doch das Taufsakrament gleichwohl den Eintritt in die Gemeinschaft der Gläubigen. Auf den Wandel des Taufrituals im Verlaufe der Geschichte und die damit verbundene Entwicklung des Taufgeräts kann hier nicht im Einzelnen eingegangen werden. Trotzdem muss die regionale Ausbreitung des Christentums und die Kolonisationsbewegung des Mittleren 12. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Herausbildung der liturgischen Praxis und der Herausbildung von Taufgefäßformen gesehen werden. Seit der Entstehung des Christentums stellt die Taufe den elementaren Initiationsritus dar, 25 und dies immer im unmittelbar symbolischen Bezug zum Archetypus: der Taufe Christi im Jordan durch Johannes den Täufer. Daher war die Flusstaufe die ursprünglichste Form des Rituals, das in den Missionsgebieten bis ins Hochmittelalter praktiziert wurde. 26 Für die anfangs im Verborgenen agierenden Christen bedeutete der Taufakt u. a. die Reinigung von heidnischem Irrglauben und Götzenverehrung sowie ein Zeichen der Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft, zum Bund mit dem einzig wahrhaften Gott Fotografische Aufnahmen, die anlässlich der historisierenden Neugestaltung 1901 angefertigt worden sind, zeigen die Taufe unter dem Triumphbogen. Ob dieser Standort schon in früherer Zeit gewählt wurde, ist bisher ungeklärt. Auslöser für die Veränderung des Taufenstandorts war im Allgemeinen die Beschränkung der Sakramente auf die Taufe und das Abendmahl im Zuge der Reformation, wodurch das Taufzeremoniell liturgisch nahe an Altar oder zumindest in den Chorraum rückte. 25 Lurker, Manfred (Hrsg.): Wörterbuch der Symbolik (= Kröners Taschenausgabe 464) Stuttgart 1991, S Die Massentaufe von Sachsen im Jahre 776 durch Karl den Großen (Schieffer, Rudolf: Die Karolinger, Stuttgart 1992, S. 77). 27 In der Frühzeit des Christentums war die Flusstaufe unter freiem Himmel die allgemein gebräuchliche Form. Erst mit dem Einzug in Gebets- und Versammlungsräume sowie später mit der Errichtung von geweihten Gotteshäusern änderte sich der Ritus. Mit der Institutionalisierung der Kirche war die strenge Regelung der Liturgie verbunden. So besaßen in den ersten Jahrhunderten die Bischöfe das alleinige Recht zur Taufe (Bergner, Heinrich: Handbuch der kirchlichen Kunstaltertümer in Deutschland, Leipzig 1905, S. 274). Zu den frühen Diözesanzentren gehörte daher ein Baptisterium, das über oder in der Nähe von Wasserquellen, je nach lokalen Gegebenheiten errichtet worden war. Auf das ursprünglich»lebende«wasser weisen auch die zum Teil bis heute geläufigen Bezeichnungen Taufbrunnen (lat. fons baptismalis, engl. font, frz. fons) hin. Die anfangs überwiegende Ganzkörpertaufe (Immersion) machte geräumige Becken mit umlaufenden Treppenabgängen notwendig (Ein

16 16 Obwohl die Taufe in unterschiedlichen, häufig mobilen Behältnissen wie Fass, Kübel und Wanne seit dem Frühmittelalter belegt ist, findet sie als zumeist freistehendes liturgisches Gerät erst nach und nach Verbreitung. 28 Im Jahrhunderte später christianisierten Nord- und Osteuropa wurden Taufgefäße im Zuge des seit dem 12. Jahrhundert einsetzenden Baus von steinernen Gotteshäusern als wesentliches Ausstattungsstück gefertigt. Baptisterien bildeten die Ausnahme, sie entstanden vorzugsweise in vormals römisch kolonisierten Gebieten, beispielsweise der Rheinprovinz. Welches Taufgerät es in der Altmark vor dem steinernen Kirchenbau gab, ist nicht belegt. Immerhin lassen archaische Gefäßformen wie Kübel oder Fass bei der Gestaltung steinerner Taufen darauf schließen, dass profane Gebrauchsgegenstände aus vergänglichem Material in Nutzung waren. 29 Seit dem Hochmittelalter setzte sich die Kelchform zunehmend durch. Diese besteht aus Fuß, Schaft und Kuppa. Häufig war die Größe der Kuppa so bemessen, dass ein Kleinkind darin vollständig untergetaucht werden konnte. 30 Mit dem Abschluss der Christianisierung verlor die Erwachsenentaufe fast vollkommen an Bedeutung, da in der Regel Neugeborene im ersten Lebensjahr die Taufe erhielten. Vermehrt erfolgte nun auch ein Wandel des Taufrituals, wobei das Begießen des Hauptes (Infusion) das Untertauchen des Täuflings (Immersion) ablöste. Die symbolisch sinnhafte Handlung trat an Stelle der wörtlichen, wie Pudelko es formulierte. 31 Dafür konnte ein kleineres Becken benutzt werden. Der Taufstein in der Kirche von Steinfeld weist eine klare Gliederung mit ausgewogenen Proportionen auf (Abb. 6). Aus einem grauen, in den frühes Beispiel einer Taufkirche des 4./5. Jahrhunderts ist das Baptisterium von Koúrion an der Südküste Zyperns). Diese ersten Taufkirchen standen in der Tradition antiker Wasserbecken in Thermenanlagen. Bis ins hohe Mittelalter entstehen Baptisterien als selbstständige Bauten. Entsprechend dem Herkunfts- und Verbreitungsgebiet der christlichen Religion sind Taufkirchen im Mittelmeerraum daher am weitesten verbreitet gewesen. An der»piazza dei Miracoli«in Pisa erhebt sich eine der imposantesten freistehenden Taufkirchen des Mittelalters. In der apulischen Stadt Bari besitzt das Baptisterium zwar einen eigenen Baukörper, dieser ist aber von Beginn an funktional mit der Bischofskirche verbunden. 28 Einen Hinweis auf den frühen Gebrauch von Taufgerät gibt ein Erlass auf der Synode von Lerida 524 (Müller, Hermann/Mothes, Oskar: Illustriertes Archäologisches Wörterbuch, Berlin/Leipzig 1878, S. 908). 29 In Häsewig steht eine Granitkufe aus dem 12. Jahrhundert höchstwahrscheinlich noch am mittelalterlichen Standort. 30 In Groß Möringen gibt es einen romanischen Taufstein mit entsprechend großer Kuppa, vermutlich aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts. Die Klosterkirche in Jerichow besitzt eine Sandsteintaufe mit einer mächtigen Kuppa, die für Taufen im Immersionsverfahren geeignet ist. 31 Pudelko, Georg: Romanische Taufsteine, Berlin 1932, S. 12.

17 17 Sedimentschichtungen stark geklüfteten Kalkstein hergestellt, hat das Gefäß folgende Abmessungen: seine Gesamthöhe beträgt 1,14 m; an seiner breitesten Stelle, am Rand der Kuppa, misst es 0,96 m; am Fuß beträgt der Durchmesser 0,89 m und ist damit nur unwesentlich geringer, als der des Beckens. In seiner jetzigen Form besteht der Taufstein aus drei Einzelteilen: Fuß, Schaft und eigentlichem Taufbecken, der Kuppa. Ob eine Fertigung in Einzelteilen wegen eines beschwerlichen und weiten Transportweges gewählt wurde oder wegen der morphologischen Charakteristik des Materials geraten schien, kann nur vermutet werden. Eine monolithische Bearbeitung wäre wohl ebenso denkbar und ist für andere Beispiele belegt. 32 Nach jetzigem Kenntnisstand kann eine spätere Zerlegung in Segmente weitgehend ausgeschlossen werden. 33 Letzte Sicherheit bringt allerdings erst eine gezielte Befunduntersuchung. In ihrem tektonischen Aufbau aus den tragenden Elementen Fuß und Schaft und dem aufliegenden Funktionselement, dem Taufbecken, weisen alle Teile eine klare, ihrer Bestimmung entsprechende Formgebung auf. Die breite Basis trägt die Hauptlast und verteilt diese mit ihrer großen runden Standfläche auf den Boden. Aus dem 0,14 m hohen Sockelfuß erwächst eine flache Kehle und geht in die sich verjüngende Stütze über. Diese bildet somit die Form eines Kegelstumpfs aus. Den Übergang zwischen Basis und Stütze markiert eine, sicher überarbeitete, etwa 2 cm breite Fuge. Am oberen Ende des Schafts tritt eine kräftige Wulst hervor, die neben ihrer plastischen Erscheinung die Auflagefläche verbreitert und vermittelnd zu dem zylindrischen, flach gewölbten Becken wirkt. 32 Die Granitkufe in Klein Schwechten ist aus einem Monolith gearbeitet. Bei kelchförmigen Taufen sind uns keine Untersuchungsergebnisse bekannt. 33 Im Zuge einer ersten visuellen Untersuchung ( ) hat Torsten Arnold, Restaurator beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (LDA), Hinweise zu Herstellung und Bearbeitung der Taufe gegeben. Für die schnelle fachliche Unterstützung möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

18 18 Abb. 8 Die vier Köpfe der Steinfelder Taufe Vier nahezu vollplastisch ausgearbeitete Köpfe ragen weit aus Schaft und Wulstring hervor (Abb. 8). Nur einer von ihnen hat Verbindung zur Kuppa, gleichsam wie ein Träger bzw. eine Konsole. 34 Alle Köpfe sind aus dem Block des Schafts geschlagen. Erkennbare Hiebe des Beizeisens prägen die fein ausgearbeiteten Details an Gesichtszügen, Haartracht und Kopfbedeckung. 34 Möglicherweise ist beim Versetzen der Taufe die Kuppa nicht wieder in die ursprüngliche Lage gebracht worden, so dass die Passgenauigkeit zu den Köpfen verloren ging.

19 19 Bei genauer Betrachtung fällt allerdings auf, dass trotz der sehr akkuraten Steinbearbeitung alle Köpfe identisch gestaltete Gesichtszüge aufweisen. Pudelko spricht in diesem Zusammenhang vom Formmittel des Parallelismus. 35 Abb. 9 Kopf mit Reif Abb. 10 Kopf mit Reif Abb. 11 Kopf mit Krone Abb. 12 Kopf mit Kappe In der byzantinischen Kunst bediente man sich dieser Ausdrucksform, um Strenge und Erhabenheit hervorzuheben. Die Augen sind bei allen Steinfelder Köpfen in der seit frühromanischer Zeit üblichen Mandelform ausgeprägt. Ansatzlos geht der stilisiert wirkende Brauenbereich in den immer gleichen, schmalen Nasenrücken über. Dieser wiederum läuft bei allen Gesichtern auf ähnliche Weise in breite, gedrückt wirkende Nasenflügel aus. Die kaum variierte, schmale Mundform mit leicht vorgeschobener Unter- 35 Wie Anm. 30, S. 140.

20 20 lippe und hängenden Mundwinkeln verleiht den Gesichtern einen aus heutiger Sicht etwas»mürrischen«ausdruck, könnte aber auch dem Bedeutungsinhalt geschuldet sein. Mit einer angenommenen Fassung (s. u.) ist von einer subtileren Mimik auszugehen. Alle Köpfe prägt zudem eine schwellende, leicht hängend anmutende Kinnpartie. Fast könnte man glauben, die Köpfe entstammen einem Musterbuch, deren Individualisierung mittels der Details Bart, Haare und Kopfbedeckung vorgenommen wurde. Zwei der Köpfe tragen einen reifartigen Kopfschmuck, ein Kopf ist mit einem Diadem oder gar einer Krone besetzt (Abb. 9 11). Diese Interpretation wird noch durch die runden Ausarbeitungen bestärkt, die sicher als Fassungen für Schmucksteine dienten. Der vierte Kopf ist mit einer weichen flachen Kappe bedeckt, die wie eine breite Zunge über seine Stirn hängt (Abb. 12). Nur dieser Kopf hat streng über den Ohransatz gelegtes Haar, die Ohrmuscheln sind überhaupt nur bei ihm sichtbar. Ihre Form hat nichts Natürliches, sie wirken vielmehr wie angeheftet. Die Haartracht der anderen drei Köpfe wiederum erinnert an einen Pagenschnitt, der jeweils scharf konturiert das Gesicht rahmt und tief in die Stirn ragt. Neben der schon im Inventar erwähnten Verschleifung der Oberfläche mit einer Gipsschlemme, ist der Hinweis auf Farbspuren ganz wesentlich. 36 Bei näherer Betrachtung erkennt man unschwer blaue und fast überall rote Pigmente. Im Inneren des Beckens ist der Stein nur grob zugehauen (Abb. 13). Das trifft gleichermaßen für den Rand wie auch den sich zur Mitte hin senkenden Boden zu. Ferner sind hier weder Spuren einer ausgleichenden Schlemme noch Farbreste zu sehen. Dies lässt darauf schließen, dass hier eine Schale als Einsatz Verwendung fand. Im unweit gelegenen Ort Ristedt hat sich ein derartiger Taufeinsatz erhalten (Abb. 14). Zudem befinden sich am äußeren Rand des Beckens zwei in Blei eingegossene Metallösen (Abb. 6), die auf einen gleichfalls metallenen Deckel hindeuten. Vergleichbare Gestaltungen sind in einzelnen Fällen im Original überliefert. In der Vergangenheit fand die Taufe von Steinfeld nur wenig Beachtung. Das Inventar der Kunstdenkmale der Provinz Sachsen von 1933 beschreibt einen Taufstein in Pokalform aus dem 13. Jahrhundert. Dieser besteht aus drei Sandsteinteilen, am Schaft zwei Frauen- und zwei Männerköpfe. 37 In der Neuausgabe des»dehio«wird diese Beschreibung wiederholt. 38 Auf eine 36 Hossfeld, Friedrich/Haetge, Ernst: Kunstdenkmale der Provinz Sachsen. Bd. 3: Kreis Stendal, Burg 1933, S Hossfeld/Haetge, wie Anm Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt I, Regierungsbezirk Magdeburg, München/Berlin 2002, S. 877 f.

21 21 ikonografische Bewertung verzichtete man und es fehlen Aussagen, woraus eine Differenzierung nach dem Geschlecht abzuleiten ist. Eine genauere Deutung wäre unter Umständen schon mit einer vollständigeren Überlieferung der Bemalung möglich gewesen. Zweifelsfrei kann nur der bärtige Kopf als Mann bestimmt werden. Die Physiognomie oder der individuelle Kopfschmuck lassen keine sichere Aussage zu. Im Hochmittelalter waren Frauendarstellungen auf einen kleinen Kreis von biblischen und Heiligengestalten begrenzt. Die Naumburger Stifterfiguren aus einem profanen Personenkreis kündigen zwar einen Umbruch an, allerdings kommt der Platz an einem Taufgefäß nur für einen thematisch begrenzten Figurenkreis infrage. Neben alt- und neutestamentarischen, insbesondere christologischen Bildinhalten finden sich zahlreiche Beispiele mit allegorischem Themenbezug. Abb. 13 Steinfeld, Innenseite des Taufsteinbeckens

22 22 Abb. 14 Taufstein in der Kirche von Ristedt mit bronzenem Taufeinsatz Im Zeitalter der Romanik ( ) gewann die figürliche Darstellung in der Plastik größeren Raum, in aller Regel aber architektur- bzw. objektgebunden. Gewählte Sujets waren biblische Gestalten (Propheten, Evangelisten u. a.) oder Szenen und Ereignisse (z. B. Thronende Muttergottes, Kluge und Törichte Jungfrauen, Taufe Christi) mit sinnbildhaftem Inhalt, der häufig Bezug zum Anbringungsort aufweist. Die aus der Kleinkunst (z. B. Elfenbeinarbeiten), der Buchmalerei oder der Goldschmiedekunst herrührenden Einflüsse fanden im 11. Jahrhundert Eingang in die Plastik. In Italien und allen römisch kultivierten Regionen wirkten die Einflüsse natürlich unmittelbarer, nach und nach eroberte diese Art der Gestaltung Gebiete Nord- und Osteuropas, ohne dass hier entsprechende Vorbilder bekannt waren. In aller Regel entstanden dort die ersten Werke der Bildhauerkunst unter äußerem Einfluss, welcher sich vor allem durch Künstler aus Oberitalien und dem Rheinland ergab.

23 23 Seit dem 12. Jahrhundert nahmen die künstlerischen und handwerklichen Impulse aus Frankreich und den angrenzenden nördlichen Gebieten zwischen der Normandie und dem Maasgebiet zu. Die Plastik stand zunehmend unter dem Einfluss von Bauhütten an den Kathedralneubauten wie Chartres, Reims, Amiens und Laon. Zahlreiche Beispiele von Taufgefäßen des 12./13. Jahrhunderts weisen Gestaltungen auf, die unmittelbar mit dem Taufritual und dem christlichen Heilsverständnis zu verbinden sind. Die Taufe ist gleichbedeutend mit dem ersten Schritt des Menschen zum rechten Glauben und erst mit diesem Mysterium eröffneten sich die Aussichten auf Erlösung und Eingang ins Paradies. Daher steht Taufe, Tod und Auferstehung in unmittelbarem Zusammenhang. 39 Die Taufe ist das magische Ritual, für das auch das Gefäß in Steinfeld geschaffen wurde. Die Versinnbildlichung des möglichen Paradieses erfolgt in der Gestaltung des Taufbeckens mit den vier Köpfen. In Zentren der romanischen Bildhauerkunst, im belgischen Tournai und in Namur, entstanden beispielsweise die archaisch anmutenden Taufen für die Kirchen in Laon 40 und Gosnes. 41 In Köln ist eine pokalförmige Taufe mit einem ähnlichen Formenrepertoire ausgestattet (vier Masken zwischen Löwenreliefs). All diese etwas grob wirkenden Stücke haben zylindrische Becken und plastisch ausgearbeitete Köpfe. Eine erheblich elegantere Arbeit hat sich in Archennes (Abb. 15) erhalten. 42 In der Detailbehandlung von Haaren, Gesichtszügen und vor allem mit der Darstellung eines gekrönten Hauptes weist die Taufe gewisse formale Bezüge zu Steinfeld auf. Die Fünte im Dom zu Hildesheim stammt aus der Zeit um 1220/30. Hier strömt Wasser aus Amphoren, die von antik anmutenden Trägerfiguren gehalten werden. Eine der Figuren ist wie in Steinfeld als Bärtiger wiedergegeben. Der Topos mit vier Figuren oder Köpfen als Allegorie auf die Paradiesflüsse hielt seit der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts Einzug in die Bildgestaltung an Taufgefäßen. Auch in Mitteldeutschland finden sich Beispiele für Taufen mit derartigen Bildwerken. Die Kirche in Nedlitz bei Leitzkau besitzt einen Taufstein mit jetzt drei, ehemals vier Trägerfiguren. Im Dom zu Merseburg sind im Sockelrelief die Paradiesflüsse dargestellt. Im Bremer Dom reiten vier Trägerfiguren auf Löwen, während in Brandenburg grazile stehende Figuren die Bronzefünte tragen. 39 Pudelko, wie Anm. 30, S Pudelko, wie Anm. 30, S Pudelko, wie Anm. 30, Taf. V, Pudelko, wie Anm. 30, Taf. VII, 2.

24 24 Abb. 15 Archennes/Belgien, Kuppa der Taufe mit bekröntem Haupt Abb. 16 Isterbies, Taufstein mit Fries und Fassung Abb. 17 Zeddenick, Taufstein mit Fassung Die christliche Ikonografie, die sich auf die alttestamentarische und diese wiederum auf die ältere persische Tradition bezieht, geht von vier Paradiesflüssen aus. Phison, Geon, Tigris und Euphrat sind die vier Teile des Stromes, welcher das Paradies bewässert. 43 Als Synonym der Paradiesflüsse gilt die Verbreitung der Evangelien, die das Wort Gottes in die Welt tragen. Da die Taufe immer auch der Reinigung vom Irrglauben und der Überwindung 43 Lexikon der Christlichen Ikonographie, Freiburg i. Br. 1971, Ausg. 1994, Bd. 3, S. 382 f.

25 25 teuflischer Mächte diente, vor allem in der personifizierten germanischen Götterwelt, kam der Abwehr des Bösen außerordentliche Bedeutung zu. Daher wurden häufig Ungeheuer und starre Masken an Taufen angebracht, die apotropäische Wirkung entfalten sollten. 44 Folgt man dieser Interpretation, dann hat der Schöpfer der Steinfelder Taufe wie andere Künstler seiner Zeit eine Summe bildhafter Visionen in einer abstrakten Form vereint, deren Inhalt den Gläubigen geläufig war und der sie emotional stark berührte. Mittelalterliche Taufen wurden fast ausschließlich aus Metall oder Stein gefertigt. 45 Das vorgestellte Taufgefäß gehört zu den aus Naturstein gearbeiteten Exemplaren. Neben häufig verwendeten Materialien Sandstein und Granit finden sich Beispiel aus Kalkstein und verputztem oder überfasstem Backstein in den Landkirchen der Altmark. Allerdings besteht die Taufe in Steinfeld nicht aus Sandstein, wie»inventar«und»dehio«angeben, sondern aus einem grauen, sehr grob strukturierten Kalkstein. 46 Untersuchungen zum Herkunftsort des verwendeten Steinmaterials haben bisher zu keinem gesicherten Ergebnis geführt. 47 Augenscheinlich vergleichbares Material verwendete der Steinmetz in Jeeben. Dieser folgte aber einer anderen stilistischen Tradition. Während in Steinfeld ein sehr flaches zylindrisches Becken geformt wurde, hat die Jeebener Taufe eine hohe Kuppa, die deutlich mehr der Pokalform entspricht. An ihr ist keine gemalte oder plastische Dekoration erkennbar, was nicht bedeutet, dass es in der Vergangenheit keinen Schmuck gab. Wie vielfältig man sich solche Dekorationen vorstellen muss, zeigen die romanische Taufe in Wallwitz mit Bogenfries am Beckenrand, von Isterbies mit Akanthusrelief und roter Fassung (Abb. 16) sowie die frühgotische Fünte in Zeddenick mit Ornamentfries und einer markanten Marmorierung (Abb. 17). Die schon erwähnte Taufe in Ristedt besitzt mit einem kleinen Kreuzigungsrelief an der Vorderseite, eines der wenigen Beispiele von Figurenschmuck aus spätromanischer Zeit in der Region. Mithin ist dies auch Zeugnis der archaischen 44 Pudelko, wie Anm. 30, S Reinle, Adolf: Die Ausstattung deutscher Kirchen im Mittelalter, Darmstadt 1988, S Hossfeld/Haetge, wie Anm. 35; Dehio, wie Anm Eine erste Analyse durch Frau Dr. Jeannine Meinhardt vom Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V. (IDK) hat kein zweifelsfreies Ergebnis erbracht. Ihr sei an dieser Stelle für die kurzfristige Unterstützung herzlich gedankt. Die geringen Kalksteinvorkommen in der Altmark, in Brüchen bei Altmersleben, kommen wegen ihrer Zusammensetzung nicht in Betracht. Die durch weitreichende Exporte im Hoch- und Spätmittelalter gestreuten gotländischen Varietäten bedürfen weiterer Überprüfung.

26 26 Formensprache, die weder auf ein tradiertes Repertoire noch auf bildhauerisch geschulte Handwerker zurückgreifen konnte (Abb. 18). Abb. 18 Taufstein in der Kirche von Ristedt mit Kreuzigungsrelief auf der Kuppa Abb. 19 Altenkirchen, Taufstein, 2012 Abb. 20 Altenkirchen, Taufstein, nach Westen gerichteter Kopf mit Spuren einer graublauen Schlemme

27 27 Auf Fassungsreste an der Taufe in Steinfeld wurde schon hingewiesen. 1 Sie deuten auf eine Farbgebung, die den gesamten sichtbaren Außenbereich des Steins umfasste. Bemerkenswert ist der Umstand, dass die Taufe vor ihrer Bemalung geglättet wurde. Das bedeutet, dass das wertvolle Natursteinmaterial mit einer Stuckschlemme überzogen und geschliffen wurde, um eine saubere und leichter zu bearbeitende Oberfläche bzw. einen Malgrund zu erhalten. Dass dieser Arbeitsschritt nicht nur die planen Flächen betraf, sondern auch die plastischen Bereiche, kann man gut an dem Wulstring, aber mehr noch an den Köpfen erkennen. Sicher folgte die Ausführung einem bestimmten Schema im Arbeitsablauf. Aufgrund einer Reihe von ähnlich gestalteten Taufen ist anzunehmen, dass es sich um ein Auftragswerk handelte, bei dem ein versierter Bildhauer auf bekannte Motive zurückgriff. Seine künstlerische Ausdruckskraft ermöglichte ihm allerdings eine sehr individuelle Umsetzung. Der Typus der pokalförmigen Taufe trat ab dem frühen 12. Jahrhundert auf und verbreitete sich dann schnell in ganz Europa. Das Motiv mit Köpfen tauchte in der Mitte des 12. Jahrhunderts vermehrt in Namur im heutigen Belgien auf, wo die romanische Bildhauerkunst im Maasgebiet eine frühe Blüte erlebte. Zahlreiche Taufen aus Metalllegierungen und Stein sind für diese Region, das angrenzende Nordfrankreich, das Rheinland, England und den Nordseeraum belegt. In Schleswig-Holstein gibt es eine Anzahl von Taufsteinen, die ihre Entstehung Werkstätten an Maas und Rhein verdanken bzw. aus gotländischer Provenienz stammen. 48 Mit Sicherheit fand ein befruchtender Austausch zwischen den Regionen statt. Darauf hingewiesen haben schon Raphael Ligtenberg und Adolph Goldschmidt. 49 Georg Pudelko kommt das Verdienst zu, in einer ersten großen Zusammenschau des Themas die vielen regionalen Untersuchungsergebnisse und fachwissenschaftlichen Erkenntnisse im Kontext betrachtet und kritisch ausgewertet zu haben. Für Gotland hat Johnny Roosval 1918 in einer grundlegenden Studie die stilistische Verbindung von dortigen Bildhauerwerkstätten aufgezeigt, die in der Nachfolge der Bauhütte des Doms von Lund standen. 50 Deren intensive 48 Sauermann, Ernst: Die mittelalterlichen Taufsteine der Provinz Schleswig-Holstein, Flensburg Ligtenberg, Raphael: Die romanische Steinplastik in den nördlichen Niederlanden. T. 1: Die Reliefplastik und der Bauornamentik erster Teil, Den Haag 1918; Goldschmidt, Adolph: Romanische Plastik, in: Clemen, Paul (Hrsg.): Belgische Kunstdenkmäler, München Roosval, Johnny: Die Steinmeister Gottlands. Eine Geschichte der führenden Taufsteinwerkstätte des schwedischen Mittelalters, ihrer Voraussetzungen und Begleiterscheinungen, Stockholm 1918.

28 28 Kontakte zur aufstrebenden Hanse, die in Visby einen bedeutenden Stützpunkt unterhielt, bewirkte die Verbreitung ihrer Bildwerke im gesamten Ostseeraum. Die reich gestalteten Arbeiten der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts können hier nur wegen der Entwicklung des Kelchtyps mit zylindrischem Becken von Interesse sein. Sie sind überwiegend aus weichem, gut zu bearbeitendem Sandstein hergestellt. Erst um 1200 wurde bevorzugt härterer Kalkstein verwendet, der schwierigere Bearbeitungsmöglichkeiten bot, sich dafür aber eher für geglättete bis polierte Steinoberflächen eignete. Roosval sieht darin eine Entwicklung zur gotischen Formensprache, die Mitte des 13. Jahrhunderts figurenlose Pokaltaufen mit muschelförmiger Kuppa hervorbrachten (z. B. Böel, Schleswig-Holstein, nach 1230). 51 Demnach gehört die Taufe in Steinfeld einem Übergangsstil an, der noch den zylindrischen Kuppatyp und eine stark reduzierte, figürliche Dekoration besaß. Roosval schreibt einige dieser Arbeiten einem»calcarius«bezeichneten Bildhauer zu. 52 Dass der Taufentypus mit zylindrischer Kuppa und Köpfen an der Stütze eine Zeit lang sehr beliebt war, belegen Beispiele aus Attmar und Stöde (Schweden), Satorp (Schleswig-Holstein) und Vaale (Norwegen). 53 Ein bemerkenswertes Werk, das ebenfalls zu diesem Typus gehört, ist der Taufstein von Altenkirchen/Rügen (Abb. 19). 54 Dieser zeigt vier Maskenköpfe, die als Allegorien der Paradiesflüsse gedeutet werden. Als Material fand wie in Steinfeld ein grauer Kalkstein Verwendung. Reste einer blauen Farbfassung sind an den Steinoberflächen beider Taufen zu erkennen. Ob in Altenkirchen das gleichfalls stark geklüftete Material mit einer Stuckschlemme geglättet wurde, kann nur eine restauratorische Analyse klären. Die Köpfe in Altenkirchen sind zwar am Kupparand angeordnet, stehen den Steinfeldern aber qualitativ in nichts nach. Das Becken, obwohl etwas kleiner, weist ähnliche Proportionen, einen vergleichbaren formalen Aufbau bis hin zu bemerkenswerten Detailanalogien wie der scharf konturierten, zylindrischen Kuppa mit flacher Wölbung auf. Die Köpfe stehen in Altenkirchen weit aus dem Beckenrand hervor (Abb. 20). Wie in Steinfeld sind auch hier die Köpfe streng nach vier Seiten ausgerichtet, ohne untereinander einen Bezug aufzuweisen. Zwei der Altenkirchener Gesichter wenden sich auf eigentümliche Weise aus der starren Blickachse, was an eine stilistische Weiterentwicklung denken lässt. Übereinstimmend wirkt dagegen die formale Stilistik der schematisch aufge- 51 Roosval, wie Anm. 49, S Roosval, wie Anm. 49, S Roosval, wie Anm. 49, S. 197, 201, Taf. LXI Ohle, Walter/Baier, Gerd: Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen, Leipzig 1963, S. 65.

29 29 bauten Köpfe, die nur durch die individuelle Haartracht unterschieden sind. So ist die Mimik auch hier bei allen Figuren nahezu gleich, die Mundwinkel sind allerdings zu einem gefrorenen Lächeln nach oben gezogen. Beide Taufsteine besitzen einen Bartträger, aber im Unterschied zu Steinfeld sind alle Köpfe der Taufe in Altenkirchen ohne Kopfbedeckung dargestellt. Die geringen formalen Abweichungen lassen auf eine zeitnahe Entstehung der beiden Steinbildwerke schließen. Das offensichtlich vergleichbare Herangehen an die Umsetzung des ikonographischen Programms legt eine Herkunft, zumindest aber eine gemeinsame Schule der Bildhauer nahe. In Ermanglung von inschriftlicher Datierung oder anderer Quellen zum Gegenstand konnte nur über formale und stilistische Merkmale eine Annäherung an die Entstehungszeit erfolgen, Gleiches gilt für die Herkunft. Verbindet man die Errichtung der Kirche (1218d) mit der Anfertigung der Taufe, so wäre von einer Entstehung um 1220/25 auszugehen. Ob das Werk überhaupt für die hiesige Kirche angefertigt worden ist, bleibt ungewiss. Rein formal gehört die stark stilisierte, fast vollplastische Ausbildung der Maskenköpfe in die hochromanische Bildwelt des mittleren 12. Jahrhunderts, während die Gefäßform selbst schon eine Weiterentwicklung des Kelchmotivs des 13. Jahrhunderts verkörpert. Zweifellos ist die Taufe von Steinfeld für die Altmark in jeder Beziehung ungewöhnlich. Da wäre zunächst das Material, das in der notwendigen Qualität in der natursteinarmen Altmark nicht zu finden war. Die Materialbehandlung mit einer bis ins Detail fein bearbeiteten Steinoberfläche findet in den Dorfkirchen der Region keine Parallele. Schließlich fällt die Gestaltung des Taufsteines selbst aus dem üblichen Rahmen. Auffallend sind die ausgewogenen Proportionen des Steinwerks und die bildnerische Qualität der Köpfe. Es ist daher kaum vorstellbar, dass ein lokaler Handwerker in der zeit- und ortsbezogen noch sehr bilderarmen Welt zu derartigen Schöpfungen gekommen ist. Vermutung kann nur bleiben, ob ein auswärtiger Künstler Anfang des 13. Jahrhunderts an einem der großen Domprojekte in Stendal, Halberstadt oder Magdeburg tätig war und sein Können auch anderen Auftraggebern zur Verfügung stellte. Rein formal weisen Material, Formensprache und Gestaltungsmerkmale auf eine skandinavische Herkunft, am ehesten nach Gotland, wo es seit der Mitte des 12. Jahrhunderts mehrere Werkstätten mit weit überregionaler Ausstrahlung gab. Wenn auch nicht vorbildlich, so doch bei Material, Steinbehandlung, Formgebung und Ikonografie steht der Taufstein in Altenkirchen auf Rügen zur Steinfelder Taufe in enger Beziehung.

30 Abbildungen LDA: 1, 4 (Fotoarchiv), 2, 3, 5 6, 8-13, 15-17, (Falko Grubitzsch) Ulf Frommhagen, Seethen: 7, 14, 18 Pudelko, wie Anm. 30, Taf. VII, 2: 14 30

31 31 Leveke von Mengersen geb. Schenk von Flechtingen ( ) Eine altmärkische Adelige im weserländischen Exil von Bernd-Wilhelm Linnemeier...von wegen der liebe so ich zu meinem stammen und geschlechte der Schencken drage Vorbemerkung Das im Jahre 1853 mit Carl Jacob Friedrich von Schenck 2 ausgestorbene ältere Haus der Schenken von Flechtingen 3 ist bis dato keiner ernst zu nehmenden historischen Betrachtung unterzogen worden, wenngleich historiographische Bemühungen hinsichtlich dieser hochangesehenen Adelsfamilie der südlichen Altmark bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts zurückreichen, um im frühen 19. Jahrhundert nochmals aufgenommen zu werden. Die entsprechenden Passagen bei Samuel Walther 4 oder bei Peter Wilhelm Behrends 5 dürften zwar angesichts ihres mehr oder minder hohen Gehalts an legendären bzw. spekulativen Elementen aus heutiger Sicht kaum noch als zitierfähig gelten; gleichwohl scheint sich ihre unkritische Rezeption und der 1 Niedersächsisches Landesarchiv, Staatsarchiv Bückeburg (im Folgenden abgek. StABÜ ), Dep. 6, GH, A, Nr. 105, Testament der Leveke v. Mengersen geb. Schenk von Flechtingen, 1617 Januar 10 (notariell beglaubigte Abschrift d. 17. Jhs.), unpaginiert. Da Leveke das offenbar verlorene Original ihres Testaments nach eigener Angabe selbst verfasst hat, besteht kein Zweifel daran, dass auch die oben angeführte Passage kaum als Schöpfung eines beratenden Juristen, sondern als ihre eigene Formulierung gelten kann. 2 Gothaisches genealogisches Taschenbuch der Uradeligen Häuser, Jg. 18, 1917, S ; hier: S Die aus außerehelicher Verbindung hervorgegangene briefadelige Nachkommenschaft des preußischen Generalleutnants a.d. Wilhelm Friedrich von Schenck ( ), durch Adelslegitimation 1788 November 11 mit dem Namen von Schenck versehen (Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser Jg. 12, 1918, S ), sowie die erst durch Namens- und Wappenänderung zu dem Namen von Schenck gelangten Nachkommen des Generals von Peucker (Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser Jg. 11, 1917, S. 749) können hier außer Betracht bleiben. 4 Samuel Walther, Magdeburgische Merckwürdigkeiten [...], Teil VII, Magdeburg/Leipzig 1737, S Peter Wilhelm Behrends, Neuhaldenslebische Kreis-Chronik oder Geschichte aller Oerter des landräthlichen Kreises Neuhaldensleben im Magdeburgischen, Teil 2, Neuhaldensleben 1826, S

32 32 Rückgriff auf fragwürdige familienhistorische Elaborate der 1930er Jahre 6 zu einer lokalen Gepflogenheit ausgewachsen zu haben 7. Eine knappe Skizze zur älteren Geschichte der Schenken dürfte daher als Einführung sinnvoll sein, bevor mit Leveke von Mengersen geb. Schenk von Flechtingen eine frühneuzeitliche Exponentin der Familie in den Mittelpunkt dieser Arbeit tritt. Die Schenken, deren historische Präsenz seit dem Jahre 1196 als gesichert gelten kann 8, während ältere, bislang unbeachtete Spuren innerhalb der urkundlichen Überlieferung bis in das erste Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts hinaufreichen mögen 9, zählten zum landsässigen Adel einer vielherrigen Übergangsregion, innerhalb derer sich der spätmittelalterliche Territorialisierungsprozess vor dem Hintergrund rivalisierender Mächte wie des Erz- 6 Gemeint ist jene zweiteilige Arbeit der Maria von Schenck geb. von Roux, die unter dem Titel Die Schencken-Chronik ein Sippenschicksal aus der Altmark erstmals 1936 in Berlin- Hermsdorf erschien und, nachdem alle lesbaren Exemplare aus naheliegenden Gründen vernichtet worden waren, 1965 in Bad Neuenahr erneut zu Drucke kam. Die Verfasserin dieses ideologisch überfrachteten Werkes gehörte durch Heirat dem 1788 legitimierten Zweig der Familie (s.o. Anm. 3) an. 7 In diesem Zusammenhang ist zunächst der weitestgehend von der Schencken-Chronik abhängige Friedrich Draffehn zu nennen (Ders., Chronik Luftkurort Flechtingen, o.o. 2003, S inklusive einer S angehängten Stammtafel von Kurt Buchmann); sodann sind die lokalgeschichtlichen Aufzeichnungen des Flechtinger Pfarrers Hermann Willing anzuführen, die im Jahre 2011 von der Kirchengemeinde Flechtingen herausgegeben wurden (Auf steinigem Grund Flechtinger Chronik des Pastor Willing mit Fotografien von Albert Jennrich, hrg. anlässlich der 1050-Jahr-Feier von Flechtingen durch die Evangelische Kirchengemeinde Flechtingen, o.o., 2011). Ohne die Qualität der Willing schen Aufzeichnungen als zeitgeschichtliche Quelle für das 19. Jahrhundert in Abrede stellen zu wollen, muss auf die deutlichen methodisch-inhaltlichen Schwächen seiner Ausführungen zur lokalen Adelsgeschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit und seine Abhängigkeit vor allem von Behrends sowie die vielfach fehlerhaften Quellenangaben hingewiesen werden. 8 Und zwar mit Alvericus de Donstede 1196 und 1216 (Gustav Schmidt (Bearb.), Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe, Teil 1-4, Leipzig (im Folgenden abgek.: UBHBS I usw.), hier: I, S. 333, Nr. 371, ad 1196 sowie S. 439, Nr. 494 ad 1216 [jeweils als ministerialer Zeuge bischöflicher Urkk. an bevorzugter Stelle]). Auch um 1210 erscheint Alvricus de Tonstete im Gefolge Bischof Friedrichs von Halberstadt (Urkundenbuch des Augustinerchorfrauenstifts Marienberg b. Helmstedt, bearb. durch H.-R. Jarck (im Folgenden abgek.: UB Marienberg), Hannover 1998, S , Nr. 10, undat.). 9 Angesichts der bei den mittelalterlichen Schenken unübersehbaren Dominanz des Leitnamens Alvericus ist mit Blick auf die Frühzeit des Geschlechts eine Corveyer Urkunde von 1106 im Auge zu behalten, wonach sich damals u.a ein Freier namens Alvericus mit Einverständnis seines Vaters Reding und seines Großvaters Alvericus sowie seiner beiden Onkel namens Alvericus und Adelbertus in den Dienst der von Corvey abhängigen Kirche Gröningen begibt (UBHBS I, S , Nr. 123 ad 1106). Genannt werden in diesem Zusammenhang Güter in Dalethorp (bei Kroppenstedt) und Horslevi (Harsleben?). Dieses Stück ist umso mehr von Wichtigkeit, als wir die Schenken noch bis zum Jahre 1296 als Corveyer Lehnsleute antreffen (Regest: UBHBS II, S. 579, Nr ad 1296), die dem Kloster damals zwei Hufen in Wiby bei Wegeleben zugunsten des Hochstifts Halberstadt aufließen.

33 33 stifts Magdeburg, des Stifts Halberstadt, der welfischen Herzogtümer Braunschweig und Lüneburg, der Markgrafschaft Brandenburg sowie einiger gräflicher Häuser nur langsam vollzog und, wie die spätere Existenz zahlreicher Exklaven zeigt, unvollkommen blieb 10. Durch den Lehnsbesitz u.a. des zunächst namengebenden Stammhauses Dönstedt 11 sahen sich die Vorväter der Schenken offenbar zunächst dem Erzstift Magdeburg verbunden 12 ; das seit 1234/35 als erbliches Lehen der Herren von Dönstedt nachgewiesene Schenkenamt des Hochstifts Halberstadt 13 inklusive der zugehörigen Güter hatte die dauerhafte Übernahme dieser Amtsbezeichnung als Teil des Familiennamens zur Folge. Als Vasallen der in der Region begüterten Grafen von Schwerin lassen sich Angehörige des Geschlechts seit den 70er Jahren des 13. Jahrhunderts ebenso beobachten 14 wie schon zu Beginn der 1280er Jahre im Umfeld der Grafen von Regenstein 15. Mit dem Aussterben der Regensteiner und dem Heimfall der Grafschaft an das Haus Braunschweig ging die 10 Etwa Burg und Amt Oebisfelde als Magdeburger Exklave im brandenburgischen Hoheitsgebiet, die erst spät unter welfische Oberherrschaft gelangte, die zuvor brandenburgische Wolfsburg der v. Bartensleben, das braunschweigische Klötze oder das halberstädtische Weferlingen nordnordöstlich von Helmstedt (vgl. u.a. Wolfgang Podehl, Burg und Herrschaft in der Mark Brandenburg Untersuchungen zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte unter bes. Berücksichtigung von Altmark, Neumark und Havelland, Köln u.a (Mitteldeutsche Forschungen 76), S. 159 sowie Berent Schwineköper, Hdb. d. Historischen Stätten Bd. 11 (Provinz Sachsen-Anhalt), Stuttgart 1975, S ; ). 11 Der im Schenkungsdiplom Ottos I. 961 erstmals greifbare Ortsname Dönstedt (MGH DD O I, Nr. 232 ad 961 Juli 29) wurde im Jahre 1950 in Bebertal II geändert und ist seitdem aus den amtlichen Verzeichnissen verschwunden. Das historische Kernstück des Dorfes, bestehend aus Kirche und Gutsanlage, bietet gegenwärtig ein Bild fortschreitenden Zerfalls, der offenbar erst um 1989 einsetzte (vgl. dagegen: Marie-Luise Harksen u.a., Die Kunstdenkmale des Kreises Haldensleben, Leipzig 1961, S ). 12 Die älteren Lehnsverhältnisse der Schenken liegen für Dönstedt allerdings noch im Dunkeln. Erst für das Jahr 1500 wird eine summarische Beschreibung der eigentlichen Gütersubstanz greifbar, die dem Jacob Schenk damals nach ihrer Wiedereinlösung aus Gläubigerhand durch den Magdeburger Dompropst Adolf von Anhalt erneut verliehen wurde (Behrends, Kreischronik 2 (wie Anm. 5), S. 136 ad 1500 August 25) und von nun an bis zu deren Aussterben bei der Familie blieb. Lehen der Erzbischöfe von Magdeburg lassen sich für die Schenken seit der Regierungszeit Albrechts II. ( ) u.a. in Domersleben, Groß Drakenstedt, Haldensleben, Hundisburg, Nord- und Hohendodeleben nachweisen (Gustav Hertel (Bearb.), Die ältesten Lehnbücher der Magdeburgischen Erzbischöfe, Halle 1883 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen Bd. 16), S UBHBS I, S. 565, Nr. 636 ad 1234 Juni 19 sowie S , Nr. 643, ad 1235 Juni UB Marienberg, S , Nr. 95, ad 1273 Juli 9 (Erxleben). Hiernach verkaufen die Gebrüder Heinrich und Alverich Schenk dem Stift Marienberg damals 8 Hufen in Kl.-Hakenstedt (Lehen des Gfn. Gunzelin, um deren Auflassung sie sich bemühen wollten). Auch in der zeitlich zwischen liegenden Lehnrolle der Gfn. von Schwerin treten Johannes und Albericus de Donstede als Inhaber von Lehen in Klein Wanzleben, in Remekeresleve und Klein Hakenstedt in Erscheinung (Wilhelm Frhr. v. Hammerstein, Die Besitzungen der Grafen von Schwerin am linken Elbufer [...], in: Zs. d. Hist. Vereins f. Niedersachsen, Jg. 1857, S ). 15 UB Marienberg, S. 103 ad 1283 April 23.

34 34 erst spät fassbare Lehnsherrschaft der Grafen gegenüber den Schenken auf die Herzöge zu Braunschweig-Wolfenbüttel über 16. Erste Kontakte der Halberstädter Erbschenken zu den askanischen Markgrafen von Brandenburg lassen sich 1273 feststellen und in der Folgezeit scheinen sich die Beziehungen intensiviert zu haben, um sich von 1314 bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts wiederum spürbar zu lockern 17. Die Gründung der Burg Flechtingen vor 1308 dürfte jedoch, wie Wolfgang Podehl zu Recht gegen die nicht zu verifizierenden Vermutungen der älteren Literatur annimmt, kaum auf brandenburgischem Lehngut, sondern auf Eigengut der Schenken erfolgt sein 18. Dieser Sachverhalt würde eine spätere Lehnsauftragung der Burg zugunsten Brandenburgs vor 1375 nicht ausschließen, selbst wenn sich die Herren auf Flechtingen möglicherweise zuvor vorübergehend den Lüneburger Herzögen angenähert haben sollten 19. Die bis hierhin nur grob skizzierte Mehrfachvasallität kann als Charakteristikum u.a. der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Schenken angesehen 16 Als Regensteiner Lehen sämtlicher Linien der Schenken werden ab 1569 Güter und Rechte in Domersleben, Aumersleben (Emersleben?), Wiedringen (?) und Steinforde (wohl zw. Haldensleben und Satuelle) greifbar (Georg Hermann Müller, Das Lehns- und Landesaufgebot unter Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, Hannover/Leipzig 1905, S. 425 (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens Bd. XXIII)); die weiteren, offenbar den Schenk schen Nebenlienien Hasselburg und Lemsell zustehenden Lehen regenstein schen Ursprungs (Müller, wie vor, S ) können hier übergangen werden. 17 Hier ist auf die Nähe des Heinrich Schenk von Flechtingen zu Markgraf Hermann und dessen unmündigem Sohn Johann V. ebenso hinzuweisen wie auf die jähe Abkehr u.a. der Schenken, der v. Alvensleben, v. Kröcher und v. Wanzleben von Johann V. und ihr Bündnis mit Dänemark (Podehl (wie Anm. 10), S ). Dem Hochstift Halberstadt blieben die Flechtinger u.a. durch die Übernahme der Pfandschaft Schwanebeck 1328 verbunden (UBHBS III, Nr. 2200; siehe dazu: Michael Scholz, Der Bischof als Landesherr. Zur Entwicklung des Hochstifts Halberstadt zum spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Territorium, in: Harz-Zeitschrift, 63. Jg., 2011, S ; hier: S. 34). 18 Podehl (wie Anm. 10), S Er wendet sich damit zu Recht gegen Behrends, der romantisierend von einer Belehnung der Schenken für die den Markgrafen erwiesenen treuen Dienste fabuliert (Behrends, Kreis-Chronik 2 (wie Anm. 5, S. 147); eine Darstellung, die auf lokaler Ebene begeistert kolportiert wurde (Willing (wie Anm. 7), S. 21). 19 Peter Michael Hahn, Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt. Die herrschaftliche Durchdringung des ländlichen Raumes zwischen Elbe und Aller ( ), Berlin/New York 1989 (Veröffentlichungen der HiKo zu Berlin, Bd. 72), S. 61. Die auf Podehl (wie Anm. 10), S. 159 zurückgehende Feststellung Hahns ist, soweit sie das Fehlen der Schenken in markgräflichen Urkunden zwischen 1314 und 1351 betrifft, durchaus nachvollziehbar; der bei Hahn S. 159, Anm. 72 genannte Barthold Schenk dürfte zwar dem Gesamthaus angehört, aber in keiner Beziehung zu Flechtingen gestanden haben. Wichtiger scheint da schon der von Hahn offenbar übersehene Weferlinger Dienstvertrag der beiden Flechtinger Schenken Johann und Heinrich gegenüber den Herzögen Otto und Wilhelm von Lüneburg aus dem Jahre 1327 (siehe Anm. 21).

35 35 werden 20, die mit der Anlage eines festen Hauses auf dem Grauwackefelsen im Flechtinger See (Abb. 2) nicht nur die Voraussetzung erfolgreicher Herrschaftsverdichtung im räumlichen Umfeld ihres von nun an namengebenden Hauptsitzes schufen 21, sondern damit auch in die innerhalb des regionalen Adels besonders herausgehobene Gruppe der beschlossten Geschlechter aufstiegen 22. Auf die wohl zu Beginn des 14. Jahrhunderts längst vollzogene, in ihrem Ablauf bis dato völlig unklare Aufteilung des Geschlechts in wenigstens zwei Linien sei hier nur der Vollständigkeit halber hingewiesen 23. Wichtiger ist der Sachverhalt, dass die Schenken von Flechtingen neben ihrem namensgebenden Halberstädter Hofamt spätestens seit dem Jahre 1442 auch das Erbkämmereramt der Kurmark innehatten 24. Als herausragende Figuren des 15. Jahrhunderts sind in diesem Zusammenhang die urkundlich erstmals 1439 auftretenden Gebrüder Rudolf und Werner Schenk zu nennen 25. Beide gehörten 1443 zu den ersten Rittern des 20 Vgl. mit Blick auf die den Schenken in dieser und sonst vielerlei Hinsicht vergleichbaren v. Alvensleben Hahn (wie vorige Anm.), S Bezeichnend für den selbstgewählten und rasch vollzogenen Namenswechsel ist die Urkunde der beiden Brüder Heinrich und Johann Schenk von Flechtingen, durch die sie sich mit ihrem offenbar pfandweise gehaltenen Anteil des Schlosses Weferlingen 1327 für drei Jahre in die Dienste der Herzöge Otto und Wilhelm von Lüneburg begeben. Während sie im Text als Hinrik un[de] Johan broedere gheheten de Schenken van Vlechtighe erscheinen, lautet die Siegelumschrift Johanns noch S[igillum] Johannis pincerne de Donstede (H. Sudendorf, Urkundenbuch der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg und ihrer Lande, (im Folgenden abgek. UB Herzöge ), Teil I, S. 234, Nr. 430 ad 1327 Juni 7; dort das Donstede als Dorstede verlesen). 22 Zum schlossgesessenen Adel der Altmark: Podehl (wie Anm. 10), S Zumindest lässt das Halberstädter Lehnregister von 1311 (Adolph Friedrich Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis, Berlin (im Folgenden abgek.: Riedel, CDB ), A XVII, S. 448) eine solche Trennung erkennen, die sich in der Vergabe unterschiedlicher Güterkomplexe an das Brüderpaar Hinricus und Alvericus pincernae de Donstede (=die hier noch mit ihrem früheren Herkunftsnamen auftretenden und zu gesamter Hand belehnten Erbauer der Burg Flechtingen) einerseits sowie an Hinricus pincerna de Emersleve andererseits ausdrückt, wobei letzterem als dem damals offenbar ältesten Vertreter des Hauses u.a. das Halberstädter Schenkenamt inklusive der zugehörigen Güter und Rechte verliehen wurde. 24 Riedel, CDB, A XXV, S, 324, Nr. 200 ad Die durch Podehl (wie Anm. 10), S. 160 unter Rückgriff auf regionale Burgenliteratur ins Spiel gebrachte und noch jüngst durch Winkelmann übernommene Zahl 1414 (Jan Winkelmann, Die Mark Brandenburg des 14. Jahrhunderts [...], Berlin 2011 (Studien zur brandenburgischen und vergleichenden Landesgeschichte 5), S. 308) hat sich bis dato nicht verifizieren lassen. Ich danke Herrn Dr. Christoph Volkmar, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abt. Magdeburg, Standort Wernigerode, für seine prompte Auskunft auf eine entspr. Anfrage betr. den Urkunden-Bestand des dort bewahrten Archivs von Schenck (E 76). 25 Und zwar damals zusammen mit zwei weiteren, offenbar jung verstorbenen Brüdern (Niedersächsisches Landesarchiv, Staatsarchiv Wolfenbüttel (im Folgenden abgek. StAWO ), 23 Urk 317, ad 1439 Januar 20) leben nur noch der sich inzwischen als Ritter bezeichnende Rudolf und sein Bruder Werner (UB Marienberg, S , Nr. 414, ad 1449 Mai 4).

36 36 Schwanenordens 26 ; Rudolf tritt außerdem zwischen 1444 und 1467 als brandenburgischer Rat 27 sowie zeitweilig gemeinsam mit dem Bruder Werner als Pfandherr auf Plaue sowie auf dem magdeburgischen Altenhausen in Erscheinung wird er letztmalig greifbar und war 1498 wohl schon seit Längerem nicht mehr am Leben 29. Rudolf ist es offenbar nicht gelungen, seine offenkundige Dynamik in politisch-wirtschaftlicher Hinsicht an seine Nachkommen weiterzugeben, denn die Exponenten der folgenden drei Generationen der Flechtinger Schenken traten, soweit bislang erkennbar, innerhalb der umrissenen Tätigkeitsfelder kaum in Erscheinung. Bereits unter Rudolfs drei Söhnen 30 tritt ein Phänomen auf, welches für jene Linie der Schenken, in deren Hand sich u.a. drei Viertel des Hauses Flechtingen befanden, während des gesamten 16. Jahrhunderts beinahe symptomatisch sein sollte: Gemeint ist eine erkennbare Kürze der Lebensspanne, die es schwer, wenn nicht gar unmöglich machte, längerfristige Aktivitäten zu entfalten mit dem Ziel, eine Erweiterung der ökonomischen Basis nicht nur anzubahnen, sondern auch dauerhaft zu sichern. Lediglich Jacob, Rudolfs Sohn (urk vor 26 Korrekterweise: Orden Unserer lieben Frauen auf dem Berge zu Brandenburg. Verz. von 1443 bei Riedel, CDB A I, S Kurfürst Friedrich verlieh seinem Rat Rudolf und dessen Bruder Werner 1444 August 4 die Anwartschaft auf einen Hof in Lichterfelde, welchen Claus Kannenberg zu Lehen trug (Riedel, CDB A XXV, S. 327); im gleichen Jahr reversierten sie sich gegenüber dem Kurfürsten wegen der Burg Flechtingen (Geheimes StaatsA Preußischer Kulturbesitz Berlin (im Folgenden abgek. GStAPK ), VII. HA, Märk. Ortschaften, Flechtingen Nr. 7 ad 1444 Mai 11). Als Rat des Kurfürsten erscheint Rudolf letztmalig 1469, als der Kurfürst die bereits zuvor erteilte Erlaubnis zum Bergwerksbetrieb bei Flechtingen erneuerte (Riedel, CDB A XXII, S , ad 1469 September 28). 28 Riedel, CDB A X, S. 21, wonach die beiden Markgrafen Friedrich dem Achim v. Kerkow sowie den Gebrüdern und Rittern Rudolf und Werner Schenken zu Flechtingen für 1700 rh. Gulden Schloss und Städtchen Plaue unter gewissen Bedingungen verpfänden, Spandau 1447 November 29. Zur Pfandschaft Altenhausen: Walther (wie Anm. 4), S ad 1448 Donnerstag nach Dionysii ohne konkrete Quellenangabe quittierte er den von Alvensleben die Rückzahlung eines Kredits, wofür sie ihm die halbe Burg Exleben verschrieben hatten (Siegmund Wilhelm Wohlbrück, Geschichtliche Nachrichten von dem Geschlechte von Alvensleben, 2. Teil, Berlin 1819, S. 115 ad 1474 Juni 9), nachdem er sich selbst 1472 als zu Erxleben wohnhaft bezeichnet (Walther (wie Anm. 4), S. 133 ad 1472 Mai 1). Jedenfalls ist er vor 1498 Oktober 31 verstorben. Damals gab nämlich sein bereits mündiger Sohn Jacob gegenüber dem Vetter und Familiensenior Sievert seine Einwilligung zur Vergabe eines Afterlehens (Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Magdeburg (im Folgenden abgek.: LHASA, MD ), E 76, Nr. 89 ad 1498 Oktober 31 sowie GStAPK, VII. HA. Nichtmärkische Urkunden, Flechtingen Nr. 4). 30 Nämlich Werner, der, obwohl verehelicht, offenbar ohne überlebende Nachkommen vor 1497 starb, Ludolf, der nur ein einziges Mal, nämlich 1483, genannt wird, sowie schließlich Jacob (urk. seit 1483, + vor 1521), der die Linie fortsetzte.

37 ), konnte mit dem Rückerwerb des Stammgutes Dönstedt aus Gläubigerhand und der Neubelehnung im Jahre 1500 offenbar einen gewissen Erfolg verbuchen, denn Dönstedt schied nunmehr aus dem Komplex der Samtlehen aus und kam in die alleinige Verfügungsgewalt der Hauptlinie auf Flechtingen 32. Ein Kontinuum anderer Art lässt sich mit Blick auf das Heiratsverhalten der Schenken von Flechtingen seit der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert beobachten: Man bewegte sich bei der Auswahl der Partnerinnen in einem durch Rang und Ansehen streng abgegrenzten Rahmen, der sich ausnahmslos durch den Besitz fester Häuser und möglichst zusätzlich durch die Inhaberschaft erblicher Hofämter definierte. In diesem Zusammenhang sind die von Honlage als langfristige Herren auf Burg Weferlingen und Erbküchenmeister der Herzöge von Braunschweig mit Blick auf Werner den Alten (urk ) 33 ebenso zu nennen wie die gleich mehrfach schloßgesessenen von Alvensleben als Erbtruchsessen des Hochstifts Halberstadt im Falle seines Sohnes Rudolf (urk ) Riedel, CDB C II, S. 498 ad 1521 Dezember 9, wo er im Zusammenhang mit der Belehnung seines offenbar einzigen Sohnes Barwert als verstorben genannt wird. 32 Zur Belehnung des Jahres 1500 s.o. Anm. 12. Im Jahre 1532 belehnte jedenfalls Georg von Anhalt in seiner Eigenschaft als Dompropst von Magdeburg die Witwe Barwerts und deren unmündigen Sohn mit Dönstedt (Hercynisches Archiv 1805, Bd. I, Stück 3, S ). 33 Seit dem späten 17. bzw. frühen 18. Jahrhundert spukt eine Angehörige des Meißener Geschlechts von Holleuffer als Ehefrau Werners des Alten in den Stammtafeln der Schenken herum (vgl. u.a. den handschriftl. Stammbaum des Geschlechts der Schencken zu Diepen in StAWO, 26 Slg 304 H); diese durch keinerlei Quellen gestützte Spekulation wird noch im Gotha von 1917 kolportiert (s.o. Anm. 2). Offenbar trat der Name Holleuffer schon frühzeitig an die Stelle des im 16. Jahrhundert zu Honleben verschliffenen und nicht mehr verstandenen Honlage. Der gelehrte Ludolf v. Münchhausen ( ) führt dagegen unter den mütterlichen Ahnen seiner Ehefrau Anna v. Bismarck an entsprechender Stelle die Eheleute Warner Schenck und Gödel von Hohnleben an (StABÜ, Dep. 3 GR, Nr. 1269, fol. 39v, undatiert, nach 1599). Hinter Hohnleben verbirgt sich, wie die entspr. Wappendarstellung an der Flechtinger Herrschaftsempore von 1592 deutlich macht, zweifelsfrei das Geschlecht v. Honlage, welches bis ins späte 15. Jh. auf Weferlingen saß (Scholz (wie Anm. 17), S. 38) und bis zu seinem Erlöschen im frühen 16. Jh. das Erbküchenmeisteramt des Herzogtums Braunschweig innehatte (Johann David Köhler, Historische Nachricht von den Erb- Land- Hof-Aemtern des Herzogthums Braunschweig und Lüneburg [...], Göttingen 1746, S ). 34 Die eheliche Verbindung Rudolfs mit einer Tochter des Hauses Alvensleben wird einerseits anhand der 16-stelligen Ahnenprobe für Werner Schenk von Flechtingen von 1592 an der Flechtinger Herrschaftsempore nachvollziehbar; andererseits benennt Ludolf v. Münchhausen (siehe vorige Anm.) die Ehepartnerin Rudolfs konkret als Gödel von Alvensleben. Der Wolfenbütteler Stammbaum (siehe vorige Anm.) liefert bei Rudolf gleichfalls den Vermerk: uxor eine von Alvensleben. Die Tatsache, dass einer der Söhne Rudolfs den zuvor bei den Schenken unüblichen Namen Ludolf trug, der als Leitname der Alvensleben auf Kalbe und Hundisburg gelten kann, mag einstweilen als Zuordnungshilfe für die anhand zeitgenössischer Quellen bisher nicht nachweisbare Ehefrau Rudolfs dienen.

38 38 Auch Jacob Schenk von Flechtingen als Repräsentant der folgenden Generation verband sich mit einer schlossgesessenen Familie, nämlich den von Jagow auf Aulosen, welchem Hause seine Gattin Leveke entstammte 35. Jacobs einziger nachweisbarer Sohn, der früh verstorbene Barwert (+ vor ), ehelichte schließlich Hippolyta v. Wenckstern aus einer der in der Lenzerwisch ansässigen Linien dieser Familie 37. Die Wencksterne sind durch den Vermerk des Landbuchs von 1375 als burgbesitzende Vasallen der Markgrafen von Brandenburg gesichert 38 ; sie stehen später mit immerhin vier Herrensitzen nahe der alten Wencksternburg in ihrer Bedeutung den bekannteren Familien der Region während des 15. und 16. Jahrhunderts kaum nach und treten zudem als Lehnsleute, vor allem aber als finanzkräftige Gläubiger des welfischen Herzogshauses während der ersten Hälfte 35 Auch sie entzieht sich bislang einer konkreten Einbindung in das personelle Gefüge ihrer Herkunftsfamilie. Sie wird bei dem nicht eben zuverlässigen Amtmann Behrendt im Rahmen der großangelegten Genealogie für Jacob von Schenck (als Teil der Leichenpredigt, Magdeburg 1732: Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Niedersächs. Landesbibliothek, Cm 9) als Tochter des Claus auf Aulosen und der Armgard v. Alvensleben bezeichnet; die zeitlich nähere Ahnenprobe für Werner Schenk von 1592 (vorige Anm.) lässt als Eltern der Leveke ein Ehepaar v. Jagow / v. Veltheim sichtbar werden. Zu den von Jagow auf Aulosen als Beschlosste der Altmark siehe Podehl (wie Anm. 10), S , Seine Ehefrau wird jedenfalls 1532 (s.o. Anm. 32) sowie nochmals 1536 als Witwe genannt (Riedel, CDB A XXII, S. 348 ad 1536). 37 Zu den mit mehreren dicht beieinander gelegenen Herrensitzen in der Lenzerwische angesessenen v. Wenckstern siehe neuerdings den instruktiven Beitrag von Gordon Thalmann, Adelssitz in der Prignitz das Wenckstern sche Wasserschloss in Kietz, in: Clemens Bergstedt u.a. (Hrg.), Im Dialog mit Raubrittern und schönen Madonnen Die Mark Brandenburg im späten Mittelalter, Berlin 2011, S Die dem Aufsatz beigegebene Stammtafel (S. 324) lässt noch keinen Anknüpfungspunkt für Hippolyta erkennbar werden; als Indiz für ihre möglichen Herkunft aus der Linie Wootz könnte der Sachverhalt gelten, dass der bei den Schenken bis dahin ungebräuchliche Eigenname Christoph (siehe unten Anm. 43) 1568 bei den Wencksternen auf Wootz belegt ist (Liselott Enders, Die Prignitz. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft vom 12. bis zum 18. Jahrhundert, Potsdam 2000 (Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Bd. 38), S. 289). Die Ahnenprobe des Kersten (I.) Schenk (siehe dessen Grabmal und steinernes Epitaph in der Kirche Flechtingen) und die seines Sohnes Werner von 1592 (s.o. Anm. 34) lassen des Weiteren den Rückschluss zu, dass Hippolytas Mutter eine v.d. Knesebeck aus der Weißen Linie zu Tylsen bzw. Kolborn war und keineswegs eine v. Bodendieck, wie Behrendt in den 1730er Jahren behauptet hat (ders. wie Anm. 35). In der 1661 gedruckten Leichenpredigt für Karsten Werner v. Dorstadt auf Emersleben, Nienburg usw. (Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel (im Folgenden abgek. HAB ), X a 1:8 (21)), der durch seine Mutter Elisabeth Schenk zu den Nachkommen der Hippolyta v. Wenckstern zählte, wird der Name ihrer Mutter mit Pollite v.d. Knesebeck aus dem Hause Collenbien (=Kolborn) möglicherweise zutreffend überliefert. 38 Podehl (wie Anm. 10), S Der umfangreiche brandenburgische Lehnsbesitz des Geschlechts in der Lenzerwische und umliegenden Orten wird im Jahre 1491 deutlich greifbar (Riedel, CDB A III, S. 504 ad 1491).

39 39 des 16. Jahrhunderts durchaus deutlich in Erscheinung 39. Ein wohlerhaltener Wappenstein am Südflügel der Flechtinger Burg dokumentiert Barwerts und seiner Ehefrau Bautätigkeit bzw. deren Abschluss Angesichts der Tatsache, dass sich das in Wernigerode bewahrte Archiv der Schenken von Flechtingen als mutmaßlich im frühen 19. Jahrhundert hemmungslos dezimierter Urkunden- und Aktenbestand darbietet 41 sowie mit Blick auf den Sachverhalt, dass internes Schriftgut für die allermeisten der bis etwa 1550 mit diesem Geschlecht verschwägerten Familien verloren zu sein scheint, lässt sich die Frage nach der konkreten Form und Gestaltung verwandtschaftlicher Kontakte nicht wirklich klären. Selbst die Verbindung zu den an Flechtingen beteiligten Lehnsvettern der Schenk schen Nebenlinie Lemsell bleibt, abgesehen von dürftigen Hinweisen der älteren Literatur, einigermaßen undeutlich 42. Erst ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert lässt eine zwar spärliche, aber doch brauchbare Überlieferung den Versuch zu, solche und ähnliche Fragen zu beantworten. 39 Unter der beachtenswerten Überlieferung im Niedersächsischen Landesarchiv, Hauptstaatsarchiv Hannover, seien lediglich die Stücke Celle Or. 30, Nr (ad 1532), Cal. Br. 22, Nr (ad ) und Dep. 37 A, Nr. 35 (ad 1538) besonders genannt. 40 Der über dem hofseitigen Eingang zum Südflügel im inneren Burghof angebrachte Stein (Abb. 3) zeigt die Wappen Schenk und Wenckstern beiderseits eines gepanzerten Schildhalters. Die Helmzieren werden jeweils flankiert durch die Initialen B[arwert] S[chenk] und P[ollite] W[enckstern]. Darüber die Inschrift: Anno d[omi]ni M o CCCCC o XXVI heft Barwert Schencke dut huß gebuwet. 41 LHASA, MD, E 76. Der Archivbestand charakterisiert sich u.a. durch einen Mangel an persönlich-privatem Schriftgut sowie das weitestgehende Fehlen serieller Quellen zur Gutswirtschaft nach Ersteres existierte noch im späten 17. Jh. - etwa in Gestalt der Reisetagebücher des Werner Schenk aus der Zeit vor 1621 (HAB Xa 4o 1:32 (8), S. 29). Die bei Walther kolportierte Erzählung vom Untergang des nach Magdeburg geflüchteten Hausarchivs 1631 (Walther (wie Anm. 4), S. 115) entbehrt jedenfalls jeder Grundlage. Die chaotischen inneren Verhältnisse des im Aussterben begriffenen älteren Hauses Schenk während des späten 18. und frühen 19. Jhs. und der geplante Verkauf der Herrschaft Flechtingen 1826 dürften dagegen als Gründe für die größten Überlieferungsverluste weit eher in Frage kommen. 42 Bei Behrends (wie Anm. 5), S ist lediglich von der Vormundschaft des angeblich 1551 verstorbenen Albrecht Schenk zu Lemsell für Kersten (I.) die Rede, ohne dass die Quelle dieser Feststellung genannt würde.

40 40 2. Das familiäre Umfeld der Schenken von Flechtingen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Der die Linie Flechtingen/Dönstedt als einer von zwei Söhnen 43 fortsetzende Kersten (I.) Schenk ( ) blieb, was die Wahl seiner ersten, um 1551 sehr jung verstorbenen Ehefrau Agnes v. Bodendieck 45 betraf, der familiären Tradition insofern treu, als auch er auf die herausgehobene Abkunft der Partnerin Wert legte, konnten doch die v. Bodendieck nicht nur mit einem altmärkischen Landeshauptmann des 15. Jahrhunderts, sondern auch mit dem Sachverhalt aufwarten 46, als Beschlosste 1436 vom altmärkischen Hofgericht eximiert worden zu sein 47. Der Witwer Kersten Schenk schritt schon bald - jedenfalls vor zu einer zweiten Ehe. Seine Wahl 43 Neben ihm gab es noch einen Sohn namens Christoph, von dem man annehmen darf, dass er bei der Belagerung von Magdeburg 1550/51 in Gefangenschaft geriet (G. Hertel, Eine Magdeburger Handschrift über die Belagerung der Stadt in den Jahren 1550/51, in: Gesch.-Bll.f. Stadt und Land Magdeburg 15, 1880, S. 1-21; hier: S. 7) und schließlich am 9. Juli 1553 in der Schlacht bei Sievershausen zu Tode kam. Lt. Wilhelm Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg, Bd. 2, Göttingen 1855, S. 277, fiel ein gewisser, dem verbündeten Heer der Braunschweiger und Sachsen angehörender Carsten Schenck in dieser überaus blutigen Schlacht. Da Kersten (I.) aber noch knapp 20 Jahre später lebte, könnte hier der Bruder namens Christoph gemeint sein. Die Eigennamen Kersten und Christoph wurden auch bei anderer Gelegenheit verwechselt, so im Verzeichnis der altmärkischen Rossdienste von 1565, wo Christoff [statt zutreffend: Kersten] Schenck zu Flechtingen aufgeführt wird (Carl v. Eickstedt, Beiträge zu einem neuen Landbuch der Marken Brandenburg [...], Magdeburg 1840, S. 26). 44 Das Geburtsdatum errechnet aus der Altersangabe des in Flechtingen erhaltenen Grabsteins (Abb. 6), wonach Kersten (I.) am 28. Mai 1571 im Alter von 48 Jahren verstarb. Danach wäre er im Jahre 1523 geboren. 45 Ihr Todesdatum lässt sich anhand eines bis 1885 in der Flechtinger Kirche (Willing (wie Anm. 7), S. 40) befindlichen, dann auf Schloss Flechtingen bewahrten, später nach Magdeburg gelangten und inzwischen ohne gründliche Dokumentation den Vorbesitzern zurückerstatteten doppelseitig bemalten Tafelbildes festmachen: Sie und ihr als damals 28-jährig bezeichneter Ehemann knien zusammen mit einer Tochter namens Pollite (=Hippolyta) vor einer Kreuzigungsgruppe. Berücksichtigt man das anhand seiner Grabinschrift zu errechnende Geburtsdatum Kerstens (I.) (= etwa 1523), so ergibt sich das Jahr 1551 als mögliches Todesjahr der Agnes, die neben der einen Tochter noch ein weiteres Kind zur Welt brachte, welches als ein ihr zu Füßen liegender namenloser Säugling dargestellt ist (Abb. 4). 46 Nämlich Gebhard, der 1430 zu diesem Amt berufen wurde (Philipp Wilhelm Gercken, Codex diplomaticus Brandenburgensis, Bd. VII, Stendal 1782, S ad 1430 November 21). 47 Podehl (wie Anm. 10), S. 198, wonach sie zwar nur kurze Zeit ( ) im Besitz Osterwohles blieben, gleichwohl aber noch 1577 zum schlossgesessenen Adel der Altmark gezählt wurden waren die Kinder Gebhards v. B. ebenso wie andere Beschlosste vom altmärkischen Hofgericht eximiert worden (Riedel, CDB, A XXII, S ad 1436 Juli 17). 48 In diesem Jahr kam eine der älteren Töchter, nämlich Agnesa Schenk, verehelicht 1588 mit Hermann v. Veltheim, gest Januar 29, zur Welt. Die Tochter Anna, später Ehefrau des Abraham v. Bismarck auf Krevese, wurde sicher noch vor Agnesa geboren, denn Leveke v. Mengersen geb. Schenk von Flechtingen bezeichnet ihre Nichte Anna v. Münchhausen geb. v.

41 41 fiel dabei auf Catharina v. Bülow aus dem Hause Gartow bzw. Oebisfelde ( ) 49. Angesichts dieser Verbindung wird deutlich, dass die gruppeninterne Reputation mit Blick auch auf jene Familien, zu denen man Heiratsbeziehungen im Wege einer Zweitehe anknüpfte, von ungeschmälerter Bedeutung war und dass familiäre Beziehungen zwischen den v. Bodendieck und den Bülows dieser neuerlichen Ehe des Kersten (I.) Schenk möglicherweise förderlich gewesen sind 50. Mit Burg und Stadt Gartow (seit 1438/1441) hatten die v. Bülow im elbnahen Wendland eine ebenso stabile wie unabhängige Position erlangen und durch stetigen Zuerwerb von Gütern und Rechten ausbauen können. In Gestalt der magdeburgischen Pfandschaft Oebisfelde kam seit 1485 noch eine bedeutende Komponente hinzu, die bis 1587 behauptet wurde 51. Selbst wenn man davon ausgeht, dass Kerstens zweite Eheschließung bereits kurze Zeit nach dem Tode der ersten Gemahlin erfolgte, ist die Zahl der von Catharina v. Bülow in maximal 18 bis 19 Ehejahren geborenen 13 Kinder beachtlich; die vergleichsweise hohe Kinderzahl entsprach dabei allerdings den zeittypischen Norm- und Wertvorstellungen. Fünf der Kinder zwei Söhne und drei Töchter starben bereits im Säuglings- bzw. Kleinkindalter 52, während drei Söhne und fünf Töchter überlebten. Es waren dies der 1560 geborene Werner 53, der als junger Reisender zwischen 1590 und 1600 verstorbene Christoph 54 und der als Posthumus vier Monate nach des Bismarck in ihrem Testament als meiner eldesten schwester dochter (StABÜ, Dep. 6 HG A Nr. 105, 1617 Januar 10). 49 Ihre Lebensdaten werden anhand des in Flechtingen erhaltenen Grabsteines greifbar: Hiernach starb sie am 19. April 1575 im 44. Lebensjahr, wurde also im Jahre 1531 geboren. 50 Gottfried v. Bülow nimmt nicht ganz zu Unrecht an, dass Catharinas Großmutter, Ehefrau des vor 1516 verstorbenen Georg v. Bülow auf Gartow und Oebisfelde eine geborene v. Bodendieck gewesen sei (Ders., Geschichtliche Nachrichten über die von Bülow zu Oebisfelde [...], Magdeburg 1860, S. 30, 49-50). Er stützt sich hierbei in erster Linie auf die in Stein gehauenen Ahnenwappen der Catharina in Flechtingen (1575). Die große, noch eine Generation weiter hinaufreichende Ahnenprobe Werners von 1592 (s.o) lässt er ebenso unerwähnt wie den Grabstein des Vicke v. Bülow (1546) in Oebisfelde, dessen vier Ahnenwappen den Flechtinger Befund bestätigen (Beschreibende Darstellung der älteren Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen [...], XX. Heft, Kr. Gardelegen, Halle 1897, S. 133). 51 Vgl. hierzu: v. Bülow (wie vorige Anm.), S Die erst nach 1571 unbeholfen ausgeführte Rückseite des ehedem in Flechtingen bewahrten Tafelbildes von 1551 (s.o.) sowie eine offenbar gleichzeitige, noch heute in der Flechtinger Kirche befindliche zweite Fassung (Abb. 5) zeigen die als Kleinkinder verstorbenen Söhne Rudolf und Barwert Vicke, die gleichfalls sehr jung verstorbenen Töchter Dorotia und Margreta sowie einen namenlosen, als verstorben gekennzeichneten Säugling weiblichen Geschlechts. 53 Das Geburtsjahr errechnet nach der Altersangabe seines in Flechtingen erhaltenen Grabsteins. 54 Über ihn, den die beiden Fassungen der nach 1571 entstandenen Tafelbilder als drittältesten Sohn darstellen, ist wenig bekannt. Lt. StABÜ, Dep. 3, GA 22, Nr. 2, fol. 44 waren Werner und Christopher Schencke noch 1588 als Gäste der Hochzeit des Klaus v. Münchhausen mit

42 42 Vaters Tode am 26. September 1571 geborene Kersten (II.) 55. Unter den Töchtern ist als erste Anna zu nennen, die vor den 1589 auf tragische Weise zu Tode gekommenen Abraham v. Bismarck auf Krevese heiratete, später nach Magdeburg ging und dort vor 1600 verstarb 57. Die zweite überlebende Tochter war die am 18. Februar 1558 geborene Agnesa 58. Seit 1580 Ehefrau des Hermann v. Veltheim auf Groß-Bartensleben und Alvensleben 59 und Mutter von sechs Kindern, verstarb sie am 29. Januar 1621 und Ursula v. Quitzow geladen, während die Gästeliste der Hochzeit des Ludolf v. Münchhausen mit Anna v. Bismarck (StABÜ, Dep. 6, GH A Nr. 520) im Jahre 1600 ihn nicht mehr nennt. Der brandenburgische Lehnbrief von 1590 rechnet ihn noch zu den Lebenden (LHASA, MD, E 76, Nr. 26 ad 1590 Januar 27). Der bei Willing (wie Anm. 7), S. 44 kolportierten Version, wonach er zur See auf einem Zuge nach dem heiligen Lande verstorben sei, wird in etwa so viel Wahrheitsgehalt beizumessen sein wie der Legende von der Beteiligung des jüngsten Bruders Kersten (II.) am venezianischen Türkenkrieg (s. u. Anm. 161). An seinem Tod fern der Heimat besteht allerdings kaum Zweifel. Seine Schwester Leveke beklagt seinen Tod und den anderer Verwandter noch 1621 in einem Brief an Ludolf v. Münchhausen wie folgt:...mein bruder Christopher Schencke, Jacob Schencke (=ihr Neffe, Werners Sohn), [und] mein sone sein leider alle außen bliben (StABÜ, Dep. 6, GH A Nr. 476, unpaginiert., undatiert nach 1621 Januar 29). 55 Das Geburtsdatum 1571 Mittwoch vor Michaelis (=September 26) nach seiner Leichenpredigt in SUB Göttingen, CONC FUN 231 (3). 56 Die Tochter Anna, offenbar das einzige überlebende Kind der Eheleute Bismarck, wurde jedenfalls 1585 April 26 geboren (StABÜ, Dep. 3 GR Nr. 1269, fol. 37; siehe auch Brage Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens ( ), Hannover 1993 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen XXXII, Niedersächs. Biographien 5), S. 88. Georg Schmidt kann in seinem genealogischen Werk: Das Geschlecht von Bismarck, Berlin 1908 (im Folgenden abgek.: Schmidt, Bismarck ), S. 65 keine konkreten Lebensdaten für Anna beibringen; angesichts eines von ihm zitierten Dokuments 1590 November 27 betr. Annas Forderungen aus Krevese und Schönhausen muss sie damals noch gelebt haben. Die Ahnenwappen dreier 1586/1587 im Säuglingsalter verstorbener Kinder der Eheleute Bismarck-Schenk sind - was das Wappen der Mutter betrifft unrichtig. Ebenso unzutreffend ist das bei Schmidt (wie vor) S. 75 angegebene Geburtsdatum der Tochter Anna v. Bismarck. 57 Zum gewaltsamen Tod des Abraham v. Bismarck am 14. Juni 1589: Schmidt, Bismarck (wie Anm. 56), S. 65. Der sonst so sorgfältige Ludolf v. Münchhausen vermochte das Sterbedatum seiner Schwiegermutter nicht anzugeben, wusste aber, dass sie ihre letzten Lebensjahre in Magdeburg verbracht hatte: Sie habe nach ihres Ehemannes Tod dort gewohnt und sei daselbst gestorben und begraben, auch sei sie eine züchtige, fromme, gottselige Frau gewesen (StABÜ, Dep. 3 GR Nr. 1269, fol. 39); die Angabe bei Schmidt (wie vor), wonach Anna zu Krevese verstorben sei, trifft nicht zu. 58 Ihre Lebensdaten nach Georg Schmidt, Das Geschlecht von Veltheim, II. Teil: Die Stammreihe des Geschlechts von der Teilung der Linien an, Halle (Saale) 1912 (im Folgenden abgek.: Schmidt, Veltheim II ), S Er wurde im Jahre 1533 geboren, war also erheblich älter als seine Ehefrau. Sein exaktes Sterbedatum ist nicht überliefert; nach seiner Leichenpredigt in HAB (wie Anm. 37), Alv. Em 253 (5) sowie Fritz Roth, Restlose Auswertungen von Leichenpredigten [...], Boppard (im Folgenden abgek.: Roth, Auswertungen ), R 8907) wurde er jedoch schon bald nach seinem Tode am 20. November 1603 in Groß-Bartensleben beigesetzt.

43 43 fand - entgegen aller Gewohnheit ihre letzte Ruhe nicht an der Seite ihres Mannes und Sohnes, sondern in Flechtingen 60. Mit der dritten Tochter Leveke werden wir uns vom folgenden Abschnitt an noch ausführlicher zu befassen haben. Die vierte Tochter Margreta vielleicht nur wenig jünger als Leveke - ehelichte Matthias Schenk aus der Nebenlinie Lemsell, starb 1617 in Lemsell und wurde in Flechtingen begraben 61. Auch Elisabeth, jüngste überlebende Tochter des Kersten (I.) Schenk und der Catharina v. Bülow, erreichte das Erwachsenenalter. Sie heiratete Bethmann v. Dorstadt auf Nienburg (Saale) und Schneidlingen und starb als Mutter von acht überlebenden Kindern zwischen 1617 und Leveke Schenk von Flechtingen: Biographische Aspekte 3.1 Kindheit und Jugend Leveke Schenk von Flechtingen wurde am 21. Dezember 1564 als Tochter des Kersten (I.) Schenk, Erbherrn auf Flechtingen und Dönstedt, sowie dessen Ehefrau Catharina von Bülow aus dem Hause Gartow/Oebisfelde geboren. Am Dreikönigstag 1565 wurde sie getauft und erhielt entsprechend zeit- und standesüblicher Gepflogenheiten den Namen einer ihrer väterlichen Urgroßmütter 64. Ihr Geburtsort ist nicht überliefert; man wird jedoch mit einiger Sicherheit annehmen dürfen, dass sie auf dem Hause Flechtingen, dem offenkundigen Hauptsitz der Familie, zur Welt gekommen ist: Noch im Sterbejahr des Kersten (I.) Schenk wurde der Abschluss größerer Neubaumaßnahmen auf Burg Flechtingen durch einen Wappenstein sowie 60 Dies nach dem Trauergedicht in HAB (wie Anm. 37), 50.6 Poet. (59). Siehe auch unten Anm Siehe Kurt Bartels (Bearb.), Familienbuch Flechtingen (Ohrekreis), , o.o., 2004 (Mitteldeutsche Familienbücher der AMF; im Folgenden abgek.: OFB Flechtingen ), S Danach gest in Lemsell und in der Kirche Flechtingen begraben. Ihr und ihres Ehemannes jeweils geschätztes Geburtsjahr (1590 bzw. 1585) ist so abwegig wie zahlreiche andere, die Schenken betreffende Einträge des offenbar völlig überforderten Bearbeiters, die aufzuzählen den Rahmen dieser Fußnote sprengen würde. Es sei allerdings auf den Sachverhalt hingewiesen, dass sich die hohe Fehlerquote betr. die Schenken in den gleichfalls durch Bartels bearbeiteten Ortsfamilienbüchern Dönstedt (2009) und Wegenstedt (2004) in bedenklicher Weise fortsetzt. 62 Das konkrete Heiratsdatum 1596 März 1 wird in der Leichenpredigt des 1565 geborenen und 1611 verstorbenen Bethmann v. Dorstadt (HAB (wie Anm.37) Qu N (2)) angegeben. 63 Während sie das Testament ihrer Schwester Leveke 1617 Januar 10 noch nennt, findet sie in dessen Kodizill 1634 November 2 keine Erwähnung mehr (StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 105). 64 Nämlich der Leveke von Jagow aus dem Hause Aulosen (s.o. Anm. 35). Levekes Schenks Geburtsdatum (St. Thomastag (=Dezember 21) 1564) ist dem im Rahmen ihrer Leichenpredigt 1644 vorgelegten Lebenslauf entnommen.

44 44 entsprechende Bauinschriften für die Nachwelt dokumentiert 65. Man gewinnt in diesem Zusammenhang den Eindruck, dass Kersten damals der einzige Exponent seiner Linie das ihm zustehende Verfügungsrecht an drei Vierteln der Burganlage auch ausgeschöpft hat 66. Während die Kinder nach dem Tod des Vaters 1571 noch in der Obhut der Mutter verblieben sein werden, dürfte sich ab 1575, dem Todesjahr der Catharina v. Bülow, die Frage gestellt haben, wo und durch wen die Erziehung der Waisen für die folgenden Jahre sichergestellt werden könnte. Da mit der Großmutter Margaretha v. Marenholtz, Witwe des längst verstorbenen Vicke v. Bülow, bis 1584 noch eine nahe Blutsverwandte der Kinder im nur rd. 25 km entfernten Oebisfelde lebte 67, war eine Lösung rasch gefunden: Leveke und auch ihr jüngster Bruder Kersten (II.) wuchsen nach 1575 zunächst auf Burg Oebisfelde heran, wo die Enkelin durch ihre Großmutter in der Gottesfurcht und in allen adelichen Tugenden [...] aufferzogen wurde. Ob die Geschwister nach dem Tode der Großmutter vorübergehend Aufnahme bei anderen Oebisfelder Verwandten 68 gefunden haben, lässt sich nicht klären; ein solches Verfahren hätte dem zeitgenössischen Normen- und Wertesystem des Landadels jedenfalls 65 Ein ursprünglich vielleicht dem Nordflügel zuzurechnender Wappenstein später in der nördlichen Außenwand des Torhauses unmittelbar rechts neben dem prunkvollen Erker des 17. Jahrhunderts eingelassen zeigt die einen geharnischten Schildhalter flankierenden Wappen Schenk und Bülow und trägt die Inschrift: ANO 1571 IAR HABE ICH KERSTEN SCHENCKE VNT MEINE HAUSFRAVWE DIS HAVS GEBAVWET (Abb. 7). Willing (wie Anm. 7), S. 39 überliefert eine weitere Bauinschrift auf einem Balken des 1881 umgebauten südöstlichen Nebengebäudes der äußeren Burg: Anno Domini 1571 hab ich Kersten Schencke Gott und den Rechten vertraut und dis Haus gebawt. 66 Bauliche Aktivitäten der mit einem Viertel der Burg belehnten Nebenlinie Lemsell sind jedenfalls nicht überliefert. 67 Nach der entsprechenden Angabe im Inventarband Beschreibende Darstellung der älteren Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen [...], Kr. Gardelegen, Halle 1897, S. 133 war damals sowohl der Grabstein des am 20. Mai 1546 verstorbenen Vicke v. Bülow als auch der seiner am 29. Januar 1584 verstorbenen Ehefrau Margaretha v. Marenholtz noch in der dortigen Katharinenkirche zu sehen. Nach entspr. schriftlicher Anfrage vom August 2011 konnte lediglich das Vorhandensein des letztgenannten Grabmals bestätigt werden. Aus den Leichenpredigten auf Leveke und ihren Bruder Kersten (II.) wissen wir mit Bestimmtheit, dass beide bei der Großmutter aufwuchsen; im Falle Kerstens wird konkret angegeben, dass er zwischen seinem vierten und zehnten Lebensjahr in Oebisfelde gelebt habe (SUB Göttingen, 4 CONC FUN 226 (3) sowie 4 CONC FUN 231 (3)); aus der Leichenpredigt Levekes auch das folgende Zitat. 68 Zu denken ist dabei an Fredeke v.d. Asseburg ( ), Ehefrau und seit 1571 Witwe des Busso v. Bülow auf Oebisfelde und Gartow (eines Vetters der Catharina Schenk geb. v. Bülow), die später, d.h. nach Ablösung der Pfandschaft Oebisfelde 1587, in Magdeburg lebte (v. Bülow (wie Anm. 50), S ). Auch Cordt, ein Bruder der Catharina und Onkel der Waisen (siehe unten Anm. 88), wäre in diesem Zusammenhang zu nennen.

45 45 weitestgehend entsprochen und lässt sich gerade im familiären Umfeld der v. Bülow zu Gartow/Oebisfelde in jener Zeit auch anderweitig beobachten 69. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch die Lehnsvettern Schenk von der Linie Lemsell einiger Kinder des älteren Kersten angenommen haben: Ob man dort allerdings über die entsprechenden personellen Möglichkeiten verfügte, muss einstweilen offenbleiben 70. Sicher ist, dass Leveke auch nach 1584 bei Verwandten lebte und dabei mehrfach ihren Aufenthaltsort wechselte; Einzelheiten, die sie offenbar in einem autobiographischen Verzeichniß vermerkt hatte 71, sind nicht mehr rekonstruierbar. Es ist davon auszugehen, dass sie eine ihrem Stand entsprechende und in ihrem Fall durchaus solide Elementarbildung 72 genossen hat, die es ihr später leicht machte, u.a. eine umfangreiche Korrespondenz zu unterhalten. Ihre Briefe an Ludolf v. Münchhausen ( ) auf Oldendorf und Remeringhausen in der Grafschaft Schaumburg und dessen Ehefrau Anna v. Bismarck-Krevese, Levekes Nichte (1585-nach 1650), haben sich in größerer 69 Anhand der Leichenpredigt auf Catharina v. Post geb. v. Veltheim (Roth, Auswertungen (wie Anm. 59), R 8905) ergeben sich entsprechende Beobachtungen für zwei bislang unentdeckt gebliebene Schwestern der Catharina Schenk geb. v. Bülow, nämlich Armgard, die seit 1570 mit Jobst v. Veltheim auf Bartensleben verheiratet war (vgl. Georg Adalbert v. Mülverstedt, Sammlung von Ehestiftungen und Leibgedingsbriefen [...], Magdeburg 1863, S. 11) und früh verstarb. Ihre Töchter wurden zu ihrer Schwester gegeben, die sich als Dorothea v. Bülow, Witwe des 1567 verstorbenen braunschweig-lüneburgischen Obersten Georg v. Dannenberg identifizieren ließ (Zedlers Universallexikon, VII, Sp ), identifizieren ließ. Dorotia, eine der früh verstorbenen Töchter der Eheleute Schenk-Bülow (s.o. Anm. 52) trug übrigens den Namen dieser Tante. 70 Unter den Nachkommen des Henning Schenk auf Lemsell und seiner bereits 1564 verstorbenen Ehefrau Felicitas v. Alvensleben a.d.h. Erxleben ( ) käme hauptsächlich die 1544 geborene Anna (später verehelicht mit Hans v. Honrodt auf Veltheim/Ohe) in Betracht, die nach Ausweis ihrer Grabinschrift am 12. Januar 1594 starb. Ob auch der lt. OFB Flechtingen (wie Anm. 61), S. 321 am 12. September 1625 auf Lemsell verstorbene Matthias Schenk, der spätere Ehemann der Margreta Schenk a.d.h. Flechtingen, in diesem Zusammenhang zu nennen ist, kann mangels zuverlässiger Daten nicht entschieden werden. 71 Zum Zeitpunkt ihres Todes waren diese Aufzeichnungen noch vorhanden: Dies ergibt sich anhand der Ausführungen ihrer Leichenpredigt (SUB Göttingen, 4 CONC FUN 226 (3), S. 32). Dieses Manuskript dürfte mit dem größten Teil ihres schriftlichen Nachlasses untergegangen sein, was umso bedauerlicher ist, als sich autobiographische Zeugnisse adeliger Frauen aus jener Zeit kaum erhalten haben. Die verkürzte Darstellung bei Roth, Auswertungen (wie Anm. 59), R 7355 erweckt den falschen Eindruck, als sei sie in ihrer Kindheit und Jugend als ungeliebte Ziehtochter herumgereicht worden; realiter heißt es jedoch, daß sie bey allen ihren Anverwandten große Gunst und geneigten Willen befunden, als welche sie alle lieb und werth gehalten, und offt ungerne verlassen wollen, wenn sie von dem einen zum andern ist fortgeschicket worden (wie vor). 72 Vgl. dazu Anke Hufschmidt, Adlige Frauen im Weserraum zwischen 1570 und Status - Rollen Lebenspraxis, Münster 2001 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen XXII A Geschichtliche Arbeiten zur Westfälischen Landesforschung [...] Bd. 15), S

46 46 Anzahl erhalten 73. Sie zeigen die etwas flüchtige Hand einer geübten Schreiberin (Abb. 8) und gewähren vielfältige Einblicke in den keineswegs sorgenund konfliktfreien Alltag der späteren Witwe v. Mengersen. In ihrer schriftlichen Kommunikation agierte Leveke insofern zweisprachig, als sie sich in Brie-fen an die Nichte Anna des niederdeutschen Idioms der eigenen Kindheit bediente 74, während Annas gebildeter Ehemann stets Schreiben in der von ihm selbst bevorzugten hochdeutschen Sprache erhielt Heirat, Ehe und Tod des Ehemannes Es bleibt unklar, warum Leveke erst relativ spät 76, nämlich im Alter von 30 Jahren heiratete und wie der vorbereitende Kontakt zwischen ihrer Familie und den in der relativ entfernten Grafschaft Schaumburg ansässigen v. Mengersen zustande kam. Was den Gutsbesitz anging, hatte der vermögende schaumburgische Landdrost Hermann XI. v. Mengersen (ca. 1520/ ) bereits mit dem Erwerb des Gutes Börnecke bei Blankenburg weit nach Osten ausgegriffen 77. Zeitnahe Hochzeitsfeierlichkeiten bei den schaumburgischen v. Münchhausen und den Prignitzer v. Quitzow (1588), wo neben den Gebrüdern Schenk auch die Mengersens präsent waren, mögen hierbei aber eine wichtigere und letztlich entscheidende Rolle gespielt haben StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476 (umfangreiches, unpaginiertes Konvolut aus losen Blättern; die meisten Schreiben undatiert). 74 Als eines von zahlreichen Beispielen: StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Anna v. Bismarck 1633 oder 1635 August 16: Fruntlige leve wesche (=niederdeutsch eigentl. Tante/Tantchen, aber auch - wie hier - weibl. Verwandte allgemein; siehe Grimm, Dt. WB, Bd. 27, Sp. 2245) und gefatter [...] ach leve gott, ich bin offt so bedruwt vm dine dochter StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen, undatiert: frunhtliger liber schwager, ich wünsche euch einen gutten dag und ist hirmit zu euch mein frunhtlige bite, ihr wollet [...] morgen auff mitdag zu mich komen undt die alte mume Elissabete besuchen.... An anderer Stelle, undatiert: Mein liber schwager, ich wünsche euch einen gutten morgen undt das ihr gesunt moegen zu haus kommen, ich sorge vur euch wegen der großen kultte (=Kälte). 76 Zum Heiratsalter adeliger Frauen zwischen 1550 und 1700 Hufschmidt (wie Anm. 72), S Johannes Meyer, Geschichte des Geschlechts v. Mengersen, Leipzig 1937 (Beiträge zur deutschen Familiengeschichte 15), S StABÜ, Dep. 3 GA 22, Nr. 2, fol. 44, wonach zur Hochzeit des Klaus v. Münchhausen, der 1588 Juli 7 in Oldendorf Ursula v. Quitzow heiratete, Werner und Christopher Schencke eingeladen waren. Christof Schencke, der mit 6 Pferden zu erscheinen gedachte, sagte seine Teilnahme schriftlich zu. Zu den geladenen Gästen, die zusagten, gehörte lt. fol. 36 auch Herman v. Mengersen, Lan[d]rost sowie lt. fol. 36v auch dessen sämtliche Söhne Hermann, Otto, Jürgen und Cort, die lt. fol. 37r mit 12 Pferden in Oldendorf einzureiten gedachten.

47 47 Jedenfalls kam es zunächst wohl unter Einschaltung Dritter aus dem Kreise der vorwanten freundtschafft 79 - zu Verhandlungen zwischen den Familienverbänden, in deren Verlauf Jürgen von Mengersen die eddele und ernveste Werner und Kersten Schencken gebrüdere umb [...] ihre freundtliche liebe schwester, ihme dise zu einem ehegemhall zu vorsprechen, bitlichen angelangt hatte. Dem Ansuchen Mengersens wurde seitens der Gebrüder Schenk und der Angehörigen entsprochen und so schritt man denn im November 1593 in Flechtingen zum Vollzug des die Eheschließung vorbereitenden Vertrages. Hiernach wurde der jungen Frau neben der standesgemäßen Aussteuer an Mobiliar und Kleidung eine stattliche bare Mitgift in Höhe von Talern zugesagt; eine Summe, die der Bräutigam durch seine Gegengabe um weitere Taler aufstockte. Bemerkenswert ist dabei, dass dies nicht unbeträchtliche Vermögen ihr selbst dann erhalten bleiben sollte, wenn Georg v. Mengersen vor Leveke verstürbe, ohne Leibeserben zu hinterlassen. Für den umgekehrten Fall beanspruchten die Mengersens ihrerseits lediglich die Rückerstattung der genannten Taler. Neben diesen Geldern wurde der Braut noch eine Morgengabe in Gestalt eines nicht näher bezeichneten Kleinods, gewisser Getreidemengen sowie einer jährlich aufkommenden Geldsumme zugesagt 80. Wichtiger als diese Bestimmung war jedoch die in gleichem textlichen Zusammenhang erfolgte Leibzuchtsverschreibung zugunsten Levekes, die im Wesentlichen in der Zusage bestand, ihr für den Fall ihrer Witwenschaft eine Behausung in Magdeburg oder an einem anderen, ihr genehmen Ort zu verschaffen. Für den Ankauf eines Hauses wurden noch einmal Tlr. ausgesetzt 81. Dass man von dieser Zusage - vor allem mit Blick auf das ins Auge gefasste und bei adligen Witwen der Altmark und hier speziell solchen aus den Familien Schenk und Schulenburg - offenbar besonders beliebte Magdeburg 82 - später deutlich abwich, wird noch darzustellen sein. 79 LHASA, MD, E 76 Nr. 159, 1593 November 4, fol Wie vor, fol. 2v. Zugesagt wurden 3 Wispel (=3 x 24 Scheffel, entspr. in Brandenburg etwa Ltr.) Roggen und 2 Wispel Weizen sowie jährliche Geldrenten von 15 Tlr. jährlich. 81 Da hierbei offenbar Einkünfte aus den Lehn- bzw. Familiengütern der v. Mengersen herangezogen werden sollten, wurde der lehnsherrliche Konsens sowie die Einwilligung der nächsten Agnaten vorausgesetzt. 82 Zu nennen ist hier primo loco Anna Schenk von Flechtingen, Levekes älteste Schwester (s.o. Anm. 57), die möglicherweise 1593 noch in Magdeburg lebte. Auch Bertha Sophie v. Bartensleben ( ), Witwe des 1581 verstorbenen Landeshauptmanns Werner XVII. v.d. Schulenburg, verbrachte ihre letzten Lebensjahre in Magdeburg (HAB (wie Anm. 59) Alv. Em 253 (10)). Armgard Schenk von Flechtingen aus dem Hause Böddensell (gest. 1603), Witwe des 1598 verstorbenen Hans v.d. Schulenburg auf Trebsen, verlegte ihren Wohnsitz später ebenso dorthin (HAB (wie Anm. 59) Db 4612 (23)) wie Fredeke v.d. Asseburg ( ), Witwe des bereits 1571 verstorbenen Busso v. Bülow auf Oebisfelde (Roth, Auswertungen (wie Anm. 59), R 2729).

48 48 Die Hochzeitskosten so wurde vereinbart sollten von beiden Familien je zur Hälfte getragen werden 83. Auch die standardisierte Formel, wonach Georg v. Mengersen versicherte, seiner Gattin zukünftig alle trewe, ehr und liebe zubeweisen, alß einem frommen christlichen ehemann eigenet und seinem adelichen herkommen nach ihm gebühret, fehlt nicht 84. Mit Siegel und Unterschrift des Bräutigams sowie der anwesenden Angehörigen beider zukünftiger Eheleute erlangte die Eheberedung Rechtsgültigkeit. Anhand dieser Namen lässt sich das allernächste personelle Umfeld der Schenken von Flechtingen gegen Ende des 16. Jahrhunderts erfassen; auch ist es denkbar, dass sich unter den Genannten unerkannt einige frühere Vormünder Levekes verbergen. Es siegelten neben den Mengersens und deren Schwägern Streithorst 85 Jobst v. Veltheim auf Glentorf 86, Hans v. Bülow auf Oebisfelde 87 und dessen wohl älterer Bruder Cordt auf Gartow 88, Hermann v. Veltheim auf Alvensleben 89 sowie der den Flechtinger Schenken nahestehende Lehnsvetter Matthias Schenk auf Lemsell 90. Dass Werner und Kersten (II.) Schenk die Eheberedung ihrer Schwester besiegelten und unterzeichneten, sei nur der Vollständigkeit halber angemerkt. 83 LHASA, MD, E 76, Nr. 159, 1593 November 4, fol. 3r. 84 Wie vor, fol. 1v. Beinahe wortgleich findet sie sich in den Ehepakten für Kersten (II.) Schenk und Maria Magdalena v.d. Schulenburg (LHASA, MD, E 76, Nr. 191, 1596 Juli 7); vgl. ansonsten dazu: Hufschmidt (wie Anm. 72), S , die feststellt, dass solche Verpflichtungen eher selten belegt seien. 85 Als Prominentester kann Joachim v.d. Streithorst auf Rottorf, verheiratet mit Ilse v. Mengersen, einer Schwester Georgs, gelten. Er fungierte später als höchst umstrittener Landdrost der wolfenbüttelschen Harzämter und beraubte das Grab Kaiser Lothars III. in Königslutter. Die Christian IV. von Dänemark zugeschriebene Propagandaschrift Königlicher Wecker von 1620/23 bemerkt u.a., dass er sich zur Landdrostschaft gleichwie die Sau zum Tanze [habe] schmücken lassen (A.F. Büsching, Magazin für die neue Historie und Geographie, 22. Teil, Halle 1788, S ). Wie Joachims Bruder, der Drost zu Königslutter, Hinrich Christoff v.d. Streithorst in den Kreis der Familie v. Mengersen kam, bleibt unklar. 86 Er starb nach Schmidt, Veltheim II (wie Anm. 58), S. 168 im Jahre Seine zweite Ehefrau war seit 1570 Armgard v. Bülow a.d.h. Gartow/Oebisfelde (s.o. Anm. 69), eine Tante der Leveke. 87 Bei v. Bülow (wie Anm. 50), S. 48 nur knapp angesprochen. Er starb nach Levekes eigener Mitteilung an Ludolf v. Münchhausen im November 1599 (StABÜ, Dep. 6, GH A Nr. 476, 1599 Dezember 3) und dürft nach dem Ende der Pfandschaft Oebisfelde auf dem dortigen Allodialgut der Familie gelebt haben, denn der Vertragstext bezeichnet ihn als zu Obisfeldt ansässig. Die Inschrift seines in Oebisfelde erhaltenen Grabmals nennt erstaunlicherweise den 20. Dezember 1599 als Todestag. 88 Er wird urkundlich erstmals 1557 greifbar (v. Bülow (wie Anm. 50), S. 43). 89 Geb. 1533, gest (Schmidt, Veltheim II (wie Anm. 58), S ). Er war durch seine Heirat mit Agnesa Schenk ein Schwager der Braut. 90 Siehe oben Abschnitt 2, vor Anm. 61.

49 49 Die im November 1593 vereinbarte Hochzeit ließ nicht lange auf sich warten: Am 5. Mai wurde die Vermählung in Flechtingen schließlich mit dem üblichen Zeremoniell vollzogen. Knapp vier Wochen vor dem Hochzeitstermin hatte Georg v. Mengersen u.a. dem Ludolf v. Münchhausen eine entsprechende Einladung zugesandt, nachdem er sich auf furgehenden zeitigen rath und bewilligung beiderseits freundtschafft und verwanten die eddelen und viell tuegentreichen jungfer Leve Schencken, Cersten Schencken ehelieblichen 92 dochter hiebevor ehelich [...] versprechen und zusagen lassen. Mengersen wollte Münchhausen als seinen viellgeliebten und vertrauten bruder gerne vor anderen auf [seinem] hochzeitlichen ehrentage sehen und lud ihn deswegen für den Freitag zuvor in die Behausung des (Land-)Vogtes zu Bettmar unweit Vechelde ein, um von dort aus gemeinsam mit ihm nach Flechtingen zu reisen. Mit der Flechtinger Hochzeit sollten sich die familiären Kontakte der v. Mengersen und v. Münchhausen zum verwandtschaftlichen Umkreis der Schenken intensivieren: Es wird in Abschnitt 3.4 darauf zurückzukommen sein. Nach der Hochzeit bezog das junge Ehepaar das schaumburgische Schloss Sachsenhagen, welches die Familie des Georg v. Mengersen seit 1571 mit allem Zubehör für rhein. Gulden von den Grafen von Schaumburg in Pfandbesitz hatte, und welches Georg noch im Jahr seiner Verlobung als väterliches Erbteil zugefallen war 93. Hier wurde am 10. Juni 1595 der Sohn Hermann Christian geboren 94, der die Vornamen seiner beiden Großväter Mengersen und Schenk erhielt 95. Lange sollte aber das Glück in Sachsen- 91 So die Einladung Mengersens an Ludolf v. Münchhausen. Das eheliche beilager war für Sonntag vocem jocunditatis (Mai 5) in Flechtingen geplant (StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 201, Sachsenhagen 1594 April 8). Es wurde um Mitteilung gebeten, wie viele Pferde Münchhausen mitbringe, um wegen der Herberge alles richtig zu bestellen. Nach dem genannten Schreiben auch das Folgende. 92 Müsste heißen: eheleiblichen 93 Meyer (wie Anm. 77), S. 44, 47-48; hiernach das Folgende. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Meyers stenographische Quellenangaben u.a. auch einen Bestand Archiv Oldendorf nennen, der sich aber trotz intensiver Recherche nicht mehr nachweisen lässt und mit jenem archivalischen Restbestand, der unmittelbar vor Abbruch des Gutshauses Oldendorf 1965 von der Stadt Hessisch-Oldendorf an das Staatsarchiv Bückeburg abgeliefert wurde (StABÜ, D 4 (=21 Archiveinheiten )) nicht identisch ist. 94 Das Geburtsdatum ist aus der exakten Altersangabe in der Leichenpredigt seiner Mutter (SUB Göttingen, 4 CONC FUN 226 (3) ansonsten Roth, Auswertungen (wie Anm. 59), R 7355) sowie dem durch Leveke selbst überlieferten Sterbetag (StABÜ, Dep. 59, Nr. 482, pag. 2) zu berechnen. 95 Die Namensvariante Christian ist dabei offenbar den weserländischen Sprachgepflogenheiten der Zeit angepasst; Frau Leveke und ihr Sohn selbst benutzten bisweilen das bei den Schenken übliche Karsten ; so Letzterer bei seiner Immatrikulation in Gießen 1611 (Ernst Klewitz, Karl Ebel, Die Matrikel der Universität Gießen , Gießen 1898, S. 191) und seine Mutter noch in der Einleitung ihres Testaments vom 10. Januar 1617 (StABÜ, Dep. 6

50 50 hagen nicht währen: Schon nach nur einem Jahr und 14 Tagen seit der Eheschließung wurde Georg v. Mengersen von dem lieben goth mit schwerer leibes schwachheit [...] heimgesucht, daß er ein gantz jahr und fünff wochen ist bettreißig gewesen 96. Schon angesichts dieser Erkrankung war nicht daran zu denken, dass er die Funktion eines Drosten weiterhin innehaben könne; hinzu kam, dass die Schaumburger die Pfandschaft von Schloss und Amt Sachsenhagen ohnehin im gleichen Jahre aufkündigten und Sachsenhagen zu Ostern 1596 für Taler wieder einlösten 97. Bereits zuvor, nämlich am 13. Juni 1595, überließ Otto v. Mengersen seinem Bruder Georg das Lehngut Oldendorf, welches ihm 1593 in der Erbteilung zugefallen war 98. Georg bezog den Herrensitz Oldendorf am 26. April 1596 und durchlitt dort noch gut sieben Wochen seiner lanckweilige[n] sehr beschwerliche[n] kranckheit und viele schmertzen an seinem leibe, bevor er am 17. Juni des gleichen Jahres starb 99. Der von seiner jungen Witwe versandte Trauerbrief drückt die gefasste Haltung der gläubigen Christin aus, zumal das Ende nicht unerwartet kam und ärztliche Kunst nichts auszurichten vermocht hatte; der kurze Zeitraum zwischen Tod und Begräbnis deutet darauf hin, dass Trauergäste aus der Altmark nicht erwartet wurden. 3.3 Das Schicksal des einzigen Sohnes Frau Leveke blieb nach dem Tode ihres Ehemannes auf dem Stadthof in Oldendorf. Es mutet erstaunlich an, dass der dem Georg bereits 1595 abgetretene Hof durch dessen Bruder Otto im März 1598 dem noch nicht dreijährigen Neffen Hermann Christian für Taler verkauft wurde 100, ohne GH A Nr. 105, unpaginiert). Ein Neujahrsgruß des jungen Mengersen an seine Mutter vom 1. Januar 1610 ist allerdings mit Herman Christian von Mengersen signiert (H. Rausch, Studentenbriefe aus Stadthagen, in: Otto Bernsdorf (Hrg.), Das alte Stadthagen und seine Höhere Schule [...], Bückeburg 1939, S. 171). 96 Diese Formulierung beinahe wortgleich sowohl in Levekes Legatenstiftung 1616 April 3 (StABÜ, Dep. 59, Nr. 482, pag. 1) und in ihrem Testament 1617 Januar 10 (StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 105). 97 Meyer (wie Anm. 77), S. 47. Die Verschreibung von 1571 war für maximal 22 Jahre erfolgt (Meyer (wie Anm. 77, S. 44); man hatte diesen Zeitraum demnach nur geringfügig erweitert. 98 Meyer (wie Anm. 77), S Das genaue Sterbedatum des Georg v. Mengersen stand bislang nicht fest. In StABÜ, Dep. GH A Nr. 323, unpaginiert, findet sich jedoch die briefliche Mitteilung Levekes an Ludolf v. Münchhausen betr. den Tod ihres Mannes Georg (Jürgen) v. Mengersen, 1596 Juni 19. Demnach war er am Freitag zuvor, also dem 17. Juni, gestorben; als Begräbnistag wurde der 29. Juni ins Auge gefasst. Levekes Leichenpredigt (s.o. Anm. 94) nennt als Todestag irrtümlich den Tag des Einzugs in Oldendorf. 100 Meyer (wie Anm. 77), S. 47.

51 51 dass dieser Vertrag Rechtskraft erlangt hätte, denn Otto verstarb wenige Monate später. Am 11. Oktober 1598 wurde der Verkauf gleichwohl von den überlebenden Brüdern bestätigt 101. Die 1596 erst 32jährige Witwe v. Mengersen hat eine zweite Heirat offenbar nie in Erwägung gezogen. Sie widmete sich für die folgenden Jahre ganz und gar der Erziehung ihres einzigen Sohnes und - stellvertretend für diesen - der Verwaltung des Gutes Oldendorf. Ob sie von Anfang an auch Hauslehrer beschäftigte, lässt sich nicht feststellen; eindeutig belegt ist dagegen, dass die Ausbildung des Hermann Christian v. Mengersen seit 1607 in den Händen des fähigen Magisters Theodor Steding lag, der ihr von berufener Seite empfohlen worden war und an dessen Gehalt sie nicht sparte 102. Steding begleitete seinen Schüler auf die Lateinschule nach Hannover und von dort 1609 auch auf die Lateinschule in das näher gelegenen Stadthagen, deren Umwandlung in ein Gymnasium Illustre der junge Mengersen im April 1610 miterlebte 103. Aus dem offenbar in alle Himmelsrichtungen zerstreuten Hausarchiv Oldendorf hatte sich eine kleine Sammlung von Briefen erhalten, die Hermann Christian v. Mengersen seiner Mutter von Stadthagen aus nach Oldendorf schrieb 104. Die heute nicht mehr auffindbaren Briefe 105 vermitteln uns das Bild eines sprach- und schreibgewandten 101 Meyer (wie Anm. 77), S Nach dem in seiner Leichenpredigt (Roth, Auswertungen (wie Anm. 59), R 4471) gegebenen Lebenslauf hatte der Handwerkerssohn Steding in Helmstedt überaus erfolgreich studiert und dort 1607 den akademischen Grad eines Magisters erlangt. Er trat seine Stelle als Hauslehrer für Hermann Christian v. Mengersen auf Empfehlung des Stadtsyndikus von Hannover, Dr. Conrad Bünting, zu einem guten Gehalt an. Nach Tätigkeit u.a. als Konrektor des Gymnasium Illustre zu Stadthagen amtierte er seit 1613 als Pfarrer in Oldendorf und wurde 1645 zum Superintendenten der Niedergrafschaft Schaumburg berufen. Der überzeugte Lutheraner Steding publizierte u.a. zur 100jährigen Wiederkehr des Wittenberger Thesenanschlags die Memoria Lutheri Das Ist: Christliche Ehrengedechtniß des grossen Tewren Mans Gottes D. Martini Lutheri [...] Stadthagen 1617 (SUB Göttingen, 4 CONC FUN 151 (17)). 103 Als Vorläufer der Universität Rinteln durch Graf Ernst von Schaumburg 1610 gegründet. 104 Rausch (wie Anm. 95) S Die lediglich knappe Auszüge liefernde Darstellung Rauschs genügt heutigen Anforderungen leider nicht mehr. Die Briefe wurden so ein entspr. Vermerk S. 161, Anm. 1 durch den Besitzer, einen gewissen Richard Schander (Magdeburg), zu Verfügung gestellt und dem StadtA Stadthagen schließlich als Geschenk überlassen. Die bei Rausch gegebenen Auszüge wurden durch Angelika König etwas flüchtig rezipiert (Dies.,...zu Wittenberg und in Frankreich seine studia wol angelegt. Bildungswege junger Adeliger, in: Vera Lüpkes u. Heiner Borggrefe (Hrg.), Adel im Weserraum um 1600, München, Berlin 1996 (Katalog zur Ausstellung im Weserrenaissance-Museum Schloss Brake 15. September-8. Dezember 1996 Schriften des Weserrenaissance-Museums Schloss Brake Nd. 9), S ; hier: S ). 105 Im Stadtarchiv Stadthagen sind unter der Signatur P 474 1b lediglich zwei Briefe von 1609 Oktober 12 sowie 1610 Januar 1 als moderne Abschriften erhalten. Die Suche nach weiteren Stücken aus der Sammlung verlief bisher erfolglos (frdl. Mitteilung von Herrn Stadtarchivar Tatje vom 31. Januar 2012).

52 52 Jugendlichen, für den die Aneignung der trockenen juristischen Stoffe nicht immer ein reines Vergnügen war. So schrieb er aus dem abgelegenen Hülsede, dem Sitz seines Onkels Jobst v. Mengersen, wohin er sich auf Anordnung der Mutter wegen der 1609 in Stadthagen grassierenden Pest zurückgezogen hatte, nach Oldendorf: lieber gott, darff ich den kegen soviel unseliger tage, welcher mir doch fast keiner fürbei gehet, nicht eine gute stunde unterweilen haben. Den die mutter kan ja wol gedenken, das wen ich den abent spat, den morgen früe, für der malzeit, nach der malzeit [...] auch offt wieder meines praeceptoris willen meine studia traktiere, den mir unterweilen das wol gefallen lasse, und mich ein wenig damit ergetze, das ich sonst, wen ich ander kurzweil triebe, wol nicht achtete Da bot das städtische Umfeld des Gymnasium Illustre, wohin er bald zurückkehrte, denn doch wohl mehr Abwechslung. Frau Leveke ließ es ganz im Sinne streng-lutherischer Erziehungsideale an Ermahnungen nicht mangeln, die aber wenigstens aus Sicht Hermann Christians unnötig schienen 107. Offenkundigen Vorhaltungen der Mutter hinsichtlich der hohen Kosten des Studiums vor dem Hintergrund beschränkter finanzieller Ressourcen begegnete er etwas ungehalten, wusste aber auch, Frau Leveke durch rasches Einlenken versöhnlich zu stimmen 108. Seine Schilderungen kleiner Missgeschicke verraten eine humoristische Begabung, wie man sie gelegentlich auch bei seinem Onkel, Kersten (II.) Schenk, zu spüren glaubt 109. So berichtete er im Mai 1610 nach Oldendorf, dass er im Zuge einer Neckerei unter Jugendlichen im Krautgarten des Kanzlers v. Wietersheim ins Straucheln geraten sei und sich den Kopf an einer Brunneneinfassung blutig gestoßen habe. Frau Leveke hatte ihm daraufhin wohl Vorhaltungen wegen seiner Ungeschicklichkeit gemacht, die er trefflich zu parieren verstand: das ihr 106 Rausch (wie Anm. 95), S Betreffent auch die geselschafft, für welche mich die mutter warnet, so hoffe ich nicht, das deßhelben jenige klage an die mutter kommen solte, den ichs ja noch also gemacht, das unser Magnificus (=der Rektor Dr. jur. Hermann Wesling), welcher mich den bisweilen selber lesset zu sich fodern, kegen den ern kanzeler (=Julius Adolph v. Wietersheim) newlich geret hatte, das er wol müchte wüntschen, es waren alle studiosi, wie der eine Mengersen von Oldendorff (Rausch (wie Anm. 95), S. 166 ad 1610 Juli 15). 108 Rausch (wie Anm. 95), S Die durch Leveke gelegentlich ins Spiel gebrachten Aufwendungen von 300 Tlrn. jährlich für das Studium des Sohnes scheinen angesichts der Tatsache, dass die um 1610 erlassene Kammerordnung der nahen Grafschaft Lippe für den Kanzler ein Jahresgehalt von 450 Tlrn. sowie für Drosten bzw. adelige Räte Gehälter von jeweils 250 Tlrn. vorsah, etwas hoch veranschlagt. 109 Als der Münchhausenhof in Oldendorf im Jahre 1601 unter einer Mäuseplage litt und Ludolf v. Münchhausen sich bei Kersten (II.) Schenk offenbar darüber beklagt hatte, schickte dieser ihm von Dönstedt aus zwei Jagdhunde und zwei Katzen. Mit Blick auf letztere wünschte er, dass die Dönstedtischen kazenn auch die Oldendorffischen meuse tilgen unnd uberweldigen mugen (StABÜ, Dep. 6 GH A 479, 1601 März 8).

53 53 aber von meiner plumpheit bei den junkfrauwen schreibet, so ist die nicht mein, sondern den junkfrauwen, welche mich gedachten zu küssen, und weil sie zu scharfbissig waren, bissen sie mir eine schramme in den kopf. 110 Das Valet, die Abschiedsfeier von Stadthagen, anlässlich derer er der Mutter zwei Tonnen Broyhan und die Bewirtungskosten für die Professoren und andere Gäste abtrotzen musste 111, fand im März 1611 statt. Nach einem vielleicht längeren Besuch in Oldendorf 112 begab er sich nach Gießen, um dort das begonnene Studium der Rechtswissenschaft und Sprachen fortzusetzen 113. Hierbei begleitete ihn als paedagogus und preceptor der etwas ältere Henricus vom Haus aus Oldendorf, welcher ihm seit seiner Kindheit offenbar besonders nahestand 114 und der dem erst 13-jährigen Hermann Christian v. Mengersen seine juristische Helmstedter Disputation von 1608 gewidmet hat 115. Es bedarf keiner langen Suche, wenn man nach möglichen Impulsgebern für die wissenschaftlichen Neigungen des jungen Mengersen fragt. Da gab es einerseits den mehrfach genannten hochgebildeten Ludolf v. Münchhausen, auf dessen Oldendorfer Hof nach und nach eine der bedeutendsten Privatbibliotheken Nordwestdeutschlands geschaffen wurde 116, und welcher so- 110 Rausch (wie Anm. 95), S. 166 ad 1610 Mai Rausch (wie Anm. 95), S König (s.o. Am. 103, S. 80) hat die entsprechenden Briefpassagen gründlich fehlinterpretiert, denn derartige Bewirtungen hatten mit den viermal wöchentlich veranstalteten Disputationen nichts zu tun. Auch das von ihr angegebene Flüssigkeitsmaß (1 Tonne = 199 Ltr.) ist nicht zutreffend: Realiter wird man das für Hannover anhand primärer Quellen zwischen 1617 und 1642 errechenbare Broyhan-Maß (1 Tonne = 40 Stübchen a 3,76-3,88 Ltr., mithin 150,4-155,2 Ltr.) zu Grunde legen müssen (vgl. Otto Jürgens (Hrg.), Hannoversche Chronik, Hannover 1907 (Veröffentlichungen zur nieders. Geschichte 6), S. 548 (zu 1642) sowie Rüdiger Kröger, Das Schuldbuch der Zilly Rosenworm aus Hannover ( ), in: Hannoversche Geschichtsbll. NF 53, 1999, S (zu 1616/17). 112 Rausch (wie Anm. 95), S Ernst Klewitz u. Karl Ebel (Bearb.), Die Matrikel der Universität Gießen , Gießen 1898, S Demnach immatrikulierten sich Mengersen und der offenbar im Manuskript verlesene Henric. von Gauß Oldendorpiensis Schaumburgensis gemeinsam am 5. Juli Hierbei ist bemerkenswert, dass vom Hauß nicht unter den üblicherweise separat notierten Präzeptoren geführt wird. Zur fachlichen Ausrichtung Mengersens: Meyer (wie Anm. 77), S Heinrich vom Haus, der offenbar einer unebenbürtigen Linie der gleichnamigen Adelsfamilie auf Eimbeckshausen entstammte, wurde durch Hermann Christian testamentarisch bedacht, weille er von kleinem kinde auff bei ihm gedient und sein paedagogus auch praeceptor gewesen bis an sein seliges ende - so beschrieb es Leveke rückschauend in ihrem Testament von 1617 (siehe oben Anm. 1). 115 Exercitationum Iustineanearum Decas IX. De Obligationibus [...], Helmstedt 1608 (SUB Göttingen, COLL DISS CELL 381, R-Z (2)). Neben Mengersen galt eine weitere Widmung allerdings auch dem Ludolf v. Münchhausen zu Oldendorf/Remeringhausen. 116 Erstmals gewürdigt bei Albert Neukirch, Niedersächsische Adelskultur der Renaissance, Hannover 1939 (Renaissanceschlösser Niedersachsens, Textbd. 2. Hälfte), S , sowie ausführlich durch Bei der Wieden (wie Anm. 56), S

54 54 wohl der lesefreudigen Leveke 117 als auch ihrem Sohn persönlich nahestand; da gab es aber auch in Gestalt des Jacob Schenk von Flechtingen, Werners ältestem Sohn, den etwa zehn Jahre älteren, durch den bekannten Adelslehrer Johann Caselius in Helmstedt 118 erzogenen Vetter. Nur wenigen jungen Herren von Adel hat Caselius so persönliche, von großer Sympathie getragene Zeilen gewidmet wie Jacob Schenk 119, der 1603 von Helmstedt nach Leipzig ging, 1608 von dort nach Helmstedt zurückkehrte 120 und während einer zweiten Frankreichreise, 23 Jahre alt, 1610 in Paris starb 121. Man wird die Vorbildfunktion dieses altmärkischen Verwandten mit Blick auf den Stadthäger, später Gießener Studenten Mengersen nicht unterschätzen dürfen. Dass die universitäre Ausbildung des Hermann Christian v. Mengersen keineswegs bloßer Selbstzweck war, sondern sich mit mehr oder weniger konkreten Vorstellungen von einer späteren Tätigkeit verknüpfte, hat seine Mutter rückschauend in ihren eigenen Worten angedeutet, wenn sie 1616 schrieb, dass ihren Sohn nicht allein jederman geliebet und gefallen an ihm gehabt, sondern freundt und frembde haben große hoffnung zu ihm getragen 117 Sie versorgte sich gelegentlich mit Lesestoff aus Ludolfs Beständen: Einer ihrer Briefe wurde zusammen mit einem zuvor geliehenen Buch einem theologischen Werk - an den Eigentümer zurückgesandt (StABÜ, Dep. 6, GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen, undatiert: Mein liber schwager, ich wünsche euch einen gutten morgen undt das ihr gesunt moegen zu haus kommen [...] ich sende euch euer buch wider.... Es folgen inhaltliche Betrachtungen. Sie nahm derartige Stoffe nicht nur auf, sondern reflektierte sie offenkundig in eigenen Niederschriften: Der Verfasser ihrer Leichenpredigt rühmt ihr jedenfalls nach, dass sie von allen Stücken der christlichen [...] Religion ein schönes Bekäntniß gemacht und mit eigener Hand geschrieben, und alles so ordentlich und verständlich gesetzet, daß man sich höchlich darüber verwundern muß (SUB Göttingen, 4 CONC FUN 226 (3), S. 38). 118 An das in diesem Zusammenhang wohl wichtigste Werk des Caselius, nämlich Eugenes sive de Nobilitate, Helmstedt 1600, sei hier der Vollständigkeit halber erinnert. 119 Das Abschiedsgedicht des Caselius vom Oktober 1603 wurde mehrfach gedruckt. Hier wird Bezug genommen auf: Joan Caselii Ad generosum adolescentem Jacobum Schenck / In Flechtingen / Parainesis, Amberg 1606 (HAB Qoud. (3)). Zu nennen wären unter den Schülern des Caselius in diesem Zusammenhang allenfalls noch Ludolf Klencke- Hämelschenburg (Neukirch (wie Anm. 116), S ) sowie der Altmärker Matthias v.d. Schulenburg (Georg Schmidt, Das Geschlecht von der Schulenburg, II. Teil: Die Stammreihe, Beetzendorf 1899 (im Folgenden abgek.: Schmidt, Schulenburg II ), S ). 120 Theodor Surland widmete ihm jedenfalls im Jahre 1608 eine Begrüßung mit dem Titel: Generoso iuveni Jacobo Schenck In Flechtingen, Equiti Marchico, e longinqua peregrinatione reduci [...], Helmstedt Todesjahr, Alter und Sterbeort werden in der Leichenpredigt auf seinen Onkel Kersten (II.) von und damit recht zeitnah - angegeben (SUB Göttingen, 4 CONC FUN 231 (3)). Im August 1609 weilte Jacob jedenfalls noch in seinem Flechtinger Elternhaus und unterzeichnete gemeinsam mit seiner Mutter Sabina geb. v. Bredow eine Einladung an Ludolf v. Münchhausen anlässlich der für Sonntag den 1. Oktober in Altenhausen geplanten Hochzeit seiner Schwester Margaretha mit Matthias v.d. Schulenburg auf Altenhausen (StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 231, 1609 August 22).

55 55 wegen seines verstandes und fromikeit, Gott würde einen man auß ihm machen, der land und leuten nutzlich wehre Man dachte dabei wohl an eine künftige Mitwirkung in der schaumburgischen Landesverwaltung etwa in der Funktion eines Landdrosten, wie sie bereits der Großvater Hermann v. Mengersen innegehabt hatte und wie sie der Onkel Jobst v. Mengersen auf Hülsede seit dem Frühjahr 1621 für kurze Zeit gleichfalls bekleiden sollte 123. Auch die in Stadthagen immer wieder gesuchte Nähe zu dem schaumburgischen Kanzler Julius Adolph v. Wietersheim ließe sich entsprechend interpretieren. Wie immer die Zukunftspläne des jungen v. Mengersen auch ausgesehen haben mögen: Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm, wenn es ihn zusammen mit seinem Begleiter aus dem pestbedrohten Gießen 124 nach Köln ziehen ließ. Hier ergriff ihn jedenfalls ein hitziges fieber, dem er nach 20 Tagen am 21. Juni 1612 erlag 125. Die Todesnachricht löste bei der Mutter des jungen Mannes offenbar eine Schockstarre aus, die es ihr unmöglich machte, in üblicher Weise mit ihrer Umwelt zu kommunizieren: Wenigstens das Konzept des Trauerbriefs an fern wohnende Angehörige hatte Ludolf v. Münchhausen zu übernehmen 126, während Frau Leveke selbst mit ungewohnt fahriger Hand die Namen der zu benachrichtigenden bzw. zum Begräbnis zu ladenden Verwandten sowie eine heraldisch fehlerfreie Ahnenprobe - wohl zu dekorativen Zwecken während der Beisetzungsfeierlichkeiten zu Papier brachte 127. Insgesamt 13 Angehörigen in der Altmark bzw. in Anhalt wurde die Trauerbotschaft 122 StABÜ, Dep. 59, Nr. 482, 1616 April 3, pag. 2). 123 Meyer (wie Anm. 77), S. 45, 81. Jobst I. war zuvor seit dem Jahre 1600 Drost auf der Schaumburg gewesen. 124 Zu den Pestepidemien in Gießen u.a und 1612 vgl. Norbert Werner, Hans Georg Pfeifer, 375 Jahre Universität Gießen Geschichte und Gegenwart, Gießen 1982, S Erkrankung und Todestag überliefert seine Mutter in StABÜ, Dep. 59, Nr. 482, pag. 1. Die noch 1996 kolportierte Version, wonach er an den Folgen eines Duells verstorben sei (König (wie Anm. 104), S. 81, Text zu Abb. 58) sowie Anm. 419) ist unkritischer Rezeption heimatkundlicher Literatur geschuldet: Eine Überprüfung des Oldendorfer Kirchenbuchs ergab keinerlei diesbezüglichen Hinweis. 126 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 323, Mitteilung Levekes an diverse Verwandte betr. den Tod des Sohnes Hermann Christian 1612 Juli 3 (Entwurf von Hand des Ludolf Münchhausen). 127 Wie vorige Anm.; hier: handschriftlich (durch Leveke) notierte 16 Wappen für eine möglicherweise am Sarg anzubringende Ahnenprobe. Berücksichtigt wird hier nur die mütterliche Seite: van der Mutter wegen sindt Schencken, die von Bulow, die von Wenkstern, die von Marrenholte, die von Jagauwe, die von Bodendike, die von Knesebeke, die von Bodendorff.... Die Reihung der Wappen entspricht hierbei der für die Herrschaftsempore in Flechtingen 1592 geschaffenen Ahnenprobe des Werner Schenk; sie wird am Epitaph für Marie Agnese v. Lenthe geb. Schenk von Flechtingen ( ), einer Cousine des Hermann Christian v. Mengersen, in der Kirche zu Lenthe, Region Hannover, in unveränderter Form wiederholt.

56 56 übermittelt, wobei die noch lebenden Geschwister Schenk die ersten Positionen der Liste einnahmen 128. Man überführte den Verstorbenen von Köln nach Oldendorf, wo er am 15. Juli 1612 im südlichen Seitenschiff der Stadtkirche nahe dem Chor 129 neben seinem Vater beigesetzt wurde 130. Paul Schmied, damals Pfarrer in Oldendorf, hielt gleich zwei Gedächtnispredigten, die noch 1612 in Druck gingen 131. Diesen Predigten wurden sechs Textbeiträge beigegeben, die Verwandte und Freunde des Verstorbenen beigesteuert hatten; so etwa Hermann Justus (Jobst) v. Mengersen aus der Linie Helpensen, der dem Vetter schon bald im Tode nachfolgte 132, und der bereits erwähnte Theodor Steding. Während zwei weitere Autoren zuverlässig als Kölner Studenten der Rechtswissenschaft identifizierbar sind und ein dritter sich einer Zuordnung entzieht 133, lässt ein vierter Name besonders aufhorchen: Gemeint ist der junge sächsische Adlige Rudolf v. Dieskau ( ), der zunächst als Student in Jena, später als fürstlicher Rat am Weimarer Hof, Hauptmann zu Weißenfels und Hofmeister des sächsischen Kurprinzen in Erscheinung tritt, 128 Und zwar: 1) Kersten (II.) Schenk auf Flechtingen (Bruder), 2) Agnes geb. Schenk, Witwe des Hermann v. Veltheim auf Alvensleben (Schwester), 3) Matthias Schenk auf Lemsell nebst Ehefrau (Schwager und Schwester), 4) Elisabeth geb. Schenk, Witwe des Bethmann v. Dorstadt auf Nienburg/Saale (Schwester), 5) Sabina geb. v. Bredow, Witwe des Werner Schenk von Flechtingen (Schwägerin), 6) Matthias v.d. Schulenburg auf Altenhausen (Ehemann einer Nichte), 7) Henning v.d. Schulenburg zu Angern (dto.), 8) Werner v.d. Schulenburg zu Angern nebst Ehefrau (Nichte nebst Ehemann), 9) Dietrich v.d. der Schulenburg zu Apenburg (Ehemann einer Nichte), 10) Christoph v. Veltheim zu Bartensleben (Neffe) nebst Hausfrau, 11) Christoph v. Veltheim, Domherr zu Halberstadt (Vetter), 12) Henning Carl Schenk auf Lemsell (Neffe), 13) Anna geb. v. Veltheim, Ehefrau des Arndt v. Stammer auf Ballenstedt (Nichte). In der Akte hat sich auch die schriftliche Absage des Christoph v. Veltheim auf Bartensleben betr. seine Teilnahme am Begräbnis in Oldendorf erhalten (wie vorige Anm., 1612 Juli 12): Er erkrankte, nachdem er schon seine Wechselpferde abgeschickt hatte, an einem Fieber. 129 Vur dem cur im Inneren der Kirche wünschte auch Leveke begraben zu werden (StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 105, 1617 Januar 10). 130 So der entspr. Vermerk im Diarium des Ludolf v. Münchhausen (StABÜ, Dep. 6 GH M Nr. 250, fol. 112). 131 Und zwar am 2. Juli 1612, dem mutmaßlichen Tag der Ankunft der Leiche in Oldendorf, sowie am 15. Juli, dem Tag des Begräbnisses (Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz (im Folgenden abgek.: SBPK ), Ee ). 132 Meyer (wie Anm. 77), S. 53, mit nur knappen Angaben, darunter der nicht durch entspr. Quellenangabe abgesicherten Feststellung, dass er zusammen mit Hermann Christian erzogen worden sei. Als Respondent in Stadthagen nachgewiesen 1611 (HAB (wie Anm. 59) J 71a. 4 o Helmst. (22)). 133 Es handelt sich um Heinrich Hattingen, Jurist aus Köln, später Respondent in Straßburg und Basel, Johannes Praetorius aus Nieheim, Respondent in Köln 1612, sowie einen gewissen Henricus Prins, zu dem keine näheren Angaben vorliegen (Nachweise in VD17).

57 57 der aber vor allem als schöpferisches Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft bekannt geworden ist 134. Der geistliche Zuspruch konnte Leveke von Mengersen kaum dauerhaft trösten, denn sie verlor nach eigenen Worten mit dem Sohn ihren negst Gott einigen trost, hoffnung und freude in dießer welt 135 und auch in der autobiographisch aufzufassenden Einleitung ihres Testaments vom Januar 1617 spricht sie den knapp fünf Jahre zurückliegenden Schicksalsschlag nochmals an: Hernacher sösten (=16) jahr nach meines lieben junckern dott hat mich der libe Gott noch hertter angegriffen und mich meinen hertze allerlibesten einigen sone Hermen Karsten von Mengerßen, nachdem er 17 jahr und 11 tage erreicht, durch einen seligen abscheidt von disem jammerdall abgefurdert und mich ellenden betrübten weibe durch disses meines frommen und wolerzogen und ihn allen gehorsamen sones fall alles erdeßken trostes lieb und gutt beraubet, undt ob ich woll von meiner jugent auff viele ellendes vursucht, so ist es doch unter alle was einem menschen auff disser welt widerfaren kan, kein hoiger creutz, den ein einigen gehorsamen son, den Gott mit vurstande begabet und iederman gute hoffenung zu dreget, zu vurlieren In ihrem wohl schon bald nach dem Verlust des Sohnes einsetzenden Bemühen, dessen Andenken u.a. durch die Errichtung eines aufwendigen Grabdenkmals (Abb. 9) dauerhaft zu sichern 137, wird die zeittypische Manifestation adeliger Memoria möglicherweise durchdrungen von dem Wunsch, die eigene Trauer wenigstens ein Stück weit zu bewältigen. 3.4 Der Kampf um den Witwensitz Oldendorf Das frühe und unerwartete Ableben des Hermann Christian v. Mengersen gab seiner Mutter nicht nur das Gefühl gänzlicher Verlassenheit, sondern schuf offenkundig auch rechtliche Probleme, die es zu meistern galt. 134 Zu ihm Martin Bircher, Im Garten der Palme [...], Teil 2, Wiesbaden 1998 (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung Bd. 32), S Noch im März 1611 ist er in Jena nachgewiesen. Ob er sich 1612 in Köln aufgehalten hat, bleibt eine offene Frage; denkbar wären auch anderweitig vermittelte Kontakte, denn Alhard v. Mengersen, ein Vetter des Hermann Christian aus der Erdeborner Nebenlinie, war mit Marie v. Dieskau verheiratet (Meyer (wie Anm. 77), S. 50), die sich bis dato einer sicheren genealogischen Zuordnung entzieht. 135 StABÜ, Dep. 59, Nr. 482, pag StA BÜ, Dep. 6, GH, A, Nr. 105, 1617 Januar In ihrem Testament vom 10. Januar 1617 (wie vorige Anm.), spricht sie davon, dass sie inzwischen nicht nur ihre eigene Grabstelle inklusive des Leichsteins habe herrichten, sondern auch ein Epittaffium habe setzen lassen (siehe unten Kap. 6). Für die drei Gräber in der Stadtkirche zu Oldendorf zahlte sie dem Rat 70 Goldgulden, deren Zinsen beiden Pfarrern des Ortes zugute kommen sollten (StABÜ, Dep. 59, Nr. 482, pag. 1-2).

58 58 Letztwillige Verfügungen, die der junge Mann auf seinem Kölner Krankenlager zugunsten der Armenversorgung seines Heimatortes Oldendorf 138 sowie seines Begleiters Heinrich vom Hauß 139 getroffen hatten, wurden von den Brüdern seines Vaters als Lehnserben des jungen Mannes - wohl angesichts seiner Minderjährigkeit - nicht als rechtsgültig anerkannt; hier trat, wie noch zu schildern sein wird, die Mutter für den Verstorbenen ein, da sie dessen lesten willen nicht [wollte] laßen feilbar (=fehlbar/ungültig) machen. Auch ihr Sitz Oldendorf schien nach dem Tode des einzigen Sohnes, der ja nach den innerfamiliären Verträgen nominell auch als Minderjähriger Inhaber des Hofes gewesen war, keineswegs auf Dauer gesichert, wenngleich es ihr gelang, den noch lebenden Schwägern v. Mengersen Zugeständnisse wegen des Hofes nebst Zubehör abzuringen, wofür sie ihrerseits auf alle noch offenen allodialen Erbansprüche ihres verstorbenen Ehemannes verzichtete 140. Von Dauer waren diese Abmachungen jedoch nicht, denn schon bald begann ihr Schwager, der Schaumburger Drost Jobst v. Mengersen, ihr auf wenig ritterliche Art zuzusetzen. Auf ihn dürften sich wenigsten zu einem guten Teil jene bitteren Klagen beziehen, die sie ihrem Testament vom Januar 1617 voranstellte: Ich bin so sagt sie von jederman trostloß vurlaßen gewesen, kein freundt hat umme meinet willen iemals ein pert gesadelt oder ein wort vurlieren wollen, ich habe must iedermans fußschemel sein, immer nachgeben und schweigen Sie griff hierbei nicht ganz von ungefähr eine Redewendung aus dem Adelsspiegel des Cyriacus Spangenberg auf 142, dessen Empfehlungen zur Versorgung 138 Er hatte seinem vaterland denen von Oldendorff, da er erzogen in seinem nicht erhaltenen Testament Rtlr. zugunsten der örtlichen Armenpflege vermacht (StABÜ, Dep. 59, Nr. 482, pag. 3). 139 Leveke nennt in ihrem Testament einen Betrag von 600 Rtlr. (StA BÜ, Dep. 6, GH, A, Nr. 105, 1617 Januar 10). Nach dem Wortlaut des Testaments auch das folgende Zitat. 140 Nach Meyer (wie Anm. 77), S. 48, 50, 80 waren dies Alhard auf Kloster Mansfeld sowie Anton auf Erdeborn und Jobst I. auf Hülsede, der lt. Meyer S. 81 offenbar besondere Anrechte an Oldendorf geltend machen konnte. In der Präambel ihres Testaments (StA BÜ, Dep. 6, GH, A, Nr. 105, 1617 Januar 10) hielt Leveke fest: so habe ich mich auff dissen betrubten fall (=den Tod ihrer nächsten Angehörigen) mit meines seligen junckern brudern vurglichen und ihnen alles an siegell und brieffen wieder zugestalt, was mein juncker seliger von seinem vätterligen erb so woll von seines bruderen Otten von Mengerßen valle (=Erbfall) bekommen, habe nichts dafon behalten, allein dießen hoff zu Ollendorffe neben seiner zubehörung vur meine leibzucht mein lebelang, nach meinem dotte sollen meine erben denen von Mengerßen dissen hoff ohne entgelttniße wider zustellen, laut des vurdrages, so hirbei vurwart. Der hier genannte Vertrag scheint ebenso wie das Original des Testaments verloren zu sein. 141 StA BÜ, Dep. 6, GH, A, Nr. 105, 1617 Januar Anke Hufschmidt führt an entsprechender Stelle die Passage aus Cyriacus Spangenberg, AdelsSpiegel. Historischer Ausführlicher Bericht: Was Adel sey vnd heisse, woher er komme, wie mancherley er sey, Vnd was denselben ziere vund erhalte [...], 2 Bde., Schmalkalden 1591

59 59 adliger Witwen ihr offenbar geläufig waren. Die Aktivitäten des feindseligen Schwagers Mengersen werden in den Briefen Levekes sicher nur zum Teil erkennbar; jeder einzelne Vorstoß war aber wohlgezielt und daher schmerzhaft. So brachte er den Fürsten Ernst von Schaumburg gegen sie auf, indem er u.a. den Verdacht streute, sie verstoße gegen das landesherrliche Salzmonopol, was zu unmäßigen Strafandrohungen des Fürsten, zum Vorwurf halsstarriger hoffart und unangenehmen Auftritten landesherrlicher Beamter auf ihrem Hof führte 143. Sie schließt einen schriflichen Hilferuf an Ludolf v. Münchhausen mit einer bitteren Klage:...ehs mag gott erbarmen, das ich in meinem elende keinen friede haben mus, ich und meine bruder, gelaube ich, mussen unsser sinne gar sein beraubet gewessen, wi ich mich auß meiner angeboren friheit ihn disse tureksche (=türkische) dinstbarkeit 144 geben habe. Meines vattern kruger (=Krugpächter) haben mer fryheit [besessen] wie ich hier habe, der schwager wolle mich nicht vur denken und mich mit weinig worten sein bedenken schreiben.... Die Angriffe Mengersens ließen, wie sie dem Ehemann ihrer Nichte im Jahre 1619 in höchster Erregung schrieb, auch in den Folgejahren keineswegs nach, sondern nahmen eher noch zu 145 : Dreimal in einer Woche hatte er ihr zeugen und nottarien ins Haus geschickt, den Hof cümmeren lassen 146 und dabei überlaut gerufen, sie sollte das Anwesen stüntlig (=umgehend) räumen. Er ließ die Witwe vor die Regierung nach Bückeburg laden, wo sie ihre Ehestiftung vorzulegen hatte und wo man sie offenbar zu einem Verzicht auf Oldendorf zu bewegen oder doch wenigstens ihre Leibzucht nach landes gebrauch zu regeln, d.h. zu vermindern suchte, wozu die Schaumburgische Polizeiordnung von 1615 vielleicht eine Handhabe geboten und 1594; hier: Bd. 2, S. 130r, wonach eine adlige Witwe nicht jederman an unter den Füssen liegen, d.h. nicht von Anderen abhängig sein solle (Hufschmidt (wie Anm. 72), S. 376). 143 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen, 1617 November 19. Jobst v. Mengersen, der hinter allem steckte, hatte noch vor wenigen Tagen gesagt, er wolle die Schlacht (=die Schlagde, wesernahes Grundstück des Oldendorfer Hofes) bei meinem leben [zu ihren Lebzeiten] haben. Während ihrer 14-wöchigen Abwesenheit hatte er ihre Knechte und Mägde bedroht; Hirten waren angesichts der Drohungen aus dem Dienst entwichen. Jobsts Schreiber hatte ihre Abwesenheit außerdem genutzt, den Zaun zwischen den Grundstücken seines Dienstherrn und denen Levekes einreißen zu lassen. Aus dem o.angeführten Brief auch das folgende Zitat. 144 Auch dieser Begriff kann als Zeugnis für Levekes Belesenheit gelten: Von der jämmerlichen Türckischen Dienstbarkeit im Sinne von Sklaverei ist im Zusammenhang mit Exempel[n] des fünfften Gebots Von etlichen großen geschehenen Schlachten erstmals bei Andreas Hondorff u. Vincentz Sturmius, Promptuarium Exemplorum Historien- und Exempelbuch, Bd. 1, Leipzig 1580, S. 243 die Rede. 145 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen, ihlig, daher undatiert, errechnet: 1619 (nach der Zeitangabe 7 iar nach meines sones dotte ). Aus diesem Schreiben auch die folgenden Zitate. 146 D.h. beschlagnahmen lassen.

60 60 hätte 147. Ich bat so Leveke man müchte die zeit vurlengern, ich kuntte mich mit Iost von Mengerssen on meiner freunt rat nicht einlassen. Als sie nach harten Verhandlungen 148 wieder heimkam, fand sie dort eine neue Klageschrift und Vorladung Mengersens, in der es um Geldforderungen ging. Ich mag mit Davit wol sagen: ich werde schir vmgebracht auf ehrden 149 mir ist mein leben mein lebe (=mein Lebtag) so saur nicht gemacht wie itzo, gott mag mich helffen. Während all dieser Auseinandersetzungen brach gelegentlich der - sonst bezähmte - blanke Zorn aus ihr hervor, wenn sie an Münchhausen schrieb: freuntlicher liber schwager, ich kan euch nich vur halten, das der duffel abermal dul ist (=der Teufel gemeint ist Mengersen - abermals toll ist), wi ihr aus bigefugtem schreiben zu ehrsehen Nachdem Jobst v. Mengersen offenbar nicht davon abließ, die Schwägerin zu bedrängen, entschloss sie sich im Jahre 1621 zu juristischen Gegenmaßnahmen 151 ; Ruhe kehrte aber erst ein, als ihr Widersacher im September 1621 an den Folgen eines Schlaganfalls verstarb. Leveke deutete die zunächst nicht lebensbedrohlich erscheinende Erkrankung Mengersens als Fingerzeig Gottes: dem lan[d]rosten j v m (=Jobst von Mengersen) hat gott einen starken briff gesant [es folgt die Beschreibung der Krankheitssymptome] es ist eine scharffe bus predi[gt], gott gebe, das ehr si zu hertzen neme [...] gott hilffe und beßer in (=ihn), das ehr selig werde Eine völlige Aussöhnung zwischen ihr und den Nachkommen des Jobst v. Mengersen hat es auch später wohl nicht gegeben: Selbst 147 Vgl. hierzu Hufschmidt (wie Anm. 72), S nun bin ich gestern mit Doctor Kipen dahin gewesen, habe einen harten streit gehat ist zu lank, kan wegen schwachheidt des [unleserlich] nicht alles schreiben.... Der später hochangesehene Diplomat im Dienste des Herzogtums Calenberg, Dr. jur. Justus Kipius ( ), war damals Stadtsyndikus in Stadthagen. 149 Sie bezieht sich dabei auf Psalm 119, Vers 87: Sie haben mich schier vmbbracht auff Erden... (so die Wittenberger Lutherbibel von 1545). 150 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen sicher mit Blick auf Jobst v. Mengersen, undatiert. 151 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen 1621 (Tages- und Monatsangabe unleserlich, aber wohl vor der Berufung des Jobst zum Landdrosten im Frühjahr), wo sie berichtet, dass sie ihre Klage nach Bückeburg eingereicht habe gleichwohl habe ihr der Droste wieder 12 Kopfweiden oben abhauen lassen: das weis gott, was ich mit dem gottlossen menschen besorgen(?) sol, got stur [=steuere im Sinne von: wehre ] ihm, er fraget nirgen nach.... In den Beständen des StABÜ findet sich leider keinerlei Gegenüberlieferung. 152 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen 1621 September 2. Jobst v. Mengersen starb bereits eine Woche später am 9. September (Meyer (wie Anm. 77), S. 81). Sie war über die Geschehnisse auf dem nahen Adelssitz Stau, wo Mengersen am 26. August in Anwesenheit des Fürsten vber diske schwerlig kranck geworden, d.h. eine halbseitige Lähmung erlitten hatte, durch ihren Vertrauten Theodor Steding genauestens unterrichtet worden. Von einer Überanstrengung bei der Jagd, wie sie durch Meyer als Auslöser der Erkrankung dargestellt wird, ist bei Leveke nicht die Rede.

61 61 Einladungen stießen bei Leveke allenfalls auf Skepsis und sie versuchte, sich solchen Verpflichtungen nach Möglichkeit zu entziehen 153. Gleichwohl wuchs sich die Auseinandersetzung zwischen Frau Leveke und ihrem Schwager nicht zum Dauerkonflikt zweier Familienkreise aus: Zu eng waren und blieben die personellen Verbindungen zwischen den Schenken und ihrem verwandtschaftlichen Umfeld einerseits und den Mengersens andererseits, die mit der Flechtinger Heirat 1594 ihren Anfang genommen hatten Die späteren Witwenjahre Von jederman trostloß vurlaßen, wie Leveke v. Mengersen es 1617 in der Einleitung zu ihrem Testament ausdrückte, war sie natürlich nicht, wenngleich sie dies angesichts ihrer nicht eben beneidenswerten Situation bis 1621 subjektiv so empfunden haben mag. Schon vor dem Schicksalsjahr 1612 weilte ihr jüngster Bruder Kersten (II.) Schenk sicherlich nicht zum ersten Male bei ihr in Oldendorf 155 ; auch später fand er sich dort zuweilen 153 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen, undatiert. Sie sei heute auf den sonnabent wan bei mich und dem gemeinen man die potte ledig sein nach Stau zum gaste gebeten worden und fragt, ob Ludolf nebst Gemahlin auch dorthin müssten bzw. wollten. Sie wüsste gern, was er ihr rät: wor ich da mit hin gehe oder nicht, sie meinens doch nicht von hertzen undt ich bin auch nicht alzu lustig In diesem Zusammenhang ist zunächst die Heirat des Heinrich v. Mengersen ( ), Schwager der Leveke Schenk, mit deren Cousine Dorothea v. Veltheim a.d.h. Glentorf im Jahre 1600 zu nennen (Meyer (wie Anm. 77), S. 49). Eine weitere verwandtschaftliche Verknüpfung zwischen einer Nebenlinie der Schenken einerseits und dem kurzlebigen Mansfelder Zweig der v. Mengersen andererseits kam später hinzu: Victor Jobst Schenk ( ) aus der Linie Lauingen/Langeleben, der 1624 zum Rittmeister der wolfenbüttelschen Landschaft berufen wurde (Philipp Christian Ribbentrop, Sammlung der Landtagsabschiede [...], Teil II, Helmstedt 1797, S. 2), 1629 als Drost zu Vienenburg amtierte (Nieders. Landesarchiv, HStA Hannover, Cal. Br. 7, Nr. 2142) und 1632 als Gesandter Wolfenbüttels bei Gustav II. Adolf von Schweden nachgewiesen ist (Friedrich Gf. v.d. Decken, Herzog Georg von Braunschweig und Lüneburg [...], Teil 2, Hannover 1834, S. 293) heiratete zu einem nicht bekannten Zeitpunkt vor 1623 Maria Magdalena v. Mengersen (Meyer, wie Anm. 77), S ), Tochter des Anton auf Erdeborn und damit Cousine des Hermann Christian v. Mengersen (+ 1612). Auch Dorothea v. Müchhausen ( ), die Großnichte Levekes, ist hier anzuführen: Sie heiratete Cord Philipp v. Mengersen, einen Neffen sowohl des Jobst als auch des früh verstorbenen Georg (Meyer (wie Anm. 77), S. 54). 155 StABÜ, Dep. 6 GR Nr. 1295, pag. 76. Dort Anweisung des Ludolf v. Münchhausen an seinen Oldendorfer Schreiber betr. Beantwortung und Beförderung eines Briefes an Kersten (II.) Schenk, der sich entweder noch in Oldendorf aufhält oder schon wieder abgereist ist, 1607 Sonntag Exaudi (Mai 17). Sollte Schenk wieder nach Hause gereist sein, möge der Bote nicht nur den Brief nach Dönstedt befördern, sondern bei der Gelegenheit auch gleich Glocknern den jagdhund dorthin mitnehmen.

62 62 persönlich ein 156. Nicht nur sein reger Briefwechsel mit dem freundlichen lieben schwager und vertrauten guten gesellen 157 Ludolf v. Münchhausen dürfte dafür gesorgt haben, dass Leveke mit Blick auf das Wohl und Wehe ihrer altmärkischen Angehörigen stets hinreichend informiert blieb. Ob ihre 14-wöchige Reise im Herbst sie in die Altmark und ins Anhaltinische geführt hat, bleibt eine offene Frage, ist aber ebenso zu vermuten wie ein Gegenbesuch ihrer Schwester Elisabeth zu einem unbekannten Zeitpunkt 159. Leveke selbst zog zudem auch Erkundigungen über ihre Angehörigen ein, indem sie Boten aussandte. So gab sie die auf diesem Wege erhaltene Nachricht vom Tode ihrer Schwester Agnes 1621 umgehend an Ludolf v. Münchhausen weiter und beschrieb nähere Einzelheiten, die ihr offenbar durch den Bruder Kersten (II.) übermittelt worden waren 160, dessen militärische Aktivitäten im Solde Venedigs übrigens ebenso als Produkt überhitzter Phantasie lokaler Geschichtenschreiber zu gelten haben wie seine langjährige Gefangenschaft und glückliche Rückkehr vor dem Jahre StABÜ, Dep. 6 GH M Nr. 250, Diarium des Ludolf v. Münchhausen, , unpaginiert. Unter der Rubrik Notabilia des Jahres 1616 November 26 und 27 vermerkt Münchhausen: zu Oldendorf bey Carsten Schencke auff der Witwe von Mengersen Hoffe gewesen. Das Treffen wird auch im Futter-Register vermerkt. 157 So die durch Kersten (II.) gegenüber Ludolf v. Münchhausen des öfteren gebrauchte Anrede (StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 479, hier: Dönstedt 1604 Juli 10). 158 Sie erwähnt dieselbe in ihrem Schreiben an Ludolf v. Münchhausen 1617 November 19 (StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476). 159 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen, undatiert, mit folgender Einladung:...und ist hirmit zu euch mein frunhtlige bite, ihr wollet [...] morgen auff mitdag zu mich komen undt die alte mume Elissabete besuchen.... Mit der mume (=Tante) Elisabeth könnte Levekes jüngste Schwester gemeint sein. 160 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen, undatiert, aber zeitlich einzugrenzen auf Februar 1621 durch das bekannte Todesdatum der Agnes (lt. Schmidt, Veltheim II (wie Anm. 58), S. 134 gest Januar 29). Demnach habe sie einen Boten nach der marcke gehat, nach meinen schwestern und brudern zu fragen. Als der Bote eintraf, sei ihre Schwester Veltheim eben verstorben. Wie ihr berichtet würde, seien ihr Bruder (=Kersten (II.)), dessen Frau und die vier Töchter Veltheim bis zum Ende bei ihr gewesen. Si[e] sol zu Flecht[ingen] begraben werden, das hat si begert [...] ich kan aber nicht dahin komen, der weg ist bosse (=böse/schlecht wegen der Jahreszeit). Sie (=Leveke) habe auch an ihren Bruder wegen seines (damals wohl auswärts weilenden) Sohnes geschrieben. Kersten habe die briefliche Antwort in aller Eile an seinen Amtmann zu Leimbach gesandt mit Bitte um Weiterbeförderung des Schreibens (nach Oldendorf). 161 Die Geschichte von Kerstens (II.) Beteiligung an einem Feldzug gegen die Türken und seiner unvermutheten Wiederkunfft inklusive der angeblich aus Dankbarkeit vorgenommenen Altarstiftung in Wegenstedt von seiten seiner Ehefrau 1616 wird erstmals durch Walther (wie Anm. 4), S. 123) erzählt und seitdem weitergegeben (so etwa durch Behrends (wie Anm. 5), S. 137 und selbst noch Joh. Friedrich Danneil, Das Geschlecht v.d. Schulenburg, Bd. 2, Salzwedel 1847, S sowie Schmidt, Schulenburg II (wie Anm. 119), S. 326). Willing schmückt das Ganze dann unter Rückgriff auf die feuilletonistischen Ergüsse des Bardenitzer Pfarrers Büchner im Altmärkischen Intelligenz- und Leseblatt weiter aus (Willing (wie Anm. 7), S. 47-

63 63 Der Tod des Bruders im Dezember 1621 wird Frau Leveke hart getroffen haben 162 und es ist davon auszugehen, dass sie sich ebenso wie ihre Schwester Elisabeth v. Dorstadt zu den Beisetzungsfeierlichkeiten im Februar 1622 in Flechtingen eingefunden hat: Sie zählt jedenfalls zu jenem Personenkreis, dem der Pfarrer Schardius die auf Kersten (II.) Schenk gehaltene Leichenpredigt widmete 163. Einerseits ist also von intensiven Kontakten zu ihren nächsten Angehörigen auszugehen, die über lange Strecken nur brieflich aufrecht erhalten werden konnten; andererseits bewegten sich weitere Verwandte Frau Levekes schon frühzeitig in ihrem engsten räumlichen Umfeld. Zunächst ist hierbei natürlich Anna v. Bismarck, Levekes verwaiste Nichte, zu nennen, die bereits vor ihrer Heirat an die Weser kam, wo ihre Tante sie für die Dauer eines Jahres in ihrem Oldendorfer Haushalt aufnahm 164. Die Rolle der Witwe Mengersen bei den Voranfragen der Münchhausens hinsichtlich einer Eheschließung des Ludolf v. Münchhausen und der Anna v. Bismarck, ist durch Brage Bei der Wieden eingehend dargestellt worden 165. Frau Levekes Engagement ging 48, 113). Nirgendwo wird dabei auch nur ein einziger konkreter Quellennachweis geliefert ganz abgesehen davon, dass zwischen Venedig und dem Osmanischen Reich seit 1573 Frieden herrschte! Stattdessen lässt sich die Anwesenheit des Türkenkriegs-Kombattanten in Dönstedt bzw. Flechtingen anhand seiner von dort an Ludolf v. Münchhausen gerichteten Briefe für den Zeitraum lückenlos belegen (StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 479). Im November 1612 steht er sogar Pate bei Ludolfs Sohn Hermann Christian (StABÜ, Dep. 3, GR Nr. 1269, fol. 59v) kündigt Margarethe v. Saldern, Witwe des Achaz v. Veltheim, bei ihm und Gebhard Johann v. Alvensleben als Bürgen ein dem Kurfürsten von Brandenburg vorgestrecktes Kapital (Schmidt, Veltheim II (wie Anm. 58), S. 152); am 18. Oktober 1615 sagt er seine und seiner Ehefrau Teilnahme am Begräbnis der Margarethe v. Saldern in Harbke zu, muss die Zusage aber kurzfristig rückgängig machen (LHASA, MD, H 95 Nr. 2773, fol. 2, 9). Im November 1616 weilt er zu Besuch bei seiner Schwester Leveke in Oldendorf (StABÜ, GH M Nr. 250, ad 1616 November 26). Für kriegerische Unternehmungen in der Levante, die übrigens auch in dem seiner Leichenpredigt beigegebenen Lebenslauf mit keinem Wort erwähnt werden, blieb da wahrlich wenig Zeit. 162 Kersten (II.) Schenk starb am 22. Dezember 1621, nachdem er fast fünf Monate am Quartanfieber gelitten hatte (so das Sterberegister von Flechtingen, zitiert bei Willing (wie Anm. 7), S. 48). Die knappe Beschreibung der Erkrankung in der Leichenpredigt (SUB Göttingen, 4 CONC FUN 231 (3)) deutet auf den tödlichen Verlauf einer Infektion mit der damals nicht ungewöhnlichen autochthonen Malaria hin; die Angaben zur Todesursache bei Draffehn (wie Anm. 7), S. 37 dürften den entstellenden Phantasien der Schencken-Chronik geschuldet sein. 163 SUB Göttingen CONC FUN 231 (3). 164 StABÜ, Dep. 3 GR 1296, pag , Ludolf v. Münchhausen an Leveke v. Mengersen 1625 Januar 21. Dort u.a. Hinweis darauf, das meine haußfrauwe ihn ihrem jungfern stande ein jahr auff der von Mengerssen hoeffe gewesen. 165 Bei der Wieden (wie Anm. 56), S ; hierbei unterläuft dem Autor allerdings das Versehen, Rinteln als Wohnort Levekes und ihrer Nichte anzugeben. Auch übersieht er den Sachverhalt, dass Kersten (II.) Schenk in der Nachfolge seines schon 1597 verstorbenen Bruders Werner neben Pantaleon v. Bismarck gleichfalls als Vormund der Anna v. Bismarck

64 64 aber noch darüber hinaus, denn auch beim Abschluss der Ehestiftung Münchhausen-Bismarck übernahm sie - wenigstens partiell - die organisatorische Regieführung im Hintergrund: Ungewöhnlich für einen Rechtsakt, dessen Vollziehung eigentlich reine Männersache war. So schrieb ihr der mit den Angelegenheiten ihrer eigenen Familie bestens vertraute, in Gardelegen ansässige Arnold Bergh im Februar 1600 u.a.: [...] Das auch die frauw begeret, das ich neben Kersten Schencken am 8. Martii zu Oldendorff anlangen und der jungfer Anneken von Bismarck ehesachen, die alsdan vollenzogen werden sollen, mit beiwohnen möge, darzu erkhenne ich mich schuldig und ganz willig, aber der frawen sollte ich gleichwoll nicht vorhalten, das im stifft Halberstadt ein lehntag außgeschrieben am 12. Martii des tages zuvor einzukhommen, dahin Kersten Schencke und meines unmündigen junckers 166 vormunder auch beschieden. Und weil nun der halberstädtischen lehne halber vor dieser zeit Irrunge vorgefallen und den Schencken viell daran gelegen, das solche dinge wieder in richtigkeit gebracht werden, besorge ich, man werde mich hier schwerlich weglassen, weil ich die lehensachen underhanden habe und sonst niemandt als ich bericht weis, dennoch wil ichs mit Kersten Schenck und einestheils andern vormündern reden, und, wo ich mich kan loßwürcken, gelegenheit schaffen. 167 Dass Frau Leveke ihrer Nichte große Zuneigung entgegenbrachte 168, ändert nichts an der Tatsache, dass es zwischen den beiden Frauen auch schon einmal zu heftigen Auseinandersetzungen kommen konnte, wenn die Witwe v. Mengersen meinte, das Verhalten der jungen Frau v. Münchhausen durch scharfe Zurechtweisungen erzieherisch beeinflussen zu müssen, was zu kurzfristigen Entzweiungen führte 169, die aber bald beigelegt wurden. anzusprechen sein dürfte. Zu Werners Vormundschaft StABÜ, Dep. 6 GH J Nr. 67 (Obligation Pantaleons v. Bismarck zugunsten Werner Schencks als [Mit-]Vormund der Erben (d.h. der Witwe und Tochter) des Abraham v. Bismarck über Tlr Dienstag in den Ostern). 166 Gemeint ist wohl Jacob, der Sohn des bereits 1597 verstorbenen Werner Schenk. 167 StABÜ, Dep. 6 GH J 96, Flechtingen 1600 Februar StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 476, Leveke v. Mengersen an Ludolf v. Münchhausen 1609 Januar 9: wie ich den in meinem gewissen das ein gut gezeugnisse habe vur Gott, das ich ehs mit ihr (=Anna) nicht anders gemeint, alsse mit meinem einigen (=hier: eigenem) kinde, vndt habe si vur disser zeit in meinem hertzen dem geleich gehalten So gegen Ende des Jahres 1608, als Frau Leveke ihrer Nichte deren vnzeitigen eiffer in Gestalt abfälliger Äußerungen über ein Mitglied der gräflich-schaumburgischen Familie sowie über die Mengersens vorhielt: und wen es so were alsse es ia nicht were, so solte si[e] ehs dennoch mich vndt meinem son nicht zu schimpf reden, den der were des geblütz des si[e] were vndt hetten eine grossemutter gehat. Die schwangere Anna ging ihr nach einem boshaften, auf Leveke gemünzten Abschiedswort ( gottlob das die zeit komen ist, das ich des driffers (=Antreibers) vndt homeisters (=Hofmeisters, Aufsehers) abe kommen ) für mehr als zwei Monate demonstrativ aus dem Wege und als Leveke sich dennoch bei Gelegenheit nach ihrer Gesundheit erkundigte, erhielt sie eine derartige Antwort, das ich (=Leveke) auch bei mich

65 65 Außer der Nichte Anna, die wenigstens zeitweilig auf dem Oldendorfer Hof der Münchhausens und damit gewissermaßen in Rufweite zum Wohnsitz ihrer Tante lebte, kam im Jahre 1605 eine weitere Verwandte Levekes in die Kleinstadt an der Weser. Die Rede ist von Levekes Cousine Catharina v. Veltheim, Tochter des Jobst v. Veltheim auf Glentorf und Ehefrau des Johann Post, die den Oldendorfer Hof ihres Ehemannes bis zu ihrem Tode 1646 bewohnte und wie Leveke in der Oldendorfer Stadtkirche begraben wurde 170. Die Witwe v. Mengersen konnte sich also insofern glücklich schätzen, als gleich zwei Frauen aus ihrer ursprünglichen familiären Umgebung in ihrer Nähe ansässig waren - eine davon sogar dauerhaft an ein und demselben Ort (Abb. 10). Dadurch, dass Frau Leveke ihre Großnichte, die 1620 geborene und ihr schon als Kleinkind zur Erziehung anvertraute Dorothea v. Münchhausen zehn Jahre lang auf ihrem Oldendorfer Hof um sich hatte 171, blieben die Beziehungen zur Nichte Anna und ihrem Ehemann Ludolf v. Münchhausen trotz zeitweiliger Störungen 172 stabil und intensiv. Die Großtante stand wahbeschlos, ich wolte si hinferner nicht mer fragen. Leveke beschrieb Ludolf v. Münchhusen den Hergang in aller Ausführlichkeit; er wird daraufhin vermittelnd eingegriffen haben (Quelle wie vorige Anm.). 170 Sie wurde 1574 geboren, war also deutlich jünger als ihre Cousine Leveke (Catharina war eine Tochter der Armgard v. Bülow a.d.h. Oebisfelde). Ihr Ehemann starb 1626 und während der Zeit ihrer Witwenschaft - so klagte sie dem Pfarrer - wurde sie oftmals bedrängt und betrübt. Lange Jahre vor ihrem Tode 1646 litt sie offenbar an asthmatischen Beschwerden, damals als Brustkrankheit bezeichnet. Dies und die übrigen Angaben aus ihrer 1616 in Rinteln gedruckten Leichenpredigt (Roth, Auswertungen (wie Anm. 59), R 8905). 171 Der zehnjährige Aufenthalt Dorotheas im Haushalt der Großtante wird bei Meyer (wie Anm. 77), S. 54 erwähnt; es fehlt allerdings eine nachvollziehbare Quellenangabe. Dorotheas Leichenpredigt (SUB Göttingen, 4 CONC FUN 184 (9), S. 42) stellt lediglich fest, dass sie sich eine geraume Zeit bei ihrer Großtante aufgehalten habe. Der bei Hufschmidt (wie Anm. 72), S , Anm. 249 gegebene Hinweis, wonach Dorothea einige Jahre vor ihrer Heirat (=1639) bei ihrer bereits 1629 (!) verstorbenen Tante Magdalena in Kletzke in der Prignitz gelebt habe, ist irrig; die dort als Quelle genannte Leichenpredigt des Anton Bencken bezieht sich auf Lucia v. Münchhausen ( ) aus dem Hause Schwöbber! 172 StABÜ, Dep. 3 GR 1296, pag , Ludolf v. Münchhausen an Leveke v. Mengersen, 1625 Januar 21: undt sehe ich nicht, aus waß ursachen man (gemeint ist Leveke) sodanes zettergeschrey machet. Dieweill aber wollgemelte wittbe ihn ihren gestrichen (=gestrigen) schreibenden mihr und den meinigen alle freundtschafft auffsaget, wo nun mein tochterlein Dorotheyken auch damit gemeinet, so bitte ich, sie muge sodanes kindt etliche weinige tage unbetruebt bey sich behalten, ich undt meine hausfrauwe wollen die folgende tage in Oldendorff kommen undt unser tochterlein wieder abholen.... Für den Fall, dass es der Wwe. Mengersen ungelegen wäre, das Kind einige Tage in ihrem hause zugedulden, soll sie es auf den Hof der Witwe des Otto v. Münchhausen oder in des Magisters Haus senden. Grund für die kurze, aber heftige Auseinandersetzung war offenbar ein Einmischungsversuch Levekes in Angelegenheiten Ludolf v. Münchhausens, der darauf scharf reagierte, was wiederum zwei zornige Briefe der so Gescholtenen an Ludolf zur Folge hatte. Dies ist das einzige Zeugnis einer ernsthafteren, aber rasch beigelegten Verstimmung zwischen den beiden.

66 66 re Höllenqualen aus, als das damals gut 6-jährige Dorotiken im Oktober 1626 schwer erkrankte. Sie ließ es sich nicht nehmen, die Pflege des Kindes selbst zu übernehmen, kam aber dabei ihrem eigenen Zusammenbruch gefährlich nahe. Ihr Großneffe Ludolf d.j. v. Münchhausen berichtete den Eltern mit Blick auf die Verfassung der älteren Dame: weinet sehr, helt sich gar ubell, saget, es sei ihrer grosesten unglück eine Ausführlicher äußerte sich Heilwig v. Münchhausen ( ), die ältere Schwester der Kleinen, in einem Schreiben aus Oldendorf an die Mutter 174 : kan euch meine hertzelibe mutter auch nicht fur endthalten, das Dordticken wider beyfallen ist und hadt sich ihr kranckheit aus gewissen, das man fur meinet, die beytrubete kranckheit die peste sei s; sie sol sie am rechteren arem haben, der sol ihr ser dicke sein, sie sol aber nicht uber grosse schmertzen haben und sol ser geduldich sein, das man vermeinet, sie es noch wol wider verwunne, man weis aber nicht was der libe gott bey ihr dun wil, den es ein geferlich kranckheit ist. [...] die gude von Mengerssen ist aber ihn ser grosser bekummernisse, den sie sol ser betrubet sein, ich sende ofte dar hin und las nach ihr fragen, so wirdt mich altzet (=allzeit) berichtet, das sie sol ser weinen und sich ubel halten undt sagen, wen es gottes wille were, sie das libe kindt gern behalten wole, den sie hete sie soe lib und wolt bey ihr dun, [dass] sie es fur gott wol fur anttworten wole, sie sol auch altzeit selber bey ihr sein, hadt ihr auch was ihn geben soe gut fur die peste ist undt als (=alles) gedan was mugellich ist, das halben sich die mutter nicht befruchten (=befürchten) darf als wen sie wor verseumet würde. Die ökonomischen Verwerfungen der Kipper- und Wipperzeit ließen auch die Oldendorfer Gutswirtschaft der Witwe v. Mengersen nicht unberührt. Eine deutliche Unmutsäußerung vom September 1621 gegenüber Ludolf v. Münchhausen ist gleich in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich. Sie schreibt: ich hette gern einen botten nach euch gesant, so kan man doch nicht einen menschen weder zu botten odder zu erbeitten mechtig werden wegen der vurfluchten müntze. Das meiste korn ist noch hir aussen, ehs ist kein wetter vndt ist kein volck zubekomen Demnach war sie in der Eigenbewirtschaftung ihrer Ländereien auf freie Arbeitskräfte angewiesen, die sich offenbar angesichts rapider Geldwertverluste nur unter größten Schwierigkeiten bzw. nicht in gewünschtem Umfange rekrutieren ließen. Nachdem die Schrecknisse des Dreißigjährigen Krieges 1622/23 über das Wesergebiet hereinbrachen, teilte sie die Sorgen ihrer Angehörigen um die Sicherheit des außerhalb des Elternhauses weilenden Nachwuchses. Als es 173 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 411, 1626 Oktober StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 451, undatiert, aber zeitnah dem in der vorigen Anm. angeführten Schreiben. 175 StABÜ, Dep 6, GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen, 1621 September 2.

67 67 gelegentlich darum ging, einige der Münchhausen schen Kinder vom Oldendorfer Stadthof der Familie nach Remeringhausen in Sicherheit zu bringen, widerriet sie solchen Vorschlägen nachdrücklich, denn selbst die schwach befestigte Kleinstadt Oldendorf schien ihr gegenüber einem ganz und gar ungeschützten Herrensitz wie Remeringhausen noch vergleichsweise sicher 176. Dass auch die Mauern Oldendorfs auf die Dauer kaum Schutz vor Plünderungen bieten konnten, hat Frau Leveke am eigenen Leibe erfahren müssen, als ihr Hof zu einem nicht bekannten Zeitpunkt von erpresserischen Besatzern des nahen Rinteln überfallen wurde 177. Im Juli 1633 brandeten die Wellen des Krieges bis vor die Mauern Oldendorfs, wobei es Georg von Braunschweig-Lüneburg in einer kurzen, aber blutigen Schlacht gelang, eine militärische Wende zugunsten der evangelischen Seite in Norddeutschland herbeizuführen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur Levekes Gutswirtschaft infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen in Mitleidenschaft gezogen wurde; auch die Zinseinnahmen aus langfristig angelegten Krediten kamen, da die ökonomischen Kreisläufe insgesamt schweren Schaden nahmen, ins Stocken. Das 1634 verfasste Kodizill zu ihrem Testament von 1617 zeigt jedenfalls, dass vermeintlich sicher angelegte Gelder vielfach seit Jahren nicht verzinst worden waren 178. Die allgemeine Hoffnungslosigkeit des nicht enden wollenden Krieges ergriff auch Frau Leveke: Ein Neujahrsgruss an die Nichte Anna v. Münchhausen drückt ihre zutiefst pessimistische Grundstimmung aus, wenn sie schreibt: Fruntlige leve wesche undt gefatter, ich wunsche dich und alle di deinen ein frolig undt geluckselig neues jar, der libe got geb, das das neue jar besser ist wi das alte gewesen ist, wi wol ich nicht gelove, das ehs vor dem iungsten 176 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 451, Heilwig v. Münchhausen an ihre Mutter Anna, undatiert: Ich bin auch bey der von Mengerssern gewesen undt ihr der mutter brif zu lessen gedan, dar aus sie gesehen das die von Quitzawen schreibet wir hir nicht lenger verbleiben sollen. [...] Die von Mengersen die saget, es duchte ihr, [dass] es hir alzeit noch sicher were als zu Reimrinchhaussen, die von Mengersen die hat mich auch einen brif gedan, den die von Quitza geschriben hadt, den solt ich der mutter zu schicken StABÜ, Dep 6, GH A Nr. 476, Leveke an Ludolf v. Münchhausen, undatiert, betr. einen Überfall auf ihren Hof, Erpressung von Metallgefäßen und die dabei ausgestoßenen Drohungen bzw. Beschimpfungen übelster Art. 178 StABÜ, Dep. 6, GH A Nr. 105, 1634 November 2. Lange rückständig waren u.a. die Zinsen von Tlrn. bei der braunschweigischen Landschaft, die v. Münchhausen zu Ohsen standen mit der Verzinsung von Tlrn. lediglich zwei Jahre zurück. Carl v. Mandelsloh schuldete ihr seit neun Jahren die Zinsen eines Kapitals von 450 Tlrn; die Kersten Werner Schenk vorgestreckten 760 Tlr. waren bereits seit 1619 nicht mehr verzinst worden und auch für die bei der hoya schen Landschaft angelegten Tlr. waren seit Jahren keine Zinsen entrichtet worden. Selbst Levekes Verwandte, die Erben v. Dorstadt, hatten auf einen Kredit von Tlrn. seit 1626 keine Zinsen mehr entrichtet.

68 68 dage besser wert. Goht mache alles elendes ein mahl ein ende 179. Die Schreiberin dieser Zeilen hat weder das Ende des großen Krieges erlebt noch blieben ihr weitere Schicksalsschläge erspart: Ihr freuntliger liber schwager und gefatter Ludolf v. Münchhausen, dem jahrzehntelang manche Bitte um Rat gegolten hatte, starb im Jahre 1640 und im gleichen Jahre verlor sie ihr Augenlicht 180. Hiermit sah sich die eifrige Schreiberin eines wesentlichen Kommunikationsmittels beraubt und die vier letzten Jahre ihres Lebens werden nur noch ein Warten auf das Ende gewesen sein, dem sie offenbar gefasst entgegensah, als zunehmende Schwäche sie für die letzten sechs Wochen ihres Lebens ans Bett fesselte: Sie ließ ihren Neffen und Haupterben Werner Schenk ( ) nach Oldendorf kommen und besprach mit ihm ihr Begräbnis, nachdem andere Dinge längst geregelt waren. Am 18. April 1644 ist sie verstorben und am 23. Mai neben ihrem Ehemann und Sohn in der Oldendorfer Stadtkirche beigesetzt worden. Theodor Steding, ehedem Hauslehrer des Sohnes und nun längst Pfarrer in Oldendorf, widmete Werner Schenk die auf Frau Leveke als dessen hertzlieber seeliger Wasen und Mutter gehaltene Leichenpredigt über die beiden abschließenden Verse des 126. Psalms, die als Predigtgrundlage von der Verstorbenen selbst ausgewählt worden waren, die auch hier nichts dem Zufall überlassen hatte. 4. Die Legatenstiftungen von 1616 und 1638 Unter Rückgriff auf eine lange Tradition religiös motivierter Schenkungen beim Adel und Teilen des städtischen Bürgertums und in der Absicht, die Erinnerung an sie und ihre nächsten Angehörigen in Oldendorf möglichst auf Dauer zu gewährleisten, begründete Leveke v. Mengersen im Jahre 1616 eine aus mehreren Komponenten bestehende wohltätige Stiftung StABÜ, Dep. 6 GH A 476, Leveke an Anna v. Münchhausen, undatiert (teilw. zit. bei Bei der Wieden (wie Anm. 56), S. 169). 180 So ihre Leichenpredigt (SUB Göttingen, 4 CONC FUN 226 (3)), S Sie hat - so der Verfasser der Predigt - sehr unter der Erblindung gelitten, die ihr das Lesen u.a. religiöser Texte unmöglich machte. Auch das Folgende nach dem der Leichenpredigt beigegebenen Lebenslauf. 181 Die Abschrift der Stiftungsurkunde 1616 April 3 ( Mittwochen in den Ostern ) mit Darlegung der bis dahin getroffenen Verfügungen in StABÜ, Dep. 59, Nr Hiernach, wenn nicht anders vermerkt, das Folgende. Frau Leveke bestätigte den Rechtsakt, nachdem beide Pfarrer, zwei Bürgermeister und drei Ratspersonen die Urkunde unterzeichnet hatten, mit folgender eigenhändiger Erklärung: daß diß oben gesetzte von mich alsso aus wolbedachthem gemuthe also geordneth vundt vullenzogen, auch die lage [=Verteilung] selber eingestelt, bekenn ich Leveke geborene Schencken iunckern [im Or. wohl: Iurgen] von Mengerssen seligen nachgelassene wittwe mit diesser meiner hant.

69 69 Schon 1612, wenn nicht bereits früher, hatte sie dem Rat zu Oldendorf 70 Goldgulden bzw. 80 Tlr. für drei Begräbnisse in der Stadtkirche entrichtet 182, deren Zinsen alljährlich den beiden Pfarrern des Ortes ausgezahlt werden sollten. Im gleichen Jahre trat sie in das Vermächtnis des früh verstorbenen Sohnes in Höhe von Tlrn. ein, dem sie selbst später noch 500 Tlr. hinzufügte. Zunächst legte sie Ostern 1615 ein finanzielles Fundament durch 680 Tlr., die sie dem Oldendorfer Rat auszahlte und dessen auf 46 Tlr. festgelegte Jahreszinsen nach einem von ihr entworfenen Plan zu verteilen waren: Je 6 Tlr. flossen den beiden Pfarrern, dem Kantor und dem Rektor zu, welch letztere als Lehrer an der Stadtschule wirkten. Die Gehaltsaufbesserung der beiden Lehrkräfte war an die Bedingung gebunden, dass dafür jährlich 12 arme Bürgersöhne aus Oldendorf vom Schulgeld und allen anderen Gebühren befreit würden. Weitere 6 Tlr. bestimmte sie zur winterlichen Beheizung der Schule und die verbleibenden 16 Tlr. widmete sie der baulichen Unterhaltung der Weserbrücke. Dieses erste Teillegat sollte gelten ein jahr und alle jahr, so lange die kirche zu Oldendorff stehet und [- dies war der überzeugten Lutheranerin offenbar besonders wichtig -] Gottes wortt rein darin geprediget [wird] nach der augsburgischen confession übergab sie dem Rat der Stadt weitere 900 Tlr. gegen eine jährliche Verzinsung von 56 Tlrn., wobei sie sich die Verteilung dieser Summe für die Zeit ihres Lebens selbst vorbehielt. Für die Zukunft setzte sie folgende Verteilung fest: Die zwölf vom Schulgeld befreiten Knaben sollten für je 1½ Tlr. mit Kleidung und Schuhen versehen werden und drei auswärts studierende Oldendorfer Bürgersöhne sollten für die Dauer von 3 Jahren je 6 Tlr. pro anno erhalten. Hierbei hatte - so Frau Leveke in der für sie typischen Diktion - der Rat streng darauf zu achten, dass sie es nicht leichtfertigen bengels [...] geben, die es versauffen oder auf der hoffart wenden. Auch sieben mittellose Bürgerswitwen sollten jährlich mit je 2 Tlrn. unterstützt werden, wobei auch hier größter Wert auf den guten Namen der Empfängerinnen gelegt wurde 183. Je einer armen, aber in gutem Ruf stehenden Bürgerstochter, dachte Frau Leveke jährlich eine Beisteuer zum brauttrock in Höhe von 5 Tlrn. zu und für den letzten nun noch verbleibenden Tlr. wurde dem Küster aufgetragen, die leichstein rein[zu]halten, d.h. die längst gefertigten steinernen Abbilder der Witwe, ihres Ehemanns und ihres Sohnes regel- 182 Die Jahresangabe 1617 bei Anke Hufschmidt, Sehliglich in Gott dem Herrn entschlafen Tod und Begräbniskultur in adligen Familien, in: Adel im Weserraum (wie Anm. 104), S. 262, ist unzutreffend. 183 In Frage kamen solche Frauen, die ihren Kindern [ihren Besitz] haben übergelaßen und eines guten nahmens sein, die daß ihrige nicht haben versoffen, wie der zu Oldendorff viele sind....

70 70 mäßig zu säubern. Da Frau Leveke die Verteilung der Gelder mit wolbedachtem gemüthe auff alle stende als kirchen und schule, schülern und studirten, alten frawen, ehrlichen armen metkens und dem gemeinen nutz zum besten angeordnet hatte, verbot sie einerseits zukünftige Änderungen der Austeilungsmodalitäten, bat aber andererseits, weil sie die wittwe auß sehr hochbetrübtem hertzen mit viell trenen dieße donation mit eigener hand eingestellet [...] so offt dies außgetheilt wirdt, ihr und ihres sons in ehren dabei zu gedencken [und] weil sie leider keinen nahmen hinter sich verläßett, daß dennoch bei den nachkommen ihres und ihres mannes und sons in ehren gedacht wirtt. Mit ihrem Legat von insgesamt Tlrn. 184 bewegte sich die Leveke Schenk im Bereich des innerhalb ihres Standes zu Erwartenden 185 und soweit erkennbar angesichts ihrer wirtschaftlichen Situation auch im Rahmen des Möglichen. Ungewöhnlich ist allerdings ihr Bestreben, die jährlich anfallenden Zinsbeträge nach einem wohldurchdachten System möglichst breit zu streuen. Das Vermächtnis ihres Schwiegervaters, der der armuede zu Oldendorf seinerzeit 200 Goldfl. vermacht hatte, mutet dagegen in jedweder Hinsicht bescheiden an. Ganz anders waren auch ihrem Anspruch nach die umfangreichen Schul- und Armenstiftungen der 1576 verstorbenen Metta v. Holle, der Großmutter des Ludolf v. Münchhausen, organisiert 186, deren alljährliche Ausschüttungspraxis Leveke selbst erlebt haben dürfte. Dieser Kron aller gottseligen adligen Matronen in Westfalen und Sachsen nachzueifern, könnte schon für sich genommen ein starkes Motiv für die Legatenstiftung der Witwe Mengersen geliefert haben; was jedoch deren formale Einzelheiten betrifft, so lassen sich in ihrer altmärkischen freundtschafft interessante Beobachtungen treffen: Aufschlußreich ist hier vor allem das 1588 gestiftete Legat der Fredeke v.d. Asseburg ( ), Witwe des Busso v. Bülow auf Oebisfelde, die damals ein Kapital von Tlrn. beim Rat der Stadt Halle (Saale) belegte, dessen 184 Hinsichtlich der richtig bezifferten Summe und der ebenfalls richtigen Zeitstellung: Bei der Wieden (wie Anm. 56), S. 153; die Gesamtsumme bezog sich allerdings nur zu etwa zwei Dritteln auf das Vermächtnis des Hermann Christian v. Mengersen. 185 Zum Bereich der wohltätigen Stiftungen adliger Frauen im Weserraum knapp und zusammenfassend Hufschmidt (wie Anm. 72), S Die Legatenstiftung der Leveke Schenk von Flechtingen wird dabei nicht erwähnt. 186 Bei der Wieden (wie Anm. 56), S Hiernach hinterließ Metta v. Holle (ca ), Witwe des Claus Büschen zu Oldendorf, der dortigen Schule 200 Tlr. sowie 40 Tlr. dem Siechenhaus. Mit einem Kapital von Tlrn. begründete sie eine Armenstiftung, deren jährliche Zinserträge für Gewand (20 Tlr.), das Armenhaus, die Aussteuer armer Mädchen sowie für arme Schüler (je 10 Tlr.) bestimmt waren. Aus den Zinsen weiterer 200 Goldfl. wurden alljährlich 30 Arme mit Schuhen versorgt. Darüber hinaus förderte Metta Büschen begabte Schüler und Studenten wie den späteren Superintendenten zu Stralsund, Conrad Schlüsselburg (Neukirch (wie Anm. 116), S. 236).

71 71 Zinsen u.a. zur Förderung der Katechismuslehre in Stadt und Amt Oebisfelde bzw. in Gartow sowie für arme, aber fleißige Schüler in Halle bestimmt wurden 187. Es fällt beim Vergleich der beiden Legatenstiftungen von 1588 und 1616 auf, dass das Stiftungskapital in beiden Fällen beim Rat einer Stadt und damit einigermaßen sicher - angelegt wurde, dass die Verteilung der jährlichen Überschüsse in Oebisfelde wie in Oldendorf ausschließlich oder doch wenigstens anteilig in den Händen des Magistrats lag, und dass wir es in beiden Fällen mit bedingten Schenkungen zu tun haben: Während Fredeke v.d. Asseburg ihr Legat für den Fall, dass Oebisfelde sich von der Lehre Luthers und der Augsburgischen Konfession abwenden und zum Papsttum zurückkehren würde, für nichtig erklärte und die Zinsen ihres Kapitals den Armen der Stadt zuzuwenden gedachte, wurde die entsprechende Bedingung in der Oldendorfer Stiftungurkunde zwar weniger scharf formuliert (s.o. vor Anm. 183), hätte aber im Zweifelsfalle eine gleichermaßen wirksame Handhabe geboten, das Legat für ungültig zu erklären. Noch wenige Jahre vor ihrem Tode, nämlich 1638, stiftete Leveke Schenk ein weiteres, mit insgesamt 100 Tlrn. allerdings weniger umfangreiches Legat zugunsten der Pfarrer bzw. Pfarrerswitwen in Flechtingen und Wegenstedt 188 : Wenn auch die zu veranschlagenden Jahreszinsen von etwa 5 Tlrn. nur zu einer geringen Aufbesserung der Einnahmen führten, kann diese Stiftung doch als Zeichen einer starken, im Alter vielleicht noch zunehmenden Verbundenheit gesehen werden, welche die Witwe Mengersen gegenüber ihrem Geburtsort und dessen naher Umgebung empfunden hat. 5. Letztwillige Verfügungen Im festen Bewusstsein, dass alle menschen dem zeitlichen dott unterworffen sein, und wider zu der erden werden mußen, darfon wir genommen sein, ging Leveke Schenk im Jahre und damit frühzeitig - daran, ihr Haus zu bestellen und ihren letzten Willen zu Papier zu bringen. Sie dis- 187 v. Bülow (wie Anm. 50), S. 54, Anm. 1); die Stiftungsurkunde abgedruckt bei Walther (wie Anm. 4), S Von den insgesamt 160 Tlrn. verfügbarer Zinsen wurden 1588 nur knapp 60 Tlr. zur jährlichen Verteilung vorgesehen; die Disposition über die verbleibenden 100 Tlr. behielt sich die Witwe v. Bülow für einen späteren Zeitpunkt vor. Möglicherweise sind die verbleibenden Gelder in ihre wohltätigen Aktivitäten in Magdeburg eingeflossen, wo sie ihre letzten Lebensjahre verbrachte: Ihre Leichenpredigt (ULB Sachsen-Anhalt, Pon Za 4201, QK) von 1604 rühmt jedenfalls ihre Verdienste um die Förderung armer Schüler. 188 Willing (wie Anm. 7), S. 62, ohne konkrete Quellenangabe; als Quelle erschließbar allerdings der Visitationsrezess der Flechtinger Kirche 1647 Oktober 1. Die im Abdruck der Willing schen Chronik in diesem Zusammenhang und auch sonst aus unerfindlichen Gründen durchgehend angeführte Währungseinheit mrk (=Mark) ist natürlich durch Tlr. zu ersetzen.

72 72 ponierte dabei nach geltendem Recht über jene beweglichen Güter, an denen die Familie ihres längst verstorbenen Ehemannes keine Ansprüche geltend machen konnte, und berücksichtigte allein ihre Herkunftsfamilie, d.h. die Nachkommenschaft des Kersten (I.) Schenk und der Catharina v. Bülow. Diese ausschließliche Begünstigung der eigenen Familie war bei erbenlosen Witwen wie Frau Leveke eher die Regel denn die Ausnahme 189. Bevor aber Frau Leveke an die Verteilung ihres mobilen Besitzes dachte, traf sie zunächst Anordnungen bezüglich ihres Begräbnisses, wobei wie sie selbst feststellte - Wesentliches bereits vorsorglich geregelt worden war, da ich denne mein grab bei meinem leben habe machen laßen, und leichstein, auch epittaffium gesetzet. Hier blieb nicht mehr zu tun, als den Angehörigen aufzugeben, sie christlich und ehrlich onne allen großen pracht oder hoffart, deßen ich mich in meinem ganßen leben geeußert, zu begraben. Nach den nochmals referierten Stiftungen in die ehre Gottes, deren Einhaltung sie ihren nächstwohnenden Erben bei ihrer seligkeit und dem worte der warheit auferlegte, ging sie an die Verteilung dessen, was sie als ihr wolgewunnen gutt betrachten konnte, das mich Gott durch seinen segen beschert, darumme wolle mich keinmant darin vurdencken, das ich dem einen mer alße dem andern gebe, den ich habe es von vatterlichem oder schwester- oder bruderlichem anfalle nicht geerbet. Die Töchter des längst verstorbenen Bruders Werner Schenk namens Margarethe (gest. 1636) 190, Ehefrau des Matthias v.d. Schulenburg auf Altenhausen, Emden usw. ( ), sowie Catharina (Lebensdaten unbekannt), Ehefrau des Henning v.d. Schulenburg auf Angern usw. ( ) wurden mit je 500 Tlrn. zum kleinode meiner und meines lieben seligen sones darbei zu gedencken recht knapp bedacht. Großzügiger erwies sie sich gegenüber der Nichte Anna v. Münchhausen geb. v. Bismarck als Tochter ihrer gleichnamigen ältesten Schwester. Während Anna selbst Tlr. erhalten sollte, wurden für den Großneffen Hermann Kersten v. Münchhausen, welcher nach meinem sone genennet, Tlr. und für die Großnichte Leveke v. Münchhausen, die den namen von mich hat, gleichfalls Tlr. vorgesehen 191. Frau Levekes Schwester Agnes, Witwe des Hermann v. Veltheim auf Alvensleben ( Hufschmidt (wie Anm. 72), S. 414, ; S auch kurzer, wenngleich wenig aussagekräftiger Rekurs auf das um das Jahr 1617 herum errichtete Testament der Leveke Schenk. 190 Das bei Schmidt, Schulenburg II (wie Anm. 119), S. 367 angegebene Geburtsdatum 1571 ist sicherlich unzutreffend, denn Werner Schenk von Flechtingen kann Sabina v. Bredow- Rheinsberg erst nach 1587, dem Todesjahr seiner ersten, sehr jung verstorbenen Ehefrau Margaretha v. Bartensleben, geheiratet haben. 191 Die Gelder für beide noch minderjährigen Geschwister sollte zinsbringend angelegt und so vermehrt werden.

73 ) 192 konnte auf Tlr. hoffen; deren vier Töchtern, nämlich der Stammersken (=Anna, Ehefrau des Arndt v. Stammer auf Ballenstedt), Catharina Dorothea 193, Ehefrau des Dietrich v.d. Schulenburg auf Apenburg, Beetzendorf usw. (urk ), Leveke (+1626), Ehefrau des Werner v.d. Schulenburg ( ) auf Angern und Beetzendorf 194 sowie der Maria ( ), 1617 Braut und später Ehefrau des Cordt v. Marenholtz auf Nienhagen 195 setzte ihre Tante zusammen Tlr. aus, wobei auch die Erbportion der Mutter im Falle ihres Todes auf die Töchter übergehen sollte. Der Schwester Elisabeth, Witwe des Bethmann v. Dorstadt, waren gleichfalls Tlr. zugedacht; die gleiche Summe beabsichtigte Leveke deren vier Töchtern zukommen zu lassen, die im Testament zwar nicht namentlich erwähnt werden, aber erschließbar sind 196. Vergleichsweise reich bedacht wurden die Schwester Margarethe, Ehefrau des Matthias Schenk auf Lemsell, sowie deren zwei Söhne und vier Töchter: Neben Tlrn. für Margarethe, die nach dem Tode der Mutter den beiden Söhnen Henning Carl und Kersten Werner zufallen sollten, begabte sie die vier unmündigen Nichten namens Felicitas, Catharina Elisabeth, Agnes und Anna Sophia Schenk mit jeweils Tlrn., die sie bis zur Heirat der Erbnehmerinnen zinsbar angelegt und so in der Folgezeit vermehrt zu sehen wünschte, so das ihr brautschatz damit vurbeßert werde, oder da sie nicht alle freitten, in ihrem alter zum unterhalt zu hulffe hetten. Auch die sechs Töchter ihres jüngsten Bruders Kersten (II.) Schenk ( ) konnten sich überdurchschnittlich hoher Erbportionen erfreuen: Katharina Dorothea 197, Anna Elisabeth 198, Maria Agnes 199, Sabine und Dorothea hatten je Tlr., Kerstens zweitjüngste Tochter Leveke hatte sogar Tlr. zu gewärtigen, da sie den Namen der Erblasserin trug. Auch hierbei verordnete Letztere, dass die Kapi- 192 Lebensdaten nach Schmidt, Veltheim II (wie Anm. 58), S Das Testament nennt Dierck von der Schulenborg haußfruwen. Sie war in zweiter Ehe mit Carl v. Mandelsloh auf Klötze verheiratet (Schmidt, Veltheim II (wie Anm. 58), S. 171). 194 Schmidt, Schulenburg II (wie Anm. 119), S Schmidt, Veltheim II (wie (wie Anm. 58), S Sicher zuzuordnen sind anhand der Leichenpredigt auf Levekes Neffen Kersten Werner v. Dorstadt ( ) 1) Dorothea Agnesa, Ehefrau bzw. Witwe des Jacob v. Bennigsen, 2) Heidewig, Ehefrau des (Jacob?) v. Neindorff sowie 3) die Tochter(!) Bethmann, Ehefrau des (Philip Ludwig) v. Spitznase, Domherrn zu Halberstadt (SBPK (wie Anm. 131), Ee ). Auch Agnes v. Dorstadt a.d.h. Emersleben ( ), Ehefrau des Hans Christoph v. Ebeleben, wird dieser Geschwisterreihe zuzuordnen sein (SBPK (wie Anm. 131), Ee /28). 197 Verehelicht seit 1620 mit Sebastian Edelherrn v. Plotho (siehe unten Anm. 204). 198 Lt. OFB Flechtingen, S. 319 starb sie unverheiratet am und wurde am d.J. in Flechtingen beigesetzt. 199 Geb. um 1602 in Dönstedt, gest in Lenthe. Sie heiratete am 10. Dezember 1629 in Flechtingen Erich v. Lenthe (Mitteilung Hans Mahrenholtz an den Verf. vom ). Ihr Grabmal in der Dorfkirche Lenthe ist erhalten.

74 74 talien zinsbar belegt und auf diese Weise bis zum Zeitpunkt einer jeweiligen Heirat vermehrt würden 200. An Kapitalien kamen also insgesamt Tlr. zur Verteilung auf 26 weibliche Angehörige, wobei die ihrer Mutter substituierten beiden Söhne der Margarethe Schenk nicht mitgezählt sind. Was ihre Gerade anbetraf, so wünschte Leveke Schenk für den Fall ihres Todes eine gleichmäßige Verteilung derselben unter ihre vier Schwestern, behielt sich aber Schenkungen zu Lebzeiten ebenso vor wie nachträgliche Änderungen ihres letzten Willens insgesamt. Mit der Verteilung der Kapitalien und den Bestimmungen der Gerade war noch keineswegs alles geregelt, sondern es musste noch ein Haupterbe für ihren gesamten sonstigen Nachlass festgesetzt werden. Als solchen bestimmte Frau Leveke ihren Neffen Werner Schenk von Flechtingen ( ), dem sie für den Fall seines frühzeitigen Ablebens dessen jüngsten Bruder Kersten (III.) substituierte, der jedoch schon 1630 zu Tode kam 201. An Werner sollten demnach alle nach dem Tode der Erblasserin verbleibenden Barschaften, ihr Silbergeschirr und ihr Hausgerät fallen, nachdem ihr Gesinde ausgezahlt, alle Schulden und haushaltsbezogenen Rechnungen sowie schließlich die Begräbniskosten beglichen seien. Werner wurde offenbar auserkoren als zukünftiges Haupt der Linie Flechtingen/Dönstedt und aus sunderligen mich dahin bewegetten ursachen, von wegen der liebe, so ich zu meinem stammen und geschlechte der Schencken drage, inmaßen auch alle vernünfftige und erlige leute von altershero ihren stammen und geschlechte vur anderen freunden vurgezogen, welchem exempel ich hierinnen gefolget. Frau Leveke unterschrieb und siegelte ihr Testament am 10. Januar 1617 zunächst persönlich und ließ es einige Monate später durch sieben bürgerliche Zeugen und einen Notar beglaubigen. Da Leveke Schenk offenbar je länger je mehr zu der Überzeugung gelangte, dass die zunächst pauschal erfolgte Zuweisung von Erbportionen unter ihren Erben zu Uneinigkeit führen würde, präzisierte und modifizierte sie ihre letztwillige Verfügung in der Folgezeit dahingehend, dass sie den Löwenanteil ihrer ausstehenden Kapitalien vorab als Schenkung vergab und die ihren Angehörigen außerdem zugedachten Kapitalien näher präzisierte. 200 Eltern und Brüder wurden sogar ausdrücklich vom Genuss der Zinsen ausgeschlossen war er noch unmündig (LHASA, MD, E 76, Nr. 106 ad 1625 März 7). Er wurde im Juli 1630 bei Erfurt erschossen (Behrends, Kreischronik 2 (wie Anm. 5), S. 153, ohne Quellenangabe). Seine Verbindung zu Ernst Albrecht v. Eberstein, unter dem er erste militärische Erfahrungen im schwedisch-polnischen Kriege hatte sammeln können, dürfte durch gemeinsame familiäre Beziehungen zu den v. Stammer auf Ballenstedt zustande gekommen sein (siehe oben Anm. 128 sowie Leichenpredigt Ebersteins von 1676 (SBPK (wie Anm. 131), 4 Ee )).

75 75 So legte sie ihrem Testament etliche Jahre nach dessen Niederschrift eine Erklärung bei 202, wonach sie ihrem Neffen Werner zusätzlich zu dem bereits zugeteilten Vermächtnis noch eine offenbar von ihr erworbene Obligation des Matthias v. d. Schulenburg in Höhe von Tlr. übertrug, die aus den Einkünften der Herrschaft Altenhausen zu verzinsen war 203. Diese gifft under den lebenden sollte ebenso wie ihr Silbergeschirr und Hausgerät durch Werner und seine zukünftigen Nachkommen als Familienerbe angesehen werden. Schenkung und Vermächtnis zugunsten des Flechtinger Neffen mögen in ihrem beachtlichen Umfang einerseits als Ausdruck persönlicher Zuneigung Levekes gelten; andererseits wird sie die ab 1625/26 zunehmend bedrängte Lage Werners vor Augen gehabt haben, auf dessen seit 1629 konfiszierten Gütern sich in jenen Jahren allerlei unsauberes Volk habsburgisch-friedländischer Provenienz breitmachte 204. Am 2. November 1634 konkretisierte Frau Leveke die Bestimmungen ihres 1617 verfassten Testaments erneut und umfassender als zuvor. Sie wies den beiden Nichten Schulenburg einen Jahreszins (= Tlr.) aus der Altenhausener Obligation je zur Hälfte als Erbportion zu und erließ ihrem Neffen Werner Schenk die Rückzahlung von Tlrn., die sie ihm zuvor vorgestreckt hatte. Außerdem bestätigte sie eine weitere bereits an ihn erfolgte Schenkung von 900 Tlrn. Zwei überlebende und inzwischen verheiratete Töchter Kerstens (II.), nämlich Maria Agnesa, Ehefrau des Erich v. Lenthe auf Lenthe und Wunstorf ( ) sowie Catharina Dorothea, Ehefrau 202 StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 105, undatierte Beilage zum Testament von 1617 Januar 10. Da sich Werner Schenk Martini 1628 zu Beesen mit Sophie v. Krosigk verehelichte (und nicht wie in OFM Flechtingen und Dönstedt (wie Anm. 61) S. 322 bzw. S fälschlich angegeben mit Maria v. Pilgram!) und sein mutmaßlich ältester Sohn Christian Volrad am 25. Dezember 1635 zur Welt kam, ist die obige Zusatzerklärung auf diesen Zeitraum einzugrenzen, sicher aber vor dem letztgenannten Datum niedergeschrieben worden. 203 Ursprünglicher Kreditgeber war seit etwa 1609 Wilhelm v.d. Wense auf Bodenteich usw. (LHASA, MD, E 76, Nr. 84a). Werner verglich sich wegen dieser Forderung 1659 mit den Erben des Matthias v.d. Schulenburg (LHASA, MD, E 76, Nr. 218). 204 Ludolf d.j. v. Münchhausen schrieb nach der Schlacht von Lutter am Barenberge seinen Eltern Ludolf und Anna v. Münchhausen von Oldendorf aus: Werner Schencke hatt nicht allein alle seine pferde verlohren, sondern ist noch dazu von den Crabaten gefangen undt ubell gehalten worden, hatt sich mussen mitt 300 reichsthaler ranzioniren, ligt itzo in Braunsweig swerlich kranck... (StABÜ, Dep. 6 GH A Nr. 411, 1626, ohne Tages- und Monatsangabe). Näheres ansonsten bei Willing (wie Anm. 7), S unter Wiedergabe ungenannter zeitgenössischer Quellen (möglicherweise LHASA, MD, E 76, Nr. 168). Es scheint der lokalen Forschung entgangen zu sein, dass es sich bei dem zeitweiligen Inhaber der Schenk schen Güter um jenen emporgekommenen Italiener Johann Baptist Verda von Verdenberg (c ) handelte, der als Kanzler, Kämmerer und Berater des Monarchen am Hofe Ferdinands II. eine Schlüsselposition bekleidete, zunächst zu den Parteigängern Wallensteins zählte, aber noch vor 1634 rasch die Fronten wechselte. Der Commissarius Heinrich Niemann, welcher die Güter für Verdenberg in Besitz nahm, war ein enger Vertrauter des Friedländers, der zusammen mit diesem 1634 in Eger umgebracht wurde.

76 76 des Sebastian Edelherrn v. Plotho auf Grabow 205, wurden mit insgesamt Tlrn. bedacht, die bei der Braunschweigischen Landschaft als Forderung ausstanden; der erstgenannten wurden darüberhinaus 500 Tlr. von den lange rückständigen Zinsen dieses Kapitals als Erbin ihrer inzwischen verstorbenen Schwester Leveke 206 zugewiesen. Kerstens Tochter Anna Elisabeth wurde eine 1637 fällige Schuldforderung von Tlrn. gegenüber Heinrich Hilmar v. Münchhausen zugesprochen; Sabina und Dorothea Schenk, die Rittmeisterinnen 207, sollten sich eine auf die Erben des Claus v. Münchhausen zu Ohsen lautende Forderung von Tlrn. nebst zweijährigen Zinsen teilen. Der Nichte Anna v. Münchhausen wies Frau Leveke eine Forderung von Tlrn. gegenüber dem Cantzler 208 sowie eine weitere Forderung von 300 Tlrn. gegenüber Ludolf v. Münchhausen zu, deren spätere Verteilung sie vorab festlegte 209. Bei den Vermächtnissen zugunsten der vier Nichten Veltheim änderts sich nichts, außer dass Leveke auch hier bestimmte, woher die entsprechenden Gelder genommen werden sollten 210. Die Zahl der Geschwister Schenk zu Lemsell hatte sich mit dem 205 Sebastian Edelherr v. Plotho heiratete lt. OFB Flechtingen (wie Anm. 61), S. 384 am 20. August 1620 in Flechtingen Catharina Dorothea Schenk von Flechtingen. Auch die Widmung der Leichenpredigt auf Kersten (II.) Schenk von 1622 (SUB Göttingen 4 CONC FUN 231 (3)) nennt unmissverständlich ihn und Catharina Dorothea als Eheleute. Die ihr im Genealogischen Hdb. d. Adels, Freiherrl. Häuser A Bd. XI, 1979, S. 296, beigelegten Vornamen Elisabeth Sophia sind offenkundig falsch. Auch die dort mit 1603 bzw. ca angegebenen Geburtsdaten der Eheleute dürften unzutreffend sein. 206 Sie ist lt. OFB Flechtingen (wie Anm. 61), S. 321 noch 1627 September 30 als Patin in Flechtingen nachgewiesen, wird aber im dortigen Sterberegister offenbar nicht aufgeführt. 207 Wenigstens im Falle Sabinas lässt sich die Bezeichnung nachvollziehen: Sie ehelichte vor 1634 den späteren schwed. Obersten und schließlich Amtshauptmann zu Heldrungen, Sigismund v. Reisengrün alias Rausengrüner von Grünlas ( ) und starb bereits 1636 (Leichenpredigt auf ihren Ehemann: HAB (wie Anm. 37), Xa 1:32 (4)). Das Ehepaar stiftete der Kirche in Dönstedt einen silber-vergoldeten Kelch (Harksen (wie Anm. 11), S. 207) mit der Inschrift: SABINA SCHENCKIN SIGMUNDT RAISEN GRÜNER VON GRÜNLUST. Im Jahre 1635 lag Sigismund v. Reisengrün als Rittmeister in Oebisfelde; Werner v.d. Schulenburg, Sohn des Matthias (s.o. als Ehemann der Margarethe Schenk, Werners Tochter), diente als Kornett in seiner Kompanie (Schmidt, Schulenburg II (wie Anm. 119), S. 412 (dort fälschlich: Siegismund Reifengrün ). 208 Wohl dem Kanzler v. Julius Adolph Wietersheim (siehe oben Anm. 107) Tlr. blieben der Nichte selbst vorbehalten, die nach deren Tode gleichmäßig unter ihre Kinder zu verteilen waren. Je Tlr. sollten an den Neffen Hermann Christian v. Münchhausen und an die Nichte Leveke gelangen, denn diese trugen die Namen des verstorbenen Sohnes und der Großtante selbst. 500 Tlr. waren der Großnichte Dorothea Dortie zugedacht. 210 Ihnen wurden eine bei Carl v. Mandelsloh (s.o. Anm. 178, 194) ausstehende Forderung von 450 Tlr. nebst 9 Jahre rückständiger Zinsen (=243 Tlr., somit knapp 700 Tlr.) und Tlr. aus Levekes Forderung bei der Hoya schen Landschaft angewiesen.

77 77 gewaltsamen Tode des Henning Carl 1621 inzwischen verringert 211 ; die den beiden Brüdern zugedachten Tlr. fielen nun insgesamt dem Kersten Werner Schenk zu; sie wurden allerdings mit zwei schon vor Jahren gewährten Darlehen der Tante und langjährigen Zinsrückständen verrechnet 212, während die den vier noch lebenden Schwestern Schenk zugesprochen Tlr. unverändert blieben 213. Auch die Erben der bereits verstorbenen Schwester Elisabeth v. Dorstadt waren bei Frau Leveke inzwischen tief verschuldet; ihnen wurde auferlegt, die ihr Erbteil übersteigende Summe in die gemeine erbschafft zurückfließen zu lassen 214. Alle übrigen, nach ihrem Ableben vorhandenen Vermögenswerte sollten so der Wunsch der Testatorin - unter ihren Nichten und Neffen gleichmäßig verteilt werden. Sie wünschte in ihrem Schlusswort schließlich, ihre erben wollen diß vurlieb nemen, und mich wie der welt gebrauch nicht in der erden hassen, daß der eine viell, der ander weinig kreigt, wobei sie auch ihre Kritik an den meisten ihrer entfernt lebenden Verwandten nicht mit ins Grab zu nehmen gedachte, sondern nochmals deutlich äußerte: Eß ist ia mein wolgewunnen gutt, ich hette es ia woll macht gehat, einem alles zu geben, so habe ich auch meinen freunden nicht einen daler zu dancken, sie haben ia merendeill (=mehrenteils) nicht einen botten zu mich gesandt, habe auch in meinem lanckweiligen witwenstande mennigen bedrübten dag und schwere sachen gehat, aber von meinen freunden wider (=weder) rath noch trost gehat. Die Addition dessen, was Leveke Schenk im Jahre 1634 ihren Erben zusprach bzw. bis zu diesem Zeitpunkt bereits übereignet hatte, führt zu einer Gesamtsumme von immerhin Tlr., was aber nicht bedeutet, dass sich das Vermögen der Testatorin in 17 Jahren mehr als verdoppelt hätte 215. Gleichwohl wuchs ihr Kapitalvermögen auch nach 1634 noch weiter an, so 211 Lt. OFB Flechtingen (wie Anm. 61), S. 319 wurde er 1621 August 14 in Beddingen erstochen und in der dortigen Kirche begraben. Nähere Umstände seines Todes konnten bis dato nicht ermittelt werden. 212 Er war 500 bzw. 260 Tlr. schuldig und hatte diese Kapitalien seit 15 Jahren nicht verzinst. Mit den ausstehenden Tlrn. war er, wie die Tante Leveke es ausdrückte, uberflüßig bezahlt. 213 Auch sie wurden auf ein bei der Hoya schen Landschaft stehendes Kapital von Tlrn. und die davon seit vielen Jahren rückständigen Zinsen verwiesen. Eine der Schwestern, Felicitas, starb unverheiratet kurz vor 1661 in Calvörde (StAWO, Kanzlei, Geh. Ratsstube, Nr. 2717). 214 Sie schuldeten ihrer Tante Tlr. inklusive der seit 8 Jahren rückständigen Zinsen (=600 Tlr.); Dorothea Agnesa, verhelichte v. Bennigsen (siehe oben Anm. 197), stand seit 1620 mit 500 lichten Tlrn. bei Frau Leveke in der Kreide, ohne je Zinsen gezahlt zu haben. Nach Reduktion der als Gesamtforderung errechneten 900 Tlr. auf 300 Tlr. blieb noch immer ein Kreditvolummen von Tlrn. übrig; 400 Tlr. waren demnach zurückzuzahlen. 215 Das Testament von 1617 lässt die große, auf Altenhausen bezogene Obligation unerwähnt.

78 78 dass es ihr möglich wurde, das Legat der zuvor mit 500 Tlrn. nur recht kärglich bedachten Großnichte Dorothea v. Münchhausen zu verdoppeln und ihr anlässlich ihrer Hochzeit mit Cord Philipp v. Mengersen 1639 noch weitere Tlr. zu schenken Nachleben Alles dinges ein weile / Eß were lang oder eile / Lieb vndt leidt / Hatt seine zeitt / Vndt nimbt alles behende / Mit der zeit ein ende / Das habe ich erfaren / In viele lange jahren. Diesen Reim ließ Frau Leveke dem 1636 gemalten Porträt beifügen, welches ein mäßig begabter Künstler damals von ihr anfertigte (Abb. 1). Die 72-jährige Witwe blickt uns daraus zwar ernst, aber wachen Auges an, wobei die große Ähnlichkeit zwischen diesem gemalten Abbild und dem in Stein gehauenen Flechtinger Bildnis ihrer Mutter Catharina v. Bülow unverkennbar ist (Abb. 11). Ihr Vermächtnis zugunsten von Kirche und Stadt Oldendorf erwies sich als beinahe so dauerhaft wie ihr Porträt: Etwa drei Jahrhunderte lang wurden aus den Erträgen der von ihr errichteten Legatenstiftung Stipendien, Brautausstattungen und andere Zuwendungen an Bedürftige getätigt, bis die ökonomischen Folgeerscheinungen des Ersten Weltkrieges dem Ganzen ein Ende machten 217. Das Hauptgebäude ihres Stadthofes wurde 1731 bis auf das Untergeschoss abgetragen und durch einen Neubau ersetzt, der, nachdem er durch Erbschaft in städtisches Eigentum gelangt war, seinerseits 1967/68 abgebrochen wurde 218. Ihr Grabmal in der Oldendorfer Stadtkirche dürfte im Zuge jener barbarischen Renovierungsmaßnahme des Jahres 1886 entfernt worden sein, welcher neben anderen Teilen der Innenausstattung auch das Epitaph ihres Sohnes zum Opfer fiel: Während die Mitteltafel des Werkes noch heute in der Kirche zu sehen ist 219, wurde der bereits zuvor verstüm- 216 Meyer (wie Anm. 77), S. 54. Cord Philipp zählte übrigens nicht zur Nachkommenschaft des Jobst v. Mengersen, sondern gehörte der Linie Reelkirchen/Helpensen an. 217 StABÜ, Dep. 59, Nrn. 487, 1364, StABÜ, S 2 A Nr. 9 (dort einige unprofessionell gefertigte Fotoaufnahmen unmittelbar vor dem Abriss). Eine weitere Aufnahme mit Abbruchvermerk nach 1968 im Bildarchiv Foto Marburg, Objekt An die Stelle des barocken Gutshauses trat ein Zeugnis städtebaulichen Unvermögens in Gestalt eines Altenwohnheims. 219 Karin Tebbe, Epitaphien in der Grafschaft Schaumburg. Die Visualisierung der politischen Ordnung im Kirchenraum. Diss. Hamburg 1994 (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 18), Marburg 1996, S , Kat.-Nr. 57 (nebst zugehöriger Abb. 103). Tebbes Angaben zum früheren Standort des Epitaphs sind insofern zu korrigieren, dass dasselbe keineswegs ehemals im Chor der Kirche hing, sondern bis zu seiner Demontage die Ostwand des rechten Seitenschiffs der Oldendorfer Stadtkirche einnahm. Eine

79 79 melte frühbarocke Aufbau damals zerlegt und inklusive der übrigen Malereien den Sammlungen des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde in Marburg zugeführt, wo sich seine Spuren verlieren 220. Was neben dem Bildnis bis in die Gegenwart überdauerte, ist einerseits die gedruckte Leichenpredigt von 1644, deren Verfasser die Verstorbene angesichts ihrer selbst durch schwere persönliche Schicksalsschläge und die fortwährenden Schrecknisse des Krieges nicht zu erschütternden religiösen Überzeugung als eine starcke Säule dieses Landes und dieser Gemeine bezeichnete. Was andererseits blieb, sind ihre eigenhändig niedergelegten Verfügungen sowie ein überaus wertvoller Bestandteil ihrer privaten Korrespondenz, innerhalb derer sie uns als ebenso lebenskluge wie belesene 221 Exponentin ihres Standes und ihrer Zeit begegnet, deren unverstellt-gradlinige Worte uns auch heute noch ebenso anzurühren vermögen wie ihre Verletzlichkeit und die Wärme ihres Herzens. unretuschierte Innenaufnahme von 1886 (Bildarchiv Foto Marburg, Objekt-Nr ) zeigt noch das hölzerne Lattengerüst, auf dem das Epitaph ehemals montiert war. 220 Das Epitaph lässt sich anhand der unmittelbar vor oder sogar während der Abbrucharbeiten entstandenen Aufnahme (Bildarchiv Foto Marburg, Objekt-Nr ) folgendermaßen beschreiben: Beiderseits des zentralen Tafelbildes mit der Darstellung des im Vordergrund einer Kreuzigungsszene knieenden Verstorbenen sah man ehedem eine 32-stellige gemalte Ahnenprobe. Im zweiten Geschoss des reichgeschnitzten Werks befand sich eine bewegte Darstellung des Jüngsten Gerichts. Der untere Abschluss des damals bereits arg beschädigten Kunstwerks, vor dem man zwischenzeitlich eine Empore installiert hatte, war im Jahre 1886 nicht mehr vorhanden. Gezielte Nachfragen bezüglich seines Verbleibs blieben insofern erfolglos, als weder im Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Philipps-Universität Marburg noch beim Hessischen Landesmuseum, Abt. Angewandte Kunst, in Kassel Hinweise auf die Existenz irgendwelcher Teile des Epitaphaufbaus ausfindig zu machen waren (frdl. Mitteilungen von Herrn Moritz Jacobsen (Marburg) und Frau Dr. Antje Scherner (Kassel) vom bzw. Februar 2012). 221 Als sie gelegentlich den Versuch unternahm, die impulsive Nichte Anna in ihrem Temperament zu zügeln, geschah dies - wie sie ihrem Vertrauten Ludolf v. Münchhausen schrieb - folgendermaßen: so solte si (=Anna) auch bedencken, wan si graffe Hermen (=Hermann von Schaumburg-Gemen) undt ander leutte vur pracher (niederdt.: Bettler) schultte, das di heren lange hende vndt scharffe augen hetten [...]; man kunte nicht [vorher]sagen, wi ein dinck komen kuntt, wan si Euren dot [er]leben soltte, muchtens noch ihr kinder entgelten mussen (StABÜ, Dep. 6 GH A, Nr. 476, 1609 Januar 9). Die kursive Passage, im Norddeutschen völlig ungebräuchlich, übernimmt eine Formulierung aus einer Tragedia des Hans Sachs von 1559 ( Groß herrn haben an allem endt / Groß orn, scharpff augen, lange hendt (Adelbert v. Keller (Hrg.), Hans Sachs, Werke, Bd. 11 (Nachdruck Hildesheim 1964), S )): Ihr Interesse beschränkte sich demnach keineswegs auf religiös-theologische Texte, sondern griff offenbar deutlich weiter aus.

80 80 Abb. 1 Leveke v. Mengersen geb. Schenk von Flechtingen ( ). Porträt eines unbekannten Malers 1636 mit fehlerhafter Altersangabe (Privatbesitz). Foto: Matthias Säck (Weserrenaissance-Museum Schloss Brake).

81 81 Abb. 2 Burg Flechtingen. Ansicht des mittelalterlichen Turms sowie des Nordflügels und Torhauses aus dem 16. bzw. 17. Jh. von Hand des Stolberger Malers Ernst Helbig 1832, ehemals auf Schloss Flechtingen (Foto des Originals um 1900 von Albert Jennrich). Die Bauten insgesamt noch ohne die historisierend-entstellenden Zutaten späterer Zeit. Quelle: Aus der Geschichte des Schlosses Flechtingen, hrg. vom Heimatverein Flechtingen e.v., Staßfurt 2006, S. 25. Abb. 3 Zweiteiliger Wappen- und Inschriftstein der Eheleute Barwert Schenk und Hippolyta v. Wenckstern aus dem Jahre 1526 über dem Zugang zum Südflügel im inneren Burghof. Burg Flechtingen. Foto: H. Hildebrand.

82 82 Abb. 4 Epitaphgemälde für Kersten (I.) Schenk und seine Familie. Ältere Version, entstanden um Darstellung des damals 28-jährigen Kersten, seiner jung verstorbenen Ehefrau Agnes v. Bodendieck sowie zweier Töchter. Links im Bild das gesattelte Streitross mit dem Namen Der Rhor. Ursprünglich Dorf- und Patronatskirche Flechtingen, dann Schloss Flechtingen, später Kulturhistorisches Museum Magdeburg, heute Privatbesitz. Abbildung (Kopie von Rasterdruck): Kulturhistorisches Museum Magdeburg.

83 83 Abb. 5 Epitaphgemälde für Kersten (I.) Schenk und seine Familie. Entstanden vor Unbeholfene Darstellung der jeweils namentlich gekennzeichneten Personen; auffällig auch hier das in die Darstellung aufgenommene Streitross mit dem Namen Der Bodenhäuser (links im Bild). Dorf- und Patronatskirche Flechtingen. Foto: H. Hildebrand.

84 84 Abb. 6 An der südlichen Innenwand aufgerichtete Grabplatte für Kersten (I.) Schenk ( ). Sandstein. Handwerkliche Arbeit mit Beschädigungen im Bereich der Hände und des Gesichts. Dorf- und Patronatskirche Flechtingen. Foto: H. Hildebrand.

85 85 Abb. 7 Wappenstein der Eheleute Kersten (I.) Schenk und Catharina v. Bülow aus dem Jahre 1571 am Torhaus. Burg Flechtingen. Foto: H. Hildebrand. Abb. 8 Schriftprobe der 45jährigen Leveke Schenk vom Januar Sie schreibt an Ludolf v. Münchhausen, den Ehemann ihrer Nichte Anna v. Bismarck: Meinen freuntligen grus zuffor. Ehtteler undt ehrentfester freuntliger liber schwager undt geffatter, ich habe Eur schreibent ehntfangen undt aus dem selbigen Eur undt Eurer liben hausfruwen undt kinder gesuntheit hertzlich gern vurnomen.... Q.: NLA, StABü, Dep. 6 GH A 476; Repro: StABü.

86 86 Abb. 9 Mitteltafel des Epitaphs für Hermann Christian v. Mengersen ( ) als Rest eines zwischen 1612 und 1616 entstandenen, leider zerstörten Monuments. Routiniert gearbeitete Kreuzigungsszene mit dem im Vordergrund links knieenden Verstorbenen in zeitgenössischer Tracht. Hessisch Oldendorf, Stadtkirche St. Marien. Foto: Matthias Säck (Weserrenaissance-Museum Schloss Brake).

87 87 Abb. 10 Hessisch Oldendorf. Ansicht von Süden um Kupferstich aus Matthäus Merian, Topographia Westphaliae, Frankfurt/M. 1647, Taf. 28. Der dominierende Renaissancebau des Münchhausenhofes verdeckt den unmittelbar nördlich benachbarten Adelshof der v. Mengersen. In der Stadtkirche St. Marien (Bildmitte) fand Leveke Schenk ihre letzte Ruhestätte. Q.: Wikisource. Abb. 11 Grabmal Catharina von Bülow. Dorf- und Patronatskirche Flechtingen. An der südlichen Innenwand aufgerichtete Grabplatte für Catharina v. Bülow ( ), Witwe Kerstens (I.) Schenk von Flechtingen, Sandstein (Ausschnitt). Foto: H. Hildebrand.

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89 89 Die Fotografenfamilie Rudolf Oberst in Salzwedel Zur Jahresausstellung 2011 im Danneil-Museum Salzwedel von Ulrich Kalmbach Bei der Herbsttagung des Altmärkischen Geschichtsvereins im Jahre 2011 stand auch der Besuch der Ausstellung Oberst fotografiert - Eine Salzwedeler Fotografenfamilie und ihre Bilder in drei Jahrhunderten im Johann-Friedrich-Danneil-Museum Salzwedel auf der Tagesordnung. Vorab gab es einen Einführungsvortrag zu diesem Programmpunkt. An dieser Stelle folgen nun neben einem Überblick zu dieser Ausstellung einige Ergänzungen und Vertiefungen zur Thematik. Schwerpunkt bildet dabei die Frühgeschichte der Fotografenfamilie im 19. Jahrhundert. 1 Abb. 1 Der Fotograf Rolf Oberst (r.) und Ulrich Kalmbach in der Ausstellung. Foto: Karla Fritze, Ausstellung vom bis im Danneil-Museum Salzwedel. Zur Ausstellung erschienen ein Faltblatt und ein Artikel in der Wochenendbeilage der Altmark-Zeitung. Kalmbach, Ulrich: Oberst fotografiert. Eine Ausstellung im Danneil-Museum Salzwedel. In: Altmark-Blätter. Bd , Nr. 31 v , S

90 90 Die Ausstellung Die Jahresausstellung 2011 des Danneil-Museums gab einen Einblick in die Geschichte Salzwedeler Fotografen und Salzwedeler Fotografie. Das Motto Oberst fotografiert war der Fassadenbeschriftung des Fotoateliers Rolf Oberst entlehnt, das sich bis 1991 in der Salzwedeler Burgstraße befand. Die Fotografie ist eine der bedeutenden technischen Errungenschaften des 19. Jahrhunderts. Spätestens seit dem Jahre 1844 ist sie in Salzwedel nachweisbar. Hier wirkten neben weiteren Fotografen mehrere Generationen der Familie Oberst seit 1880 in diesem künstlerischen Handwerk. Zeitweise unterhielten drei Familienmitglieder gleichzeitig einen Fotobetrieb in der Stadt. Der Begründer dieser Tradition, Rudolf Oberst ( ), kam aus Plauen im Vogtland. Weitere Fotografengenerationen folgten endete mit der Schließung des Fotoateliers von Rolf Oberst diese Kontinuität. Allerdings wirkten die Kinder des Letzteren außerhalb von Salzwedel weiter als Fotografen. Die Ausstellung im Danneil-Museum war dreigeteilt. Sie zeigte einen Querschnitt durch die technische Entwicklung der Fotografie vom 19. bis zum 21. Jahrhundert, gab Informationen zu Biografien und Werkstätten der Fotografen und vermittelte über die zahlreichen historischen Aufnahmen einen Einblick in Salzwedeler Stadt- und Bürgergeschichte. Die ausgestellten Fotografien zeigten stimmungsvolle Porträtaufnahmen, wichtige Ereignisse der vergangenen Jahrhunderte oder dokumentieren historische Orte, die es so heute nicht mehr gibt. Nach einem Überblick zu den Biografien der Fotografen und zu den Standorten der Ateliers gaben die Arbeiten von Rudolf Oberst ( ) im zweiten Teil einen Überblick zu dessen Schaffen und zeigten gleichzeitig einen Querschnitt der typischen Fotomotive dieser Zeit. Im dritten Bereich der Ausstellung wurden ausgewählte Arbeiten der Fotografen Paul Oberst ( ), Clara Oberst ( ), Rolf Oberst (geb. 1924), Klaus Oberst (geb. 1951) und Karla Fritze (geb. Oberst, 1955) gezeigt. Neben den historischen Fotografien war eine Reihe von Fotoapparaten und fotografischen Gerätschaften aus dem 19. und 20. Jahrhundert aus den Sammlungen von Karla Fritze und Klaus Oberst zu sehen. Teile der alten Atelier- bzw. Laborausstattung mit interessanten Staffagemöbeln gaben einen Einblick in das Innenleben eines Fotoateliers. Ein großer Teil der ausgestellten Fotografien zur Familiengeschichte waren Leihgaben aus dem Besitz der Familie Oberst. Bei den fotografischen Arbeiten des Ateliers Rudolf Oberst konnte auf den Bestand des Danneil- Museums Salzwedel und dessen historischer Bildsammlung zurückgegriffen

91 91 werden. Ein Zeitungsaufruf erbrachte eine Vielzahl der Arbeiten von Clara Oberst, die von über 30 Leihgebern zur Verfügung gestellt wurden. Rudolf Oberst Der 1856 in Plauen geborene Rudolf Oberst ( ) begründete ab 1880 die Tradition der Fotografenfamilie in Salzwedel. So wie er begannen noch weitere Familienmitglieder in der Fotobranche zu arbeiten und eröffneten Firmen in weiteren Städten, wie Oelsnitz und Wolfenbüttel. Zu dem Oelsnitzer Fotografen- und Familienzweig ergaben sich im Rahmen der Ausstellungsvorbereitungen einige Hinweise. Zu den gewerblichen bzw. familiären und biografischen Hintergründen des Oelsnitzer Fotobetriebes Oberst gab eine detaillierte Information des Kreisarchives des Vogtlandkreises Auskunft. 2 Paul Oberst ( ), ein Bruder von Rudolf Oberst, wurde am 6. September 1860 in Plauen geboren und meldete am 8. Juli 1890 im Alter von 29 Jahren sein Gewerbe (Photographisches Atelier) in Oelsnitz im Vogtland an. 3 Eine erste bekannte Werbeinitiative stellt eine Annonce im Handbuch- und Adreßbuch der Industriestadt Oelsnitz i.v. nebst Geschäftsanzeiger für die Jahre 1891/92 dar. 4 Im Jahre 1932 erweiterte Paul Oberst wohl seinen Betrieb in Oelsnitz und meldete ein Gewerbe Handel mit Photoartikeln dort an. 5 Kurze Zeit später, am 1. November 1932, verstarb er. 6 Danach führte offensichtlich seine Tochter Lotte Oberst ( ) den väterlichen Betrieb in der Oelsnitzer Bahnhofstraße 5 als selbständige Fotografenmeisterin bis zum Jahre Dankenswerte Mitteilung des Sachgebietes Archiv im Landratsamt des Vogtlandkreis vom 1. März Ebenso verdanke ich Herrn Ronny Hager, Herrn Franz Springer und Herrn Frank Gündel Informationen und die Übermittlung von historischen Abbildungen. 3 RdS Oelsnitz, S 273/2 Gewerbeanmeldeverzeichnis , Mitteilung Sachgebiet Archiv, Landratsamt Vogtlandkreis vom 1. März 2011, dort lfd. Nr. 50, Brandkatasternummer 221B. Ein weiterer Eintrag für Paul Oberst liegt für das Jahr 1919 vor, mit dem nachträglichen Vermerk abgemeldet am Die Abbildung und Informationen dazu stellte freundlicherweise Herr Ronny Hager zur Verfügung. 5 Anmeldung am 19. Februar 1932, in der Bahnhofstraße 5, RdS Oelsnitz, S 273/4 Gewerbeanmeldeverzeichnis , RdS Oelsnitz, S 273/4 Gewerbeanmeldeverzeichnis KMK Oelsnitz, Nebenkartei Karton 20

92 92 weiter. 7 Ihre Schwester Ilse Kannebier, geborene Oberst war ebenfalls von Beruf Fotografin. Diese verzog 1966 von dort nach München. Wie sein Bruder Paul in Oelsnitz, so begründete der ältere Rudolf Oberst eine Familientradition in Salzwedel. Rudolf Oberst wurde am 4. Juni 1856 in Plauen/ Vogtland als Sohn des Gerichtsschreibers Gottfried Oberst geboren. Er begann 14-jährig seine Berufsausbildung in der Heimatstadt Plauen. Die Lehre als Fotograf absolvierte er von dort im Atelier Carl Axtmann. Das Fotoatelier Axtmann existiert noch heute in Plauen in der 5. Generation. Besonders herausragend war der Hoffotograf Heinrich Axtmann ( ). Dieser hatte 1877 das Atelier seines Vaters in Plauen übernommen. 8 Nach der Lehre blieb Rudolf Oberst die ersten beiden Gesellenjahre bei seinem Lehrmeister Carl Axtmann in Plauen und arbeitete dort von 1873 bis Danach war er kurzzeitig in Schlettstadt im Elsaß tätig, um dann wieder zurück nach Plauen zu kommen, wo er wieder über ein Jahr lang arbeitete. Anschließend wechselte er zum Sohn seines ehemaligen Lehrmeisters nach Reichenbach, wo dieser ein eigenes Atelier besaß. Hier blieb Rudolf Oberst noch bis Über diesen frühen beruflichen Werdegang gibt ein Arbeitszeugnis vom 15. September 1876 Auskunft (Abb. 2). 9 Dieses Zeugnis wurde dem Inhalt nach vom Sohn des Plauener Fotografen Carl Axtmann angefertigt, aber jedoch mit Carl Axtmann unterzeichnet. Möglicherweise hat der Sohn Heinrich Hermann Axtmann im Auftrage seines Vaters mit dessen Namen signiert. Im Jahr 1876 oder kurz danach wechselte Rudolf Oberst nach Salzwedel, um im dort etablierten Fotografengeschäft F. Frohse Witwe zu arbeiten. Hier nahm Rudolf Oberst dann die Stelle des Geschäftsführers ein. Darauf verweisen mehrere kurze Zeitungsnotizen aus späteren Jahren Sie wird aktenkundig erst mit einer Gewerbeanmeldung im Jahre 1945 erfasst, war aber möglicherweise schon vorher im Betrieb tätig. RdS Oelsnitz, S 273/4 Gewerbeanmeldeverzeichnis , RDS Oelsnitz, VwA Mitteilung von Herrn Ronny Hager, Verein für vogtländische Geschichte, Volks- und Landeskunde e.v. vom 19. Februar Arbeitszeugnis des Fotografen Carl Axtmann aus Reichenbach für den Gesellen Rudolf Oberst vom 15. September 1876 (Privatbesitz Familie Oberst, Salzwedel): Reichenbach, d. 15. Sept. 1876/ Der Photograph u. Retuscheur Rudolf Oberst aus Plauen i.v. hat von Ostern in dem Geschäft meines Vaters C. Axtmann in Plauen in der Lehre gestanden. Er hat sich während dieser seiner Lehrzeit unsere vollste Zufriedenheit erworben, so daß er sofort von meinem Vater für weitere zwei Jahre als Gehülfe mit einem entsprechenden Gehalt engagiert wurde. Er ist also volle fünf Jahre in dem Geschäft thätig gewesen. Nach dieser Zeit hat benannter Herr in Schlettstadt bei Herrn Photograph Ziegler conditioniert und ist von dort aus wieder in das Geschäft meines Vaters zurückgerufen worden Salzwedeler Wochenblatt vom 17. Februar 1880, S. 3

93 93 Abb. 2 Arbeitszeugnis für Rudolf Oberst vom 15. September 1876

94 94 Abb. 3 Rudolf Oberst beim Anfertigen eines Ölporträts, um 1878 Das Fotoatelier Fritz Frohse ist um das Jahr 1863 erstmals fassbar. Fritz Frohse wurde im Adressbuch von 1863 nur namentlich unter der Sachrubrik Photographen geführt, tauchte aber nicht im Namens- bzw. Adressverzeichnis auf. Möglicherweise hat er sich in dieser Zeit erst hier angesiedelt. Auf einer seiner Werberückseiten eines Visit-Bildes ist vermerkt Atelier für Portraitu. Landschafts-Photographie u. Portrait-Malerei Fritz Frohse mit Niederlassungen in Salzwedel Neuperver Str. 873 und Quedlinburg Schlossplatz 212. Das Geschäft von Fritz Frohse führte nach seinem Tod dessen Witwe unter dem Namen F. Frohse Witwe weiter. Diese wurde 1877 erstmals als Geschäftsinhaberin genannt. Nach einer Zeitungsannonce im Salzwedeler Wochenblatt übergab sie ihren Betrieb dann im Jahre 1884 an Richard Steinbacher, der ihn an gleicher Stelle über lange Jahre weiter führte. Aus der Zeit der Tätigkeit von Rudolf Oberst im Atelier Frohse ist ein Porträtfoto

95 95 erhalten, das Rudolf Oberst in jungen Jahren mit einer Malerpalette an einer Staffelei zeigt (Abb. 3). 11 Er ist mit der Endbearbeitung eines Porträtgemäldes befasst. Sein Arbeitgeber hatte in einem Zeitungsinserat darauf verwiesen, auch Porträts in Ölmalerei anzufertigen: Schon seit Jahren beschäftige ich mich mit der Ausführung von Portraits in Oelfarben und empfehle mich jetzt dem hochgeehrten Publikum zur Ausführung dieser Arbeiten, bei gediegener künstlerischer Durchführung sehr civile Preise stellend. Probebilder stehen bei mir zur Ansicht. Fritz Frohse. 12 Auch der junge Fotograf Rudolf Oberst war offensichtlich in dieser Technik bewandert. Im Februar 1880 berichtete dann das Salzwedeler Wochenblatt in einer kleinen Notiz von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Atelier Frohse und von der Absicht, ein eigenes Geschäft zu eröffnen: legt Herr Oberst, welcher uns durch seine so gelungenen Portraits rühmlichst bekannt ist, mit dem 1. April sein Amt als Geschäftsführer des photographischen Ateliers der Frau Witwe Frohse nieder 13 Im April, Mai und Juni des Jahres 1880 veranlasste Rudolf Oberst in mehreren Ausgaben des Salzwedeler Wochenblattes eine Reihe von identischen bzw. leicht abgewandelten Werbeannoncen, die auf sein neu eröffnetes Geschäft hinwiesen. 14 Er bezeichnete hier sein Geschäft als photographisch-artistisches Atelier. Der Standort des Ateliers war in der ehemaligen Villa des Mühlenbesitzers Gustav Scholvien, die sich außerhalb der Stadtmauern in der Straße Vor dem Lüchower Tor 6 befand. In den Annoncen zur eigenen Geschäftseröffnung im Jahre 1880 beschrieb Rudolf Oberst das Leistungsspektrum seines Ateliers, darunter auch die Ölmalerei: Portraitaufnahme in jeder Größe, Reproduction und Vergrößerung jedes beliebigen Bildes bis zur Lebensgröße und Ausführung derselben in schwarzer, Oel- und Aquarell-Retouche, Aufnahme von Landschaften, Architecturen u. Kreidezeichnungen in ganz vorzüglicher Ausführung nach jedem Bilde, eingebrannte Photographien auf Glas und Porzellan, bestens empfohlen. Hochachtungsvoll Rudolf Oberst. Photograph. 15 Ein Foto aus seiner Anfangszeit in Salzwedel (Abb. 4) zeigt verschiedene Mitglieder der Familie bzw. Angestellte in einer inszenierten Atelieraufnahme im ersten Geschäft der Familie Oberst - Vor dem Lüchower 11 Originalfoto im Besitz von Klaus Oberst 12 Undatierte Reproduktion der Annonce, wahrscheinlich aus dem Salzwedeler Wochenblatt im Besitz von Rolf Oberst 13 Salzwedeler Wochenblatt vom 17. Februar 1880, S. 3; Salzwedeler Wochenblatt vom 24., 27., 29., April, 1. Mai, 15. Mai, 19. Juni Salzwedeler Wochenblatt vom 24., 27., 29., April, 1. Mai, 15. Mai, 19. Juni Mehrere fast identische Annoncen im Salzwedeler Wochenblatt vom 24., 27. und 29. April und vom 1. Mai und 15. Mai 1880

96 96 Tor Nr Die Tochter von Rudolf Oberst und spätere Nachfolgerin ihres Vaters im Geschäft, Clara Oberst, beschrieb später diese Fotografie. 17 Links im Bild ist neben einer großen Atelierkamera der Fotograf Rudolf Oberst zu sehen. Der dritte von links ist der Bruder von Rudolf, Paul Oberst, welcher hier beim Begießen einer Negativglasplatte mit einer lichtempfindlichen Schicht zu sehen ist. Die anderen drei jungen Männer sind nicht genauer identifiziert. Bei einem von ihnen handelt es sich möglicherweise um einen Gehilfen der Werkstatt, Fritz Heuschkel, der später als Hoffotograf in Schwerin tätig war. Auch die im Atelier befindlichen Wandbilder sind offensichtlich bewusst für dieses Foto ausgesucht und inszeniert worden. Das Frauenporträt an der Hintergrundwand stellt Pauline Oberst, die Schwester von Rudolf Oberst, dar. Das Männerporträt auf der Staffelei im rechten Bildteil ist der Schwiegervater von Rudolf Oberst, Kantor Friedrich Wilhelm Schermer aus Apenburg. Die gerahmte Fotografie an der rechten Wandseite zeigt eine Fotomontage mit jungen Männern des Salzwedeler Vereins junger Kaufleute aus dem Jahre 1881, das als Originalabzug im Museumsbestand erhalten ist. (Abb. 5) Auf diesem Fotomontage Bild hat sich der Fotograf, am linken Bildrand an einem Tisch stehend, selbst einmontiert. Clara Oberst beschrieb in ihren Erinnerungen, die Entstehungsweise eines derartigen Bildes. Dazu wurden Einzelporträts oder kleine Gruppenaufnahmen angefertigt. Diese Aufnahmen schickte der Fotograf dann an eine externe Firma ein, die die Personen dann in die gewünschten grafischen Vorlagen einmontierte. Diese Vorlagen wurden von Dekorationsmalern angefertigt und glichen oft Bühnenbildern. Die Rückseite des Ateliers wird von einer Architekturdekoration gebildet, die offensichtlich austauschbar war. Dahinter lässt sich ansatzweise eine weitere Dekoration vermuten. Im Vordergrund unterhalb des Kamerastativs steht eine Aufnahme des im Jahre 1882 eingeweihten Salzwedeler Gymnasiums. Daneben stapeln sich Kassetten für die Glasnegativplatten der Kamera, die wohl in dem dort gerade geöffneten Kasten transportiert werden konnten. Die beiden jungen Männer rechts am Tisch sind gerade mit Retusche- oder Kolorierungsarbeiten an Bildern beschäftigt. Im Vordergrund verteilt stehen Glasbehälter mit Trichtern, die offensichtlich für Fotochemikalien benutzt wurden. Am rechten Bildrand steht eine weitere, kleinere Plattenkamera. 16 Reproduktion in Privatbesitz Rolf Oberst, Original verschollen 17 Abschrift im Besitz Familie Oberst

97 97 Abb. 4 Atelier des Fotografen Rudolf Oberst, um 1885 Abb. 5 Verein Junger Kaufleute in Salzwedel, 1881

98 98 Abb. 6 Stereobild, Wohn- und Geschäftshaus von Rudolf Oberst in der Breiten Straße 8, um 1895 Abb. 7 Wohn- und Geschäftshaus von Rudolf Oberst, Breite Straße 8, um 1900

99 99 Im Jahre 1888 siedelte Rudolf Oberst mit seinem Atelier um und erwarb ein zentraler gelegenes Grundstück in der Nähe des Rathauses in der Breiten Straße 8. Dieses Geschäftsgrundstück blieb dann bis 1964 in Familienbesitz und beherbergt heute noch ein Fotografenatelier. Mehrere erhaltene Außenaufnahmen zeigen das Wohn- und Geschäftshaus in der Zeit um 1900 (Abb. 7). Neben der Firmenbenennung auf der Fassade verweisen auch die Schaukästen vor dem Haus dort auf die Profession des Hausbesitzers. Eine weitere, etwas ältere Aufnahme zeigt ungefähr den gleichen Bildausschnitt mit dem Fotografen selbst als scheinbar unbeteiligten Passanten auf der Straße (Abb. 6). Dieses Bild ist eine Besonderheit. Es handelt sich um ein Stereobild. Stereobilder wurden mit speziellen Kameras aufgenommen und konnten in Bildbetrachtungsgeräten einen räumlichen Eindruck der Situation simulieren. Diese Bilder waren in der Zeit um 1900 sehr beliebt. Die hier gezeigte Aufnahme gehörte wohl zu einer Serie, die besondere Bauwerke von Salzwedel vorstellte. Im Jahre 1881 heiratete Rudolf Oberst Hermine Schermer aus Apenburg. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor, von denen eines im frühen Kindesalter starb. Die anderen fünf Kinder erlernten alle im väterlichen Betrieb das Fotografenhandwerk. Drei von ihnen, Curt, Clara und Paul, übten diese Profession bis an ihr Lebensende aus. Der Sohn Curt übernahm ein Fotoatelier in Wolfenbüttel. Dazu ist gegenwärtig nur wenig bekannt. Allerdings gibt es hier eine Besonderheit. Das original erhaltene Fotoatelier von Curt Oberst wurde in den 1970er Jahren in Wolfenbüttel abgebaut und in das Braunschweigische Landesmuseum verbracht. Dort befindet es sich noch heute in der Dauerausstellung. 18 Clara und Paul Oberst blieben in Salzwedel. Als im Jahre 1922 Rudolf Oberst starb, führte seine Frau Hermine fast 10 Jahre bis zu ihrem eigenen Tod den Betrieb weiter. Ab 1931 trat dann die Tochter Clara hier in die Verantwortung. Einen sehr schönen Einblick in die Familiengeschichte gibt ein Fotoalbum aus dem Besitz der Familie Oberst, das sowohl die Schwiegereltern von Rudolf Oberst, die aus Apenburg stammen, als auch Porträts der folgenden Familiengenerationen vereint. 19 Die Arbeiten von Rudolf Oberst sind aus der historischen Bildüberlieferung der Stadt Salzwedel nicht wegzudenken. Wichtige Ereignisse und städtebauliche Veränderungen wurden durch den Fotografen festgehalten. Herausragende historische Bauwerke sind im Bild dokumentiert worden. Besonders die Aufnahmen aus der Zeit um 1900 und davor sind oft einzigartige Bilddokumente ihrer Zeit. Dazu gehören auch die Fotografien 18 Information von Wulf Otte, Braunschweigisches Landesmuseum, 28. Februar Schenkung Rolf Oberst

100 100 vom 1895 abgebrannten Salzwedeler Rathaus und mehrere Aufnahmen, die kurz nach dem Brand angefertigt worden waren. Neben diesen Raritäten gibt es ebenso eine Vielzahl von Porträtdarstellungen im Museumsbestand, welche die Breitenwirksamkeit und Alltagsarbeit des Fotografen zeigen. Ein wichtiges Tätigkeitsfeld der Fotografen war die Porträtfotografie im Atelier. Noch heute findet man in den Fotoalben vieler Familien in der Region solche historischen Dokumente. Die Ateliers waren mit wandelbaren Kulissen und einer Reihe von Requisiten ausgestattet. Aufgrund des großen Platzangebotes ließen sich die Ateliers auch hervorragend für die eigenen Familienfeiern nutzen. So sind in Familienbesitz zwei Fotografien überliefert, die Feiertafeln der Familie Rudolf Oberst zeigen (Abb. 9, 10). Zur unverzichtbaren Ausstaffierung der Festtafeln gehörten offensichtlich auch immer repräsentative Baumkuchen. Im Hintergrund der Bilder sieht man jeweils die Landschafts- bzw. Architekturelemente der Atelierausstattung. Ein Beispiel eines Dekorationsmöbelstückes aus dem Atelier Rudolf Oberst befindet sich noch im Familienbesitz. So zeigt eine ein Foto aus der Zeit um 1910 zwei kleine Mädchen mit Schultüten und Ranzen (Abb. 8). Es wurde offensichtlich aus Anlass der Einschulung angefertigt. Das linke Mädchen sitzt auf einer kleinen Kinderbank, das rechte Kind steht vor einem kleinen Tisch. Die auf diesem Bild zu sehenden Kindermöbel wurden später innerhalb der Familie Oberst weiter vererbt und dienten noch als Spielmöbel für die Urenkel von Rudolf und Hermine Oberst. 20 Abb. 8 Andenken an die Einschulung, um Originalfoto und Möbel, Leihgabe Familie Kuhn

101 101 Abb. 9 Hochzeitsfeier im Atelier, links am Bildrand das Ehepaar Rudolf und Hermine, rechts daneben das Brautpaar Else Ewig, geb. Oberst und August Ewig, um 1910 Abb. 10 Silberhochzeitsfeier des Ehepaares Rudolf und Hermine Oberst, 1906

102 102 Abb. 11, 12 Neues Tor, Stadtseite, W. Bodin, um 1865 und Rückseite mit Werbeaufdruck Abb. 13, 14 Neues Tor, Stadtseite und Feldseite, Papierabzug und Kartonmontage, Rudolf Oberst nach Aufnahme W. Bodin (s.o.), um 1900

103 103 Die Anfänge der Fotografie in Salzwedel zeigen schon bestimmte Verbindungen zwischen einzelnen Ateliers. Rudolf Oberst nutzte wohl Fotoaufnahmen anderer Vorgänger in Salzwedel, wie zumindest in einem Fall belegt ist. Die erhaltenen großformatigen Glasnegative aus den Anfangsjahrzehnten der Fotografie mit ihrer herausragenden Bildqualität zeugen von der Handwerkskunst der Fotografen. Wie wichtig und wertvoll diese Bildzeugnisse als Produktionsmittel und vielleicht auch Wertanlage für ein Atelier waren, zeigt ein Beispiel der Weitergabe und Weiterverwertung derartiger Platten. Dabei handelt es sich um ein Bildmotiv vom abgerissenen Neuen Tor in Salzwedel. Hierzu existieren zwei zeitgenössische Papierabzüge mit unterschiedlichen Bildausschnitten, die aufgrund des Werbeaufdrucks der Rückseite dem Atelier W. Bodin zugeschrieben werden können und auf ein noch erhaltenes Glasnegativ zurückgehen. Über den Fotografen W. Bodin ist nur wenig bekannt. Im Adressbuch von 1877 wird zusätzlich außer dem Atelier Fritz Frohse bzw. Fritz Frohse Witwe und Adolf Herbst der Fotograf W. Bodin aufgeführt. Sein Betrieb hatte allerdings offensichtlich nicht lange Bestand, da er bereits 10 Jahre später nicht mehr erwähnt wurde. Aus diesem Atelier sind allerdings ein paar äußerst interessante Aufnahmen, bzw. sogar die Negativplatten erhalten. Dabei handelt es sich um mehrere Porträts 21 und um Aufnahmen vom ehemaligen Neuen Tor in Salzwedel aus der Zeit um 1865 (Abb. 11, 12). Ein größeres Cabinet-Bild und das kleinere Visit-Bild zeigen das 1867 abgerissene Neue Tor. 22 Beide Papierabzüge sind mit demselben Negativ hergestellt worden. Für das Bild im Visit-Format wurde lediglich ein kleinerer Ausschnitt vom gesamten Negativ benutzt. Die Fotoabzüge tragen den Werbeaufdruck W. Bodin. Einige Jahrzehnte später gab der seit 1880 mit eigener Firma in Salzwedel ansässige Fotograf Rudolf Oberst eine kleine repräsentative Fotoserie mit Motiven der Stadttore heraus, die alle auf dem gleichen Montagekarton aufgeklebt und mit eigenem Prägestempel versehen worden waren (Abb. 13, 14). Darunter befand sich auch die Abbildung des Neuen Tores, die völlig identisch mit der Bodinschen Aufnahme war. 23 Rudolf Oberst konnte ganz offensichtlich auf das Glasnegativ von W. Bodin zurückgreifen. Möglicherweise hatte er nach der Geschäftsauflösung dessen Bildarchiv oder auch nur Einzelstücke übernommen. 21 Danneil-Museum, Inv. Nr.: T 4024, T 4025, T Danneil-Museum, Inv. Nr.: T 849, T Danneil-Museum, Inv. Nr.: T 844

104 104 Folgegenerationen Vertreter der zweiten Fotografengeneration sind die Geschwister Clara und Paul Oberst, die über Jahrzehnte hinweg jeweils selbständig ein eigenes Atelier in Salzwedel betrieben. 24 Clara Oberst führte den väterlichen Betrieb in der Breiten Straße von 1931 bis 1964 weiter. Paul Oberst eröffnete 1931 ein neues Geschäft in der Neuperver Straße, das er bis zu seinem Tod 1955 selbst bzw. danach seine Witwe führte. Abb. 15 Wohn- und Geschäftshaus Clara Oberst, Breite Straße 8, um 1960 Abb. 16 Rückseitenstempel Clara Oberst Clara Oberst ( ) wurde im Jahre 1888 als Tochter von Rudolf Oberst und seiner Frau Hermine geboren. Im gleichen Jahr erwarb der Vater Rudolf das neue Wohn- und Geschäftsgebäude in der Breiten Straße und verzog dorthin mit seiner Familie. Clara Oberst erhielt wie auch ihre anderen 24 Die biografischen Informationen beruhen auf der Familienüberlieferung und Chronikzusammenstellungen von Rolf Oberst (Salzwedel) und Karla Fritze (geb. Oberst, Potsdam).

105 105 vier Geschwister eine fotografische Ausbildung im väterlichen Betrieb, in dem sie dann auch beschäftigt war. Nach dem Tod des Vaters Rudolf im Jahre 1922 führte seine Witwe das Geschäft, in dem die Tochter Clara dann wohl eine größere Rolle einnahm, weiter. Mit dem Tod der Mutter im Jahre 1931 übernahm dann Clara Oberst das Fotoatelier völlig in eigene Regie. Sie führte den Betrieb 33 Jahre lang bis dann 1964 der Fotograf Klaus Wiedemann Haus und Firma erwarb zog sie dann zu ihrem Bruder nach Wolfenbüttel, um dann nach dessen Ableben in Meldorf (Schleswig- Holstein) sich endgültig zur Ruhe zu setzen. Hier verstarb Clara Oberst hochbetagt im Alter von 92 Jahren. Clara Oberst führte eine Zeit lang, wie auch ihre Mutter zuvor, das Geschäft unter dem Namen des Firmengründers Rudolf Oberst weiter. Sie verwendete anfangs noch dessen Prägestempel und signierte sogar handschriftlich mit R. Oberst. Jedoch ist auch eine Reihe von Arbeiten, die ausdrücklich ihre Handsignatur tragen, aufzufinden. Paul Oberst ( ) wurde als Sohn von Rudolf und Hermine Oberst im Jahre 1891 in Salzwedel geboren. Er absolvierte eine Fotografenlehre in Königsberg und meldete sich 1914 als Freiwilliger im 1. Weltkrieg. Ab 1918 arbeitet Paul Oberst für einige Jahre im väterlichen Betrieb. Er heiratete im Jahr 1923 Karla Wildhagen und nach deren Ableben seine Cousine Hildegard Liedloff. Aus der ersten Ehe gingen zwei Kinder hervor. Die Tochter Ruth wurde später Fotografin in Hamburg. Der Sohn Rolf schlug ebenfalls die Fotografenlaufbahn in Salzwedel ein. Paul Oberst eröffnete im Jahre 1928 ein Fotofachgeschäft in der Breiten Straße 17 gegenüber dem Kaufhaus. Hier wurden Fotoapparate und Zubehör verkauft und auch Entwicklungsarbeiten für Amateure angeboten. Im Jahre 1930 erwarb Paul Oberst das ehemalige Wohn- und Geschäftshaus des bekannten Fotografen Richard Steinbacher in der damaligen Neuperver Straße 38 und baute es für die eigenen Zwecke um. Am 1. Januar 1931 eröffnete er dort sein neues Geschäft. Auf die Eröffnung verweist auch eine Annonce. 25 Paul Oberst starb im Jahre Nach seinem Tode führte seine Frau Hildegard das Geschäft noch über zwei Jahrzehnte weiter Jahresbericht des Vereins ehemaliger Schüler der Höheren Landwirtschaftsschule in Salzwedel aus dem Jahr 1930

106 106 Abb. 17 Eröffnungsanzeige Foto-Haus Paul Oberst, 1930 Abb. 18 Wohn- und Geschäftshaus Paul Oberst, um 1935

107 107 Rolf Oberst ( ) wurde als Sohn von Paul Oberst und Karla geb. Wildhagen im Jahre 1924 in Salzwedel geboren. Er begann 1941 eine Fotografenlehre bei Hans Walter in Peine. Diese wurde durch die Kriegszeit mit Arbeitsdienst, Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft unterbrochen. Ab 1946 setzte Rolf Oberst dann seine Ausbildung im väterlichen Betrieb fort und legte 1947 seine Facharbeiterprüfung ab heiratete er Ingeborg Meinicke, aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Klaus (1951), Wolfgang (1953) und Karla (1955). Der Sohn Klaus und die Tochter Karla erlernten dann ebenfalls den Beruf des Fotografen. Im Jahre 1951 legte Rolf Oberst die Meisterprüfung ab und ließ sich im gleichen Jahr in der Westermarktstraße mit einem eigenen Fotogeschäft in Salzwedel nieder. Zu dieser Zeit waren sowohl sein Vater Paul und auch seine Tante Clara noch mit eigenen Ateliers unter dem Namen Oberst aktiv. Aus diesem Grund nannte Rolf Oberst sein eigenes Unternehmen Foto- Junior. In der Anfangszeit eröffnete er kurzzeitig auch eine Filiale in Beetzendorf. Im Jahre 1954 verlegte Rolf Oberst das Geschäft in die Burgstraße 29, wo es sich bis zur Geschäftsaufgabe im Jahr 1991 befand. Nach dem Tod seiner ersten Frau erfolgte 1958 die Heirat mit Marie-Luise, geb. Koch. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder, Claudia (1963) und Axel (1964) hervor. Im Jahre 1989 wechselte Rolf Oberst in den Rentnerstand, führte seinen Betrieb aber bis zum Jahre 1991 weiter. Rolf Oberst bildete Lehrlinge aus und war auch in der Ausbildung von medizinisch-technischen Assistenten in Krumke tätig. Er war 18 Jahre Obermeister der Fotografen der Altmark, Mitglied der Meisterprüfungskommission in Magdeburg und Mitglied der Prüfungskommission in Caputh. Das Tätigkeitsfeld von Rolf Oberst als Fotograf umfasste alle Sparten der Fotografie, darunter Porträtaufnahmen und Gelegenheitsfotografie, wie Hochzeiten und ähnliche Anlässe. Eine Spezialstrecke stellte die Reproduktion historischer Bilddokumente und die Herstellung von Bildmappen dar. Abb. 19 Briefkopf Rolf Oberst, 1980

108 108 Abb. 20 Schaufensterausstellung im Fotoatelier Rolf anlässlich des 100. Jubiläums der Geschäftsansiedlung von Rudolf Oberst im Jahre 1880, 1980 Zwei Nachkommen des letzten Geschäftsinhabers Rolf Oberst waren dann, wenn auch nicht mehr mit eigenem Atelier in Salzwedel, beruflich als Fotografen in Potsdam und Berlin tätig. Der 1951 geborene Klaus Oberst absolvierte eine Lehre als Fotograf bei Foto- Kittel in Quedlinburg. Von 1969 bis 1970 arbeitete er als Fotograf an der Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt und von 1970 bis 1974 als Fotograf und Videotechniker beim dortigen Sportclub. Nach dem Grundwehrdienst nahm Klaus Oberst ab 1976 eine Tätigkeit als Fotoreporter im Verlag und der Tageszeitung Junge Welt in Berlin an und qualifizierte sich in dieser Zeit zum Fotografenhandwerksmeister. Ab 1987 wirkte er bis 1990 als Fotoreporter bei der Nachrichtenagentur ADN in Berlin. In der Zeit von 1990 bis 1992 arbeitete er in diesem Beruf im Axel-Springer-Verlag für die Bild-Zeitung in Berlin. Seit 1992 ist Klaus Oberst mit eigener Fotoagentur selbständig. Karla Fritze wurde 1955 als Tochter von Ingeborg und Rolf Oberst in Salzwedel geboren. Sie erlernte nach der Schulzeit im väterlichen Betrieb in den Jahren von 1972 bis 1974 auch den Beruf des Fotografen und ging dann ab 1974 nach Potsdam, wo sie 1979 die Prüfung zur Fotografenmeisterin ablegte. Später war sie dann der dortigen Universität in diesem Metier tätig. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören Reportage-, Porträt- und Architekturfotografie für Lehre, Forschung, Printmedien und Ausstellungen.

109 109 Abb Rückseiten-Werbeaufdrucke von Visit- und Cabinet-Bildern des Ateliers Rudolf Oberst, von ca bis 1917

110 110 Abb. 25 Hermine und Rudolf Oberst, um 1881 Abb. 26 Familie Rudolf Oberst, v. l. n. r.: Curt, Clara, Vater Rudolf, Wilhelm, Mutter Hermine, Else, Paul und Margarete Oberst, um 1896

111 111 Abb. 27 Weihnachten in der Familie Oberst, um 1896 Abb. 28 Weihnachten in der Familie Oberst, um 1898

112 112 Abb. 29 Der Fotograf Paul Oberst mit Kamera (Detail aus Bild unten) Abb. 30 Einweihung des Ulanendenkmals in Salzwedel, 1921

113 113 Abb. 31 Rolf Oberst als Kleinkind im Gehäuse einer Plattenkamera, Aufnahme Paul Oberst, um 1925 Abb. 32 Blick in den Ankleideraum des Fotoateliers Paul Oberst mit Requisiten, um 1930

114 114 Abb. 33 Rolf Oberst als Kind mit Kamera Plaubel Makina, um 1928

115 115 Geschichte in Bronze und Stein: Wie die Denkmale von Kaiser Karl IV. und Kurfürst Friedrich I. auf die Burg Tangermünde kamen von Sigrid Brückner Am Ende des 19. Jahrhunderts wurden in deutschen Städten Hunderte von Denkmälern errichtet - eine Entwicklung, die eng mit dem Aufstieg des Bürgertums zur prägenden gesellschaftlichen Schicht verbunden war. Sie dienten aber nicht nur der städtischen Identitätsfindung, sondern zunehmend auch als Touristenattraktion. 1 In diese Entwicklung reiht sich die Errichtung der beiden Standbilder auf der Burg Tangermünde ein, die Denkmale von Kaiser Karl IV. und Kurfürst Friedrich I. Die Anlässe ihrer Errichtung sind ebenso spannend wie unterschiedlich und sollen an dieser Stelle, anlässlich des einhundertjährigen Jubiläums der Errichtung des Standbilds von Kurfürst Friedrich I. am 11. November 1912 aufgezeigt werden. Die Errichtung des Denkmals für Kaiser Karl IV. im Jahr 1900 Als am 15. März 1900 um Uhr ein Telegramm beim Bürgermeister der Stadt Tangermünde eintraf: Bitte uns morgen oder übermorgen behufs dienstlicher Rücksprache zu besuchen, Oberpräsident Bötticher 2 konnte sich noch niemand in der Stadt vorstellen, was für ein arbeitsreiches Vorhaben damit begann. Der Oberpräsident der Provinz Sachsen, Karl von Bötticher, teilte Bürgermeister Ulrichs bei seinem Besuch in Magdeburg mit, daß Seine Majestät der Kaiser und König die Gnade haben wollen, der Stadt Tangermünde eine Bronze-Statue Kaiser Carl IV. nach dem von dem Bildhauer Ludwig Cauer für die Siegesallee in Berlin geschaffenen Marmor- Standbilde zu stiften. 3 Der Zeitpunkt der Schenkung war nicht zufällig gewählt. Umfangreiche Sanierungsarbeiten an wertvollen historischen Gebäuden im gesamten Stadtgebiet hatten ihren vorläufigen Abschluss gefunden. Schon 1836 hatte der preußische König Friedrich Wilhelm III. die Order zur Wiederher- 1 Müller, Jürgen: Denkmäler schossen wie Pilze aus der Erde. In: Damals 9/99, S Stadtarchiv Tangermünde, Kom.Reg. XXXII/14, Errichtung eines Denkmals Kaiser Karl IV , fol.1. 3 Ebd., fol. 5.

116 116 stellung von Bauwerken in der Altmark 4 verfügt. Mit dieser Order sollte der geschichtlichen Bedeutung der Altmark Rechnung getragen werden, denn hier ließen sich an Hand der noch vorhandenen mittelalterlichen Bauwerke Spuren von mittelalterlichen Herrschern wie Albrecht dem Bären, Karl IV. und Friedrich (VI/I.) von Hohenzollern 5 nachweisen. Abb. 1 Enthüllung des Denkmals von Kaiser Karl IV. auf der Burg Tangermünde am 29. November In der Mitte des Bildes vor dem Denkmal steht Kaiser Wilhelm II. So waren Burganlagen, Kirchen, Stadttore und Rathäuser Gegenstand intensiver denkmalpflegerischer Arbeiten. Die königlich/kaiserliche Fürsorge hatte für die Altmärker einen besonderen Stellenwert, denn ihre Region, die sich als Wiege Brandenburg-Preußens verstand, gehörte seit 1815 zur Pro- 4 Findeisen, Peter: Geschichte der Denkmalpflege Sachsen-Anhalt, Berlin 1990, S Markgraf Albrecht erhielt 1134 von Kaiser Lothar die Nordmark (Altmark) als Lehen und gilt seit 1175 als Begründer der Mark Brandenburg. Karl IV. war ab 1347 böhmischer König und ab 1355 deutscher Kaiser. Er erwarb 1373 die Mark Brandenburg für seinen Sohn Sigismund und baute die Burg Tangermünde als Nebenresidenz zu Prag aus. Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg wurde 1417 von Kaiser Sigismund zum Kurfürsten und Markgrafen Friedrich I. von Brandenburg erhoben.

117 117 vinz Sachsen und nicht mehr zur Mark Brandenburg. 6 Diese Trennung von den geschichtlichen Wurzeln haben die Altmärker erfolglos über Jahrzehnte hinweg versucht, rückgängig zu machen. Deshalb wurde auch keine Gelegenheit ungenutzt gelassen, die Bedeutung der Altmark zu betonen. Am bekanntesten ist der Ausspruch von Otto von Bismarck aus dem Jahr 1894: Von diesem flachen Lande hier, von der altmärkischen Heimat, die ja auch die meinige ist, ist die Kraft und der Anstoß zur Bildung des kurbrandenburgischen Staates und Preußens und schließlich zur Wiedergeburt des deutschen Reiches ausgegangen. Umgekehrt war Wilhelm II. als Erbe Wilhelms I., der das deutsche Kaiserreich gegründet hatte, bestrebt, den preußischen Herrschaftsanspruch auf der Grundlage langer Tradition zu sichern. Das bot sich in Tangermünde an, denn hier hatte Kaiser Karl IV. die Burg zu seiner Nebenresidenz gewählt. So verfügte Wilhelm II., dass bei den Restaurierungsarbeiten an den beiden wichtigsten Türmen der Burganlage, dem Kapitel- und dem Gefängnisturm, die Arbeiten so ausgeführt wurden, dass ihr Aussehen dem auf der Stadtansicht von Matthäus Merian aus dem Jahr 1635 glich. Auf seine Anweisung wurden auch die bis dahin unbemalten Wappenblenden des restaurierten Neustädter Tores mit einer fünfteiligen Wappenreihe versehen, die die Verbindung Kaiser Karls IV., Brandenburgs, des Heiligen Römischen Reiches und Preußens zeigt. Kaiser Wilhelm II. und die Berliner Siegesallee Die Regierungszeit Kaiser Wilhelm II. am Ende des 19. Jahrhunderts war durch gesellschaftliche Umbrüche gekennzeichnet. Das Deutsche Kaiserreich erreichte einen hohen wirtschaftlichen Aufschwung, aber die Forderungen der neuen gesellschaftlichen Kräfte, vor allem das Erstarken der Sozialdemokratie, empfand er als Bedrohung der Monarchie. So sah es Wilhelm II. als eine seiner wichtigsten Aufgaben an, Denkmale zu errichten, durch deren Wirkung sich ein kaisertreues Nationalgefühl entwickeln sollte. Mit der Errichtung der Denkmale in der Siegesallee hoffte der Kaiser zu erreichen, dass die gesammte Bevölkerung ohne Unterschied des Bekenntnisses und der politischen Parteien auch in Zukunft und auch in schweren 6 Bis 1807 gehörte die Altmark als Teil der Mark Brandenburg zum Königreich Preußen. Nach der Niederlage Preußens in den napoleonischen Kriegen 1806 kam die Altmark zum Königreich Westfalen. Bei den Verhandlungen des Wiener Kongresses 1815 wurde sie der preußischen Provinz Sachsen zugeordnet.

118 118 Zeiten einmüthig und threu zu ihrem Fürsten halten und es ihm erleichtern werden, seine schwere Pflicht zu erfüllen. 7 Die Siegesallee war eine Denkmalstraße, in der von zweiunddreißig Denkmalsgruppen aufgestellt wurden. Ein steinernes Geschichtsbuch wollte Wilhelm II. schaffen, das die Entwicklung der vaterländischen Geschichte von der Begründung der Mark Brandenburg bis zur Wiederaufrichtung des Reiches [darstellte]. Mein Plan geht dahin, in der Siegesallee die Marmor-Standbilder der Fürsten Brandenburgs und Preußens, beginnend mit Albrecht dem Bären und schließend mit dem Kaiser und König Wilhelm I.... errichten zu lassen. 8 Das steinerne Geschichtsbuch sollte aber auch über die Hauptstadt Berlin hinaus wirken. Deshalb ließ Wilhelm II. eine große Anzahl von Repliken herstellen, die er zu besonderen Anlässen verschenkte. Die Denkmalsgruppe um Kaiser Karl IV. war von dem Bildhauer Ludwig Cauer geschaffen und am 26. August 1899 eingeweiht worden. Im gleichen Jahr wurden auch die Restaurierungsarbeiten an den Gebäuden auf dem Tangermünder Burgberg abgeschlossen und die Stadt erhielt im März 1900 die Nachricht von dem kaiserlichen Geschenk. Die Arbeiten zur Errichtung des Denkmals Schon zwei Wochen nach Bekanntgabe der bevorstehenden Schenkung trafen der Magdeburger Oberpräsident Dr. von Bötticher und der Bildhauer Ludwig Cauer in Tangermünde ein, um die drei möglichen Standorte zu besichtigen, die von der Stadt für die Denkmalserrichtung vorgeschlagen worden waren. 9 Der erste Vorschlag war ein Platz vor dem Rathaus an der Langen Straße, der aber sofort verworfen wurde. Cauer erklärte, dass hier die gewünschte Ausstrahlung des Denkmals nicht erreicht werden könne, da der Platz zu beengt wäre und das Denkmal in direkter Konkurrenz zum Krieger- 7 Lehnert, Uta: Der Kaiser und die Siegesallee: réclame royale, Berlin 1998, S. 16, vgl. auch: Majestät brauchen Sonne, VHS-Film von Peter Schamoni, 2001 und Helmut Caspar: Die Beine der Hohenzollern. Schüleraufsätze von 1901 über die Figuren der Berliner Siegesallee, Berlin Ebd., S Stadtarchiv Tangermünde (wie Anm. 1) und LHASA, MD, Rep. C 20 I Oberpräsident Allg. Abt. Ib Nr. 924, Einweihung des von dem Kaiser der Stadt Tangermünde geschenkten Denkmals Kaiser Karl IV.,

119 119 denkmal 10 stehen würde, das sich zu dieser Zeit noch auf dem kleinen Marktplatz neben dem Rathaus befand. Der Bildhauer favorisierte eine Aufstellung des Denkmals auf dem Pfarrhof. Nahe der Stadt und doch durch drei Seiten umrahmt, fand er dessen Würde mit der Würde des Platzes am besten vereint. Allerdings sollten nach seiner Vorstellung die Häuser der Lehrerstraße vollständig abgerissen werden, um einen ungehinderten Blick auf die Statue zu erreichen. Dieses Ansinnen wurde seitens der Stadt vehement abgelehnt, so dass nun der dritte Vorschlag ernsthaft in Erwägung gezogen wurde - der Burgberg. Das Problem dieses Standortes für die Stadt aber war, dass die Burganlage nicht zu ihrem Eigentum gehörte. Das in Frage kommende Gelände war ein Obstgarten der Königlichen Justizverwaltung. Es musste erst durch Kaufverhandlungen erworben und dann zu einer Parkanlage umgestaltet werden. Trotzdem legte eine kaiserliche Order am 9. Juni den Burgberg als Standort mit der Begründung fest, dass hier das Wirken Karls IV. am besten zum Ausdruck käme. Wilhelm II. hatte bestimmt, dass er sowohl die Bronzereplik als auch den Sockel aus Granit der Stadt stiften werde. Die Stadt musste also in den kommenden Monaten den Platz erwerben, die Platzgestaltung planen und ausführen lassen und das Fundament erstellen. Von Beginn der Kaufverhandlungen an wurde von Seiten der Stadtverordneten darauf gedrungen, das zu kaufende Gelände so groß auszuhandeln, dass ein ansprechender Platz gestaltet werden könne: es ist eine günstige Gelegenheit für die Stadt, da ein Mangel an schönen öffentlichen Plätzen ist und man Grund habe, für eine Verschönerung der Stadt zu sorgen. 11 Mitte September gingen die Vorbereitungsarbeiten in eine neue Phase. Von Bötticher teilte dem Magistrat mit, dass der Kaiser sich entschlossen habe, an den Einweihungsfeierlichkeiten teilzunehmen. 12 Da der Kaiser keinen Termin genannt hatte, kursierten schon bald die verschiedensten Vermutungen. Am wahrscheinlichsten war der Tag vor der jährlichen Hofjagd am Ende des Jahres, aber die Tangermünder waren sich ihrer engen Verbindung zum Haus Hohenzollern gewiss. Selbstbewusst wurde ein Zitat des Kaisers kolportiert: Für Tangermünde habe ich einen ganzen Tag übrig Das gusseiserne Denkmal war zum Gedenken an die Gefallenen des Krieges 1870/71 errichtet worden. Sein Standort behinderte das Markttreiben aber so sehr, dass es Anfang der 1920er Jahre auf eine Grünanlage vor der Stadtmauer umgesetzt wurde. 11 Tangermünder Anzeiger , S. 2 und vgl. Stadtarchiv Tangermünde, Kom. Reg. I/21, 9, Stadtverordnetenversammlungsprotokolle Stadtarchiv Tangermünde (wie Anm. 2). 13 Tangermünder Anzeiger 16. Oktober 1900, S. 2.

120 120 Die Begeisterung über den bevorstehenden Besuch des Kaisers war in allen Schichten der Bevölkerung groß. Das machte sich vor allem in der Bereitschaft bemerkbar, wenn es galt, bei den Vorbereitungsarbeiten tätig zu werden oder Spenden zu entrichten. So stellten Fuhrunternehmer kostenlos Gespanne und Arbeitskräfte zur Verfügung, als die Arbeiten auf dem Burgberg wegen fehlender Kapazitäten zu stocken drohten. Als der Magistrat beschloss, den Anwohnern alle Kosten, die in Verbindung mit der Ausschmückung der Stadt entstanden, zu ersetzen, erklärte sich ein ungenannter Bürger bereit, die Hälfte aller entstandenen Kosten zu übernehmen. Die Tangermünder wurden aufgerufen, für den Pokal zu spenden, der dem Kaiser mit dem Ehrentrunk gereicht werden sollte. Daraufhin kamen so viele Gelder zusammen, dass der Magistrat im Anschluss an die Feierlichkeiten außerdem noch einen Schrank anfertigen lassen konnte, um den Ehrenpokal, wichtige historische Wertgegenstände der Stadt und die Fotografien vom Kaiserbesuch separat und sicher aufbewahren zu können. Auch die Organisation und Durchführung des historischen Festzuges war eine Initiative der Bürger und fand nur auf ihr Engagement hin statt. Wilhelm II., der auch für das Anschauen des Zuges sein Einverständnis geben musste, wies mehrfach darauf hin, dass das Wetter zu so vorgerückter Jahreszeit solch einen Umzug nicht zuließe. Auf mehrfaches Drängen von Seiten des Tangermünder Magistrats stimmte der Kaiser dann vorbehaltlich, dass es nicht regne, zu, den Zug anzuschauen. 14 Die Zeit wurde knapp. Erst am 4. Oktober waren die Kaufverhandlungen mit dem Justizfiskus abgeschlossen worden. Erst danach konnte mit den Gestaltungsarbeiten am Denkmalsplatz begonnen werden. Zur Nivellierung des Platzes waren gewaltige Mengen von Erde zu bewegen. Es gab einen großen Bedarf an Arbeitskräften und Gespannen, da neben den Erdarbeiten gleichzeitig auch Grotte, Brüstung, Portal und Treppe herzustellen waren. Über die Feierlichkeiten auf dem Denkmalsplatz hinaus, sollte der Kaiser bei seinem Besuch in der Stadt auch standesgemäß im Rathaus empfangen werden. Deshalb war für dieses Gebäude noch die künstlerische Ausmalung des Sitzungssaales beschlossen worden. 15 Auch wenn man den Enthüllungstermin noch nicht kannte, am 14. Oktober lud der Oberpräsident die verantwortlichen Honoratioren der Altmark zu einer Konferenz nach Magdeburg ein, um die Feierlichkeiten zum Kaisertag 14 LHA Magdeburg (wie Anm. 8). 15 In den Jahren 2003/04 wurde das Tangermünder Rathaus umfassend saniert. Dabei wurden auch die Ausmalungsarbeiten wiederentdeckt. Nach längeren Diskussionen in der Bevölkerung und im Stadtrat entschied sich die Stadt, in einem Ausschnitt die Malerei sichtbar zu lassen. Siehe auch: Tangermünder Stadtanzeiger 2004, Nr. 2, S. 12 mit Abbildung.

121 121 zu planen. Über die Belange des Hofprotokolls hinaus, die es zu beachten gab, war neben den mehreren hundert Ehrengästen auch mit über auswärtigen Besuchern zu rechnen. So mussten zusätzliche Polizei- und Ordnungskräfte verpflichtet, zusätzliche Zugverbindungen und ausreichende Versorgungsmöglichkeiten in der Stadt bereitgestellt werden. Als besondere Ehrung des altmärkischen Adels gestattete der Kaiser 13 Vertretern der alten Familien, neben ihm und dem Kronprinzen stehend, den Festzug der Tangermünder Bürger anzusehen. Der Kaiser ließ sich eine Übersicht der Familien erstellen, die schon zur Zeit Karls IV. Grundbesitz in der Altmark hatten und auch noch gegenwärtig besaßen. Die Übersicht umfasste 11 Familien: von der Schulenburg, von dem Knesebeck, von Alvensleben, von Jagow, von Bismarck, von Bartensleben, von Itzenplitz, von Rundstedt, von Luedritz, von Borstell und von Kalben, deren Vertreter auch am Kaisertag teilnahmen. Abb. 2 Postkarte mit dem neuerrichteten Denkmal Kaiser Karls IV., um 1901 Am 24. November wurde endlich der Enthüllungstermin bekannt gegeben: Bereits fünf Tage später, am 29. November, würde also der Kaiser in Tangermünde erscheinen. Am Donnerstag, dem 29. November 1900, dem Kaisertag, erschien die Festnummer des Tangermünder Anzeigers in den Farben des Kaiserreiches:

122 122 Schwarz-Weiß-Rot. Sie stimmte mit Gestaltung und Inhalt die Leser auf den Kaiserbesuch ein. In allen Beiträgen wurde auf die enge Verbindung der Altmark und Tangermündes mit dem Haus Hohenzollern hingewiesen. Der Kaiserbesuch und die Enthüllung des Denkmals verliefen protokollgemäß ohne Zwischenfälle. Die erwartete Anzahl auswärtiger Besucher war erschienen, darunter fast alle Krieger- und Landwehrvereine der Umgebung. Mit viel Aufwand waren all die Straßen, die der Kaiser passieren würde, mit Girlanden und Fahnenmasten geschmückt worden. An den Eingängen der Stadt befanden sich Ehrenpforten, die mit Wappen und der Inschrift: Unser Kaiser sei gegrüßt 7. Sept Nov und Dem Vater des Vaterlandes versehen waren. 16 Mit dem Gruß und der Bezeichnung Vater des Vaterlandes hatte die Stadt Tangermünde einen bewussten Bezug zwischen Karl IV. und Wilhelm II. hergestellt, denn schon zu seinen Lebzeiten war der böhmische König von seinen Untertanen als Vater des Vaterlandes bezeichnet worden. Pünktlich reiste Wilhelm II. mit einem Sonderzug in Hämerten an, fuhr mit dem Dampfer Freya die Elbe aufwärts und enthüllte das Denkmal auf dem Burgberg in Gegenwart von Kronprinz, Regierungspräsident, Oberpräsident, Landrat, Bürgermeister und mehreren hundert Ehrengästen. Neben dem Denkmal nahmen zur Linken die Magistratsmitglieder, die Stadtverordneten und die Geistlichkeit und zur Rechten die Vertreter des altmärkischen Adels Aufstellung. Nach dem Einweihungsakt, dem sich auch ein Auszeichnungsakt für verdienstvolle Bürger anschloss, begab sich der Kaiser reitend in die Stadt und nahm auf dem Rathausplatz aus den Händen des Bürgermeisters einen Ehrenpokal entgegen. In seiner Ansprache verwies Wilhelm II. auf die Residenzfunktion und handelspolitische Bedeutung Tangermündes unter seinem großen mittelalterlichen Vorgänger. Ich freue Mich, dass der heutige Tag Mir Gelegenheit gibt, der Stadt Tangermünde meinen Besuch zu machen, ihre frühere hohe Bedeutung im ganzen Lande wieder in Erinnerung zu rufen. Es muss die Lage der Stadt und ihre ganze Umgebung doch schon im Mittelalter eine so in die Augen springende gewesen sein, dass sie im Stande war, den früheren Kaiser deutscher Nation Karl IV. so zu fesseln, dass er es vorzog, vom schönen Süden, von Italien, nach hier zu kommen, um hier in kaiserlicher Pracht Hof zu halten. Ich glaube, Wir sind es dieser eigentümlichen Erscheinung Kaiser Karls IV. schuldig gewesen, dass wir sein 16 Ebd., und Zahn, Wilhelm: Der Kaisertag in Tangermünde, 29. November 1900 in: Altmärkischer Hausfreund. Kalender für das Jahr 1902, S mit Abb. sowie Fotomappe: Der Kaisertag in Tangermünde 29. Novbr

123 123 Andenken ehren durch die Errichtung eines Standbildes an dem schönen Elbstrome, an dem Tangermünde gelegen (...) 17 Er verband damit die Hoffnung, an diese Tradition anknüpfen zu können und trank in diesem Sinn auf das Wohl der Stadt. Vom Rathaus aus begaben sich die hohen Gäste zum Neustädter Tor, dessen Restaurierungsarbeiten Wilhelm II. erheblich gefördert und beeinflusst hatte. Nach der Besichtigung des Bauwerkes passierte der historische Festzug den Stadteingang. Der Zug stellte eine Szene aus dem Jahr 1377 dar: Der Bürgermeister der Stadt Magdeburg kommt mit Gefolge nach Tangermünde, um von Kaiser Karl IV. empfangen zu werden. Schon sofort nach den Enthüllungsfeierlichkeiten setzte ein touristischer Effekt ein: Die Besucher der Stadt in den Tagen nach dem Kaiserbesuch waren so zahlreich, dass sich der Magistrat entschloss, den Straßenschmuck noch eine weitere Woche an den Häusern zu belassen und am folgenden Wochenende den Festzug noch einmal zu zeigen. Der sich nun rasch entwickelnde Fremdenverkehr warb und wirbt bis zum heutigen Tag mit dem Slogan Kaiserstadt Tangermünde. Die Errichtung des Denkmals für Kurfürst Friedrich I. von 1902 bis 1912 Das Bedürfnis der Bürger nach Verschönerung und planvoller Gestaltung ihrer Stadt war um 1900 stark gewachsen, denn die prosperierende Industrie hatte eine Verdreifachung der Stadt an Einwohnern und Fläche zur Folge gehabt. Diese schnelle Entwicklung erforderte eine bewusste Auseinandersetzung mit der Geschichte, um den Charakter der Stadt zu erhalten und den vielen neuen Mitbürgern eine Identifizierung mit ihrer neuen Heimat zu ermöglichen. 17 Extrablatt des Tangermünder Anzeigers, 29. November 1900.

124 124 Abb. 3 Plan des Stendaler Katasteramtes vom Burgberg Tangermünde, 1912, In der Mitte die Parzelle, die die Stadt im Jahr 1900 vom Preußischen Staat (Justizverwaltung) zur Errichtung des Denkmals erworben hatte, rechts daneben die Parzelle mit 1800 m², die im Jahr 1912 erworben wurde. Aus diesem Bedürfnis heraus entstand auch das Vorhaben zur Errichtung des zweiten Denkmals. Doch im Gegensatz zur ersten Denkmalsenthüllung gab es drei wichtige Unterschiede: 1. Das erste Standbild war ein Geschenk, das zweite nun musste von der Stadt allein finanziert und aufgestellt werden. 10 Jahre waren nötig, um die finanziellen Mittel zusammen zu tragen und nicht immer glaubten alle an ein Gelingen des großen Projekts. 2. Die Aufstellung des Denkmals für Karl IV. hatte kein Jubiläum zum Anlass. Das Denkmalprojekt für Friedrich I. bezog sich auf das 500-jährige Jubiläum von Friedrichs Einzug in die Tangermünder Burg.

125 Während das Marmor-Original in Berlin und die Bronzereplik in Tangermünde die einzigen Denkmale Karls IV. im Deutschen Reich blieben, entstanden um 1900 eine Reihe von Friedrich-Standbildern und Gedenksteinen: + am 13. Oktober 1894 in Friesack: (Anlass 1414 Zerstörung der Quitzowburgen Friesack und Plaue) Standbild von Alexander Calandrelli + am in Berlin: Siegesallee Gruppe 15 von Ludwig Manzel + am 30. Mai 1912 in Brandenburg: Monumentalbrunnen mit Reiterstandbild Friedrichs von Ludwig Manzel + am 18. August 1912 in Kremmen: Hohenzollerndenkmal (Schlacht am Kremmener Damm am 24. Oktober Granitblock mit Bronzerelief mit den Porträts von Friedrich I. und Wilhelm II.) + am 11. November 1912 in Tangermünde: Bronzestandbild, Replik des Standbildes aus der Siegesallee und + am 17. Dezember 1912 in Havelberg: Burggrafenstein (Findling mit Bronzetafel mit Porträt Friedrichs I.) Beflügelt von der positiven Resonanz auf das Denkmal Karls IV. gründete sich im Jahr 1902 unter dem Vorsitz von Bürgermeister August Ulrichs ein Komitee aus Tangermünder Bürgern, dessen Ziel es war, ein Denkmal für den ersten Hohenzollern in der Mark Brandenburg zu errichten und die Enthüllungsfeier als Großereignis zu gestalten. 18 In einem dazu eingerichteten Fond wurden ab sofort Gelder gesammelt. Die Überschüsse aus den Einnahmen von mehreren Festspielen sollten den Grundstock bilden. Den Beginn machte noch im gleichen Jahr die Aufführung des Grete-Minde- Festspiels. Es fand viel Beachtung, weil das dramatische Werk von Horst Waldheim (Pastor Dr. Koch-Hecklingen) auf der Grundlage von Ludolf Parisius Ehrenrettung erstmalig Grete Minde als unschuldig und Opfer der Justiz darstellte. Das erregte Interesse und Widerspruch. Der Tangermünder Pastor und Historiker Wilhelm Zahn lieferte sich im Vorfeld der Aufführung in der örtlichen Tageszeitung eine heftige Auseinandersetzung mit dem Autor über den Umgang mit dem historischen Stoff. 19 Zwei Jahre später folgte dann ein Barbarossa-, 1907 ein Luther- und 1910 ein Quitzow- Festspiel. Im Mai 1911 wünschte der Stadtverordnete Jacob Auskunft über den Stand der Vorbereitungen zur Errichtung des Denkmals und über die Höhe des Denkmalfonds. Die Antwort des Bürgermeisters Ulrichs war niederschmet- 18 Stadtarchiv Tangermünde, Kom. Reg. XXXII/16, Errichtung eines Denkmals für den Kurfürsten Friedrich I. von Brandenburg , fol Tangermünder Anzeiger, 23. Januar 10. Mai 1902.

126 126 ternd. Durch die Festspiele und Spenden der Bürger waren M zusammengekommen. Es wurde mit einer benötigten Summe von mindestens M zur Errichtung des Denkmals gerechnet, also war bisher weniger als die Hälfte der benötigten Mittel gesammelt worden. Außerdem hatte das königlich-preußische Kultusministerium einen Antrag der Stadt auf Unterstützung abgelehnt. 20 Durch diese öffentlich gemachte Nachricht kam neue Bewegung in die Bemühungen um das Denkmal. Ein in allen Städten, Gemeinden und Gutsbezirken der Altmark verbreiteter Aufruf mit der Bitte um Spenden sollte nun vorrangig neben der altmärkischen Ritterschaft alle Schichten der Bevölkerung ansprechen. 21 Die Anstrengungen waren von Erfolg gekrönt. Der Denkmalsfond konnte seine Summe in kurzer Zeit fast verdoppeln. Nun spendeten auch der Kommunallandtag, der Kreis und die Stadt Stendal. Das Ende des Jahres bereitete den Tangermündern aber doch noch eine Enttäuschung: Die Hoffnung, einen erneuten Kaisertag feiern zu können, erfüllte sich nicht. Kaiser Wilhelm II. hatte verfügt, dass eine nationale Feier auf das Jahr 1915 (das Jahr der Verleihung der Kurfürstenwürde an Friedrich) festgesetzt werde. 22 Zu diesem Zeitpunkt war man aber bereits mit dem Berliner Bildhauer Ludwig Manzel in Kontakt getreten. Eine Replik seines Standbildes von Friedrich I. (Figurengruppe 15 aus der Siegesallee) sollte für die Stadt Tangermünde angefertigt werden. Die Standortfrage war diesmal schnell entschieden: Die Ausschussmitglieder und der Bildhauer waren sich einig, dass der Denkmalsplatz auf der Burg erweitert werden und so beide Denkmale in nächster Nähe zueinander stehen sollten, weshalb umgehend Kaufverhandlungen mit dem Justizfiskus aufgenommen wurden. Im Februar 1912 kam deshalb ein Antrag in die Stadtverordnetenversammlung, für die Grunderwerbskosten und das Herrichten des Denkmalplatzes M von Seiten der Stadt bereitzustellen. Nun wurden auch kritische Stimmen laut: Der sozialdemokratische Stadtverordnete Dannhauer sprach sich gegen die Bewilligung der Mittel aus mit der Begründung: Friedrich I. sei ein feudaler Territorialherr, dem nur eine dynastische Geschichtsklitterung Verdienste zuschreibt. Die patriotische Begeisterung möge aus eigenen Mitteln ein Denkmal schaffen, nicht aus öffentlichen 23 Die Magistratsvorlage wurde nach heftiger Diskussion schließlich mit sieben Gegenstimmen beschlossen. Ende August 1912 begannen die Planungen zu den Einweihungsfeierlichkeiten. 20 Stadtarchiv Tangermünde (wie Anm. 18). 21 Tangermünder Anzeiger, 15. Juni 1911 und ff. 22 Vgl. Tangermünder Anzeiger, und Stadtarchiv Tangermünde (wie Anm. 18). 23 Tangermünder Anzeiger, 24. Februar 1912.

127 127 Wie schon 12 Jahre zuvor begleitete die örtliche Presse die Enthüllungsfeier mit umfassenden Berichten über die historischen Ereignisse, mit detaillierter Beschreibung des historischen Festzugs und mit langen Passagen aus den festlichen Reden. 24 Da der Kaiser nicht gekommen war, feierte die Bürgerschaft sich selbst, beginnend mit einem großen Kommers schon am Abend zuvor. In den Schulen fanden am Festtag Feiern statt, in den Kirchen hielten die Pastoren Festgottesdienste ab. Trotz heftigstem Regen formierte sich mittags der Festzug und begleitete die Honoratioren der Stadt, ihre Ehrengäste und die zahlreichen Besucher zur Burg. Abb. 4 Enthüllung des Denkmals von Kurfürst Friedrich I. auf der Burg Tangermünde am 11. November 1912 Der aufwändig gestaltete Festzug stellte den Einzug Friedrichs mit seiner Gemahlin Elisabeth in Tangermünde dar. Fast 200 Darsteller nahmen in historischen Kostümen daran teil. In seiner Denkmalsweiherede sagte Bürgermeister Ulrichs Das Denkmal gleicht dem unseres Denkmals Kaiser 24 Tangermünder Anzeiger, November 1912.

128 128 Karls IV. Das 2,80 m hohe Bronzestandbild des ersten Hohenzollernfürsten ruht auf einem 2,40 m hohen Sockel, der auf der Vorderseite die Inschrift trägt: Kurfürst Friedrich I. Auf der Rückseite hat die Stadt folgende Widmung anbringen lassen: Zur Fünfhundertjahrfeier des Einzuges des ersten Hohenzollernfürsten. Die dankbare Stadt Tangermünde. 11. XI XI Mit dem nach Tausenden zählenden Publikum 26 wurde am Nachmittag noch einmal der Festzug, die Ausschmückung der Stadt und am Abend ihre Illumination bewundert. Zur Feier des Tages stiftete die Tangermünder Unternehmerfamilie Meyer Mark zur Einrichtung einer städtischen Haushaltsschule. Abb. 5 Postkarte mit dem neu errichteten Denkmal von Kurfürst Friedrich I., um Stadtarchiv Tangermünde, Kom. Reg. I/115, Verwaltungsbericht 1912/13, S Ebd.

129 129 Abb. 6 Burganlage Tangermünde, Aufnahme vom (FOTOFLUG.de) Auch wenn das Verhältnis der Tangermünder Bürgerschaft zu ihren zahlreichen Denkmalen, die noch in der Folge entstanden, nicht immer ein ungetrübtes war und einige die politischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts nicht überstanden haben die Denkmale Kaiser Karls IV. und Kurfürst Friedrichs I. befinden sich noch heute im restaurierten Burgensemble gut erhalten und viel beachtet. Sind sie doch fester Bestandteil jeder Stadtführung und jedes Spazierganges über den Burgberg, der durch seine Lage an der Elbe einen ganz eigenen Reiz besitzt. Doch während die Erinnerung an Kaiser Karl IV. im Bewusstsein der Tangermünder immer präsent war und es immer einen festen Platz für ihn im Museum und in der lokalen Literatur gab, findet sich nach 1912 kaum noch ein Hinweis auf das Wirken und die Persönlichkeit von Kurfürst Friedrich I. Die politischen Ereignisse (Abdankung des Kaiser 1918, Gründung der Weimarer Republik) und die sozialistische Geschichtsschreibung mögen Ursache dafür sein aber das Vergessen ist umfassender. Auch das Jubiläumsjahr 2012 hat vor allem an einen anderen Friedrich erinnert, den preußischen König Friedrich II., dessen 300. Geburtstag begangen wurde und der der elfte Enkel des ersten Hohenzollern in der Mark Brandenburg ist.

130 130 Das Burgmuseum Tangermünde nahm das Tangermünder Doppeljubiläum im Jahre 2012 zum Anlass, in seiner Sonderausstellung Friedrich I., Burggraf von Nürnberg und Kurfürst von Brandenburg wie die Hohenzollern vor 600 Jahren in die (Alt)Mark kamen die Ereignisse des frühen 15. Jahrhunderts darzustellen: 1412 zog Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg aus dem Hause Hohenzollern als Markgraf und Kurfürst von Brandenburg Friedrich I. mit seinen fränkischen Rittern in die Mark Brandenburg ein, zu deren Verweser und Landeshauptmann ihn König Sigismund im Vorjahr ernannt hatte. Um anerkannt zu werden, besuchte Friedrich die bedeutendsten Städte wie Brandenburg an der Havel und Berlin; am Ende des Jahres erreichte er Tangermünde. Ausgehend vom Einzug Friedrichs von Nürnberg, informiert die Ausstellung über die komplizierte Geschichte der Mark vor 1412, blickt auf einzelne Aspekte wie den Aufstieg der Markgrafen von Brandenburg zu Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches, erläutert anhand der Familie von Quitzow Emporkommen und Fall eines märkischen Adelsgeschlechts und vermittelt Beeindruckendes über die damals modernste Waffentechnik. Abb. 7 Das Plakat der Ausstellung zeigt den Einzug Friedrichs in Tangermünde auf einem Historiengemälde von Max Gärtner.

131 131 Die Städtischen Museen Tangermünde haben in Zusammenarbeit mit den Geschichtsstudenten Markus Apostolow, Matthias Fickler, Christoph Jescheniak, Martin Rathmann, Matthias Sandberg, Erik Schneeweis und André Stellmacher sowie Dr. Lutz Partenheimer von der Universität Potsdam diese Ausstellung gestaltet. 27 Das Interesse an Kurfürst Friedrich I. war erwartungsgemäß groß. So konnten schon am Tag der Ausstellungseröffnung ca. 200 Besucher begrüßt werden. Als Ehrengast nahm auch Franz-Friedrich Prinz von Preußen als Vertreter des Hauses Hohenzollern an der Veranstaltung teil. Zu den Besuchern der Ausstellung zählten nicht nur historisch Interessierte und Touristen sondern auch viele Schulklassen aus dem ganzen Landkreis. 27 Einleitungstext zur Ausstellung.

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133 Zur Geschichte des Brauwesens in der Stadt Kalbe (Milde) Hopfenanbau und Hopfenhandel 133 von Henning Krüger Die Bierbrauerei war in den mittelalterlichen Städten viel stärker verbreitet als heute, Bier wurde hergestellt sowohl zum Eigenbedarf als auch zum Zuerwerb neben anderen Tätigkeiten. Die zum Brauen notwendigen Produkte wie Wasser, Gerste und Hopfen wurden selbst produziert bzw. wurden aus dem Umland bezogen. Erst später kam der Handel mit Gerste und Hopfen auf. Die Arbeitsteilung setzte sich durch und die Produktion wurde konzentriert. So wurde auch in Calbe (Milde) und Umgebung Hopfen als wichtiges Produkt angebaut. Vereinzelt finden wir noch heute in den umliegenden Dörfern sogenannte Hopfendarren, Scheunen in denen der Hopfen getrocknet wurde. In Calbe (Milde) blühte zu dieser Zeit der Anbau von Hopfen. Wer richtig sucht, findet in der Umgebung von Kalbe (Milde), z. B. in den Kreuztannen, noch wilde Hopfenpflanzen, obwohl der gewerbliche Anbau von Hopfen in unserer Gegend längst der Vergangenheit angehört. Die Hopfendämme (viele Flurbezeichnungen verdanken dieser Entwicklung ihren Namen) lagen hinter der kleinen und der großen Milde und in Richtung Engersen. Dämme deshalb, weil die Umgebung von Calbe (Milde) seit Alters her sehr feucht ist. Die Dämme waren so angelegt, dass überschüssiges Wasser über Gräben abfließen konnte und mittels Vorfluter in die Milde bzw. über den Königsgraben oder die Flotte in die Milde abgeleitet wurde. Calbe (Milde) stellt in dieser Hinsicht eine Besonderheit dar, ursprünglich eine Talsandinsel am Rande des Calbeschen Werders voll von Wasser umgeben. Die Milde wurde in früheren Jahren durch hervorragende Meliorationsarbeiten in ein festes künstliches Bett gezwungen. Noch heute können wir in Richtung Engersen erkennen, dass der Wasserspiegel der Milde weit oberhalb des umliegenden Acker- und Wiesenlandes liegt. Das Hopfenland stand wie alles übrige Land im Obereigentum der Familie von Alvensleben. Dieser mussten die Hopfenbauern Pacht zahlen. Zum ersten Male hören wir von der Pachtzahlung für Hopfenland im Jahre So zahlte unter anderem Meister Steffen für einen Hopfengarten einen Taler Pacht, desgleichen Meister Konrad Hering. Meister Barthold Mundt, der ein kleineres Stück Hopfenland hatte, zahlte 16 Groschen Pacht.

134 134 Im Jahre 1633 sollen aus der Altmark einige Tausend Wispel Hopfen nach dem Auslande ausgeführt worden ein. Diese Ausfuhren wurden später verboten. Daran hat Calbe natürlich einen großen Anteil, wie denn in manchen Jahren aus dem Städtchen über Zentner ausgeführt sein sollen. 1 Abb. 1 Hopfendämme vor Kalbe (Milde), Ansichtskarte von 1922, Verlag Ad. Lies, Calbe (Milde), Archiv Krüger Am Anfang des 19. Jahrhunderts bestanden in Calbe sieben Brauereien, die ein obergäriges Braunbier herstellten, welches ausgelitert verkauft und von der Bevölkerung auf Flaschen gefüllt wurde. Es konnte dann nach 2 bis 3 Tagen getrunken werden. Die sieben Brauereien stellten im Jahr rund 950 hl Braunbier her. (Diese Menge, wurde von der späteren Schultze-Kummertschen Brauerei in einem Monat hergestellt.) Später waren es dann nur noch 6 Brauereien - Kummert, List (später Amtsgericht), Gerecke (später Machan-Gardelegener Straße, heute Nielsen), Wöller (später Voigt-Gerichtsstr.), Wegert (später Blumentritt-links neben den Ratsstuben), Lübeck (später Hildebrandt). Sechs Brauereien, für Calbe mehr als genug. 1 Mertens: Der Hopfenbau in der Altmark. Halle (Saale), S. 12.

135 135 Aber wenn man vergleichsweise nach Gardelegen sieht, so ergibt sich dort noch ein ganz anderes Bild. Kurz vor dem 30-jährigen Kriege wurden in Gardelegen unter 483 Feuerstellen (= Wohnhäuser) 250 Brauhäuser gezählt. Es hatte also jedes zweite Haus eine Brauerei, d.h. eine Braugerechtigkeit zur Herstellung des Bieres für den eigenen Hausbedarf, viele natürlich auch zum Verkauf. Das Gardelegener Bier soll ein ganz vorzügliches Bier gewesen sein. Man nannte es "Garlei" und besang es wegen seiner Güte in lateinischen, griechischen, hoch- und plattdeutschen Versen. Überhaupt erfreuten sich die altmärkischen Biere eines sehr guten Rufes. Das Salzwedeler Bier wurde Soltmann" genannt, das Stendaler Taubentanz", das Tangermünder Kuhschwanz". Das Calbenser Bier wurde Bergquellbier genannt. Der Name wurde eingeführt, nachdem die Brauerei ihr Wasser aus den Zichtauer Bergen - aus Wiepke bezog. An Braugerste hat es den Calbensern nie gefehlt. Es wurde hier für den Zentner Braugerste ein Groschen mehr ausgegeben, und die Bauern der Umgebung, sogar aus Thüritz und Zierau fuhren ihre Gerste lieber nach Calbe als nach Salzwedel. Jedenfalls wurde in Calbe dem Biere tüchtig zugesprochen und nicht dem Bier allein, sondern auch dem Branntwein, wie es denn um 1750 die vier Branntweinbrennereien Arnold, Beye, Zacharias Schmidt und Samuel Schultze gab. Zuletzt blieb allerdings nur eine Branntweinbrennerei übrig, die Lübecksche in der Rathausstraße. 2 Im Folgenden werden verschiedene Erwähnungen und Episoden zum Thema Hopfenanbau, Hopfenhandel und Brauereiwesen kurz skizziert. Dazu wurden mehrere Quellen ausgewertet, darunter das Kirchenbuch von Kalbe (Calbe) und Akten im Brandenburgischen Landeshauptarchiv. Erwähnungen im Kirchenbuch von Calbe (Milde) Bedingt durch seinen Hopfenanbau hat Calbe sich nach den Schrecken des 30-jährigen Krieges bald wieder erholt. Die Fuhrherren, welche mit Pferd und Wagen den Ertrag in die Großstädte ausführten, wurden Hopfenführer genannt. Soweit das Kirchenbuch von Calbe (Milde) zurückreicht - bis zum Jahre redet es von Hopfenführern. Als erste werden genannt Andreas Pecker und Jacob Schmidt. Der letztere setzte nach seiner Rückkehr von 2 R. Amman: Chronik der Stadt Kalbe (Milde), Schreibmaschinenmanuskript, Kalbe 1958.

136 136 solcher Fahrt in seinem Hause durch Übermüdung und unvorsichtiges Umgehen mit Licht sein Haus in Brand und kam dabei selbst im Feuer um. Und nun folgen wieder Namen auf Namen der Hopfenführer, die auch Hopfenhändler oder Hopfenmakler genannt werden - Krüger, Heinemann, Micheel, Ahlemann bis dann 1713 zuerst die Berufsbezeichnung Brauer einsetzt. (Die Namen werden wir in den folgenden Abschnitten wiederfinden.) Hans Reinecke ein Brauer hat in diesem Jahr 1713 Hochzeit, also der erste Brauer, der selber Bier braute, und dann sein Sohn Jacob Arnold Reinecke erzählt das Kirchenbuch von einem Brauer Palm. In einer zu seinem Gehöft gehörenden Bude war eine Frau gestorben, welche als arme Frau keine Ruhestätte auf dem Stadtkirchhofe an der Kirche finden sollte. Schon längere Zeit vorher war der Ruf nach einem zweiten Kirchhofe in Calbe laut geworden, aber immer war ein solcher nicht bereit gestellt worden. Da die Verstorbene aber beerdigt werden musste, lud Brauer Palm kurzerhand den Sarg mit der Leiche auf einen Wagen und fuhr ihn nach Vahrholz. Gegen die Gabe von einer Tonne Bier an die Gemeinde Vahrholz erreichte es der Mann, dass dort im Dorfe die Leiche beerdigt werden konnte. Brauer Palm erreichte durch seinen Streich, dass die Calbenser im darauffolgenden Jahr sich zur Anlage eines zweiten Friedhofes bereit erklärten. Als Platz wurde die Stelle dicht vor dem Salzwedeler Tore (in der Nähe der heutigen Kreuzung - Richtung ehem. Molkerei) zur Verfügung gestellt. Nach der ersten dort begrabenen Frau Ilsabe Petzholz erhielt der Kirchhof den Namen Ilsenkirchhof, auch Armeleutekirchhof genannt. Palm starb Nach seiner Zeit werden noch drei Hopfenführer genannt: Meinecke, Jacob Behrens und Hans Kummert. Der Brauer Ludolf Friedrich Schmidt war auch Stadtchirurgus, also Arzt. Dann tauchen drei Brauergenerationen auf, Ahlemann, ein Prehm, ein Gentz, der eine Witwe List heiratete, und ein List der eine Kummert heiratete. Es folgt ein Wegert. Auch des Rektors Rogge Sohn wurde Brauer. Vor 200 Jahren machte der ehemalige Windmüller Wöller in Calbe eine Brauerei auf. Um 1800 übernimmt ein Gerecke aus Immekath die Brauerei auf dem früheren Machannschen Grundstück (Gardelegenerstr.). In drei Generationen hatte diese Familie die Brauerei inne. Die kleinste Brauerei war die Lübecksche in der heutigen Rathausstraße. 3 3 Kirchenbuch der Stadt Calbe (Milde)

137 137 Der Streit um Braurechte von 1703 bis 1717 Erste Hinweise zum Brauwesen in der Stadt Kalbe (Milde) sind zu finden in den Gerichtsunterlagen zum Streit der Brauer Hans Reinecke, Joachim Ahlemann, Gottfried Berens und Joachim Palm gegen die Städte Stendal, Salzwedel, Seehausen und Consorten von Im Verlauf dieses mehrjährigen Streits wird von der Kurmärkischen-brandenburgischen Landschaft durch eigenhändige Unterschrift von den Herren v. Ribbeck, v. Happe, v. Stillen, v. Alvensleben, Strantz und v. Oertzen bestätigt,...das zu Bismark und Calbe bereits Anno 1550 gebrauet worden ist... Wie kam es zu diesem Streit: Das bedeutendste altmärkische Bier zu dieser Zeit war das Garley, ein Erzeugnis der Gardelegener Brauergilde. Am Anfang des 18. Jahrhunderts bestanden in Calbe vier Garleykrüge, deren Inhaber Michael Erdmann Stappenbeck, Christoph Steffens, Joachim Meyer und Sebastian Schmidt waren. Diese reichen am 18. Juni 1703 eine Beschwerde an die Kurmärkische Kammer in Berlin ein. Ursprünglich war nur ein Brauer in Calbe, jetzt sind deren vier da. Außerdem verschänken die Bürger an den Jahrmarktstagen von ihren Biervorräten, einheimisches Bier und auch Garley, an die Jahrmarktsbesucher." Die Krüger werden dadurch in ihrem Erwerb geschädigt. Sie bitten um ein Privileg, dass sie allein Garley ausschenken dürfen, dass die Brauer ihr Bier auf die Dörfer in Fässern verkaufen müssen. Den Calbenser Bürgern soll der Verkauf von Bier an Jahrmarktstagen und über die Straße weg verboten werden. Der Kammerrat Beck erhält am 20. August 1703 den Befehl, sich nach Calbe zu begeben und mit dem Magistrat, den vier Brauern und den Krügern zu verhandeln, ob ein Privileg erteilt werden kann. Die Angelegenheit muss aber wohl aufgegeben worden sein, denn man findet in dem fraglichen Aktenstück hinsichtlich des Privilegs keine weiteren Schriftsätze. Erst am 28. Oktober 1716 richten die Calbenser Erbkrüger - sie haben in ihrer Person inzwischen gewechselt - Michael Erdmann Stappenbeck, Senator Joachim Christoph Bühnemann, Dietrich Bekker und Joachim Erdmann Steffens eine neue Beschwerde an die Kurmärkische Kammer: Früher ist wohl ein Brauer in Calbe gewesen, der nur selten gebraut und dann sein Bier auf dem Lande verkauft hat. Nun werden von Joachim 4 BLHA Rep 2 S. Nr und S. 5388, Brau- und Bierschankwesen von Kalbe (Milde) aus der Zeit von

138 138 Ahlemann und Hans Reinecke wöchentlich erhebliche Mengen Bier gebraut und in der Stadt verkauft. Dadurch werden die Krüger in ihrer Nahrung geschädigt, da die Brauer ihr Bier erheblich billiger verkaufen können, da sie keine Akzise bezahlen. Die Erbkrüger dagegen bezahlen pro Faß Garley 1 1/2 Taler Akzise, dann den Zoll, sowie den Krugzins an die von Alvensleben. Schon jetzt entsteht der Akzisekasse in Gardelegen ein Schaden von mehreren hundert Talern. Wenn der Garleyausschank zum Erliegen kommt, entsteht der Akzisekasse ein Schaden von 600 Talern, da sie ungefähr 500 Faß Garley von Gardelegen beziehen, außerdem fallen 30 Taler Zoll aus. Wenn auch die Calbenser Brauer ihr Malz versteuern, so entgeht diese Einnahme doch der Gardelegener Akzisekasse. Außerdem haben die Brauer jederzeit die Möglichkeit zu Steuerdefraudationen, da Calbe ein offener Ort ist." Die Erbkrüger bitten, die Brauerei zu verbieten. Sie beziehen sich dabei auf einen Schriftsatz vom 13. August 1682, nach welchem Calbe angeblich kein Braurecht gehabt hat. 5 Am 20. April 1716 schreibt Fr. Wilhelm von Blaspiel: Die Flecken Arendsee, Arneburg und Bismark, welche über hundert und mehr Jahre geruhig gebraut haben, wollen seine königl. Majestät geschützt wissen. Der Flecken Calbe aber muss erst den Beweis dafür erbringen." Am 6. November 1716 erhält der Kammerrat Schmelzeisen von der Kurmärkischen Kammer den Bescheid, dass, wer 1682 nicht gebraut hat, auch jetzt nicht brauen darf. Gegen diese Verordnung erheben die Brauer Hans Reinicke, Joachim Ahlemann, Gottfried Behrens und Joachim Palm, von denen allerdings zur Zeit nur die beiden ersten brauen, Einspruch mit dem Bemerken, dass sie immer gebraut haben. Sie verlangen ein Zeugenverhör. Da erscheint der Rat des Stendaler Obergerichts, Dr. v. Bertkow am 16. November 1716 in Calbe und lädt den Organisten Samuel Dittmer, 68 Jahre alt, gebürtig in Stollberg, den Leineweber Jakob Otto, 76 Jahre alt, Sohn des Schneiders Andreas Otto, gebürtig in Calbe, den Tagelöhner Hans Schmidt, 76 Jahre alt, Sohn des Hopfenführers Jacob Schmidt, gebürtig in Calbe, als Zeugen vor. Alle drei Zeugen sagen aus, dass Calbe von jeher die Brauberechtigung besessen habe. Noch einmal reichen die Krüger am 6. Mai 1717 eine Beschwerde ein, wobei sie nochmals durch Zahlen beweisen wollen, welcher Schaden der Akzisekasse entsteht. Darauf erhält Schmelzeisen am 16. Juli 1717 den Befehl, dass demjenigen, der 1682 nicht gebraut hat, bei 50 Taler Strafe das Brauen ver- 5 BLHA Rep 2 S. Nr und S. 5388, Brau- und Bierschankwesen von Kalbe (Milde) aus der Zeit von

139 139 boten ist, doch sind die beiden Brauer Hans Reinicke und Joachim Ahlemann bei ihrem Brauereiprivileg zu schützen - eine Bestätigung dafür, dass die Braustellen der Familie Reinecke und Ahlemann die ältesten Braustellen in Calbe waren. 6 Michael Wietzer, 1731 Der entlassene Unteroffizier und Quartiermeister Michael Wietzer will, nachdem er mehrere Jahre in dem Stappenbeckschen Freihause pachtweise einen Garleyschank betrieben hat, einen solchen in dem von seinem Schwiegervater, dem Kantor Balhorn, erworbenen Hause betreiben. Das wollten aber weder der Magistrat, noch der Alvenslebensche Gesamtrichter Schulze dulden. Am 18. März 1731 wendet sich Wietzer an die Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer unter Beifügung seines Regimentsabschieds vom 12. April 1725 mit der Bitte, dass ihm eine Konzession erteilt und der Magistrat angewiesen werde, ihn nicht zu behindern. Darauf erhält der Kriegs- und Domänenrat v. Klinggräff am 11. April 1731 den Befehl über diese Angelegenheit ausführlich zu berichten. Dieser hört sowohl den Magistrat als auch den v. Alvenslebischen Gesamtrichter Schulze. Dieser führt aus, dass bereits 4 Garleyschenken in Calbe bestehen, außerdem 2 Brauereien vorhanden sind, und ein dritter Brauberechtigter seinen Betrieb aufnehmen will. Demgegenüber berichtet Klinggräff, dass von den 4 Garleyschenken nur 2 in Betrieb sind, nämlich die des Senators Bühnemann und die des Kaufmanns Kagel. Stappenbeck lässt seine Schenke still liegen und Becker hat die seine an Bühnemann verpachtet, der sie in sein Haus gezogen und mit der seinen vereinigt hat. Da neben der Bürgerschaft auch die Garnison - in Calbe liegt eine Kompanie des Leibregimentes zu Pferde - mit Getränken versorgt werden muss, da der König seinem alten Soldaten helfen will, so schlägt Klinggräff vor, dem Wietzer eine Konzession zum Garleyausschank zu erteilen. Dieser erteilt am 30. Juni 1731 die Concession mit dem nachstehenden Begleitschreiben: Von Gottes Gnaden Friedrich Wilhelm, König in Preußen, Markgraf zu Brandenburg, des Heiligen Römischen Reiches Ertz-Cämmerrer und Kurfürst. Unsern gnädigen Gruß zuvor, Vest, Hochgelahrte Räthe, liebe Getreue. Wir fügen euch auf eurem unterm 11. dieses abgestatteten Bericht hierdurch 6 BLHA Rep 2 S. Nr und S. 5388, Brau- und Bierschankwesen von Kalbe (Milde) aus der Zeit von

140 140 in Gnaden zu wissen, dass wir nach euern darin abgestatteten Gutachten dem abgedankten Unteroffizier Leibregiments zu Pferde, Michael Wietzer allergnädigst consediret, in seinem zu Calbe in der Altmark belegenem Hause den Garleyschank auf seine Lebenszeit exercieren zu dürfen und ihm darüber eine solche concession, wie die hier beigefügte Copey zeiget, ausfertigen zu lassen. Ihr habt also dem Comissario loci (des Ortes) solches bekannt zumachen und den Impetranten bey dieser ihm allergnädigst erteilten Concession zu schützen. Seynd euch mit Gnaden gewogen, gegeben Berlin, den 30. Juni Auf seiner Königlichen Majestät allergnädigsten Spezialbefehl." Gez. Unterschriften. 7 Joachim Ahlemann, 1731 Am 26. Februar 1731 reicht der Hopfenführer Joachim Ahlemann ein Gesuch ein, dass er ein fünftes Brauhaus betreiben kann. Er begründet sein Gesuch damit, dass nur zwei von den vorhandenen Brauhäusern arbeiten. Die können aber den Bedarf der Bürgerschaft und der Garnison nicht decken. Am 10. Mai des Jahres berichtet der Kriegs- und Domänenrat v. Klinggräff, dass der Gesuchsteller ein wohlhabender Mann ist, der sein Geschäft gut in Gang bringen wird. Durch die Einrichtung soll keiner der vier bisherigen Brauberechtigten geschädigt werden. Auch die beiden stillliegenden Brauereien sollen ihr Braurecht nicht verlieren. Am 24. Mai kommt dann von Berlin die Genehmigung. Da Joachim Ahlemann gut ins Geschäft kommt, strengt die Gardelegener Brauergilde eine Klage an, wobei sie von den Calbenser Brauern unterstützt wird. Doch ist die Klage ergebnislos. 8 Johann Joachim Dannehl, 1750/ 1751 Am 31. Oktober 1750 reicht der Bürger Johann Joachim Dannehl ein Gesuch ein, dass ihm erlaubt sein möge, eine Brauerei und Brennerei zu betreiben. Er hat des Gottfrieds Schmidt Tochter geheiratet und damit ein Haus erhalten, in welchem gebraut worden ist. 7 BLHA Rep 2 S. Nr S. 5-31; 36-42; BLHA Rep 2 S. Nr S

141 141 Die Garleyschenken sind eingegangen. Die vorhandenen Brauereien können den Bierbedarf nicht decken, außerdem ist das Bier zu frisch, da die Brauer nebenher noch einen umfangreichen Ackerbau betreiben. Er, der Gesuchsteller, hat keinen Acker, sondern nur Garten und Wiesen. Der örtliche Commissarius, der Kriegs- und Steuerrat Kramer, verlangt die Brauberechtigung zu sehen. Die ist aber dem Schwiegervater Dannehls abhanden gekommen. Doch dürften die Kammerakten Auskunft geben. Aus diesen geht aber hervor, dass Schmidt nicht brauen konnte, im Jahre 1689 ihm die Braugerechtigkeit genommen und Jürgen Henning verliehen worden ist, der sie dann an den älteren Joachim Ahlemann veräußert hat. Trotzdem hat Kramer nichts gegen die Verleihung des Braurechts einzuwenden. Die Kriegs- und Domänenkammer aber lehnt das Gesuch ab, weil ja dem Schwiegervater Dannehls die Braugerechtigkeit genommen ist. Dannehl macht nun ein Immediatgesuch an den König, welcher die Kammer zum Bericht auffordert. Die Kammer aber überlässt es vorsichtigerweise dem Gutdünken des Königs, ob Dannehl die Braugerechtigkeit bekommen soll. Der lehnt ab, will aber die Branntweinbrennerei genehmigen, wenn er sich des auswärtigen Debits nach den Krügen, weil dieser Orth keinen Krug Verlag hat, enthält." 9 Ludolf Friedrich Schmidt, 1755 Am 4. Januar 1755 reicht der Chirurgus Ludolf Friedrich Schmidt, der 14 Jahre Kompanie-Feldscher gewesen ist, ein Gesuch ein, in welchem er um eine Braukonzession bittet. Er führt aus, dass der Ort gewachsen sei und dass die vorhandenen Brauereien den Bierbedarf nicht decken können, die Brauer haben Monopolstellung, denn die Witwe des Brauers Prehm ist die Schwester Ahlemanns (Ur...Großmutter des Verfassers, deren Testament noch heute im Archiv in Wernigerode zu finden ist.), die verehelichte Reinicke die Schwestertochter desselben und Palm ist in ihr Interesse gezogen. Sowohl der Magistrat, als auch der Inspektor und Konsistorialrat Guclenius bescheinigen dem Schmidt, dass die Anlage eines neuen Brauhauses wünschenswert ist. Da der Kriegsrat Kramer die Sache laufen lässt, droht ihm der König mit 5 Talern Geldstrafe bei weiterer Verzögerung und an den Kammerpräsidenten v. Gröben schreibt der König, dass er binnen 8 Tagen Kramers Bericht erwartet. Kramer will den Gesuchsteller abweisen, während die Kammer es genehmigen will. Am 14. Januar Entscheidung vom 29. Juli 1751, BLHA Rep 2 S. Nr S

142 142 wird dann auf Anordnung des Königs von dem Generaldirektorium die Genehmigung erteilt. 10 Johann Friedrich Erxleben, 1794 Am 16. April 1794 reicht der Invalide Johann Friedrich Erxleben, der 17 Jahre Soldat gewesen ist, einen Antrag auf Gewährung einer Braukonzession ein. Er hat die Braukonzession der Witwe Schulze erwerben wollen, um sie auf sein neuerbautes Grundstück zu übertragen. Aber die Witwe Schulze hat, aufgestachelt von den übrigen Brauern, ihre Zusage auf Abtretung zurückgezogen. Der Kriegs- und Steuerrat Stosch ist gegen die Erteilung einer Konzession, da Erxleben für seine Dienstzeit bereits mit einer Konzession zum Hökerhandel betraut ist. Aber Erxleben ist hartnäckig, er macht immer wieder den Versuch, eine Konzession zu erlangen, trotzdem Stosch nicht von seinem Standpunkt abweicht und tatsächlich erreicht er am 6. März 1799 sein Ziel. Schon vor ihm hat der Schlächtermeister die Konzession des Ackermanns Christoph Schulze erworben, wozu das Generaldirektorium am 24. August 1798 seine Genehmigung erteilt. 11 List/ Kummert 1801 Zeitweise war die Ausfuhr von Hopfen in benachbarte Staaten, der Ankauf des dortigen Hopfens und der Handel damit verboten. Selbst an den Grenzen der einzelnen preußischen Landesteile musste der Hopfen, der in das benachbarte preußische Gebiet gebracht werden sollte, verzollt werden. 12 Der Bauer List und der Invalide Kummert hatten Hopfen geladen, den sie nach dem ebenfalls preußischen Quedlinburg bringen wollten und zwar hatte List 16 Wispel (ein Wispel, Raummaß = 24 Scheffel= Liter, heute kg) geladen, Kummert 8 Wispel. In Gardelegen wurde dieser Hopfen verzollt und die Avisen an das Zollamt Quedlinburg geschickt. Da meldete dieses, dass der Hopfen dort nicht angekommen ist, und sendet die Avis an das Zollamt Gardelegen zurück. Dieses fordert den Bürgermeister Paalzow in Calbe auf, Nachforschungen nach dem Verbleib des Hopfens anzustellen, da man annehmen muss, dass der Hopfen verschoben wurde. Paalzow macht zunächst Hausdurchsuchungen bei List 10 BLHA Rep 2 S. Nr S BLHA Rep 2 S. Nr S BLHA Rep 2 S. Nr S ; 43-65

143 143 und Kummert. Am 26. Februar 1801 findet er bei List 6 Wispel Hopfen, bei Kummert nichts. Am 1. März 1801 findet dann eine protokollarische Vernehmung durch den Bürgermeister Paalzow statt. List und Kummert sagen beide aus: Unterwegs hören sie, dass der Hopfenpreis in Quedlinburg ungünstig ist. Darüber sind sie missmutig. Da begegnet ihnen zwischen dem Dorfe Wendefeld und dem Bornkruge ein leeres Fuhrwerk, dessen Fuhrmann in der Altmark Hopfen kaufen will. Er nennt sich Francke und kommt angeblich aus dem Halberstädtischen. Ihm verkaufen sie ihren Hopfen zu einem besseren Preise und kehren nach Calbe zurück." Sie glauben, nicht gesetzwidrig gehandelt zu haben. Das aufgenommene Protokoll wird von Paalzow an die Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer nach Berlin geschickt. Dieser beauftragt den Alvenslebischen Gesamtrichter, Justizrat Schulze, 17. April 1801, mit der weiteren Untersuchung der Sache. Dieser bestellt sowohl den List als auch den Kummert auf den 27. April 1801 vormittags 10. Uhr auf die Alvenslebische Gerichtstube zur weiteren Vernehmung. Beide machen vor dem Justizrat Schulze die gleichen Aussagen, wie vor dem Bürgermeister Paalzow. Als Schulze sie fragt, woher der Francke gekommen ist, erklären sie, danach hätten sie ihn nicht gefragt, weil sie das nichts anginge. Da Kummert kein eigenes Fahrzeug hat, wird am 8. Mai 1801 auch der Besitzer von Pferd und Wagen, der Bürger Christoph Wernecke, von Schulze vernommen. Dieser ist sowohl mit List als auch mit Kummert weitläufig verwandt. Er sollte für Kummert die Hopfenfuhre machen. Da er aber krank war, hatte er Kummert Pferd und Wagen geliehen. Bereits am zweiten Tag sei Kummert wieder zurück gewesen. Weiter weiß er nichts auszusagen. Wie die Sache ausgegangen ist, darüber schweigen sich die Akten aus. Wir dürfen aber annehmen, dass List und Kummert wegen verbotener Hopfenausfuhr bestraft worden sind. 13 Ein Original muss Brauer Frank List gewesen sein - sein Vorwirt hieß Frank, weshalb er Frank List genannt wurde. Er hatte seine auf der späteren Schultze-Kummertschen Stelle stehende Brauerei an Kummert verkauft und tauschte die auf den Grundstücken Machan/Bottmer liegende Brauerei dafür ein. Frank List, so wird erzählt, verlor später viel Geld. Und um sich nun ferner vor Schaden zu schützen, trug er die ihm verbliebenen Vermögensreste von Taler immer im Beutel bei sich. Da er sehr schwergewichtig war, fand er im Bett keine Ruhe; er benutzte einen Stuhl als Ruhestatt und ist auch im Stuhl gestorben R. Amman: Chronik der Stadt Kalbe (Milde), Schreibmaschinenmanuskript, Kalbe BLHA Rep 2 S. Nr S ; 43-65

144 144 Witwe Kleinloff In Calbe betrieb die Witwe des Kaufmann Kleinloff einen ausgedehnten Hopfenhandel. Zwar handelte sie auch mit anderen Landesprodukten, das brachte aber so wenig ein, dass sie nicht einmal davon die öffentlichen Abgaben bezahlen konnte. Am 19. November 1801 hat sie an die Altmärkische Kammerdeputation in Stendal, eine Nebenstelle der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer in Berlin, eine Anfrage gerichtet, ob der Ankauf von Hopfen außerhalb der Provinzen des preußischen Staates erlaubt sei. Veranlassung zu dieser Anfrage war ein geschäftliches Missgeschick ihres zweiten Sohnes, Ludolf Christian Kleinloff. Derselbe hat außerhalb der Altmark auf nichtpreußischem Gebiet Hopfen angekauft und denselben in Berlin verkaufen wollen. Dieser Hopfen ist ihm aber in Berlin abgenommen und von der Akziseverwaltung veräußert worden. Nach Abzug der entstandenen Kosten ist ihm der Rest des Erlöses ausgehändigt worden, was aber noch nicht einmal die Hälfte des Einkaufspreises ausmacht. Die Kammerdeputation in Stendal teilte der Witwe Kleinloff auf ihre Anfrage mit, dass es nicht erlaubt sei, ausländischen Hopfen einzuführen und zu verhandeln. 15 Die Kummertsche oder auch Schultze-Kummertsche Brauerei Als erster Kummert in Calbe wird ein Valentin Kummert genannt, der aus Mieste kommend 1673 sich in eine Ackerbürgerstelle in der Gardelegener Straße (Gagelmann-Schulz) eingeheiratet hatte, indem er Katharina Stier, Christoph Listens Witwe ehelichte. 16 Der älteste Sohn (Joh. Christoph Kummert) seines Enkels (Hans Kummert) hat dann im Kirchenbuch die Bezeichnung Reuter Bürger, Hopfenhändler und Brauer. Hermann Kummert hat dann später die Brauerei des Frank List gekauft und durch Hinzuerwerb der beiden Großkossatenstellen Lüders und Bottmer die Brauerei vergrößert (1874). Ebenfalls wurde das neben der Brauerei liegende Grundstück des Tuchhändlers Roth gekauft. Anschließend ließ Hermann Schultze-Kummert (seit 1896 ein Doppelname) eine Lagerbierbrauerei bauen mit Gärkeller, Transportwagen und Lagerkeller sowie einem Eiskeller an der Gardelegener 15 BLHA Rep 2 S. Nr S ; Kirchenbuch der Stadt Calbe (Milde)

145 145 Straße wurde das Rothsche Haus abgerissen und hier ein weiterer Eiskeller errichtet. Abb. 2 Brauerei Schulze-Kummert, Werbeplakat, Lithographie, Archiv Krüger Aus Aufzeichnungen, die im Turmknopf der Wetterfahne der Brauerei gefunden wurden, geht hervor: 1. Die Brauerei des Hermann Kummert wurde im Jahre 1874 den 13. November in Betrieb gesetzt - unter Leitung des Herrn Braumeister Julius Pfeffer. Brauer und Maschinenmeister waren Hermann Friedrich Tockhorn (Maschinenmeister), Brauer F. Schmidt, F. Krause und Schnöckel, Maurer Dähre, die Arbeiter Rötel, H. Becker und Priegnitz sowie der Lehrling Pfeffer. Steuerkontrolleur war ein Herr Schmidt.- Wir hatten bis dato wenig Eis. Die größte Kälte war am 26. und 27. Dezember Das neue Maschinenhaus wurde im Jahre 1877 gebaut. Vorher hatten wir nur einen Röhrenkessel, einen Kohlenfresser. Eingelegt in den Turmkopf von J. Pfeffer Braumeister und Maschinenmeister F. Tockhorn. 2. Hermann Kummert, der bisherige Besitzer der Brauerei, ist am 29.Oktober 1895 gestorben. Seine Erben sind Werner und Renate Kummert, letztere war mit Max Schultze verlobt. Die Hochzeit soll am 19.November 1896 sein. Die Brauerei hatte von Ostern bis Mitte Mai Calamität, da der Braumeister Strohkorb sein

146 146 Fach nicht recht verstand. Sein Nachfolger Braumeister Adolf hat das Gegenteil bewiesen und liefert einen vorzüglichen Stoff, der auf Ausstellungen in Brüssel, Marseille und Berlin prämiert wurde. Buchhalter ist Emil Reifgerst. (war über 40 Jahre Buchhalter) Verfertigt und eingelegt von F. Tockhorn, Maschinenmeister 3. Ende Oktober 1903 wütete ein furchtbarer Sturm, der unendlich viele Bäume umwarf und auch die Fahne von der Brauerei. Unter Bezug auf die Personalien der Familie Kummert und Schultze sei ferner bemerkt, dass die Hochzeit von Renate Kummert mit Max Schultze am 11. November 1896 stattfand und sehr vergnügt im Hause gefeiert wurde. Die Hochzeitsreise ging über Hannover, Dresden, Prag, nach Wien und von da in einem Tag nach Berlin. Am 13. September 1897 wurde der Erstling Hermann, am 28. Jan der zweite Hans'chen und am 6. April 1903 der dritte Wolfgang geboren. Seit dem Jahre 1896 führt Max Schultze den Namen Schultze-Kummert. Ein harter Schlag traf am 12.März 1900 die Brauerei abermals, indem der tüchtige jugendliche Braumeister Adolf leider nach plötzlicher kurzer Krankheit vom Tod ereilt wurde. Als Nachfolger trat Braumeister August Uschmann ein. Die Brauerei hat sich fortgesetzt in ihrem Betrieb und Kundenkreis erweitert und ununterbrochen ein gutes Bier geliefert. Am Ende vorigen Jahres wurde ein neuer Kessel angeschafft. In diesem Jahr wurde der alte Lauterbottich sowie die Schrotmühle und der Abzugsapparat durch neue mit den besten Einrichtungen versehen, so dass flott weiter gebraut werden konnte. Eine große Gefahr drohte im Juli 1901 der Brauerei indem am 19. Juli die Pisherie brannte und das Feuer mit vieler Not von der Brauerei fern gehalten wurde. Der Hopfenpreis beträgt in diesem Jahr für böhmischen Hopfen 300 M, für bayrischen 250 M, Altmärker bis 110 M, Gerste 7 M pro Ctr. gez. Max Schultze-Kummert Personalien der in der Brauerei beschäftigten Mitarbeiter: Emil Reifgerst- Buchhalter, Aug. Uschmann-Braumeister, Grund, Graepner und Köpke-Brauer, Becker I, Becker II, Becker III, Schultze, Vergin, Benkendorf, Preetz-Arbeiter und F. Tockhorn-Maschinenmeister November Infolge eines Sturmes brach abermals die Fahne ab. Für den Braumeister Uschmann ist Eduard Lichtblau getreten. Sonst hat sich an der Personalfrage wenig geändert. Der alte Becker, der ca. 40 Jahre drei Generationen der Fam. Kummert treu und brav gedient hat, ist am diesen Jahres gestorben. Möge ihm die Erde leicht sein!

147 147 Im Jahre 1910 ist auch eine alkoholfreie Abteilung eingerichtet, die gut funktioniert und rentiert. Der Hopfen kostet M pro Ctr., der Altmärker 200 M, Gerste 9,50-10 M. gez. Max Schultze-Kummert Die elektrische Anlage wurde am 1. September 1906, die neue Dampfmaschine am 20. April 1908 dem Betrieb übergeben. gez. Lichtblau-Braumeister, verfertigt und eingelegt: Friedrich Tockhorn- Maschinenmeister 5. Wegen der Reparatur des Rauchkamins musste die Fahne der Brauerei herunter genommen werden und zwar in schwerer Zeit für unser Vaterland. Bis heute sind die Erfolge unserer Waffen günstig. Ich bin als Hauptmann eingezogen worden und stehe z.zt. in Magdeburg. Anstelle von Tockhorn ist Carl Lohmann als Maschinenmeister getreten. Sonst hat sich nichts geändert. Calbe/Milde, 23. September 1914, Max Schultze-Kummert 17 Abb. 3 Belegschaftsfoto der Brauerei Schultze-Kummert, Archiv Krüger 17 Befragung von Bürgern und Brauereimitarbeitern durch Hans Käbel ( ), Archiv Krüger

148 148 Aus jenem Jahr gibt es aber noch ein anderes Dokument, das sich mit Wasserverhältnissen in der Kummertschen Brauerei befasst. Es ist ein Schreiben des damaligen Kreisarztes von Salzwedel vom 19. Januar 1914 über eine Typhuserkrankung des in dieser Brauerei beschäftigten Brauers Georg Paelecke, bei dem sich erste Anzeichen dieser schweren Erkrankung Ende Dezember 1913 zeigten. In dem Dokument schreibt der in Calbe praktizierende Sanitätsrat Parisius: Ursächliche Ermittlungen: Typhus herrscht am Ort ununterbrochen. In der Brauerei Schultze-Kummert hat sich der Erkrankte drei Wochen vor Beginn der Symptome aufgehalten. Als Vermittler kommt Wasser aus der Milde in Frage. Das Wasser aus der Milde wird zum Gebrauche für die Brauerei durch Kies und Kohle, allerdings auf ungenügende Weise filtriert. Der Erkrankte ist sofort ins Krankenhaus Salzwedel überführt worden. Und in dem Schreiben des Kreisarztes an den Bürgermeister in Calbe heißt es: Es ist eingetroffen, was ich schon längst befürchtet habe, dass auch die Filtrieranlagen in der Brauerei Schultze-Kummert nicht ausreichend zu sein scheinen. Auch zugegeben, dass sie ausreichend wären, so ist doch die Erkrankung ein Beweis dafür, dass der Erkrankte allem Anschein nach auf dem Gebiet der Brauerei selbst mit Typhuskeimen in Berührung gekommen ist, die zweifelsfrei aus der Milde kommen. 18 Das Bier wurde in der Brauerei in der Gerichtsstraße gebraut und nach der Hauptgärung im Gährkeller, in einem sogenannten Fuhrfaß (Tankwagen) in den Lagerkeller und Eiskeller an der Gardelegenerstraße, der heute noch Eiskellerberg genannt wird, gefahren (Lagerzeit des Bieres 2-3 Monate) wurde das Haus von Roth und die Braumeisterwohnung abgerissen und an diesen Stellen ein Eis- und Lagerkeller gebaut. Auch der Eiskeller an der Gardelegenerstraße wurde abgerissen und aus dem Material das spätere Reifgerstsche Grundstück zu einer Gastwirtschaft umgebaut. Die Braumeisterwohnung wurde 1895 in das ehemalige Bottmersche Haus verlegt, wo sie sich auch bis zur Stilllegung befand. In dem Wirtschaftsgebäude auf dem Hofe befand sich von die Färberei von Johannes Kind. Die anderen Braunbierbrauereien sind nach Erbauung der Lagerbierbrauerei von Kummert eingegangen. Die Brauerei Kummert war die erste mit Dampf betriebene Brauerei der Altmark. In dem Brauereigrundstück befanden sich drei Brunnen, ein 7 m tiefer Schachtbrunnen mit 2 m Durchmesser in der ehemaligen unteren Malztenne (später Ersatzteillager). Ein zweiter Schachtbrunnen befand sich im Hofe der 18 Schreiben vom , Kreisarzt Salzwedel, Archiv Krüger

149 149 ehemaligen Braumeisterwohnung. Im selben Hofe war ein 26 m tiefer Bohrbrunnen angelegt. Das Wasser des Brunnens auf der Malztenne und des Bohrbrunnens ist für Trinkwasser und Kochwasser völlig ungeeignet. Es hat ca. 45' Härte und ist stark nitrathaltig (Salpeter). Es wurde in der Brauerei nur für Kühlzwecke verwendet. Der Schachtbrunnen im selben Hofe wurde von 1903 bis 1925, bis die neue Wasserleitung aus den Quellen bei Wiepke kam, zur Herstellung von Limonade und Selters verwendet und war als Trinkwasser geeignet, war aber nicht sehr ergiebig. Ebenfalls war auf dem Grundstück gegenüber, im Hofe des Amts- bzw. Kreisgerichtes, ein weiterer Brunnen. Bevor das gute Wasser aus Wiepke (Zichtauer Hellberge) kam, wurde also auch Wasser aus der Milde verwendet. Ältere Kalbenser können sich noch daran erinnern, dass durch den städtischen Ausrufer bekannt gemacht wurde: Es wird hiermit bekannt gemacht, dass keiner in die Milde macht, denn morgen wird gebraut. 19 Abb. 4 Bierkutscher, Archiv Krüger 19 Handschriftliche Erinnerungen des letzten Braumeisters Max Kühnelt, Archiv Krüger

150 150 Um das neue Lagerbier nach bayrischer Art herzustellen und um den Betrieb zu leiten, hatte man einen Braumeister aus Bayern eingestellt. Im Jahre 1905 begann man dann mit der Herstellung von hellen Bieren nach Pilsener Art. Bier und Eis wurde in den ersten Jahren an Gaststätten meistens mit Pferd und Wagen ausgefahren, so durch Willy Heinecke. Dieser verkaufte auch noch in Calbe, aus einem großen Fass vom Pferdewagen aus, Bier über die Straße. Der Transport wurde später durch die Kraftfahrer und Beifahrer mittels LKW vorgenommen. In den 1920er bis 1930er Jahren brachten Wilhelm Becker und sein Beifahrer in mehreren Tagesfahrten das Calbenser Bier bis nach Weferlingen. Bis zur Stilllegung des Betriebes im Jahre 1964 wurde das Bier bis nach Diesdorf, Brome, Langenapel, Stöckheim, Ahlum, Rohrberg, Beetzendorf, Apenburg, Salzwedel und sogar in Orte des Kreises Stendal geliefert. Von 1911 bis 1933 war Eduard Lichtblau Braumeister, danach folgte der langjährig tätige Braumeister Kühnelt. Max Kühnelt wurde am als Brau- und Malzmeister eingestellt. Er kam aus Schlesien und hat seine Spezial-Kenntnisse in München erworben. Während jener Zeit wurden als Braumeister noch ausgebildet Rosi Kühnelt, Eckhard Krüger und Bernhard Jelinski. Bevor Maschinen und Chemikalien das Eis für das Kühlen des Bieres fabrizierten, bereits 1913 wurde auf dem Brauereigelände ein Maschinenhaus zur Herstellung von Stangeneis und zur Bierkühlung gebaut, musste im Winter Natureis geerntet werden. Dies erfolgte in den sogenannten Eisgräben auf den Ländereien der Brauerei. Das Eis wurde mit Pferdefuhrwerken zum Eiskeller in der Gerichtsstraße gebracht, dort wurde es mit dem Elevator nach oben gebaggert und fiel dann in den Eiskeller. Der große Stirn- Eiskeller fasste ca Ackerfuhren Eis, das Schmelzwasser hielt die 4 Lagerkeller mit Bier kühl. Wenn dann im Sommer die Qualität des Bieres schon gelitten hatte, hieß es im Volksmund nur Schützenfestbier". Die Arbeit in der Brauerei und bei der Herstellung alkoholfreier Getränke war sehr schwer, denn nur für die Reinigung der Flaschen und für die Abfüllung gab es Maschinen. Auch eine Malzdarre und ein Malzlager in der Brauerei brauchte Arbeiter.

151 151 Enteignung der Brauerei Die Enteignung des Betriebes erfolgte in zwei Etappen ursprünglich des Ackerlandes wegen (139,84 ha) und später auch wegen der Brauerei. Am 12. Oktober 1945 ging der Familie folgender Brief zu: An den enteigneten Besitzer Schulze-Kummert und Angehörige in Calbe/Milde. Sie werden aufgefordert, Ihren bisherigen Wohnsitz innerhalb 24 Stunden unter Mitnahme nachstehender Gegenstände zu verlassen: 1.) a Person 1 Bett (nicht einbegriffen ist das Bett für den Mann, der nicht da ist) 2.) Wäsche und Kleidungsstücke a Person 30 kg. 3.) Lebensmittel entsprechend der Menge einer Zuteilungsperiode, 4.) Mobiliar: Einrichtungsgegenstände für ein Wohnzimmer und 1 Küche. Für den Abtransport obiger Gegenstände kann ein Gespann leihweise benutzt werden, jedoch muss dieses Gespann unverzüglich zurückgegeben werden. Eine polizeiliche Abmeldung ist unbedingt erforderlich. gez. k.-landrat 20 Die Familie hat dann vieles unternommen, diese Enteignung wieder aufzuheben. Dieses ist auch zum Teil gelungen. Mit Urkunde vom 30. September 1946 wurden ihr die Brauerei und 42 Hektar zurückgegeben. Die Urkunde hat folgenden Text: "Ihr Vermögen wurde auf Grund des Befehles 124 des obersten Chefs der sowjetischen Militärverwaltung, Oberbefehlshaber der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland vom 30.Oktober 1945 unter Sequester gestellt. Die Provinz-Kommission zur Durchführung der Befehle 124/126 der sowjetischen Militär-Administration hat nach eingehender Prüfung entschieden, Ihnen Ihr Vermögen zurückzugeben, damit sie mit dem heutigen Tage das volle Verfügungsrecht über ihr Vermögen zurückerhalten. Die Provinzialverwaltung Sachsen erwartet von Ihnen, dass Sie diese HOCHHERZIGE TAT würdigen und sich rückhaltlos und mit ganzer Kraft für den NEUAUFBAU unseres demokratischen deutschen Vaterlandes einsetzen. 21 Aber dieser Stand sollte nicht lange andauern. In der Sitzung vom wurde von der Landesbodenkommission die erneute Enteignung beschlossen. Erneute Beschwerden, Unterstützung von Freunden, 20 Schreiben des Landrates des Kreises Salzwedel vom , aus dem Besitz der Fam. Schultze-Kummert, Kopie im Archiv Krüger 21 Schreiben des Ministers des Innern der Landesregierung Sachsen-Anhalt, vom , aus dem Besitz der Fam. Schultze-Kummert, Kopie im Archiv Krüger

152 152 persönliche Rücksprachen mit dem damaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten der DDR Otto Nuschke, alles half nichts. Die Entscheidung war nicht mehr zu revidieren. Um einer Verhaftung zu entgehen, blieb Wolfgang Schultze-Kummert, der die Brauerei seit 1948 allein geleitet hatte, nicht anderes übrig, als am die DDR zu verlassen. Die Enteignung war vorher nicht bekannt. Als die Arbeiter vom Mittagessen zurück kamen, fanden sie alles verschlossen und wurden dann durch den neuen Betriebsleiter eingewiesen. Nach der Enteignung gingen Herrmann (verst ) und Hans Schultze-Kummert (verst ) mit ihrer Mutter (Renate Schultze- Kummert, verst ) nach Stendal (enteignete Bürger mussten stets den Kreis verlassen), Wolfgang Schultze-Kummert nach Köln. Der Kontakt Wolfgang Schultze-Kummert's nach Kalbe, durch Schriftwechsel und persönliche Besuche in Köln unter anderem zu meinem Vater Martin Krüger, ist nie abgerissen. Er ist am in Köln verstorben. In einem seiner letzten Briefe an den Verfasser schrieb er: Man hat uns nicht nur davon gejagt wie die Verbrecher. Man hat mir nicht gestattet, unserer alten Mutter ihren letzten Wunsch zu erfüllen, neben unserem Vater beigesetzt zu werden. Dann hat man uns unter Fristsetzung aufgefordert, das Grabmal auf dem Grabe unseres Vaters zu entfernen, damit das Grab eingeebnet wurde und der Name Schultze-Kummert auf dem Friedhof verschwand. Wir sind immer eine ehrenwerte Familie vom alten Kalbe gewesen und haben eine solche verwerfliche Behandlung nicht verdient. Kalbe war früher immer ein schönes, liebliches und blitzsauberes und gepflegtes kleines Städtchen mit sehr lieben Einwohnern gewesen und so soll es auch in meiner Erinnerung bleiben." 22 Nach der Enteignung des Betriebes 1952 wurde Max Behrendt Leiter des Betriebes. Bis zur Gründung der LPG beschäftigte er sich jedoch hauptsächlich mit der zur Brauerei gehörenden Landwirtschaft - die Brauerei wurde unter der Regie von Braumeister Kühnelt weiter betrieben, ihnen stand zur Seite Buchhalter Schulz. Im Büro haben damals gearbeitet: K. Daenert, Mensing, Frau Fehske und U. Morgner. Als Kraft- bzw. Beifahrer: Fehse, W. Grosse, Grothe, Huber, Lüder, Markgraf, Meinecke, W. Mertens, Morgner, A. Netzband, Poblenz, Schulz, W. Tode. 22 Brief von Wolfgang Schultze-Kummert an H. Krüger vom , Archiv Krüger

153 153 In der Produktion: W. Balzer, Anni und Karl Baumann, I. Bredow, Franke, Dworeck, Gohrke, H. Groß, K. Gründler, G. Heims, Heinecke, Heinrich, Kneiphoff, Muhl, G. Runge, Schade, Schlaps, O. Schröder, P. Zebrowski. 23 Die Stilllegung der Brauerei wurde von den Kalbensern sehr bedauert. Die Brauerei war zum Teil veraltet, bedingt durch fehlende Investitionen und unterlassene Instandhaltung. Eine Erneuerung hätte erhebliche Mittel beansprucht. In der letzten Zeit vor der Einstellung des Betriebes ging die Braupfanne regelmäßig einmal in der Woche kaputt. Viele Arbeiter der Brauerei wurden danach in der neu gegründeten Großbäckerei Kalbe (Milde) eingestellt. Die Hauptursache der Betriebsaufgabe war jedoch die begonnene Konzentrierung der Produktion in der Diamant-Brauerei Magdeburg und deren Rentabilität. Einige Wochen vor Schließung der Brauerei wurde diese als Abfüllstation genutzt. Das Bier wurde in Tankwagen von Magdeburg angeliefert und dann auf Flaschen gefüllt. Nachdem der Betrieb stillgelegt wurde, sind die Gebäude von der LPG und von einer Firma für Landmaschinenhandel (Agrotechnik) genutzt worden. Auch nach 1990 wurde das Gelände kurzzeitig für einen Landmaschinenhandel genutzt. In den zurückliegenden Jahren sind Gebäude abgebrannt bzw. abgerissen worden. Der zum Grundstück gehörende Park, im Volksmund Pionierpark genannt, wurde nie wieder richtig genutzt. Die Familie Schultze-Kummert hatte noch 1989, trotz Enteignung, Antrag auf Wiedereinsetzung in den alten Stand gestellt. Wolfgang Schultze-Kummert ist am 2. Dezember 1990 verstorben, ob die Erben weitere Schritte unternommen haben, bzw. der Antrag abgelehnt wurde, ist nicht bekannt. 23 Festzeitung zur Weihnachtsfeier des VEB(K) Altmärkisches Brauhaus Kalbe(Milde) Dez. 1953, VEB Druck Kalbe, Archiv Krüger

154 154 Zusammenstellung einiger wichtiger Daten 1550 Bestätigung durch die Kurmärkische Kammer, dass bereits gebraut worden ist 1627 Beginn des Kirchenbuches der Stadt Calbe (Milde) 1673 erste Erwähnung eines Kummert in Calbe (Milde) 1682 in diesem Jahr wurde angeblich das Braurecht nicht ausgeübt 1713 erste Benennung von Brauern im Kirchenbuch 1717 Bestätigung des Brauprivilegs für Hans Reinicke und Joachim 1731 es bestehen 3 Garleyschenken, 2 Brauereien sind in Betrieb und 5 Braukonzessionen vergeben 1750 Branntweinbrenner Arnold, Beye, Schmidt u. Schultze 1751 Genehmigung einer Branntweinbrennerei für J.J. Dannehl 1756 Brauer - Witwe Prehm, Ahlemann Reinicke, Palm, Schmidt 1800 ca. 7 Brauer in Calbe(M) (ca. 950 hl Braunbier im Jahr) 1874 Aufbau und Vergrößerung der Brauerei durch Hermann Kummert 1877 Bau des Maschinenhauses 1896 Aus Kummert wurde Schultze-Kummert Beginn der Herstellung von hellem Bier nach Pilsener Art 1906 Elektrifizierung der Brauerei 1908 Inbetriebnahme einer neuen Dampfmaschine 1910 Errichtung einer alkoholfreien Abteilung 1913 Bau eines neuen Maschinenhauses für die Eisherstellung 1914 Typhuserkrankung in der Brauerei 1925 Inbetriebnahme der neuen Wasserleitung aus Wiepke, Bergquellbier 1952 Enteignung der Brauerei - neuer Betriebsleiter Max Behrendt 1964 Stilllegung des Betriebes Braumeister der Brauerei Kummert bzw. Schultze-Kummert 1874 Braumeister Julius Pfeffer, Maschinenmeister Herrman, Friedrich Tockhorn 1895 Braumeister Strohkorb 1896 Braumeister Adolf 1900 Braumeister August Uschmann 1911 Braumeister Eduard Lichtblau 1914 Maschinenmeister Carl Lohmann, Braumeister Max Kühnelt

155 155 Abb. 5 Bierdeckel der Brauerei Schultze-Kummert, Archiv Krüger Abb. 6 Bierdeckel der Brauerei VEB (K), Archiv Krüger

156

157 157 Vereinsbericht von Ulrich Kalmbach Die Frühjahrstagung des Jahres fand am 2. April 2011 als Gemeinschaftsveranstaltung mit einem benachbarten Verein statt. In diesem Fall trat der Wendländische Geschichts- und Altertumsverein von 1905 e. V., der auch dankenswerter Weise den überwiegenden Teil der Vorbereitungen übernommen hatte, als Gastgeber auf. Tagungsort war das Amtshaus in Lüchow. Unter dem Motto Wendland und Altmark: Historische Gemeinsamkeiten wurde ein kleines Kolloquium organisiert, das mit mehreren Vorträgen bestritten wurde. Regularien waren nicht zu erfüllen. Anwesend waren ca. 90 Mitglieder beider Vereine und eine Reihe von Gästen. Die Begrüßung erfolgte durch die Vereinsvorsitzenden und Offizielle der Gastgeberregion. Nach der Begrüßung und Tagungseröffnung begann Prof. Dr. Wolfgang Meibeyer, Braunschweig den Vortragsteil. Er referierte zu einem seiner langjährige Forschungsschwerpunkte Alter und Entstehung der Rundlingsdörfer im Wendland und in der Altmark, zu dem auch schon eine Reihe von Publikationen vorgelegt hat. In seinem Vortrag ging er neben der Erläuterung der Situation in Altmark und Wendland auch auf Forschungsdiskussionen ein. Herr Ulf Frommhagen aus Seethen, versierter Burgenkenner der Altmark, hatte für seinen Vortrag den Blick über die Landesgrenze hinaus auf die Nachbarregion Wendland gerichtet und stellte auch neuere Forschungsansichten und auch Ergebnisse von archäologischen Ausgrabungen vor. Sein Vortrag hatte den Titel: Burgenlandschaften in der Altmark und im Wendland. Herr Jürgen Kayser aus Bornsen hatte sich intensiv mit dem Kapellen- und Kirchenbau in der Altmark und im Wendland beschäftigt. Anhand zahlreicher Fotografien stellte er hier Gemeinsamkeiten und Besonderheiten beider Regionen heraus. Herr Kayser hatte sich bereits langjährig speziell mit den altmärkischen Backsteinkirchen beschäftig. Eine schöne Korrespondenz zu diesem Thema stellte die Ausstellung mit Arbeiten des Künstlers Waldemar Nottbohm aus Hitzacker dar. Seine Ausstellung mit zahlreichen Zeichnungen trug den Titel: Mittelalterliche Feldsteinkirchen und andere Steinbauten im Ostfälischen. Beispiele aus der Altmark und dem Wendland. Die Herbsttagung fand am Sonnabend, d. 29. Oktober 2011 in der Gaststätte Eisen-Carl statt. Es standen keine weiteren Regularien an. An der Tagung nahmen 17 Vereinsmitglieder und 5 Gäste teil. Am Vormittag standen drei

158 158 Vorträge auf dem Programm. Nachmittags erfolgte die Besichtigung der Ausstellung im Danneil-Museum. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden begann Hartmut Bock aus Jübar mit dem ersten Vortrag. Der Referent gab eingangs eine Einführung zur Bedeutung von persönlichen Aufzeichnungen als historische Quelle und stellte die Vielfalt und Spezifik bestimmter Aufzeichnungsarten, wie z. Bsp. Anschreibebücher und autobiografische Schriften, heraus. Anschließend ging er dann auf die Aufzeichnungen von August Busse ( ) aus Jübar ein und stellte dessen Notizbuch, in dem seine handschriftlichen Erinnerungen enthalten sind, vor und ordnete sie in das zeithistorische Geschehen ein. August Busse, Landwirt und später Fleischbeschauer, schilderte neben den familiären Verhältnissen seine Erlebnisse im 1. und 2. Weltkrieg. Ebenso äußerte er sich zu seiner Freizeittätigkeit als Turner und zu den Bedingungen der Freiwilligen Feuerwehr in seinem Heimatort. Anschließend zeigte der Referent anhand dieses konkreten Beispiels Grenzen und Möglichkeiten solcher Quellen auf. Abb. 1 Jürgen Kayser beim Vortrag zur Frühjahrstagung in Lüchow Den zweiten Vortrag eröffnete Frau Sigrid Brückner, die ein zu dieser Zeit im Vorbereitung befindliches Ausstellungsprojekt der Städtischen Museen Tangermünde mit Studenten der Universität Potsdam vorstellte. Der

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