Kurzbericht zu Maltechnik und Zustand

Transkript

1 Claude Monet ( ) Die Seine bei Asnières (La Seine à Asnières) 1873 signiert unten rechts: Claude Monet undatiert Ölmalerei/textiler Träger H 54,2 cm x B 72,5 cm WRM Dep. FC 784

2 Zusammenfassung/Besonderheiten Diesem 1873 datierten Gemälde mit Blick auf die Seine bei Asnières und der zentralen Ansicht von drei Schleppkähnen wird eine nahezu lückenlose Provenienz und ein bereits sehr früher Verkauf zugeschrieben. Mutmaßlich hat es zwei Jahre nach seiner Entstehung an einer Versteigerung von Werken Monets, Morisots, Renoirs und Sisleys im Hotel Drouot am 24. März 1875 teilgenommen [Wildenstein 1974, Nr. 268, S. 228]. Auch bei dieser Arbeit im Standardformat P20 auf dünner, cremeweißer Grundierung hat Monet offenbar Kohle zur partiellen Markierung der Komposition eingesetzt (Abb. 8). Hier zeigen sich Übereinstimmungen zur Vorgehensweise bei seinen ebenfalls in der Kölner Sammlung beheimateten, allerdings rund zehn Jahre später entstandenen Gemälden Fischerboote am Strand von Etretat von 1883/84 sowie Häuser in Falaise im Nebel von Nass in nass, doch vorwiegend auch nass auf trocken aufgesetzte, nur die Strukturhöhen streifende Farbaufträge belegen, dass Monet dieses Motiv in mehreren Arbeitssitzungen fortgeführt hat (Abb. 9, 10). Ob dies durchweg in situ geschah oder aber das vor Ort begonnene Bild im Atelier vollendet wurde, bleibt ungewiss. Beide Arbeitsweisen sind für Monet bezeugt [House 1986]. Die technologische Untersuchung des Gemäldes förderte zutage, dass zweifelsfrei schönende Hinzufügungen im Bereich des linken Vordergrundes und rechten Randbereiches vorgenommen wurden (Abb. 4, 12, 13). Diese Farbaufträge von fremder Hand, die durchaus den Duktus von Monets stark ausgestrichenen Pinselstrichen imitieren, zeichnen sich unter UV-Anregung deutlich ab (Abb. 4, 13). Eine Firnisschicht trennt die Übermalungen vom darunterliegenden Original, mit dem sie das Altersprungnetz nicht teilen. Möglicherweise wurden diese Partien zuvor als unvollständig oder eintönig empfunden. Die im Œuvrekatalog verwendete Abbildung des Gemäldes geht auf eine undatierte, jedoch ab 1928 mögliche Schwarz-Weiß-Fotografie der Galerie Durand-Ruel zurück und zeigt den Zustand des Gemäldes vor dem zeitlich nicht zu bestimmenden Eingriff, der auch die Rezeptionsgeschichte dieses Gemäldes spiegelt (Abb. 13). Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

3 Bildträger Textil Standardformat Bindungsart Gewebecharakterisierung Aufspannung Keil-/Spannrahmen Keil-/Spannrahmentiefe P20 (73,0 x 54,0 cm) horizontal Leinwandbindung Aussagen aufgrund Doublierung nur beschränkt möglich: sehr feines, dichtes Gewebe; senkrecht und waagerecht etwa 27 Fäden/cm; Fadenstärke 0,2-0,4 mm; Z-Drehung nicht authentisch; Spannränder im Zuge einer Doublierung entfernt Keilrahmen mit Mittelstrebe, vermutlich authentisch; Röntgenaufnahme zeigt einige verbliebene Nägel, die auf Wiederverwendung schließen lassen; Eckverbindungen durch jeweils einen Nagel gesichert 2,0 cm Herstellungs-/Bearbeitungsspuren rückseitige Kanten zu den Außenseiten hin auf einer Breite von 1,0-1,5 cm um 1-2 mm gebrochen; in den Ecken finden sich manuelle Markierungen zur Ausarbeitung der Holzverbindungen Hersteller-/Händlerzeichen unbestimmt (nicht einsehbar) Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

4 Grundierung Vorleimung Farbigkeit Auftrag Bindemittel Beschaffenheit vorhanden (Glutinleim?) Weiß (gelblich) vermutlich einschichtiger Auftrag vor Zuschnitt und Aufspannung; Grundierung folgt deutlich der Oberflächenstruktur des Trägers, ggf. Auftrag mit dem Pinsel (Abb. 7) vermutlich Öl in der Farbigkeit sehr homogene Grundierungsmasse mit gleichbleibend belebter Oberflächenstruktur; leicht transparente Wirkung, lediglich vereinzelte, gelb-orangefarbene Partikel erkennbar (Ocker?) Kompositionsplanung/Unterzeichnung/Untermalung Mittel/Medium Kohle(?) (Abb. 8) Umfang/Charakter lediglich bei mikroskopischer Untersuchung finden sich punktuell Spuren von Kohlepartikeln, die auf eine sehr spärliche, nur skizzenhafte Unterzeichnung schließen lassen Pentimenti möglicherweise hat Monet eine zeichnerische Korrektur der Bildanlage auch während des Malprozesses vorgenommen, diese Beobachtung ist singulär und nicht ganz eindeutig zu interpretieren; doch in die Farbschicht eingebettete sowie aufliegende Kohlepartikel im Bereich des vorderen Kahns lassen darauf schließen (Spiegelung des Ruders im Wasser) Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

5 Malschicht Farbauftrag/Malweise und autographe Überarbeitungen Auftragswerkzeuge Oberflächenstruktur Farbpalette Bindemittel Malerei wurde offenbar in mehreren Sitzungen mit Arbeitsunterbrechungen geschaffen, es sind sowohl nass in nass gearbeitete Bereiche wie nass auf trocken aufgesetzte Pinselstriche ablesbar (Abb. 9, 10); in der Partie des Himmels wurde die Farbe sehr dünn aufgetragen, stark ausgestrichen und vertrieben, in der übrigen Malerei dominieren körperhafte Aufträge, besonders in weiß ausgemischten Farben (Abb. 3); charakteristisch erscheinen trocken wirkende, nur die Strukturhöhen streifende Pinselstriche (Abb. 10) Flachpinsel verschiedener, eher schmaler Strichbreiten bis maximal 0,7 cm, vorwiegend 0,5 cm breite Striche; vereinzelt auch Einsatz des Spitzpinsels; zahlreiche Pinselhaare in die Farbschichten eingebettet (Abb. 11) sehr variabel, von dünnen, wenig körperhaften Farbaufträgen bis hin zu teils sehr pastosen Farbapplikationen; Strukturen durch Doublierung etwas verpresst Farbtöne dem mikroskopischen Augenschein nach: Weiß, helles Gelb, mittleres Gelb; Orange-Gelb, kräftiges Orange, dunkler Rotlack, helles Rot, mittleres Rot, mittleres Blau, grünliches Blau, Dunkelgrün, mittleres Grün, Braun, Schwarz (nur als Beimischung) VIS-Spektrometrie: Chromgelb(?), Cadmiumgelb(?), roter Farblack, Eisenoxidrot(?), Zinnober(?), Ultramarinblau(?), Berliner Blau(?), Coelinblau, Chromoxidhydratgrün, Kupfergrünpigment vermutlich Öl Oberflächenabschluss Authentizität/Zustand gefirnisst; nicht authentisch Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

6 Signatur/Stempel Zeitpunkt Eigenhändig nach Abschluß der Malerei auf die durchgetrocknete blaue Farbschicht mit einem Pinsel und homogener, dunkelgrauer bis schwarzer Farbe (Abb. 6) Pinsel stark ausgestrichen, Schriftzug stimmt in Ausrichtung und Schriftart mit Monets Signaturen der Zeit überein [David 2006] Seriell Zierrahmen Authentizität nicht original Erhaltungszustand Umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen (Doublierung, Firnisabnahme) mit späteren Hinzufügungenzu unbestimmtem Zeitpunkt nach 1928, Ausmaß der Übermalungen gut unter UV-Fluoreszenz ablesbar und dokumentierbar (Abb. 4, 12, 13); der ursprüngliche Zustand wird mit Hilfe einer historischen Abbildung nach 1928 erkennbar (Abb. 13); auf der Röntgenaufnahme werden zwei kleinere Durchstoßungen sichtbar (Abb. 5); nachfolgende Firnisabnahme reduzierte bereits auch die Übermalungen von fremder Hand; partielle Bereibungen der Farbschicht. Sonstige Bemerkungen Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

7 Literatur Budde/Schaefer 2001: Rainer Budde, Barbara Schaefer, Miracle de la couleur (Ausst.kat. Köln Wallraf- Richartz-Museum & Fondation Corboud, 8. September - 9. Dezember 2001), Köln 2001, Kat. Nr. 115, S. 262 f., m. Abb. David 2006: Jeanne-Marie David, De la naissance d un nom à l evidence d un style. Une etude de la signature de Claude Monet ( ), Mémoire de recherche appliquée, Paris 2006, unveröffentlichte Diplomarbeit an der École du Louvre, Paris House 1986: John House, Monet. Nature into art, New Haven/London 1986 Wildenstein 1974: Daniel Wildenstein, Claude Monet. Biographie et catalogue raisonné, Lausanne/ Paris 1974, Bd. 1: (Peintures), Nr. 269, S. 228 f., m. Abb. Wildenstein 1996: Daniel Wildenstein, Monet oder der Triumph des Impressionismus. Catalogue Raisonné, Köln 1996, Bd. II, S. 116, Nr. 269, m. Abb. Abbildungsnachweis Abb. 14: Unter Verwendung einer historischen Fotografie der Galerie Durand-Ruel Alle weitere Abbildungen Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud Angewendete Untersuchungsmethoden 3 Auflicht 3 Vis-Spektroskopie 3 Streiflicht Holzanatomische Bestimmung Reflexlicht FTIR 3 Durchlicht EDX 3 Ultraviolett-Fluoreszenz Mikrochemische Analyse 3 Infrarotreflektographie 3 Falschfarben-Infrarotreflektographie 3 Röntgen 3 Stereomikroskopie Autor Untersuchung: Katja Lewerentz Datum: 02/2005 Autor Kurzbericht: Katja Lewerentz Datum: 08/2008 Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

8 Abb. 1 Vorderseite Abb. 2 Rückseite, doubliert Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

9 Abb. 3 Streiflicht Abb. 4 UV-Fluoreszenz-Aufnahme Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

10 Abb. 5 Röntgenaufnahme Abb. 6 Detail, Signatur Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

11 Abb. 7 Dünne Grundierung, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm) Abb. 8 Unterzeichnung mit Kohle(?), Mikroskopaufnahme (M = 1 mm) Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

12 Abb. 9 Nass in nass aufgetragene Farben, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm) Abb. 10 Detail, zahlreiche Pinselstriche, die sich nicht mit unterliegenden Farbaufträgen durchmischen, also nach Trocknungszeiten, d.h. nass auf trocken aufgetragen wurden Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

13 Abb. 11 In der Farbschicht eingebettete Pinselhaare, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm) Abb. 12 Detail gleichen Ausschnitts am rechten Bildrand unter UV- Anregung (links) und im Auflicht, von fremder Hand hinzugefügte Farbaufträge, Mikroskopaufnahme oben rechts, Craquelé der originalen blauen Farbschicht setzt sich nicht in den grünen, späteren Farbaufträgen fort (M = 1 mm) Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln

14 Abb. 13 Umfang der von fremder Hand hinzugefügten Farbaufträge: aktueller Zustand im Auflicht (oben), Kartierung der Übermalungen in UV-Anregung) (mitte), historische Fotografie, Galerie Durand-Ruel, Paris, undatiert, Zustand des Gemäldes nach 1928 (unten) Forschungsprojekt Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus, Online-Publikation Köln