Großer Wurf für Softing: Die neue Nummer 1 im US-Markt

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1 MANAGEMENT I N T E R V I E W IM INTERVIEW Dr. Wolfgang Trier Vorstandsvorsitzender, Softing AG, Deutschland Großer Wurf für Softing: Die neue Nummer 1 im US-Markt Softing übernimmt die US-Gesellschaft Online Development Inc. (OLDI) für 20 bis 30 Millionen Dollar. Mit der neuen Konzerntochter sichern sich die Oberbayern im Bereich Fabrikautomation die führende Position im bedeutenden US-Markt. Als Reaktion auf die strategische Akquisition hat Warburg Research sein Kursziel für die Softing-Aktie auf 20 Euro erhöht. Softing-Vorstandschef Dr. Wolfgang Trier zeigt sich im financial.de-interview überzeugt: Mittelfristig stehen wir vor einer Neubewertung. Interview Softing AG financial.de: Herr Dr. Trier, der Kaufpreis für Online Development Inc. (OLDI) liegt bei 20 bis 30 Millionen US-Dollar. Welcher Anteil davon wird sofort nach Inkrafttreten des Kaufvertrags fällig Zuletzt hatten Sie nur 7,7 Mio. Euro in der Kasse, werden Sie zur Finanzierung auf eine Kapitalerhöhung zurückgreifen Dr. Trier: Sofort nach Inkrafttreten werden rund 20 Millionen Dollar fällig. Weitere 10 Millionen Dollar sind denkbar, wenn OLDI in den nächsten Jahren recht anspruchsvolle Ziele erreicht. Die Finanzierung haben wir auf eine Mischung aus Einsatz unserer Barmittel und einer Fremdfi nanzierung durch Banken aufgebaut. Aufgrund unseres sehr guten Ratings erfolgt die Finanzierung zu recht günstigen Zinssätzen. Ein Rückgriff auf Kapitalmaßnahmen ist derzeit nicht geplant und 1

2 wäre nur denkbar, wenn sich bei der Integration von OLDI neue Chancen ergäben, die erhebliche Vorfi nanzierungen nötig machen sollten. financial.de: OLDI ergänzt in nahezu idealer Weise das Produktportfolio von Softing im Kernbereich des Segments Industrial Automation, heißt es in Ihrer Adhoc. Was heißt das konkret für Ihre Marktstellung und die Wettbewerbssituation in den USA Dr. Trier: In unserem Bereich Industrial Automation unterscheiden wir zwischen der Prozessautomation und der Fabrikautomation. Im ersteren Fall haben wir bereits eine führende Stellung in unserer Industrie, die etwa durch neue, mit erhöhtem Explosionsschutz zugelassene Produkte weiter ausgebaut wird. Bei der Fabrikautomation ist der Wettbewerb sehr viel breiter gefächert, und auch Softing war bisher nur einer von vielen Anbietern. Hier bringt uns die neue Konzerntochter auf einen Schlag im großen amerikanischen Markt auf die führende Position unter den Wettbewerbern. Damit gelingt auch zeitlich die Verzahnung zwischen dem starken Ausbau unserer amerikanischen Vertriebspräsenz und der Verfügbarkeit einer breiten Palette neu hinzugekommener Produkte. financial.de: Welche Wachstumsraten peilen Sie in Übersee an Wie wird sich die OLDI-Übernahme mittelfristig auf die Margenentwicklung bei Softing auswirken Dr. Trier: Wir gehen davon aus, dass wir im Bereich der Fabrikautomation nach erfolgter Integration aufgrund der Synergieeffekte zweistellig wachsen werden. Dies setzt aber vor allem im laufenden Jahr erhebliche Vorleistungen voraus, etwa die Aufgabe von direkt umsatz- und ergebniswirksamen Kundenprojekten hin zu Technologie- und Produktanpassungen, die meist nicht aktiviert werden. Daher gehen wir für 2014 davon aus, dass die Übernahme in Summe keinen zusätzlichen Ergebnisbeitrag schaffen wird, obwohl OLDI grundsätzlich vergleichbare Margen wie Softing erwirtschaftet. Mittelfristig rechnen wir mit einem Anstieg der Margen. OLDI arbeitet mit operativen Margen im zweistelligen Prozentbereich auf dem Niveau von Softing. Aufgrund der Synergieeffekte strebt Softing im Bereich Fabrikautomation nach erfolgter Integration zweistellige Wachstumsraten an. Mittelfristig rechnet Dr. Trier mit einem Anstieg der Margen. 2

3 financial.de: Sie sprechen von wesentlichen Strukturänderungen durch die Übernahme: Welche weiteren Veränderungen planen Sie Dr. Trier: Neben den vorstehend genannten Aufwendungen in der Technik müssen wir das Geschäft mit OEM-Kunden, das direkte Endkundengeschäft und den über Kanäle betriebenen indirekten Vertrieb neu ordnen. Auch gilt es, die beiden heute bestehenden amerikanischen Töchter bei den internen Prozessen sowie im Außenauftritt aufeinander abzustimmen. Man wird auch bisher genutzte Kennzahlen auf ihre Wirksamkeit zur Unternehmenssteuerung hinterfragen müssen. Das amerikanische Steuerrecht bietet Möglichkeiten zur steuerwirksamen Abschreibung der Erwerbskosten gegenüber dem erwirtschafteten Gewinn. Dies senkt den Vorsteuergewinn, aber auch die Steuerlast und steigert somit die im Unternehmen verbleibende Liquidität. Wir werden uns also zukünftig stärker am EBITDA oder EBITA orientieren. Die bisher überwiegend eingesetzte Steuergröße EBIT verliert an Aussagekraft. financial.de: Im ersten Quartal ist Softing organisch um 13 Prozent und damit stärker als der Markt gewachsen. In welchen Bereichen haben Sie Marktanteile hinzugewonnen Dr. Trier: Ich rate immer zur Vorsicht bei der Interpretation von Quartalszahlen. Darin sind oft schlichte Verschiebungen und zeitlich begrenzte Sondereffekte enthalten. Wir hatten eine sehr gute Entwicklung bei den Umsätzen im Bereich der Industrieautomation wie auch im margenstarken Automobilbereich. Ob wir dabei dauerhaft Marktanteile hinzugewonnen haben, würde ich erst zum Jahresende auf Basis von vier Quartalen beurteilen wollen. Bisher war Softing im Bereich Fabrikautomation nur einer von vielen Anbietern: Die neue Konzerntochter bringt uns auf einen Schlag im großen amerikanischen Markt für Fabrikautomation auf die führende Position unter den Wettbewerbern. Damit gelingt auch zeitlich die Verzahnung zwischen dem starken Ausbau unserer amerikanischen Vertriebspräsenz und der Verfügbarkeit einer breiten Palette neu hinzugekommener Produkte. 3

4 financial.de: Einige margenstarke Lieferabrufe durch Großkunden verschieben sich ins zweite Halbjahr. Was ist hier der Grund Dr. Trier: In einem unserer margenstärksten Bereiche, den Produkten für die Öl- und Gasindustrie, hat sich bei zwei Großkunden der Aufbau von Produkten für deren technische Infrastruktur verzögert. Damit wurden die für das erste Halbjahr geplanten Produktabrufe auf das dritte und vierte Quartal verschoben. Das hinterlässt zusammen mit Sonderbelastungen aus Übernahmen unschöne Spuren im ersten und zweiten Quartal. Aufgrund der bestehenden Lieferverträge erwarten wir diese Umsätze aber alle noch im laufenden Jahr. financial.de: Sie betonen, dass durch die OLDI-Übernahme für Softing die konjunkturelle Abhängigkeit vom europäischen Markt sinkt. Verspüren Sie in Europa schon erste Anzeichen einer konjunkturellen Abkühlung Dr. Trier: Im Segment Industrial Automation sehen wir im ersten Halbjahr in Europa kein weiteres Wachstum. Dies lässt sich auch aus unseren Kontakten zu Kunden und Wettbewerbern ableiten. Es ist aber zu früh, daraus schon eine anhaltende konjunkturelle Abkühlung abzuleiten. Überlagerte saisonale Effekte oder Neuprojekte bei Großkunden haben solche Kurztrends häufi g wieder neutralisiert. Im Segment Automotive Electronics freuen wir uns derzeit über eine recht gute Nachfragesituation. financial.de: Wann werden Sie eine neue Jahresprognose für 2014 veröffentlichen Dr. Trier: Derzeit gilt die bestehende Prognose. Eine Neubewertung kommt sicher nicht vor dem dritten Quartal. Während Veränderungen auf der Umsatzseite noch vergleichsweise leicht einzuschätzen sind, ist die Bewertung von Änderungen auf der Ertragsseite aufgrund einer viel komplexeren Steuersituation und der Abschreibung von Firmenwerten ungleich schwieriger. Klar ist aber heute schon, dass wir neue Kennzahlen zur Messung unseres Erfolgs werden nutzen müssen. Die bisher hauptsächlich genutzte Zielgröße EBIT kann die neue Situation nicht mehr ausreichend abbilden. financial.de: Inklusive OLDI nähern sich die Konzernerlöse von Softing der Marke von 80 Millionen Euro. Damit rückt das mittelfristige Ziel von 100 Mio. Euro in greifbare Nähe. Planen Sie weitere Zukäufe in den nächsten Monaten oder genießt die Integration zunächst oberste Priorität Dr. Trier: Nachdem wir fast zwei Jahre den Markt abgeklopft haben, sind in den letzten fünf Monaten drei Transaktionen zusammengekommen, die wir auch alle ohne Kapitalmaßnahmen stemmen konnten. Dadurch sieht jeder, dass wir unser Ziel von 100 Millionen Euro Jahresumsatz in den nächsten Jahren erreichen werden. Die Integration der zugekauften Unternehmen und Produkte hat nun in 4

5 jedem Fall erste Priorität und wird sich über 1-2 Jahre erstrecken. Wir suchen derzeit nicht mehr aktiv nach Akquisitionsobjekten, was aber nicht bedeutet, dass wir bei wirklich guten Chancen wegschauen werden. Finanziell wären wir durchaus noch handlungsfähig. Die bei Integrationen gebundenen internen Kräfte sind es, die momentan weitere Zukäufe eng begrenzen. financial.de: Kommen wir abschließend auf die Softing-Aktie zu sprechen. Die Börse hat die OLDI-Übernahme positiv aufgenommen, dennoch notiert die Aktie noch deutlich unter dem Jahreshoch von 17,21 Euro. Warburg Research hat sein Kursziel auf 20 Euro erhöht. Was erwarten Sie Dr. Trier: Kurzfristig ist das schwer zu prognostizieren, mittelfristig ist es ganz sicher so, dass wir vor einer Neubewertung stehen. Wir sind nicht nur vom Umsatz- und Ertragspotenzial massiv gewachsen. Wir werden in der Industrieautomation spätestens in 2015 mehr als 50 Prozent unseres Umsatzes außerhalb Europas machen. Damit sind wir von den Risiken der europäischen Wirtschaftsentwicklung ein Stück weit entkoppelt, nehmen aber am erhofften Wachstum dennoch teil. Nach Abschluss der Integration von OLDI werden wir im Kreis unserer Mitbewerber als einziger das sein, was schon lange meine Vision war: eine wirklich international aufgestellte Firmengruppe mit Zentrale in Deutschland. Das legt die Grundlage für eine zukünftige Entwicklung, die noch in ganz andere Dimensionen reichen kann. financial.de: Herr Dr. Trier, vielen Dank für das Interview. Haftungsausschluss/Disclaimer: Das Interview wurde von fi nancial.de im Auftrag und auf Veranlassung des Kunden geführt. Es dient ausschließlich zu Informationszwecken und ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die darin getroffenen Aussagen spiegeln die Meinung des Interviewten wider, die nicht notwendigerweise der Meinung der Redaktion entspricht. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für Vermögensschäden wird daher keinerlei Haftung übernommen. 5