ZWISCHENBERICHT GZ. BMVIT /0002-IV/BAV/UUB/LF/2016. Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes Bereich Zivilluftfahrt

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1 ZWISCHENBERICHT ÜBER DEN FLUGUNFALL MIT DEM Hubschrauber der Type R-22 BETA II am um ca. 14:20 Uhr UTC in 3072 Mitterfeld 121, Gemeinde Kasten, Bezirk St. Pölten Land, Niederösterreich GZ. BMVIT /0002-IV/BAV/UUB/LF/2016 Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes Bereich Zivilluftfahrt Die Untersuchung erfolgte in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr.996/2010 und dem Unfalluntersuchungsgesetz, BGBI.Nr. 123/2005 in der geltenden Fassung. Zweck der Untersuchung ist ausschließlich die Feststellung der Ursache des Unfalles oder der schweren Störung zur Verhütung künftiger Unfälle oder schwerer Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens oder der Haftung. Zur weitgehenden Wahrung der Anonymität der an dem Unfall oder der schweren Störung beteiligten natürlichen oder juristischen Personen unterliegt der Zwischenbericht inhaltlichen Einschränkungen. Bei den verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter. Alle in diesem Zwischenbericht angegebenen Zeiten sind in UTC angegeben (Lokalzeit 2 Stunden). Bundesanstalt für Verkehr Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes, Bereich Zivilluftfahrt (SUB/ZLF) Postanschrift: Postfach 207, 1000 Wien Büroadresse: Trauzlgasse 1, 1210 Wien T: +43(0) DW , F: +43(0) DW , E: fus@bmvit.gv.at

2 Flugunfall vom Zwischenbericht Seite 2 von 7 Flugzeughersteller: Robinson Helicopter Company, USA Musterbezeichnung: R-22 Beta II Staatszugehörigkeit: Österreich Luftfahrzeughalter: Luftfahrzeugunternehmen Unfallort: 3072 Mitterfeld 121, Gemeinde Kasten, Bezirk St. Pölten Land, Niederösterreich Koordinaten (WGS 84): N , O Ortshöhe über Meer: 300 m Datum und Zeitpunkt: , 14:20 Uhr (Zeiten in UTC = Lokalzeit minus 2 Std.) Lichtverhältnisse: Tag Der Pilot startete mit einem Hubschrauber der Type Robinson R-22 am von Kilb in Niederösterreich mit einem Passagier zu einem Rundflug. Über Mitterfeld, Gemeinde Kasten begann sich der Hubschrauber um seine vertikale Achse zu drehen. In weiterer Folge begann der Hubschrauber einen Sinkflug und schlug auf dem Dach eines Wohnhauses und anschließend am Boden auf. Der Pilot und der Passagier wurden schwer verletzt, das Luftfahrzeug wurde zerstört. Der Bereitschaftsdienst der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes, Bereich Zivilluftfahrt wurde am um 12:28 Uhr von der Such- und Rettungszentrale über den Vorfall informiert. Gemäß 8 Unfalluntersuchungsgesetz 2005 wurde vom Untersuchungsleiter eine Untersuchung des Vorfalles eingeleitet und die Sicherstellung der Beweismittel angeordnet. Gemäß Anhang 13 zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt wurden die Vereinigten Staaten von Amerika als Herstellerstaat des Hubschraubers verständigt und zur Entsendung eines Beobachters eingeladen. Es nahmen keine Personen anderer Staaten an der Untersuchung teil. Ereignisse und Flugverlauf Der Flugverlauf und der Unfallhergang wurden aufgrund der Aussagen der Luftfahrzeuginsassen sowie der Radardaten in Verbindung mit den Erhebungen der Polizei und der Mitarbeiter der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes Bereich Zivilluftfahrt (SUB/ZLF) wie folgt rekonstruiert: Der Pilot startete am um 12:00 Uhr mit einem Passagier vom Hubschrauberlandeplatz Kilb mit einem Hubschrauber der Type Robinson R-22 zu einem privaten Rundflug zum Ötscher. Der Flug führte zunächst nach Obergrafendorf, weiter nach Wilhelmsburg und von dort direkt nach Kasten. Dabei wollte der Pilot vor dem Weiterflug zum Haus eines Bekannten in Kasten fliegen. Im Bereich Kasten flog der Pilot ca. in m über Grund zwei bis drei Vollkreise, wobei die Angaben über die Drehrichtung unterschiedlich sind. Nach Aussage des Piloten und des Passagiers wurde die Drehung unkontrollierbar. Der Pilot versuchte durch volles Gegenseitenruder die Drehung zu beenden, was jedoch nicht gelang. Der Pilot entschied sich zu einer Notlandung. Beim anschließenden Sinkflug verringerte sich die Drehgeschwindigkeit. Beim Abfangen in Bodennähe begann der Hubschrauber wieder stärker zu drehen. Der Pilot konnte die Kollision mit einem Wohnhaus nicht verhindern. An den weiteren Unfallhergang können sich weder der Pilot noch der Passagier erinnern.

3 Flugunfall vom Zwischenbericht Seite 3 von 7 Der Hubschrauber schlug um ca. 12:20 UTC auf dem Dach des Wohnhauses 3072 Mitterfeld 121, in weiterer Folge am Vordach des Einganges und schließlich auf der geschotterten Zufahrt zur, neben dem Haus befindlichen, Garage hart auf. Die Drehbewegungen und der Sinkflug des Hubschraubers wurden von mehreren Zeugen beobachtet und der Aufschlag des Hubschraubers wurde ebenfalls von mehreren Zeugen vernommen. Die Insassen wurden schwer verletzt, das Luftfahrzeug wurde zerstört. Es entstanden Schäden am Dach und dem Vordach des Wohnhauses in 3072 Mitterfeld 121, Gemeinde Kasten. Pilot: Alter / Geschlecht: 36 Jahre, männlich Art des Zivilluftfahrerscheines: PPL (H) Berechtigungen Muster-/Typenberechtigung: R-22 Gültigkeit: Am Unfalltag gültig Medical Certificate 2/LAPL gültig Sprechfunkzeugnis Eingeschränktes Sprechfunkzeugnis Flugerfahrung (inkl. Unfallflug) Gesamt: 74:19 h bei 431 Starts Davon im letzten Jahr: 4:46 h bei 25 Starts davon in den letzten 90 Tagen: 1:25 h bei 1 Start davon in den letzten 30 Tagen: 1:25 h bei 1 Start davon in den letzten 24 Stunden: 0:20 h bei 1 Start (Unfallflug) Sitzposition: Rechter Sitz Passagier: Sitzposition: Linker Sitz Der Hubschrauber wurde während des gesamten Unfallfluges vom Piloten gesteuert. Anton Wildberger Foto: Hubschrauber im Originalzustand

4 Flugunfall vom Zwischenbericht Seite 4 von 7 Hersteller: Robinson Helicopter Company, USA Werknummer / Baujahr: 3032 / 1999 Gesamtbetriebsstunden: 4112 h Triebwerk(e) Type: O-360-J2A Hersteller: Textron Lycoming Werknummer / Baujahr: L A / 1999 Betriebsstunden: 4113 h TSN, 1923 h TSO Bordpapiere, Ordnungszahl 4260, ausgestellt von Austro Control: - Eintragungsschein Nr. 4260, ausgestellt am Lufttüchtigkeitszeugnis, ausgestellt am Verwendungsbescheinigung, ausgestellt am Grundschulungsflüge, Außenlast- Frachttransporte, Flüge nach Sichtflugregeln bei Tage, Flüge nach Sichtflugregeln bei Nacht - Nachprüfbescheinigung, ausgestellt am , Zeitpunkt der nächsten periodischen Nachprüfung Lärmzulässigkeitsbescheinigung, ausgestellt am Bewilligung für eine Luftfahrzeugfunkstelle, ausgestellt am 16. Mai 2011 vom Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und das Burgenland, gültig bis 31. Mai Nachweis der gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen: - Allianz Global Corporate & Speciality SE Branch Office Austria, Pol.Nr. ATA B, ausgestellt am , gültig bis Der Schwerpunkt des Hubschraubers lag während des gesamten Fluges innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen. Die Masse des Luftfahrzeuges befand sich zum Unfallzeitpunkt im Bereich des maximal zulässigen Abfluggewichtes. Der Hubschrauber wurde mit dem Treibstoff AVGAS 100LL betrieben. Diese Kraftstoffart war für den Hubschrauber zulässig. Laut den vorliegenden Unterlagen und der Aussage des Piloten wurden vor dem Flug 60 Liter AVGAS 100 LL getankt. Damit war das Luftfahrzeug laut Anzeige der Tanks ca. zu ¾ vollgetankt. Das Luftfahrzeug wurde aus Gewichtsgründen nicht vollgetankt. Flugwetter Wettervorhersage: FXOS41 LOWW Flugwetterübersicht Österreich, gültig für den Donauraum und die Regionen nördlich der Donau sowie Alpenvorland und Alpenostrand, herausgegeben am Sonntag, um 00:00 Uhr lct. Vorhersage bis morgen Früh. WETTERLAGE: Österreich liegt am Südrand einer westlichen Höhenströmung. Am Boden ist die Druckverteilung recht flach. Südlich der Alpen lagert weiterhin die labile Warmluft. Nachtsüber nähert sich aus Nordwesten eine atlantische Kaltfront.

5 Flugunfall vom Zwischenbericht Seite 5 von 7 Wetterablauf: Am Morgen und Vormittag reichliche tiefe und mittelhohe Bewölkung. Gute Sichten. Im Bergland am Alpenostrand nach Süden hin lokale letzte Schauer. Um die Mittagszeit Übergang in wechselnd aufgelockerte Quellwolken. Am Nachmittag bilden sich in der Luftmasse lokale Gewitter, die sich in der ersten Nachthälfte bald zurückbilden. Wind und Temperatur in der freien Atmosphäre für heute 14:00 Uhr lct: 5000ft amsl 190/10-15kt 9 Grad C 10000ft amsl 240/15kt 0 Grad C Nullgradgrenze: 10000ft amsl Zusatzhinweise IFR: Tops der Restwolken am Morgen und Vormittag im Osten FL140 mit leichter Vereisung oberhalb von FL090. Im Westen Tops FL Tops der lokalen Gewitter am Nachmittag bis um FL360. In der kommenden Nacht Restwolken mit Tops im Westen FL140, im Osten FL080. Zusatzhinweise VFR: Untergrenzen am Morgen und Vormittag ft MSL, am Nordrand der Alpen lokal etwas tiefer. Sichten km. Ab Mittag wechselnd aufgelockerte Quellwolken mit Basis um 6000ft MSL. Am Nachmittag lokale Sichteinschränkungen durch Gewitter, vor allem über dem Bergland. In der ersten Nachthälfte bilden sich die Gewitter bald zurück, Restwolken mit Basis ft MSL. Zusatzhinweise Thermik/Wellen: Aktive, labile Luft mit Restwolken am Morgen und Vormittag. Am Nachmittag lokale Überentwicklungen. Zusatzhinweise Ballonfahrten: Am Morgen schwacher Wind aus Nordwest bis Nordost. Am Nachmittag im Osten aufkommender Südostwind. Im Westteil Ostwind, der bis weit in den Abend anhält. Gestörtes Windfeld durch lokale Gewitter. Am Montagmorgen schwacher Wind aus uneinheitlichen Richtungen. Detaillierte Vorhersagen über Höhenwind, Höhentemperaturen und QNH entnehmen Sie bitte unseren grafischen Vorhersagekarten. Diese Vorhersage wird bei abweichender aktueller Entwicklung nicht berichtigt. Die nächste planmäßige Aktualisierung erfolgt am Sonntag, um 14:00 Uhr lct. Aktuelle Wetterbedingungen METAR LOXT Tulln/Langenlebarn: METAR LOXT Z NIL= METAR LOXT Z 11008KT 070V150 50KM FEW045CU BKN300CI 22/11 Q1018 RMK BKN= METAR LOXT Z 12011KT 60KM FEW045CU BKN300CI 22/11 Q1018 RMK BKN= Der Pilot sagte aus, dass der Flug in ruhigem, sonnigem Wetter stattfand. Es herrschte Tageslicht. Sonnenstand: Azimut: 221 Höhe: 59 Der Einbau eines Flugdatenschreibers war nicht vorgeschrieben und es war auch kein Flugdatenschreiber oder ein anderer Datenschreiber im Hubschrauber eingebaut.

6 Flugunfall vom Zwischenbericht Seite 6 von 7 Foto: Verunfallter Hubschrauber am Unfalltag am Unfallort Der Hubschrauber lag auf dem geschotterten Zufahrtsbereich zu einer Garage eines Wohnhauses neben einer unbenannten Gemeindestraße. Das Luftfahrzeug kollidierte zunächst mit der Ostseite des Daches des Wohnhauses, anschließend mit dem darunter liegenden Vordach des Eingangsbereiches und schließlich mit dem Boden im Bereich des geschotterten Zufahrtsbereiches zur Garage. Das Wrack des Hubschraubers lag auf der rechten Rumpfseite ca. in Richtung 110. Das Wrack wurde an der Unfallstelle und ca. bis maximal 30 m im Umkreis davon insgesamt komplett aufgefunden. Ein Hauptrotorblatt war abgetrennt und befand sich unmittelbar neben dem Hauptwrack. Der Heckrotor und der hinterste Teil des Heckrotorauslegers waren abgetrennt und die kompletten Teile davon wurden am Dach des Wohnhauses sowie im oben genannten Umkreis des Wohnhauses aufgefunden. Die rechte Kufe des Landegestells war abgebrochen. Der vordere Cockpitbereich war weitgehend zerstört. Der Instrumentenpilz war aus dem Hubschrauber gebrochen und noch durch Kabeln mit dem Hauptwrack verbunden. Aus den Tanks war Treibstoff ausgetreten. Aus dem Luftfahrzeug wurden ca. 20 Liter Treibstoff in einem Kanister aufgefangen. Es wurde eine Treibstoffprobe entnommen. Anzeigen im Cockpit: Flughöhe: 1000 ft Geschwindigkeit, Tankanzeigen, Zylinderkopftemperatur, Öltemperatur: 0 Mixture: Rich

7 Flugunfall vom Zwischenbericht Seite 7 von 7 Kreiselkompass: 173 Variometer: +700 ft/min Master Battery, Carburetor heat, Pitot heat, Nav. lights: Off Zündung: Aus Strobe Lights: On Zeit: 12:20:22 Uhr Der Lasthaken war nicht eingebaut. Es gibt keine Hinweise auf eine physiologische oder gesundheitliche Beeinträchtigung des Piloten. Es brach kein Brand aus. Am linken Sitz waren die Steuerungselemente des Hubschraubers ausgebaut. Der betriebsbereite Notsender wurde durch den Absturz aktiviert, die gesendeten Notsignale wurden von den dafür vorgesehenen Stellen registriert. Der sendende Notsender wurde noch an der Unfallstelle ausgeschaltet. Nachdem der Unfall von mehreren Zeugen gehört wurde, wurden von diesen unmittelbar nach dem Unfall die Einsatzkräfte telefonisch alarmiert. Der Pilot schaltete nach dem Absturz den Hauptschalter aus. Auf Grund seiner schweren Verletzungen verschlechterte sich anschließend sein Gesundheitszustand rasch, sodass er keine weiteren Handlungen setzen konnte. Die Hauptbatterie des Hubschraubers wurde von den Einsatzkräften ausgebaut. Der Treibstoffhauptschalter wurde durch den Piloten des Rettungshubschraubers ausgeschaltet. Schon kurz nach dem Unfall versorgten eine Krankenschwester und mehrere Ärzte, die alle ortsansässig waren die schwer Verletzten Insassen an der Unfallstelle. Die telefonisch alarmierten Einsatzkräfte trafen anschließend ein. In weiterer Folge wurde der schwer verletzte Pilot mit einem Rettungshubschrauber ins AKH Wien geflogen, der schwer verletzte Passagier wurde mit der Rettung ins LKH St. Pölten transportiert. Für den mittleren Teil des Unfallfluges konnten Radardaten sichergestellt werden. Im Bereich der Unfallstelle fehlten diese Daten auf Grund der geringen Flughöhe und der damit fehlenden Radarabdeckung. Wien, am Bundesanstalt für Verkehr Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes Bereich Zivilluftfahrt Dieser Zwischenbericht wurde gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 vom Leiter der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) 996/2010 in Verbindung mit 14 Abs. 2 und 3 UUG 2005 genehmigt.