Sammlung Historischer Himmelsaufnahmen

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1 Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn Sammlung Historischer Himmelsaufnahmen V E R Ö F F E N T L I C H U N G 18 VIER BEITRÄGE ZU DEM BUCH 200 JAHRE 200 OBJEKTE ZUM JUBILÄUM DER BONNER UNIVERSITÄT M. Geffert ( 2016 / im Druck)

2 1824 Dollond-Refraktor Optisches achromatisches Linsenteleskop mit einer Öffnung von 8.3 cm und einer Brennweite von 152 cm auf einem Stativ aus Mahagoniholz Dieses Teleskop war das erste Fernrohr der Bonner Universitätssternwarte. Karl Dietrich von Münchow ( ), der erste Bonner Professor für Astronomie, erwarb dieses Gerät für die astronomischen Beobachtungen in Bonn. Von Münchow war extra von Jena nach Bonn gekommen, um hier seinen Traum von einer Sternwarte zu verwirklichen. Die englische Firma Dollond galt in dieser Zeit als eine der renommiertesten Firmen für den Bau von Fernrohren. Besonders die üblicherweise störenden Farbfehler hatte man durch Verwendung speziellen Glases bei dem Bau der Frontlinse in den Griff bekommen. Für von Münchow muss es eine große Enttäuschung gewesen sein, dass das Ministerium in Berlin den Bau einer Sternwarte aus finanziellen Gründen aufgab. Erst seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm August Argelander gelang dann der Bau der Bonner Sternwarte mit finanzieller Hilfe des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. Von Münchow verlegte sein Engagement daraufhin auf das Physikalische und Optische Cabinet, das vom Poppelsdorfer Schloß in das heutige Hauptgebäude der Universität umgezogen war. Außerdem hielt er Vorlesungen in Astronomie, Physik und Mathematik. Hinzu kommen seine Seminare für Naturwissenschaften, die er mit einem Kollegen der Mineralogie veranstaltete. Wenn es auch keine neue Sternwarte gab, so hat von Münchow am Alten Zoll in Bonn dennoch immer wieder astronomische Beobachtungen durchgeführt. So konnte er zum Beispiel den Merkurdurchgang von 1832 in Bonn beobachten und die Ergebnisse auch veröffentlichen. Bei einer solchen Beobachtung zieht der Merkur - von der Erde aus gesehen - vor der Sonne her. Transitbeobachtungen von Merkur und vor allem Venus dienten den Astronomen im 19. Jahrhundert zur Bestimmung der mittleren Entfernung zwischen Erde und Sonne, der Astronomischen Einheit.

3 1839 Kometensucher Optisches Fernrohr der Firma Merz mit einer Öffnung von 7.7 cm und einer Brennweite von 65 cm. Ursprünglich hatte der Bonner Astronom Friedrich Wilhelm August Argelander ( ) das Gerät zum Beobachten von Kometen erworben. Das kleine Gerät erlangte nach 1852 als Fernrohr, mit dem Argelander und seine Mitarbeiter die Bonner Durchmusterung geschaffen hatten, Weltruhm. Mit einem ausgesprochen einfachen, aber effektiven Verfahren erfassten die Bonner Wissenschaftler von 1852 bis 1859 mit dem Kometensucher und einer präzisen Pendeluhr die Daten von Sternen. In dieser Zeit war das Teleskop im Südturm der Bonner Sternwarte in der Poppelsdorfer Allee 47 untergebracht erschienen ein dreibändiger Katalog und 48 Sternkarten der Nördlichen Durchmusterung. Die Karten wurden mit Hilfe der Lithografie vervielfältigt und neben den Katalogbänden an etliche Sternwarten in aller Welt verschickt. Die Bonner Durchmusterung war das erste große Sternverzeichnis der Neuzeit. Viele Sterne erhielten in der Bonner Durchmusterung ihre erste Bezeichnung. Daneben wurden auch die genauen Positionen am Himmel und ihre Sternhelligkeiten bestimmt. So konnte mit Hilfe der Bonner Sternkarten der Düsseldorfer Astronom Robert Luther etliche Asteroiden entdecken. Für die Astronomen war Argelanders Durchmusterung auch der Ausgangspunkt zur Erforschung der Natur der Sterne. Mit ihr entdeckte man Kandidaten für nahe Sterne, deren Entfernung man durch Präzisionsmessungen mit dem Bonner Heliometer und anderen Geräten ähnlichen Typs ermittelte. Außerdem konnte man durch die Untersuchung einiger in der Durchmusterung entdeckten, veränderlichen Sterne auch Aussagen über die Größe von Sternen machen. Der berühmte US-amerikanische Astronom Charles Pickering soll 1913 bei der Besichtigung des Fernrohrs der Bonner Durchmusterung mal gesagt haben: Das ist das kleinste Fernrohr der Welt, mit dem das größte astronomische Werk geschaffen wurde.

4 1868 Schwerd sches Photometer Fernrohr zur Bestimmung von Sternhelligkeiten Länge = 135 cm, Öffnung = 6.5 cm Nach Entdeckung der Helligkeitsänderungen einiger Sterne wurde für die Astronomie das Messen der Variationen des Lichtes eines Sterns immer wichtiger. In der Mitte des 19. Jahrhunderts, als Haushalte noch nicht über elektrischen Strom verfügten, erforderte die Messung der Sternhelligkeiten besondere Methoden. Auch die Bonner Astronomen unter Führung von Friedrich Wilhelm August Argelander befassten sich mit der Messung von Sternhelligkeiten und ihren Änderungen. Eines der Geräte, das speziell einem solchen Zweck diente, war das Photometer, das Friedrich Magnus Schwerd ( ) 1868 in Speyer hergestellt hatte. Das Gerät besteht aus einem Hauptrohr aus Messing, in dem der zu untersuchende Stern zu sehen war. Mittels eines kleineren zweiten Rohres konnte ein Vergleichsstern im gleichen Feld abgebildet werden. Vor diesem kleineren Rohr befindet sich ein Rad mit verschiedenen Blenden, mit denen das Licht des Vergleichssterns definiert abgeschwächt werden konnte. Durch Verändern der Blenden des Vergleichsfernrohrs war es möglich, die Helligkeit des Vergleichssterns so anzupassen, so dass beide Sterne gleich hell erschienen. Das menschliche Auge vermag mit hoher Präzision zwei annähernd gleichermaßen helle Sterne vergleichen. Argelander und seine Nachfahren haben in Bonn ein eigenes einfaches Verfahren angewandt, die Stufenschätzmethode: Die Helligkeiten werden hier durch Vergleich mit Sternen im gleichen Feld geschätzt. Da diese Methode keine weiteren Hilfsmittel benötigt, wird sie bis heute vor allem von Amateurastronomen eingesetzt wies Argelander als Erster darauf hin, dass die Beobachtung veränderlicher Sterne ein Arbeitsgebiet der Freunde und Förderer der Astronomie sein könne.

5 1874 Schröder-Refraktor Optisches Teleskop, Fa. Hugo Schröder Öffnung: 16 cm, Brennweite: 193 cm. Über 140 Jahre haben Astronomen der Bonner Universität dieses Fernrohr für unterschiedlichste Aufgaben eingesetzt. Es stellt ein typisches Fernrohr für die visuelle Beobachtung dar. Der Astronom stand bei der Beobachtung hinter dem Fernrohr, blickte durch das Okular und notierte die Beobachtungen oder zeichnete die Objekte hatte Friedrich Wilhelm August Argelander dieses Gerät von der Firma Hugo Schröder in Hamburg erworben. Aber erst unter seinem Nachfolger Eduard Schönfeld konnte das Fernrohr eingesetzt werden. Schönfeld widmete sich zunächst der Erweiterung der Bonner Durchmusterung; 1886 veröffentlichte er ihren südlichen Teil. Dieses Werk beruhte auf Messungen von Sternen mit dem Schröder Refraktor, der hier abgebildet ist. Im Gegensatz zu Argelander hatte Schönfeld die Messungen zu seinem Teil der Durchmusterung ganz alleine durchgeführt. Im Jahr 1956 kam das Teleskop zum damals neu gegründeten Observatorium Hoher List in Schalkenmehren bei Daun in der Vulkaneifel. Hier waren die Wetterbedingungen deutlich besser als in der inzwischen stark angewachsenen Stadt Bonn. In dieser Zeit wurde das Teleskop mit zwei kleineren Kameras bestückt fotografierte der Bonner Astronom Karl Wilhelm Schrick mit einer der Kameras den berühmten Kometen Arend-Roland. Am Observatorium Hoher List nutzten die Bonner Astronomen das Teleskop vielfach zum Testen von kleineren Zusatzgeräten. Nachdem am Observatorium Hoher List 1989 die Studentenpraktika begannen, erhielt das Teleskop eine neue Bedeutung. Als typisches Gerät für visuelles Beobachten diente es Generationen von Studenten dazu, einmal selbst direkt einen ersten Blick auf Mond, Planeten und Sterne zu werfen. Seit der Schließung des Observatoriums Hoher List im Jahre 2012 steht der Schröder-Refraktor als Ausstellungsstück in der Sammlung Historischer Himmelsaufnahmen der Universität in Bonn.

6 1899 Der Doppelrefraktor der Bonner Sternwarte Optisches Teleskop; photographisches und visuelles Rohr Brennweite: etwas mehr als fünf Meter. Linsendurchmesser: 30 cm für das photographische und 36 cm für das visuelle Rohr. Die Anschaffung des Teleskopes geht auf den damaligen Direktor der Bonner Sternwarte, Karl Friedrich Küstner ( ), zurück. Das Teleskop wurde 1899 in einem gesonderten Gebäude im Garten der Bonner Sternwarte in Bonn aufgestellt. Es war das größte astronomische Fernrohr, das je im Bonner Stadtgebiet betrieben wurde. Nach eingehender Prüfung der Objektive bestimmte Küstner an Hand von Sternspektren die Geschwindigkeitskomponenten in Sichtlinie (Radialgeschwindigkeiten) von mehr als 300 Sternen. Seine Messungen gehörten damals zu den genauesten Messungen in der ganzen Welt. Hauptsächlich von 1914 bis 1922 belichtete Küstner mit diesem Fernrohr außerdem über 600 Fotoplatten, die heute noch erhalten sind. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Himmel über Bonn immer heller. Das Teleskop wurde zum Observatorium Hoher List bei Schalkenmehren / Daun in die Eifel gebracht und dort 1965 wieder in Betrieb genommen. Man wiederholte die Küstnerschen Direktaufnahmen, um die Bewegungsverhältnisse von Sternen in Sternsystemen (Sternhaufen) zu studieren. Auch nach Schließung des Observatoriums befindet sich das Teleskop noch in der Eifel und ist heute ein technisches Denkmal. Die Küstnerschen Aufnahmen sind Teil der Sammlung Historischer Himmelsaufnahmen der Bonner Universität und werden noch bei kleineren wissenschaftlichen Projekten verwendet. Am Teleskop am Observatorium Hoher List konnten über viele Jahre zahlreiche Besucher einen direkten Blick auf Mond und die Planeten werfen.

7 In dem Buch erscheinen außer diesen Texten noch Fotografien des Bonner Fotografen Volker Lannert! Die nachfolgenden Fotos sind erst einmal nur einfache Illustrationen der Objekte. Kometensucher Dollond-Refraktor Schröder-Refraktor Schwerd sches Photometer Doppelrefraktor