Public History Ein neuer Master-Studiengang an der Freien Universität Berlin

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1 1 Otto Langels für: SWR 2, Impuls; Public History Ein neuer Master-Studiengang an der Freien Universität Berlin Für die Mod.: Der Studiengang Public History öffentliche Geschichte wird schon seit Jahrzehnten an amerikanischen Universitäten angeboten. Historikern soll sich damit eine Berufsperspektive nicht nur an Schulen oder Hochschulen eröffnen, sondern auch in öffentlichen Räumen wie Medien, Museen oder Gedenkstätten. Zu diesem Wintersemester hat nun erstmals auch eine deutsche Universität den Studiengang Public History eingerichtet. An der Freien Universität Berlin werden Studierende in vier Semestern zu Masters of Public History ausgebildet. Aut. Wer an der Freien Universität Berlin den Masterstudiengang Public History belegen möchte, muß einen überdurchschnittlichen Hochschulabschluss auf Bachelorebene in Geschichte oder einem verwandten Fachgebiet nachweisen. Arno Helwig und Anna Katharina Laschke sind zwei von 18 Studierenden, die in diesem Wintersemester das weiterführende Studium an der FU Berlin begonnen haben. Take 1 Helwig, Laschke 0.40 Ich habe einen Bachelor-Studiengang in Tübingen absolviert, Geschichte im Hauptfach, Ethnologie im Nebenfach, mit einem Modul, das sehr frei gestaltet war. Und mir war schon immer klar, dass ich meinen Master in einer anderen Universität machen möchte, nicht weil Tübingen schlecht ist, sondern einfach weil ich einen Ortswechsel haben wollte. Ich habe keinen so freien Master- Studiengang haben wollen und fand dieses Konzept, im Prinzip wie in einem Klassenverband durchzugehen, sehr interessant.

2 2 Also ich komme auch von der FU, habe auch hier meinen Bachelor studiert, und dass mir eigentlich ich habe damals mit der Lehramtsoption angefangen - immer so ein bißchen die Verbindung zwischen der Geschichtswissenschaft, wie sie hier universitär betrieben wird, und dem, was man so in Schule, Museum, also das, was immer als breite Öffentlichkeit genannt wird, dass oftmals dieser Brückenschlag fehlt. Aut. Den Studiengang hat das Friedrich-Meinecke-Institut der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für zeithistorische Forschung in Potsdam entwickelt. Ein praxisorientiertes Studium wie Public History sei notwendig geworden, weil sich der Arbeitsmarkt in den letzten 20 Jahren stark gewandelt habe, meint Paul Nolte, Professor für Zeitgeschichte an der Freien Universität. Take 2 Nolte 0.25 Alle reden von Museen und Gedenkstätten und von Geschichte in Fernsehserien und in populären Zeitschriften. Der Spiegel oder der Stern, die machen dauernd mit historischen Themen auf. Und das sind ja auch Arbeitsmärkte, da arbeiten Leute als Redakteure, als Angestellte in Museen, die Ausstellungen betreuen, in kleinen Gemeindearchiven, also ein sehr komplexes neues Feld von Berufen, auf die bisher das Studium nicht vorbereitet hat. Aut. Während sich in Ländern wie Frankreich oder den USA das öffentliche Interesse an Geschichte auch auf zeitlich weit zurückliegende Themen wie die französische Revolution oder die amerikanische Unabhängigkeit und den Bürgerkrieg erstreckt, steht in Deutschland das 20. Jahrhundert im Mittelpunkt, das Jahrhundert der Extreme. Darauf ist der neue Studiengang ausgerichtet.

3 3 Take 3 Nolte 0.30 In Deutschland ist das öffentliche Geschichtsbewußtsein sehr stark durch dieses Achsenereignis des Nationalsozialismus und des Holocaust geprägt. Im weiteren Sinne jetzt auch sehr stark seit der Wiedervereinigung durch die Geschichte der DDR, also durch die Auseinandersetzung mit den beiden deutschen Diktaturen. Und das ist in einer solchen dramatischen Weise - das können wir einfach nur beobachten, das haben wir uns ja nicht ausgedacht - in einer so dramatischen Weise bestimmend für das öffentliche Geschichtsbewußtsein, für den Umgang damit, für die mediale Reproduktion von Geschichtsbildern geworden, dass es sich einfach anbietet, da anzusetzen im 20. Jahrhundert. Aut. Allerdings bemängeln Kritiker, der Studiengang konzentriere sich zu sehr auf das 20. Jahrhundert. Die historische Breite werde vernachlässigt, Kernkompetenzen wie Quellenkritik, Archivarbeit und Recherche - das Werkzeug des Historikers gewissermaßen kämen zu kurz. Dagegen verweist Irmgard Zündorf vom Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam, Dozentin in Public History, auf die Voraussetzungen des Studiums. Take 4 Zündorf, Nolte 0.45 Es baut ja auf einen Bachelor-Studiengang auf. Die Studenten müssen geschichtswissenschaftliche Grundlagen beherrschen können, sonst macht es gar keinen Sinn, dass die hier in diesen Studiengang einsteigen, also die Grundlagen müssen ihnen im Bachelor-Studiengang schon vermittelt worden sein, und hier werden die vertieft. Nicht jeder Master-Studiengang deckt alles ab, sondern da spezialisiert man sich nach dem Bachelor. Und da darf man sich auch in einem weiteren Sinn auf die Zeitgeschichte oder das 20. Jahrhundert spezialisieren. Also das Ideal des Universalgelehrten, das ein bißchen auch hinter der Kritik manchmal

4 4 durchschimmerte, ist sowieso eine Schimäre geworden, das lässt sich nicht mehr einholen. Aut. ergänzt Paul Nolte. Um die Studierenden auf ihre spätere Berufstätigkeit vorzubereiten, bietet der Studiengang im Verlauf von vier Semestern eine Reihe praxisorientierter Seminare. Irmgard Zündorf bringt z.b. ihre Berufserfahrung aus Museen und Ausstellungsprojekten ein. Take 5 Zündorf, Nolte 0.40 Wir vermitteln auch, was man in diesen einzelnen Einrichtungen machen kann, welche Möglichkeiten es gibt. Wir laden auch Dozenten ein von außen, aus dem Praxisbereich, damit die über ihre Arbeit berichten und somit schon mal Einblicke vermitteln. Die meisten bewegen sich in der Realität ihrer Jobs relativ weit weg von den Inhalten des Studiums. Das ist im übrigen lange Zeit schon so gewesen und gar nicht so etwas Neues. Und da liegt auch eine große Chance, dafür besser vorzubereiten, damit die Studierenden da auch schneller und gezielter hingehen können und nicht über so lange Umwege, die es vielleicht in der Vergangenheit erfordert hat. Aut. Der neue Studiengang ist indirekt auch eine Kritik des herkömmlichen Universitätsbetriebs, zu theoretisch, zu abstrakt und zu praxisfern wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln. Zudem finden die Studierenden hier ideale Bedingungen vor. Anna Katharina Laschke hat während ihres Bachelor- Studiums mit 60 Kommilitonen in Seminaren gesessen, die für 30 Teilnehmer vorgesehen waren. In Public History ist die Zahl der Studierenden auf 20 begrenzt.

5 5 Take 6 Laschke 0.20 Dieser wirklich nahe Kontakt zu Dozenten, diese extrem gute Betreuung und auch der Austausch unter den Studenten dadurch, dass man wirklich wie in einem Klassenverband unterrichtet wird, hat wahnsinnig zugenommen. Und die Motivation, in einem kleinen Verband für ein Seminar die Texte noch intensiver zu lesen und sich noch über das Seminar hinaus zu beschäftigen, ist bei mir wahnsinnig angestiegen, seit ich diesen Masters studiere.