Liziuzayani J. Bäuerin in Kenia
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- Bastian Arnold
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Liziuzayani J. Bäuerin in Kenia Ich bin Bäurin in Kenia, Mutter von 7 Kindern zwischen 2 und 9 Jahren (4 weitere sind schon gestorben). Mit meinem Mann besitze ich ein kleines Stück Land, auf dem wir Mais und Getreide anbaue. Außerdem haben wir drei Rinder. Vor zwei Jahren haben wir bei einem amerikanischen Händler Saatgut gekauft, das eine besonders hohe Ernte einbringen sollte. Es war teuerer als das normale Saatgut, darum musste ich einen kleinen Kredit aufnehmen. Die Ernte war tatsächlich höher als sonst - aber was ich nicht wusste: Die Ernte konnte nicht als Saatgut wiederverwendet werden - es war so genanntes Hybridsaatgut. Weil der Getreidepreis wegen weltweiter Überproduktion sehr niedrig war, hat der Verkauf der Ernte gerade gereicht, den Kredit zurückzuzahlen. Wir mussten einen neuen Kredit für neues Saatgut aufnehmen. Weil es im letzten Jahr zu wenig geregnet hat, ist die letzte Ernte fast komplett vertrocknet. Jetzt haben wir Schulden und keine Ernte zu verkaufen, und auch noch kein Saatgut für den nächsten Sommer. Wir werden die Rinder verkaufen müssen, um neues Saatgut kaufen zu können - dann haben wir aber keine Milch für die Kinder mehr. Meine beiden älteren Söhne versuchen in der Stadt Arbeit zu finden - ich glaube aber nicht dass sie große Chancen haben. Zu viele Junge versuchen ihr Glück in der Stadt. Für eine meiner Töchter hat jemand aus Europa eine Patenschaft übernommen, sodass sie in die Schule gehen kann - dort bekommt sie auch zu Mittag etwas zu essen. Die medizinische Versorgung in unserem Dorf ist leider sehr schlecht: Zwei meiner Kinder sind an Aids gestorben, die anderen an einfachen Krankheiten, weil wir nicht rechtzeitig in das Krankenhaus gekommen sind, das 6 Stunden mit dem Bus entfernt liegt.
2 Frank H. W. - Industrie#er, USA Ich bin Besitzer der Firma P. Saatgut-Produktion. Mein Vater hat 1926 mit der Produktion von Hybrid-Saatgut begonnen. Durch konsequente Inzucht wird dabei Saatgut so verändert, dass sie viel höhere Ernteerträge erbringen. Man kann die Ernte davon zwar nicht nochmals als für die nächste Aussaat verwenden, aber durch die viel höheren Ernteerträge wird das wett gemacht. D.h. die Bauern profitieren von den besseren Ernten, und unser Unternehmen davon, dass die Bauern jedes Jahr neues Saatgut bei uns kaufen. Entsprechend steigen auch Jahr für Jahr die Gewinne und unsere Aktienkurse steigen. Derzeit forschen wir intensiv an neuem gentechnisch manipulierten Getreidesorten. Das Ziel sind Getreidesorten, die gegen Schädlinge resistent sind. Wir zögern noch, sie zu verkaufen - weil wir natürlich auch Pestizide verkaufen und uns selbst den Markt nicht kaputt machen wollen. Aber die Konkurenz schläft auch nicht, und man muss erster am Markt sein Nicht nachvollziehen kann ich die Vorwürfe, dass diese Getreidesorten gesundheitsschädlich sein sollten. Klagen von Verrückten, die behaupten, unsere Produkte verursachen Krebs, konnten unsere Anwälte bisher noch immer erfolgreich bekämpfen. Mein Frau ist die Schwester des Umweltministers, mit seiner Hilfe konnten wir zum Glück Verbote von gentechnisch veränderten Maissorten verhindern. Unser Sohn Edward studiert an der Havard University - er erhält die bestmögliche Ausbildung, schließlich soll er einmal die Firma übernehmen. Außerdem lernt er dort schon heute die politische und wirtschaftliche Elite von morgen kennen und muss sich nicht mit irgendwelchen Primitiven abgeben.
3 Erwin E. - Manager, Wien Ich bin Manager bei einem deutschen Autohersteller. Mein Job besteht darin, Lösungen vorzuschlagen, wie die Konzerngewinne noch weiter steigen kann. Großaktionäre erwarten heute Gewinne von mind. 7-8 %. Das lässt sich mit normalen Mitteln nicht erreichen, sondern nur durch radikale Einsparungen bei den Personal-kosten. Auf meinen Vorschlag wurden bisher tausende zu teurer Jobs in Europa gestrichen und nach Asien und Brasilien verlagert. Dieses Potential ist ausgeschöpft, darum müssen jetzt die Werke in Asien und Brasilien modernisiert und ⅔ der Belegschaft gekündigt werden. Gerne mach ich das nicht, aber wenn ich es nicht mache, werde ich gegen einen anderen Manager ausgetauscht und verliere meinen Job. Ich verdiene 1 Million Euro jährlich netto, den Großteil davon lege ich selbst in Aktien an. Kürzlich habe ich bei der Krösus-Bank Aktien von Pioneer gekauft, die besonders hohe Gewinne versprechen. Die Angestellte hat mir zwar auch einen Nachhaltigkeitsfonds mit Greenpeace-Zertifikat angeboten, der hatte aber zu niedrige Gewinnchancen. Familie hab ich keine, meine große Leidenschaft sind schnelle Autos. Auf meinen Porsche und meinen Hummer will ich nicht verzichten, auch wenn ich weiß, dass die nicht sehr umweltfreundlich sind. Dafür habe ich ein Patenkind in Kenia, für das ich 25 Euro im Monat zahle, und 20 Euro spende ich im Monat für Greenpeace. Außerdem habe ich neben meiner Penthouse-Wohnung in Döbling noch ein Haus am Attersee und eins an der Côte D Azur, die ich von meinen Eltern geerbt habe. Um meine persönlichen Termine und meinen ganzen Schriftverkehr kümmert sich übrigens meine Privatsekräterin in Indien. Ich kann alles per Telefon und Mail mit ihr klären, sie ist fast rund um die Uhr erreichbar - und das ganze kostet mich gerade einmal 50 Euro im Monat.
4 Susi M. Bankangeste#te, Wien Ich bin alleinerziehende Mutter (3 Kinder zwischen 7 und 14 Jahren). Mein Ex hat - als er seinen Job verloren hat - zu trinken begonnen, und wir mussten uns Scheiden lassen. Alimente zahlt er keine. Ich arbeite bei der Krösusbank und bin für Aktienverkäufe an private Kleinanleger verantwortlich. Von meinen 1750 Euro netto plus Familienbeihilfe können wir uns eine kleine Wohnung in Floridsdorf leisten. Die Miete ist nicht so hoch, aber das Gebäude schlecht isoliert, und haben wir extreme Heizkosten. Darum müssen wir überall sonst sparen: Lebensmittel aus Österreich oder aus Bio- Anbau sind ebenso wenig drin wie der Schikurs für die Kinder - den Sommer-urlaub mussten wir in diesem Sommer auch streichen, weil mein ältester eine Zahnspange gebraucht hat. Mit meinem Job bin ich nur so halb glücklich - dreimal wurde ich bei der Beförderung übergangen - man hat irgendwelche junge unerfahrene Kerle vorgezogen, obwohl ich schon seit Jahren in der Bank bin. Grund: offiziell keiner, inoffiziell die vielen Ausfälle, wenn meine Kinder krank sind. Auch der Aktienverkauf widerstrebt mir: Ich weiß genau, dass die Aktien, die die höchsten Gewinne bieten, irgendwelche Haken haben: es sind die von der Waffenindustrie oder von Firmen, die sich einen Dreck um Umweltschutz und gerechte Bedingungen für die ArbeiterInnen kümmern. Nachhaltigkeitsfonds gibts zwar schon, aber die will niemand, wegen den geringen Gewinnen. Ein Auto brauch ich für meinen Job auch - ich habe einen kleinen deutschen Kleinwagen. Den hab ich über einen befreundeten Autohändler 2000 Euro unter Listenpreis bekommen - sonst hätte ich ihn mir eh nicht leisten können. Der Händler hat zwar gejammert, dass da niemand mehr was dran verdient - aber was soll ich machen, ich brauch ein Auto...
5 Geet A. EDV-Spezialistin, Dehli Ich bin 26 und arbeite in einer großen Agentur Private Assistent XLM. D.h. ich bin die Privatsekretärin von 7 Leuten in Europa, für die ich per Telefon und Internet fast rund um die Uhr erreichbar sein muss. Es gibt zwar eine Vertretung in meinen freien Stunden, aber das mögen die Kunden nicht gerne. Ich mache Termine für sie aus, erledige Schreibkram und höre mir ihr gejammere an, wenn sie niemanden zu reden haben. Die Hauptarbeitszeit ist in der Nacht, wegen der Zeitverschiebung. Ich verdiene damit gerade so viel, dass ich mir eine kleine Wohnung leisten, von der ich in 1 Stunde mit dem Fahrrad in der Arbeit bin. Aber es hätte alles viel schlimmer kommen können: Meine Mutter war mit einem Alkoholiker verheiratet. Ich habe drei Schwestern, und mein Vater hat meine Mutter oft geschlagen, weil sie ihm keine Söhne geboren hat. Als ich 8 war sind wir in ein Sozialzentrum für unterdrückte Frauen gekommen (viele Frauen in Indien teilen das Schicksal meiner Mutter), das von einer christlichen Organisation aus Europa gegründet wurde. Dort habe ich Deutsch, Englisch gelernt und bin am PC ausgebildet worden - ohne diese Hilfe würde ich irgendwo in den Slums leben. Oft sehe ich mir amerikanische und europäische Filme an und sehe, wie reich die Menschen dort sind. Ich träume davon, nach Europa oder in die USA zu gehen und dort zu leben. Jeder Amerikaner oder Europäer hat ein eigenes Haus mit Schwimmbad, ein Auto, spielt Golf, geht in Casinos und muss nur 5 Stunden am Tag arbeiten - so möchte ich auch leben. Leider bekomme ich keine Greencard für die USA, da ich nicht genug Ausbildung habe - und nach Europa kommt man sowieso nicht, die Europäer haben sich ja in ihrem Reichtum eingemauert.
6 Hugo F- Mechaniker, Brasilien Ich bin Mechaniker in einem brasilianischen Werk eines Deutschen PKW-Herstellers. Das ist ein guter Job, mit dem ich sehr zufrieden bin. Wir bauen einen Kleinwagen, der auch nach Europa geliefert wird. Allerdings gibt es Gerüchte, dass unser Werk umgebaut und viele Mitarbeiter entlassen werden sollen. Das macht mir sorgen, weil es sehr schwer ist, wieder einen Job zu bekommen. Mein Bruder wurde in seiner Firma gekündigt und hat keinen Job mehr bekommen. Jetzt lebt er in einer Favela (=Armenviertel), lebt vom Betteln und Drogenhandel, und dem, was ich ihm gebe (ich habe ja auch nicht viel). Er erzählt oft davon, dass in den Favelas oft Menschen erschossen werden - wegen Streits zwischen den Drogenbanden und oft einfach aus einfachen Streitereien. Ich würde ihm gerne mehr helfen - aber dafür reicht mein Gehalt nicht. Was mir auch Sorgen macht ist die zunehmende Zerstörung unseres Landes. Weil in Europa und den USA viel Raps für Bio-Sprit, Soja für die Tierzucht und Rindfleisch gebraucht werden, werden bei uns immer größere Urwaldgebiete gerodet. Die Flächen können jeweils nur wenige Jahre verwendet werden, dann gibt der Boden nichts mehr her. Das Land verödet dann einfach, der Regen wäscht die Erde weg, und zurück bleibt ödes Land. Auch wegen des Holzes wird der Urwald gerodet - man spricht davon, dass jede Minute ein Fläche Urwald zerstört wird, die so groß wie 4 ½ Fußballfelder ist. Und die kleinen Bauern in Brasilien haben nicht einmal was davon, weil das alles große Konzerne machen - die die Regierung bestechen. Dabei betreffen die Folgen der Urwaldzerstörung angeblich die ganze Welt, wegen dem CO2 und so. Mehr Unwetter und mehr Überschwemmungen haben wir schon...
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