Workshop: Homöopathie in der Pädiatrischen Palliativmedizin. Monika Grasser Buch am Buchrain,

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1 Workshop: Homöopathie in der Pädiatrischen Palliativmedizin Monika Grasser Buch am Buchrain,

2 Definition der Homöopathie Wortbedeutung hómoios `gleich, gleichartig, ähnlich páthos `Leid, Schmerz, Affekt, Gefühl Homöopathie ist eine ärztliche Therapieform mit Einzelmitteln, die am gesunden Menschen geprüft sind und in potenzierter Form nach der Ähnlichkeitsregel verordnet werden.

3 Die Lebenskraft Die Lebenskraft als zentrale Idee sie erhält den Organismus am Leben und reguliert seine Funktionen Krankheit als `Verstimmung der Lebenskraft Reiz der Arznei Regulation der Lebenskraft Überwinden der Verstimmung = Heilung Homöopathie ist also eine Reiz- und Regulationstherapie

4 Homöopathie Homöopathie ist eine Form der regulativen Arzneitherapie bei funktionellen Regulationsstörungen Davor steht die genaue Diagnose! sowie die kausale Behandlung, falls es eine gibt, bzw. lebensrettende Maßnahmen Ein Erfolg der Homöopathie ist nur möglich, solange noch keine irreversiblen morphologischen Veränderungen an den Organen und im Körper vorhanden sind Eine Mitbehandlung bei notwendiger konventioneller Behandlung ist möglich

5 Organon der Heilkunst Methodik im `Organon der Heilkunst (Grundlagenwerk) Das Ziel der Homöopathie ist die `schnelle, sanfte und dauerhafte Heilung des Patienten 1: Des Arztes höchster und einziger Beruf ist, kranke Menschen gesund zu machen, was man heilen nennt. 3: Heilungshindernisse müssen beseitigt werden. 4: Der Arzt solle Dinge, `die die Gesundheit stören, bzw. `Krankheiten erzeugen und unterhalten, kennen und sie von den gesunden Menschen zu entfernen wissen (= Prävention)

6 Säulen der Homöopathie Ähnlichkeitsregel Krankheitsbild Arzneimittelbild Potenzierung der Arzneien

7 Ähnlichkeitsregel Similia similibus curentur Eine Krankheit soll durch jene Arznei geheilt werden, die eine ähnliche Krankheit beim gesunden Menschen erzeugen kann

8 Krankheitsbild Arzneimittelbild In der Homöopathie bezeichnet die Ähnlichkeitsregel eine Beziehung zwischen - dem Krankheitsbild des Patienten (erkennbar an den Phänomenen seiner Symptome) und - dem Arzneimittelbild (erkennbar an den Symptomen der Arzneimittelprüfung) Die Ähnlichkeit wird anhand der auffallenden Symptome (Organon 153) gefunden, die das Kranksein des Patienten in seiner Ganzheit und Individualität beschreiben

9 Krankheitsbild Arzneimittelbild Bild der Krankheit mit all ihren Symptomen und Phänomenen Bild der Arznei mit ihren Symptomen und Organbeziehungen Informationen aus Anamnese körperlicher Untersuchung Diagnostik Informationen aus Arzneimittelprüfung am Gesunden Toxikologie Volksmedizin

10 Vorgehensweise der Homöopathie bei einer akuten Störung Diagnosestellung Indikationsstellung zur homöopathischen Therapie möglichst vollständiges Lokalsymptom (aktuelle, mit wenigen gezielten Fragen erfasste Lokalsymptomatik: Was? Wann? Seit wann? Wo? Wie? Modalitäten? (Wodurch wird es besser oder schlechter) Eventuelle Begleitsymptome körperliche Untersuchung Arzneimittelfindung Therapie

11 Bewährte Indikation In einer akuten Situation rasche Verordnung eines Arzneimittels entsprechend des klinischen Krankheitsbildes und des vollständigen Lokalsymptoms nach der Wiener Schule nach M. Dorcsi Was ist das für ein Mensch? mit dieser Krankheit mit diesem Leiden mit diesen Ängsten und Sorgen mit diesem Schicksal

12 Fieber bei Kindern Aconitum napellus (Der Sturmhut) Plötzlich, heftig, stürmisch Plötzliche Krankheit, gerne nach (Ost-)Wind Hohes Fieber ohne Schweiß Angst, Panik, extreme Unruhe Indikationen Plötzlicher Infekt mit Fieber Krupp-Husten Schreck, Angst, Panik, Schock Kopfschmerzen bei Föhn, Trigeminusneuralgie

13 Fieber bei Kindern Belladonna (Die Tollkirsche) rot, warm, feucht, heftig, kräftig, schwitzend Roter, heißer Kopf Folge von Sonne, Hitze, Fieber Folgt ev. nach Aconitum Indikationen Fieber mit Schwitzen, roter Kopf viraler Infekt mit hohem Fieber Akute Tonsillitis, akute Otitis Halluzinationen

14 Vorgehensweise der Homöopathie bei einer chronischen Störung Diagnosestellung Indikationsstellung zur homöopathischen Therapie ausführliche homöopathische Anamnese körperliche Untersuchung Ev. Photo oder Videoaufzeichnung Arzneimittelfindung Therapie Dokumentation des Langzeitverlaufs

15 Homöopathie und Palliativmedizin!? Die Homöopathie möchte heilen, das kann aber in einer palliativen Situation nicht (mehr) erreicht werden aber sie kann Unterstützung geben, das Sterben zu tragen dabei wird das Individuelle der erkrankten Person gesehen Am Lebensende: eher akute Behandlung (z.b. Angst, Unruhe, Schmerz, ) Nach Diagnosestellung: Anamnese und Behandlung des ganzen Menschen

16 Die zentrale Frage Was braucht dieses Kind, was braucht diese Familie? aus der Kinderpalliativmedizin verbindet sich mit Was ist das für ein Mensch? aus der Homöopathie

17 Was können wir homöopathisch bei Schmerzen machen? Aconitum napellus Arnica montana Chamomilla Colocynthis

18 Aconitum napellus (= Sturmhut) Folge von Schreck und Schock plötzlich, heftig, stürmisch Angst, Panik, Schreckhaftigkeit angstvoll geweitete Augen Todesangst

19 Aconitum napellus (= Sturmhut) Häufige Indikationen Infekt mit plötzlichem hohem Fieber Schock nach Erlebnis, z.b. Autounfall Panikattacken, angstvolles Schreien Panik vor Verbandswechsel, vor Blutabnahme Für Eltern nach Schreck, z.b. tiefer SaO 2 -Abfall Vor belastenden Gesprächen oder Aufklärungsgesprächen

20 Arnica montana (= Bergwohlverleih) Folge von Verletzung, Operation Folge von Blutungen Folge von Schock Irritables, missmutiges Kind abweisend Fühlt sich wie zerschlagen schreckhaft bei jeder Annäherung, jeder Berührung, bei Erschütterung

21 Arnica montana (= Bergwohlverleih) Häufige Indikationen Vor und nach Operation Verletzung Hirnblutung Schweres Schädel-Hirn-Trauma Commotio cerebri Rezidivierende Kopfschmerzen seit Commotio

22 Chamomilla (= Kamille) heftige Unruhe mit Schreien besser durch Herumtragen schlechter durch Hinlegen, Bettallergie reizbar, ärgerlich, unzufrieden weiß selbst nicht, was es will

23 Chamomilla (=Kamille) Häufige Indikationen unerträgliche Schmerzen, plötzlich kommend z.b. Zahnungsbeschwerden, Magen-Darm-Beschwerden Anhaltendes Jammern und Weinen Ärgerlich, reizbar, quengelig Besserung durch Herumtragen Besserung durch kühle Umschläge Schlechter durch Hinlegen

24 Colocynthis (=Koloquinthe) Bauch - und Nabelkoliken Schmerzen krampfartig, kolikartig Besserung durch Wärme, Druck, Zusammenkrümmen Verschlechterung durch Ausstrecken, Kälte

25 Colocynthis (=Koloquinthe) Häufige Indikationen Bauch - und Nabelkoliken, Nieren- und Gallenkolik Schmerzen krampfartig, kolikartig Schmerzen um den Nabel herum Besserung durch Wärme, Druck, Zusammenkrümmen Schlechter durch Ausstrecken oder Kälte

26 Melanie 9 Jahre altes Mädchen mit schwerster psycho-motorischer Retardierung, cerebralen Krampfanfällen und Mikrocephalie Melanie erkrankt plötzlich an einer akuten Durchfallerkrankung mit Unruhe mit heftigem Schreien Sie ist äußerst unzufrieden und ärgerlich, ist nicht zu beruhigen, sie mag nicht im Bett liegen, nur auf dem Arm der Mutter sein beim Herumtragen wird es besser Welche homöopathische Akut-Therapie bekommt Melanie?

27 Chamomilla (= Kamille) heftige Unruhe mit Schreien besser durch Herumtragen schlechter durch Hinlegen, Bettallergie reizbar, ärgerlich, unzufrieden weiß selbst nicht, was es will

28 Potenzierung der Arzneien Potenzierung = Verdünnung und Dynamisierung d.h. schrittweise Verdünnung und anschließende Verschüttelung bzw. Verreibung (=Dynamisieren) der Arznei Verschiedene Potenzen D-Potenzen (= Dezimalpotenzen) 1:10 C-Potenzen (= Centesimalpotenzen) 1:100 Q-Potenzen (= LM-Potenzen) 1:50000

29 Darreichungsformen Globuli (= Kügelchen) aus Saccharose (Rohrzucker) Tabletten, Triturationen aus Lactose (Milchzucker) Dilutionen Alkoholische Lösung (30-60%ig)

30 Dosierung 1 Gabe = (1-) 3 (-5) Globuli z.b. C6 3 x 3 Globuli C12 2 x 3 Globuli C30 1 x 3 Globuli Einnahme: 3 Globuli in die Wangentasche oder unter die Zunge geben oder zwischen Zahnreihe und Unterlippe, ohne Wasser Am besten Minuten vor oder nach der Mahlzeit, nicht während des Essens geben

31 Erstreaktion Definition Verschlimmerung der aktuellen Krankheitssymptome unmittelbar nach Gabe der Arznei prinzipiell ein gutes Zeichen, da die Arznei gut auf die zu behandelnden Symptome passt aber die Dosis wurde zu hoch gewählt und muss bei der nächsten Gabe verringert werden deswegen wird die Dosis des Arzneimittels möglichst gering gehalten

32 Lotti 5 Jahre altes Mädchen mit metachromatischer Leukodystrophie Lotti hat eine PEG bei bekanntem GÖR mit rezidivierendem, z.t. schwallartigem Erbrechen, manchmal auch mit Blutbeimengungen, Therapie mit Domperidon und Omeprazol Sie leidet an einer deutlichen Spastik und Opisthotonus, z.t. auch einschießend, bei Aufregung wird dies verstärkt Lotti weint viel und zeigt ihren Schmerz durch vermehrte Unruhe, Therapie mit Lioresal Welche homöopathische Begleittherapie bekommt Lotti?

33 Phosphorus (= gelber oder weißer Phosphor) lebhaft, wach, interessiert liebt Gesellschaft, will dabei sein besser durch Streicheln, Berührung, Zuwendung, Dabei-Sein

34 Leon 5 Jahre alter Junge mit spinaler Muskelatrophie Typ 1 (SMA Typ 1) Leon wird zu Hause über eine Nasenmaske beatmet, selten hat er einen geringen Sauerstoffbedarf Während rezidivierender Infekte der Atemwege verschlechtert sich sein Zustand jedesmal rasch, sine Eltern wünschen keine Intensivmaßnahmen Leon hat eine orale Morphin-Therapie zur Symptomkontrolle Welche homöopathische Begleittherapie braucht Leon?

35 Phosphorus (= gelber oder weißer Phosphor) lebhaft, wach, erzählt viel, `Sonnenschein liebt Gesellschaft, will dabei sein, freut sich über Besuch Am liebsten spielt er mit dem Nachbarsjungen besser durch Streicheln, Berührung, Zuwendung

36 Sterbemittel Für Menschen, die im Sterben liegen Arsenicum album (= weißes Arsenik) brennende Schmerzen, mit Frösteln, < nach geringster Anstrengung, < nach Mitternacht, extreme Unruhe und große Angst, Angst, vergiftet zu werden, Angst vor dem Alleinsein, großer Durst Carbo vegetabilis (= Holzkohle) Lebenskraft nahezu erschöpft, eingesunkenes Gesicht, Eiseskälte mit Frischluftverlangen, blass bis bläuliche Verfärbung der Haut, inneres Brennen, geblähter Oberbauch mit behinderter Atmung

37 Magdalena 7 Jahre altes Mädchen mit einer spinalen Muskelatrophie Typ 1 (SMA Typ 1) Nachts wird Magdalena über eine Gesichtsmaske beatmet, von den Eltern werden keine Intensivmaßnahmen gewünscht Weihnachten 2010 erleidet sie einen schweren Infekt der oberen Atemwege Beginn einer oralen Morphin-Therapie zur Symptomkontrolle, zusätzlich Lorazepam bei akuter Atemnot Sommer 2013: Magdalena verweigert jegliche Therapiemaßnahme sie kann ihren Schleim nicht abhusten Welche homöopathische Therapie bekommt Magdalena?

38 Moritz Neugeborener Junger mit Trisomie 18 und Herzfehler Moritz trinkt etwas Muttermilch aus der Flasche, er hat Probleme, Stuhl abzusetzen... im Laufe der Zeit entwickelt er sich weiter, er trinkt besser, er nimmt sogar Gewicht zu Moritz und seine Schwester verbringen viel Zeit miteinander, für Moritz Schwester beginnt gleichzeitig die Schule Moritz wird getauft Dann wird Moritz schwächer, er hat Apnoen, er wird blass und unruhig und hat kalte Füßchen am liebsten ist er auf dem Arm seiner Eltern am offenen Fenster Und welche homöopathische Therapie hilft Moritz?

39 Homöopathie für Angehörige von sterbenden Menschen Für Menschen, die im Sterben liegen Aconitum (= Eisenhut) Folgen von Schock und Schreck, große Erregung, Panik und Unruhe, plötzliche Symptome, < Mitternacht, > Ruhe Ignatia (= Ignatiabohne) Folgen von Kummer, oft wortloses Seufzen und Weinen, wechselnde Stimmung, reizbar, Magenkrämpfe, Aufstoßen, Gähnen, > Reden über den Kummer Natrium muriaticum (= Kochsalz) Folgen von langanhaltendem Kummer, zieht sich zurück, weint nur alleine, will keinen Trost, Salzverlangen

40 Homöopathie in der Pädiatrischen Palliativmedizin Ist sinnvoll und möglich in akuten wie in chronische Situationen! Die Homöopathie kann ergänzend und erweiternd, auch zusätzlich zur konventionellen Therapie, auf dem Weg zur bestmöglichen Therapie für das individuelle Kind eingesetzt werden Die homöopathische Therapie sollte durch einen erfahrenen homöopathischen Arzt eingeleitet werden, möglichst in Zusammenarbeit mit dem betreuendem Palliativ-Team