Katarina Schritt. Ernährung im Kontext von Geschlechterverhältnissen
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- Björn Rothbauer
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1 Katarina Schritt Ernährung im Kontext von Geschlechterverhältnissen
2 VS RESEARCH
3 Katarina Schritt Ernährung im Kontext von Geschlechterverhältnissen Analyse zur Diskursivität gesunder Ernährung Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Udo Kelle VS RESEARCH
4 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < abrufbar. 1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten VS Verlag für Sozialwissenschaften Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Verena Metzger / Dr. Tatjana Rollnik-Manke VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson dere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN
5 Geleitwort Frauen sind eher unzufrieden mit ihrer körperlichen Erscheinung als Männer, sie machen häufiger Diäten und fangen damit oft schon als Kind an; schließlich entwickeln sie auch häufiger Essstörungen als Männer. Aber Frauen ernähren sich auch gesünder, essen mehr Obst und Gemüse und weniger fettes Fleisch. Frauen, mit anderen Worten, essen anders als Männer. Solche durch sozial- und ernährungswissenschaftliche Studien gut belegten Sachverhalte werden gern als Argumente für eine natürliche Ungleichheit zwischen Mann und Frau herangezogen. So, wie das männliche Gehirn angeblich besser mit Parklücken zu recht kommt als das weibliche; so, wie Thesen über geschlechtsspezifische Erziehung in Alltagsgesprächen sofort mit anekdotischem Wissen gekontert werden über die kleine Nichte, die so viel lieber mit Puppen spielt als ihr Bruder; so scheint eine natürliche Salataffinität des weiblichen Geschlechts zur Idee naturbedingter Geschlechterdifferenzen zu passen. Leider verirrt sich die Kritik an solch naiven Biologismen oft in Sackgassen, wenn sie die Existenz biologischer Unterschiede insgesamt leugnen will und dann unsinnige Debatten über die (empirisch ja gar nicht zu entscheidende) Frage provoziert, wie sich der Mensch denn eigentlich im Naturzustand, ohne Gesellschaft, verhalten würde. Ein solcher Grundsatzstreit lenkt von der eigentlichen Problematik jedoch nur ab denn jede vorurteilsfreie Betrachtung historischer Quellen zeigt sofort, wie stark unsere Vorstellungen über typisch weibliches und männliches Verhalten kulturellem Wandel unterworfen sind. Allein aus diesem Grund sollte klar sein, dass ein vorschneller Verweis auf biologische Unterschiede die Frage nach gesellschaftlich konstituierten Ungleichheiten abschneidet und Geschlechterhierarchien stabilisiert und legitimiert.
6 6 Geleitwort In jüngerer Zeit wurden eine Reihe von Studien vorgelegt, die den gesellschaftlichen Diskurs über gesunde und richtige Ernährung soziologisch untersuchen und dabei die subtilen und vielfach unbemerkten gesellschaftlichen Normierungen in den Blick rücken, die die öffentliche Rede über ein vermeintlich so natürliches Thema wie Essen bestimmen. So lassen sich etwa hinter den gegenwärtigen Mediendiskursen über die dicke Unterschicht, die ihre Kinder mit fast food voll stopft und damit das Gesundheitswesen belastet, Prozesse der industriegesellschaftlichen Disziplinierung sichtbar machen, die den Individuen eine fortwährende Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle des eigenen Körpers auferlegen. Gerade Frauen, die mit sich beständig kulturell wandelnden, dabei von Jahrzehnt zu Jahrzehnt strenger werdenden Attraktivitäts- und Schlankheitsidealen konfrontiert sind, sind dem in besonderen Maß ausgesetzt. Wie massiv das eiserne Gehäuse gesellschaftlicher Normierung gegenwärtig ist, zeigt etwa die mediale Inszenierung sozialer Kontrolle in Castingshows zur Selektion perfekter Models oder die als wohlmeinende Therapiebemühung nur oberflächlich getarnte öffentliche Demütigung übergewichtiger Frauen und Mädchen im deutschen Nachmittagsfernsehen. Konsequenterweise werden Essstörungen, mit denen manche Mädchen und jungen Frauen die Widersprüchlichkeit gesellschaftlicher Anforderungen und Angebote lösen (in der Zwickmühle zwischen sozialen Zwängen, den gerade aktuellen Idealbildern des weiblichen Körpers zu entsprechen einerseits und den aufdringlichen Angeboten der Konsumgesellschaft andererseits), nur als individuelles psychologisches und therapeutisches Problem wahrgenommen, weil öffentliche Diskurse gegenwärtig blind sind für die gesellschaftliche Bedingtheit des Essverhaltens. Soziologische Aufklärung über solche Prozesse hat unsere Gesellschaft bitter nötig. Das vorliegende Buch leistet hierzu einen hervorragenden Beitrag. Udo Kelle
7 Vorwort Stimmt es eigentlich, dass Männer und Frauen sich auf unterschiedliche Weise ernähren? Essen Frauen lieber Salat und Männer lieber Fleisch? Und wenn ja, warum ist das so? Die Fragen zur unterschiedlichen Ernährung der Geschlechter werden in Zeitungsartikeln, Fernsehshows oder auch wissenschaftlichen Publikationen zur Gesundheit der Bevölkerung in der Regel auf biologische Unterschiede der Geschlechter zurückgeführt. Anders als im Bereich der Kleidung oder auch der Arbeitsteilung liegen hier die biologischen Zusammenhänge vermeintlich auf der Hand und werden kaum hinterfragt. Der soziologische Blick auf dieses Feld lässt jedoch schnell vermuten, dass Ernährung nicht losgelöst von gesellschaftlichen Phänomenen betrachtet werden kann. Es stellt sich die Frage, welche Bedeutung die Hierarchisierung der Geschlechter in der Ernährung spielt und welche Rückwirkungen dies auf unsere Rollenbilder hat. Diese und weitere Fragen waren ausschlaggebend für meine Diplomarbeit, die 2009 an der Philipps-Universität Marburg eingereicht wurde und die Grundlage für dieses Buch liefert. Es geht darum, der dominanten Strategie der Biologisierung von Ernährungsweisen etwas entgegenzusetzen und soziokulturelle Einflussfaktoren auf das Ernährungsverhalten zu diskutieren. Also: Welche Ansätze können die unterschiedlichen Ernährungsweisen von Männern und Frauen erklären? Und welche Wirkungen haben diese auf die Konstruktion von Geschlechterrollenbildern? Wie vermutlich alle Diplomarbeiten ist auch diese nicht ohne Irrungen und Wirrungen entstanden. Nicht immer war ich mir sicher, wohin die Arbeit geht und welche Bedeutung dem Thema Ernährung überhaupt beizumessen ist. Das ich diese intensive Phase trotzdem so gut überstanden habe und am Ende dieses
8 8 Vorwort Buch vorlegen kann, habe ich meinem wissenschaftlichen Umfeld, meiner Familie und vor allem meinen FreundInnen zu verdanken. Sie haben mich nicht nur in vielerlei Hinsicht bei Diskussionsprozessen und Korrekturschritten kritisiert und gleichzeitig in meinem Vorhaben bestärkt, sondern mussten während dieser Zeit meine Hochs und Tiefs ertragen und waren mir dabei vor allem eine große emotionale Unterstützung. Katarina Schritt
9 Inhaltsverzeichnis Geleitwort... 5 Vorwort Einleitung Diskursivität von 'gesunder' Ernährung Diskurstheorie Was ist ein Diskurs? Das Verhältnis von Diskurs und Handeln Die Rolle von Macht im Diskurs Kernpunkte der Diskursanalyse Ernährungsdiskurs Gibt es einen Ernährungsdiskurs? Inhaltliche Ausgestaltung des Ernährungsdiskurses Soziokulturelle Einflussfaktoren auf das Ernährungsverhalten von Individuen Zwischenfazit Doing Gender im Ernährungsverhalten Geschlechtsspezifisches Ernährungsverhalten Allgemeine Ernährungstrends Ernährungsverhalten nach Geschlecht Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Ernährungsempfehlungen... 59
10 10 Inhaltsverzeichnis 3.2 Geschlechtliche Konstruktionsprozesse Produktion von Geschlecht durch Handeln Herstellung körperlicher Differenzen durch Handeln Theorien der Zweigeschlechtlichkeit und der Pluralität von Geschlecht oder was ist 'natürlich' am Geschlecht? Hierarchisierung der Geschlechter Problematik der Reproduktion in der Geschlechterforschung Erklärungsansätze zum geschlechtsspezifischen Ernährungsverhalten Erste Dimension: Körpernormierungen und die Wirkung des Schlankheitsideals Zweite Dimension: Geschlechtliche Arbeitsteilung Dritte Dimension: Herstellung von Geschlechtsidentität durch Ernährungsverhalten Zwischenfazit: Zusammenhang von Körperbildern, geschlechtlicher Arbeitsteilung und der Bildung geschlechtlicher Identität Fazit Literaturverzeichnis Anhang Errechnung des Body-Mass-Index (BMI) Reduktion des Ernährungsberichtes
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