Praktikumsbericht Kurzfassung Praxis Libal: Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie

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1 Praktikumsbericht Kurzfassung Praxis Libal: Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Maria Ott Master Psychologie Matrikelnummer: Zeitraum des Praktikums: Abgabe des Berichts: Anzahl der Wörter: 1227

2 1. Einführung und Kurzdarstellung der Praxis Libal 1.1 Beschreibung der Praxis Libal Die Praxis Libal in der Ulmer Weststadt (Wagnerstraße 65, Ulm) ist eine Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, in der vor allem sozialpsychiatrisch gearbeitet wird, wodurch ambulant eine umfassende psychiatrische Gesamtbehandlung von Kindern und Jugendlichen gewährleistet werden soll. Dies geschieht u.a. durch ärztliche Leistungen sowie durch psychosoziale und psychologisch-psychotherapeutische Angebote Klientel und Praxisteam Das Klientel der Praxis Libal sind i.d.r. Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres sowie deren Familien. Diese Kinder und Jugendlichen kommen mit unterschiedlichen Problemen und Störungsbildern, wie beispielsweise ADS, ADHS, tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, affektiven Störungen, Zwangsstörungen, Angststörungen oder Störungen des Sozialverhaltens, in die Praxis. Das Praxisteam ist interdisziplinär. Neben einem Facharzt und einer Fachärztin für Kinderund Jugendpsychiatrie arbeiten mehrere sozialpsychiatrische Mitarbeitende in der Praxis: eine Ergotherapeutin, eine Sozialpädagogin, eine Schauspielerin (Theaterpädagogik), approbierte Psychotherapeuten und -therapeutinnen, sowie Psychotherapeuten und -therapeutinnen in Ausbildung. Für den organisatorischen Ablauf sind zwei Sekretärinnen zuständig. 1.3 Aufgaben und Arbeitsweise Den ersten Schritt der Klientinnen und Klienten in der Praxis Libal bildet ein Erstgespräch. Während dieses Gesprächs wird die biographische Anamnese erhoben und es wird besprochen, warum die Kinder und Jugendlichen und ihre Familie Hilfe suchen. Aus diesem Gespräch ergibt sich meist bereits eine Verdachtsdiagnose, welche dann durch weitere diagnostische Prozesse, wie z.b. psychometrische Testverfahren, abgeklärt wird. Nach dieser diagnostischen Phase findet ein Befundgespräch statt, in welchem die Befunde besprochen und Therapiemöglichkeiten sowie weitere Vorgehensschritte erläutert werden. Beispiele hierfür sind Beratung für Kinder und Jugendliche sowie für deren Bezugspersonen, Gruppentrainings (beispielsweise Konzentration oder soziale Kompetenz), Kampfkunst- Pädagogik (Kung-Fu in Gruppen), Theaterpädagogik, Psychotherapie sowie eine geeignete Medikation. 1 ( ) 2

3 Neben diesen Möglichkeiten, die größtenteils in der Praxis Libal angeboten werden, gibt es weitere Schritte. Dazu gehören beispielsweise Ergotherapie, Logopädie, eine langfristige Psychotherapie, Abklärung körperlicher Probleme, stationäre Aufenthalte oder Kur sowie Interventionen im sozialen Umfeld. Um all diese Angebote gewährleisten zu können, arbeitet die Praxis Libal eng mit anderen Institutionen, wie beispielsweise Schulen, Kliniken, dem Jugendamt und niedergelassenen Therapeutinnen und Therapeuten zusammen. 2. Darstellung meines Tätigkeits- und Aufgabenfeldes 2.1 Vorbereitung und Zielsetzung für meine Tätigkeit Für meine Zeit in der Praxis Libal hatte ich mir zwei Ziele gesetzt. Zum einen wollte ich mehr über die therapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen erfahren, zum anderen fühlte ich mich nun mit einem abgeschlossenen Bachelor-Studium in der Psychologie in der Lage, mehr Aufgaben zu übernehmen und selbstständiger zu arbeiten. 2.2 Darstellung meiner Tätigkeiten in der Praxis Ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit war die Durchführung von Leistungsdiagnostik bei Kindern und Jugendlichen. Die psychometrischen Testverfahren, welche genutzt wurden, waren der WISC-IV (Wechsler Intelligence Scale for Children) für Kinder und Jugendliche von sechs bis sechzehn Jahren sowie der WIE (Wechsler Intelligenztest für Erwachsene) für Jugendliche ab 16 Jahren. Ich hospitierte zunächst bei Testungen, führte sie dann unter Aufsicht und später komplett selbstständig durch. Nach der Testung wertete ich die Ergebnisse aus, schrieb die Befundberichte und nahm an den Befundbesprechungen teil. Ich wertete außerdem verschiedene Fragebögen aus, wie z.b. BDI (Beck-Depressions- Inventar), DISYPS-II (Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10) oder FSK (Fragebogen zur sozialen Kommunikation). Des Weiteren sollte ich während kritischen Gesprächen Aktivitäten mit Kindern durchführen. Diese Aktivitäten reichten von Memory spielen über Konzentrationsaufgaben bis hin zur Durchführung von Satzergänzungstests. So hatten die Eltern die Möglichkeit ungestört mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin zu reden während ich gleichzeitig das Verhalten der Kinder beobachten konnte. Zusätzlich hospitierte ich viel, z.b. bei Erstgesprächen, Befundgesprächen, Elterngesprächen, Therapiesitzungen (z.b. Expositionstherapie bei Spritzenphobie), diagnostischen Sitzungen und Gruppensitzungen. Des Weiteren durfte ich bei Terminen, welche außerhalb der Praxis stattfanden (z.b. Jugendamt, Schulen), dabei sein. 3

4 2.3 Konkrete Schilderung einer Testung (WISC-IV) Ich führte eine Testung mit einem elfjährigen Jungen (L.) durch, welcher nach Aussage seiner Mutter Probleme im sozialen Umfeld sowie in der Schule hatte. L. wirkte freundlich und trat sehr selbstbewusst auf. Zu Beginn las ich die Testinstruktion vor, dabei stellte L. bereits sehr gezielte Fragen. Er wisse genau, dass dies heute eine IQ-Testung sei, welchen Wert könne er denn maximal erreichen? Er schien allgemein sehr bedacht auf seine Leistung zu sein und fragte öfters nach, wie gut andere Kinder abschneiden würden. Im Verlauf wirkte L. zunehmend ablenkbar und unkonzentriert. Er schien sich gedanklich mit anderen Dingen zu beschäftigen und äußerte sich auch dementsprechend. Nach der Hälfte der Testung fragte er nach einer Pause, auch motorisch wurde er zunehmend unruhig. Seine Motivation schien deutlich abzunehmen, schwierige Aufgaben wollte er nicht lösen, er habe keine Lust dazu. Ich selbst empfand die Testung als anstrengend und langwierig. Die Auswertung zeigte, dass L. mit einem Gesamt-IQ von 124 (M IQ = 100; SD IQ = 15) im überdurchschnittlichen Bereich lag, seine Schulprobleme konnten also nicht durch ein zu geringes Leistungspotenzial oder eine Überforderung erklärt werden. Aufgrund seines Verhaltens während der Testung könnte auf eine Konzentrationsproblematik geschlossen werden. Beim Betrachten des Intelligenzprofils fiel auf, dass L. in drei der vier Bereiche, welche durch den WISC-IV abgedeckt werden (Sprachverständnis, Arbeitsgedächtnis, Verarbeitungsgeschwindigkeit) durchschnittliche Werte erreichte. Im wahrnehmungsgebundenen-logischen Denken jedoch erreichte L. einen weit überdurchschnittlichen Wert von 137. Aufgrund dieser hohen Begabung in einem Bereich und der Schilderung der sozialen Problematik könnte auch eine atypische Form von Autismus vorliegen. 2.4 Kritische Auseinandersetzung mit meiner Tätigkeit Ich fühlte mich in der Rolle einer Praktikantin in der Praxis Libal sehr wohl, ich hatte das Gefühl, erst genommen zu werden und mir wurde das Vertrauen für die Durchführung wichtiger Aufgaben entgegen gebracht. Ich hatte außerdem den Eindruck der Praxis durch meine Mitarbeit helfen zu können. Die Aufgaben, welche ich übernehmen durfte, v.a. die IQ- Testungen, waren meiner Auffassung nach für die Klientinnen und Klienten von Bedeutung. Ich bemerkte, dass ich durch mein bisheriges Studium genügend Vorkenntnisse für die Arbeit in der Praxis Libal mitbrachte. Für das Durchführen und Auswerten von Testungen waren vor allem mein Wissen in Diagnostik sowie grundlegende Kenntnisse der Statistik wichtig. Auch über die meisten Störungsbilder, welche mir in der Praxis begegneten, hatte ich durch mein Studium einen Überblick erlangt und konnte so in Fallbesprechungen gut folgen und mich einbringen. 4

5 Es gab aber auch Bereiche, in welchen ich kein Vorwissen mitbrachte, z.b. Themen die mit dem Jugendamt und entsprechenden Zuständigkeiten zu tun hatten. Worauf ich ebenfalls nicht vorbereitet war, war der tägliche Umgang mit Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern. In einer Situation hatte ich einen Jungen, der die ganze Zeit weinte und die Testung abbrechen wollte. Obwohl ich solche Situationen zunächst als schwierig empfand, bin ich froh, sie miterlebt zu haben. Ich kann mir vorstellen, dass der Alltag eines Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin viele solcher Situationen beinhaltet. Insgesamt konnte ich viele positive Erfahrungen in den sechs Wochen meines Praktikums sammeln. Hierzu zählt vor allem die Durchführung psychometrischer Testverfahren, welche ich während meines Studiums theoretisch kennen lernte und nun im Praktikum umsetzen durfte. Außerdem konnte ich Erfahrungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen in schwierigen Situationen sammeln. Des Weiteren konnte ich nicht nur sehen, wie in einer sozialpsychiatrischen Praxis gearbeitet wird, sondern auch, wie die Zusammenarbeit einer sozialpsychiatrischen Praxis mit anderen Institutionen funktionieren kann. 3. Zusammenfassende Einschätzung meines Praktikums Für mich war die Zeit in der Praxis Libal eine sehr bereichernde Zeit. Ich fühlte mich ernstgenommen und gut betreut, konnte viele Erfahrungen sammeln und durfte mir übertragene Aufgaben selbstständig ausführen. Die nötigen Kenntnisse dafür hatte ich während meines Bachelorstudiums erworben. Für Psychologiestudierende die selbst aktiv sein möchten, Einblicke in die Arbeit einer sozialpsychiatrischen Praxis bekommen möchten oder den Umgang mit Kindern und Jugendlichen suchen, ist diese Praktikumsstelle sehr empfehlenswert. 5