Fortschreibung der dienstlichen Beurteilung bei (Teil-)Freistellung/Verbot der Benachteiligung wegen geringeren Fachwissens und Berufserfahrung
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- Gerhardt Boer
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1 Fortschreibung der dienstlichen Beurteilung bei (Teil-)Freistellung/Verbot der Benachteiligung wegen geringeren Fachwissens und Berufserfahrung 1. Es bedarf in einer dienstlichen Beurteilung der fiktiven Nachzeichnung der Laufbahn, wenn das freigestellte Personalratsmitglied während des Beurteilungszeitraums zwar Dienst geleistet hat, aber im Übrigen in erheblichem Umfang freigestellt war, so dass die dienstliche Tätigkeit nicht ausreichend repräsentativ ist, um die Qualifikation des freigestellten Beamten für den gesamten Beurteilungszeitraum zu beurteilen. 2. Einem freigestellten Personalratsmitglied darf nicht zum Nachteil gereichen, dass es auf Grund seiner Freistellung für die Arbeit im Personalrat sein Fachwissen und seine spezifische Berufserfahrung nicht in einem Maße weiterentwickeln kann wie vergleichbare Arbeitnehmer. Das gilt nicht nur bei einer vollständigen Freistellung des Personalratsmitglieds, sondern auch bei einer teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung in erheblichem Umfang. (1. amtl. Leitsatz, 2. Leitsatz aus den Gründen) OVG Niedersachsen, Beschluss v ME 197/15 Zum Sachverhalt Gegenstand des Rechtsstreits ist eine Auswahlentscheidung betreffend die Beförderung auf eine Planstelle eines Polizeioberkommissars (BesGr. A 10). Der im Jahr 1959 geborene Antragsteller ist Polizeikommissar (BesrGr. A 9). Seit dem 1. April 2012 ist er als stellvertretender Vorsitzender des Personalrates freigestellt. In seiner Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2014 für den Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2014 wurde er mit dem Gesamturteil C - oberer Bereich bewertet. In der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2011 für den Zeitraum vom 1. September 2008 bis zum 31. August 2011 wurde er mit dem Gesamturteil C - mittlerer Bereich bewertet. Nachdem die zum Stichtag 1. September 2011 erstellte Regelbeurteilung mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2013 (- 7 A 229/12 -) aufgehoben worden war, hat die Antragsgegnerin die Beurteilung erneut mit dem Gesamturteil C - mittlerer Bereich erstellt. Hiergegen hat der Antragsteller nach erfolglosem Widerspruch am 3. Juli 2015 wiederum Klage vor dem Verwaltungsgericht (- 7 A 214/15 -) erhoben. Der im Jahr 1980 geborene Beigeladene ist ebenfalls Polizeikommissar (BesGr. A 9). In seiner Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2014 für den Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2014 wurde er - wie der Antragsteller - mit dem Gesamturteil C - oberer Bereich bewertet. In der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2011 für den Zeitraum vom 1. September 2008 bis zum 31. August 2011 wurde er mit dem Gesamturteil C - mittlerer Bereich bewertet. Die Antragsgegnerin hatte im Rahmen gebündelter Dienstposten neun Planstellen der Besoldungsgruppe A 10 zu besetzen. In einem Vermerk vom 11. Mai 2015 legte sie die Reihenfolge der zur Beförderung anstehenden Mitarbeiter unter Berücksichtigung ihrer Beförderungsrichtlinie nach den Kriterien - letzte Regelbeurteilung - Binnendifferenzierung - Vorbeurteilung - Zeitraum seit Beginn der Qualifizierungsmaßnahme, maximal Regelstudienzeit - Ergebnis der Laufbahnprüfung fest. Der Beigeladene wurde ausgewählt. Der Antragsteller wurde bei der Auswahl der zu befördernden Beamten nicht berücksichtigt. Der Antragsteller hat am 29. Mai 2015 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Seinem Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. September 2015 stattgegeben mit der Begründung, die Auswahlentscheidung leide an einem Mangel, weil die aktuellen dienstlichen Beurteilungen des Antrag- ZfPR online 9/2016 Seite 1 von 5
2 stellers und des Beigeladenen nicht miteinander vergleichbar seien. Da der Antragsteller in dem Zeitraum vom 1. April 2012 bis zum 31. August 2014 wegen seiner Tätigkeit im Personalrat freigestellt gewesen sei, umfasse seine dienstliche Beurteilung zum Stichtag 1. September 2014 nur einen Zeitraum von sieben Monaten. Die Antragsgegnerin habe keine fiktive Laufbahnnachzeichnung vorgenommen. Es sei auch zweifelhaft, ob die Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2014 die nötige Aktualität aufweise. Aus den Gründen Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Der Senat ist mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass das Auswahlverfahren an einem Mangel leidet. Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, Beschluss vom BVerwG 2 VR , juris Rn. 22). Dienstliche Beurteilungen sollen als Grundlage für künftige Auswahlentscheidungen eine möglichst lückenlose Leistungsnachzeichnung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom BVerwG 2 C , juris Rn. 9). Dies zugrunde gelegt, ist die für den Antragsteller erstellte Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2014 rechtswidrig. Sie konnte deshalb im Auswahlverfahren nicht rechtmäßig verwendet werden. Dem im Beurteilungsvordruck angegebenen Beurteilungszeitraum lässt sich zwar entnehmen, dass die Regelbeurteilung des Antragstellers zum Stichtag 1. September 2014 den dreijährigen Beurteilungszeitraum vom 1. September 2011 bis zum 1. September 2014 umfasst. Die Beurteilung ist jedoch fehlerhaft, weil sie dem Benachteiligungsverbot von freigestellten Personalratsmitgliedern nicht gerecht wird und keine ordnungsgemäße, lückenlose Leistungsnachzeichnung des Antragstellers gewährleistet. Zutreffend ist allerdings in der Regelbeurteilung für den Antragsteller zum Stichtag 1. September 2014 die von dem Antragsteller in dem dreijährigen Beurteilungszeitraum erbrachte dienstliche Tätigkeit vom 1. September 2011 bis zum 31. März 2012 berücksichtigt worden. Für die übrigen 29 Monate konnten die Beurteiler jedoch keine dienstliche Tätigkeit des Antragstellers bewerten, weil er in dieser Zeit als Mitglied der Personalvertretung freigestellt gewesen ist. Diesen Umstand haben die Beurteiler nach dem Vortrag der Antragsgegnerin zwar berücksichtigt, aber fehlerhaft gewürdigt. Gemäß 39 Abs. 5 Satz 1 NPersVG darf die Freistellung eines Personalratsmitgliedes nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen. 41 Abs. 1 NPersVG bestimmt, dass die Mitglieder des Personalrats und die Ersatzmitglieder in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit, auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Personalrat, nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen. Diese Bestimmungen haben ihren Niederschlag in Nr. 3.3 Satz 2 der hier maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien für die Polizei des Landes Niedersachsen vom 11. Juli 2008 (Nds. MBl. S. 782) - BRLPol - gefunden, wonach sich u. a. eine Freistellung nicht nachteilig auf die Beurteilung auswirken darf. Aufgrund des Benachteiligungsverbotes hat der Dienstherr bei dem Personalratsmitglied eine berufliche Entwicklung zu berücksichtigen, wie sie ohne Freistellung verlaufen wäre. Wie dieser Grundsatz im Einzelnen zu verwirklichen ist, liegt im Ermessen des Dienstherrn. Da der Dienstherr nach einhelliger Auffassung gehindert ist, vom Dienst freigestellte Personalratsmitglieder für die Zeit der Freistellung ZfPR online 9/2016 Seite 2 von 5
3 dienstlich zu beurteilen, ist der berufliche Werdegang des Personalratsmitglieds mangels aktueller dienstlicher Beurteilungen fiktiv nachzuzeichnen (vgl. BVerwG, Urteil vom BVerwG 2 C , juris Rn. 17). Die fiktive Fortschreibung fingiert nicht nur eine tatsächlich im Beurteilungszeitraum nicht erbrachte Dienstleistung, sie unterstellt auch eine Fortentwicklung der Leistungen des Beamten entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter. Damit prognostiziert sie, wie der Beamte voraussichtlich zu beurteilen wäre, wäre er im Beurteilungszeitraum nicht freigestellt worden und hätte er seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt (BVerwG, Urteil vom , a. a. O.). Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 19. März 2003 (- 7 AZR 334/02 -, juris) entschieden, dass einem freigestellten Personalratsmitglied nicht zum Nachteil gereichen darf, dass es auf Grund seiner Freistellung für die Arbeit im Personalrat sein Fachwissen und seine spezifische Berufserfahrung nicht in einem Maße weiterentwickeln kann wie vergleichbare Arbeitnehmer. Das gilt nicht nur bei einer vollständigen Freistellung des Personalratsmitglieds, sondern auch bei einer teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung in erheblichem Umfang. Ein Personalratsmitglied, dessen Arbeitszeit auf Grund der Freistellung weitgehend reduziert ist, kann in die Lage kommen, nicht immer die gleichen qualifizierten Leistungen erbringen zu können wie ein dauernd in den Dienstbetrieb eingegliederter Arbeitnehmer. Bei gleich langer Beschäftigung kann so das angesammelte Erfahrungswissen eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers gegenüber einem teilweise freigestellten Arbeitnehmer wesentlich größer sein und sich auf die Qualität der Arbeitsleistungen auswirken. Deshalb kann es zu einer besseren Beurteilung eines Arbeitnehmers ohne Freistellung als bei einem teilweise von der Arbeit freigestellten Mitarbeiter kommen. Dem ist durch eine fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs zu begegnen, wenn die Tätigkeit des teilweise freigestellten Personalratsmitglieds zwar noch Grundlage für die Beurteilung sein kann, andererseits der Umfang der Freistellung so groß ist, dass z. B. Erfahrungswissen nicht im gleichen Maß erworben werden kann (BAG, Urteil vom , a. a. O., Rn. 31, wonach bei der Freistellung einer Lehrkraft in Höhe von etwa 85 Prozent ihrer regelmäßigen Arbeitszeit eine Nachzeichnung des Werdegangs neben der Beurteilung der tatsächlich geleisteten Arbeit geboten ist). Diese für die Freistellung eines Personalratsmitglieds unter erheblicher Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit entwickelten Grundsätze finden auch für Beamte Anwendung. Sie können überdies auch auf die Fälle übertragen werden, in denen ein Beamter innerhalb des Beurteilungszeitraums während eines gewissen Zeitraums voll Dienst verrichtet, im restlichen erheblichen Zeitraum aber freigestellt ist. Denn in der Zeit der Freistellung kann ein Personalratsmitglied keine qualifizierten Leistungen zeigen und kann ebenfalls kein ähnliches Erfahrungswissen wie ein vollbeschäftigter Beamter gewinnen. Der fiktiven Nachzeichnung der Laufbahn bedarf es in diesen Fällen in einer dienstlichen Beurteilung grundsätzlich aber nur dann, wenn das freigestellte Personalratsmitglied während des Beurteilungszeitraums zwar Dienst geleistet hat, aber im Übrigen in erheblichem Umfang freigestellt war, so dass die dienstliche Tätigkeit nicht ausreichend repräsentativ ist, um die Qualifikation des freigestellten Beamten für den gesamten Beurteilungszeitraum zu beurteilen (vgl. auch OVG Saarl., Urteil vom R 26/94 -, juris Rn. 25, dort war der Beamte zu 6/7 der Dienstzeit freigestellt; vgl. auch BAG, Urteil vom , a. a. O., Rn. 29). Letzteres ist hier der Fall. Zwar ist der Zeitraum von sieben Monaten, in denen der Antragsteller Dienst verrichtet hat, beurteilungsfähig (vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom B 1155/07 -, juris Rn. 8, dort hatte der Antragsteller mehr als neun Monate Dienst geleistet; siehe auch Nr. 3.1 und Nr BRLPol, wonach ein beurteilungsfähiger Zeitraum ab drei Monaten angenommen wird). Dieser Zeitraum macht aber weniger als ein Fünftel des gesamten Beurteilungszeitraums von 36 Monaten aus. Demgegenüber fällt der Zeitraum der Freistellung von 29 Monaten - also beinahe zweieinhalb Jahren - beträchtlich ins Gewicht. Die Antragsgegnerin wendet ohne Erfolg ein, einer fiktiven Nachzeichnung bedürfe es nicht, weil der Antragsteller in diesen sieben Monaten nicht nur kurzzeitig in den Dienstbetrieb eingegliedert, sondern seit Jahren auf demselben Dienstposten tätig gewesen sei und weil sich die sieben beurteilungsfähigen Monate an diese Tätigkeit angeschlossen hätten, ohne dass sich der Antragsteller hätte kurzfristig einarbeiten oder neu orientieren müssen. Es trifft zu, dass durch eine längere vorangegangene Freistellung Wiedereingliederungsschwierigkeiten entstehen können (vgl. auch BMI vom D I /12 - Anlage 2: Grundsätzliche Hinweise zur Rechtslage bei der Behandlung und Förderung freigestellter Personalratsmitglieder, Ziffer I Spiegelstrich). Dies rechtfertigt es aber nicht, fiktive Nach- ZfPR online 9/2016 Seite 3 von 5
4 zeichnungen nur zu gebieten, wenn der Beamte seine Freistellung für einen Dienst unterbricht. Vielmehr ist eine Benachteiligung auch in Fällen wie dem vorliegenden gegeben. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller in den sich an die sieben Monate anschließenden Zeitraum von fast zweieinhalb Jahren eine den Kollegen vergleichbare Leistungsentwicklung gezeigt hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller den siebenmonatigen Dienst zu Beginn des Beurteilungszeitraumes weit vor dem Beurteilungsstichtag verrichtet hat, während das Leistungsbild der nicht freigestellten Beamten aktuell bewertet worden ist. Die Zeit des tatsächlich erbrachten Dienstes nimmt hier demnach einen so geringen Anteil ein, dass die dienstliche Tätigkeit nicht ausreichend repräsentativ ist, um die Qualifikation des freigestellten Antragstellers für den gesamten Beurteilungszeitraum von drei Jahren zu beurteilen. Deshalb war hier eine fiktive Nachzeichnung geboten, die die Antragsgegnerin jedoch nicht ordnungsgemäß vorgenommen hat. Zwar haben die Beurteiler eine Prognose der Leistung des Antragstellers getroffen. Die Antragsgegnerin trägt in der Beschwerdebegründung vor, dass die Beurteiler eine prognostizierte Leistungsentwicklung des Antragstellers festgestellt und festgeschrieben hätten. Die Beurteiler würden dem Antragsteller mit dem Gesamturteil in seiner Regelbeurteilung bescheinigen, dass er die am Anfang des Beurteilungszeitraums erbrachten Leistungen C - Oberer Bereich auch prognostisch im gesamten Regelbeurteilungszeitraum gehalten hätte. Die Prognose unterstelle, dass die individuelle, in den ersten sieben Monaten erbrachte Leistung bis zum Ende des Beurteilungszeitraums erbracht worden wäre. Die so entwickelte Prognose der Beurteiler entspricht aber nicht einer fiktiven Nachzeichnung, wie sie in Nr. 3.3 BRLPol vorgesehen ist. Danach sind die Beurteilungen unter Berücksichtigung der beruflichen Entwicklung vergleichbarer Beschäftigter zum Stichtag der Regelbeurteilungen fortzuschreiben. Die Beurteiler haben hier jedoch nicht die berufliche Entwicklung vergleichbarer Beschäftigter berücksichtigt. Vielmehr haben sie unterstellt, dass der Antragsteller seine in den ersten sieben Monaten gezeigten Leistungen auf gleichem Niveau bis zum Ende des Beurteilungszeitraums gehalten hätte, also dass sich seine Leistungen in den anschließenden 29 Monaten auf identischem Niveau weiterbewegt hätten. Zur Rechtfertigung dieses Vorgehens kann die Antragsgegnerin nicht einwenden, eine Fortschreibung der Beurteilung des Antragstellers gemäß Nr. 3.3 BRLPol käme nicht in Betracht, weil für den Antragsteller gemäß Nr. 3.1 BRLPol eine Regelbeurteilung zu erstellen gewesen sei. Nach Nr. 3.1 Abs. 1 BRLPol sind die Beschäftigten alle drei Jahre zu einem Stichtag zu beurteilen (Regelbeurteilung), soweit am Beurteilungsstichtag ein beurteilungsfähiger Zeitraum von mindestens drei Monaten gegeben ist. Diese Regelung findet zwar grundsätzlich auch auf den Antragsteller Anwendung, weil aufgrund seines Dienstes vom 1. September 2011 bis zum 31. März 2012 ein beurteilungsfähiger Zeitraum von mindestens drei Monaten vorgelegen hat. Bei einer Anwendung dieser Regelung auf den wegen Personalratstätigkeit freigestellten Antragsteller wird jedoch dem zu beachtenden Benachteiligungsverbot nicht hinreichend Rechnung getragen. Denn der Antragsteller ist nur aufgrund des tatsächlich zu Beginn des Beurteilungszeitraums verrichteten Dienstes von sieben Monaten beurteilt worden. Hinsichtlich der Monate seiner Freistellung wegen der Personalratstätigkeit ist - wie dargelegt - nicht prognostiziert worden, wie er voraussichtlich zu beurteilen wäre, hätte er seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt. Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht auf Nr. 3.2 Satz 3, 5. Spiegelstrich und Nr. 3.3 BRLPol berufen, wonach nur Mitglieder von Personalvertretungen von der Regelbeurteilung ausgenommen sind, die während des gesamten Beurteilungszeitraums vollständig von ihrer dienstlichen Tätigkeit freigestellt sind, und nur für diese Beamten deren Beurteilungen unter Berücksichtigung der beruflichen Entwicklung vergleichbarer Beschäftigter zum Stichtag der Regelbeurteilung fortzuschreiben sind. Wie oben dargelegt, fordert das Benachteiligungsverbot eine fiktive Laufbahnnachzeichnung nicht nur für vollständig freigestellte Personalratsmitglieder, sondern auch für diejenigen, die im Beurteilungszeitraum zwar Dienst verrichtet haben, aber im Übrigen in erheblichem Umfang freigestellt sind, so dass die dienstliche Tätigkeit nicht ausreichend repräsentativ ist, um die Qualifikation des freigestellten Beamten für den gesamten Beurteilungszeitraum zu beurteilen. Die Antragsgegnerin hat nach alledem eine fiktive Nachzeichnung unter Berücksichtigung der beruflichen Entwicklung vergleichbarer Beschäftigter zum Stichtag der Regelbeurteilungen nachzuholen. Bei der Fortschreibung hat sie die beurteilungsfähige dienstliche Leistung des Antragstellers vom 1. Sep- ZfPR online 9/2016 Seite 4 von 5
5 tember 2011 bis zum 31. März 2012 nach pflichtgemäßem Ermessen mit zu berücksichtigen (vgl. auch BMI vom D I /12 - Anlage 2: Grundsätzliche Hinweise zur Rechtslage bei der Behandlung und Förderung freigestellter Personalratsmitglieder, Ziffer I Spiegelstrich; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, Teil B IV, Rn. 222b). Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist deshalb im Ergebnis zutreffend. Die teilweise Neufassung des Tenors dient lediglich der Klarstellung. ZfPR online 9/2016 Seite 5 von 5
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