Anzahl überschuldeter Privatpersonen im Ruhrgebiet hat stark zugenommen

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1 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Creditreform-Geschäftsstellen des Ruhrgebiets c/o Creditreform Bochum Böhme KG Lise-Meitner-Allee 26, Bochum Telefon / Telefax / presse@bochum.creditreform.de Internet Presseinformation SchuldnerAtlas Ruhrgebiet in 2017 Anzahl überschuldeter Privatpersonen im Ruhrgebiet hat stark zugenommen Die Überschuldung von Privatpersonen im Ruhrgebiet ist seit 2011 zum 6. Mal in Folge angestiegen. In 2017 sind Bürger über 18 Jahre überschuldet. Dies sind Personen mehr als noch im letzten Jahr (+1,80%) und mehr als noch in 2011 (2011: ). All diesen Menschen gelingt es dauerhaft nicht, mit den monatlichen Einnahmen die monatlichen Ausgaben zu decken. Die ruhrgebietsweite Schuldnerquote beträgt 14,08 Prozent und ist um 0,12 Prozentpunkte angestiegen. Der Anstieg ist nicht analog zum Schuldnerwachstum, da die Bevölkerung des Ruhrgebiets, und zwar um ca. 1 Prozent auf 3,4 Millionen, zugenommen hat. In Nordrhein-Westfalen liegt die Schuldnerquote derzeit bei 11,63 Prozent. Das Ruhrgebiet liegt somit 2,45 Prozentpunkte über dem NRW-Durchschnitt. Verglichen mit Gesamtdeutschland ist die Diskrepanz noch größer. So beträgt die deutschlandweite Schuldnerquote 10,04 Prozent. Das Ruhrgebiet liegt 4,04 Prozentpunkte darüber. Kommunale Verteilung der Schuldner und Schuldnerquoten Im Ennepe-Ruhr-Kreis ist die Schuldnerquote mit 10,95 Prozent am niedrigsten. Herne weist mit einer Quote von 17,85 Prozent die höchste Schuldnerdichte auf. Auch über 17 Prozent liegen die Kommunen Gelsenkirchen und Duisburg. Lediglich in Bochum und Dortmund ist die Schuldnerquote in diesem Jahr nicht angestiegen. Der stärkste Anstieg der Schuldnerquote liegt mit 0,44 Prozentpunkten in Duisburg vor. Den deutlichsten Rückgang der Quote finden wir mit 0,10 Prozentpunkten in Bochum. Schuldnerquoten im Ruhrgebiet Ort Dif f '16/ '17 Ennepe-Ruhr-Kreis 10,29 10,24 10,55 10,66 10,81 10,89 10,94 10,95 0,01 Mülheim a.d. Ruhr 10,52 10,40 10,74 10,61 10,91 11,16 11,41 11,62 0,21 Kreis Unna 10,44 10,67 11,04 11,26 11,43 11,51 11,68 11,68 0,00 Bot trop 10,99 10,78 11,32 11,09 11,48 11,79 11,72 11,77 0,05 Bochum 11,23 11,05 11,40 11,97 12,23 12,33 12,56 12,46-0,10 Krs. Recklinghausen 11,48 11,26 11,97 12,18 12,55 12,80 12,84 12,99 0,15 Essen 12,62 12,08 12,69 12,80 13,15 12,95 13,59 13,76 0,17 Dortmund 13,39 13,47 13,86 14,01 14,26 14,30 14,46 14,44-0,02 Oberhausen 12,90 12,79 13,41 13,53 13,98 14,70 15,09 15,17 0,08 Duisburg 14,67 14,59 15,26 15,36 15,86 16,20 16,64 17,08 0,44 Gelsenkirchen 15,41 15,43 16,24 16,23 16,78 16,72 17,67 17,76 0,09 Herne 14,19 14,22 14,92 16,04 16,60 17,07 17,61 17,85 0,24 Ruhrgebiet 12,52 12,39 12,94 13,14 13,49 13,64 13,96 14,08 0,12 1

2 Im Ruhrgebiet sind in Menschen überschuldet. Alle Kommunen außer Bochum und Dortmund weisen einen Anstieg der Schuldnerzahlen und einen Anstieg der Schuldnerquote auf. In Bochum und Dortmund hat eine andere Entwicklung stattgefunden: Während in Bochum die Anzahl der Schuldner ebenso wie die Schuldnerquote gesunken sind, liegt in Dortmund ein Rückgang der Schuldnerquote bei gleichzeitigem Anstieg der Schuldnerzahlen vor. Zurückzuführen ist letzteres auf einen deutlichen Anstieg der Einwohnerzahlen in Dortmund. Anzahl der Schuldner Ort Anst ieg 16/ 17 Ennepe-Ruhr-Kreis ,90% Mülheim a.d. Ruhr ,09% Kreis Unna ,17% Bot trop ,45% Bochum ,12% Krs. Recklinghausen ,01% Essen ,56% Oberhausen ,19% Dortmund ,80% Herne ,02% Duisburg ,70% Am stärksten ist die Anzahl der Schuldner mit 3,70 Prozent in Duisburg angestiegen. Direkt darauf folgt mit ebenfalls über 3 Prozent Mülheim an der Ruhr. Den geringsten Anstieg der Schuldnerzahlen finden wir mit 0,8 Prozent in Dortmund. In Bochum ist die Schuldnerzahl sogar zurückgegangen, und zwar um -0,12 Prozent. Kartographische Darstellung der Überschuldung Gelsenkirchen ,28% Ruhrgebiet ,80% Die u.a. Karte zeigt, dass viele Postleitzahlenbereiche des Ruhrgebiets im orangen bis roten Bereich liegen. Von den 190 Postleitzahlenbereichen sind es exakt 140 Bereiche, die bei 10 Prozent und darüber liegen. Nur 50 PLZ-Bereiche liegen im gelben und grünen Bereich. 2

3 Worst of Ruhrgebiet Die Schuldnerbrennpunkte liegen in Duisburg- Ruhrort mit 28,65 Prozent (PLZ 47119) und in der Dortmunder Nordstadt (PLZ 44145) mit ebenfalls über 28 Prozent. Unter den 20 schuldnerreichsten PLZ-Bereichen des Ruhrgebiets befinden sich insgesamt 8 Duisburger, 4 Gelsenkirchener, 3 Essener, 2 Dortmunder, 2 Herner Postleitzahlen und 1 Oberhausener Postleitzahl. PLZ Ort Quote Duisburg 28, Dortmund 28, Gelsenkirchen 27, Gelsenkirchen 27, Essen 26, Duisburg 26, Dortmund 25, Duisburg 25, Duisburg 24, Essen 23, Duisburg 23, Duisburg 22, Gelsenkirchen 22, Oberhausen 22, Duisburg 21, Herne 21, Duisburg 21, Herne 21, Essen 20, Gelsenkirchen 20,61 Best of Ruhrgebiet In Essen-Heisingen mit der PLZ liegt der schuldnerärmste Bereich des Ruhrgebiets (4,40 Prozent). Insgesamt sind 7 Essener Postleitzahlen unter den Best of Ruhrgebiet, außerdem 3 Duisburger, 3 Dortmunder, 2 Mülheimer und 2 Bochumer Bereiche. Dazu kommen noch jeweils eine Postleitzahl aus Bottrop, Haltern am See und Hattingen. PLZ Ort Quote Essen 4, Bochum 5, Essen 5, Essen 5, Essen 5, Essen 6, Dortmund 6, Mülheim 6, Duisburg 6, Essen 6, Dortmund 6, Bottrop 6, Bochum 6, Mülheim 7, Essen 7, Dortmund 7, Haltern am See 7, Duisburg 7, Duisburg 7, Hattingen 7,60 3

4 Ruhrgebietskommunen im Deutschlandvergleich Drei Ruhrgebietskommunen gehören zu den 10 deutschen Städten mit der höchsten Überschuldungsquote in Dies sind Herne an viertletzter, Gelsenkirchen an sechstletzter und Duisburg an achtletzter Stelle mit einer Quote von jeweils über 17 Prozent. Die zehn Städte mit der höchsten Überschuldungsquote 2010 bis 2017 Betrachtet man nur die Städte mit über Einwohnern, dann befinden sich ebenfalls 3 Städte, und zwar die schlechtesten drei, in der Statistik mit den deutschlandweit höchsten Schuldnerquoten. Dieses sind Duisburg mit 17,08 Prozent, Dortmund mit 14,44 Prozent und Essen mit Prozent. Die zehn Städte mit über Einwohnern über 18 Jahre mit den höchsten Überschuldungsquoten

5 Den höchsten Anstieg der Überschuldungsquote in Deutschlands Städten von 2004 bis 2017 finden wir mit +5,10 Prozentpunkten in Herne. Ebenfalls in dieser Statistik vertreten sind die Ruhrgebietsstädte Gelsenkirchen an 4. Stelle mit +3,65 Prozent und Duisburg an 9. Position mit 2,52 Prozent. Die zehn Kreise und kreisfreie Städte mit dem höchsten Anstieg der Überschuldungsquote 2004 / 2017 Keine der Ruhrgebietskommunen ist in den Best of Deutschland Statistiken zu finden. Big five dominieren bei den Überschuldungsursachen (Quelle stat. Bundesamt) Die Arbeitslosigkeit liegt als Auslöser für Überschuldung mit 20,2 Prozent vorne, danach folgen Erkrankung, Sucht und Unfall mit 15,3 Prozent. An dritter Stelle stehen Trennung, Scheidung und Tod mit 12,8 Prozent, an vierter die unwirtschaftliche Haushaltsführung und an fünfter Stelle die gescheiterte Selbstständigkeit mit 8,4 Prozent. Die big five stellen damit über 2/3 aller Überschuldungsursachen! Frauen holen auf Deutschlandweit zeigt sich, dass die Anzahl der Schuldner sowohl bei den Frauen (2016:2,64 Mio.; 2017: 2,68 Mio.) als auch bei den Männern (2016: 4,21 Mio.; 2017: 4,24 Mio.) zugenommen hat. Damit gelten in diesem Jahr rund 7,61 Prozent der Frauen über 18 Jahre als überschuldet oder nachhaltig zahlungsgestört. Bei den Männern sind es aktuell 12,59 Prozent aller Männer über 18 Jahre. Die Zahl der Überschuldungsfälle nahm in diesem Jahr bei den Frauen stärker zu ( Fälle) als bei den Männern ( ). 5

6 Harte und weiche Überschuldung nehmen gleichzeitig zu Der aktuelle Anstieg der Überschuldungszahlen beruht im Gegensatz zu den letzten Jahren auf einer gleichzeitigen Zunahme der Fälle mit hoher und mit geringer Überschuldungsintensität. Die Zahl der Fälle mit juristischen Sachverhalten nahm in den letzten 12 Monaten um rund Fälle auf 4,22 Mio. zu, die Zahl der Fälle mit nachhaltigen Zahlungsstörungen um rund Fälle auf 2,69 Millionen. Besorgniserregend ist dies aus 2 Gründen, zum einen sind weitere Verbraucher in Deutschland in eine dauerhafte Überschuldungsspirale geraten, zum anderen sind weitere Verbraucher auf dem Weg in die Überschuldungskrise, denn in vielen Fällen ist Überschuldung mit geringer Intensität als Vorstufe zur harten Überschuldung. Die Überschuldung im Ruhrgebiet und deutschlandweit steigt weiterhin trotz sinkender Arbeitslosigkeit und anhaltendem Konjunkturboom Die konjunkturelle Lage der deutschen Wirtschaft erreichte in den ersten 10 Monaten des Jahres 2017 neue Bestwerte. Das berichten sowohl die deutsche Bundesbank als auch das statistische Bundesamt. Auch der ifo-geschäftsklimaindex hat sich seit Januar 2017 sechsmal in Folge verbessert. Die deutsche Wirtschaft steht unter Volldampf. Auch ist die gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland günstig wie selten. Die deutsche Wirtschaft boomt, insbesondere die Binnen- und Baukonjunktur. Ein positiver Faktor ist die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die günstige Kurz- wie Langfristfinanzierungen ermöglicht und quasi Liquidität im Überfluss bereitstellt. Die Folge: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen geht weiter zurück und erreicht den niedrigsten Stand seit Mitte der 1990er Jahre. Die konjunkturellen Rahmenbedingungen waren für die allermeisten Verbraucher in den letzten Monaten beständig positiv. Das zeigen zum einen die preisbereinigten Konsumausgaben, für die in ,72 Billionen Euro (2016: 1,67 Billionen) erwartet werden aber auch die vergleichsweise hohen Tarifabschlüsse der letzten Jahre (Tarifverdienste 1. Quartal 2017: +2,8 Prozent). Auch die Lage am deutschen Arbeitsmarkt (Ruhrgebiet Okt. 2016: 10,65%; 2017: 10,16%) verbessert sich kontinuierlich und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag geht davon aus, dass die Beschäftigung auch 2018 weiterwachsen wird. Aber auch in diesem Jahr bleibt festzuhalten, dass sich viele Indikatoren zur Einordnung des Überschuldungsrisikos nicht verbessert, sondern zum Teil verschlechtert haben: So ist die Zahl atypisch Beschäftigter 1 Personen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auch 2016 bei insgesamt steigender Erwerbstätigkeit wieder angestiegen. Prekäre Beschäftigung und damit oft 1 Der Begriff der atypischen Beschäftigung umfasst nach Definition des Statistischen Bundesamtes ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in geringfügiger Beschäftigung, Arbeitnehmerüberlassung, befristeter Beschäftigung oder Teilzeitbeschäftigung bis zu 20 Stunden in der Woche. 6

7 verbundene Einkommensarmut bleiben dabei gerade bei den Menschen konzentriert, die ohnehin als überdurchschnittlich überschuldungsaffin gelten können. Hierzu gehören Frauen, junge und insbesondere ältere Menschen. Zudem steigen bereits seit geraumer Zeit Energiekosten, also Kosten für Strom und auch Mobilität. Im Kontext deutlich ansteigender Mietkosten und Immobilienpreise müssen viele Menschen so viel Geld für ihre Miete bezahlen, dass sie an den Rand der Armutsgrenze gelangen. Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass rund 40 Prozent der Haushalte in Deutschlands Großstädten mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens ausgeben müssen, um die Bruttokaltmiete zu bezahlen zu können. 2 Eine Mietbelastungsquote oberhalb von 30 Prozent des Haushaltseinkommens gilt bei Sozialwissenschaftlern wie bei Immobilienexperten als problematisch, weil dann nur noch relativ wenig Geld zur sonstigen Lebensführung zur Verfügung bleibt, insbesondere bei Menschen mit kleinen Einkommen. Die letzte Überschuldungsstatistik des Statistischen Bundesamtes von Juni 2017 zeigt, dass bei überschuldeten Personen die Kosten für eine Wohnung einschließlich Energie- und Nebenkosten 38 Prozent ausmachen. Mietschulden standen [ ] erst an neunter Stelle der häufigsten Schuldenarten. Dies dürfte daran liegen, dass die Miete aufgrund der drastischen Konsequenzen, wenn sie nicht bezahlt werden würde, beim Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel eine hohe Priorität einnimmt. 3 Alles in allem ist für die nächsten Monate trotz wirtschaftlich positivem Gesamttrend davon auszugehen, dass das Überschuldungsrisiko für die deutschen Verbraucher in Deutschland kurz- und mittelfristig weiter steigen wird. Creditreform Ruhrgebiet, Zeichen (mit Leerzeichen) 2 Vgl. Hans-Böckler-Stiftung, September 2017, Wohnverhältnisse in Deutschland eine Analyse der sozialen Lage in 77 Großstädten, Bericht aus dem Forschungsprojekt Sozialer Wohnversorgungsbedarf, S Vgl. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung, Nr. 221, : Überschuldete benötigen über ein Drittel ihres Einkommens für Wohnkosten 7