Stefan Sander, Carsten Mogge
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- Leon Bergmann
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1 9. SYMPOSIUM FERTIGUNGSGERECHTES KONSTRUIEREN SCHNAITTACH, 15. UND 16. OKTOBER 1998 LÖSUNGSSUCHE IN ENGINEERING-NETZEN STAND DER TECHNIK UND ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN Stefan Sander, Carsten Mogge Zusammenfassung Es existieren heute nahezu keine komplexen Produkte ohne die Verwendung von Zulieferkomponenten. Die meisten großen Zulieferer sind heute im Internet vertreten und bieten dort Informationen über ihre Leistungen an. Die fehlende Einheitlichkeit der Zulieferer erschwert jedoch die Informationsbeschaffung, was effiziente Suchmechanismen notwendig macht. In diesem Beitrag werden die aktuellen Möglichkeiten der Lösungssuche anhand eines praxisnahen Beispiels evaluiert. Aus diesem Beispiel wird Handlungsbedarf für die Zukunft abgeleitet und schließlich ein Konzept für eine verbesserte Lösungssuche im Internet vorgestellt. 1 Einleitung In den Medien wurde in den letzten 5 Jahren kontinuierlich zunehmend über das Internet, seine Entwicklung und seine Potentiale berichtet. Demzufolge sollte das Internet nicht nur im privaten, sondern auch im gewerblichen Bereich die Kommunikation revolutionieren. Häufig bleibt jedoch bei derart hochgesteckten Zielen bei genauerem Hinsehen nicht viel an Gehalt übrig. Produktentwicklung ist heute nur in Ausnahmefällen von einem Unternehmen allein zu bewerkstelligen. Im Normalfall sind eine Vielzahl an spezialisierten Zulieferfirmen beteiligt, die ihr Know-how in die Entwicklung einbringen. Die Auswahl geeigneter Zulieferer, sowie die Kommunikation und Koordination stellen mittlerweile eines der größten Probleme bei der Entwicklung komplexer Produkte dar. In diesem Bereich besitzt das Internet großes Potential, da sich sowohl Zuliefererauswahl, Produktauswahl und Kommunikation effizient über Internet abwickeln lassen. Hemmschuhe hierbei können die entstehende Informationsflut durch das globale Auftreten jedes Zulieferers sowie der manchmal zaghafte Umgang der Unternehmen mit neuen Techniken sein. In diesem Beitrag soll anhand eines praxisnahen Beispiels der Stand der Dinge bei der Lösungssuche im Internet ermittelt werden. Gesucht werden soll ein for-life geschmiertes, abgedichtetes Rillenkugellager mit folgenden Merkmalen: Tragzahl > 130 kn : 70 mm
2 Lösungssuche in Engineering-Netzen - Stand der Technik und Zukunftsperspektiven 85 2 Manuelle Lösungssuche Manuelle Lösungssuche soll in diesem Zusammenhang bedeuten, der Zulieferer ist bereits bekannt und der Konstrukteur kennt die Internet-Adresse des Zulieferers um in dessen Online-Katalog zu suchen. Im Anwendungsbeispiel Rillenkugellager sind die großen Anbieterfirmen im Internet vertreten, während es in anderen Bereichen des Maschinenbaus weniger innovativ aussieht. Als Testkandidaten für das Anwendungsbeispiel wurden die Unternehmen INA und SKF und FAG ausgewählt. Auf den Seiten von SKF und FAG befinden sich keine Online-Kataloge. Das Produktspektrum wird von beiden Firmen in hierarchisch strukturierten Seiten präsentiert, endet jedoch bei dem Überbegriff Rillenkugellager mit einigen allgemeinen Informationen über verfügbare Varianten (Bild 1). Bild 1: SKF Online Produktinformationen Nach dem Anwählen der INA-homepage ( gelangt man nach 3 Mausklicks in den Bereich der Rillenkugellager des INA-Katalogs medias-r online. Hier erhält man eine Auflistung von 40 Bezeichnungen für Baureihen von INA-Rillenkugellagern (z.b , 60..2BRS, RS ). Durch Zeigen mit der Maus auf einen dieser Typen erhält man in der
3 86 Lösungssuche in Engineering-Netzen - Stand der Technik und Zukunftsperspektiven Statuszeile des Browsers noch eine zusätzliche Erläuterung. Durch Zeigen auf alle 40 Typen konnte schließlich herausgefunden werden, daß 5 explizit abgedichtete Baureihen existieren: jeweils 2 mit Labyrinthdichtung und 3 mit Spezialdichtung. Nach dem zufälligen Anklicken Bild 2: Der Online-Produktkatalog von INA von weiteren Typen, erfährt man, daß sich auch hinter anderen Typen (z.b RS) Baureihen mit Dichtungen (hier Lippendichtung) verbergen. Da keine Suchmöglichkeit mit Suchfeldern, wie Durchmesser, Tragzahl u.ä. vorhanden ist, muß der Anwender die INA- Lagerbezeichnungen kennen, um eine passende Auswahl zu treffen. Somit bringt der Katalog abgesehen von den herunterladbaren DXF-Dateien der Komponenten keinen Mehrwert gegenüber einem herkömmlichen Papierkatalog. Fazit: Die großen deutschen Lagerhersteller bieten dem Anwender keine Möglichkeit einer gezielten anforderungsorientierten Suche nach Maschinenelementen. 3 Suchmaschinen Falls der Anwender noch keinen Zulieferer gewählt hat, bleibt noch die Suche im Internet mit Hilfe von Suchmaschinen. Suchmaschinen besitzen große Datenbanken um Anfragen nach Web-Seiten zu beantworten. Um die Datenbanken aktuell zu halten wird das WWW Tag und Nacht durchsucht und die gefundenen URLs (WWW-Adressen) werden nach Begriffen sortiert abgelegt. Stellvertretend für die Vielzahl an Suchmaschinen wurde die Suche nach einem abgedichteten Rillenkugllager mit AltaVista und der deutschen Meta-Suchmaschine Apollo7 durchgeführt. Meta-Suchmaschinen leiten Anfragen an eine Anzahl herkömmlicher Suchmaschinen weiter und stellen aus den Ergebnissen eine Anwortseite zusammen.
4 Lösungssuche in Engineering-Netzen - Stand der Technik und Zukunftsperspektiven 87 Die Suche nach dem Begriffe Rillenkugellager bei AltaVista brachte Treffer, wobei sich unter den ersten 50 kein passender Anbieter befand. Weitere Einschränkung durch Wahl des Suchbegriffs Rillenkugellager abgedichtet reduzierte das Ergebnis auf 6 Treffer, jedoch wiederum ohne einen in Frage kommenden Anbieter. Die Suche mit der Metasuchmaschine nach Rillenkugellager abgedichtet ergab 15 Treffer mit neuen potentiellen Zulieferern oder Lieferanten. Wiederum waren bei keinem Anbieter konkrete Produktinformationen, geschweige denn eine merkmalsorientierte Suchmöglichkeit vorhanden. Fazit: Für die direkte Auswahl eines Zulieferteils sind die Inhalte der Anbieter zur Zeit noch ungenügend. Die Auswertung der Ergebnisse der Suchmaschinen ist zeitaufwendig und bringt selten konkrete Produktinformationen. 4 Elektronische Marktplätze Das Defizit, das aus der Unstrukturiertheit des Internets erwächst und die damit verbundene schwierige Suche nach Zulieferteilen wurde erkannt und elektronische Marktplätze eingeführt. Sie sollen es dem Kunden ermöglichen möglichst alle potentiellen Zulieferer aufzufinden, deren Produkte miteinander zu vergleichen und Kontakt aufzunehmen. Stellvertretend wurden Componet, Imparts und maschinenelemente.de getestet. Bild 3: Componet Bei Componet konnten zusätzlich zu den bereits ermittelten Anbietern eine Anzahl weiterer gefunden werden. Jedoch fanden sich dort wie auch bei den anderen elektronischenmarktplätzen keine konkreten Informationen wer das gesuchte Produkt zu welchen Konditionen liefern kann.
5 88 Lösungssuche in Engineering-Netzen - Stand der Technik und Zukunftsperspektiven Elektronische Marktpläze erfordern eine zentrale Administration zur Verwaltung der Anbieter und deren Leistungen. Dieser Service muß zumeist von den vertretenen Anbietern finanziert werden. Aus diesem Grund schrecken viele Anbieter vor einer Präsenz in elektronischen Marktplätzen zurück, zumal wenn sie bereits im Internet vertreten sind. Ein weiteres Manko könnte das Fehlen eines weltweit etablierten Marktplatzes sein, was eine eher abwartende Haltung bei den Zulieferern auslöst. Das Internet wird von Zulieferfirmen nach wie vor als Marketing-Medium verstanden. Inhalte stehen hinter Layout-Anforderungen zurück und somit bietet die Präsens im Internet den Kunden nur wenig mehr als oberflächliche Informationen über die Firma und deren Produktspektrum. 5 Referenzhierarchie nach ISO Zentraler Aspekt der Normierungsbestrebungen der ISO (PLIB) ist der Austausch, die Verarbeitung und die Anwendung digitaler Teilebibliotheken. Von großer Bedeutung innerhalb der PLIB ist die Wissensstrukturierung mit Hilfe von Beziehungen. Durch eine sinnvolle Wissensstrukturierung soll den Anbietern einer Teilebibliothek die Dokumentation und Pflege des Wissens erleichtert werden. Innerhalb der PLIB erfolgt die anbieter- bzw. zuliefererübergreifende, allgemeingültige Wissensstrukturierung mit Hilfe einer Referenzhierarchie. Sie ermöglicht es, Zulieferer-Wissen für verschiedene Produktkategorien von unterschiedlichen Zulieferern zu strukturieren und einheitlich sowie rechnerinterpretierbar, aber unabhängig von Anwendungsprogrammen, abzubilden. INA-Bibliothek Referenzhierarchie FAG-Bibliothek Rillenkugellager INARKL is_case_of Rillenkugellager RKL RKL is_case_of Rillenkugellager FAGRKL is_described_by is_described_by d d D Di Di Da Da D1 D1 D2 D2 is_case_of is_case_of Bild 4: Die Vergleichbarkeit von Produkten über eine Referenzhierarchie Wenn eine Referenzhierachie von vielen Zulieferern gemeinsam aufgebaut wird, dann bedeutet das nicht, daß nun alle Zulieferer in ihren eigenen Hierarchien die Merkmale ihrer Produkte einheitlich bezeichnen. Die Vergleichbarkeit der Merkmale von Produkten verschiedener Hersteller wird vielmehr durch die Referenz auf das entsprechende Merkmal der Referenzhierarchie sichergestellt. Über eine mit standardisierten, einheitlichen Produktmerkmalen definierte Referenzhierarchie, die auf einem anbieterneutralen Server im WWW bereitgestellt wird und auf die
6 Lösungssuche in Engineering-Netzen - Stand der Technik und Zukunftsperspektiven 89 sich Anbieter mit ihrem Produktspektrum beziehen, ließe sich die Lösungssuche für den Produktentwickler erheblich vereinfachen. 6 Intelligente Softwareagenten Als eine weitere innovative Möglichkeit der Informationssuche im WWW sollen an dieser Stelle Intelligente Softwareagenten vorgestellt werden. Experten prognostizieren dem Geschäftsfeld der Intelligenten Agenten für die Zukunft immense Zuwachsraten (1996: 19 Mio. USD; 2006: 4.6 Mrd. USD [1]). Zur Zeit existieren einige wenige Prototypen Intelligenter Agenten, zur Suche nach konstruktiven Lösungen sind diese jedoch ungeeignet. Es ist aber gut vorstellbar, daß Agenten in Zukunft ein sehr effizientes Werkzeug für die Lösungssuche in Engineering- Netzen darstellen. Es existiert derzeit leider keine allgemein anerkannte und umfassende Definition eines Intelligenten Softwareagenten. Dies ist nicht zuletzt darin begründet, daß die Agenten- Technologie von verschiedenen Disziplinen beeinflußt wird, wie beispielsweise der Künstlichen Intelligenz, der Psychologie oder der Entscheidungstheorie. Alle diese Disziplinen haben naturgemäß ihre spezifische Sichtweise und es ist daher schwierig, eine allgemeingültige Definition zu finden. [1] definiert einen Softwareagenten wie folgt: Als intelligenten Softwareagenten bezeichnet man ein Softwareprogramm, das für einen Benutzer bestimmte Aufgaben erledigen kann und dabei einen Grad an Intelligenz besitzt, der es befähigt, seine Aufgaben in Teilen autonom durchzuführen und mit seiner Umwelt auf sinnvolle Art und Weise zu interagieren. Diese Definition beinhaltet die beiden wesentlichen Aspekte, die einen Intelligenten Softwareagenten von herkömmlichen Programmen unterscheiden: Intelligenz und Interaktion. Zur Abgrenzung Intelligenter Softwareagenten von herkömmlicher Software ist es sinnvoll, die typischen Charakteristika und ihre Auswirkungen auf das Verhalten Intelligenter Agenten zu betrachten. Softwareagenten sind durch die folgenden Eigenschaften charakterisiert: Reaktivität Proaktivität Lernfähigkeit Autonomie Mobilität Kooperationsfähigkeit Charakter Sie lassen sich darüber hinaus einteilen in:
7 90 Lösungssuche in Engineering-Netzen - Stand der Technik und Zukunftsperspektiven Informationsagenten Kooperationsagent und Transaktionsagenten Informationsagenten stellen ein effizientes Mittel zur Informationssuche in komplexen Netzwerken dar. Sie sind in der Lage, sich selbständig in Rechnernetzen zu bewegen und auf verschiedenen besuchten Knoten nach Informationen zu suchen. Voraussetzung dafür ist, daß auf dem Zielrechner eine Umgebung existiert (Agent Management System), die dort den sicheren Ablauf dieser Programme ermöglicht. Eine weitere Voraussetzung für eine effiziente Lösungssuche mit Hilfe Intelligenter Agenten ist es, daß die gesuchten Lösungen mit Hilfe standardisierter, dem Agenten bekannter Merkmale beschrieben werden. 7 Zusammenfassung Es existieren heute bereits sehr effiziente Suchmechanismen für die Recherche im Internet. Angefangen bei Suchmaschinen, über Meta-Suchmaschinen bis hin zu Elektronischen Marktplätzen und Intelligenten Softwareagenten stehen dem Benutzer ein Reihe von Techniken zur Verfügung. Im Engineering-Bereich und hier speziell bei der Bereitstellung von Informationen über Maschinenelemente und sonstige Zulieferkomponenten gibt es jedoch noch erheblichen Handlungsbedarf. Die meisten Anbieter stellen keine hinreichenden Informationen über ihre Produkte im WWW bereit. Die Beschreibung und Klassifizierung ist stark unterschiedlich. Ein standardisiertes Merkmallexikon zur Beschreibung von konstruktiven Lösungen und eine zuliefererübergreifende Referenzhierarchie könnte hier Abhilfe schaffen. Dadurch wäre es möglich, konstruktive Lösungen in Engineering-Netzen merkmalorientiert und zuliefererübergreifend zu suchen. 8 Literaturverzeichnis [1] Brenner, Walter: Intelligente Softwareagenten: Grundlagen und Anwendungen. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, [2] Jennings, N. R.; Woolridge, M. J.: Agent Technology. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, [3] Pocsai, Zsolt: Electronic Marketplaces Beyond the vision. HNI-Verlagsreihe [4] ISO [5] Meerkamm, H.; Sander, S.; Mogge, C.: Das Internet als Medium zur kontextsensitiven Bereitstellung von Konstruktionswissen auf der Basis der ISO PLIB. In: VDI- Tagung Der Ingenieur im Internet. VDI-Verlag, Düsseldorf 1997.
8 Lösungssuche in Engineering-Netzen - Stand der Technik und Zukunftsperspektiven 91 Dipl.-Ing. Stefan Sander Dipl.-Ing. Carsten Mogge Lehrstuhl für Konstruktionstechnik Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnber Martensstraße Erlangen Telefon: Fax: sander@mfk.uni-erlangen.de mogge@mfk.uni-erlangen.de
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