Erfahrungsbericht von Jannik Vandré

Transkript

1 Erfahrungsbericht von Jannik Vandré Ich habe ein Semester in den USA an der University of Wisconsin La Crosse studiert. Ich lebte vom 16. Januar bis zum 12. Mai 2018 auf dem Campus der dortigen Universität und habe mir ein Zimmer mit zwei US- Amerikanern geteilt. Auf die Idee, ein Auslandssemester zu machen, kam ich während einer Informationsveranstaltung im Sommer 2017, bei welcher den Studenten die einmalige Gelegenheit angeboten wurde, mit dem Programm ISEP während des Sommers für ein Semester in den USA zu studieren. Dies war sonst nur im Winter möglich. Als ich mich für ein Englischstudium entschied, war mir eigentlich klar, dass ich irgendwann in einem englischsprachigen Land studieren möchte, um das für mich bestmögliche Englischlevel erreichen zu können. Außerdem wollte ich unbedingt auch die Umgangssprache oder Alltagssprache des Englischen kennenlernen, die man ja in formellen Settings wie der Schule oder der Universität nur sehr begrenzt kennenlernt. Daher entschied ich mich also für das Auslandssemester im Sommer zu bewerben. Der Bewerbungsprozess über ISEP war anfangs schwieriger und aufwendiger als ich gedacht habe. Aus einem Angebot von über hundert Universitäten muss man sich zehn herauspicken die einem am meisten zusprechen. Ist dies getan, so muss man für jede Universität fünf Kurse wählen, die man dort belegen möchte. Anschließend fertigt man ein Motivationsschreiben an, indem hervorgehen sollte, dass man das ganze ernst nimmt und sich zutraut, für längere Zeit selbstständig im Ausland klarzukommen. Das Auswählen der Universitäten nahm ziemlich viel Zeit in Anspruch, und man musste sich selbst erstmal klar werden was man überhaupt möchte: -Stadt oder Land, Zentral oder an der Küste, Norden oder Süden. Auch die Auswahl der Kurse gestaltete sich anfangs schwierig: die Internetportale der verschiedenen Universitäten waren häufig sehr unübersichtlich und unterschiedlich. Nach der Zusage ging alles Weitere ziemlich schnell. Das International Office hier und in den USA- hat auf Anfragen immer sehr schnell geantwortet; mit der Versicherung und der Impfung gab es auch keine Probleme. Zuerst war ich ein bisschen verunsichert, da man sehr lange warten musste, bis man sich endlich um das Visum kümmern konnte, aber der Beantragungsprozess dafür gestaltete sich als sehr einfach und ich musste auch gar nicht lange auf einen Termin in der Botschaft in Berlin warten. Womit man auf jeden Fall rechnen sollte, sind eventuelle zusätzliche Kosten, die die amerikanische Universität in Anspruch

2 nimmt- sei es für die Orientierungstage oder das Studenten Office. Dies hängt aber natürlich von der jeweiligen Uni ab. Dann ging es los: Am 15. Januar flog ich nach Chicago und übernachtete dort in einem Hotel. Am nächsten Tag ging es mit dem Zug weiter nach La Crosse, wo ich vom Bahnhof freundlicherweise von jemandem der im dortigen International Office (IO) arbeitet mit dem Auto zum Campus gefahren wurde. Meine Zimmergenossen und auch die Leute vom IO waren alle unglaublich freundlich und herzlich und zeigten Gastfreundschaft in einem Maße, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Aber so waren eigentlich alle auf dem Campus: Jeder hatte Verständnis dafür, dass ich erstmal ein bisschen Zeit für mich brauchte und alle sprachen erstmal etwas langsamer mit mir. Ich hätte nicht damit gerechnet SO kaputt zu sein und brauchte eine längere Zeit um mit dem Jetlag klarzukommen. Auch die Sprache stellte mich anfangs vor einige Schwierigkeiten. Klar, ich konnte relativ gut Englisch sprechen und verstehen, aber ich war halt mehr an Englisch mit deutschem Akzent gewöhnt. Dort aber sprach Jeder Englisch als Muttersprache viel schneller und undeutlicher als man es in Deutschland gewöhnt ist. Hinzu kamen all die Nebengeräusche - gerade in der Stadt- die die Situation erschwerten. Nach einigen Wochen hatte ich mich daran aber gewöhnt und verstand so gut wie alles problemlos; auch mein Englisch wurde besser. Bevor die Vorlesungen starteten nahm ich als International Student an den Orientierungstagen mit anderen internationalen Studenten teil. Diese waren sehr gut organisiert und es gab viele gemeinsame Aktivitäten, bei denen man die anderen Internationals besser kennenlernen konnte. Außerdem wurde uns der Campus gezeigt. Während der Vorlesungszeit besuchte ich fünf Kurse: Critical Theory (vergleichbar mit einem Philosophiekurs, in dem wir viele verschieden Philosophen lasen und diskutierten), Journalism and New Media, American Literature, Survey of the United States (ein Überblick über wichtige historische Ereignisse in den USA) und Communicating Effectively (wie man gute Präsentationen hält). Das Niveau der Kurse war niedriger als man es in Deutschland gewöhnt ist. Das heißt die Anforderungen waren niedriger und die Klausuren oder die Aufgaben, die man erledigen musste, waren einfacher. Ich würde trotzdem nicht sagen, dass auch einfacher war gute Noten zu kriegen, denn man musste bei Weitem mehr tun als in Bielefeld. Es war einfach komplett anders. Für mich war es anfangs sehr schwer mich an den unglaublich hohen Arbeitsaufwand zu gewöhnen, teilweise musste ich Nachtschichten einlegen um alles zu schaffen. Jeder Kurs fand zweimal die

3 Woche statt und für jede Sitzung musste man zwischen Seiten lesen und dazu irgendwelche Aufgaben erledigen. Das soll aber nicht abschrecken! Anfangs war es schwer, weil man es nicht gewöhnt ist, aber man findet schnell Wege, mit der Arbeitsmenge klarzukommen. Ich habe schnell gemerkt, dass es reicht die Texte zu überfliegen und man lernt, sich wirklich nur auf das Wichtigste zu fokussieren. Und wenn man brav alles erledigt, kriegt man auch wirklich gute Noten. Dennoch würde ich dazu raten nicht mehr als vier Kurse zu wählen, falls möglich. Das Studieren in den USA erinnerte mich häufig an meine eigene Schulzeit zurück. Grundsätzlich gab es für alles eine Note: Anwesenheit, mündliche Beteiligung, Hausaufgaben und natürlich Klausuren oder Hausarbeiten. Man wurde mehr an die Hand genommen und bekam mehr individuelle Unterstützung als in Deutschland. Die Kurse sind sehr überschaubar - es gab ungefähr 20 Studenten in jedem Kurs- und man diskutiert viel mit seinen Kommilitonen über den Unterrichtsstoff. Mir gefiel das ganz gut, da ich so mein Englisch weiter aufbessern konnte und auch besser meine Mitstudenten kennenlernen konnte. Jedoch hatte ich mir manchmal auch mehr Freiraum zur Selbstständigkeit gewünscht. Schließlich ist man ja auch irgendwie froh, die Schule hinter sich zu haben. Anfang Mai kam dann die Klausurenphase, die ich einigermaßen gut bewältigte und auch hier haben die Dozenten einem unglaublich viel Unterstützung angeboten. Dies fand ich sehr gut, da ich deren Anforderungen nicht immer so gut einschätzen konnte. Bei einer Hausarbeit wurde beispielsweise der Fokus auf andere Sachen gelegt, als man es vielleicht aus Bielefeld kennt. Nachdem ich alle Arbeiten erledigt hatte, hieß es Abschied nehmen: der Abschied von meinen Zimmergenossen viel mir viel schwerer als gedacht. Dadurch, dass wir ein halbes Jahr im selben Zimmer gelebt und täglich Kontakt hatten, fiel es sich an, als ob man einen Teil seiner Familie zurückzuließe. Nachdem ich den Campus verlassen hatte, begann das Reisen. Zuerst hielt ich mich eine Woche mit einem anderen International aus Schweden in Chicago auf. Chicago ist eine unglaublich vielseitige Stadt eine beeindruckende Architektur, viele schöne Parks, Strände am Lake Michigan und trotz des regen Verkehrs eine ruhige Stadt. Anschließend ging es mit dem Flieger an die Westküste: San Francisco, Los Angeles und San Diego. San Diego war traumhaft schön. Wir hatten unglaubliches Wetter und die Strände waren wie aus dem Bilderbuch. Am besten war jedoch gerade im Vergleich zu SF und L.A. - die Ruhe. Trotz seiner Schönheit war San Diego von Touristen nicht überlaufen und auch der Strand war häufig leer. Als

4 Letztes flog ich nach New York City und verbrachte dort meine letzten Tage in den USA mit einer weiteren Teilnehmerin am ISEP Programm von der Uni Bielefeld, die zufällig auch zu der Zeit da war. New York City ist ebenfalls eine unglaubliche Stadt mit unzähligen Unternehmensmöglichkeiten: Die Freiheitsstatue, die Brooklyn Bridge, das Empire State Building, DUMBO (um nur einige zu nennen). Jedoch gab es dort auch unglaublich viele Touristen und die Einheimischen waren nicht so freundlich wie ich es sonst in den USA erlebt hatte. Das J1 Visum, welches man als Austauschstudent erhält, erlaubt es 30 Tage vor und 30 Tage nach dem Semester rumzureisen und ich kann nur empfehlen, das unbedingt auszunutzen! Ebenso würde ich die Möglichkeit nutzen, mich für das PROMOS Stipendium an der Uni Bielefeld zu bewerben. Ein Studienaufenthalt in den USA ist sehr teuer und ich würde mich auf jeden Fall über Stipendien informieren! Grundsätzlich war der Auslandsaufenthalt die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Mein Englisch hat sich extrem verbessert aber viel wichtiger ist noch, dass ich auch selbstbewusster geworden bin. Die Hemmungen, in einer Fremdsprache zu sprechen, lassen es häufig nicht zu, wirklich alle seine Fähigkeiten zu zeigen. Häufig hatte ich mich falsch ausgedrückt, nicht weil ich es nicht richtig konnte, sondern weil ich diese Hemmungen hatte und mit den Gedanken ganz woanders war. In den USA konnte ich diese Hemmungen ablegen und ich glaube es gibt keine besseren Voraussetzungen eine Sprache zu lernen oder sich in einer Sprache zu verbessern, wenn man keine Angst vor Fehlern hat. Außerdem habe ich viele neue Freunde gewonnen, mit denen ich auch in Deutschland in engem Kontakt stehe. Die US- Amerikaner, die ich getroffen habe, waren alle unglaublich gastfreundlich und tolerant und ich habe mich wirklich gut aufgenommen gefühlt. Einen Kulturschock gab es trotzdem: Das Essen war für mich eine der größten Herausforderungen. Gerade auf dem Campus war das Gemüse leider ungenießbar und auch das Fleisch hatte häufig eher eine Burger-Qualität. Es gibt sehr viel Fast Food und häufig ist dies die günstiges Methode um an Essen zu gelangen. Bio Essen gibt es dort häufig nicht und wenn, dann ist es sehr teuer. Nichtsdestotrotz gehören diese Erfahrungen nun mal dazu und letztendlich konnte ich meine Nischen finden Im Großen und Ganzen kann ich ein Auslandsstudium nur empfehlen. Es ist eine unglaubliche Erfahrung, die sich auf so viele verschiedene Lebensbereiche positiv auswirkt. Die Universitäten bieten Einem viel Unterstützung an, und ich kann sagen, dass sich mein Auslandsaufenthalt auch positiv auf meine Noten in Bielefeld ausgewirkt hat.

5 Ein paar Impressionen: Golden Gate Bridge in San Francisco Venice Beach Los Angeles

6 Chicago New York

7 Campus University of Wisconsin La Crosse