GD Richterswil Spiegelungen 1. Kor 13,9-13
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- Bärbel Schenck
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1 GD Richterswil Spiegelungen 1. Kor 13,9-13 Liebe Gemeinde aus Nah und Fern, am Ostermontag reihte ich mich in eine lange Warteschlange vor einem bekannten Kunst-Museum ein. Es hat sich gelohnt. Vielleicht kennen Sie die Bilder von Claude Monet. Faszinierend die Impressionen von Licht und Schatten, die er eingefangen hat. Vor allem aber haben mich die Spiegelungen in seinen Bildern berührt. Oft ist nicht klar, wo oben und unten ist, und wo genau die Spiegelachse verläuft, die vermeintlichen Bildhälften gehen ineinander über. Die Motive wiederholen sich so gekonnt, dass man seine Bilder wahrscheinlich auch umgekehrt aufhängen könnte. Monet spielt mit den Spiegelungen in gewissem Sinne ein doppeltes Spiel : Im Bild gibt es ein Motiv und gleichzeitig dessen Abbild. Beides wird abgebildet durch die Kunst des Malers. Eine doppelte Abbildung sozusagen. Was ist hier sozusagen das Huhn und was das Ei, was war zuerst da? War der Maler von der Spiegelung fasziniert oder von dem, was sich spiegelt? Nachdenklich gestimmt und bewegt verliess ich Mones Bilder wieder. Die Gedanken aber kreisten weiter um die 1
2 Frage des Spiegelns: Wie ist das mit dem Spiegeln in unserem alltäglichen Miteinander? Was hat das mit dem rätselhaften Spiegelwort des Paulus zu tun? Beim Maler verschwimmen die Grenzen zwischen Motiv und Spiegelung und wir wissen nicht, was zuerst da war. So erleben wir es mitunter tagtäglich im Miteinander: Unser Gegenüber bei einer Begegnung reagiert manchmal freundlich auf uns, manchmal ablehnend. Das kann uns je nachdem erfreuen, verunsichern oder verärgern. Zumal dann, wenn wir nicht genau wissen, warum nun der oder die andere so oder so drauf ist, wie man so schön sagt. Wir wiederum reagieren dann entsprechend, und so kann es sich im schlimmsten Fall immer weiter aufschaukeln. Oftmals ist aber auch hier nicht klar, was das Huhn und was das Ei ist, was zuerst war. Wie ist das jedoch, wenn ich die Situation aus dem Blickwinkel der Spiegelung anschaue? Spiegelt mein Gegenüber, meist unbewusst, meine eigene Mimik und Gestik? Derer bin ich mir ebenfalls nicht immer bewusst, oder wer von uns läuft schon immer mit einem Spiegel herum? Und selbst bei einem Blick in den Spiegel ist noch immer nicht alles über unser Seelen- 2
3 leben zu erkennen. Das wäre bereits eine erste Brücke auf der ganz menschlichen Ebene zum Spiegelwort des Paulus: Wir schauen in einen rätselhaften Spiegel und nicht verstehen, was wir da sehen Schon gar nicht immer uns selber Da kommen dann eben manchmal die anderen ins Spiel und halten uns notabene den Spiegel vor. Man kann nicht nicht kommunizieren heisst es beim Kommunikationsforscher Paul Watzlawik. Ich löse bei meinem Gegenüber immer etwas aus, das immer auch mit mir selber zu tun hat. Ein anderes Beispiel dafür habe ich unlängst erlebt: Ein Bewerber für die Mitgliedschaft in einer Organisation zog seine Bewerbung zurück, mit der Begründung, dass er wohl den Ansprüchen dieser Organisation nicht gerecht werden könne vom Gedanken der Spiegelung her war deutlich, dass er damit eher meinte meine Ansprüche an diese Organisation können von dieser nicht erfüllt werden. Oder meinte er vielleicht doch so, wie er es gesagt hat und ich habe wiederum meine eigenen Gedanken zu dieser Organisation in seine Worte hineingespiegelt??? Wie dem auch sei ich möchte mir angewöhnen, in menschlich angespannten Situationen zu fragen, ob da 3
4 vielleicht eine Spiegelung vorliegt, was denn mein Anteil sein könnte. Von dem ich manchmal weiss und manchmal nicht. Dann macht es mir vielleicht der oder die andere bewusst. Verbergen können wir selten, wie es uns wirklich geht. Dass das auch andersrum gilt, ist erfreulich, zumal wir hier nicht nur um heikle Situationen kreisen wollen: Wer hat nicht schon erlebt, dass sich die Miene des Gegenüber aufgehellt hat, wenn ich ihm oder ihr als erstes mit einem Lächeln, freundlich begegne? Natürlich muss das ernst gemeint sein, sonst kommt es nicht wirklich an Eigentlich ist das ganz einfach die Goldene Regel von Jesus bringt das auf den Punkt: So wir ihr wollt, dass mit euch umgegangen wird, so geht auch ihr mit anderen um. Ist das nicht auch ein Spiegelwort? Der Grundgedanke dahinter ist die Liebe als Massstab des Umgangs miteinander. Jesus erweitert ihn über die Nächstenlieben hinaus auch auf die, die es uns schwer machen. So kommen wir schliesslich zum Spiegelwort des Paulus, das eben damit endet, dass die Liebe die grösste ist neben Glaube und Hoffnung. Sie umklammert, umfasst auch das Unverständliche, das Stückwerk, das Unfertige. Wie in einem Spiegel 4
5 sehen wir nur an all das heran, hinter den Spiegel schauen wir noch nicht. Vorhin habe ich gesagt, dass das für uns selber gilt, wo wir auch nicht immer alles verstehen, warum wir so und so sind, nur ahnen. Bei aller Selbsterkenntnis mit den Jahren, von Kindesbeinen an bis ins hohe Erwachsenenalter bleibt auch immer noch etwas offen, schreibt Paulus. Das gilt ebenso für die grösseren Zusammenhänge in unserem Leben, wo wir ganz und gar nicht verstehen können, was uns passiert: Warum Streit, warum Krieg? Warum Krankheit und Leiden? Warum Abschied und Sterben? Ratlos, hilflos, manchmal zu recht wütend stehen wir davor. Sehen in einen Spiegel und sehen ein rätselhaftes, unscharfes, unfertiges Bild. Einmal aber, so sagt Paulus, werden wir erkennen, wie wir schon längst erkannt worden sind: Ganz und gar, so wie uns Gott schon jetzt sieht. Mit allen Ecken und Kanten, mit dem was uns freut, mit dem, was uns traurig macht. Dann wird, um im Bilde zu bleiben, der Spiegel durchsichtig, wir schauen hindurch und sehen den, der uns ansieht Gott. Vielleicht werden wir dann endlich also unsere Fragen nach dem Warum stellen können oder keine mehr haben, weil alles im doppel- 5
6 ten Sinne klar ist Keine Rätsel mehr, keine Spiegelungen, wo wir nicht genau wissen, wo sie herkommen, was sich spiegelt und ob nicht das Spiegelbild vielleicht eine Täuschung ist. Was bleibt, ist die Liebe die erhaltene, die gegebene. Und die, von der wir durch nichts zu trennen sind: die Liebe Gottes. Er ist in unsere Niederungen, das finstere Tal gekommen, um auch darin bei uns, in jedem von uns zu sein. Er ist auch in den Momenten erlebten Glücks, wo alles Sinn macht, schon etwas aufblitzt von dem, wie es einmal sein wird: Wo Versöhnung geschieht und endlich Frieden, Trost und nicht Vertröstung, Zuwendung und Anteilnahme, eine Umarmung, neue Anfänge und Aufbrüche ins Leben, Freundschaft, Liebe, Heilung an Leib und Seele, eine Aufgabe zu finden, die erfüllt, erfüllte Momente, wo uns etwas in der Seele berührt. Geschenkte Momente. Um all das können wir nur bitten, beten, jede und jeder auf seine Weise oder stellvertretend füreinander. Was zählt, ist die Liebe. Ich glaube, das Warten lohnt sich, bis wir das immer wieder und einmal ganz sehen so wie sich am Ostermontag das Warten vor dem Kunstmuseum gelohnt hat, um zu sehen und zu staunen. Amen 6
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