Medikationssicherheit aus ärztlicher Sicht. Patientensicherheit Schweiz: Aktivitäten Stolpersteine Perspektiven. Schnittstellenprobleme der Medikation
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- Gitta Maurer
- vor 8 Jahren
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1 Patientensicherheit Schweiz: Aktivitäten Stolpersteine Perspektiven Dr. med. MPH Samuel Henz Leitender Arzt und Q-Beauftragter Departement Innere Medizin Inhalt Schnittstellenprobleme der Medikation Prozesssicht Fehlermathematik Warum geschehen Medikationsfehler? Organisatorische und EDV-Lösungen Schlussfolgerungen
2 Schnittstellen der Medikation: Spital Verordnung Spitalarzt Pflege Anamnese Abgabe Patient Schriftliche Verordnung wird eingeführt
3 Beispiel 1: schriftliche Verordnung 55-j. Patient mit Hirnhautentzündung schriftliche Verordnung für Antibiotikum durch Dienstarzt Verordnung wird 6 Stunden nicht umgesetzt Schriftliche Verordnung Spitalarzt Verordnung Kleber Transport Ablage Zuordnung Übertragen Pflege Patient Einnehmen Verteilen Beschriften Richten
4 Fehlermathematik... Prozesssicherheit 0.95 * 0.95 * 0.95 = * 0.98 * 0.95 * 0.98 * 0.95 = 0.82 Prozesssicherheit nimmt mit jedem Schritt in Serie ab * * = Prozesssicherheit nimmt mit sinnvollen Parallelschritten zu! Organisatorische Massnahmen Spital Spitalarzt Oberarzt Visite Verordnung Übertragen Pflege Richten Patient Verteilen Richtkontrolle Kontrolle durch Pat
5 Schlussfolgerungen 1 Hintereinander geschaltete Schritte erhöhen das Fehlerrisiko Parallel geschaltete können es reduzieren Eine mündliche Verordnung kann sicherer sein, als eine schriftliche Korrekturpotential durch (parallele) Pflegeperson Korrekturpotential durch (parallele) Ärztin Nicht jede Veränderung ist eine Verbesserung! Schnittstellen der Medikation: Entlassung Spitalarzt Information Hausarzt Rezept Patient
6 Schnittstellen der Medikation: Informationen Sind die Informationen kongruent? Spitalarzt Hausarzt Pflege Patient Spitex Beispiel 3: Inkongruente Information Diabetiker wird auf Insulin umgestellt Diabetesschwester instruiert und ermutigt selbständiges Spritzen Pflege spritzt zusätzlich Insulin... Analog: Eigene Medikamente im Spital Alte und neue Medikamente nach Entlassung
7 Beispiel 5: Verwechslungen Wir stellen fest, dass Pat. am Vortag anstatt DOXORUBICIN DACARBACIN verabreicht wurde. Blutzucker- Messung bei falschem Patienten 40 E Insulin gespritzt Patient fragt dann warum... Patient nimmt Medikamente vom Nachttisch des Nachbarpatienten ein Massnahmen zur Irrtumsprävention Information Rechenhilfen Standardisierung Forcing Functions Decision Support
8 Informationen ca ½ der schweren Errors Organisatorisch Reduktion der Übergaben Änderung der Rapporte EDV-Support 55% verhinderbar mit einfachen EDV-Lösungen 83% verhinderbar, wenn auch Interaktionen und Allergie berücksichtigt Cave: Warnungen dürfen Arbeitsfluss nicht stören sonst werden sie ignoriert!!! Bates JAMA 1998 / Bates BMJ 2000 Rechenhilfen Organisatorisch Tabellen Merkblätter EDV-Support Sofern in den Verodnungsprozess integriert Optimal automatisch im Hintergrund
9 Forcing Functions Organisatorisch Wenn Funktion zu mühsam ist wird sie abgeschaltet oder eine Abkürzung genommen Entfernung einer verwechselbaren Substanz (KCL) Andere Schraubverschlüsse enteral / parenteral Forcing Functions EDV-Support Elektronische Verordnung = lesbare Schrift Zwang, korrekte Dosis, Abgabezeitpunkt etc. anzugeben Weiss das der junge Arzt aber so genau? Sicherheit wird nur besser wenn: Noch immer kritisches Gegenlesen durch Pflege EDV-System default hinterlegt hat z.b. Lasix Tbl. 40mg p.o EDV-System Maximaldosen und weitere Informationen (z.b. Alendronat) hinterlegt hat
10 Decision Support Organisatorisch Flow-Diagramme Checklisten EDV-Support Organisatorische Arbeit muss vorher trotzdem gemacht werden Zu viele Situationen, welche nicht vorgesehen sind Meist sehr mühsam Wird von Fachpersonen oft schlecht akzeptiert Warum akzeptieren wir diese Zahlen? Sie sind uns gar nicht bewusst bzw. verdrängen sie Wir akzeptieren sie als schicksalhaft Oft existiert auch keine gute Evidenz daher macht es jeder anders Oder die verfügbare Evidenz ist uns nicht zugänglich Wir haben einen mittelalterlichen Berufsmythos
11 Mythos Arzt Der Arzt ist unfehlbar und zeigt keine Schwächen Er kann am ersten Tag bereits allein eine vollbelegte Station führen Einführung ist nicht notwendig Arbeitszeit ist unbegrenzt Arztdienst - Pflegedienst CA Oberärzte Assistenzärzte PDL Stationssr. Diplomierte Stabspersonal für Managementaufgaben, QM-Aufgaben, Teaching, Erarbeitung von Richtlinien, etc. fehlt oft Diese Tätigkeiten qualifizieren auch nicht für eine Daueranstellung im Spital
12 Kosteneffizienz? Wir investieren Milliarden in (oft marginale) Verbesserungen von Diagnostik / Therapie Wir unternehmen wenig für die Optimierung der Prozessperformanz im Gesundheitswesen kaum Studien Spital investiert nur bei finanziellem Druck Eine verhinderte Komplikation wird nicht wahrgenommen Aktivitäten zu deren Verhinderung werden ev. sogar als Ineffizienz angesehen Gründe für Irrtümer Ungenügende (fachliche) Ausbildung Problemstellungen sind zu komplex Gewohnheit Zeitdruck Ablenkung / Unterbrechung Langeweile Übermüdung Angst nachzufragen und sich zu blamieren
13 Kognitive Mechanismen: Autopilot Automatisch Unbewusst Schnell Gleichzeitig Einfach Problemlösung Bewusst Langsam Nacheinander Anstrengend Aus Effizienzgründen arbeiten wir meist mit Pattern recognition komplexe Inhalte werden vereinfacht und im Autopilot abgearbeitet Leape 1999 / JAMA 1994 Lösungsansätze Lass Ärzte machen, was sie gut können Detektivarbeit bei komplexen Problemen Gesprächsführung Manuelle Tätigkeiten Hilf ihnen, wo sie (kognitiv) weniger gut sind Tabellarisches Wissen Aufmerksamkeit Kurzzeitgedächtnis Rechnen Langweilige Tätigkeiten
14 Schlussfolgerungen 2 Tief verwurzelte kulturelle Hindernisse Alle Ressourcen werden in direkte Patientenbetreuung gesteckt Beschäftigung mit Risikoreduktion schaden der Karriere Tiefgreifende kognitive Hindernisse Unnötig verwirrliche Produktevielfalt und Namensgebung Massnahmen zur Risikoreduktion müssten alle Faktoren anvisieren Warten wir nicht auf das perfekte elektronische Tool auch organisatorische Massnahmen sind sinnvoll Nicht alle Änderungen führen zu Verbesserungen! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
15 Welche Massnahmen sind nützlich? 9. August 2007 Für die meisten QM-Massnahmen in der Medizin wurde nie ein Nutzen gezeigt Hypothese: Die Beschäftigung mit QM reduziert die verfügbare Zeit zur Betreuung von Patienten! Forderung: Anwendung gleich strenger Nutzenkriterien für QM-Massnahmen wie bei klinischen Studien Sinnvolle elektronische Unterstützungen Aktualisierter Medikamentenstamm mit Maximaldosen, Interaktionsinformationen etc. (Hospindex) Elektronische Verordnung durch Arzt intelligente Unterstützung durch KIS Prozessunterstützung durch KIS (halbautomatische Integration in Pflegedoku) Unterstützung der Pflege Richten Abgabe, RFID (nur in Kombination mit mobilem KIS)
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