Solargraphie Abbildung der scheinbaren Sonnenbahn mit einfachsten Mitteln

Transkript

1 Uwe Pilz Solargraphie Abbildung der scheinbaren Sonnenbahn mit einfachsten Mitteln Jeder von uns weiß, dass sich die scheinbare Sonnenbahn im Laufe des Jahres dramatisch ändert. Am auffallendsten ist dabei die Variation der Tageslänge, welche durch den Tagesbogen, d.h. den Teil der über dem Horizont liegenden Sonnenbahn bestimmt wird. Auch der höhere Sonenstand im Sommer ist ein bekanntes Phänomen. Was jedoch weniger anschaulich vor uns liegt, ist die Verschiebung der Auf- und Untergangspunkte der Sonne im Jahreslauf. Diese Erscheinungen können mit Hilfe der Solargraphie anschaulich aufgezeichnet. Werden. Der Aufwand dazu ist denkbar gering und geradezu "untechnisch". Die einfachste Solargraphie-Kamera besteht aus einer schwarzen Filmdose, in die man mit einem Poster-Pin ein Loch pieckst. Die Sonnebahnen werden gut wiedergegeben, die Bildqualität ist noch nicht optimal. Prinzip Fotopapier für die chemische Fotografie ist lichtempfindlich und kann deshalb als Aufnahmematerial benutzt werden. Für unsere Versuche werden wir mit Lochkameras arbeiten, welche statt einer Optik ein einfaches (aber möglichst hochwertiges) Loch besitzen. Die große Intensität des direkten Sonnenbildes, welches wir aufzeichnen wollen, lässt sich mit dem Fotopapier direkt nachweisen, ohne die sonst übliche Entwicklung. Es ist kein Fotolabor nötig. Benötigte Materialien Minimal benötigt werden lediglich eine schwarze Filmdose und etwas Fotopapier (nicht das für den Drucker, sondern die Sorte für das Labor, die nur im Dunkeln geöffnet werden darf). Dieses Fotopapier ist das einzige, was man beschaffen muss und was sich nicht bei jeder Drogerie um die Ecke findet. Ich habe Schwarz-Weiß-Fotopapier benutzt, sehr wahrscheinlich funktioniert Farbpapier ebenso. Da man nur wenige Quadratzentimeter braucht, ist es am billigsten einen Amateur zu finden, der solches Material noch verarbeitet und um eine Probe zu bitten diese kleine Menge erhält man auf jeden Fall kostenlos. Auch überlagertes Material ist geeignet. Ansonsten muss man im Versand kaufen, z.b. bei fotoimpex.de. Der Typ Fomaspeed Variant sind gut geeignet, die matten Sorten 312 oder 313 haben einen kleinen Vorteil gegenüber dem glänzenden 311. Letzteres bringt zusätzliche Reflexe ins Bild. Die kleinste Packungsgröße sind 25 Blatt 13x18 cm² für weniger als 10, das genügt für mehrere Schulklassen. Für hochwertige optische Löcher wird dicke Aluminiumfolie aus der Umhüllung von Teelichten benutzt, Man benötigt ferner eine feine Nähnadel, schwarzes Klebeband und etwas feinstes

2 Schleifpapier. Der Zugang zu einem Mikroskop ist vorteilhaft, das allereinfachste genügt. Eine starke Lupe erfüllte den Zweck fast genauso. Herstellung optisch hochwertige Lochoptiken Von den Teelicht-Umhüllungen wird der senkrechte Rand abgeschnitten und in etwa quadratische Stücke geteilt. In jedes dieser Stücke sticht man mit einer möglichst feinen Nähnadel ein Loch so klein wie möglich. Die optimale Lochgröße für Filmdosenkameras ist etwa 1/10 mm, das ist sehr schwer hinzubekommen. 150 µm Lochdurchmesser sind jedoch einfach zu erzeugen und geben auch gute Ergebnisse. Auf der Rückseite des Durchstichs befindet sich ein Grat, der entfernt werden muss. Dazu dient ganz feines Schleifpapier. Beim Schleifen keinen Druck ausüben, sonst drückt man das Loch wieder zu. Nicht jedes Loch gelingt gleich gut, deshalb mehrere anfertigen Das Loch sollte kreisrund sein, der Rand scharf begrenzt. Unregelmäßige Löcher führen zu unscharfen Bildern. Man kann die Löcher in einem Mikroskop bei ca. 50-facher Vergrößerung auswählen. Auch ein Diaprojektor kann helfen die Löcher werden behelfsmäßig in einen Diarahmen geklebt und projiziert. Durch Vergleich mit einem transparenten Lineal kann die Lochgröße abgeschätzt werden. Eine ordentliche Lochform ist aber wichtiger also die optimale Größe von 100 µm. Brauchbare und ausgefranstes Lochoptik unter dem Mikroskop.Wenn man die brauchbare Lochoptik vorsichtig mit einer Nadel nachreibt, wird sie exakt rund. Herstellung einer Filmdosenkamera In die Filmdose wird etwas oberhalb der Mitte ein Loch eingestochen und dieses auf ca. 6 mm aufgebohrt. Löcher oberhalb der Mitte führen dazu, dass mehr Himmel ins Bild kommt und die Sonnenbahn besser erfasst wird. Man kann auch mit Löchern knapp am oberen Rand experimentieren, das Anbringen der Lochoptik wird dann aber schwieriger. Dann wird mit schwarzem Klebeband wird eine ausgewählte Lochoptik so aufgeklebt, dass das Loch zentrisch im gebohrten Loch sitzt. Bevor man die Kamera benutzt, wird die Optik an einer Lampe geprüft nicht dass man dies aus Versehen mit zugeklebt hat. Die Lochoptik sitzt etwas oberhalb der Mitte. Sie wird so aufgeklebt, dass nur ein winziges Stück Metall herausschaut. Vögel interessieren sich für glänzende Stücken und können in Kameras hineinhacken.

3 Vor Verwendung wird geprüft, ob das Loch richtig sitzt. Beladen mit Fotopapier Das Fotopapier darf nur im Dunkeln oder bei Rotlicht entnommen werden, wenn der Rest der Packung noch für normale fotografische Zwecke dienen soll. Ich habe das Papier bei Rotlicht in die Dose eingelegt. Wer sich das nicht zutraut, kann ein Blatt Papier im Dunkeln/Rotlicht entnehmen und die Filmdose bei gedämpftem weißem Licht beladen. Für Filmdosen benötigt man einen Streifen von 4,5 x 7 cm² Größe. Am besten stellt man sich eine Pappschablone her, damit man dies bei Rotlicht genügend genau schneiden kann. Es ist am besten, den Papierstreifen bei Rotlicht in die Dose zu schieben. Das Papier muss dem Loch gegenüber liegen und darf keinesfalls die Lochoptik verdecken. Großformatkameras Ein größeres Negativformat ergibt bessere Bilder. Verarbeitet werden kann alles, was sich lichtdicht verschließen lässt. Chipspackungen, Getränkedosen oder Kaffeedosen wie hier vorgestellt. Die Blechdosen sind innen glänzend, diese Reflexionen verschlechtern das Bild. Es ist zweckmäßig, mattschwarzen Lack einzusprühen oder die Dose mit schwarzem Papier auszukleiden. Die Löcher für solche Dosen sollten größer sein, 200 µm für Getränkedosen und 300 µm für Kaffeedosen. Das Problem ist, die Dosen lichtdicht zu verschließen. Schwarze Folie ist hilfreich, Fotopapier ist in solche Folien eingepackt.

4 Kaffeedosen-Kamera. Der Deckel ist nicht lichdicht und wurde mit schwarzer Folie gesichert.der Schnappverschluss lässt sich leicht öffnen, so dass die Dose mehrmals benutzt werden kann. Aufnahme Die Dosen sollten in Freien angebracht werden und in eine Richtung zeigen, in der die Sonnenbahn verläuft. Also nicht gerade nach Norden. Befestigt werden sie an geeigneten Stellen mit Klebeband oder Postersticks. Man kann auch z.b. auf einem Friedhof oder in einer verlassenen Ecke eines Parks einen Stock in den Boden stecken und die Kamera dort festkleben. Es ist am besten, wenn die Kameras ein halbes Jahr draußen bleiben, und zwar zwischen zwei Sonnenwenden. Ende Juni und Ende Dezember sind also gute Startzeiten für da Vorhaben. Aber auch Bilder, die nur wenige Wochen oder gar wenige Tage belichtet wurden, bringen sehenswerte Ergebnisse. Es ist zweckmäßig, wenigstens eine Kamera im eigenen Wohnumfeld anzubringen. Hier kann man sicherstellen, dass ihr nichts passiert. Mit etwas Geschick können auch Kameras mitten im öffentlichen Raum angebracht und erfolgreich über eine längere Zeit gebracht werden. Kaffeedosen-Kamera im Fensterbrett. Sie wurde noch mit Heißkleber gesichert. Die unten gezeigten Bilder wurden mit dieser Kamera aufgenommen.

5 Ergebnis Nach Ende der Aufnahme sollte das Fotopapier bei Rotlicht oder zumindest bei gedämpften Licht entnommen werden. Man sieht die Sonnenbahn und ein Bild der Umgebung in Rottönen. Das ist ganz erstaunlich, da wir doch Schwarz-Weiß-Fotopapier benutzt haben! Das Bild ist stark gewölbt und kann nur schlecht abfotografiert werden. Am besten funktioniert das Einscannen. Da schon ein einziger Scanvorgang das Bild verschlechtert, sollte man einfach Scannen ohne Vorschau. Die Scannerparameter probiert man vorher mit einem anderen Bild aus. Solargraphie, wie sie aus der Kamera kommt. Die Aufnahme geschah zwischen dem 8. Januar und dem 18. Juni, überdeckte die järliche Sonnenvariation fast vollständig. Die höchsten Teile der Sonnenbahn im Süden wurden nicht erfasst. Hierfür hatte entweder das Loch weiter oben sein müssen oder die Dose schlanker. Solargraphie, im Computer seitenrichtig gestellt, ins Positiv verwandelt und die Farbsättigung erhöht. Solargraphien können lange Zeit aufbewahrt werden, wenn man sie nur kurz und in gedämpften Licht anschaut. Ansonsten müssen sie lichtdicht bewahrt werden.