Dienstvertrag, Rechte und Pflichten
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- Anneliese Maus
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1 Dienstvertrag, Rechte und Pflichten Die Zahl der freien Dienstnehmer ist seit den 90er-Jahren stark angestiegen. Ähnlich wie bei den Teilzeitjobs ist die Mehrzahl der freien Stellen nach einer vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten beauftragten Studie aus der Not geboren: Die überwiegende Zahl der freien Dienstnehmer hätte lieber eine voll versicherte Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung obwohl die freien Dienstverträge zunächst oft mit höheren Stundenlöhnen oder Honorarsätzen locken. Für die Arbeitgeber bringen freie Dienstverhältnisse dennoch eine Reihe von Vorteilen: geringere Lohnnebenkosten, weniger arbeitsrechtliche Verpflichtungen, geringeren Verwaltungsaufwand usw. Daher ist davon auszugehen, dass die Zahl der Freien in den kommenden Jahren eher noch steigen wird. Vieles auch im Rahmen echter Dienstverhältnisse vereinbar Für einen Arbeitnehmer erweist sich die freie Mitarbeit in erster Linie dann als sinnvoll, wenn er neben einer anderen Tätigkeit noch einen Nebenjob ausübt oder sich aus einem anderen Grund nicht so fest an einen einzigen Arbeitgeber binden will. Theoretisch können die wenigen vorteilhaften Eigenheiten einer freien Mitarbeit, wie z.b. keine Anwesenheitspflicht, selbstständige Einteilung der Arbeitszeiten usw., aber auch im Rahmen eines echten Dienstverhältnisses vereinbart werden. Unterschiede zum echten Dienstverhältnis 56 Als freier Mitarbeiter unterscheiden Sie sich zwar in einigen maßgeblichen Bereichen von Ihren fix angestellten Kollegen, eines haben Sie aber mit Ihnen gemeinsam: Sie schulden Ihrem Dienstgeber nur Ihre Arbeitskraft, nicht einen bestimmten Erfolg. Selbst wenn Ihre Arbeitsleistung also einmal mangelhaft oder unbrauchbar ist, haben Sie Anspruch auf Ihr Gehalt. Das ist der wesentliche Unterschied zu den selbstständig tätigen Werkvertragsnehmern.
2 Dienstvertrag, Rechte und Pflichten Der große Unterschied zu echten Dienstnehmern hingegen besteht darin, dass Sie Ihre Arbeitsleistungen nicht in persönlicher Abhängigkeit erbringen. Konkret heißt das: Als freier Mitarbeiter können Sie den Arbeitsablauf und die Vorgangsweise bei der Leistungserbringung selbst bestimmen und auch ändern; Sie können sich die Arbeitszeit frei einteilen und unterliegen keiner Anwesenheitspflicht; Sie können sich bei Bedarf durch jemanden vertreten lassen (wenn auch nicht andauernd, wie das etwa bei Werkvertragsnehmern erlaubt wäre, denn zum überwiegenden Teil müssen die Leistungen selbst erbracht werden); Sie sind nicht an Weisungen des Dienstgebers gebunden (bestimmte sachliche Anweisungen des Dienstgebers zur Arbeitsausführung sind aber zulässig); Sie können die Dauer Ihres Urlaubs und auch den Zeitpunkt selbst bestimmen; Sie sind nicht in die Organisation des Betriebs eingebunden, z.b. durch einen eigenen, fixen Arbeitsplatz oder durch eine Telefondurchwahl, unter der Sie zu den Bürozeiten zu erreichen sind. Nicht ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen echtem und freien Dienstverhältnis sind Bindungen oder Verpflichtungen, die sich zwangsläufig aus der Natur der Sache ergeben. So ist es z.b. klar, dass ein freiberuflicher Sprachlehrer auch örtlich an ein bestimmtes Sprachinstitut gebunden ist und für die Zeit seiner Sprachkurse dort anwesend sein muss; dass ein Zustellservice bestimmte vorgegebene Routen beliefern muss; oder dass die Mitarbeiterin eines Call-Centers von ihrem Dienstgeber eventuell Anweisungen in Form eines Telefonleitfadens erhält. Aus der bloßen Tatsache, dass der Sprachlehrer einer gewissen Anwesenheitspflicht zu einer bestimmten Dienstzeit unterliegt und die Telefonistin sachliche Anweisungen für den Ablauf ihrer Arbeit erhält, ergeben sich noch keine eindeutigen Hinweise auf ein echtes Dienstverhältnis. Die wichtigsten Merkmale freier Mitarbeit Beispiele für sachliche Weisungen Entscheidend bei der Abgrenzung ist vielmehr, dass Merkmale, welche auf eine fehlende persönliche Abhängigkeit hindeuten, 57
3 jene Merkmale, die für eine persönliche Abhängigkeit sprechen, überwiegen müssen. Dass freie Dienstverträge in der Praxis oft schwer von echten Dienstverhältnissen oder auch von Werkverträgen abzugrenzen sind, beweist die steigende Anzahl an Streitfällen, die von den Arbeits- und Sozialgerichten entschieden werden muss ( nachfolgenden Kasten). Echter Dienstnehmer, freier Mitarbeiter oder Werkvertragsnehmer? So haben die Gerichte entschieden Freier Promoter: An Weisungen und Arbeitszeiten gebunden Ein Promoter sollte in Elektrofachgeschäften Produkte von Mobilfunkunternehmen bewerben und verkaufen. Die Einsatztage konnte er selbst wählen, musste diese aber schon relativ zeitig bekannt geben. Eine Vertretung war nur durch freie Dienstnehmer der Werbeagentur möglich, eine Nichteinhaltung des Werbetages führte zu einer Pönalezahlung an den Auftraggeber. Das Oberlandesgericht Wien entschied, dass der Promoter ein echtes Dienstverhältnis mit tageweiser Beschäftigung hatte, da der Promoter an den jeweiligen Arbeitstagen an die Arbeitszeit der Öffnungszeiten der Elektrofachgeschäfte gebunden war. Weiters unterlag er den Weisungen der jeweiligen Verkäufer vor Ort bezüglich Kleidung und persönlichen Verhaltens. Bei diesem Vertrag findet sich eine hohe Fremdbestimmung, eine Einordnung in das Organisationsgefüge des Betriebes und alle wesentlichen Merkmale der persönlichen Abhängigkeit. Daher gebühre dem Promoter im Nachhinein das Kollektivvertragsgehalt, aliquote Sonderzahlungen und aliquoter Urlaubsanspruch. (OLG Wien , 7 Ra 124/04p) Unechter freier Außendienstmitarbeiter Ein Außendienstmitarbeiter war an eine wöchentliche Mindestarbeitszeit gebunden, die Betriebsmittel und das Adressmaterial wurden vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Durch den Datenaustausch per Laptop war der Mitarbeiter in das Netzwerk des Arbeitgebers eingebunden, zusätzlich stand ihm eine Vertriebsassistentin zur Verfügung. Beispiele 58
4 Dienstvertrag, Rechte und Pflichten Das Oberlandesgericht Wien beurteilte dieses Vertragsverhältnis als echtes Dienstverhältnis. Der Außendienstmitarbeiter konnte sich bei seiner Tätigkeit nicht vertreten lassen, er musste Krankenstände melden, lediglich Urlaub musste nicht vereinbart, sondern konnte einfach bekannt gegeben werden. Die monatliche Honorarabrechnung wies zwar ein Fixum und eine Provision auf, das Fixum weise aber eher auf die Mindestarbeitsleistung hin. (OLG Wien , 9 Ra 125/04z) Angestellt statt frei: Aushilfe im Möbelhandel Im Möbelhandel wurden Samstagsaushilfen beschäftigt. Diese hatten zwar eine schriftliche Vereinbarung mit dem Titel Freier Dienstvertrag, das Finanzamt stellte allerdings fest, dass es sich dabei um Angestellte handelte. Wegen der betrieblichen Einbindung, der Bindung an die Öffnungszeiten und dem Fehlen von Unternehmerwagnis wurden beschäftigte StudentInnen, PensionistInnen und Karenzierte somit als Arbeitnehmer eingestuft und im Nachhinein als lohnsteuerpflichtig angesehen. (JUS-EXTRA 2004, Nr. 232/ Seite 18) Angestellt und freiberuflich bei einem Dienstgeber Auch das ist möglich, solange es sich um keine Umgehung handelt. Es kommt wie immer auf die Rahmenbedingungen an. Dazu zwei Entscheidungen: Im einen Fall urteilte das Gericht: Teilt ein Arbeitgeber in Umgehungsabsicht und entgegen dem Wunsch des Arbeitnehmers den einheitlichen Dienstvertrag in zwei Verträge, nämlich einerseits für die Redakteurstätigkeit (Angestelltenverhältnis) und in Messebesuche für Akquisition auf Provisionsbasis (freier Dienstvertrag), wobei Weisungsgebundenheit und persönliche Abhängigkeit erhalten bleiben, so ist das unzulässig. (OGH , 8 OB A 135/02i. Siehe auch OGH , 8 OB S 85/04i) Zwei unterschiedliche Arbeitsverhältnisse bei ein- und demselben Betrieb Das heißt allerdings nicht, dass eine grundsätzliche Teilung in Dienstvertrag und freien Dienstvertrag zu einem Arbeitgeber nicht möglich ist. So übernahm ein Tischler für seinen Auftraggeber auch noch Vermittlungsarbeiten. Entscheidend war in diesem Fall, dass sich die erbrachte Arbeitsleistung des Dienstvertrages inhaltlich und in ihrem Ursprung von der Vermittlertätigkeit trennen ließ. (VwGH vom , 99/08/0125) 59
5 Ausschlaggebend ist, welche Merkmale überwiegen. Auch die Entscheidungen der Gerichte weisen klar darauf hin: Es müssen nicht alle Merkmale eines echten bzw. freien Dienstverhältnisses zutreffen, damit Sie als echter bzw. freier Dienstnehmer gelten. Den Ausschlag gibt letztlich, welche Elemente überwiegen. Vor allem folgende drei Fragen geben oft Aufschluss darüber, um welche Art von Beschäftigung es sich nun tatsächlich handelt: Dürfen Sie daneben noch andere Jobs erledigen? Dürfen Sie Ihre Arbeitszeiten selbst wählen? Dürfen Sie sich durch jemanden vertreten lassen? Wenn Sie dreimal mit Ja geantwortet haben, deutet das auf freie Mitarbeit hin; dreimal Nein spricht eher für ein echtes Dienstverhältnis. Vor- und Nachteile gegenüber echtem Dienstvertrag Vorteile Arbeitszeit selbst einteilbar; eine Rahmenarbeitszeit kann aber vorgegeben sein Arbeitsleistung kann durch eine Vertretung erbracht werden Arbeitsablauf selbst einteilbar Arbeitsort frei wählbar Nicht an Weisungen von Vorgesetzten gebunden Kann bestimmte Dienstleistungen ablehnen Nachteile Nur Anspruch auf orts- und branchenübliche Bezahlung, nicht auf kollektivvertragliches Mindestentgelt Kein Anspruch auf bezahlten Krankenstand Keine bezahlte Pflegefreistellung bei Erkrankung Angehöriger Kürzere Kündigungsfristen Kein Anspruch auf bezahlten Urlaub Kein Abfertigungsanspruch Kein Arbeitslosengeldanspruch Kein Anspruch auf Zahlungen aus dem Insolvenzausgleichsfonds; d. h., bei Konkurs des Unternehmens werden offene Gehaltsforderungen wie Forderungen von Lieferanten und anderen Gläubigern behandelt 60
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