Verbraucherschutzbericht Liebe Thüringerinnen und Thüringer,

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2 Verbraucherschutzbericht 2010 Liebe Thüringerinnen und Thüringer, zahlreiche Gesetze und Verordnungen gewährleisten auf hohem Niveau den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Dennoch wird nicht nur die Liste der Lebensmittelskandale immer länger, sondern auch die Tricks der Online-Betrüger werden immer übler. Das laufende Jahr begann, wie das Berichtsjahr 2010 endete - mit einem Skandal. Ein Mischfutterhersteller aus Niedersachsen hatte bei betrieblichen Eigenkontrollen erhöhte Dioxinwerte festgestellt. Dank gut verzahnter und funktionierender Kontrollen konnten die Verbreitungswege zügig ermittelt und die Folgen überschaubar gehalten werden. Eines wurde daran erneut deutlich: Das Vertrauen der Menschen in die Lebensmittelsicherheit und in den Verbraucherschutz kann nur durch transparentes und koordiniertes Handeln der Verantwortlichen erhalten und gestärkt werden. Dies gilt für die planmäßigen Überwachungsaufgaben, aber auch ganz besonders für das Krisenmanagement. Der Verbraucherschutzbericht 2010 soll dazu beitragen, die Kompetenz der Verbraucherinnen und Verbraucher in aktuellen Bereichen weiterzuentwickeln. Er informiert im Überblick über Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung, Fragen des wirtschaftlichen und technischen Verbraucherschutzes, der Tiergesundheit und des Tierschutzes, aber auch über die Arbeit der Verbraucherzentrale Thüringen e. V. und der Sektion Thüringen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. Neben dem gesundheitlichen Verbraucherschutz spielt, insbesondere im Zusammenhang mit e-commerce seit Jahren der wirtschaftliche Verbraucherschutz eine immer größere Rolle. Anliegen dieses Berichtes ist es deshalb auch, Verbraucherinnen und Verbraucher zur Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermutigen und sie für die Risiken des Internets zu sensibilisieren. Zugleich enthält der Bericht Ergebnisse des technischen Verbraucherschutzes, die wiederholt bestätigen, dass auch heute noch die alte Weisheit gilt: Vertrauen ist gut Kontrolle ist besser. Bedanken möchte ich mich bei der Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen für die Textvorlagen zum Abschnitt Eichungen schaffen Rechtssicherheit im Alltag sowie beim Landesamt für Mess- und Eichwesen Thüringen für die Fotos sowie die Unterstützung bei der redaktionellen Überarbeitung der Textvorlagen. Der 3. Thüringer Verbraucherschutzbericht bietet wichtige Informationen für diejenigen, deren Interesse über den bloßen Preisvergleich hinausgeht. Im Einzelfall liegt es in der Verantwortung der mündigen Verbraucherinnen und Verbraucher, ob sie vor einer Kaufentscheidung Informationen über die Qualität, die Herkunft und das Preisspektrum eines Erzeugnisses einholen. Heike Taubert Thüringer Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit 1

3 Verbraucherberatung und Verbraucherinformation 2 Verbraucherschutzbericht des Freistaats Thüringen 2010 Verbraucherschutzbericht des Freistaats Thüringen Verbraucherberatung und Verbraucherinformation Struktur der Verbraucherberatung in Thüringen Verbraucherzentrale Thüringen e. V Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V Gesunde Ernährung Ernährungsberatung und Verbraucherbildung Ausblick auf das Jahr Thüringen für einen gentechnikfreien Landbau Wirtschaftlicher Verbraucherschutz Fahr- und Fluggastrechte bei höherer Gewalt Fahrgastrechte Fluggastrechte Verbraucherpolitische Perspektive Rechtssicherheit durch Eichungen Eichungen schaffen Rechtssicherheit im Alltag Unerlaubte Telefonwerbung Abofallen im Internet Technischer Verbraucherschutz Thüringen - Vorsitzland des Arbeitsausschusses Marktüberwachung (AAMÜ) Ausgewählte Schwerpunktaktionen Schleifkörper für handgeführte Maschinen Schutzhandschuhe manchmal auch ein Risiko für Haut und Hand Nachziehspielzeug und Puzzle aus Holz Spielzeugkerzenhalter mit Kerzen Überprüfung tragbarer Feuerlöscher nach RL 97/23/EG Überprüfung einer Lötmaschine beim Händler Die Arbeit der Geräteuntersuchungsstelle Prüfung von Pumpsprühflaschen Kooperation mit dem Gewerbeaufsichtsamt Coburg Prüfung eines Kinderhochstuhls Qualitätsmanagement in der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung Qualitätsmanagementsysteme in den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern Durchführung von Audits Amtliche Lebensmittelüberwachung Kontrolle der Betriebe Auswertung der Kontrollen Hygiene bei der Herstellung von geschnittenem Obst und Gemüse Lebensmitteltransporte auf lokaler Ebene Betriebshygiene von Backshops Herstellung und Kennzeichnung von zusammengefügten Rohpökelwaren Zulassung von Betrieben Untersuchung von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen und Kosmetika Übersicht über die Ergebnisse Pathogene Keime in Wild Benzo(a)pyren in Thüringer Bratwurst Allergene in Schokolade Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Obst und Gemüse... 54

4 Verbraucherschutzbericht Nachweis von pharmakologisch wirksamen Stoffen in vom Tier stammenden Lebensmitteln Sichere Verpackung von Lebensmitteln Weinkontrolle Schnellwarnsysteme (RASFF, RAPEX) Von Thüringen ausgehende Meldungen In Thüringen zu verfolgende Meldungen Besondere Vorkommnisse (Auswahl) Erkrankungsgeschehen Verkehrsverbote und Sicherstellungen Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung Gesundheit landwirtschaftlicher Nutztiere Amtliche Überwachung der Tiergesundheit und Tierseuchenschutz Ausgewählte auf Menschen übertragbare Tierkrankheiten Psittakose und Ornithose bei Zier- und Nutzgeflügel Verbreitung und Bedeutung von Kuhpocken unter Wild- und Haustieren in Thüringen Hautpilze (Dermatomykosen) bei Haus-, Heim- und Nutztieren Kleiner Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) Schutz der Tierbestände vor Tierseuchen Reisen mit Heimtieren Bekämpfung ausgewählter Infektionskrankheiten Ansteckende Blutarmut der Einhufer (ABE) Maul- und Klauenseuche (MKS) Aviäre Influenza (AIV) Bovine Herpesvirusinfektion (BHV1) Transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE) Bovine Virusdiarrhoe (BVD) Aufgaben der Tierseuchenkasse Gefahrlose Beseitigung von Tierkörpern und Tierkörperteilen Tierkörperbeseitigung in Thüringen Alternative Möglichkeiten der Beseitigung kleiner Heim- und Haustiere Qualitätssicherung in den Trichinenuntersuchungslaboren Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren Haltung von Nutztieren Grundsätzliche Entwicklungen Überwachung: Häufigkeit und Art von Verstößen Schutz von Tieren beim Transport Zur Rechtslage Initiative Thüringens gegen unzulässige Fahrzeughöhen Ergebnisse der Tiertransportkontrollen Betäubung und Schlachtung Tierversuche und Versuchstiere Anzeige und Genehmigung Haltung von Versuchstieren Zahl der in Tierversuchen eingesetzten Versuchstiere Verwendungszweck der Versuchstiere Tierschutz und Wildtiere, Jagdrecht Überwachung anderer Tierschutzvorschriften Tierheime und tiergärtnerische Einrichtungen Tierheime Unterstützung des Tierheimausbaus durch den Freistaat Tiergärtnerische Einrichtungen

5 Verbraucherberatung und Verbraucherinformation 7.8 Landestierschutzpreis Beirat für Tierschutz Überwachung des Tierarzneimittelverkehrs Rechtliche Grundlagen Tierärztliche Hausapotheken und landwirtschaftliche Betriebe Spezielle arzneimittelrechtliche Fragestellungen Der Versandhandel mit Tierarzneimitteln Biozide Ausblick Umsetzung der verbraucherpolitischen Ziele Überwachung des Internethandels mit Lebensmitteln Transparenz der amtlichen Kontrollergebnisse Gesunde Ernährung Stand der Umsetzung eines gentechnikfreien Landbaus Entwicklung des Anlegerschutzes Tiergesundheit Tierschutz Transparenz beim Tierarzneimittelverkehr Arbeitsschutz und technischer Verbraucherschutz Anlagen Abbildungsverzeichnis

6 Verbraucherschutzbericht 2010 Abkürzungen Abkürzung Bedeutung AAMÜ Arbeitsausschuss Marktüberwachung AG Tierschutz Arbeitsgruppe Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz AGME Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen AIV Aviäre Influenza AMG Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) AMKZ aerobe mesophile Keimzahl ANTHV Verordnung über Nachweispflichten der Tierhalter für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind BAuA Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BfR Bundesinstitut für Risikobewertung BGBl Bundesgesetzblatt BHV1 Bovines Herpesvirus BMELV Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz BSE Bovine spongiforme Enzephalopathie BtMBinHV Betäubungsmittel-Binnenhandelsverordnung BtMG Betäubungsmittelgesetz BtMVV Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln BÜp Bundesweiter Überwachungsplan BVD Bovine Virusdiarrhoe BVL Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit CAE Caprine Arthritis Encephalitis CE frz.: Communauté Européenne = Europäische Gemeinschaft Cross Compliance Überkreuzeinhaltung von Verpflichtungen DART Deutsche Antibiotikaresistenzstrategie DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. DIMDI-AMV Verordnung über das datenbankgestützte Informationssystem über Arzneimittel des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information EFSA European Food Safety Authority EFT Ernährungsfachtagung EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof FSU Friedrich-Schiller Universität GPSG Geräte- und Produktsicherheitsgesetz GPSGV Verordnung zum GPSG gv gentechnisch verändert GVO gentechnisch veränderte Organismen GV-SOLAS Veröffentlichung der Gesellschaft für Versuchstierkunde HACCP Hazard Analysis Critical Control Points Konzept zur Gefahrenanalyse und Kontrolle kritischer Punkte auf allen Stufen der Zubereitung, Verarbeitung, Herstellung, Verpackung, Lagerung, Beförderung, Verteilung, Behandlung und des Verkaufs von Lebensmitteln 5

7 Verbraucherberatung und Verbraucherinformation HIT ICE ICSMS KiGGS-Studie LAV LFGB LMET LuftVG NRKP PG PAK PRRS RAPEX RASFF STEP TÄHAV TGL-Standard TierSchG TierSchNutztV TierSchlV TLAtV TLLV TMSFG TRACES TSE TVL VLÜA/VLÜÄ Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere Intercity Express internet-supported information and communication system for the pan- European market surveillance of technical products (Internetgestütztes Informations- und Kommunikationssystem der europaweiten Marktüberwachung für technische Produkte) Studie des Robert Koch-Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch Landesamt für Mess- und Eichwesen Thüringen Luftverkehrsgesetz Nationaler Rückstandskontrollplan Projektgruppe Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe Porcines Reproduktives und Respiratorisches Syndrom Rapid Exchange of Information System oder Rapid Alert System for Non- Food-Products (Schnellwarnsystem der EU für gefährliche Verbraucherprodukte) Rapid Alert System for Food and Feed; ein Schnellwarnsystem zur Informationsübermittlung und Warnung vor gesundheitlichen Gefahren im Verkehr mit Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen mit Lebensmittelkontakt und Futtermitteln Studentischen Ernährungsprojekte Verordnung über tierärztliche Hausapotheken Technische Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen (DDR-Normen bis 1990) Tierschutzgesetz Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Tierschutz-Schlachtverordnung Thüringer Landesbetrieb für Arbeitsschutz und technischen Verbraucherschutz Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit Trade Control and Expert System; am 1. April 2004 von der EU eingeführtes Datenbanksystem, mit dem der gesamte Tierverkehr innerhalb der EU sowie aus der und in die EU erfasst wird. Transmissible Spongiforme Encephalopathie Thüringer Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e.v. Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt, -ämter VO (EG) Verordnung der Europäischen Gemeinschaft (heute Union), die bis 30. November 2009 erlassen wurde VZTH Verbraucherzentrale Thüringen e. V. 6

8 Verbraucherschutzbericht Verbraucherberatung und Verbraucherinformation 1.1 Struktur der Verbraucherberatung in Thüringen Verbraucherzentrale Thüringen e. V. Im Jahr 2010 feierte die VZTH ihr 20-jähriges Bestehen. Seit ihrer Gründung am 9. April 1990 setzen sich ihre Mitarbeiter auf vielen Ebenen und auf unterschiedliche Weise für die Belange der Verbraucher ein. Die VZTH wird durch 16 Mitgliedsorganisationen getragen. Anlässlich der Jubiläumsveranstaltung am 23. September 2010 in der Thüringer Staatskanzlei dankte Frau Ministerin Taubert allen Mitarbeitern und Beratern für ihre engagierte Arbeit. Wie wichtig der Thüringer Landesregierung der Verbraucherschutz ist, erkennt man nicht zuletzt an seiner Verankerung im Koalitionsvertrag. Die finanziellen Zuschüsse des Freistaats zur Förderung des Verbraucherschutzes wurden trotz der angespannten Haushaltssituation im Jahr 2010 aufrecht erhalten. Täglich wenden sich mehr als einhundert Verbraucher an die 15 Beratungsstellen, die sich in allen Regionen des Freistaats befinden und eine wohnortnahe Beratung gewährleisten. In den 20 Jahren wurden ca. 1,8 Mio. Beratungen statistisch erfasst. Jeder Ratsuchende betrachtet sein Anliegen als wichtig, und es gibt sehr vielschichtige Anfragen. Sie reichen beispielsweise von Informationen zum Kauf von Haushaltstechnik über verbotene Telefonwerbung, unverständliche bzw. irreführende Klauseln in Kaufverträgen, Abo-Fallen im Internet bis hin zu Gewinnspielversprechen, Abmahnmissbrauch, unseriöse Finanz- und Versicherungsberatungen usw. Die Beraterinnen und Berater geben kompetent Auskunft, im persönlichen Gespräch wie auch schriftlich oder per E- Mail. Sie sind es auch, die an die Politik herantreten und aufzeigen, wie Anbieter Gesetzeslücken nutzen oder bestehende Gesetze ignorieren. In solchen Fällen bemühen sich Verbraucherschützer und Politik gemeinsam um Lösungen. Abbildung 1: Grußwort von Frau Ministerin Taubert zur Festveranstaltung in der Thüringer Staatskanzlei Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Die DGE klärt über die Bedeutung und die vielfältigen Aspekte einer gesundheitsfördernden Ernährung auf und möchte zu vollwertigem Essen und Trinken anregen. Damit trägt sie dazu bei, Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Bevölkerung zu erhalten, zu fördern oder wiederherzustellen. Die DGE Sektion Thüringen wurde im Jahr 1993 gegründet. Sie wird vom Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit gefördert. Die Aufgaben der Sektion liegen vor allem in der zielgruppenorientierten Ernährungsberatung sowie in der Koordinierung von im Ernährungsbereich tätigen Institutionen und Organisationen im Freistaat Thüringen, in der Durchführung von Projekten, Aktionen und Ernährungsfachtagungen sowie Multiplikatoren-Fortbildungen und der Öffentlichkeitsarbeit. 18. Ernährungsfachtagung (EFT) der DGE Sektion Thüringen und Festveranstaltung zum 20-jährigen Jubiläum des Instituts für Ernährungswissenschaften Diese Veranstaltungen der DGE Sektion Thüringen sind Informations- und Weiterbildungsforen für Multiplikatoren. Mit Unterstützung des TMSFG wurde am 4. November 2010 die 18. Ernährungsfachtagung der DGE Sektion Thüringen zum Thema: Ernährung und Darmgesundheit in der Aula der Friedrich-Schiller Universität (FSU) in Jena durchgeführt. 7

9 Verbraucherberatung und Verbraucherinformation Zielgruppen waren insbesondere Ernährungswissenschaftler, Diätassistentinnen, Ernährungsberaterinnen, Fachlehrer, praktische Ärzte, Meinungsbildner aus den Bereichen Medizin, Gesundheit, Soziales, Prävention und Public Health sowie Fachlehrer, Auszubildende in Gesundheitsberufen und Studenten. Mit Unterstützung des TMSFG wurde ein Tagungsband mit den Einzelreferaten veröffentlicht. DGE-Sektionsleiter in Thüringen. Institutsdirektor Prof. Dr. W. Dorn begleitet die Sektion seit vielen Jahren als Beiratsmitglied. Erfolgreiche Partizipationen ergeben sich durch die Gründung und Lenkung der Studentischen Ernährungsprojekte (STEP), so u. a. Praktikumsplätze für Studenten der Ernährungswissenschaften, Betreuung von Diplomarbeiten, Wissensaustausch, Organisation von Ernährungsfachtagungen, Analysen zum Verbraucherverhalten, Förderung regionaler Landwirtschaft und Betriebe, Projektevaluationen und Nutzung von Institutsräumlichkeiten durch die Sektion. Diese Synergieeffekte sollen für die Zukunft z. B. durch offizielle Vergaben von credit points an Studenten der Ernährungswissenschaften für die Mitwirkung bei STEP-Projekten sowie die Betreuung von Diplomarbeiten ausgebaut werden. 1.2 Gesunde Ernährung Abbildung 2: Herr Prof. Dr. G. Jahreis eröffnet die 18. Ernährungsfachtagung Im Anschluss an die 18. EFT fand eine Jubiläumsveranstaltung zur Gründung des Instituts für Ernährungswissenschaften im Jahr 1990 an der FSU Jena statt. In 20 Jahren entwickelte sich diese Einrichtung innerhalb der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät in der Scientific community zum national und international geachteten Mitglied. Die wissenschaftlichen Schwerpunkte des Institutes bilden heute u. a. die Entstehung, Prävention und Beeinflussung von ernährungsmitbedingten Krankheiten, physiologische/pathophysiologische Wirkungen bei Menschen von Vitaminen, Fettsäuren, Antioxidantien und Ballaststoffen sowie altersbedingten Veränderungen in Ernährung und Stoffwechsel. Mehr als Erstsemestler Ernährungswissenschaften waren zu verzeichnen. 800 Diplome, 113 Promotionen und zwölf Habilitationen konnten bisher erfolgreich abgeschlossen werden. Hinzu kommt eine Vielzahl nationaler und internationaler Tagungen, Symposien, Ernährungsfachtagungen, Kolloquien und Kongresse. Seit 2006 besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Institut und der DGE Sektion Thüringen. Herr Prof. Dr. G. Jahreis, Inhaber des Lehrstuhls für Ernährungsphysiologie, ist Ernährungsberatung und Verbraucherbildung DGE-Begleitprojekt Milchparty in Schulen und Kindertagesstätten Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist für die Wachstumsphase des Körpers, insbesondere für den Knochen- und Zahnsubstanzaufbau, Calcium besonders wichtig. Milch und Milchprodukte sollten deshalb Bestandteil der täglichen Ernährung sein. Von der Thüringer Landesvereinigung Milch e. V. wird das Projekt Milchparty finanziell unterstützt und von der Sektion, STEP- Studenten und den Botschafterinnen für Agrarprodukte weitergeführt. 8

10 Verbraucherschutzbericht 2010 Abbildung 4: Schüler vergleichen Wasseranteile in verschiedenen Obstsorten Abbildung 3: Bereits im Alter von drei Jahren können Kinder bei der Speisenzubereitung aktiv mitwirken Landesprojekt Gesundes Frühstück an Thüringer Schulen Es gilt frühzeitig Aktivitäten von Kindern zum Verständnis der Zusammenhänge zwischen dem Körper und der Nahrungsaufnahme zu fördern. Deshalb wurde im Februar 1992 das Projekt Gesundes Frühstück in Thüringer Schulen ins Leben gerufen. Der relativ gute Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen in den westlichen Industrieländern lenkt leicht den Blick von möglichen Gesundheitsrisiken ab. So sind nach Angaben der KiGGS-Studie 15 % der Kinder und Jugendlichen von drei bis 17 Jahren in Deutschland übergewichtig, 6 % werden als adipös eingestuft. Entscheidende Risikofaktoren hierfür sind hyperkalorisches Ess- und Trinkverhalten sowie Bewegungsmangel. Da Wiederholungen des Gelernten gesundes Ernährungsverhalten verstärken, wurde dieses Projekt langfristig angelegt. Das in eine theoretische und praktische Phase unterteilte Projekt besitzt einen fächerübergreifenden Charakter. Die Finanzierungsgrundlage des Landesprojektes bildet die Förderung durch das TMSFG und eine finanzielle Beteiligung der Eltern und Schulen. Im Jahr 2010 wurden insgesamt neun Schulen mit 971 Kindern von der DGE-Sektion Thüringen und 14 Schulen mit Schülern von der VZTH betreut. Vernetzungsstelle Schulverpflegung Schwerpunkt der Projektarbeit der Vernetzungsstelle Schulverpflegung war im Jahr 2010 der Ausbau von zielgruppenorientierten Weiterbildungsangeboten, die Begleitung von Projektschulen und der Ausbau der Netzwerkarbeit. Auf der Grundlage der Analyseergebnisse des Jahres 2009 wurde die Beratungstätigkeit vor Ort ausgeweitet. In 20 Veranstaltungen, Workshops bzw. Diskussionsrunden für Anbieter von Mittagsverpflegung, Lehrer/innen und Leiter/innen für Kindertagesstätten wurden die Qualitätsstandards für die Gemeinschaftsverpflegung der DGE erläutert und Maßnahmen zur Umsetzung in die Praxis vereinbart. Mit über 280 Beratungsgesprächen und Veranstaltungen konnten mehr als 130 Einrichtungen erreicht werden. Nach dem Start im Jahr 2008 zeichnen sich dadurch auch erste Erfolge der Projektarbeit ab. Bei Anbietern von Gemeinschaftsverpflegung findet eine Orientierung auf ein ernährungsphysiologisch ausgewogenes Speisenangebot statt. Durch die Vernetzungsstelle Schulverpflegung fanden Schulträger aktive Unterstützung bei der Veränderung der Mittagsversorgung, z. B. Beratung bei Ausschreibungen, Bewertung der Qualität von Verpflegungssystemen oder Bewertung der Speisepläne nach den Empfehlungen der DGE. Sechs interessierte Schulen wurden im Jahr 2010 intensiv von der Vernetzungsstelle bei der Um- bzw. Neugestaltung der Mittagsversorgung beraten, z. B. die Wielandschule in Weimar und die Montessori-/Regenbogenschule in Jena. Am 15. September 2010 wurde erstmals erfolgreich der Tag der Schulverpflegung in Erfurt unter Schirmherrschaft des TMSFG 9

11 Verbraucherberatung und Verbraucherinformation durchgeführt. Fünf Aktionsschulen beteiligten sich mit Mitmachaktionen, wie gesunden Schulfrühstücksangeboten oder Sinnesparcours. Ohne Zusatzstoffe, Verwirrspiel auf den Etiketten Der Verzicht auf Geschmacksverstärker, künstliche Aromen, Farb- und Konservierungsstoffe liegt in der Lebensmittelproduktion voll im Trend. Zahlreiche Hersteller von Getränken, Milchprodukten, Tiefkühlkost und Fertiggerichten vermeiden weitgehend den Einsatz von Zusatzstoffen und machen dies auf ihren Produkten mit dem so genannten Clean Label deutlich. Jedoch sind die so gekennzeichneten Lebensmittel oft nicht tatsächlich so ursprünglich und frei von Zusatzstoffen wie dies dem Verbraucher auf der Verpackung suggeriert wird. Zu diesem Ergebnis kamen die Verbraucherzentralen nach einer Überprüfung von 151 mit Clean Label ausgezeichneten Produkten aus zwölf Lebensmittelgruppen im Mai Bislang fehlen bei der industriellen Produktion von möglichst naturbelassenen Lebensmitteln einheitliche Kennzeichnungsvorgaben, die Konsumenten beim Kauf eine hilfreiche Orientierung bieten. In ihrem Flyer informiert die VZTH ausführlich darüber. Abbildung 5: Infoflyer der Verbraucherzentrale Thüringen Grundpreiskennzeichnung im Lebensmitteleinzelhandel (VZTH) Für einen schnelleren Preisvergleich von gleichartigen Produkten mit unterschiedlichen Verpackungsgrößen benötigen Verbraucher neben der Angabe des Endpreises die Grundpreisangabe. Seit 1. September 2000 ist für sämtliche Erzeugnisse in Deutschland neben dem Endpreis der Ware auch der Grundpreis einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile in unmittelbarer Nähe des Endpreises anzugeben. Mit der Einführung der Grundpreisangabe war jedoch die schrittweise Freigabe einheitlich definierter Nennfüllmengen und Verpackungsgrößen verbunden. Aus diesem Grund führten die Verbraucherzentralen im Juli und August 2010 bundesweit einen Marktcheck durch. Dabei wurde die Kennzeichnung bei Lebensmitteln in 93 Geschäften des Lebensmitteleinzelhandels überprüft. Das ernüchternde Ergebnis: Mehr als die Hälfte der erfassten Preisschilder war fehlerhaft. So wurde bei jeder dritten Verpackung eine falsche Bezugsgröße verwendet. Bei 288 Produkten war der Grundpreis falsch berechnet oder der Grundpreis fehlte gänzlich. Der Marktcheck zeigte, dass im Lebensmitteleinzelhandel die Pflicht zur Grundpreiskennzeichnung unzureichend umgesetzt wurde. Die Ergebnisse des Marktchecks sind als Download unter veröffentlicht. Zur Verbraucherinformation wurden von der VZTH ein Faltblatt, Materialien für Infotische und ein Plakat erstellt. Die Informationsmaterialien werden auf regionalen Aktionstagen zur Verbraucherberatung genutzt. Grundsätzlich werden ratsuchende Verbraucher darauf hingewiesen, ihre Beschwerden über fehlerhafte Grundpreisangaben direkt im Einzelhandel vorzubringen und sich bei Problemen auch an die für die Preiskontrollen zuständigen Ämter zu wenden Ausblick auf das Jahr 2011 Beratungstätigkeit im Bereich Ernährung Eine effiziente Beratungstätigkeit im Bereich der Gesundheitsförderung sollte weder belehrend sein, noch missionarisch wirken. Gut strukturierte und erfolgsorientierte Beratung im Sinne der DGE findet gemeinsam mit den Betroffenen Lösungsansätze zur Verbesserung ihrer Situation. Unter diesem Aspekt sind vorhandene Projekte nach dem Nützlichkeitsprinzip zu evaluieren, zu aktualisieren und ggf. zu qualifizieren. Im Ess- und Trinkverhalten der Bevölkerung lässt sich von Jahr zu Jahr ein steigender Konsum an Convenience-Produkten feststellen. Parallel dazu verfügen immer weniger vor allem junge Menschen über Kenntnisse zur Speisenzubereitung aus unverarbeiteten Pro- 10

12 Verbraucherschutzbericht 2010 dukten. Diese Situation bildet die Grundlage für den künftigen Beratungsansatz. Eine sinnvolle Unterstützung stellen z. B. angeleitete Kochkurse, u. a. für junge Familien, sozial Benachteiligte oder Migrantenfamilien dar. Begegnungszentren in Stadtteilen, Kindertagesstätten und Schulen, vor allem Regelschulen mit vorhandenen Küchen, sollten für das Angebot genutzt werden. Der Thüringer Bildungsplan für Kinder bis zu zehn Jahren sowie die zunehmende Umstellung auf die Gemeinschaftsschule bieten weitere Möglichkeiten, Schüler für ein gesundheitsbewusstes Verhalten zu interessieren. So kann z. B. mit der Einrichtung von Schulkiosken und Schülercafés oder der Beteiligung der Schüler an der Planung der Mittagsversorgung wertvolles Wissen vermittelt werden. Vernetzungsstelle Schulverpflegung Enge Kontakte zwischen Schulen, Schulträgern und -ämtern bilden die Grundlage, die Versorgung der Schüler mit einer schmackhaften, ernährungsphysiologisch ausgewogenen Verpflegung zu gewährleisten und die Schulen und Schulträger bei der praktischen Umsetzung dieser Ziele zu unterstützen. Eltern und Elternvertretungen in Thüringen sind wichtige Partner bei der Realisierung solcher Projekte. Ziel ist es, ihnen Informationen und kompetente Beratung zu bieten, damit Angebote für die Mittagsverpflegung nicht nur nach dem Preis, sondern vor allem nach dem gesundheitlichen Wert für ihre Kinder beurteilt werden können. 1.3 Thüringen für einen gentechnikfreien Landbau Das politische Handeln in Bezug auf den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen wird in Thüringen durch zwei wesentliche Faktoren beeinflusst: Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ab. Die hohe Qualität der Landwirtschaft stellt einen wichtigen Standort- und Wirtschaftsfaktor Thüringens dar. Ein Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen könnte das gute Image des Freistaates beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund sprach sich der Thüringer Landtag am 17. Juni 2010 mehrheitlich unter dem Titel Thüringen aktiv gegen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen gegen diese Form des Landbaus aus. Die Thüringer Landesregierung teilt diese Auffassung und ist bestrebt, dieses Ziel baldmöglichst zu erreichen. Die sehr differenzierte Gesetzeslage (Kasten Kleiner Exkurs in das Gentechnikrecht ), insbesondere europäische Rechtsnormen für gentechnisch veränderte Organismen, erfordern jedoch eine Politik der kleinen Schritte. Stand der Umsetzung des verbraucherpolitischen Ziels Das Thüringer Anliegen eines gentechnikfreien Landbaus wurde, soweit dies dem Freistaat möglich war, umgesetzt. Es wurde alles Notwendige veranlasst, damit auf landwirtschaftlichen staatlichen Grundbesitz im Freistaat keine gentechnisch veränderten Pflanzen zum Einsatz gelangen. Insbesondere wird bei der Verpachtung landeseigener Flächen der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten ausgeschlossen. Beitritt zum Europäischen Netzwerk Gentechnikfreier Regionen Für eine grundsätzliche Änderung zu Gunsten des gentechnikfreien Landbaus ist es erforderlich, sich auch auf europäischer Ebene für das Thüringer Ziel einzusetzen. Der Freistaat trat daher dem Europäischen Netzwerk Gentechnikfreier Regionen bei. Herr Staatssekretär Dr. Schubert unterzeichnete die Beitrittserklärung Thüringens am 23. November 2010 auf der Jahreskonferenz des Netzwerkes in Wien. Die Gemeinschaft europäischer Regionen möchte erreichen, dass es in der EU möglich wird, rechtsverbindlich über ein Verbot des praktischen Anbaus im jeweiligen Hoheitsgebiet zu entscheiden. Im Zusammenschluss mehrerer Regionen lässt sich das Thüringer Anliegen eines regionalen, selbstbestimmten, gentechnikfreien Landbaus innerhalb der Staatengemeinschaft nachhaltiger verfolgen. Klar erscheint hierbei für Thüringen aber auch, dass auf europäischer Ebene Präsenz und Geduld gefragt sind. 11

13 Verbraucherberatung und Verbraucherinformation Kleiner Exkurs in das Gentechnikrecht: Für eine Anwendung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), u. a. auch dem Anbau, hat die europäische Staatengemeinschaft verbindliche Regelungen vereinbart. Diese gelten z. T. direkt auf nationaler Ebene oder wurden in nationales Recht umgesetzt. Dieses Rechtsgebiet wird in Thüringen vom Referat Verbraucherschutz des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit inhaltlich bearbeitet. Anbau Soll eine gentechnisch veränderte Pflanze in der EU angebaut werden, muss diese ein europäisches Zulassungsverfahren nach der Freisetzungsrichtlinie (RL 2001/18/EG) bzw. der Verordnung (EG) 1829/2003 durchlaufen. Eine Genehmigung wird auf maximal zehn Jahre begrenzt und kann nach einem Beobachtungsplan mit Focus auf mögliche und unvorhersehbare Folgen für Mensch, Tier und Umwelt begleitet werden. Die Zulassung gilt für alle europäischen Mitgliedstaaten. Mehr dazu unter: Zusammenstellung aller Vorschriften und Zulassungsverfahren gmoinfo.jrc.ec.europa.eu: Auflistung u. a. von GVO mit Zulassung zum Anbau Für den Anbau in Deutschland müssen die im deutschen Gentechnikrecht, insbesondere die in der Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (Pflanzenerzeugungsverordnung), festgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. Zudem gibt es ein öffentlich zugängliches Standortregister, in dem jede Anbaufläche von gentechnisch veränderten Pflanzen eingetragen werden muss. Zugang zum Standortregister auf der Homepage des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bzw. unter apps2.bvl.bund.de/stareg_web/showflaechen.do Verkauf Soll eine gentechnisch veränderte Pflanze unverarbeitet oder verarbeitet in der EU vermarktet werden, so muss diese für die vorgesehene Anwendung in der EU zugelassen werden (RL 2001/18/EG). Für den Einsatz von GVO in Lebensmitteln und Futtermitteln gibt es eine eigene europäische Verordnung. Die VO(EG)1829/2003) regelt die Zulassung und Sicherheitsanforderungen. Das Gemeinschaftsrecht verpflichtet die Unternehmer grundsätzlich zu einer Kennzeichnung von GVO und zu einer Weitergabe der Kennzeichnung durch die gesamte Produktionskette (VO(EG)1830/2003). Momentan sind europarechtlich ausschließlich freiwillige örtliche Vereinbarungen zwischen Landwirten und Verarbeitungs- bzw. Vermarktungsbetrieben, auf den Einsatz von GVO zu verzichten, zulässig. Zum Jahresbeginn 2010 schlug die EU-Kommission eine Rechtsänderung vor, die den Mitgliedstaaten im Nachgang zu einer europäischen Zulassung das Recht einräumen soll, selbständig über das Verbot des praktischen Anbaus von GVO zu entscheiden. Doch bleibt ungewiss, ob diese Rechtsänderung auf europäischer Ebene mehrheitsfähig ist. Derzeit besteht für EU-Mitgliedstaaten nur unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich auf die sog. Schutzklausel nach der EG- Freisetzungsrichtlinie zu berufen, um den Anbau einer zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanze zu unterbinden. Dies geschah im Falle des gv Mais MON 810. Frankreich, Österreich, Ungarn, Griechenland und Luxemburg wie auch Deutschland beriefen sich auf die Schutzklausel. Für Deutschland wird auf europäischer Ebene noch die Rechtmäßigkeit der Anwendung der Schutzklausel geprüft. Bisherige europarechtliche Prüfungen kamen zu dem Ergebnis, dass die Anwendung der Schutzklausel nicht rechtmäßig sei. Wie verschiedentlich angesprochen, ist Thüringen hinsichtlich des Umgangs mit GVO an das europäische Recht gebunden. Thüringer Landwirten kann daher trotz der Thüringer Politik nicht untersagt werden, sich für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu entscheiden. Die in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen unterliegen dem freien Warenverkehr. Thüringen, Deutschland und Europa können nicht losgelöst von der weltweiten Anbau- und Handelssituation gesehen werden. 12

14 Verbraucherschutzbericht 2010 Weltweiter Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen Weltweit werden gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen in großem Umfang (148 Millionen Hektar im Jahr 2010 laut Bericht des International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications) in den USA, Brasilien, Argentinien, Indien und Kanada angebaut. Es handelt sich dabei meist um gv Soja, gv Mais, gv Baumwolle und gv Raps. Während die Kultivierung von gentechnisch veränderten Pflanzen weltweit kontinuierlich zunimmt, ist in Europa deren Anbau in den Jahren 2009 und 2010 zurückgegangen. In den sechs EU-Anbauländern Spanien, Tschechien, Portugal, Slowakei, Rumänien und Polen verringerte sich die Aussaatfläche von gv Mais im Jahr 2009 um 12 % bzw um 11 % auf nunmehr Hektar. Für Deutschland und Frankreich bestanden Anbauverbote für gv Mais MON 810. Seit 2010 ist für den Anbau in der EU neben gv Mais auch die gv Kartoffel Amflora zur Stärkegewinnung zugelassen. Diese wurde in drei EU-Staaten auf insgesamt 245 Hektar angepflanzt, wovon in Deutschland 2010 auf einer Fläche von 15 Hektar gv Kartoffeln produziert wurden. In Thüringen fand in den vergangenen zwei Jahren kein Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen statt. Saatgutüberwachung in Thüringen Weltweit werden gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut und gehandelt. Deshalb untersuchen die Thüringer Überwachungsbehörden u. a. konventionelles Saatgut auf mögliche gv Anteile und deren korrekte Kennzeichnung. Damit soll sichergestellt werden, dass nur Saatgut angebaut wird, das keine gv Anteile enthält. Im Jahre 2010 wurden in Thüringen 36 Maissaatgutproben nach einem standardisierten Verfahren entnommen und molekularbiologisch analysiert. Bei den untersuchten Maissaatgutproben wurden keine vollzugsrelevanten Verstöße festgestellt. (vgl. Agrarinformationssystem der TLL, Untersuchungswesen: Allerdings gelangte ein Teil einer in Niedersachsen untersuchten Saatgutpartie Mais, die für den Anbau nicht zugelassene gv Anteile (NK 603) enthielt, auch nach Thüringen. Der betroffene bayerische Landwirt hatte auf einer von ihm in Thüringen gepachteten Ackerfläche das Saatgut bereits ausgebracht. Umgehend wurde von der Thüringer Vollzugsbehörde angeordnet, die bestellte Fläche umzubrechen, was unverzüglich geschah. Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Organismen und deren Erzeugnisse Thüringer Behörden sind durch unterschiedliche Überwachungstätigkeiten, u. a. auch im Bereich Lebensmittelkennzeichnung, darum bemüht, eine korrekte Kennzeichnung der Produkte sicherzustellen. Der mündige Verbraucher soll die Wahl zwischen Produkten mit bzw. ohne GVO haben. Die Kennzeichnung von gv Lebensmittel- und Futtermittelprodukten unterliegt gleichfalls europäischen Rechtsnormen. Eine Kennzeichnungspflicht besteht für Lebens- und Futtermittel, die im Verlauf ihres Herstellungsprozesses mit GVO in Berührung kamen. Dies erfolgt z. B. mit dem Hinweis enthält gentechnisch veränderte Organismen. Eine Kennzeichnung erfolgt unabhängig davon, ob die gentechnische Veränderung im Produkt analytisch nachweisbar ist. Weil trotz Einhaltung der vorgeschriebenen Vorsichtsmaßnahmen gv Anteile unbeabsichtigt in ein Produkt gelangen können, ist eine Kennzeichnungspflicht ab einem Anteil von 0,9 % für zugelassene GVO vorgeschrieben. In der EU nicht zugelassene GVO dürfen in Produkten nicht vorhanden sein. Ausgenommen von der europäischen Kennzeichnung sind Lebens- und Futtermittel, die mit Hilfe GVO hergestellt werden. Dazu zählen z. B. Produkte aus Tieren (z. B. Milch, Eier, Fleisch), die mit gv Futter gefüttert oder mit gv Arzneimitteln behandelt wurden. In den tierischen Produkten selbst sind keine gv Bestandteile nachweisbar. Eine der europäischen Kennzeichnung für pflanzliche Produkte vergleichbare kann in Deutschland aufgrund der Rechtslage nicht eingeführt werden. Für den deutschen Verbraucher ist zudem eine Unterscheidung von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten möglich, bei deren Herstellung der Einsatz von GVO vermieden wurde. Dies kann durch eine freiwillige Verpflichtung der Hersteller an vorgeschriebene Produktionsvorgaben erfolgen, welche den Verzicht des Einsatzes von GVO bei der Herstellung der Produkte rechtsverbindlich definieren. Dazu zählen z. B. europäische Normierungen wie Bio-/Öko-Siegel oder nationale Normierungen Ohne Gentechnik, mit 13

15 Verbraucherberatung und Verbraucherinformation denen ein Produkt beworben werden darf. Beide Auslobungen kann man auch bei tierischen Produkten finden, die von der o. g. europäischen Kennzeichnung nicht erfasst werden. Das Bio-Siegel ist weit verbreitet, wohingegen das Logo Ohne Gentechnik (Abbildung 6) nur sehr zurückhaltend angenommen wird. Ohne Gentechnik bedeutet dabei nicht, dass das Produkt in gleicher Weise GVO meiden muss, wie zertifizierte Ökoprodukte. (Informationen sind auf der Homepage des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erhältlich unter für den ökologischen Landbau produziert und kontrolliert wurden, welcher grundsätzlich keine GVO einsetzt. Dennoch könnten in zum Einsatz erlaubten und nicht gekennzeichneten Ausgangsmaterialien auch zufällige gv Spuren von unter 0,9 % vorhanden sein. Zusatzstoffe, Enzyme, aber auch Futtermittelzutaten oder Tierarzneimittel, die mit Hilfe von gv Mikroorganismen hergestellt werden, sind grundsätzlich verboten, sofern für sie "gentechnikfreie" Alternativen erhältlich sind. Die Bestimmungen der deutschen Ohne Gentechnik -Kennzeichnung legen fest, dass für einen jeweils genau bestimmten Zeitraum vor Gewinnung des Lebensmittels tierischen Ursprungs, den Tieren keine als "gentechnisch verändert" gekennzeichneten Futtermittel verfüttert worden sein dürfen. Der Einsatz von Futtermittelzusatzstoffen, Tierarzneimitteln oder Impfstoffen, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wurden, ist jedoch zulässig. Demgegenüber dürfen Lebensmittelzusatzstoffe, (Vitamine, Aminosäuren, Aromen sowie Enzyme), die mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt wurden, nur dann eingesetzt werden, wenn für sie keine "gentechnikfreien" Alternativen erhältlich sind. Abbildung 7: Das neue europäische Bio-Logo ist verpflichtend seit 2010; das staatliche Bio-Siegel kann seit 2001 zusätzlich zum europäischen Logo eingesetzt werden. Abbildung 6: Logo Ohne Gentechnik Mit dem Bio-Siegel (Abbildung 7) können Produkte und Lebensmittel gekennzeichnet werden, die nach den EG-Rechtsvorschriften Die vorgestellten Kennzeichnungen bieten dem Verbraucher die Möglichkeit, sich zwischen mit oder ohne Einsatz von GVO hergestellten Erzeugnissen zu entscheiden. Thüringen will sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass dem Verbraucher diese Wahlmöglichkeit erhalten bleibt. Das Thüringer Anliegen, sich für einen gentechnikfreien Landbau einzusetzen, ist ein wichtiger Beitrag hierzu. 14

16 Verbraucherschutzbericht Wirtschaftlicher Verbraucherschutz 2.1 Fahr- und Fluggastrechte bei höherer Gewalt Im Verbraucherschutzbericht für das Jahr 2009 waren die Grundlagen des Verbraucherschutzes im Bereich der Flug- und Fahrgastrechte dargestellt worden. Der nachfolgende Abschnitt befasst sich mit Rechtsfragen im Falle von Zug- und Flugverspätungen sowie Annullierungen im Zusammenhang mit Ereignissen, die im weiteren Sinne auf höhere Gewalt zurückzuführen sind. Einige Fragen zu Fahrgastrechten erlangten im Berichtszeitraum zum ersten Mal praktische Relevanz, weil sie auf nicht ohne weiteres vorhersehbaren Umständen beruhten. Hier handelt es sich um die Folgen von Witterungseinflüssen, die für unsere Breitengrade äußerst ungewöhnlich sind. Sehr hohe Temperaturen im Sommer, anhaltend starker Schneefall mit anschließend extremer Kälte im Winter sowie Tauwetter führten zu erheblichen Verzögerungen im Zugverkehr. Auch im Flugverkehr wirkten sich Extremwetterlagen, der Vulkanausbruch auf Island oder Versorgungsengpässe bei Enteisungsmitteln nachteilig aus Fahrgastrechte Aufgrund von Außentemperaturen von teilweise deutlich über 30 C fielen im Sommer die Klimaanlagen vieler ICE aus. So wurde die Fahrt im Spitzenprodukt der Deutschen Bahn für viele Reisenden zur Tortur. Einige Fahrgäste mussten wegen hitzebedingter Kreislaufschwächen ärztlich behandelt werden. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Funktionsstörungen der Klimaanlagen bei hohen Außentemperaturen konstruktionsbedingt waren. Offen blieb die Frage, warum die Deutsche Bahn ICE-Waggons mit einer solchen technischen Ausstattung abgenommen bzw. nach dem Jahrhundertsommer 2003 nicht hatte nachrüsten lassen. Ob nunmehr die versprochene Nachrüstung der Waggons erfolgreich war, wird sich noch zeigen. Das beschriebene Szenario schuf eine Reihe von neuen Rechtsfragen. Gegenstand des Vertrags, der mit dem Kauf einer Fahrkarte abgeschlossen wird, ist die fahrplangerechte Beförderung in einem durch die Fahrkarte definierten Produkt. Die Eisenbahnunternehmen lehnen die Definition von Nebenleistungspflichten, die sich auf die Rahmenbedingungen der Beförderung beziehen, strikt ab. Sie fühlen sich im Hinblick auf die gesundheitlichen Folgen unzumutbarer Beförderungsbedingungen für die Fahrgäste grundsätzlich nicht in der Pflicht, sei es ein Kreislaufkollaps infolge der Überhitzung eines ICE oder ein Blasenriss infolge Schließung der einzigen Toilette im Zug. An diesen Beispielen zeigt sich, wie weit das Recht in Sachen Leistungsstörungen bei Bahnreisen hinter dem von Busreisen hinterherhinkt. Bei Busreisen ist die Sicherstellung regelmäßiger Pausen vor allem auch zur Toilettenbenutzung eine Selbstverständlichkeit. Die Inanspruchnahme der Beförderungsleistung eines Busunternehmers unter vergleichbaren Umständen wie in den betroffenen ICE hätte eine schwerwiegende Leistungsstörung dargestellt. In der Folge wäre ein Anspruch auf Ersatzbeförderung in einem anderen Bus und bei einer Pauschalreise ggf. darüber hinaus ein Anspruch wegen verlorener Urlaubszeit entstanden. Allerdings muss ein Bahnkunde so wird vertragsrechtlich argumentiert mit gewissen Störungen im Betriebsablauf rechnen. Hierzu gehört auch, dass der Bahnkunde im Hinblick auf die Temperaturregelung im Beförderungsmittel keine anderen Anforderungen stellen kann als in einer Straßenbahn. Eine generelle Schmerzensgeldregelung für Gesundheitsbeeinträchtigungen infolge von Leistungsstörungen des Beförderungsvertrags hat die Bahn nicht geschaffen. Von einer einmaligen Konstellation war die Rede. Dem war aber leider nicht so. Im darauf folgenden Winter mussten Fahrgäste in einem Regionalexpress bei Temperaturen unter 0 C frieren, weil der Zug vier Stunden auf freier Strecke stand. Die Fahrgäste wurden auf Kulanzbasis in gleicher Weise entschädigt wie die Hitzeopfer im Sommer. Ziel der zukünftigen Bemühungen sollte es sein, die Nebenleistungspflichten der Eisenbahnunternehmen denen des Reisevertragsrechts weiter anzunähern. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Definition von Temperaturspannen, die in klimatisierten Zügen eingehalten werden müssen. Die Funktionsfähigkeit von zumindest einer Toilette im Zug als Nebenleistungspflicht zu betrachten, ist 15

17 Wirtschaftlicher Verbraucherschutz indes problematisch, da durch eine Entschädigungspflicht in diesem Zusammenhang die Gefahr von Sabotagehandlungen gegeben wäre Fluggastrechte Das Unternehmen ist nach 46 Absatz 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) verpflichtet, dem Fluggast seinen aus einer Verspätung des Fluges resultierenden Schaden bis zu einem Höchstbetrag von Euro zu ersetzen. Dies gilt nach herrschender Rechtsauffassung jedoch nur, wenn die Verspätung durch luftfahrttypische Hindernisse verursacht wurde. So besteht z. B. kein Anspruch auf Verspätungsentschädigung, wenn die Verspätung oder Annullierung des Fluges auf einem technischen Defekt des Flugzeugs basiert. Damit besteht nach herrschender Auffassung auch kein Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Fluggast infolge einer solchen Verspätung seinen Anschlussflug verpasst. Vom Schadensersatzanspruch nach 46 Absatz 1 Satz 1 LuftVG zu unterscheiden ist eine pauschale Verspätungsentschädigung. Der Bundesgerichtshof (Xa ZR 95/06) übernahm im Jahr 2010 vom Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Kriterien einer pauschalen Verspätungsentschädigung und stärkte damit die Rechte von Fluggästen, die gegen Fluggesellschaften mit deutschem Gerichtsstand klagten. Seitdem ist eine Verspätung von mehr als drei Stunden der Annullierung gleichgestellt. Die Verspätungsentschädigung beträgt - je nach Entfernung - zwischen 250 und 600 Euro. Der Anspruch besteht jedoch nicht, wenn die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist. Hierunter fallen technische Probleme allerdings nur, wenn diese nicht Folge des normalen Flugverkehrs und von der Fluggesellschaft nicht beherrschbar sind. Im Regelfall dürfte die Entschädigung auch bei Verspätungen infolge eines Pilotenstreiks anfallen, da die Piloten fast immer Beschäftigte der Fluggesellschaften sind und der Verlauf des Streiks deshalb nicht außerhalb der Beherrschbarkeit der Fluggesellschaft liegt. Jedenfalls darf es sich nicht zum Nachteil des Fluggastes auswirken, wenn die Fluggesellschaft den Forderungen der Streikenden nicht nachkommt. Anders stellt sich die Sache jedoch dar, wenn Flughafenpersonal streikt. Auf diese Arbeitsniederlegung hat die Fluggesellschaft keinen Einfluss. Bei einer Verspätung von mehr als fünf Stunden oder anderweitigen gravierenden Beeinträchtigungen der Reise sollte auch die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten, etwa eine Minderung des Flug- oder Reisepreises, in Erwägung gezogen werden. Vor diesem Hintergrund ist eine schriftlich begründete Mängelrüge von Vorteil, deren Eingang von der Fluggesellschaft quittiert wurde. Auch die Kündigung des Beförderungsvertrags sollte in Erwägung gezogen werden. Doch verbleiben dabei nicht unerhebliche Restrisiken beim Fluggast, wenn z. B. die Fluggesellschaft die Kündigung nicht akzeptiert oder der Ersatzflug deutlich teurer ist. Unabhängig von der Ursache der Verzögerung des Starts hat der Fluggast bei einer Verspätung von mehr als zwei Stunden einen Anspruch auf Getränke und Verpflegung. Findet der gebuchte oder ersatzweise angebotene Flug erst am nächsten Tag statt, muss die Fluggesellschaft überdies eine Übernachtung zahlen Verbraucherpolitische Perspektive Im Bereich der Fahrgastrechte von Bahnkunden sollte eine weitergehende Anpassung an sachverwandte Rechtsmaterien angestrebt werden; dies gilt insbesondere im Vergleich mit den Fahrgästen in Reisebussen. Eine gesetzliche Fixierung der Rechtsprechung des EuGH zur Verspätungsentschädigung von Fluggästen erscheint überdies wünschenswert. 2.2 Rechtssicherheit durch Eichungen Eichungen schaffen Rechtssicherheit im Alltag In Thüringen werden pro Jahr Elektroenergie, Gas, Wasser und Kraftstoff im Wert von ca. 2,7 Mrd. Euro an die Verbraucherinnen und Verbraucher abgegeben. Das Landesamt für Mess- und Eichwesen Thüringen (LMET) stellt sicher, dass die vorgeschriebenen engen Fehlergrenzen für die Messgeräte eingehalten werden. Fehlmessungen von 2 % zu Ungunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher würden einem Wert von ca. 54 Millionen Euro entsprechen. Wenn die 16

18 Verbraucherschutzbericht 2010 Messgeräte regelmäßig geeicht und kontrolliert werden, lassen sich die Schäden durch falsche Messergebnisse auf 24 Euro pro Kopf und Jahr begrenzen. Für Verbraucherinnen und Verbraucher sind beim Ankauf oder Verkauf von Gütern und Dienstleistungen vor allem folgende eichpflichtigen Messgeräte von Bedeutung: Waagen (z. B. für Lebensmittel oder Baustoffe), Längenmessmaschinen (z. B. für Fußbodenbeläge), Volumenmessgeräte (z. B. Volumenzähler in Kraftstoffzapfsäulen oder Heizöltankwagen, Wasserzähler, Gaszähler, Abbildung 8), Zähler zur Bestimmung der elektrischen oder thermischen Energie (z. B. Elektrizitätszähler, Gaszähler, Wärmezähler), Wegstreckenzähler in Mietwagen und Fahrpreisanzeiger in Taxen. Für die meisten Messgeräte gilt eine befristete Gültigkeit. Ist die Gültigkeitsdauer der Eichung überschritten, gilt das Messgerät als nicht geeicht. Messgeräte können auf drei unterschiedliche Arten als geeicht gekennzeichnet sein. Geeichte Messgeräte sind mit dem Eichzeichen gekennzeichnet. Dieses enthält den Buchstaben "D" (Deutschland), die Ordnungszahl der jeweiligen Eichaufsichtsbehörde und einen sechsstrahligen Stern bzw. die Ordnungsnummer des jeweiligen Eichamts. Das Ende der Gültigkeit der Eichung geht aus dem neben dem Eichzeichen angebrachten Jahreszeichen hervor. Vielfach befinden sich Eichzeichen und Jahreszeichen gemeinsam auf einer farbigen Klebemarke mit der zusätzlichen Aufschrift "Geeicht bis...". Die Eichung nichtselbsttätiger Waagen (z. B. Labor-, Ladentisch-, Industrie- oder Fahrzeugwaagen, Abbildung 9) sowie von Verbrauchsmessgeräten wird durch eine Eichbehörde oder durch staatlich anerkannte Prüfstellen vorgenommen. Das Verfahren und die Erläuterungen zum Prüfsiegel enthält die Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Messund Eichwesen (AGME Für Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr ist aber nicht nur die Verwendung von geeichten Messeinrichtungen von Bedeutung, sondern auch deren vorschriftsgemäßer Einsatz. Während man den abgelaufenen Eichzeitraum eines Messgeräts auf den ersten Blick erkennen kann, ist der nicht vorschriftsgemäße Einsatz der Messeinrichtungen oft nur durch amtliche Überwachungsbehörden festzustellen. Hier einige Beispiele: Beim Kauf von losen Erzeugnissen dürfen Gewichtswerte, die der Preisermittlung zugrunde liegen, nur als Nettowerte angegeben werden. Das bedeutet in der Praxis, dass das Gewicht des Verpackungsmaterials (Tara) dem Käufer nicht zum Preis der eigentlichen Ware berechnet werden darf. Der sog. Bruttofür Netto-Verkauf ist nicht zulässig. Der Käufer sollte beim Kauf loser Waren also darauf achten, dass das Verpackungsmaterial nicht mitgewogen wird. Moderne Ladentischwaagen verfügen in der Regel über eine Taraeinrichtung, die es erlaubt, das jeweilige Verpackungsmaterial automatisch oder auf Tastendruck einzutarieren. Heizöl wird dem Kunden in der Regel mit Tankwagen angeliefert. Tankwagen müssen mit geeichten Messanlagen ausgerüstet sein. (Abbildung 10). Das bei der Abgabetemperatur gemessene Volumen des Heizöls muss auf das Volumen bei 15 ºC umgerechnet und der Heizölabrechnung zugrunde gelegt werden. Die Umrechnung kann automatisch über Temperaturmengenumwerter oder manuell erfolgen. Bei der Anlieferung von Heizöl sollte auf Folgendes geachtet werden: Ist die Messanlage geeicht? Steht das Zählwerk des Zählers vor Beginn der Messung auf Null? Erfolgt während der Messung eine blasenfreie Abgabe (im Schauglas des Gasmessverhüters muss immer Heizöl sichtbar sein, die übrigen Schaugläser müssen vollständig gefüllt sein)? Der Lieferschein sollte in Anwesenheit des Kunden ausgedruckt werden. Die letzte Zähleranzeige muss mit dem Abdruck übereinstimmen. Die Umwertung muss auf die Bezugstemperatur von 15 ºC erfolgt sein. Einzelheiten beschreibt ein Informationsblatt, dass über Internetseite der AGME abrufbar ist. Eine Fülle von Problemen ergibt sich auch bei sog. Fertigpackungen. Hierbei handelt es sich um Erzeugnisse beliebiger Art, die in Abwesenheit des Käufers abgepackt und ver- 17

19 Wirtschaftlicher Verbraucherschutz schlossen werden, wobei die Menge des Erzeugnisses ohne Öffnen oder merkliche Änderung der Verpackung nicht verändert werden kann. Bei der Herstellung von Fertigpackungen muss aus technischen Gründen in Kauf genommen werden, dass die Füllmengen streuen. Die durchschnittliche Füllmenge darf aber nicht geringer als die Nennfüllmenge (Packungsaufschrift) sein (Abbildung 11). Einzelheiten regelt die Fertigverpackungsverordnung. Die Materie ist äußerst komplex. Immer wieder versuchen Hersteller, Gesetzeslücken oder ihren Wissensvorsprung auszunutzen, um ihre Ware möglichst ansprechend erscheinen zu lassen. Grundsätzlich legal sind so genannte Kombinationsverpackungen, die z. B. Fleisch und Gemüse enthalten, aber nur einen einheitlichen Kilopreis ausweisen. Dabei sind die preisgünstigen Anteile des Produkts (z. B. Gemüse) oft deutlich überteuert. Oft muss man sehr genau hinsehen, um solche Verpackungstricks zu erkennen. Die Grenze der Legalität ist überschritten bei Mogelpackungen. Hierbei handelt es sich um Fertigpackungen, die eine größere Füllmenge vortäuschen als tatsächlich enthalten ist. Folgende Fälle sind zu unterscheiden: die Verpackung selbst wird zur Täuschung benutzt (z. B. hochgezogene Böden, doppelte Wandungen), das Verhältnis zwischen Füllmenge und Packungsvolumen führt zur Täuschung (z. B. unnötig große Hohlräume), das Verhältnis zwischen Volumen der Außenpackung und Volumen der Innenpackung führt zur Täuschung. und Körperpflegemitteln sowie für die Gestaltung von Behältnissen in Becherform und Umverpackungen (z. B. Schachteln für Tuben). Auskünfte zu diesem breiten Thema gibt die Landeseichaufsichtsbehörde, das Landesamt für Mess- und Eichwesen Thüringen (LMET). In folgenden Einsatzfeldern ist das LMET zum Schutz der Verbraucher tätig (Quelle: LMET 2011). Das LMET wacht darüber, dass beim täglichen Erwerb von Waren aller Art, die anhand messbarer Mengen abgegeben werden, nicht zu Ungunsten des Verbrauchers gemessen wird. Präzises, richtiges und manipulationsfreies Messen wird deshalb von erfahrenen Messtechnikern überall in Thüringen anhand der Eichung überprüft. Dazu zählen beispielsweise Tankstellen und Ladentischwaagen. Füllmengenreduzierungen führen nicht gleichzeitig zu einer Reduzierung des Packmittelvolumens und/oder zu einer Reduzierung des Verkaufspreises. Gerade die letzte Fallgruppe hatte im Zusammenhang mit der Aufhebung von EU-Regelungen zur Einheitsverpackungsgröße bei bestimmten Lebensmitteln (z. B. Schokolade) in den letzten Jahren erhebliche Bedeutung. Viele Hersteller nutzten die Liberalisierung der Verpackungsgrößen zu versteckten Preiserhöhungen. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass eine Täuschung dann vorliegt, wenn der Freiraum in der Packung 30 % oder mehr beträgt. Sonderregelungen bestehen für Fertigpackungen mit Backwaren, Pralinen 18 Abbildung 8: Eichung von Kraftstoffzapfsäulen

20 Verbraucherschutzbericht 2010 Fertigpackungskontrollen Auch der Inhalt von fertig verpackten Produkten von der Bierflasche bis zum Senfbecher wird nach der Fertigpackungsverordnung auf Übereinstimmung mit Volumen- und Gewichtsangaben überprüft. Nicht zuletzt wird auch beim Fahrpreis im Taxi sichergestellt, dass die zugrundeliegende Wegstrecke korrekt gemessen wird. Abbildung 9: geeichte Ladentischwaage im Verkauf Ca Messgeräte werden von den Mitarbeitern des LMET jährlich geeicht. Darunter sind auch Tankwaagen für die spezielle Großvolumenmesstechnik, die in der Prüfhalle des LMET am Standort Ilmenau zur Verfügung stehen. Abbildung 11: Kontrolle der abgepackten Menge bei Lebensmittelherstellern Verbrauchsmessgeräte wie Wasser-, Gas- und Elektrizitätszähler werden in großen Stückzahlen von Prüfstellen geeicht, die vom LMET überwacht werden. Abbildung 10: Großvolumenmesstechnik zur Eichung von Heizöltankwagen Abbildung 12: Geeichte Wasserzähler 2.3 Unerlaubte Telefonwerbung Am 4. August 2009 traten auf Bundesebene gesetzliche Vorschriften zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung in Kraft. Die 19

21 Wirtschaftlicher Verbraucherschutz Regelungen blieben hinter den Erwartungen der Verbraucherverbände zurück. Noch immer werden Verbraucher durch unerlaubte Werbeanrufe belästigt oder es werden ihnen trickreich Verträge untergeschoben. Manche Anrufer warben dafür, dass sich die Angerufenen in Listen zur Teilnahme an diversen Gewinnspielen eintragen lassen. Meist werden auf subtile Weise, unter Vortäuschung eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses, die Kontonummer und die Bankleitzahl erfragt, um anschließend einen monatlichen Beitrag vom Konto einzuziehen. In anderen Fällen werden die Angerufen unter dem Vorwand, die Bankdaten müssten verglichen werden, nach Bankverbindungsdaten gefragt. Als durchaus erfolgreich erwies sich auch die besonders dreiste Masche, bei der sich Anrufer als Verbraucherschützer ausgaben. Während sie behaupteten, die Verbraucher vor lästiger Werbung bewahren zu wollen, schoben sie nach einem ganz ähnlichen Schema Verträge unter. Im Bereich Telekommunikation- und Internetdienstleister schilderten Ratsuchende, lediglich der Zusendung von Informationsmaterial zugestimmt haben, sie hätten anschließend jedoch Vertragsbestätigungen erhalten. Kurz nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelungen wurden sogenannte predictive dialer Programme eingesetzt, durch die gleichzeitig mehrere Verbraucher angewählt werden, von denen aber nur zum zuerst Abhebenden eine Verbindung hergestellt wird. Alle anderen hören zwar das Klingeln, erhalten aber keine Verbindung. Die Belästigung entsteht hier bereits durch das wiederholte Klingeln und die damit verbundene Vortäuschung von wiederholten Anrufen. Anrufe von predictiven Dialern können bislang nicht mit Bußgeldern geahndet werden. Besonders tückisch ist hier: Erst beim zweiten genauen Hinhören und nach Zwischenfragen kann man erkennen, dass am Telefon ein Band läuft und Daten automatisch abgefragt werden. Über den gesamten Berichtszeitraum führten die Verbraucherverbände eine Aktion zur Evaluierung des Gesetzes durch, an der sich auch die Verbraucherzentrale Thüringen beteiligte. Bundesweit hatten sich von März bis Juni 2010 insgesamt Verbraucher an dieser Aktion beteiligt, davon aus Thüringen. Bei mehr als 80 Prozent der Anrufe von Thüringern drehte es sich um Werbung für Gewinnspiele und Lotteriedienstleistungen. Andere Angebote betrafen Energieversorgungsverträge, Telefon- und Internetdienstleistungen, Zeitschriften oder Bank- und Finanzprodukte. Knapp einem Drittel der Kontaktierten war nicht aufgefallen, dass sie am Telefon einen Vertrag abgeschlossen hatten. Bei mehr als 70 Prozent der Angerufenen fehlte das Einverständnis für den Werbeanruf. Fast 40 Prozent der unerbetenen Anrufe erreichten Verbraucher über 65 Jahre. Abbildung 13: Pressekonferenz zur Auswertung der Aktion Unerlaubte Telefonwerbung Die als Cold Calling bezeichnete Werbemasche erweist sich als einträgliches Geschäft. Damit muss endgültig Schluss sein!, forderten auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 14. Juni 2010 der Thüringer Staatssekretär für Soziales, Familie und Gesundheit, Dr. Hartmut Schubert, und der Vorstandsvorsitzende der Verbraucherzentrale Thüringen, Christian Gumprecht. Es kann nicht sein, dass Verbraucher trotz eines gesetzlichen Verbotes unerwünschte Werbeanrufe erhalten und sich hinterher mühsam gegen untergeschobene Verträge zur Wehr setzen müssen, unterstrich auch Dr. Ralph Walther, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Thüringen. Anhand zahlreicher Beispiele berichtete er von der oft mühsamen täglichen Arbeit der Verbraucherschützer in den 15 Beratungsstellen, um diese dubiosen Verträge wieder aufzulösen. Verbraucherpolitische Perspektive In Frühjahr will das Bundesjustizministerium den Bericht einer Evaluation des Gesetzes vorlegen. Danach soll geprüft werden, welche gesetzgeberischen Konsequenzen aus den 20

22 Verbraucherschutzbericht 2010 unbefriedigenden Wirkungen des derzeitig gültigen Gesetzes zu ziehen sind. 2.4 Abofallen im Internet Seit Jahren wird die Verbraucherzentrale Thüringen e.v. massenhaft mit unseriösem, teils strafbaren Geschäftsgebaren im Internet konfrontiert. Die Verbraucher beschweren sich darüber, dass sie zu Unrecht Rechnungen und/oder Mahnungen für angebliche Verträge erhalten haben. Angeblich sollen sie sich bei den unterschiedlichsten (kostenpflichtigen) Webseiten angemeldet haben. Diese Massenabzocke wird u. a. als Internet- Vertragsfallen, Abofallen oder Internetabzocke bezeichnet. In der Beratungsstatistik der Verbraucherzentrale Thüringen für 2010 nimmt dieses Problem wieder einen Spitzenplatz ein. Mitte des Jahres tauchte sogar mit der Webtains GmbH aus Eisenach erstmals eine Firma mit Thüringer Adresse auf, die offenbar zum sogenannten Frankfurter Kreisel, einem berüchtigten Abzock-Imperium gehörte. Geschädigte waren Verbraucher aus ganz Deutschland und sogar darüber hinaus. Die einzelnen, immer wieder genannten Portale fielen durch ihre gezielt undurchschaubare Gestaltung auf: Die Seiten waren absichtlich so gestaltet, dass Webseitenbesucher die Preisinformationen nicht wahrnehmen sollten. Das betraf sowohl den Anmeldeprozess als auch die inhaltliche Gestaltung der Seiten. Die Verbraucher gelangten auf diese Internetseiten üblicherweise über Webanzeigen auf den Suchmaschinenseiten oder das Anklicken von Werbebannern und nahmen dies oftmals nicht als Werbung, sondern als reguläre Webseite wahr. Die Internetnutzer suchten z. B. nach kostenloser Software (Freeware), Routenplanern, Kochrezepten, Songtexten, Gedichten oder Grußkarten. Wenn Verbraucher diese Seiten aufriefen, gingen sie davon aus, dass diese wie im Internet allgemein üblich kostenlos waren. Den zwar meist vorhandenen, aber nicht hervorgehobenen, sondern mitunter sogar etwas versteckten Preishinweis nahmen sie nicht wahr, zumal sie sich auf einer üblichen Internetseite glaubten. Die Eingabe ihrer personenbezogenen Daten sahen sie als notwendig an, um z. B. an das gesuchte Programm zu kommen. Verbraucherpolitische Perspektive Da offenkundig ist, dass unseriös agierende Anbieter ihre Webseiten zumeist intransparent gestalten, sind gesetzliche Regelungen unverzichtbar. Dies gilt insbesondere für eine gesetzliche Verpflichtung, den Verbraucher auf die Gesamtkosten des Vertrags hinzuweisen. Dieser Preishinweis muss deutlich sichtbar auf der Internetseite stehen und der Vertragsschluss darf erst dann zustande kommen, wenn der Verbraucher per Mausklick bestätigt hat, dass er mit den angegebenen Kosten einverstanden ist (Button-Lösung). Auch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) verfolgt diesen Ansatz. Seit längerem wird eine europäische Lösung des Problems diskutiert. Der Konsultationsprozess gestaltet sich allerdings als sehr schwierig. Bereits im Jahr 2009 bat die Verbraucherschutzministerkonferenz die Bundesregierung, sich weiterhin im Rat der Europäischen Union und gegenüber dem Europäischen Parlament für eine verbraucherfreundliche Regelung einzusetzen. Mit der neuen Richtlinie über die Rechte der Verbraucher müsse die Geschäftspraxis der Kostenfallen im Internet wirksam unterbunden werden. 21

23 Technischer Verbraucherschutz 3 Technischer Verbraucherschutz 3.1 Thüringen - Vorsitzland des Arbeitsausschusses Marktüberwachung (AAMÜ) Die technische Sicherheit aller Produkte, die nicht Lebens- oder Futtermittel und weder pflanzlichen noch tierischen Ursprungs sind, ist Anliegen des technischen Verbraucherschutzes. Das sind vor allem Produkte wie Spielzeuge, Haushaltsgeräte, Maschinen, aber auch hochkomplexe technische Anlagen. Damit auf dem europäischen und folglich auch auf dem deutschen Markt nur sichere Produkte vertrieben werden, gibt es strenge und umfassende Vorschriften und Regularien. In wie weit sich Hersteller, Importeure oder Händler daran halten, kontrollieren Marktüberwachungsbehörden. Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für ihre Überwachungstätigkeit stellen die Europäische Verordnung Nr. 765/2008 und das in Deutschland geltende Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) dar. Aufgrund der föderalen Struktur in Deutschland liegt der Vollzug dieses Gesetzes in der Verantwortung der Länder. Das bundesweit geltende Gesetz ist möglichst einheitlich in 16 Ländern anzuwenden, obwohl die Verwaltung in jedem Land anders strukturiert ist. Die Umsetzung des Gesetzes erfordert folglich ein hohes Maß an Koordinierung, da der Verkauf von Produkten bekanntlich über Ländergrenzen hinweg erfolgt. Insbesondere betrifft das die Maßstäbe, die die Marktüberwachungsbehörden der Länder an die Beurteilung der Sicherheit eines Produkts anlegen. Ebenso müssen den im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen bundesweit gleiche Maßstäbe zugrunde liegen. Dies gebietet sowohl die Verpflichtung zur Wettbewerbsneutralität als auch der länderübergreifend vereinheitlichte Verbraucherschutz. Um eine solche Harmonisierung des Vollzugs in der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen, wurde im Jahr 2001 der Arbeitsausschuss Marktüberwachung (AAMÜ) im Bereich des GPSG ins Leben gerufen. Mit dem seit 2004 geltenden Gesetz wurden die Länder auch gesetzlich zur Koordinierung der Marktüberwachung verpflichtet. Im AAMÜ regeln die Länder die Zusammenarbeit ihrer Marktüberwachungsbehörden untereinander, entwickeln einheitliche Bewertungsmaßstäbe für die Sicherheitsbeurteilung von Produkten, stimmen möglichst wirksame und einheitliche Maßnahmen zur Durchsetzung des Rechtsrahmens für den freien Warenverkehr ab und verständigen sich auf entsprechende Marktüberwachungskonzepte bzw. Marktüberwachungsprogramme und länderübergreifende Marktüberwachungsaktionen. Häufig werden konkrete Vorkommnisse oder Einzelfälle besprochen, deren Behandlung zwischen den Ländern abgestimmt werden muss. Eine wichtige Aufgabe des AAMÜ ist auch die Zusammenarbeit mit der Industrie, den Inverkehrbringern und Verbänden. Besonders wichtig sind die Kooperation und die Abstimmung von Vollzugsfragen mit den Zollbehörden. Je effektiver dieses Zusammenwirken funktioniert, umso leichter können unsichere Produkte bereits an den EU- Außengrenzen identifiziert und der Vertrieb in der EU verhindert werden. Im AAMÜ sind die stimmberechtigten Mitglieder die Vertreter der für das GPSG zuständigen obersten Landesbehörden der 16 Bundesländer. Daneben hat der Ausschuss weitere nichtstimmberechtigte Teilnehmer und ständige Gäste, u. a. die vom Bundesrat benannten Richtlinienvertreter, der Leiter der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik, Vertreter von Bundesministerien, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sowie Vertreter der Zollbehörden. Vorsitz- und Geschäftsführung des AAMÜ, die zwar eine gewisse Anerkennung, aber vor allem Arbeit bedeuten, wechseln in einem Turnus von drei Jahren. Nach Hamburg, Niedersachsen und Bayern hat seit dem 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 Thüringen als erstes der neuen Bundesländer den Vorsitz des Arbeitsausschusses Marktüberwachung inne und gewährleistet die Geschäftsführung. Dies ist für ein kleines Land, insbesondere vor dem Hintergrund knapper Personalkapazitäten und leerer öffentlicher Kassen, eine enorme Anstrengung. Neben Organisation und Durchführung von zwei regulären zweitägigen Sitzungen im Jahr sind vor allem inhaltliche Schwerpunkte zur Markt- 22

24 Verbraucherschutzbericht 2010 überwachung im Bereich des technischen Verbraucherschutzes zu setzen. Thüringen stellt nicht nur für die anderen Länder Ansprechpartner und Knotenpunkt dar, sondern auch für den Bund, die Industrie und Verbände. Damit wird nicht nur ein wesentlicher Beitrag für die Stärkung der Marktüberwachung, sondern auch für die Reputation Thüringens in Deutschland geleistet. 3.2 Ausgewählte Schwerpunktaktionen Schleifkörper für handgeführte Maschinen Anlass Eine Geschwindigkeit von über 280 km/h stellt für Rennfahrer eine spannende Arbeitsgeschwindigkeit dar. Für ambitionierte Heimwerker ist sie Standard, sobald eine handelsübliche Handschleifmaschine mit entsprechenden Schleifmitteln eingesetzt wird. Dass solche Geschwindigkeiten ein hohes Risiko in sich bergen, belegt eine Sonderstatistik des ehemaligen Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften. Danach ereigneten sich in Deutschland in einem Jahr meldepflichtige Unfälle von Arbeitnehmern, also Unfälle mit mehr als drei Tagen Arbeitsunfähigkeit, allein bei Arbeiten mit Handschleifmaschinen. Das entsprach einem Drittel aller Unfälle mit Handmaschinen. Da diese Maschinenart auch im privaten Bereich breiten Einsatz findet, liegt die Vermutung nahe, dass ebenfalls eine hohe Zahl von Unfällen beim Heimwerken mit solchen Maschinen verursacht wird (eine Erfassung solcher Unfälle im privaten Bereich findet in Deutschland nicht statt). Die hohe Unfallhäufigkeit wurde zum Anlass genommen, im Rahmen der Marktüberwachung tätig zu werden und eine gezielte Kontrolle von Schleifkörpern zu initiieren. Durchführung Als Ziel des Projekts wurde die Überprüfung der Einhaltung der Sicherheit von Schleifkörpern für handgeführte Schleifmaschinen festgelegt, um unsichere Produkte vom Markt zu nehmen und dadurch den Schutz der Verbraucher in Thüringen weiter zu stärken. Die Rechtsgrundlagen für diese Überprüfungen bilden das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) sowie als anerkannte Technische Regeln die DIN EN (Sicherheitsanforderungen für Schleifkörper aus gebundenem Schleifmittel), DIN EN (Sicherheitsanforderungen für Schleifwerkzeuge mit Diamant oder Bornitrit) und DIN ISO (Schleifkörper aus gebundenem Schleifmittel - Grenzabmaße und Lauftoleranzen). In Vorbereitung der Aktion wurden die einschlägigen Normen beschafft, eine Checkliste erarbeitet sowie die Prüfmöglichkeiten ermittelt und ein Prüfdorn angefertigt. Wegen der hohen Geschwindigkeiten wird der Werkzeugaufnahme eine besondere Bedeutung beigemessen. Im Falle der Schleifmittel wird diese durch die Passgenauigkeit der Bohrungen entscheidend beeinflusst. Der Toleranzbereich ist in der Norm DIN ISO mit 16/100 mm festgelegt. Wird dieser Bereich über- bzw. unterschritten, kann es zur Vorschädigung der Schleifscheibe durch Anrisse beim Aufspannen oder zu Schwingungen aufgrund schlechten Rundlaufs kommen. Beides kann ein vorzeitiges Bersten des Schleifmittels hervorrufen und stellt damit ein hohes Verletzungsrisiko dar. Wegen der Wichtigkeit der Passgenauigkeit wurde für den verbreiteten Aufnahmedurchmesser von 22,23 mm ein Prüfdorn mit entsprechenden Grenzabmaßen angefertigt. Für die anderen Aufnahmedurchmesser wurde die Prüfung mittels Messschieber entsprechend der Norm durchgeführt. Zu Beginn der Überprüfungen im Handel wurde schnell klar, dass es ein sehr vielfältiges Angebot an verschiedenen Arten von Schleifkörpern gibt: gerade, gekröpfte, kunstharzgebundene sowie diamantbesetzte Trenn-, Schrupp- und Topfscheiben verschiedenster Marken und Typen. Nach ersten Überprüfungen bei Händlern zeichnete sich ab, dass abgelaufene Befristungen zur Verwendbarkeit von kunstharzgebundenen Schleifscheiben für Handmaschinen einen Schwerpunkt der vorgefundenen Mängel bildeten. Durch Feuchtigkeit verringert sich bei den kunstharzgebundenen Produkten die Bindungsfestigkeit und somit die Sicherheit gegen Bersten. Diese Produkte sind ab Herstellungsdatum maximal drei Jahre lagerfähig und deshalb mit einem Verfallsdatum zu kennzeichnen. Bei lange überlagerten Schleifscheiben wird die Alterung bereits optisch durch sich ablösende Etiketten sowie sich auflösende Ränder deutlich sichtbar. 23

25 Technischer Verbraucherschutz Diese begrenzte Lagerfähigkeit war im Handel nahezu unbekannt. Aus diesem Grund und wegen der Vielzahl überlagerter Produkte wurde der Fokus auf die Überprüfung der Verfallsdaten gelegt. Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz verbietet den Verkauf unsicherer Verbraucherprodukte. Im Rahmen der Schwerpunktkontrolle wurden insgesamt 21 Handelseinrichtungen kontrolliert, darunter kleinste Eisenwarenhandlungen, Baumärkte und Anbieter für den professionellen Bedarf. Dabei wurden dem Warensortiment 40 kunstharzgebundene Schleifmittel verschiedenen Typs und verschiedener Anbieter entnommen: 34 Trennscheiben für Stein bzw. Metalle, fünf Schruppscheiben für Metall und eine Topfscheibe für die Metallbearbeitung. Ergebnisse Aus neun Handelseinrichtungen wurden insgesamt 14 verschiedene Schleifscheiben sowie die Topfscheibe aufgrund der Überschreitung der Lagerhöchstdauer bemängelt. Die Zeitspanne der Überlagerung betrug teilweise mehrere Jahre - vier bis fünf Jahre über die Verwendbarkeit hinaus gelagerte Schleifmittel waren keine Seltenheit. Wenige Angebote waren noch in DM ausgepreist (bis 2001). Spitzenreiter war eine mindestens 20 Jahre alte Schruppscheibe, die noch nach und mit TGL-Standard (die in der DDR bis 1990 geltende Entsprechung zu DIN-Normen) gekennzeichnet war. Abbildung 14: Schleifscheibe mit Verfallsdatum von 2001 Im Vergleich zur Überschreitung der Verwendbarkeitsdauer sind die formalen Mängel marginal. Bei der Kontrolle von 26 verkaufsfähigen Schleifmitteln zeigten drei formale Mängel bezüglich der Kennzeichnung. Die Kennzeichnung sieht u. a. die Angabe der Werkstoffbezeichnung (Art, Korngröße, Härtegrad, Bindung, Verstärkung) des Schleifmittels und die Erklärung der Konformität (Übereinstimmung mit den Anforderungen des GPSG) vor. In zwei Fällen war die Werkstoffbezeichnung nicht korrekt. Eine Schleifscheibe war mit der CE-Kennzeichnung versehen, welche für diese Werkzeuge nicht vorgesehen und nicht erlaubt ist. Bei den Schleifscheiben mit abgelaufener Verwendbarkeit wiesen 71 % formale Mängel auf. Dies wurde jedoch nicht weiter bewertet, da die Produkte ohnehin vom Markt entfernt werden mussten. Alle geprüften Schleifscheiben erfüllten die Toleranzbedingungen für die Maße der Aufnahmebohrung. Eine angebotene Schleifscheibe war durch unsachgemäße Handhabung im Handel bereits defekt und wies einen Anriss auf. Eingeleitete Maßnahmen Die neun betroffenen Händler wurden durch den Kontrollbeauftragten vor Ort über die Rechtslage informiert und aufgeklärt sowie aufgefordert, die überlagerten Produkte aus dem Verkauf zu nehmen und das gesamte Warenangebot (Lagerbestände) auf Überlagerungen zu prüfen. Zusätzlich wurde den Händlern über die Kontrolle und die einvernehmlich festgelegten Maßnahmen ein Anschreiben mit Terminierung der Bestätigung der Entnahme der bemängelten Schleifscheiben zugestellt. Dies beinhaltet die schriftliche Bestätigung des Vollzugs durch die Händler. Den vorgeschlagenen Maßnahmen, hier Verkaufsstopp für die überlagerten Schleifscheiben und Sortimentskontrolle, wurde seitens des Handels freiwillig nachgekommen, um einer kostenpflichtigen Anordnung nach GPSG zu entgehen. Die Gesamtzahl der überlagerten und daher vom Markt zu entfernenden Schleifmittel betrug 134. Bei den formalen Fehlern erfolgte eine Eintragung in das behördliche Informationssystem ICSMS und damit eine Übergabe an die Marktüberwachungsbehörde am Sitz des Herstellers bzw. Importeurs zur weiteren Veranlassung wie Kontrolle, Beratung und Veranlassung einer Korrektur. Fazit und Ausblick Vorrangig wurde bei dieser Schwerpunktaktion der Thüringer Einzelhandel auf seine Pflichten aus dem GPSG bezüglich sicherer 24

26 Verbraucherschutzbericht 2010 Verbraucherprodukte überprüft. Die hohe Mängelquote war überraschend. Im Non- Food-Bereich gibt es ausgesprochen wenig Produkte mit begrenzter Lagerfähigkeit. Aus diesem Grund sind über die damit verbundenen Verpflichtungen und Konsequenzen kaum Kenntnisse im Handel vorhanden. Während der Schwerpunktaktion wurde festgestellt, dass in nur zwei Märkten die Sortimentsverantwortlichen Kenntnis über eine Lagerhöchstdauer von bestimmten technischen Produkten hatten. Als Schlussfolgerungen aus der Schwerpunktaktion werden abgeleitet: Wegen der hohen Mängelquote von 45 % (37 % durch Überschreitung der Lagerfrist) und dem sehr breiten Warenangebot bleiben diese Produkte weiterhin im Fokus des technischen Verbraucherschutzes in Thüringen. Die Erarbeitung eines Merkblatts für den Handel soll die Sachkenntnis über die einschlägigen Vorschriften verbessern. Für Anwender und Verbraucher wird eine Informationsschrift über zu beachtende Sicherheitsregeln und - ausrüstungen (Augen-, Gehörschutz, geeignete Kleidung) bei der Arbeit mit Handschleifmaschinen herausgegeben. Dabei soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass auch Heimwerker auf das Verfallsdatum der verwendeten Schleifscheiben achten müssen Schutzhandschuhe manchmal auch ein Risiko für Haut und Hand Anlass Schutzhandschuhe werden heute in den meisten gewerblich tätigen Betrieben benötigt und sind für bestimmte Arbeitsbereiche vorgeschrieben. Eine Schwerpunktaktion zur Sicherheit von Schutzhandschuhen wurde bereits im Jahr 2008 durchgeführt. Im Mittelpunkt der Aktivitäten standen damals ausschließlich Schutzhandschuhe, die gegen mechanische Risiken schützen sollen. Zur Durchführung dieser Schwerpunktaktion wurde in zwölf Handelseinrichtungen das Warensortiment an derartigen Schutzhandschuhen kontrolliert. Insgesamt wurden achtzehn Handschuhtypen von dreizehn Inverkehrbringern überprüft. Neben zahlreichen formalen Mängeln wiesen siebzehn überprüfte Schutzhandschuhe sicherheitsrelevante Mängel auf. Alle Händler wurden über das Prüfergebnis unterrichtet und aufgefordert, geeignete Maßnahmen, z. B. Einstellung des Inverkehrbringens oder Rückführung der beanstandeten Produkte an die Lieferanten, einzuleiten. Parallel dazu erfolgte die Eingabe der Produktinformationen im Internet gestützten Informations- und Kommunikationssystem für die grenzüberschreitende Marktüberwachung (ICSMS) und die Abgabe an die für die Inverkehrbringer zuständigen Marktüberwachungsbehörden. Deren Aufgabe ist es, an der Quelle, das heißt von Herstellern und Importeuren geeignete und zeitnahe Maßnahmen zu fordern. Weitere Aufgaben der Marktüberwachungsbehörden sind hier neben der Beratung bei den jeweiligen Inverkehrbringern, die Durchführung von Stichprobenkontrollen, die Sichtung entsprechender Dokumentationen, wie EG-Konformitätserklärungen und Baumusterprüfbescheinigungen. Ob und inwieweit die verantwortlichen Wirtschaftsakteure zum Schutz des Verbrauchers reagiert und akzeptable Maßnahmen, wie z. B. die Korrektur der Leistungsstufen, eingeleitet haben, sollte im Jahr 2010 im Zuge einer Nachkontrolle zu dieser Produktgruppe geprüft werden. Für die Nachkontrolle wurden ausschließlich die im Jahr 2008 beanstandeten Schutzhandschuhe bzw. deren Nachfolgemodelle fokussiert. Durchführung Auf dem Markt waren von ursprünglich achtzehn Schutzhandschuhen noch neun Handschuhtypen zu finden. Es wurde sowohl die Einhaltung formaler als auch sicherheitstechnischer Anforderungen überprüft. Die in der Geräteuntersuchungsstelle des TLAtV durchgeführte formale Prüfung wurde als Sichtprüfung auf Grundlage der Verordnung über das Inverkehrbringen von persönlichen Schutzausrüstungen (8. GPSGV) durchgeführt. Im Einzelnen wurde geprüft, ob die jeweiligen Prüfmuster mit folgenden Angaben gekennzeichnet waren: Name des Herstellers oder der Handelsname, Handschuhname, Code, Artikelnummer o. ä. für eine eindeutige Identifikation, Größenbezeichnung, Piktogramm mit der Bezeichnung der Norm und den Leistungsstufen. 25

27 Technischer Verbraucherschutz Des Weiteren wurde das Vorhandensein einer schriftlichen Verbraucherinformation kontrolliert, die u. a. Angaben zum Gebrauch und zur Reinigung, Erklärungen zu den Leistungsstufen und die Benennung der Prüfstelle, die die Baumusterprüfung durchgeführt hat, enthalten muss. Die sicherheitstechnische Prüfung erfolgte im Sächsischen Textilforschungsinstitut e.v. (stfi). Im Zuge der externen Prüfung durch das Prüfinstitut sollte geklärt werden, ob die auf den jeweiligen Schutzhandschuhen aufgebrachten Kennzahlen für die Leistungsstufen (Abrieb-, und Schnittfestigkeit sowie Weiterreiß- und Durchstichkraft) mit den tatsächlich ermittelten Leistungsstufen übereinstimmen. Die mechanischen Eigenschaften eines Handschuhs müssen durch das Piktogramm (Abbildung 15) für mechanische Risiken, dem vier Zahlen für die Leistungsstufen folgen, wiedergegeben werden (8. GPSGV i. V. m. DIN EN 388:2003). Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken müssen für mindestens eine der Eigenschaften (Abrieb-, Schnittfestigkeit, Durchstich- oder Weiterreißkraft) die Leistungsstufe 1 erreichen. 0 bedeutet, dass der Handschuh die Mindestanforderungen nicht erfüllt. Die besten Werte sind 4 oder 5. Abbildung 15: Kennzeichnung von Schutzhandschuhen Ergebnisse Acht Schutzhandschuhe wiesen formale Mängel auf; lediglich ein Schutzhandschuh hat diesen Teil der Prüfung bestanden. Auch die sicherheitstechnische Prüfung hat nur ein Schutzhandschuh bestanden. Bei diesem stimmten die auf dem Schutzhandschuh ausgewiesenen Leistungsstufen mit den tatsächlich ermittelten überein. Ein Handschuh wies drei Mängel (fehlerhafte Angabe bei der Abrieb-, der Weiterreiß- und der Durchstichfestigkeit) auf, vier Handschuhe hatten jeweils einen sicherheitstechnischen Mangel (drei davon bezüglich der Abriebfestigkeit, einer hinsichtlich der Durchstichfestigkeit) und bei drei Handschuhen wurden jeweils zwei Mängel (zweimal Abrieb und Durchstich; einmal Abrieb und Weiterriss) ermittelt. Keine Beanstandungen gab es bei den Leistungsstufen bezüglich der Schnittfestigkeit, die angegebenen wurden immer erreicht. Abbildung 16: Übersicht der sicherheitsrelevanten Mängel bei Schutzhandschuhen Die größten Diskrepanzen wurden bei der Angabe der Festigkeit gegen Abrieb registriert. Von neun Handschuhen wurden nach Herstellerangaben sieben mit der höchsten Widerstandsfähigkeit (LS 4) eingestuft. Von denen hat jedoch keiner diese Leistungsstufe erreicht. Nach den Prüfmodalitäten für die Abriebfestigkeit erreichten die getesteten 26

28 Verbraucherschutzbericht 2010 Materialien nur ein Viertel der angegebenen Qualität (2 000 statt Prüfzyklen). Die Handschuhe, bei denen in der Abriebfestigkeit eine niedrigere Leistungsstufe angegeben war (3 bzw. 2) erreichten diese auch. Bei drei überprüften Schutzhandschuhen mit Leistungsangaben für die Durchstichfestigkeit wurde die Mindestanforderung nicht erfüllt. Es gab sowohl Schutzhandschuhe mit sicherheitstechnischen Mängeln als auch solche mit formalen Mängeln. Kein einziger Handschuh war mängelfrei. Es wurde wiederum festgestellt, dass die auf den jeweiligen Schutzhandschuhen aufgebrachten Kennzahlen für die Leistungsstufen nicht mit den tatsächlich ermittelten Leistungsstufen übereinstimmen. Durch die fehlerhaften Angaben wird dem Verbraucher eine höhere Sicherheit suggeriert, die letztendlich nicht gegeben ist. Alle Prüfberichte wurden in das Marktüberwachungsinformationssystem ICSMS eingestellt (Abbildung 16). Fazit Die Schwerpunktaktion unter dem Thema Evaluierung der Ergebnisse der Aktion aus dem Jahr 2008 Erfolgskontrolle behördlichen Handelns wurde erstmalig so umfangreich und mit hohem Aufwand gemäß dem Operationalisierungskonzept für die Marktüberwachung durchgeführt. Die Überprüfung bestätigt die Ergebnisse der Schwerpunktaktion Die Resultate sind allerdings enttäuschend, da sich keine erkennbaren positiven Veränderungen ergeben haben. Hersteller und Importeure haben offenbar auf die Prüfergebnisse der ersten Sonderaktion nicht bzw. nicht ausreichend reagiert - oder wurden die behördlichen Maßnahmen womöglich nicht mit der erforderlichen Konsequenz durchgesetzt? Nachziehspielzeug und Puzzle aus Holz Anlass Durch Spielzeuge sollen Kinder mit Freude lernen. Viele Eltern, Großeltern und Verwandte wollen nur das Beste für den Nachwuchs. Das riesige Warenangebot des Handels stellt die Kunden damit vor schwierige Entscheidungen. Welches Spielzeug ist sicher? Immer häufiger gelangten in der Vergangenheit Spielzeuge ins Visier der Kontrolleure. Das zeigt die ständig steigende Zahl von Rückrufen, Warnungen, RAPEX- Meldungen und Produktprüfungen. Die Ergebnisse sind europaweit bedenklich ( Aus diesem Grund ist es erforderlich, Inverkehrbringer, Händler, Hersteller und auch die Verbraucher zu sensibilisieren. Im Rahmen einer Schwerpunktaktion sollten Nachziehspielzeuge und Puzzle aus Holz für Kinder unter drei Jahren genauer unter die Lupe genommen werden (Abbildungen 17 bis 19). Die Kontrollen erstreckten sich auf Fachhändler, Billigmärkte und Hersteller. Auch Internetrecherchen wurden durchgeführt. Im Aufsichtsgebiet wurden 20 Ziehspielzeuge und 16 Puzzle erworben und zum Zweck der Prüfung einbehalten. Die Entnahme der Proben setzte sich wie folgt zusammen: Ziehspielzeuge Puzzle Billigmärkte 1 9 Fachhandel 15 7 Hersteller 2 - Internet Abbildung 17: Spielzeug aus einem Fachmarkt 27

29 Technischer Verbraucherschutz Ergebnisse Die Auswertung der Prüfprotokolle der Geräteuntersuchungsstelle ergab, dass von den 20 Nachziehspielzeugen fünf keine Mängel, sechs Spielzeuge formale Beanstandungen und neun Ziehspielzeuge sicherheitstechnische Mängel aufwiesen. Abbildung 18: Ziehspielzeug aus dem Internetversand Durchführung Die Geräteuntersuchungsstelle des TLAtV (GUS) prüfte die Spielzeuge auf Grundlage des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG), der Spielzeugrichtlinie (SpielzRL), Richtlinie 88/378/EWG bzw. Richtlinie 2009/48/EG, der 2. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (2. GPSGV), der DIN EN 71 Sicherheit von Spielzeug (Teile 1 bis 3), der DIN Fachbericht 125: Klassifizierung von Spielzeug-Leitlinien und der Leitlinie 11 zur Anwendung der Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug. im Wesentlichen auf ablösbare Kleinteile, Schnüre, Ecken und Kanten, teilweise auf Formaldehyd und Nickel sowie auf die erforderliche Kennzeichnung der Produkte. Bei den Puzzles stellte sich ein etwas anderes Bild dar. Von den 16 Proben hatten drei keine Mängel, zehn Spielzeuge formale Beanstandungen und drei Puzzles sicherheitstechnische Mängel. Für die sicherheitstechnisch mangelhaften Produkte wurde die Risikobeurteilung im Team nach der RAPEX-Leitlinie, gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit, erstellt. Danach erfolgte die Einstufung in die Risikogruppe und die weitere Vorgehensweise im Vollzug wurde festgelegt. Nach Vorliegen der Ergebnisse wurden diese in das System ICSMS eingetragen. Ein Spielzeug (Holzzug, Abbildung 20) wurde als gefährliches Produkt eingestuft und im Rahmen des RAPEX-Verfahrens an alle teilnehmenden europäischen Mitgliedsstaaten zur Fahndung ausgeschrieben. Abbildung 20: Holzzug aus einem Spielzeugfachmarkt Abbildung 19: Puzzle aus einem Billigmarkt Da noch etliche Rückmeldungen zu erwarten sind, kann kein endgültiges Ergebnis bekanntgeben werden. Die Ergebnisse der fortgesetzten Schwerpunktaktion können dem Verbraucherschutzbericht 2011 entnommen werden. Fazit und Ausblick Neben den insgesamt 16 festgestellten formalen Mängeln haben zwölf Spielzeuge die sicherheitstechnische Prüfung nicht bestanden. Interessant war, dass für alle Handelsbe- 28

30 Verbraucherschutzbericht 2010 reiche (Billigmärkte, Fachhandel, Hersteller, Internethandel) sicherheitstechnische Beanstandungen ermittelt wurden. Im Verlauf der Auswertung waren bei den Ziehspielzeugen und Puzzles die ablösbaren Kleinteile, welche in den Prüfzylinder eingelegt werden konnten, auffällig. Kinder, die mit den Teilen spielen und in den Mund nehmen, könnten daran ersticken. Bei zwei Ziehspielzeugen waren die Schnüre zu lang und mit Griffhilfen versehen. Spielen Kinder mit solchen Produkten, besteht eine nicht zu unterschätzende Strangulationsgefahr. Außerdem ergab die Prüfung an zwei weiteren Ziehspielzeugen, dass die erforderliche Schnurdicke nicht eingehalten war. Um ein aussagekräftiges Ergebnis über die Sicherheit der Spielzeuge zu erhalten, wurden einige Ziehspielzeuge auf die Einhaltung der Grenzwerte von Formaldehyd und Nickel sowie alle Puzzle auf Formaldehyd geprüft. Dabei wurden jedoch keine Auffälligkeiten festgestellt. Weiterhin sind die jeweiligen Puzzles der Einweichprüfung unterzogen worden. Auch hier waren keine Mängel zu verzeichnen. Das Ergebnis der Schwerpunktaktion zeigt, dass bei jedem zweiten Ziehspielzeug und jedem fünften Puzzle sicherheitstechnische Beanstandungen nachgewiesen werden konnten. In Konsequenz des unbefriedigenden Ergebnisses wurden den betroffenen Händlern im Rahmen von Revisionsschreiben für neun Ziehspielzeuge und zwei Puzzles Verkaufsverbote erteilt. Ein Großteil der Händler nahm in eigener Initiative die Waren aus dem Verkauf. Um die Nachhaltigkeit der Maßnahmen zu überprüfen, finden im Jahr 2011 Nachkontrollen im Handel statt Spielzeugkerzenhalter mit Kerzen Anlass Zu einer Kindergeburtstagsfeier wurde der Kaffeetisch u. a. mit vier Kerzenhaltern in Flugzeugform einschließlich Kerzen dekoriert (Abbildung 21). Die Kerzen wurden angezündet. Während der Unterhaltung der Gäste gab es einen lauten Knall - ein Luftballon war geplatzt. Plötzlich brannte der Tisch. Zwei der Flugzeug-Kerzenhalter waren vollkommen geschmolzen, zwei andere angeschmolzen. Der Brand war rechtzeitig bemerkt und sofort gelöscht worden. Aber zwei der Kerzenhalter hatten sich bereits in die Tischplatte eingebrannt. Die Kerzen brannten nicht unbeaufsichtigt ab, die Gäste saßen um den Tisch, auf dem keine Tischdecke lag. Keiner der Gäste hätte vermutet, dass sich die Kerzenhalter in Spielzeugform entzünden könnten. Sie bestanden aus Kunststoff und eine Gefährdung wurde schon deshalb nicht erwartet, da es sich um Kerzenhalter für Kinder handelte und diese nach allgemeiner Verbraucherauffassung sicherer sein müssten als herkömmliche Kerzenhalter. Abbildung 21: Neue Spielzeugkerzenhalter Abbildung 22: Entzündung des Kerzenhalters nach Abbrennen der Kerze Gefahren und Mängel Die bedenklichen Kerzen verlöschen nach Abbrand nicht gefahrlos von selbst (Abbildung 22). Vielmehr wird der Kunststoffhalter entzündet Dieser brennt selbsttätig, am Ende mit fast unsichtbarer Flamme, weiter Es besteht die Gefahr, dass sich die Flamme auf das darunterliegende Material 29

31 Technischer Verbraucherschutz ausbreitet. Dieses Material muss nicht zwingend ein (relativ schwer entflammbarer) Kuchen sein (Abbildung 23). Zudem besteht Verbrennungsgefahr an flüssigen heißen Kunststoffresten. Durchführung Es wurden mehrere gleichartige Produkte des gleichen Herstellers geprüft. Weitere Spielzeug-Kerzenhalter waren als Raupe oder Eisenbahn im Handel erhältlich. Die Prüfung erfolgte auf Grundlage des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes, der Spielzeugrichtlinie 88/378/EWG und der 2. GPSGV unter Anwendung der folgenden Normen: DIN EN 71-1 Sicherheit von Spielzeug - Mechanische und physikalische Eigenschaften DIN EN 71-2 Sicherheit von Spielzeug - Entflammbarkeit DIN EN Kerzen - Spezifikation für die Feuersicherheit DIN EN Kerzen - Produktsicherheitskennzeichnung Ergebnisse Die Kerzen brennen rasch ab und tropfen stark. Löscht man die Kerze nicht wie angegeben, wenn die Kerze die Länge von einem Zentimeter unterschreitet, so brennt sie bis an den Kunststoff und dieser schmilzt oder fängt sogar an zu brennen (Abbildung 23). Vier von sechs Kerzenhaltern bestanden die Prüfung der Standsicherheit nicht. Die Kerzen können außerdem mit Lebensmitteln verwechselt werden, es besteht also die Gefahr des Verschluckens und Erstickens. Ebenso wurden Mängel bei der Produktsicherheitskennzeichnung festgestellt. Abbildung 23: Schadensbild nach dem Brand Eingeleitete Maßnahmen Das Produkt wurde als Hinweis und Warnung für andere Marktüberwachungsbehörden sowie Verbraucher in das EU-weite System ICSMS eingestellt. Der weitere Verkauf wurde untersagt. Fazit und Ausblick Als besonders kritisch ist zu betrachten, dass es sich bei den Kerzenhaltern um Spielzeug handelt, das direkt auf brennbaren Untergrund gestellt werden kann. Die Brandgefahr ist hier potentiell beeinflusst vom Material der Aufstellfläche und der Umgebung (Papier, Stoff usw.). Der Hinweis Kerzen vor dem vollständigen Abrennen löschen ist nicht hinreichend, da dies abhängig von der subjektiven Wahrnehmung des Verbrauchers ist und bei der nicht auszuschließenden Brandgefährdung mit möglichen Verletzungsfolgen für Kinder und Erwachsene keine angemessene Sicherheit gewährleistet. Der Hersteller nahm das Produkt unmittelbar nach dem Schadensfall aus seinem Angebot Überprüfung tragbarer Feuerlöscher nach RL 97/23/EG Anlass Tragbare Feuerlöscher sind als Kleinlöschgeräte (mit einem Gesamtgewicht von max. 20 kg) zum Löschen von Klein- bzw. Entstehungsbränden konzipiert. Da Brände quasi überall dort entstehen können, wo brennbare Stoffe existieren bzw. mit ihnen umgegangen wird, spielen Feuerlöscher in vielen Bereichen des täglichen Lebens eine meist unbeachtete, aber dennoch wichtige Rolle. So muss der Nutzer im Ernstfall auf eine sichere und effektive Funktion 30

32 Verbraucherschutzbericht 2010 des zum Einsatz kommenden Feuerlöschers vertrauen dürfen. Der Notwendigkeit des sicheren Betriebes Rechnung tragend (Feuerlöscher sind bzw. werden bei Inbetriebnahme druckbeaufschlagt und gelten daher als Druckgeräte), verständigte sich die Arbeitsgruppe der Europäischen Mitgliedsstaaten zur Administrativen Kooperation im Bereich der Druckgeräterichtlinie (PED-ADCO-Group). In ihrer Herbstsitzung im Oktober 2009 wurde für 2010 eine Aktion zur Kontrolle des richtlinienkonformen Inverkehrbringens von tragbaren Feuerlöschern angeregt. Auf europäischer Ebene erwogen neben Deutschland auch Österreich, Luxemburg, Rumänien, Schweden und die Schweiz eine Beteiligung an der Aktion. Nach entsprechender Berichterstattung des zuständigen Richtlinienvertreters auf der 19. Sitzung des Arbeitsausschusses Marktüberwachung (AAMÜ) im November 2009 erklärten sich auf nationaler Ebene neben Thüringen die Länder Brandenburg, Sachsen und Hamburg zur Teilnahme bereit. Durchführung Um ein einheitliches und auswertbares Vorgehen zu gewährleisten, wurde zunächst in Abstimmung mit den interessierten Mitgliedstaaten eine entsprechende Checkliste entwickelt. Die darin enthaltenen Prüfaspekte befassten sich schwerpunktmäßig mit der dem Produkt beizufügenden Dokumentation sowie der durch die Druckgeräterichtlinie vorgegebenen Kennzeichnung. Darüber hinaus sollte aber auch eine äußere Begutachtung der Feuerlöscher hinsichtlich offensichtlicher Mängel erfolgen. National verständigte man sich darauf, eine länderspezifische Festlegung von Kontrollschwerpunkten, insbesondere hinsichtlich entsprechender Herstellerbzw. Vertriebsstandorte vorzunehmen. Hintergrund war die Tatsache, dass viele Handelsunternehmen bundesweit eine Produktpalette anbieten, so dass Mehrfachkontrollen in verschiedenen Filialen diverser Anbieter vermieden werden sollten. Die beteiligten Länder wurden daher zunächst gebeten, die von ihnen im Rahmen der gemeinsamen Aktion vorzugsweise zu überprüfenden Handelsketten bzw. Hersteller zu benennen, wobei vorrangig im Discountbereich angebotene Produkte im Mittelpunkt stehen sollten. Über den daraufhin vorgenommenen Abgleich konnten letztlich Verantwortlichkeiten bezüglich der zu kontrollierenden Handelsunternehmen bzw. Hersteller festgelegt werden. Für Thüringen standen zwei Baumarkt- und drei Discountketten im Fokus der Überprüfung. Der Startschuss der Aktion erfolgte am 8. März 2010, das Ende war für den 30. Juli 2010 vorgesehen. In diesem Zeitraum erfolgten überwiegend Begehungen von diversen Baumärkten in Erfurt, Mühlhausen und Bad Frankenhausen. Die dort angebotenen Feuerlöscher (meist Pulverlöscher) wurden anhand der eingangs erwähnten Checkliste überprüft. Da im Betrachtungszeitraum lediglich in einem der drei durch Thüringen zur Überwachung vorgesehenen Discounter Feuerlöscher zum Verkauf angeboten wurden, musste sich die Kontrolle in diesem Segment auf einen Hersteller beschränken. In Ergänzung zum bereis beschriebenen Prüfumfang entschied sich Thüringen - anders als die beteiligten Länder - dafür, eine gewisse Anzahl von Feuerlöschern einer tiefer gehenden Prüfung u. a. hinsichtlich Werkstoffeinsatz bzw. Konstruktionsmerkmalen zu unterziehen. Hierfür wurden vier 6-Kilogramm-Pulverlöscher, acht 1-Kilogramm-Pulverlöscher sowie zwei 6-Liter-Schaumlöscher erworben und in Kooperation mit dem Werkstoffprüflabor des TÜV Thüringen geprüft. Eine weitere Möglichkeit zur Betrachtung des Produktsegments bot sich bei der in Leipzig stattfindenden Branchenmesse Interschutz. Hier konnte in Kooperation mit den Kollegen aus Brandenburg und Sachsen im Rahmen einer Messekommission eine Anzahl ausländischer Hersteller kontrolliert werden. Ergebnisse/Auswertung/Maßnahmen Die Zusammenfassung der Ergebnisse der Länderaktion erfolgte anhand einer im Vorfeld erarbeiteten und den beteiligten Behörden zur Verfügung gestellten Excel-Tabelle. Bei der zwischen den beteiligten Ländern abgestimmten Aktion wurden insgesamt 56 Feuerlöscher überprüft. Darunter waren 73 % Pulverlöscher, 20 % Schaumlöscher sowie jeweils zwei Wasser- bzw. CO2-Löscher. 31

33 Technischer Verbraucherschutz Thüringen 24 Stück Berlin- Brandenburg 14 Stück Sachsen 12 Stück Hamburg 6 Stück Abbildung 24: Überprüfte Feuerlöscher pro Land Bei der Prüfung fielen hauptsächlich drei Mängel auf: Zum einen lag bei knapp zwei Drittel der Feuerlöscher keine Konformitätserklärung vor. Dies ist aktuell zwar noch nicht gesetzlich gefordert, wird aber vom entsprechenden Arbeitsausschuss der EU-Kommission empfohlen. Schließlich ist die Konformitätserklärung neben der CE-Kennzeichnung der Nachweis darüber, dass die in den einschlägigen Richtlinien angeführten Vorgaben beachtet und eingehalten werden. Sie stellt insofern die für eine Bewertung im Rahmen der Marktüberwachung wesentliche Grundlage dar. Zum anderen fehlte bei gut einem Drittel der vorgefundenen Produkte die Betriebsanleitung bzw. erfüllte diese nicht die Vorgaben der Druckgeräterichtlinie. Da jedoch der Käufer bzw. Nutzer durch dieses Dokument über alle für einen sicheren Betrieb relevanten Belange informiert werden soll, kommt diesem Umstand besondere Bedeutung zu. Ein weiterer erwähnenswerter Aspekt ist die Tatsache, dass die nach Richtlinie vorgegebenen Kennzeichnungsinhalte, z. B. hinsichtlich Volumen bzw. Druck nicht immer angegeben wurden. Auf den ersten Blick erscheint dies nicht unbedingt sicherheitsrelevant, erlangt aber bei der Festlegung möglicher Prüfkriterien im Betrieb ggf. eine entsprechende Bedeutung. Abbildung 25: Geprüfte Feuerlöscher Ergänzende Betrachtung Thüringens: Im Rahmen der tiefer gehenden Begutachtung von 14 Feuerlöschern wurden die tatsächlichen Werkstoffkennwerte, die vorhandene Wandstärke und - sofern zutreffend - die Schweißnähte geprüft. Hierbei wurden bezogen auf den Materialeinsatz keine Auffälligkeiten festgestellt, darüber hinaus war auch die jeweils erforderliche Mindestwandstärke vorhanden. Hervorzuheben ist dagegen, dass von sieben geschweißten Feuerlöschern drei die Prüfungsvorgaben nicht erfüllten, wobei diese letztlich zwei Herstellern zuzuordnen waren. In allen drei Fällen stellte die ordnungsgemäße Ausführung der in Sickenform geschweißten Rundnaht das Problem dar. Die durchgeführte Durchstrahlungsprüfung deckte neben Poren die unzureichende Druckschweißung auf. Um hier eine Quantifizierung des Fehlers vornehmen zu können, wurde ergänzend eine metallographische Untersuchung initiiert. Das Ergebnis des Makroschliffs ist Abbildung 26 zu entnehmen. Nach Auswertung der Prüfungsergebnisse wurden die gemäß der Handlungsanleitung für die Marktüberwachung (LV 36) vorgegebenen Schritte eingeleitet. Dementsprechend erfolgte zunächst eine Eingabe aller relevanten Daten bzw. Ergebnisse in ICSMS und die Weiterleitung an die für die jeweiligen Inverkehrbringer zuständigen Behörden. 32

34 Verbraucherschutzbericht 2010 Abbildung 26: Makroschliff an einer Schweißnaht Bezogen auf die durch Schweißnahtfehler auffällig gewordenen Hersteller erfolgte im Nachgang eine Einbindung des zuständigen Richtlinienvertreters, da die entsprechenden Unternehmen ihren Sitz in Italien bzw. Tschechien haben und die dortigen Marktüberwachungsbehörden nicht am ICSMS beteiligt sind. Während von tschechischer Seite zwischenzeitlich reagiert wurde, gestaltet sich die Kommunikation mit den italienischen Behörden derzeit schwierig. Messekommission Während der eintägigen Begehung der Messe Interschutz konnten 14 Messestände mit Herstellern aus Bulgarien, China, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien und Polen besucht werden. Es war festzustellen, dass mehrere Hersteller (insbesondere chinesische Firmen) keine aussagefähige Dokumentation vorlegen konnten. Da dies im Rahmen der Ausstellung der Produkte auf Messen nicht zwingend erforderlich ist, wurden die Vertreter entsprechend beraten und um die nachträgliche Zustellung der entsprechenden Unterlagen gebeten. Ein bulgarischer Hersteller reagierte darauf schnell und übermittelte eine einwandfreie Dokumentation. Dagegen gab es mit den chinesischen Firmen größere Schwierigkeiten. Einige Hersteller meldeten sich selbst auf Nachfrage nicht mehr, andere schickten unzureichende Unterlagen, wie z. B. Prospekte. Erst auf wiederholtes Mahnen und mehrmaliges Erläutern der Sachlage wurden zwar Konformitätserklärungen übersandt, diese betrafen jedoch nur den Löschmittelbehälter und erfassten insofern nicht den eine Baugruppe darstellenden Feuerlöscher als Ganzes. Auf erneute Rückfragen wurde dann nicht mehr reagiert. Fazit Selbst im unteren Preissegment angebotene Feuerlöscher erfüllen überwiegend die Vorgaben der einschlägigen Richtlinie. Sicherheitsrelevante Abweichungen wurden in drei von 56 Fällen nachgewiesen. Die zuständigen Behörden wurden informiert und um Einleitung entsprechender Maßnahmen gebeten. Das Fehlen der Konformitätserklärung dürfte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zukunft nicht mehr als problematisch erweisen. Ein aktueller Entwurf der EU-Kommission zur Überarbeitung der Druckgeräterichtlinie sieht bereits die Pflicht zum Beifügen dieses Dokumentes vor. Hinsichtlich der Thematik Betriebsanleitung bzw. unzureichende Kennzeichnung relevanter Angaben muss verstärkt Aufklärungsarbeit geleistet werden. Hierfür bieten sich z. B. die Erfahrungsaustauschkreise der benannten Stellen auf nationaler sowie europäischer Ebene an. Der Richtlinienvertreter wird diesbezüglich aktiv werden Überprüfung einer Lötmaschine beim Händler Anlass Im Jahr 2010 wurde aus Anlass einer sog. Kontrollmitteilung von einer Zollbehörde bei einem Händler eine Lötmaschine überprüft. Eine solche Kontrollmitteilung wird auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 durch die Zollbehörde erstellt und der zuständigen Marktüberwachungsbehörden übermittelt. In der Mitteilung hieß es: Es besteht der Verdacht des Vorhandenseins einer Gefahr für den Verbraucher. Die beanstandeten formalen Mängel waren u. a.: Kennzeichnungsfehler, falsche Angabe der Netzspannung, keine Angabe für den Sicherungswechsel, fehlender Warnhinweis für den vorhandenen Laser. Weil es sich bei der Lieferung um eine kleine Stückzahl (5) handelte, wurde die Weitergabe in Absprache mit dem Zoll an den Händler zur weiteren Überprüfung durch die zuständige Marktüberwachungsbehörde gestattet. Maßnahmen beim Händler Im Rahmen von Beratungsgesprächen durch den TLAtV wurde mit dem Händler gemeinsam nach einer Lösung der oben beschriebenen Mängel gesucht. Bei den Gesprächen stellte sich heraus, dass der Händler das 33

35 Technischer Verbraucherschutz Produkt direkt aus China als sogenannter Direktimporteur einführt. Da es sich um formale Mängel (Kennzeichnungen am Produkt) handelte, konnte der Händler selber Abhilfe schaffen. So wurden die falschen/fehlenden Kennzeichnungen geändert und ein Warnhinweis für den vorhanden Laser am Produkt angebracht(abbildung 27 und Abbildung 28). Nachdem die Änderungen am Produkt vorgenommen worden waren und diese in der Folgeproduktion Berücksichtigung fanden, kann ein positives Fazit gezogen werden. Von der Kenntnisnahme über ein nichtkonformes Produkt zur Änderung der Produktkennzeichnung bis hin zur Freigabe zum Weiterverkauf vergingen nur wenige Tage. Dies war nur möglich aufgrund des gut funktionierenden Meldesystems (Zoll und Marktüberwachungsbehörde) und der Einsicht des Händlers, Änderungen am Produkt vorzunehmen. Es war in diesem Fall nicht notwendig, weitere behördliche Maßnahmen gegen den Händler einzuleiten. Fazit und Ausblick Das vorhandene Meldesystem für auffällige Produkte hat sich in der Praxis bewährt. Der Handel ist auf den freien Warenverkehr angewiesen und zielt auf den Verkauf sicherer Produkte ab. Deshalb ist es auch in der Zukunft notwendig, Überprüfungen an den Zollgrenzen sowie im Handel durchzuführen. Abbildung 27: Geänderte richtige Angabe der Sicherungsgröße Abbildung 28: Warnhinweis für Laser Somit entsprach nach Anbringen der richtigen Angaben am Gerät die Lötmaschine dann den geltenden europäischen Vorschriften für das Inverkehrbringen von Produkten und konnte somit für den Weiterverkauf durch die Marktüberwachungsbehörde freigegeben werden. Die meldende Behörde beim Zoll wurde nach Abschluss der Maßnahmen unterrichtet. Ergebnisse Der Händler verfügte aufgrund des Direktimports über gute Kontakte zum Hersteller in China. So konnte der Hersteller der Lötmaschine die formalen Mängel (Kennzeichnung) nach den Vorgaben des Händlers ändern. Dies zeigte sich schon bei einer neuen Lieferung am Ende des Jahres 2010 (Abbildung 29). Abbildung 29: Lötmaschine nach Änderungen 3.3 Die Arbeit der Geräteuntersuchungsstelle Prüfung von Pumpsprühflaschen Anlass Eine Verbraucherbeschwerde veranlasste den TLAtV, im Jahr 2010 eine Sonderaktion zur Überprüfung von Pumpsprühflaschen durchzuführen. In der Verbraucherbeschwerde wurde eine von Hand aufgepumpte, geborstene Pumpsprühflasche angezeigt. Anforderungen an Pumpsprüher werden in der Druckgeräteverordnung (14. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz) geregelt, welche die europäische Druckgerä- 34

36 Verbraucherschutzbericht 2010 terichtlinie 97/23/EG national umsetzt. Von besonderem Interesse sind hier die technischen Anforderungen nach Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 97/23/EG, da die Sprüher auf Grund ihres geringen Gefährdungspotenzials unter den vereinfachten Bereich der sogenannten guten Ingenieurpraxis fallen. Zu den hauptsächlichen Einsatzgebieten von Pumpsprühflaschen zählen der Garten und der Haushalt. Hier werden neben Wasser auch Dünger, Fungizide oder Pestizide ausgebracht. Jedoch werden Pumpsprühflaschen auch gerne von Kindern für Wasserschlachten benutzt (Abbildung 30 und Abbildung 31). Abbildung 30: Prüfmuster der ausgewählten Pumpsprühflaschen Durchführung Die Untersuchungen legten den Schwerpunkt auf die Bestimmung des maximalen, mit der Handpumpe erreichbaren Behälterdrucks sowie auf den Berstdruck, um das Gefährdungsrisiko abschätzen zu können. Außerdem wurden die formalen Anforderungen überprüft. Sechs verschiedene Typen von Pumpsprühflaschen ohne Sicherheitsventil wurden geprüft. Das Fassungsvermögen der einzelnen Prüfobjekte variierte von 1 über 1,5 bis zu 2 Liter. Abbildung 31: Funktionsgruppe einer Pumpsprühflasche Ergebnisse Positiv war das Ergebnis der sicherheitstechnischen Überprüfungen. Bei keinem der Prüflinge konnte mittels der Handpumpe ein gefährlicher Druck erzeugt werden. Der Berstdruck lag immer über dem maximal von Hand erreichbarem Druck. Formale Mängel wiesen zwei Produkte auf. Unter den geprüften Pumpsprühflaschen befand sich auch das Nachfolgemodell der mit der Verbraucherbeschwerde angezeigten Sprühflasche. Hier zeigte sich, dass die Wandstärke erhöht wurde und so keine Beanstandungen festzustellen waren Kooperation mit dem Gewerbeaufsichtsamt Coburg Anlass Der Umgang mit Gasgeräten erfordert vom Verbraucher ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Immer wieder kommt es hierbei zu Unfällen mit teils gravierenden Folgen, wie z. B in Erfurt, als ein komplettes Wohnhaus infolge unsachgemäßen Umgangs mit einem Gasgerät zerstört wurde. Im Gegensatz zu den klassischen Gasgeräten, wie Terrassenheizstrahlern oder Gasgrills, fallen Gartenbrenner, Unkrautvertilger oder Lötlampen nicht unter die Richtlinie 2009/142/EG für Gasverbrauchseinrichtungen. Damit ist für diese Geräte eine Baumusterprüfung nicht zwingend erforderlich. Durchführung Um sich einen Überblick über den sicherheitstechnischen Stand in dem genannten Produktsegment zu verschaffen, wurden durch den TLAtV 2010 in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Gewerbeaufsicht (Gewerbeaufsichtsamt bei der Regierung von Oberfranken) einige Geräte sicherheitstechnisch überprüft. Ziel war es festzustellen, wie 35

37 Technischer Verbraucherschutz die sicherheitstechnischen Anforderungen der allgemeinen Produktsicherheitsrichtlinie 2001/95/EG und der einschlägigen Normen für diese Produkte umgesetzt wurden. Die Schwerpunkte der Untersuchungen lagen auf der Erwärmung, Dichtheit, Verarbeitung sowie den formalen Anforderungen. Abbildung 32: Gasbrenner Neun Brenner wurden zur Prüfung eingereicht, darunter sieben Einwegkartuschenbrenner und zwei Brenner mit Schlauch zum Anschluss an Gasflaschen (Abbildung 32). Drei der Kartuschenbrenner hatten Ansteckkartuschen, vier Brenner verfügten über Kartuschen mit Innenventil und Anschlussgewinde. Alle Einwegkartuschen waren entsprechend der Norm DIN EN 417 gefertigt. Die geprüften Brenner wurden als Lötbrenner (vier Geräte), als Garten- oder Abflammbrenner (vier Geräte) und als Grillanzünder (ein Gerät) in Verkehr gebracht. Die Entnahme der Brenner erfolgte in diversen Bau- und Supermärkten. Die Bandbreite der entnommenen Produkte reichte vom etablierten Markenhersteller bis zum No-Name - Produkt. Ergebnisse Als durchaus positiv stellte sich das Ergebnis der Untersuchungen dar. Acht Prüflinge bestanden die sicherheitstechnischen Prüfungen. Lediglich ein Brenner bestand die Prüfung der Abzugskraft für den Gasschlauch nicht. Allerdings wiesen sieben Geräte formale Mängel wie fehlende Warnhinweise und Kennzeichnungen auf. Fazit Insgesamt lässt sich feststellen, dass insbesondere die sicherheitsrelevanten Prüfungsschwerpunkte Erwärmung und Dichtheit von allen Prüflingen ohne Mängel bestanden wurden Prüfung eines Kinderhochstuhls Anlass Jährlich verletzen sich Kinder im häuslichen Bereich. Fast die Hälfte dieser Unfälle betreffen Kinder unter sechs Jahren. Davon ist jeder Zweite ein Sturzunfall, darunter auch solche, bei denen Kinder aus Kinderhochstühlen fallen oder mit diesen zusammen umstürzen. In den letzten Jahren ist die Anzahl der Produkteinträge im ICSMS zu mängelbehafteten Kinderhochstühlen stetig gestiegen. Der TLAtV nahm dies bereits im Jahr 2009 zum Anlass, eine Schwerpunktaktion zur Überprüfung dieser Produktgruppe durchzuführen. Eine ausführliche Information hierzu enthält der Verbraucherschutzbericht Am häufigsten wurden im Zuge dieser Aktion Kombihochstühle bemängelt, die mit wenigen Handgriffen vom Hochstuhl zum Spieltisch mit Stuhl umgebaut werden können. Hierbei handelt es sich um Kinderhochstühle aus dem Niedrigpreissegment. Diese Kinderhochstühle erfüllten häufig die Anforderungen an die Standsicherheit nicht. Sie kippten seitlich oder rückwärts um. Durchführung Um die Nachhaltigkeit der als Ergebnis der Überprüfungen durch die Inverkehrbringer getroffenen Maßnahmen zu ermitteln, wurden 2010 erneut einige Kinderhochstühle, zumeist Nachfolgemodelle der 2009 geprüften Produkte durch die Geräteuntersuchungsstelle (GUS) des TLAtV untersucht. Hierbei konnte ein überwiegend positives Fazit gezogen werden. Lediglich ein Nachfolgemodell eines Kombihochstuhls kippte trotz einiger konstruktiver Änderungen weiterhin nach hinten um. Die Testergebnisse wurden daraufhin mit der für den Händler zuständigen Marktüberwachungsbehörde in Niedersachsen kommuniziert. Als Reaktion hierauf wurden vom dorti- 36

38 Verbraucherschutzbericht 2010 gen Gewerbeaufsichtsamt ebenfalls baugleiche Hochstühle im Handel entnommen und in der niedersächsischen Geräteuntersuchungsstelle geprüft. Diese bestanden die Standsicherheitsprüfung. Aufgrund der unterschiedlichen Prüfergebnisse wurde je ein Hochstuhl zur Prüfung zwischen den Geräteuntersuchungsstellen ausgetauscht, um die Ergebnisse der jeweils anderen GUS zu verifizieren. Die Ergebnisse waren identisch: Der Kinderhochstuhl aus Niedersachsen blieb in Thüringen stehen und der Stuhl aus Thüringen kippte auch in Niedersachsen um (Abbildung 33 und Abbildung 34). Eingeleitete Maßnahmen Die Analyse der Prüfergebnisse ergab als Ursache für das unterschiedliche Standsicherheitsverhalten eine zwar nur geringe, aber trotzdem ausreichende Differenz beim Gewicht der Hochstühle. Der Inverkehrbringer wurde von der niedersächsischen Marktüberwachungsbehörde darüber mit der Maßgabe informiert, zukünftig das Augenmerk auf die Einhaltung der Standsicherheitsanforderung zu legen. Die Geräteuntersuchungsstelle des TLAtV leistete damit einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Kindersicherheit im Alltag. Abbildung 33: Kinderhochstuhl aus Thüringen Abbildung 34: Kinderhochstuhl aus Niedersachsen 37

39 4 Qualitätsmanagement in der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung 4.1 Qualitätsmanagementsysteme in den Veterinärund Lebensmittelüberwachungsämtern Entsprechend den Anforderungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Rahmen-Überwachung wurden in den VLÜÄ Qualitätsmanagementsysteme eingerichtet, die sich an aktuellen Normen, insbesondere der EN ISO/IEC 1720 und DIN EN ISO 9001 orientieren. Auf der Grundlage der länderübergreifenden Verfahrensanweisungen entwickeln gemeinsame Arbeitsgruppen des TMSFG, des TLLV und der VLÜÄ die Thüringer Qualitätsmanagementdokumente. Diese Dokumente erhalten die VLÜÄ zur spezifischen Anpassung und verbindlichen Anwendung. Das Qualitätsmanagementsystem der VLÜÄ wird in einem Qualitätsmanagementhandbuch beschrieben. Es bezieht alle Bereiche der amtlichen Überwachungstätigkeit ein: Lebensmittelüberwachung, Tierseuchenschutz, Tiergesundheit, Tierschutz, Tierarzneimittelüberwachung. Es wurde den VLÜÄ als einheitliches Musterhandbuch zur spezifischen Umsetzung zur Verfügung gestellt. Die im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen VLÜA liegenden Trichinenuntersuchungsstellen unterliegen einem besonderen Qualitätssicherungsprogramm. Nähere Ausführungen hierzu enthält Kapitel 6 Tierseuchenschutz, Tiergesundheit, Tierkörperbeseitigung. Die QMS beruhen auf gemeinsam von den Ländern aufgestellten Rahmenvorgaben in Form von länderübergreifenden Verfahrensanweisungen. Länderübergreifende Verfahrensanweisungen sind Dokumente, die der Sicherung von einheitlichen Qualitätsstandards im gesundheitlichen Verbraucherschutz dienen. Sie werden von Arbeitsgruppen der Länder erstellt und den Qualitätsmanagementsystemen der Behörden des gesundheitlichen Verbraucherschutzes in den Ländern zu Grunde gelegt. Dies kann z. B. erfolgen durch: Übernahme der länderübergreifenden Verfahrensanweisungen in die Dokumentation der jeweiligen Qualitätsmanagementsysteme, Verweisung auf die länderübergreifenden Verfahrensanweisungen in der Dokumentation der jeweiligen Qualitätsmanagementsysteme, Einbeziehung der Vorgaben in die Dokumente der jeweiligen Qualitätsmanagementsysteme. 4.2 Durchführung von Audits Die Pflicht zur Durchführung von Audits ergibt sich aus Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, welcher interne Überprüfungen zur Sicherstellung des Erreichens der Ziele der vorgenannten Verordnung verlangt. Audits sind ein wesentliches Element von Qualitätsmanagementsystemen. In Thüringen wurde das TLLV mit der Durchführung der Auditierung der VLÜÄ betraut. Diese Aufgabe wird seit dem Jahr 2007 wahrgenommen. Inhalte und Umfang der Audits werden jeweils zu Beginn eines Jahres in einem Auditprogramm festgelegt. Das nähere Verfahren der Durchführung ist in einer Verfahrensanweisung niedergelegt. Die Ergebnisse der Audits werden in Checklisten dokumentiert, am Ende jedes Audits zusammengefasst und mit dem jeweiligen VLÜA ausgewertet. Die Feststellungen aus dem Audit dienen der Fehlervermeidung und der stetigen Verbesserung und Optimierung der amtlichen Tätigkeit. Im ersten Auditzyklus wurden bis zum Jahr 2010 alle VLÜÄ Thüringens überprüft. Inhaltlich stand insbesondere der Bereich der Lebensmittelüberwachung im Mittelpunkt. Die fachliche Arbeitsweise der Lebensmittelüberwachung aller VLÜÄ entsprach hierbei grundsätzlich den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 882/

40 Verbraucherschutzbericht Amtliche Lebensmittelüberwachung Die Organisation und Durchführung der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist Aufgabe der Länder. Im Freistaat Thüringen sind dafür folgende Behörden zuständig: das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit (TMSFG), das Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (TLLV), die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter der Landkreise und kreisfreien Städte (VLÜÄ). Oberstes Ziel der staatlichen Lebensmittelüberwachung ist der gesundheitliche Verbraucherschutz. Darüberhinaus soll die Bevölkerung vor Irreführung und Täuschung beim Wareneinkauf und Gebrauch von Lebensmitteln, Kosmetika und Bedarfsgegenständen bewahrt werden. Das TMSFG als oberste Lebensmittelüberwachungsbehörde ist für Grundsatzangelegenheiten zuständig und regelt verwaltungsinterne Aufgaben in seinem Zuständigkeitsbereich per Erlass. Das Ministerium ist an der Vorbereitung von Rechtsetzungsvorhaben beteiligt. Relevante Informationen aus anderen Ländern werden über das TMSFG an die nachgeordnete Behörde weiter gegeben. Hauptaufgabe des TLLV ist die Untersuchung und Begutachtung aller amtlich entnommenen Produktproben. Das TLLV als obere Lebensmittelüberwachungsbehörde koordiniert weiterhin Informationen zwischen den kommunalen VLÜÄ und dem Ministerium und veranlasst erforderlichenfalls Vollzugsmaßnahmen. Um Lebensmittel, die eine gesundheitliche Gefahr darstellen, möglichst schnell aus dem Verkehr nehmen zu können, wurden Europäische Schnellwarnsysteme für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände eingerichtet. Das TLLV ist Kontaktstelle der Europäischen Schnellwarnsysteme in Thüringen. Insbesondere werden hier Meldungen von und an die Schnellwarnsysteme systematisch ausgewertet, um gesundheitsgefährdende Produkte innerhalb Thüringens zu identifizieren und Sofortmaßnahmen zu veranlassen. Das TLLV ist außerdem Zulassungsbehörde für Betriebe zum innergemeinschaftlichen Handelsverkehr sowie Genehmigungs- und Widerspruchsbehörde. Die VLÜÄ der Landkreise und kreisfreien Städte sind als untere Lebensmittelüberwachungsbehörden für den Vollzug der amtlichen Lebensmittelüberwachung vor Ort verantwortlich. Die Durchsetzung der Europäischen Vorschriften der Lebensmittelhygiene, des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) und abgeleiteter Rechtsvorschriften ist Aufgabe der VLÜÄ. Hierzu zählt auch der Vollzug auf dem Gebiet der kosmetischen Mittel, Bedarfsgegenstände und Tabakwaren. Grundsätzlich ist der Lebensmittelunternehmer für die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften in seinem Betrieb verantwortlich. Er übernimmt die Gewährleistung für die von ihm in Verkehr gebrachten Waren. Der Lebensmittelunternehmer muss die gesundheitliche Unbedenklichkeit seiner Produkte sicherstellen und ist verpflichtet, die Rückverfolgbarkeit von Wareneingängen und Warenausgängen in seinem Betrieb gegenüber der Lebensmittelüberwachungsbehörde darlegen zu können. Er ist ferner zur Durchführung von Eigenkontrollen im Rahmen der internen Qualitätssicherung mittels geeigneter Dokumente und Belege verpflichtet. Die amtliche Lebensmittelüberwachung kontrolliert, ob der Lebensmittelunternehmer seinen lebensmittelrechtlichen Verpflichtungen nachkommt. 5.1 Kontrolle der Betriebe Die wichtigste Tätigkeit der amtlichen Lebensmittelüberwachung vor Ort ist die Durchführung von Kontrollen in Betrieben und Einrichtungen, die dem LFGB unterliegen. Die Kontrollen durch die amtliche Lebensmittelüberwachung umfassen neben Lebensmitteln tierischen und pflanzlichen Ursprungs sowie Mineralwässern auch Bedarfsgegenstände, Kosmetika und Tabakerzeugnisse. Die amtlichen Kontrollen werden von Lebensmittelkontrolleuren, Tierärzten und Lebensmittelchemikern der VLÜÄ der Landkreise und kreisfreien Städte durchgeführt. Sie erstrecken sich auf alle Stufen der Lebensmittelkette - vom Erzeuger bzw. Hersteller über Importeur, Groß- und Zwischenhändler bis zum Einzelhändler, einschließlich gastronomischer Einrichtungen, Großküchen, Kantinen und Essenausgabestellen. Die Betriebskontrollen erfolgen in der Regel unangekündigt und risikoorientiert. Grund- 39

41 Amtliche Lebensmittelüberwachung sätzlich werden bei den Kontrollen durch die VLÜÄ vor Ort alle Aspekte der Lebensmittelhygiene überwacht, wie Bau-, Personal- und Prozesshygiene, einschließlich der Dokumentation von Eigenkontrollen. Bei der amtlichen Betriebskontrolle wird ebenso überprüft, ob das Personal entsprechend seiner Tätigkeit regelmäßig geschult und belehrt worden ist. Im Mittelpunkt der Kontrollen stehen Fragen der Produktsicherheit, wie hygienisch mit den Lebensmitteln umgegangen wird, um Lebensmittel vor nachteiliger Beeinflussung bzw. Kontamination beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen zu schützen. Weiterhin wird die Produktaufmachung und Deklaration der Lebensmittel mit der tatsächlichen Beschaffenheit verglichen und das Vorhandensein der gesetzlich geforderten Kennzeichnungselemente überprüft. Bei der risikoorientierten Kontrolle werden die Betriebe nach festgelegten Merkmalen beurteilt und in Risikoklassen eingestuft. Diese Einteilung hat Einfluss auf die Kontrollhäufigkeit des einzelnen Betriebes. Die Risikoeinstufung orientiert sich am Risikopotential, welches vom jeweiligen Betrieb ausgeht, wie zum Beispiel dem Herstellen leicht verderblicher Produkte, der Größe des Betriebes, einer überregionalen Vermarktung, der Zuverlässigkeit des Unternehmens, dem baulichen Zustand und den Auffälligkeiten des Betriebes infolge von Beanstandungen. Die jeweils durchgeführte Kontrolle und deren Ergebnisse fließen in die Risikobeurteilung ein, so dass diese auf den aktuellen Stand bezogen ist und aktuelle Veränderungen berücksichtigt werden. Die Terminverwaltung und Dokumentation der Betriebskontrollen erfolgt mit Hilfe einer speziellen Software, welche die Lebensmittelüberwachungsbehörden anwenden. Den gesetzlichen Vorgaben entsprechend sind in den letzten Jahren von den Betrieben verstärkt Eigenkontrollsysteme aufgebaut worden, deren Wirksamkeit im Sinne des Verbraucherschutzes von den zuständigen Behörden überprüft wird. Der Lebensmittelunternehmer ist gesetzlich zu Eigenkontrollen unter Anwendung HACCP-gestützter Verfahren1 verpflichtet. Dieses als Kontrolle der Kontrolle bezeichnete Prinzip bedeutet kei- 1 Das HACCP-Konzept (Hazard Analysis Critical Control Points) ist ein System, das dazu dient, gesundheitliche Gefahren durch Lebensmittel zu identifizieren, zu bewerten und zu beherrschen. neswegs einen Rückzug der amtlichen Überwachung oder einen Wegfall ihrer Aufgaben. Derartige Selbstkontrollsysteme sollen sowohl den Eigenheiten der jeweiligen Lebensmittel als auch den individuellen Bedingungen vor Ort angepasst und praxistauglich sein. Hier erfolgt ein Großteil beratender Tätigkeit durch die Behörden. Bei Beanstandungen und Verbraucherbeschwerden werden außerplanmäßige Kontrollen durchgeführt, Proben der jeweiligen Charge gezogen, entsprechende Ursachenermittlungen und erforderliche Maßnahmen im Betrieb eingeleitet. Ein wichtiger Bestandteil der amtlichen Lebensmittelüberwachung sind Probenahmen. Im Rahmen festgelegter jährlicher Probenahmepläne werden von den VLÜÄ der Städte und Kreise planmäßige Proben an das TLLV zur Untersuchung eingesandt. Entsprechend der jeweiligen Vorgaben prüfen spezialisierte Gutachter u. a. Sensorik, Kennzeichnung, mikrobiologische Parameter, chemische Zusammensetzung oder das Vorhandensein möglicher Rückstände von Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Umweltkontaminanten. Bei den in der Regel stichprobenartig und risikoorientiert entnommenen Planproben werden auch jährlich wechselnde bundesweit koordinierte Untersuchungsprogramme oder landesweite Überwachungsprogramme aus aktuellem Anlass einbezogen. Darüber hinaus werden im Verdachtsfall Proben entnommen und untersucht, z. B. aufgrund von Erkrankungsmeldungen nach Lebensmittelverzehr oder aufgrund von Auffälligkeiten bei den Betriebskontrollen. Wenn Verbraucher sensorische Abweichungen bei Lebensmitteln feststellen oder gesundheitliche Beschwerden nach deren Verzehr auftreten, kann beim örtlich zuständigen VLÜA eine Beschwerde angezeigt werden. Dabei ist es von Vorteil, wenn noch Untersuchungsmaterial des Erzeugnisses, welches zur Beschwerde führte, vorhanden ist und als Beschwerdeprobe zur amtlichen Untersuchung eingereicht werden kann. Dazu sind Angaben notwendig, wo und wann das Erzeugnis erworben wurde, um eine Vergleichsprobe ziehen zu können. Treten bei untersuchten Proben Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen auf, werden seitens der Lebensmittelüberwachungsämter ordnungs- oder verwaltungsrechtliche Maßnahmen eingeleitet. Straftat- 40

42 Verbraucherschutzbericht 2010 bestände werden der Staatsanwaltschaft angezeigt und die Vorgänge an diese abgegeben. Bei Beanstandungen, die eine gesundheitliche Gefahr begründen, veranlassen die Überwachungsbehörden unverzüglich Sofortmaßnahmen, zum Beispiel Sicherstellung und Rückruf des betroffenen Produktes Auswertung der Kontrollen Im Jahr 2010 unterlagen insgesamt Betriebe in Thüringen der staatlichen Lebensmittelüberwachung (Abbildung 35). Dabei ist im Vergleich zum Vorjahr ein geringfügiger Rückgang ansässiger Lebensmittelunternehmen zu verzeichnen Betriebe Kontrollen Abbildung 35: Anzahl der Betriebe und Kontrollen von 2000 bis

43 Amtliche Lebensmittelüberwachung Insgesamt wurden Kontrollen in Betrieben durchgeführt. Die Kontrolleure stellten in Betrieben Mängel fest. Anteilmäßig überwiegen kleinere Hygienemängel und Defizite bei den betrieblichen Eigenkontrollen. Die Ursachen mangelhafter Hygiene sind vielseitig. Ungeeignete bauliche Konstruktionen, Verschleiß von Maschinen und Arbeitsgeräten können ebenso zu Schwachstellen im Hygieneregime führen wie unsachgemäßes Lagern von Lebensmitteln, fehlerhafter Umgang mit Produkten oder unzureichendes Hygienebewusstsein beim Personal. Es waren insgesamt 834 Verfügungen notwendig, um behördliche Anordnungen durchzusetzen und mögliche Gesundheitsgefahren abzuwenden. Bei Kontrollen wurde ein Verwarnungsgeld erhoben oder ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Nur in 27 Fällen waren die Verstöße so gravierend, dass eine vorübergehende oder dauerhafte Schließung angeordnet werden musste. Weiterhin wurden im Jahreslauf 24 Sicherstellungen von Bedarfsgegenständen und Lebensmitteln veranlasst. In 57 Fällen wurde Strafanzeige erstattet und die Vorgänge an die Staatanwaltschaft übergeben (Tabelle 1). Anlage 1 im Anhang enthält eine detaillierte Übersicht zu den im Jahr 2010 kontrollierten Arten von Betrieben, der Anzahl der Betriebe mit Verstößen sowie zur Anzahl und Art der amtlich durchgeführten Maßnahmen. Weitere Informationen sind auf der Internetseite des TLLV zu finden ( erschutz/content.html). Tabelle 1: Amtliche Maßnahmen in den Jahren 2000 bis 2010 Jahr Bußgelder Betriebsschließungen Strafanzeigen Sicherstellungen Verfügungen Verwarnungen Hygiene bei der Herstellung von geschnittenem Obst und Gemüse Neben den planmäßigen Betriebskontrollen und Probenahmen werden jedes Jahr gesonderte Überwachungsschwerpunkte zu aktuellen Themen festgelegt. Die Kontrollschwerpunkte im Freistaat Thüringen ergaben sich aus den Programmen des bundesweiten Überwachungsplans (BÜp) Bei den Kontrollprogrammen des BÜp werden die Kontrollen nach jeweils vorgegebenen Kontrollschemen in allen Ländern durchgeführt. Dadurch wird ein vergleichbarer Überblick über die Einhaltung aktueller Vorschriften in der Praxis ermöglicht. Überwachungsschwerpunkte als Kontrollprogramme dienen weiterhin der Erhebung von Daten zu aktuellen Themen, um einen eventuellen Handlungsbedarf hinsichtlich der Gesetzgebung zu ermitteln. Ein Überwachungsschwerpunkt umfasste die Überprüfung der hygienischen Bedingungen 42

44 Verbraucherschutzbericht 2010 bei der Herstellung von geschnittenem Obst und Gemüse im Einzelhandel. Die Herstellung von verzehrfertigem Obst und Gemüse sowie dessen Abgabe in Fertigpackungen werden mittlerweile von vielen Einzelhandelsketten vorgenommen. Auch das Angebot an Fruchtmischungen und fertigen Salaten in den Kühltheken der Supermärkte ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Im Rahmen des BÜp 2007 sind bereits entsprechende Proben mikrobiologisch untersucht worden. Diese Untersuchungen ergaben insbesondere in den Gemüsemischungen einige auffällige mikrobiologische Befunde, so dass Betriebskontrollen in diesem Bereich als weiterführende Maßnahmen sinnvoll sind. Im Focus der Kontrollen stand insbesondere die Frage, ob die herstellenden Anbieter über geeignete Räume verfügen und die Mitarbeiter ausreichend in Personal- und Betriebshygiene geschult sind, um diesen sensiblen Produkten Rechnung zu tragen. Im Vordergrund der Überprüfungen standen die Herstellungsbedingungen in den Märkten, die Personalhygiene, die Aktualität der Mitarbeiterschulungen sowie Umfang und Eignung der Eigenkontrollen. Die Lebensmittelkontrolleure inspizierten insgesamt 111 Einzelhandelsbetriebe. Dabei handelte es sich zu zwei Dritteln um kleinere Einzelhandelsgeschäfte mit weniger als zehn Mitarbeitern. In Auswertung der Kontrollergebnisse lag die Beanstandungsquote bei etwa 40 % der kontrollierten Betriebe. Die meisten Mängel traten hierbei in kleinen Betrieben auf. Der Großteil der Beanstandungen bezog sich auf mangelhafte Dokumentationen der Eigenkontrollen. Für Frische und Qualität der Produkte sind dokumentierte Wareneingangskontrollen, Temperaturaufzeichnungen bei der Lagerung und die Dokumentation von Herstellung oder auch Verwürfen bedeutsam. In einigen Betrieben gab es Mängel in der räumlichen Ausstattung, zum Beispiel fehlende Handwaschbecken oder eine ungenügende Trennung von reinen und unreinen Arbeitsbereichen. Mängel bei der Reinigung und Desinfektion wurden in 19 Betrieben sowie ungeeignete Arbeitskleidung und unzureichende Hygieneschulungen beim Personal in 14 Fällen festgestellt. Nur in einem der 111 kontrollierten Einzelhandelsbetriebe wurde die Ware nicht ausreichend gewaschen. Der optische Zustand des Obsts und Gemüses war in fast allen Betrieben als einwandfrei befunden worden. Die Lebensmittelüberwachungsbehörden erteilten insgesamt 41 mündliche und schriftliche Verwarnungen. Sie erließen drei schriftliche Verfügungen und leiteten ein Bußgeldverfahren ein Lebensmitteltransporte auf lokaler Ebene Überregionale Transporte von Lebensmitteln werden regelmäßig kontrolliert. Der Lebensmitteltransport insbesondere von Selbstabholern auf lokaler Ebene ist bei Gewerbetreibenden kleiner und mittelständiger Betriebe übliche Praxis. Auch hier gilt es, Hygienebestimmungen einzuhalten, um Lebensmittel beim Transport nicht nachteilig zu beeinflussen. Immer wieder wird beobachtet, dass z. B. die Betreiber von Gaststätten und Imbissbetrieben ihren Tages- bzw. Wochenbedarf an Lebensmitteln beim Großmarkt persönlich abholen, wobei die Ware teilweise ohne Kühlung oder ungeschützt im mehr oder weniger gereinigtem Kofferraum transportiert wird. Leicht verderbliche Lebensmittel müssen unter Einhaltung der Kühlkette in aktiv gekühlten Transportbehältern oder zumindest in Transportboxen mit Kühlakkus befördert werden. Im Rahmen des BÜp 2010 sollten Gewerbetreibende bei der Abholung von Lebensmitteln bei einem Großhandelsunternehmen kontrolliert werden, um die Hygiene beim Lebensmitteltransport und die Einhaltung der Kühlkette bei leicht verderblichen, kühlpflichtigen Lebensmitteln zu überprüfen. Die VLÜÄ kontrollierten insgesamt 112 PKW und 108 LKW. In 171 Fahrzeugen wurden kühlpflichtige Lebensmittel mitgeführt, die in einer Kühlbox oder in einem mit entsprechender Kühleinrichtung ausgestatteten Fahrzeug hätten transportiert werden müssen. Dennoch verfügten 54 dieser Fahrzeuge über keine Kühlmöglichkeit. Außerdem wurden in elf weiteren Fahrzeugen nicht kühlpflichtige Lebensmittel auf eine Art und Weise transportiert, dass die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung der Ware während des Transports bestand. 43

45 Amtliche Lebensmittelüberwachung Die Behörden erteilten 65 mündliche und schriftliche Verwarnungen. In drei Fällen wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet Betriebshygiene von Backshops In Bäckereifilialen und Backshops werden nicht nur vorgefertigte Backwaren durchgebacken sondern zum Teil auch Produkte hergestellt und weiterverarbeitet. Unter anderem werden daraus Imbissartikel, wie belegte Brötchen und Snacks, zum unmittelbaren Verkauf frisch hergestellt. Viele der Backshops werden als Franchisebetriebe geführt. Dies ist ein Unternehmenskonzept, bei dem das Erscheinungsbild, die Verfahrensabläufe und die Art des Verkaufes nach einheitlichen Vorgaben erfolgen. Der einzelne Betrieb muss dabei die vom Franchisegeber erstellten Regeln einhalten. Insoweit kann die eigene Verantwortlichkeit eingeschränkt sein. Mit den Schwerpunktkontrollen sollte geprüft werden, ob die Leiter und Beschäftigten der Betriebe trotzdem über ausreichende lebensmittelhygienische Sachkunde bzw. eine Ausbildung im Lebensmittelhandwerk verfügen. Im Rahmen des bundesweiten Überwachungsplans 2010 waren hierzu insbesondere Backshops, in denen Back- und Konditoreiwaren behandelt und verkauft werden sowie Bäckereifilialen, in denen Brötchen fertigbacken oder belegte Brötchen angeboten werden, zu kontrollieren. Es sollte dabei überprüft werden, ob Hygienevorschriften eingehalten und die Durchführung bestimmter Hygienemaßnahmen dokumentiert wird. Die VLÜÄ kontrollierten 193 Bäckereifilialen und 63 Backshops. Die Betriebshygiene wurde hierbei schwerpunktmäßig hinsichtlich Personalhygiene, Personalschulung und der Durchführung von Eigenkontrollen geprüft. Im Ergebnis der Kontrollen konnten die Behörden nur in 19 Fällen Mängel bei der Personalschulung bzw. lückenhafte Sachkenntnisse der Angestellten feststellen. Das Personal nahm regelmäßig an Hygieneschulungen zum Umgang mit Lebensmitteln teil und verfügte über ausreichende Sachkenntnisse. Dennoch gab es in 55 Fällen Mängel in der Personalhygiene. Zu solchen Mängeln zählen z. B. unsaubere Arbeitskleidung, das Fehlen eines Haarschutzes oder das Tragen von Schmuck oder Armbanduhren am Arbeitsplatz. Desweiteren stellten die Behörden in 50 Verkaufsstellen bauliche Mängel und in 56 Fällen Mängel in der Dokumentation der Eigenkontrollen fest. Beispielsweise wurden die Temperaturprüfung beim Wareneingang oder die regelmäßige Reinigung nicht ausreichend dokumentiert. Reinigungsmängel gab es in 24 Fällen. Die Behörden erteilten insgesamt 101 mündliche und schriftliche Verwarnungen. In vier Fällen leiteten die Lebensmittelüberwachungsbehörden Bußgeldverfahren ein Herstellung und Kennzeichnung von zusammengefügten Rohpökelwaren Ziel dieses Überwachungsschwerpunktes waren Kontrollen der Rohschinkenproduktion Thüringer Betriebe. Insbesondere sollten Rohschinkenprodukte hinsichtlich einer korrekten Kennzeichnung aufgrund der Herstellungstechnologie überprüft werden. Bei der modernen Rohschinkenherstellung wird zum Teil eine Klebetechnologie angewendet. Beispielsweise können durch Zusatz des Enzyms Transglutaminase Rohschinkenteile miteinander verbunden werden. Sind in einem Rohschinken auf diese Art viele kleine Muskelstücke zu einem großen Stück zusammengefügt, sind diese entsprechend zu kennzeichnen, z. B. als Formfleisch- Schinken. Der Einsatz des Enzyms Transglutaminase ist im Zutatenverzeichnis ebenfalls kennzeichnungspflichtig. Die Herstellung von Formfleisch-Schinken ist technologisch auch ohne Enzymzusatz möglich. Zu den Anforderungen an die übliche Beschaffenheit von Rohschinken geben die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches Auskunft. Unter der Bezeichnung Nussschinken oder Lachsschinken dürfen gemäß diesen Vorgaben nur Erzeugnisse aus einer bestimmten Muskelgruppe in den Verkehr gebracht werden. Zudem soll ein als Schinken deklariertes Produkt generell aus Bestandteilen gehobener Qualität aus einem gewachsenen Fleischstück bestehen. Zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung ist deshalb die Kennzeichnung von Formfleischerzeugnissen erforderlich. Der Verbraucher soll die Wahl haben, ob er ein gewachsenes Stück Fleisch oder ein Produkt, das aus mehreren Fleischteilen zusammengefügt worden ist, kauft. Insgesamt wurden von den VLÜÄ 132 Thüringer Betriebe überprüft. Nur zwei Betriebe 44

46 Verbraucherschutzbericht 2010 produzierten Rohschinken aus zusammengefügten Fleischteilen. Im Rahmen der Kontrollen haben Lebensmittelkontrolleure elf Rohschinkenproben der Arten Nussschinken, Lachsschinken und Landschinken an das TLLV zur Untersuchung eingesandt. Davon gaben zehn Proben keinen Grund zur Beanstandung. In einem Fall konnte nachgewiesen werden, dass das als Nussschinken gekennzeichnete Produkt nicht den geforderten Merkmalen entsprach, sondern aus zusammengesetzten Muskelfleischteilen, jedoch ohne Enzymeinsatz, hergestellt worden war. Die Probe wurde beanstandet und der betreffende Betrieb zur Korrektur der Kennzeichnung aufgefordert. Im Ergebnis des Überwachungsschwerpunktes ist festzustellen, dass Rohschinkenprodukte aus Formfleisch in Thüringen kaum hergestellt und überwiegend Rohpökelwaren in hoher Qualität den Verbrauchern angeboten werden. 5.2 Zulassung von Betrieben Sämtliche Lebensmittelunternehmen, die mit Erzeugnissen tierischen Ursprungs umgehen, müssen seit Ablauf der Übergangsfrist zum Ende des Jahres 2009 nach geltendem EU- Recht zugelassen sein. Die Zulassung wird für die Art der einzelnen Tätigkeiten, z. B. Schlachtung, Zerlegung, Verarbeitung, Verpacken, erteilt. Ausnahmen von der Zulassungspflicht bestehen für reine Transportoder Lagertätigkeiten ohne Temperaturregelungen sowie für bestimmte lokale Formen des Einzelhandels. Die Zuständigkeit für die Zulassung richtet sich nach der Betriebsart und der Herstellungs- bzw. Bearbeitungsmenge des Betriebes pro Woche und liegt entweder beim TLLV oder den VLÜÄ. Das Verfahren der Zulassung beginnt mit der Antragstellung und Einreichung bestimmter Betriebsunterlagen durch den Lebensmittelunternehmer. Nach Prüfung der Dokumente erfolgt eine Vor-Ort-Begehung, bei der die Umsetzung der gesetzlichen Hygieneanforderungen der EU inspiziert wird. Im Falle von geringfügigen Mängeln wird die Zulassung zunächst befristet und eine Nachkontrolle terminiert. Erst wenn alle Defizite behoben sind, kann die endgültige Zulassung erteilt werden. Mit Zustellung des Zulassungsbescheides erhält das Unternehmen seine individuelle Kennnummer, die als ovales Identitätskennzeichen auf den Produkten die Rückverfolgbarkeit zum herstellenden oder bearbeitenden Betrieb ermöglicht. Die schnelle Zuordnung des Kennzeichens zum jeweiligen Lebensmittelbetrieb ermöglicht die öffentliche Datenbank des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter folgender Internet-Adresse: Im Jahr 2010 erhielten insgesamt 168 Lebensmittelbetriebe ihre endgültige Zulassung. Wie im Vorjahr belief sich der Großteil der Zulassungen auf den Sektor Fleisch. Für den Bereich Schweine- und Rindfleisch entfielen 63 % der Zulassungen auf Schlachtstätten meist kleinerer Unternehmen mit geringen Schlachtzahlen, die überwiegend im ländlichen Bereich angesiedelt sind. Weiterhin konnten 23 Farmwildschlachtbetriebe zugelassen werden. Für Verarbeitungsbetriebe und Hersteller von Fleischprodukten, Fleischzubereitungen und Hackfleisch wurden 121 Zulassungen vergeben, die Mehrzahl davon in der Zuständigkeit der VLÜÄ. Weitere Betriebsarten waren Hersteller von Milchprodukten, Fisch verarbeitende Unternehmen, Ei verarbeitende Betriebe, Eierpackstellen, Großmärkte, Umpackbetriebe und Hersteller von Speisen. Im gesamten Jahr wurden nur zehn Zulassungsverfahren beendet, ohne dass eine Zulassung erteilt wurde, zumeist aufgrund von Insolvenzen oder Betriebsaufgabe durch den Inhaber. Seit nunmehr 20 Jahren werden Thüringer Betriebe inspiziert und auf dem Weg zur Zulassung begleitet. Inzwischen beläuft sich die Zahl der zugelassenen Lebensmittelbetriebe im Freistaat auf Untersuchung von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen und Kosmetika Übersicht über die Ergebnisse Im Berichtsjahr 2010 wurden Lebensmittel-, 77 Kosmetik- und 509 Bedarfsgegenständeproben untersucht (Abbildung 36 und Abbildung 37). Von aus Deutschland stammenden Proben entfielen auf Thüringer Hersteller. 517 stammten aus anderen 45

47 Amtliche Lebensmittelüberwachung Mitgliedstaaten der Europäischen Union und 290 aus Drittländern. Bei 432 Proben war die Herkunft unbekannt. Als Planproben waren 8.586, in Verdachtsfällen 367 und zur Verfolgung vorangegangener Feststellungen 740 Proben zur Untersuchung entnommen worden. Thüringer Verbraucher haben 136 Beschwerdeproben eingereicht. Die Aufteilung der Probenzahlen auf die einzelnen Warengruppen und Beanstandungsgründe ist in den Tabellen des Anhangs aufgeführt. Die Beanstandungsquote betrug bei Lebensmitteln 7,8 %, bei Wein 8,0 %, bei Bedarfsgegenständen 9,6 % und bei kosmetischen Mitteln 11,7 %. Abbildung 36: Auswahl von Lebensmitteln, die untersucht wurden Abbildung 37: Auswahl von sonstigen Produkten, die untersucht wurden Aufgrund mikrobiologischer Verunreinigung mit pathogenen Keimen (z. B. mit Salmonellen, Listeria monocytogenes, Campylobacter spp.) waren 13 Lebensmittel tierischer Herkunft (Schafskäse, Hackfleisch, Bratwurst, Wursthülle) und eine Salatmischung als gesundheitsschädlich zu beurteilen. Bei weiteren 36 Proben wurden zwar ebenfalls Krankheitserreger festgestellt. Diese Lebensmittel werden jedoch bestimmungsgemäß vor dem Verzehr erhitzt, so dass die Bakterien abgetötet werden. Als gesundheitsschädlich aus anderen Gründen waren drei Proben beanstandet worden. Eine Probe Blaumohn wies einen erhöhten Morphin-Gehalt von 72 mg/kg auf. Der Richtwert beträgt 4 mg/kg. Eine Verbraucherbeschwerde Butter enthielt porzellanartige Fremdkörper, die zu Verletzungen im Mund oder Magen-Darm-Trakt führen können. Grüne Heringe waren sensorisch verdorben und enthielten 430 mg/kg Histamin. Für Histamin, das durch Abbau von Eiweiß aus der Aminosäure Histidin entsteht, gilt gemäß Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 ein Grenzwert von 200 mg/kg, da eine zu hohe Aufnahme bei empfindlichen Menschen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Mikrobiologisch inakzeptabel verunreinigt waren 1,4 % der untersuchten Fleischerzeugnisse, 8,1 % der Speiseeisproben und 3,2 % der Fertiggerichte. Bei diesen Erzeugnissen wurden zu hohe Gesamtkeimzahlen oder zu hohe Keimzahlen von Hygieneindikatoren festgestellt. Von 331 Proben vorgegarte Nudeln wurden 22 % beanstandet, weil sie sensorisch auffällig waren oder die aerobe mesophile Keimzahl (AMKZ) bzw. die Keimzahl für die Hygieneindikatoren Enterobakterien zu hoch war. Bei 19 % der Proben wurden die entsprechenden Hersteller auf die mangelhafte Hygiene hingewiesen, da die Keimzahlen kritisch oder die Sensorik nicht zufriedenstellend war. Gesetzliche Grenzwerte gibt es für diese Warengruppe nicht. Richt- und Warnwerte für hitzebehandelte verzehrfertige Gerichte werden zurzeit von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Medizin vorbereitet. Deshalb werden gegenwärtig noch Kriterien zur Beurteilung herangezogen, die von einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe veröffentlicht wurden. 2 2 Gilbert, et al. (2000) Guidelines fort he microbiological quality of some ready-to-eat foods sampled at the point of sale Public Health 3:

48 <100 >=100<10E3 >=10E3<10E4 >=10E4<10E5 >=10E5<10E6 >=10E6<10E7 >=10E7<10E8 >=10E8<10E9 >=10E9<10E10 Prozent Proben Verbraucherschutzbericht AMKZ Laktobakterien Enterobakterien Hefen 0 KbE/g Abbildung 38: Häufigkeitsverteilung der Keimzahlen bei vorgegarten Teigwaren Die oben stehende Grafik zeigt die Häufigkeitsverteilung der AMKZ und der Keimzahlen für Lactobakterien, Hefen und Enterobakterien bei vorgegarten Nudeln (Abbildung 38). Wie sich die beanstandeten Proben auf die wichtigsten Beanstandungsgründe insgesamt prozentual verteilen, ist der Abbildung 39 zu entnehmen. 47

49 Amtliche Lebensmittelüberwachung 9,5% 0,1% 3,8% nicht sicher (mikrobiologische Verunreinigung) 18,1% 41,0% nicht sicher (andere Ursachen) nachgemacht, wertgemindert, irreführende Angaben Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften 23,2% 4,4% Zusatzstoffe (fehlende Kennzeichnung, unzulässige Verwendung) Überschreitung der Höchstgehalte bei Pflanzenschutzmitteln, pharmakologisch wirksamen Stoffen Abbildung 39: Häufigkeitsverteilung der Beanstandungsgründe Überwiegend wurden die mikrobiologische Beschaffenheit, die Qualität, irreführende Angaben sowie fehlerhafte oder fehlende Kennzeichnung beanstandet. Proben, die als Beschwerden von Verbrauchern zur Untersuchung eingereicht wurden, umfassten die ganze Lebensmittelpalette. Auffallende Beanstandungen waren Kürbiskernbrötchen mit lebenden Schädlingen und Weizenbrötchen mit Mäusekot. Viele Beschwerdeproben waren verschimmelt. Bei alkoholfreien und zuckerfreien Erfrischungsgetränken hatte der Schimmelpilzbefall zu einer typisch abweichenden Sensorik geführt. Aus dem bei der Herstellung zugesetzten Konservierungsstoff Sorbinsäure hatte sich 1.3-Pentadien gebildet. In 66 % der Fälle konnten die Beschwerden der Verbraucher nicht bestätigt werden. 259 Proben von Reis, Mais, Soja, Tomaten und Leinsamen wurden auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) untersucht. Die Untersuchungen bezogen sich auf in der EU zugelassene GVO und auf innerhalb der EU nicht zugelassene Reis-, Leinsamen- und Tomaten-Linien. Beanstandungen wurden nicht ausgesprochen. In neun Proben waren Spuren (0,1 bis 0,9 %) von zugelassenem Soja nachweisbar. Bei Ergebnissen dieser Größenordnung wird überprüft, ob es sich um zufällige Verunreinigungen handelt. Bei 79 als Bio gekennzeichneten Produkten wiesen zwei Produkte Spuren von GVO (< 0,1 %) auf Pathogene Keime in Wild Wildfleisch gilt als eine Delikatesse. Insbesondere Wildschweinfleisch steht weit oben auf der Beliebtheitsskala der Deutschen. An zweiter und dritter Stelle folgen Rehfleisch sowie das Fleisch der Tierarten Rot- und Damhirsch. In geringeren Mengen wird Fleisch von Mufflon und Hase verzehrt. Gemäß den Angaben des Deutschen Jagdschutzverbandes e.v. (DJV) lag der Pro-Kopf- Verzehr an Wildfleisch in der Jagdsaison 2009/2010 bei 0,3 kg. Dies entspricht einem Anteil von ca. 0,5 % des gesamten Fleischkonsums. Der Pro-Kopf-Verzehr liegt zwar deutlich unter dem Verzehr an Rind- und Schweinefleisch (47,5 kg im Jahr 2009; Statistisches Bundesamt, 2010). Dennoch darf die Gefahr von Lebensmittelinfektionen durch Wildfleisch/Wildfleischerzeugnisse aufgrund der Art der Fleischgewinnung und der Vermarktung nicht unterschätzt werden. Der überwiegende Teil des in Deutschland angebotenen Wildfleisches stammt von Tieren, die im Gegensatz zu Nutztieren nicht unter kontrollierten Bedingungen aufgewachsen sind. Die Verbreitung von Krankheitserregern mit zoonotischem Charakter (wie z. B. Salmonellen) kann in der Wildtierpopulation weitestgehend unbemerkt erfolgen. Ursache hierfür ist zum einen, dass mit 48

50 Verbraucherschutzbericht 2010 Zoonoseerregern infizierte Tiere nur selten deutliche klinische bzw. pathologischanatomische Veränderungen zeigen. Entsprechend können auch bei einer weidgerechten Ansprache des Wildes vor dem Erlegen und dem anschließenden Ausweiden durch den Jäger diese Tiere nicht identifiziert werden. Zum anderen existieren keine speziellen Überwachungsprogramme, welche zur Statusüberwachung bzw. der Reduktion von bakteriellen Zoonoserregern in Wildtieren dienen und dadurch letztendlich zu einer deutlichen Senkung der Kontaminationsrate der aus Wildtieren gewonnenen Erzeugnisse beitragen können. In der Lebensmittelüberwachung spielen vor allem die bakteriellen Zoonoseerreger wie Salmonella spp., Listeria monocytogenes, verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC) sowie Campylobacter spp. eine bedeutende Rolle. Bei all diesen Mikroorganismen handelt es sich um Bakterien, die im Magen- Darm-Trakt von Wild vorkommen können, ohne ein entsprechendes Krankheitsbild hervorzurufen. Infiziert sich ein Mensch z. B. durch Verzehr von rohem oder unvollständig durchgegartem Wildfleisch mit einem der oben genannten Bakterien, so führt dies in der Regel zu einer mittleren bis schweren Magen-Darm-Erkrankung (Erbrechen und Durchfall). In schweren Fällen kann es zu Spätschäden (z. B. Nierenschaden aufgrund eines hämorrhagisch-urämisches Syndroms (HUS) infolge einer Infektion mit VTEC) oder Todesfällen (z. B. bei Listeriose) kommen. Entscheidende Faktoren für die Übertragung von pathogenen Mikroorganismen auf das Lebensmittel Fleisch sind zum einen das Vorkommen des Erregers im tierischen Organismus und zum anderen die Art und Weise der Fleischgewinnung. Eine Übersicht über mögliche Kontaminationsquellen von Wildfleisch mit pathogenen Mikroorganismen gibt Tabelle 2. Tabelle 2: Beispiele für mögliche Kontaminationsquellen von Wildfleisch mit pathogenen Mikroorganismen Stufe Erlegen Ausweiden Transport, Lagerung und Verarbeitung Beispiele für eine mögliche Kontamination des Fleisches durch pathogene Mikroorganismen Treibjagd: Stresszustände führen im tierischen Organismus zu einer erhöhten Durchlässigkeit der physiologisch wichtigen Magen-Darm- Barriere. Das Übersiedeln von Mikroorganismen aus dem Darm in andere Organe ist erleichtert. Bauchschuss: Durch die Verletzung des Magen-Darm-Traktes kommt es zu einem Austritt von Darminhalt, wodurch Darmbakterien die benachbarten Organe sowie die umliegende Muskulatur besiedeln können. zu lange Zeitspanne zwischen Erlegen und Ausweiden, mangelhafte Hygiene während des Ausweidens (Darmverletzung, Verschmutzung mit Erde etc.), verzögertes bzw. mangelhaftes Ausbluten. mangelhafte Hygiene, fehlerhafte Produktionsabläufe. Im Jahr 2010 wurden insgesamt 36 Proben Wildfleisch und Wildfleischerzeugnisse zur Untersuchung an das TLLV eingesandt. Hierbei stammte der Hauptanteil der Proben von Wildschweinen (n = 13; 36 %). An zweiter und dritter Stelle folgten Proben der Tierarten Hirsch (n = 8; 22 %), Reh (n = 8; 22 %) und Damwild (n = 4; 11 %). Das untersuchte Probenspektrum spiegelt ungefähr die Verzehrgewohnheiten von Wildfleisch in Deutschland wieder. Eine Übersicht über den relativen Anteil der einzelnen Tierarten an der Gesamtprobenzahl zeigt Abbildung

51 Amtliche Lebensmittelüberwachung Abbildung 40: Relativer Anteil der Tierarten an der Gesamtzahl der untersuchten Wildproben (n = 36) Im Rahmen der mikrobiologischen Untersuchungen wurden 35 Proben auf Salmonella spp, fünf Proben auf Listeria monocytogenes, 24 Proben auf Campylobacter spp. und 27 Proben auf verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC) überprüft. Eine Übersicht über die absolute und relative Anzahl der nachgewiesenen pathogenen Mikroorganismen gibt Tabelle 3. Tabelle 3: Untersuchungsergebnisse der auf pathogene Mikroorganismen untersuchten Wildfleischproben. Gesamtzahl der Untersuchungen absolute Anzahl der Untersuchungsergebnisse relative Anzahl der Untersuchungsergebnisse (%) Salmonella spp. L. monocytogenes Campylobacter spp. VTEC pos. neg. pos. neg. pos. neg. pos. neg ,9 97,1 60,0 40,0 0,0 100,0 3,7 96,3 Bei den auf Salmonellen untersuchten Proben wurde in einer Probe Salmonella Enteritidis nachgewiesen (2,9 %). Hierbei handelte es sich um Hirschfleisch, welches im Rahmen der Eigenkontrolle eines Lebensmittelunternehmers auffällig geworden und vom zuständigen VLÜA als Verdachtsprobe zur Untersuchung eingesandt worden war. In einer Probe Knackwurst mit Mufflonfleisch, einer Probe rohes Wildschweinfleisch sowie einer Probe rohes Gulaschfleisch vom Hirsch (n = 3; 60 %) konnte Listeria monocytogenes nachgewiesen werden. Der Gehalt an Listeria monocytogenes in der Probe Knackwurst lag unter 10 KbE/g und damit unter dem in der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 festgelegten 50

52 Verbraucherschutzbericht 2010 Grenzwert von 100 KbE/g für verzehrfertige Lebensmittel. Rohes Wildschwein- und Hirschfleisch wird üblicherweise vor dem Verzehr vollständig durcherhitzt. Im Laufe des Erhitzungsprozesses wird Listeria monocytogenes abgetötet. Somit ging von den Wildfleischproben keine gesundheitliche Gefahr für den Verbraucher aus. In keiner der auf Campylobacter spp. untersuchten Wildfleischproben wurde dieser Zoonoseerreger nachgewiesen. Jedoch wurde verotoxinbildende Escherichia coli in einer Rehkeule festgestellt. Es handelte sich um einen nicht näher bestimmten ONT:H28-Stamm. Dieser Stamm ist, laut Bundesinstitut für Risikobewertung, in der Lage, Shigatoxine vom Typ 2b zu bilden. Dieser Toxintyp kann beim Menschen Durchfallerkrankungen auslösen, welche jedoch nicht mit schwer verlaufenden Erkrankungen wie HUS assoziiert sind. Die Untersuchungen zeigen, dass pathogene Mikroorganismen in Wildfleisch immer wieder nachgewiesen werden. Das von Wildfleisch und Wildfleischerzeugnissen ausgehende Risiko von Lebensmittelinfektionen kann der Verbraucher wirksam reduzieren. Durch eine gründliche Küchenhygiene, den sachgerechten Umgang mit rohem Fleisch und vollständige Durcherhitzung des Fleisches besteht keine gesundheitliche Gefährdung für den Verbraucher. Auch Kreuzkontaminationen, dass heißt die Übertragung von Mikroorganismen auf andere Lebensmittel, lassen sich durch eine gründliche Zwischenreinigung von Küchengerätschaften vermeiden. Tabelle 4: Nachweis- und Bestimmungsgrenzen der PAK Benzo(a)pyren in Thüringer Bratwurst Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material, so u. a. beim Grillen fetthaltiger Lebensmittel. PAK können aber auch aus Umweltbelastungen in Lebensmittel gelangen und bei der Verarbeitung von Lebensmitteln z. B. beim Trocknen und Räuchern gebildet werden. Einige PAK gelten nachgewiesenermaßen als krebserzeugend und/oder erbgutverändernd. Die wohl bekannteste dieser Substanzen, das Benzo(a)pyren, wird bislang als Leitsubstanz für das Vorkommen der PAK herangezogen. Für diese sind in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 für verschiedene Lebensmittel Höchstgehalte festgelegt. Nach neueren Erkenntnissen ist Benzo(a)- pyren als alleiniger Marker für das Vorkommen der kanzerogenen bzw. mutagenen PAK nicht ausreichend; dagegen wird die Summe von Benzo(a)pyren, Benzo(a)anthracen, Chrysen und Benzo(b)fluoranthen (sogenannte PAK4) als geeigneter Indikator für deren Vorkommen angesehen. Zur Analyse auf PAK wird zunächst die gesamte eingesandte Probe homogenisiert, anschließend wird ein Teil verseift. Aus der verseiften Probe werden die PAK in sieben Schritten extrahiert und anschließend werden Verunreinigungen über eine Festphasenextraktion abgetrennt. Die erhaltene Lösung wird dann mittels Hochleistungsflüssigchromatographie und Fluoreszenzdetektion vermessen. Mit dieser Methode werden für die PAK4 die Nachweis- und Bestimmungsgrenzen (Tabelle 4) erreicht, welche der Verordnung (EG) Nr. 333/2007 entsprechen. Nachweisgrenze [µg/kg] Bestimmungsgrenze [µg/kg] rechtliche Vorgabe 0,30 0,90 Benzo(a)pyren 0,07 0,23 Benzo(a)anthracen 0,12 0,37 Chrysen 0,20 0,48 Benzo(b)fluoranthen 0,06 0,18 Als typische Erzeugnisse der Sommersaison wurden gegrillte Thüringer Bratwürste untersucht. Durch das beim Grillen austretende und verbrennende Fett können hohe PAK- Konzentrationen auftreten. Deshalb wird empfohlen, beim Grillen Aluminiumschalen zu verwenden. Diese fangen das Fett auf, so dass es nicht auf die Holzkohle tropfen kann. Keine der im TLLV untersuchten gegrillten Bratwürste wies einen Benzo(a)pyren-Gehalt über dem für geräucherte Fleischerzeugnisse geltenden Grenzwert von 5,0 µg/kg auf (Abbildung 41). Als Summe der PAK4 wurden 51

53 Gehalt in µg/kg Amtliche Lebensmittelüberwachung Gehalte zwischen 0,24 und 7,16 µg/kg ermittelt, welche deutlich unter dem vorgeschlagenen Höchstgehalt für geräucherte Fleischerzeugnisse von 30,0 µg/kg liegen. 3,0 2,5 2,0 Benzo(a)pyren Benzo(a)anthracen Chrysen Benzo(b)fluoranthen 1,5 1,0 0,5 0,0 Probe 1 Probe 2 Probe 3 Probe 4 Probe 5 Abbildung 41: PAK-Gehalte in untersuchten Bratwürsten in µg/kg Allergene in Schokolade Die Angabe Kann Spuren von Nüssen enthalten findet man häufig auf Verpackungen von Lebensmitteln, insbesondere bei Schokoladen. Was bedeutet das für den Verbraucher? Ölsamen wie Mandeln, Erdnüsse oder Haselnüsse enthalten Proteine, die sensibilisierend wirken oder Allergien auslösen können. Deshalb sind im Zutatenverzeichnis von Lebensmitteln in Fertigpackungen gemäß Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung Erdnüsse, bestimmte Schalenfrüchte und andere als allergen geltende Zutaten anzugeben, sofern nicht bereits aus der Verkehrsbezeichnung (z. B. Nussschokolade) erkennbar ist, dass ein Allergen in diesem Lebensmittel enthalten ist. Abbildung 42: Schokolade kann Spuren von Allergenen enthalten Werden auf einer Produktionsanlage Schokoladen verschiedener Geschmacksrichtungen hergestellt, ist es möglich, dass Spuren von Nüssen in Schokoladen gelangen, die eigentlich ohne Nüsse als Zutat hergestellt wurden. Um Allergiker auf diese Tatsache aufmerksam zu machen, weisen vorsorglich viele Hersteller auf der Verpackung auf mögliche Allergenspuren hin. Die Empfindlichkeit der Menschen auf bestimmte Allergie auslösende Stoffe ist sehr unterschiedlich. Eine Menge, die für den einen Verbraucher harmlos ist, 52

54 Verbraucherschutzbericht 2010 kann für einen anderen schon eine Allergie auslösen. Der vorsorgliche Hinweis für Allergiker ist zwar sinnvoll, befindet sich inzwischen aber auf fast allen Verpackungen, so dass die Auswahl einer geeigneten Schokolade wiederum schwierig ist. Kontaminationen mit Allergenen lassen sich nicht vollständig vermeiden. Es ist jedoch wichtig, dass diese auf das technisch Unvermeidbare beschränkt bleiben. Für die Lebensmittelüberwachung stellt sich die Frage, ab welchen Gehalten eine Spur technisch vermeidbar ist, z. B. durch Reinigung der Produktionsanlage zwischen den verschiedenen Chargen. Es wurden zunächst Untersuchungen durchgeführt, die zeigen sollten, welche Mengen an Allergieauslösern vorkommen. Hierfür wurden 28 Vollmilch-, Bitter- und Diät-Schokoladen mittels ELISA-Test auf Spuren von Mandeln, Haselnüssen, Erdnüssen und Walnüssen überprüft. Die folgende Tabelle 5 mit den Nachweis- und Bestimmungsgrenzen zeigt, welche Mengen noch qualitativ (Nachweisgrenze) und quantitativ (Bestimmungsgrenze) mit der verwendeten Untersuchungsmethode feststellbar sind. Tabelle 5: Nachweis- und Bestimmungsgrenzen des ELISA-Tests für Allergene in Schokolade Nachweisgrenze mg/kg Bestimmungsgrenze mg/kg Mandel Haselnuss Erdnuss Walnuss Gluten 0,5 1,0 0,5 1,0 2,0 1,0 1,6 1,0 2,4 3,0 Bei den untersuchten Schokoladen wurden Spuren von Erdnüssen und Walnüssen in Mengen über 1 mg/kg nur selten nachgewiesen. So war Erdnuss in 18 der 28 untersuchten Proben qualitativ nicht nachweisbar, in zehn Proben lag der Gehalt unter 1 mg/kg. 26 Proben enthielten keine Spuren von Walnüssen, in zwei Schokoladen lag der Gehalt unter 2,4 mg/kg. Häufiger waren in den untersuchten Schokoladen Spuren von Haselnuss und Mandeln nachweisbar. Bei 21 Proben, die ohne Haselnüsse produziert wurden, waren in zehn Schokoladen Spuren von Haselnüssen feststellbar. Spuren von Mandeln wurden in neun Proben nachgewiesen. Die folgende Abbildung 43 zeigt die Verteilung der Haselnuss-Gehalte in Diät- und anderen Schokoladen. 53

55 Amtliche Lebensmittelüberwachung Abbildung 43: Verteilung der Haselnussgehalte; gesplittet nach Diät- und anderen Schokoladen Nuss-Schokoladen enthalten 20 % bis 60 % Ölsamen. Im Vergleich dazu sind die Spuren in anderen Schokoladen rund tausendbis zehntausendfach niedriger. Trotz der geringen Probenzahlen lässt sich erkennen, dass es möglich ist, die Spuren auf Gehalte von etwa 30 mg/kg zu begrenzen. Ein weiteres Allergen ist Gluten, ein Protein, das in Weizen, Gerste, Hafer, Roggen, Dinkel und Kamut vorkommt. Es ist für Zöliakie- Patienten schädlich. Diese Menschen müssen Lebensmittel meiden, die mit den genannten Getreidearten hergestellt wurden. Die Diät-Schokoladen wurden deshalb zusätzlich mit einem ELISA-Test auf Gluten überprüft. Es wurden acht Proben untersucht. In einer Probe wurde ein Glutengehalt von 5,2 mg/kg ermittelt, sechsmal lautete das Ergebnis nicht nachweisbar und in einer Probe wurden weniger als 3 Milligramm Gluten pro Kilogramm ermittelt. Als glutenfrei darf gemäß Verordnung (EG) Nr. 41/2009 ein Lebensmittel bezeichnet werden, das weniger als 20 Milligramm Gluten pro Kilogramm enthält. Informationen für Allergiker befinden sich im Internet unter Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Obst und Gemüse Auf Rückstände von Pflanzen- und Vorratsschutzmitteln werden vor allem Obst, Gemüse sowie Säuglings- und Kleinkindernahrung untersucht. Die Überprüfung der Lebensmittel auf Rückstände der wichtigsten und in der Praxis am häufigsten verwendeten Pflanzenund Vorratsschutzmittel erfolgt hauptsächlich mit Multimethoden. Für die Bestimmung einiger Wirkstoffe müssen auch spezielle Methoden angewendet werden. 450 Proben pflanzlichen Ursprungs wurden auf Rückstände von Pflanzen- und Vorratsschutzmitteln untersucht. Tabelle 6 beinhaltet die Probenverteilung auf die einzelnen Warengruppen sowie die Anzahl der kontaminierten Proben mit quantifizierbaren Gehalten. Die Warengruppen Frischobst und Frischgemüse bildeten den Schwerpunkt. Bei deren konventioneller Erzeugung kann auf chemischen Pflanzenschutz gegenwärtig nicht verzichtet werden. Frei von Rückständen waren alle auf Pflanzenschutzmittel untersuchten Proben Säuglings- und Kleinkindernahrung. Auch Kartoffeln waren nur gering belastet. Bei den in Kartoffeln festgestellten Kontaminationen handelte es sich um Rückstände von Chlorpropham, das zur Keimhemmung bei lagernden Speisekartoffeln eingesetzt wird. Die festgestellten Höchstmengenüberschreitungen, die zu Beanstandungen führten, sind in der Tabelle 7 aufgeführt. Alle übrigen in Tabelle 6 aufgeführten Proben mit Kontaminationen enthielten Rückstände an Pflanzen- 54

56 Verbraucherschutzbericht 2010 schutz- und Vorratsschutzmitteln unterhalb der zulässigen Höchstmengen gemäß Verordnung (EG) Nr. 396/2005. Die folgende Auswertung der Untersuchungsergebnisse bezieht sich auf pflanzliche Erzeugnisse, von denen mindestens 15 Proben je Erzeugnis auf Rückstände von Pflanzen- und Vorratsschutzmitteln untersucht wurden. Die Abbildung 44 zeigt den prozentualen Anteil von Proben mit quantifizierbaren Rückständen. Bei der Bewertung der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Proben als ganzes Erzeugnis mit Schale bzw. in ungewaschenem Zustand untersucht werden. Das Entfernen der nicht essbaren Fruchtanteile und gründliches Waschen der Erzeugnisse führt zu einer deutlichen Verringerung der Rückstandsgehalte. Die Anlage 2 zeigt eine Zusammenfassung der quantifizierbaren Rückstände, die mindestens fünfmal bestimmbar waren. Es wurden insgesamt 709 Quantifizierungen von 89 verschiedenen Wirkstoffen durchgeführt. Tabelle 6: Rückstände von Pflanzen- und Vorratsschutzmitteln Lebensmittel Anzahl der Proben Proben mit nachweisbaren Rückständen Kartoffeln 19 7 Gemüse Obst Säuglings- und Kleinkindernahrung 13 0 Tabelle 7: Beanstandungen aufgrund von Höchstmengenüberschreitungen gemäß Verordnung (EG) Nr. 396/2005 Lebensmittel Anzahl der Herkunft Wirkstoff Wirkprinzip Proben Pflaume 1 ungeklärt Procymidon Fungizid Abbildung 44: Prozentualer Anteil der Proben mit Rückständen 55

57 Amtliche Lebensmittelüberwachung Nachweis von pharmakologisch wirksamen Stoffen in vom Tier stammenden Lebensmitteln Der seit 1989 EU-weit geltende Nationale Rückstandskontrollplan (NRKP) ist ein Programm zur Überwachung von Lebensmitteln tierischer Herkunft auf Rückstände von pharmakologisch wirksamen Substanzen und Kontaminanten. Der NRKP enthält für jedes Land konkrete Vorgaben über die Anzahl der zu untersuchenden Tiere und tierischen Erzeugnisse, die zu untersuchenden Stoffe, die anzuwendenden Methoden und für die Probenahme. In Thüringen wurden 2010 insgesamt Proben auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Substanzen getestet. Der überwiegende Teil der Proben wurde mit einem mikrobiologischen Screening (Hemmstofftest Tabelle 8), die restlichen Proben mit hochauflösenden chemisch-analytischen Methoden auf Rückstände von Arzneistoffen und Kontaminanten untersucht (Tabelle 9). Zur Untersuchung gelangten Rinder, Schweine, Geflügel aus Schlacht- und Erzeugerbetrieben, darüber hinaus Fische aus Aquakulturen (Forellen, Karpfen), Milch, Eier, Honig und Wild. Tabelle 8: Hemmstofftestuntersuchungen Hemmstofftest Anzahl der Anzahl positiver Ergebnisse Untersuchungen Muskel Niere Tabelle 9: Untersuchungen nach Rückstandkontrollplan (ohne Hemmstofftestuntersuchungen) Tierart/ Lebensmittel Anzahl Planproben Summe der Proben Proben mit Rückständen/ Kontaminanten Anzahl Verdachts-proben Erzeugerbetrieb Schlacht- Schlachtbetrieb Betrieb Rind, Schwein Geflügel Wild Kuhmilch Milch anderer Tierarten Hühnereier Aquakulturen Bienenhonig 5 5 Summe Rinder, Schweine Bei einem Mastschwein wurde nach positivem Hemmstofftest das Antibiotikum Chlortetracyclin nachgewiesen, der ermittelte Wert lag jedoch unterhalb der zulässigen Höchstmenge. Bei einer Kuh wurde für das Antibiotikum Marbofloxacin eine Überschreitung der zulässigen Höchstmenge um das Fünffache festgestellt. In diesem Fall war höchstwahrscheinlich die Wartezeit zwischen Medikamentengabe und Schlachtung nicht eingehalten worden. Bei sechs Mastschweinen und zwei Kühen wurde die geltende Höchstmenge von 0,010 mg/kg Quecksilber in der Niere geringfügig überschritten. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung für den Verbraucher war bei dieser geringen Konzentration dennoch nicht zu erwarten. Quecksilber kommt in der Umwelt ubiquitär vor. Die ermittelten Werte sind sehr wahrscheinlich auf Umwelteinträge im Futtermittel zurückzuführen. Bei einer Kuh wurde in der Leber ein deutlich überhöhter Kupfer-Gehalt festgestellt. Die 56

58 Verbraucherschutzbericht 2010 Probe wurde als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt. Bei einem männlichen Mastschwein wurde eine erhöhte Konzentration des Steroids 17-ß- 19-Nortestosteron nachgewiesen. Anabole Steroide können natürlich gebildet werden, sie wurden in der Vergangenheit jedoch auch als illegale Masthilfsmittel eingesetzt. In diesem Fall ergab die Ursachenforschung, dass das fragliche Tier unvollständig kastriert war und es sich um den natürlichen Gehalt handelte. Geflügel Bei einem Masthähnchen konnte in der Muskulatur das Kokzidiostatikum Lasalocid (Mittel gegen Darm-Parasiten) bestimmt werden. Der Wert lag unterhalb der festgelegten Höchstmenge. Nicarbacin-Rückstände wurden im Muskelfleisch von zwei Masthähnchen nachgewiesen. Dieses ebenfalls gegen Kokzidien wirksame Medikament ist in Deutschland nur als Futtermittelzusatzstoff zugelassen, es darf daher bei der Schlachtung nicht mehr nachweisbar sein. Wild Die Untersuchung eines Wildschweins ergab erhöhte Cadmium-Rückstände in der Niere. Cadmium kommt in der Umwelt ubiquitär vor. Es kann aber auch durch z. B. industrielle Kontamination zu erhöhten Gehalten im Boden bzw. in Pflanzen kommen. Es reichert sich besonders in den Organen von Tieren an. Beim Wildschwein ist eine Ursachenerforschung über die Eintragsquelle äußerst schwierig. Die Organe des Tieres waren nicht zum Verzehr geeignet Sichere Verpackung von Lebensmitteln Die Abgabe von Lebensmitteln an Verbraucher erfolgt in der heutigen Zeit zum großen Teil als vorverpackte Ware. Dabei hat die Verpackung mehrere Funktionen zu erfüllen. Sie schützt das Füllgut vor äußeren Einflüssen, wie z. B. Schmutz oder tierischen Schädlingen, aber auch vor dem Einfluss von Licht, Sauerstoff oder geruchsaktiven Stoffen aus der Umgebungsluft. Gleichzeitig ist die Verpackung ein wichtiger Träger von Informationen über den Packungsinhalt, wie z. B. Bezeichnung der Ware, Füllmenge, Zutatenliste und Zubereitungsvorschriften, bis hin zu Werbebotschaften an den Verbraucher. Für alle Materialien sind die grundlegenden Anforderungen europaweit einheitlich in der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 geregelt. Verpackungsmittel können darin enthaltene Lebensmittel beeinflussen. Bei der Bewertung dieses Einflusses ist nicht nur der direkte Kontakt mit dem Lebensmittel, sondern auch der indirekte Kontakt, z. B. über den Luftraum oder durch andere Schichten hindurch von Bedeutung und deshalb zu prüfen. Im Jahr 2010 wurden im TLLV Lebensmittelkontaktmaterialien unter folgenden Schwerpunkten geprüft: Gehalt an Kontaminanten aus dem Recyclingkreislauf in Papierverpackungen, Reste von Fotoinitiatoren auf bedruckten Verpackungsmitteln, Dokumentation zu Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff. Gehalt an Kontaminanten aus dem Recyclingkreislauf in Papierverpackungen In Deutschland ist Altpapier der wichtigste Rohstoff zur Erzeugung von Papier. Im Jahr 2008 betrug die Einsatzquote (Verhältnis von Altpapiereinsatz zur Papiererzeugung) 68 % (Quelle: Verband Deutscher Papierfabriken, Zur Herstellung von Papieren, Kartons und Pappen für den Lebensmittelkontakt dürfen bestimmte Altpapiersorten verwendet werden. Diese können allerdings unerwünschte Stoffe enthalten, wie z. B. Bestandteile von Druckfarben oder Klebstoffen, die im Recycling-Kreislauf nicht vollständig entfernt werden und sich in den aus Recycling-Papier hergestellten Lebensmittelverpackungen wiederfinden. Über die Gasphase können diese Stoffe auf das verpackte Lebensmittel übergehen. In einer Empfehlung des BfR sind Bedingungen für die Verwendung von wiedergewonnenen Fasern als Papierrohstoffe festgelegt. Für die nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens bekannten Substanzen, die über das Papier-Recycling in die Lebensmittelverpackungen eingetragen werden können, sind Beschränkungen in Bezug auf ihren Gehalt bzw. ihren Übergang auf Lebensmittel festgelegt wurden im TLLV 41 Proben Verpackungsmaterial für Lebensmittel aus Papier oder Pappe bzw. aus Materialkombinationen mit Anteil an Papier oder Pappe untersucht. In 28 Fällen handelte es sich dabei um Fer- 57

59 Amtliche Lebensmittelüberwachung tigpackungen mit darin verpackten Lebensmitteln. Da besonders bei trockenen, nicht fettenden Lebensmitteln mit großer Oberfläche ein Übergang flüchtiger Stoffe über die Gasphase in Betracht gezogen werden muss, wurden vorrangig verpackte Lebensmittel wie Mehl, Tee, Kekse, Zucker und Puddingpulver untersucht. Im Ergebnis der Untersuchungen wurden bei einer Probe Weizenmehl, bei zwei Proben Rotbuschtee und bei einer Probe Anisplätzchen die Weichmacher Di-nbutylphthalat bzw. Di-isobutylphthalat in Mengen gefunden, die über den in der Empfehlung des BfR festgelegten Höchstwerten von 0,3 mg Di-n-butylphthalat bzw. 1,0 mg Di-isobutylphthalat pro kg Lebensmittel lagen. Ob diese Kontaminationen durch die Verpackungen, die ebenfalls hohe Gehalte an Di-n-butylphthalat bzw. Di-isobutylphthalat aufwiesen, verursacht wurden, ließ sich nicht abschließend klären, da von der Herstellung des Lebensmittels bis zur Abgabe im Einzelhandel viele Kontaminationsmöglichkeiten gegeben sind, z. B. durch Lagerung in Umkartons. Eine Möglichkeit zur Vermeidung derartiger nachteiliger Stoffübergänge ist die Verwendung effektiver Zwischenverpackungen wie z. B. Multilayerbeutel mit einer Aluminiumschicht als funktioneller Barriere. Reste von Fotoinitiatoren auf bedruckten Verpackungsmitteln Spezielle Anforderungen gelten für den Umgang mit bedruckten Materialien. Die Zusammensetzung von Farben, die für die Bedruckung der Außenseite von Lebensmittelkontaktmaterialien bestimmt sind, ist bislang nicht verbindlich geregelt. Untersuchungen haben gezeigt, dass Übergänge von Druckfarbenbestandteilen auf unterschiedliche Weise möglich sind. Chemische Stoffe können durch das Verpackungsmaterial hindurch in das Füllgut wandern (migrieren). Bestandteile der Druckfarbe können auch in das Lebensmittel gelangen, wenn sie sich nach direktem Kontakt von Innen- und Außenseite der bedruckten Verpackung bereits vor der Abfüllung des Lebensmittels auf der Verpackungsinnenseite befinden. Die Verordnung (EG) Nr. 2023/2006 über die Gute Herstellungspraxis von Lebensmittelkontaktmaterialien enthält allgemeine Regeln, die verlangen, dass dieser Übergang zu verhindern ist. Seit 2006 werden pro Jahr etwa zehn Proben bedruckter Verpackungsmaterialien von Thüringer Lebensmittelherstellern der Prüfung unterzogen, ob sie migrierfähige Reste von Fotoinitiatoren aus Druckfarben enthalten. Die Prüfung erfolgt im Rahmen der Länderkooperation in der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen in Dresden. Dabei ist im Jahr 2010 nur in einem Fall ein Verpackungsmaterial auffällig gewesen. Der Hersteller wurde aufgefordert, entsprechende Eigenkontrollmaßnahmen durchzuführen und dafür zu sorgen, dass Druckfarbenbestandteile nicht auf das Füllgut übergehen können. Dokumentation zu Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff Der Gesetzgeber hat detaillierte Vorschriften erlassen, die die Art und Weise der Führung und Weitergabe von Unterlagen mit Informationen zu Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff zum Gegenstand haben. Das Ziel ist die Sicherstellung einer angemessenen Information über das Lebensmittelkontaktmaterial, angefangen von der Herstellung der Ausgangsstoffe über die verschiedenen Verarbeitungs- und Veredlungsprozesse bis hin zum Anwender der fertigen Verpackung. Dieses Verfahren soll die Weitergabe wichtiger Informationen zur Verwendbarkeit des Materials sicherstellen und verhindern, dass Materialien unabsichtlich für Einsatzzwecke verwendet werden, für die sie nicht geeignet sind. Die Dokumentation zu Lebensmittelkontaktmaterialien wurde an Hand von 27 Proben überprüft. In über 90 % der hier geprüften Fälle wurden inhaltliche Mängel festgestellt. Dabei fiel auf, dass nicht alle Hersteller von Rohstoffen für Lebensmittelkontaktmaterialien ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Information über die Verwendung bestimmter Additive für Kunststoffmaterialien nachkamen. Diese Angabe, wie auch Hinweise zu den für die Feststellung der Konformität des fertigen Gegenstandes gewählten Prüfbedingungen wie Kontaktzeit, Kontakttemperatur und Oberflächen-Volumen-Verhältnis zwischen Verpackung und Füllgut, sind für Weiterverarbeiter und spätere Verwender jedoch unerlässlich. 5.4 Weinkontrolle Die Weinbauflächen Thüringens gehören zum Anbaugebiet Saale-Unstrut (Abbildung 45). 58

60 Verbraucherschutzbericht 2010 In der Thüringer Weinbaukartei sind 84 Winzer registriert. Drei Haupterwerbsbetriebe, elf Nebenerwerbsbetriebe mit Selbstvermarktung sowie die Traubenerzeuger produzieren derzeit auf einer Rebfläche von 81 Hektar. Im Durchschnitt wurden in Thüringen 45 Hektoliter Wein pro Hektar geerntet. Hauptsächlich werden die Rebsorten Müller- Thurgau, Grau- und Weißburgunder, Riesling, Gutedel und Silvaner angebaut. Bei den Rotweinsorten dominiert der Regent, gefolgt vom Spätburgunder und Dornfelder. Außerdem finden auch Spezialitäten wie Auxerrois und Sauvignon blanc oder Cabernet Dorsa und Acolon gute Anbaubedingungen. Abbildung 45: Thüringer Weingebiete Da Produktion und Handel von Wein sehr kostenintensiv sind, gilt Wein schon immer als bevorzugtes Erzeugnis für Manipulationen. Wein unterliegt deshalb seit jeher einer speziellen Gesetzgebung, die auch heute noch besondere Anforderungen an die Untersuchung und Überwachung stellt. Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften, die durch Bundes- und Landesrecht weiter spezifiziert werden, regeln den Anbau, die Weinbereitung sowie die Ausstattung, Kennzeichnung und Vermarktung der Weinbauerzeugnisse. In der Vergangenheit waren es die Weinfälschungen wie Erhöhung der Weinmenge durch Streckung mit Wasser, Zusatz von weinfremdem Rübenzucker zur Süßung oder Zusatz von Farbstoffen zu Rotwein. Heutzutage liegt der Schwerpunkt der Verstöße in der Täuschung über die tatsächliche Herkunft oder die Qualität des Weines. So wird schon mal aus einem einfachen Tafelwein ein hochwertiger Qualitätswein oder der rebsortenreine Wein entpuppt sich als Verschnitt diverser Rebsorten. Diese Fälschungen sind jedoch in der Regel mit den heutigen Analy- 59

61 Amtliche Lebensmittelüberwachung senmethoden, den europaweiten Datenbanken über Weininhaltsstoffe und einem ausführlichen Begleitpapiersystem nachweisbar. Das Risiko einer Gesundheitsgefährdung ist in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen. Die amtliche Weinkontrolle wird in Thüringen vom TLLV durchgeführt. Der Weinkontrolle obliegt die Überwachung der Weingüter, der Weinkellereien sowie des Lebensmitteleinzel- und Großhandels- und der Gastronomiebetriebe, die Erzeugnisse im Sinne des Weingesetzes in den Verkehr bringen sowie der Betriebe, die Spirituosen sowie weinähnliche Getränke herstellen. Für die Weinkontrolle ergeben sich nachstehende Aufgabenschwerpunkte im Weinberg, im Weinkeller und in der Buchhaltung: Überwachung der Urproduktion im Rahmen der Herbstkontrolle während der Weinlese (Beurteilung des Reifezustandes der Trauben, Mostgewichtsfeststellung, eingehende Mengen, Kontrolle der täglich vorzunehmenden Eintragungen im Herbstbuch), Sichtung und Auswertung der Ergebnisse der Traubenernte- und Weinerzeugungsmeldungen, Prüfung der Mengenregulierung, Kontrolle der önologischen Behandlungen, Überwachung der Vorschriften zu Verschnitt und Süßung insbesondere auch der Anreicherung, Rückverfolgung der Wege der Weinbauerzeugnisse anhand der Weinbuchführung insbesondere der Kellerbücher, Genehmigung elektronischer Buchführungsverfahren, Überprüfung von amtlichen Begleitdokumenten für den Transport von Wein, Überprüfung der Hygienevorschriften in Erzeuger- und Abfüllbetrieben, Sensorische Beurteilung vom Fasswein bis zum abgefüllten Erzeugnis im Verkaufsregal, Beurteilung der Kennzeichnung der Erzeugnisse. Grundsätzlich hat die Weinkontrolle die Aufgabe präventiv tätig zu sein, um Verstöße zu vermeiden. Deshalb unterstützt die Weinkontrolle bei der Außendiensttätigkeit die Winzer auch mit einem entsprechenden Beratungsangebot. Da in Deutschland Qualitätsweine und Prädikatsweine (Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein) nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie einer amtlichen Prüfung unterzogen wurden, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen der Weinkontrolle und den Qualitätsweinprüfstellen erforderlich. Die amtlichen Qualitätsweinprüfstellen sind ein Instrument zur Qualitätssicherung im Interesse des Verbrauchers. Die amtliche Prüfungsnummer (A.P.Nr.) bescheinigt dem Hersteller ein Erzeugnis von einwandfreier Beschaffenheit. Anhand der Daten der Prüfstelle ist im Zusammenhang mit der Buchführungskontrolle eine Identitätsprüfung möglich. Sollten bei Untersuchungen im TLLV Abweichungen von den Ergebnissen der amtlichen Prüfanalyse zur Erlangung der amtlichen Prüfungsnummer festgestellt werden, kann die erteilte amtliche Prüfnummer widerrufen werden. Werden bei den Kontrollen Erzeugnisse vorgefunden, die den rechtlichen Vorgaben nicht genügen, wird dies auch zum Anlass genommen, gezielt Untersuchungen von Weinen durchzuführen. Hier kann als positive Tendenz festgestellt werden, dass bei den durchgeführten Kontrollen auf Weihnachtsmärkten die Beanstandungen von offen ausgeschenkten Glühweinen auf Grund sensorischer Mängel in den letzten Jahren zurückgegangen sind. Lediglich bei einigen Glühweinen sind Unterschreitungen des Mindestalkoholgehaltes von sieben Volumenprozenten festgestellt worden, offensichtlich durch unsachgemäßes Erhitzen verursacht wurden im TLLV 237 Proben von Wein und weinähnlichen Erzeugnissen geprüft. 19 Proben entsprachen nicht den gesetzlichen Vorschriften. Die Beanstandungen betrafen insbesondere Mängel oder Irreführungen in der Kennzeichnung (Alkoholangabe oder Herkunftsangaben) sowie Grenzwertüberschreitungen der Zusatzstoffe (z. B. schweflige Säure oder Sorbinsäure). Außer den nicht rechtskonform gekennzeichneten Erzeugnissen wurden auch Weine wegen sensorischer Mängel wie Oxidation (Überlagerung) oder anderen Fehlnoten (Korkschmecker oder untypische Alterungsnote) als abweichend beurteilt. 60

62 Verbraucherschutzbericht Schnellwarnsysteme (RASFF, RAPEX) Damit Lebensmittel, kosmetische Mittel oder Bedarfsgegenstände, die eine gesundheitliche Gefahr für den Verbraucher darstellen, möglichst schnell aus dem Verkehr genommen werden können, wurden Europäische Schnellwarnsysteme eingerichtet. Für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt findet das Rapid Alert System for Food and Feed (RASFF) Anwendung. Für die übrigen Bedarfsgegenstände als auch für kosmetische Mittel dient das Rapid Exchange System (RAPEX) dem schnellen Informationsaustausch über potentielle Gesundheitsgefahren. Der Begriff Bedarfsgegenstände im Sinne des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) umfasst unter anderem: Gegenstände, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, Gegenstände, die längere Zeit mit dem Körper Kontakt haben, zum Beispiel Bekleidung, Bettwäsche, Schmuck, Brillengestelle, Uhrarmbänder, Spielwaren und Scherzartikel. Sobald einer Überwachungsbehörde innerhalb der Europäischen Union Erkenntnisse über gesundheitsgefährdende Lebensmittel, Bedarfsgegenstände oder Kosmetika vorliegen und sie das Produkt nicht selbst aus dem Verkehr ziehen kann, ist die Behörde verpflichtet, unverzüglich den Sachverhalt, einschließlich vorliegender Untersuchungsergebnisse, an das entsprechende Schnellwarnsystem zu melden. Somit können Schnellwarnmeldungen von den Lebensmittelüberwachungsbehörden aller Mitgliedstaaten innerhalb kürzester Zeit ausgewertet werden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vermittelt den schnellen Informationsaustausch zwischen der Kontaktstelle der Europäischen Kommission und den Kontaktstellen der Länder innerhalb Deutschlands. Insbesondere werden Informationen über Maßnahmen übermittelt, welche zum Verbot der Vermarktung von Produkten, die eine ernste Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellen, getroffen wurden. In Thüringen wertet das TLLV die Meldungen der Europäischen Schnellwarnsysteme systematisch aus, um potentiell gesundheitsgefährdende Produkte innerhalb Thüringens zu identifizieren und unverzüglich Maßnahmen zu veranlassen. Die unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden prüfen, ob sich das betreffende Produkt im Handel befindet. Erforderlichenfalls werden Vollzugsmaßnahmen durch amtliche Anordnungen eingeleitet, zum Beispiel wird die Sicherstellung der Ware verfügt oder ein Verkehrsverbot verhängt. Für den Fall, dass gesundheitliche Gefährdungen, die von nicht sicheren Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln und Bedarfsgegenständen ausgehen, festgestellt werden, übermitteln die VLÜÄ ihre Ermittlungsergebnisse dem TLLV. Sofern das Produkt auch außerhalb Thüringens vertrieben wird, leitet das TMSFG die Meldung umgehend an das BVL zur Einstellung in das Europäische Schnellwarnsystem weiter. Damit wird sichergestellt, dass das Produkt europaweit aus dem Verkehr genommen wird Von Thüringen ausgehende Meldungen Bei der Begutachtung der in Thüringen entnommenen Proben im TLLV wurde bei 13 Lebensmitteln und bei drei Bedarfsgegenständen ohne Lebensmittelkontakt festgestellt, dass eine gesundheitliche Gefahr für den Verbraucher nicht ausgeschlossen werden kann. In einigen Fällen war das beanstandete Produkt nur lokal in den Handel gelangt und die gesamte Charge konnte durch Vollzugsmaßnahmen der örtlich zuständigen VLÜÄ aus dem Verkehr gezogen werden. Hierbei handelte es sich um Beanstandungen der folgenden Produkte: Knackwurst, die bakteriell mit Listeria monocytogenes kontaminiert war, Salatmischung aus Endiviensalat, Karotte, Radicchio und Weißkohl, in welcher Salmonellen nachgewiesen wurden, Rucolasalat, in dem Bestandteile der Fremdpflanze Gemeines Kreuzkraut festgestelllt wurden, Pflaumen mit einem zu hohen Gehalt an dem Pflanzenschutzmittelrückstand Procymidon, Rosinen mit kantig hartem Fremdkörper, 61

63 Amtliche Lebensmittelüberwachung getrocknete Feigen wegen Überschreitung des Höchstgehaltes für Aflatoxin B1, gleichzeitig war die Höchstmenge für die Summe aller Schimmelpilzgifte überschritten, Kinder-Überraschungseier, bei denen die Schokolade mit organischen Bestandteilen, hauptsächlich mit Cyclohexanon, kontaminiert war, Weizen mit erhöhtem Aluminiumgehalt, flüssige Süßware Candy Spray, die den für diese Warengruppe nicht zugelassenen Zusatzstoff Cyclamat als Süßungsmittel enthielt, Kunststoffbälle im Netz mit Weichmacheranteil und Bleilässigkeit im Material der Spielware. In den folgenden Fällen musste eine Mitteilung an das BVL zur Einstellung in das Schnellwarnsystem weitergegeben werden, weil sich das Produkt auch außerhalb Thüringens im Handel befand. Dies betraf: Blaumohn mit einem zu hohen Morphingehalt, gefrorenes Hirschfleisch mit Insektenbefall und veränderten organoleptischen Eigenschaften, Kartoffelsalat sowie Weichkäse mit Paprika und Chili, in denen Glassplitter festgestellt wurden, Lederhandschuhe und Baseballmützen, die unter Verwendung verbotener Azofarbstoffe hergestellt oder behandelt wurden In Thüringen zu verfolgende Meldungen Im Jahr 2010 handelte es sich insgesamt um Mitteilungen der Europäischen Schnellwarnsysteme RASFF und RAPEX zu Produkten, die außerhalb Thüringens als potentiell gesundheitsgefährdend beanstandet wurden. Davon waren: 442 Lebensmittel nichttierischer Herkunft, 425 Lebensmittel tierischer Herkunft, 173 Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt, 464 Bedarfsgegenstände ohne Lebensmittelkontakt, einschließlich 200 Spielwaren, 121 kosmetische Mittel. Die Zahl der in den Schnellwarnsystemen übermittelten Warnungen vor nicht sicheren Produkten ist mit Mitteilungen im Vorjahr 2009 in etwa vergleichbar hoch. Nach der im TLLV vorgenommenen Einzelfallprüfung des Beanstandungsgrundes, der Produktbeschreibung und Kennzeichnung, der Vermarktungswege und der noch verbleibenden Haltbarkeitsdauer war bei 169 Mitteilungen nicht auszuschließen, dass gesundheitsschädliche Produkte in Thüringen im Handel sein könnten. Zum Auffinden dieser beanstandeten Produkte veranlasste das TLLV Kontrollaktionen der Lebensmittelkontrolleure in Thüringen. Dabei wurden in sieben Fällen beanstandete Erzeugnisse vorgefunden, weil die Rückrufaktion des Herstellers, Importeurs oder der Handelskette noch nicht wirksam geworden war. In diesen Fällen wurden die vorgefundenen Waren sichergestellt und deren Rückführung und unschädliche Beseitigung veranlasst. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Lebensmittel und Bedarfsgegenstände: Bauernmettwurst mit Salmonellen, Milch mit sensorischen und mikrobiologischen Abweichungen, Küchenutensilien aus China mit Formaldehyd, Trinkglas wegen Migration von Cadmium und Blei im Trinkrandbereich, Babyschuhe mit verbotenen Azofarbstoffen, Jeanshosen mit verbotenen Azofarbstoffen, Haarspange wegen Nickelabgabe. Die Kontrollergebnisse zu den übrigen 162 Schnellwarnmeldungen ergaben, dass die beanstandeten Produkte in Thüringen durch einen Rückruf des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers bereits aus dem Verkehr genommen worden waren. 5.6 Besondere Vorkommnisse (Auswahl) Erkrankungsgeschehen Im Jahr 2010 wurden von den Gesundheitsund Lebensmittelüberwachungsbehörden insgesamt 543 Erkrankungsgeschehen mit erkrankten Personen im Rahmen von Ermittlungen bei Gruppenerkrankungen geprüft. Im Vergleich zum Vorjahr 2009 ist mit 62

64 Verbraucherschutzbericht Erkrankungsmeldungen an die Überwachungsbehörden ein etwa gleichbleibender Stand festzustellen. Die Ermittlungskontrollen erfolgten in Groß- und Gemeinschaftsküchen, Gaststätten, Kindertagesstätten, Ferienlagern, Seniorenheimen und anderen sozialen Einrichtungen. Die Mehrzahl der Erkrankungen war wie im Vorjahr wieder auf Infektionen mit Noroviren und Rotaviren zurückzuführen. Hierbei war eine Übertragung durch Lebensmittel nicht vorrangig in Betracht zu ziehen. Im Rahmen der Ermittlungen und Untersuchung von Rückstellproben konnten bei Erkrankungsgeschehen nur in wenigen Fällen die Erkrankungsursachen einem Lebensmittel zugeordnet werden. In 20 Fällen wurden lebensmittelbedingte Ursachen mit insgesamt 89 Erkrankten vermutet. Dabei handelte es sich entweder um Familienerkrankungen oder Erkrankungen einzelner Personen, bei denen der Nachweis krankmachender Bakterien bei den erkrankten Personen gelang. Nur in einem Fall konnte der direkte Bezug zu Lebensmitteln sicher hergestellt werden. Anfang Februar erkrankten drei Personen einer Familie nach dem Verzehr von Speisen in einem Chinarestaurant an Durchfall und Erbrechen. Alle drei Erkrankten hatten die gleiche Vor- und Hauptspeise Wan-Tan und gebackene Hühnerbrust mit Reis gegessen. Am darauffolgenden Tag kontrollierte das zuständige VLÜA das Restaurant. Bei der Kontrolle wurden Hygienemängel hinsichtlich Sauberkeit und Warenpflege festgestellt. In der Restaurantküche gab es starke Fettablagerungen auf Arbeitsflächen, Wänden und dem Fußboden, die Reinigungslappen waren stark verschlissen. Gekochter Reis, Soße und Suppe mit Entenfleisch wurden ohne Kühlung bei 10 C gelagert vorgefunden. Diese Lebensmittel waren bereits drei Tage zuvor hergestellt worden. Von den Lebensmitteln gekochter Reis, Soße und Suppe mit Entenfleisch wurden Verdachtsproben entnommen und zur Untersuchung an das TLLV eingesandt. Die Reste der beprobten Lebensmittel wurden auf Anweisung des VLÜA entsorgt. Des Weiteren wurden in der Küche zehn Tupferproben von Arbeitsflächen und Gerätschaften entnommen. In den Tupferproben fanden sich Streptokokken, Staphylokokken und Coliforme Keime. Im gekochten Reis konnten Streptokokken und Coliforme Keime nachgewiesen werden. Coliforme Keime sind Bakterien, die in Lebensmitteln auf Verschmutzung fäkalen Ursprungs und Hygienemängel hinweisen. Aufgrund des Nachweises lebensmittelverderbender Bakterien in Tupferproben und im Lebensmittel ist von einem lebensmittelbedingten Erkrankungsgeschehen auszugehen. Das VLÜA verhängte ein Bußgeld in Höhe von 400 Euro und führte kostenpflichtige Nachkontrollen durch. Ein weiteres Erkrankungsgeschehen ereignete sich im Juli 2010, bei dem insgesamt 49 Erkrankungsfälle aufgetreten waren. Am 16. Juli 2010 zeigten zunächst vier Kinder in einem Ferienpark Erbrechen, Magenkrämpfe, Durchfall und Kreislaufschwäche. Das Ferienlager wird durch eine eigene Großküche versorgt. Am Abend erkrankten weitere Kinder und die Lage spitzte sich dramatisch zu. Um 23 Uhr wurde der Notarzt hinzugezogen und um Uhr der Leiter des Rettungsdienstes vor Ort gerufen. Im großen Speisesaal wurde ein Behandlungs- und Sammelplatz eingerichtet. Außerdem wurden Sanitätszüge des Katastrophenschutzes angefordert. Insgesamt waren 36 Einsatzkräfte, zwei Ärzte und die Polizei vor Ort tätig. In der Nacht mussten 32 Kinder in den umliegenden Krankenhäusern aufgenommen werden. Zahlreiche Medienvertreter hatten sich zur Berichterstattung vor Ort eingefunden. Das Ferienlager wurde geschlossen, die Anreise neuer Gäste storniert und die Abreise aller noch Gesunden veranlasst. Das Befinden vieler erkrankter Kinder besserte sich rasch und sie konnten bald von ihren Eltern aus den Krankenhäusern abgeholt werden. Die Amtsärztin und ihre Mitarbeiter kontrollierten alle betroffenen Ferienbungalows, Duschen, Toiletten und den Speisesaal. Sie konnten keine gravierenden Mängel nachweisen. Die Mitarbeiter des VLÜA entnahmen zur Untersuchung 18 Lebensmittelproben sowie 20 Tupferproben in der Küche und im Lager. In keiner der Proben waren Krankheitserreger nachweisbar. Das Krankenhaus meldete am 17. Juli 2010 den Befund von Noroviren an die Amtsärztin. Das Erkrankungsgeschehen konnte als ursächlich viralen Ursprungs und nicht lebensmittelbedingt aufgeklärt werden Verkehrsverbote und Sicherstellungen Als besondere Vorkommnisse werden im Folgenden Verkehrsverbote und Sicherstel- 63

65 Amtliche Lebensmittelüberwachung lungen der VLÜÄ im Jahr 2010 beispielhaft genannt: Tabelle 10 gibt eine Zusammenfassung über amtlich aus dem Verkehr gezogene Lebensmittel und Bedarfsgegenstände im Jahr Tabelle 10: Aus dem Verkehr gezogene Lebensmittel und Bedarfsgegenstände Produkt Fleisch, Fleischerzeugnisse, Wurstwaren Milchprodukte, Käse Mengen in kg Gemüseerzeugnisse Stückware Süßwaren Bedarfsgegenstände mit Hautkontakt Einzelfallbeispiele: Im Rahmen der Überwachungstätigkeit wurden in einem Schlachthof kg Rind- und Schweinefleisch aus dem Verkehr gezogen. An diesem Fleisch zeigten sich Verfärbungen, Konsistenzveränderungen, Brühschäden und Geruchsabweichungen Ein Lebensmittelunternehmer hat bei ihm angelieferten kg tiefgefrorenem Hirschfleisch Verunreinigungen mit Kotpartikeln, Futterpartikeln und Haarbüscheln festgestellt. Das benachrichtigte VLÜA hat das Fleisch sichergestellt und Proben entnommen. Außer den erheblichen sensorischen Mängeln wurden erhöhte Keimzahlen ermittelt. Das Fleisch stammte aus Spanien. Es wurde unschädlich beseitigt. Drei Tonnen kühlpflichtige Lebensmittel tierischer Herkunft, insbesondere Milchprodukte sowie Fisch und Fleischerzeugnisse, befanden sich zur Zeit der Kontrolle durch die Lebensmittelüberwachungsbehörde ohne ausreichende Kühlung in einer Verkaufsstätte. Die Kühleinrichtung war ausgefallen. Die Entsorgung der kühlpflichtigen Waren wurde angeordnet. Im Rahmen eines Zulassungsverfahrens bei einem Herstellerbetrieb wurde in einem feuchten Lagerraum kg Rotkohl mit Schimmelbefall vorgefunden. Die Verarbeitung wurde untersagt und die Entsorgung des Rotkohls durch den Lebensmittelunternehmer veranlasst. 20 kg Fleischzubereitungen wurden aus dem Verkehr genommen, da die Ware ohne jegliche Kühlung im LKW vom Herstellerbetrieb bis zur Verkaufsfiliale bei warmen sommerlichen Außentemperaturen transportiert worden war. Im Rahmen einer betrieblichen Eigenkontrolle eines Herstellerbetriebes wurde Käse zur mikrobiologischen Untersuchung eingesandt. Dabei sind Bakterien der Gattung Listeria monocytogenes nachgewiesen worden. Diese Keime können grippeähnliche Krankheitssymptome verursachen und bei Schwangeren zu Schäden des ungeborenen Kindes führen. Es wurde ein Verkehrsverbot für 70 kg Käse angeordnet. Bei der Nachkontrolle eines Imbissbetriebes wurde erneut ein unsauberer Zustand vorgefunden. Aus dem Tiefkühlschrank wurden insgesamt 25 kg überlagerte, nicht gekennzeichnete, angetaute oder nicht verpackte Lebensmittel entfernt. Aufgrund des Nachweises von Salmonellen wurden 360 kg Rohwürste (Bratwurstring und Pfefferbeißer) in einem Betrieb sichergestellt und unschädlich beseitigt. Im Rahmen der Fleischuntersuchung wurden aufgrund der Grenzwertüberschreitung für die Radioaktivität sechs in Süd-Thüringen geschossene Wildschweine für den Verkehr nicht freigegeben. Bei einer flüssigen Süßware (Candy Spray) wurde der für diese Ware nicht zugelassene Süßstoff Cyclamat festgestellt Stück Candy Spray wurden beim Importeur der Ware sichergestellt. Aufgrund eines betrieblichen Rückrufes wurde die Vernichtung von Herren-Slips vom Großhändler veranlasst. Bei einer Probe dieser Ware waren verbotene Azofarbstoffe festgestellt worden. 64

66 Verbraucherschutzbericht Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung Die landwirtschaftliche Produktion dient der Gewinnung unbedenklicher Lebensmittel auf hohem Leistungs- und Qualitätsniveau bei gleichzeitiger Berücksichtigung sonstiger Erfordernisse z. B. der Ökologie oder des Tierschutzes. Gesunde, leistungsfähige Tiere sind eine wesentliche Voraussetzung für qualitativ hochwertige Produkte. Eine stabile Tiergesundheit dient darüber hinaus auch dem Verbraucherschutz. Sie trägt zur wirtschaftlichen Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe bei und sichert somit auch Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Die Sicherung der Tiergesundheit und der Schutz vor Tierseuchen sind zentrale Punkte im gesamten Komplex der Haltung und Pflege landwirtschaftlicher Nutztiere. Der Schutz des Menschen vor vom Tier auf den Menschen übertragbaren Infektionskrankheiten (sogenannten Zoonosen) ist darüber hinaus wesentlicher Teil des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Jeder Tierhalter ist durch die bestehenden rechtlichen Bestimmungen verpflichtet, für ein angemessenes Wohlbefinden der von ihm gehaltenen Tiere zu sorgen und krank machende Einflussfaktoren von den Tieren so weit wie möglich fernzuhalten. Dies beinhaltet auch die Verpflichtung, vorbeugende Maßnahmen zum Schutz der Tiere vor Infektionskrankheiten und Tierseuchen zu ergreifen. Die Vorbeugemaßnahmen beginnen bereits vor der Geburt des Tieres und enden mit der gefahrlosen Beseitigung der toten Tiere bzw. Kadaverteile. 6.1 Gesundheit landwirtschaftlicher Nutztiere Hohe Leistungen der Tiere sind nur bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen zu erzielen. Neben dem genetischen Leistungspotential sind gutes betriebliches Management, Sicherstellung der bestmöglichen Betreuung der Tiere und Schaffung einer stabilen Herden- und Einzeltiergesundheit die Basis für eine gute Leistungsentwicklung der Tiere. Die Erhaltung und Stabilisierung der Gesundheit der Tiere ist zur tragenden Säule in der Erzeugung von Lebensmitteln tierischer Herkunft geworden. Dem Tierhalter kommt dabei eine zentrale Verantwortung zu. Unterstützend helfen Tierärzte mit geeigneten Maßnahmen bei der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten. Der gesundheitliche Verbraucherschutz ist auch im Freistaat Thüringen eine wichtige öffentliche Aufgabe. Die Förderung der Tiergesundheit, der Tierschutz und der Verbraucherschutz stehen dabei in unmittelbarem Zusammenhang. Durch Schaffung optimaler Haltungsbedingungen kann dem Eintrag von Krankheitserregern in die Nahrungsmittel vorgebeugt werden. Da der Schutz der menschlichen Gesundheit vor Infektionskrankheiten, die direkt oder indirekt zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können (Zoonosen), von höchster Bedeutung ist, müssen insbesondere durch Lebensmittel übertragene Zoonosen verhindert werden. Damit kann wirtschaftlichen Schäden in der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie, die lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche beim Menschen nach sich ziehen können, vorgebeugt werden. Aus diesem Grund werden bestimmte Krankheiten bei Tieren (Tierseuchen) staatlich überwacht und Bekämpfungsstrategien gegen diese Tierseuchen entwickelt. Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten mit Erfolg seine Tierbestände hinsichtlich einiger wichtiger zwischen Tier und Mensch übertragbarer Krankheiten sanieren können, beispielhaft seien die Tuberkulose des Rindes oder die Brucellose genannt. Deutschland gilt neben einigen anderen EU-Mitgliedsstaaten seit vielen Jahren als tuberkulose- und brucellosefrei. Aufgrund des weltweiten Handels- und Reiseverkehrs ist die Gefahr eines Eintrags von gefährlichen Erregern in die Tierbestände besonders zu beachten. Die tiergesundheitlichen Schwerpunkte, die im Blickwinkel der Behörden stehen, wechseln je nach aktueller Seuchensituation bzw. gesundheitspolitischer Zielstellungen. Gegenwärtig wird z. B. der Bekämpfung von Salmonelleninfektionen in Geflügel- und Schweinebeständen, die Ursache von lebensmittelbedingten Erkrankungen des Menschen sein können, EU-weit große Bedeutung beigemessen. Die VLÜÄ der Landkreise und kreisfreien Städte sind die zuständigen Behörden für die tierseuchenrechtliche Überwachung der Tierbestände, die Einhaltung tierschutzrechtlicher Mindestanforderungen sowie lebensmittelund arzneimittelrechtlicher Bestimmungen. 65

67 Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung Sie werden dabei vom TLLV sowie von den Tiergesundheitsdiensten der Thüringer Tierseuchenkasse fachlich unterstützt. Die Tiergesundheitsstrategie der Europäischen Union für die Jahre 2007 bis 2013, die unter dem Motto Vorbeugen ist die beste Medizin steht, rückt verstärkt prophylaktische Maßnahmen in den Mittelpunkt. Damit sollen die Risiken für die Gesundheit der Tiere gesenkt und gleichzeitig ein hohes Niveau der Lebensmittelsicherheit und der öffentlichen Gesundheit gewährleistet werden. Eine wichtige Säule der Tiergesundheitsstrategie sieht die EU auch in Wissenschaft und Forschung. Ein qualifiziertes Tiergesundheitsmanagement erfordert solides Fachwissen bei Landwirten und Tierärzten. In Thüringen werden sowohl durch die Landestierärztekammer, landwirtschaftliche Bildungsträger als auch ansässige Forschungseinrichtungen Kurse und Projekte zur Ausund Weiterbildung aller in der Landwirtschaft Beschäftigten und Tätigen angeboten. 6.2 Amtliche Überwachung der Tiergesundheit und Tierseuchenschutz Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der 21 kommunalen VLÜÄ der Landkreise und kreisfreien Städte führen die Überwachung der tierseuchenrechtlichen Bestimmungen einschließlich der Maßnahmen des Tierhalters zum Tierseuchenschutz und der gefahrlosen Beseitigung von Tierkörpern und Tierkörperteilen durch. Diese Aufgaben werden derzeit von 66 Amtstierärztinnen und Amtstierärzten sowie zusätzlich von ein bis drei Tiergesundheitskontrolleuren pro Landkreis (Stand: 31. Dezember 2010) wahrgenommen. Die Mitarbeiter dieser Behörden überprüfen in diesem Rahmen insbesondere die Einhaltung der dem Tierhalter durch die Gesetze der Europäischen Union, der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaates Thüringen auferlegten Verpflichtungen für die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere. Darüber hinaus werden auch gewerbliche Einrichtungen, z. B. Viehsammelstellen, Tiertransportunternehmen, Viehhändler, Biogasanlagen und Verarbeitungsbetriebe kontrolliert und die Einhaltung der geltenden rechtlichen Bestimmungen überprüft. Bei diesen Vor-Ort-Kontrollen werden u. a. der Gesundheitszustand, die Haltungsbedingungen sowie die Kennzeichnung und Registrierung der Tiere, aber auch die Einhaltung der Nachweispflichten über den Bezug und die Abgabe von Arzneimitteln, die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen gegen bestimmte Tierseuchen und die Einhaltung der Bedingungen für das Betreiben bestimmter technischer Anlagen kontrolliert. Die Zuständigkeit der VLÜÄ erstreckt sich neben dem Tierseuchenschutz auch auf die Bereiche Tierschutz, Lebensmittelüberwachung und Umgang mit Tierarzneimitteln. Die behördliche Überwachungstätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zur Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit dient dabei in erster Linie dem gesundheitlichen Verbraucherschutz. Um einen einheitlichen Standard bei den Kontrollen zu sichern, wurde in den kommunalen Behörden der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt. Die Dokumentation aller Überwachungsdaten erfolgt unter Nutzung einer Fachsoftware in einer Datenbank. In dieser Datenbank haben die VLÜÄ zum 31. Dezember 2010 insgesamt Tierbestände bei Thüringer Tierhaltern erfasst (Tabelle 11). Tabelle 11: Tierbestände in Thüringen nach Nutztierarten Art der Haltung Anzahl Geflügelhaltungen Schafhaltungen Schweinehaltungen Rinderhaltungen Ziegenhaltungen Halter von Bienenvölkern Halter sonstiger Tiere Equidenhaltungen Fischhaltungen 569 Kaninchenhaltungen

68 Verbraucherschutzbericht 2010 Abbildung 46: Schweinehaltung auf Stroh Bei den Haltern sonstiger Tiere handelt es sich z. B. um Gehegewildhaltungen (Dam-, Rot-, Schwarz- und Rehwild) und Laufvogelhaltungen (Strauße, Nandus, Emus). Die VLÜÄ kontrollieren die Tierhaltungen in ihrem Zuständigkeitsbereich auf Grundlage verschiedener gesetzlicher Bestimmungen zum Tierseuchen-, Tierschutz-, Lebensmittelund Arzneimittelrecht. Diese Vor-Ort- Kontrollen finden zum einen regelmäßig auf Basis einer Risikoanalyse statt oder als Anlasskontrolle infolge eines Verdachtes auf einen Rechtsverstoß oder aufgrund anderer Hinweise. Der Kontrollumfang kann dabei vom ausschließlichen Bereich der Tierseuchenbekämpfung bis zu einer kompletten Kontrolle aller relevanten Rechtsbereiche (z. B. auch Tierschutz, Lebensmittel- und, Arzneimittelrecht) variieren. Bei den in Tierhaltungsbetrieben durchgeführten Kontrollen im Jahr 2010 wurden 878 Verstöße festgestellt. Die häufigsten Beanstandungen waren dabei die mangelhafte Tierkennzeichnung (fehlende Ohrmarken), Dokumentationsmängel im Bestandsregister und fehlende Dokumente beim Tierzukauf (z. B. Gesundheitsatteste). In 14 Fällen wurden Verstöße gegen rechtliche Bestimmungen betreffs unschädlicher Beseitigung toter Tiere und des Umgangs mit tierischen, nicht für den menschlichen Verkehr bestimmten Nebenprodukten ermittelt. Gründe für Beanstandungen waren unzureichende Dokumentation im Betrieb, mangelhafte Einhaltung von Hygienebestimmungen sowie Probleme bei der Schädlingsbekämpfung. Als Voraussetzung für den Handel mit Nutztieren oder bestimmten Waren tierischer Herkunft ist je nach Ausdehnung des Betätigungsfeldes eine Zulassung nach nationalem oder EU-Recht notwendig. In Thüringen sind 40 Viehhändler, 38 Transporteure und vier Sammelstellen für den nationalen Handel zugelassen. Weitere vier Sammelstellen, sechs Viehhandelsunternehmen und ein Händlerstall besitzen eine Zulassung für den innergemeinschaftlichen Handel mit Tieren. Außerdem sind sechs Zoos/Wildparks, je zwei Besamungsstationen für Schweine und Rinder, eine Embryotransferstation, zwei Quarantänestationen für Vögel und fünf Geflügelhaltungsbetriebe für den Handel in der EU zugelassen. Alle diese Betriebe und Tierhaltungen wurden 2010 mindestens einmal kontrolliert. Bei 69 durchgeführten Kontrollen auf Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen gemäß nationalem und EU-Recht wurden acht Verstöße festgestellt. Im Einzelnen handelte es sich um ungenügende Dokumentation in den zugelassenen Betrieben, wie z. B. die mangelhafte Erfassung der Adressen von Lieferanten oder Empfängern und fehlende Impfnachweise. Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ist die Gewährung von Direktzahlungen der EU an landwirtschaftliche Betriebsinhaber seit dem Jahr 2005 auch an die Einhaltung von Vorschriften in den Bereichen Umwelt, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit sowie Tiergesundheit und Tierschutz (Cross Compliance) geknüpft. Die Einhaltung dieser sogenannten anderweitigen Verpflichtungen wurde Teil der Regelungen der gemeinsamen Marktorganisation. Verstöße gegen diese Vorschriften führen zu einer Kürzung der Direktzahlungen. Bei den im Rahmen von Cross Compliance 933 durchgeführten Kontrollen gab es 275 Verstöße gegen die Einhaltung der sogenannten anderweitigen Verpflichtungen. Diese bezogen sich für den Bereich der Tierseuchenüberwachung hauptsächlich auf Mängel bei der vorgeschriebenen Tierkennzeichnung, bei den Meldungen zum Tierbestand in die Datenbank HI-Tier (HIT) und bei den Registrierungspflichten zum Tierbestand. Die Überwachung des Handels mit lebenden Tieren und tierischen Produkten erfolgt innerhalb und teilweise auch außerhalb der EU (z. B. Schweiz) softwarebasiert mittels des Systems Trade Control and Expert System (TRACES). Bei der Abfertigung von lebenden Tieren ist ein Amtstierarzt vor Ort und stellt ein Gesundheitszeugnis im TRACES aus. 67

69 Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung Zusätzlich finden stichprobenartige, nicht diskriminierende Kontrollen bei der Abfertigung von tierischen Produkten und bei der Ankunft von Sendungen (Tiere, Produkte) statt. Insgesamt wurden über TRACES 598 Verbringungen von Tieren und tierischen Produkten gemeldet. In 98 Fällen wurden Kontrollen von den VLÜÄ im TRACES dokumentiert. Dabei wurden in 39 Fällen Fehler in der Dokumentation sowie ungenügend oder unkorrekt ausgefüllte Zertifikate, insbesondere fehlerhafte Angaben von Gesetzesquellen, als Zertifizierungsgrundlage festgestellt. 6.3 Ausgewählte auf Menschen übertragbare Tierkrankheiten Psittakose und Ornithose bei Zierund Nutzgeflügel Infektionen mit den sich in Körperzellen vermehrenden Bakterien der Spezies Chlamydophila psittaci können verschiedene Tierarten und den Menschen betreffen. Eine Chlamydophila-psittaci-Infektion bei Papageien (Abbildung 47) und Sittichen (Psittaciden,) wird als Psittakose bezeichnet. Sind andere Wild- oder Ziervögel bzw. andere Geflügelarten von einer Infektion betroffen, wird diese als Ornithose bezeichnet. Es besteht Meldepflicht für die Labore beim Nachweis derartiger Infektionskrankheiten. In Abhängigkeit von der krankmachenden Eigenschaft der Stämme, der Infektionsdosis und dem Immunstatus der Tiere sind bei Vögeln sowohl akute tödliche, aber auch symptomlose (häufigste Form bei erwachsenen Vögeln) Krankheitsverläufe möglich. Unter den Nutzgeflügelarten sind insbesondere Puten, Enten und Gänse von schweren Symptomen bis hin zu akuten Todesfällen betroffen, während bei Hühnern und Tauben eine Infektion mit Chlamydophila psittaci vorrangig bei Jungtieren zu Verlusten führt. Eine Infektion erfolgt vorrangig durch das Einatmen/Inhalieren von erregerhaltigem Staub. Nach der Vermehrung des Erregers in den Atemwegen treten meist nach ein bis vier Wochen erste Krankheitssymptome auf. Infektionen des Menschen sind durch ein eher uncharakteristisches Krankheitsbild mit grippeähnlichen Symptomen, Fieber, atypischen Lungenentzündungen, aber auch Bindehautentzündungen und Kreislaufstörungen gekennzeichnet. Betroffen sind vorwiegend Personengruppen, die direkten Kontakt zu Geflügel haben (Hobbytierhalter, Tierärzte und Tierpfleger). Eine Behandlung kann mit Antibiotika erfolgen. Alle bekannten Varianten des Erregers, die beim Vogel gefunden wurden, können auch den Menschen krank machen. Im Jahr 2010 wurden 234 Proben von Zierund Nutzgeflügel untersucht. Bei zwei Tauben und 18 Proben von Psittaciden konnte Chlamydophila-psittaci-Genom nachgewiesen werden. Abbildung 47: Graupapagei (Psittacus erithacus) Verbreitung und Bedeutung von Kuhpocken unter Wild- und Haustieren in Thüringen Kuhpockenviren werden den Orthopockenviren (Orthopoxvirus [OPV]) zugeordnet, zu denen eine Reihe eng miteinander verwandter Erreger, wie das Variola-Virus (Erreger der Menschenpocken), das Vacciniavirus (Impfpockenvirus), das Kamelpockenvirus und das Affenpockenvirus (anzeigepflichtig) gehören. Für Menschen sind diese Viren unterschiedlich krankheitsauslösend. Kuhpockenviren besitzen, wie auch das Variola-Virus und das Affenpockenvirus, ein relativ breites Wirtsspektrum. Kuhpocken waren lange Zeit bei Rindern weit verbreitet, wurden allerdings in den letzten Jahren nicht mehr beschrieben. Zunehmend betroffen sind Katzen, Zoo- und Wildtiere, sowie Nagetiere (Ratten und Mäuse), wobei den wildle- 68

70 Verbraucherschutzbericht 2010 benden kleinen Nagern große Bedeutung als natürliches Virusreservoir zu kommt. Freilaufende Katzen können sich an ihren Beutetieren infizieren und entwickeln in Abhängigkeit von ihrem Immunstatus mehr oder weniger stark ausgeprägte Hautveränderungen. Ratten weisen vor allem im Kopfbereich (Maul, Nase, Ohren) und an den Pfoten Hautveränderungen und Pockenpusteln auf. Symptomlose bis tödliche Verläufe sind möglich. Bei Zootieren werden oft schwere und sehr häufig tödliche Verläufe beobachtet. Betroffene Tiere scheiden massiv OPV aus. Durch engen Kontakt mit infizierten Tieren (Schmusen, Streicheln) kann der Erreger auch auf den Menschen übertragen werden, wobei eine saisonale Häufung im Spätsommer und Herbst beobachtet wird. Als Krankheitssymptome beim Menschen können Fieber, grippeähnliche Symptome, Lymphknotenschwellung und Hautveränderungen auftreten. Besonders gefährdet sind vor allem Säuglinge und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem oder anderen Hauterkrankungen. Nach der Abheilung entwickelt sich eine gute stabile Immunität. Menschen, die gegen Pocken geimpft wurden, zeigen meist nur schwache Krankheitssymptome. Diagnostisch können OPV mittels Bruteianzüchtung, Elektronenmikroskopie oder molekularbiologischen Verfahren nachgewiesen werden. Am TLLV wurde als Ergänzung zur klassischen Bruteianzüchtung ein molekularbiologisches Verfahren (Polymerasekettenreaktion, [PCR]) zum Nachweis von Orthopockenviren etabliert wurden in zwei Thüringer Landkreisen OPV nachgewiesen. Es handelte sich hier jeweils um klinische Verdachtsfälle. In einem Landkreis waren freilaufende/streunende Katzen und Waschbären (Abbildung 48), im anderen Landkreis Zootiere (Affen) betroffen. Abbildung 48: Waschbär (Procyon lotor) mit Hautlässionen an Maul und Vordergliedmaße 69

71 Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung Hautpilze (Dermatomykosen) bei Haus-, Heim- und Nutztieren Eine besondere Gefährdung des Menschen durch Dermatophyten (Hautpilze) besteht, wenn infizierte Tiere z. B. Hunde und Katzen, aber auch Pferde eine enge soziale Bindung zum Menschen haben. Das klinische Erscheinungsbild geht bei Hautpilzen der Gattung Trichophyton (Abbildung 49) sowohl beim Tier als auch beim Mensch mit Schuppen- und Borkenbildung der Haut einher. Dagegen wird bei Infektionen durch den Hautpilz Microsporum in der Regel kreisrunder Haarausfall beobachtet. Durch den häufig vorliegenden Juckreiz betroffener Stellen werden infolge Kratzen und Scheuern Infektionen leicht auch auf weitere Körperstellen (z. B. Nagelbett) übertragen und die Fortpflanzungsstadien der Hautpilze in der Umgebung verteilt. Im Jahr 2010 wurden aus insgesamt 44 eingesandten Proben (Hautgeschabsel klinisch auffälliger Tiere) zwölf Dermatophyten, neun Hefen (Malassezia spp.) und einmal Schimmelpilze isoliert. Somit wurden in etwa 27 % der Gesamtprobenzahl Hautpilze und in etwa 20 % Hefen (Malassezia spp.) nachgewiesen. Es zeigten sich deutliche tierartspezifische Unterschiede. Am häufigsten wurde der Hautpilz Trichophyton verrucosum (Abbildung 50), bei Rindern nachgewiesen. Trichophyton equinum und Trichophyton mentagrophytes wurden nur beim Pferd, Microsporum canis nur bei der Katze und Trichophyton schoenleinii nur beim Hund isoliert. Abbildung 49: Trichophyton verrucosum, ca. achtwöchige Kultur auf Sabouraud- Agar, an den Kolonierändern ist das typische Wachstum in den Agar hinein sichtbar Abbildung 50: Prozentuale Verteilung der positiven Dermatophytenbefunde 70

72 Verbraucherschutzbericht Kleiner Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) Der Kleine Fuchsbandwurm (Echinococcus (E.) multilocularis) ist ein beim Fuchs häufig anzutreffender Parasit. Endwirte sind neben dem Fuchs gelegentlich Hund oder Katze. Als Zwischenwirte kommen Wühlmäuse und selten auch andere Nager vor. Infektionen des Menschen äußern sich als alveoläre Echinokokkose, die durch das Larvenstadium des Kleinen Fuchsbandwurms verursacht wird. Die Infektion gilt als eine gefährliche parasitäre Zoonose in Mitteleuropa. Nach einer meist langen Inkubationszeit (Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch der Erkrankung) von zehn bis 15 Jahren ist die Erkrankung gekennzeichnet durch ein tumorähnliches Wachstum der Parasitenstadien besonders in der Leber. Im Spätstadium der Erkrankung kann es auch in anderen Organen (z. B. Gehirn) zu krankhaften Veränderungen kommen. Der schwere klinische Verlauf und der große Aufwand für die meist lebenslang notwendige therapeutische Behandlung charakterisieren die Bedeutung der Erkrankung. Durch den Fuchs werden die Eier des Bandwurms mit dem Kot ausgeschieden. Da aber auch Hunde und Katzen Träger sein können, ist eine potentielle Ausscheidung von Eiern auch bei diesen Tieren möglich, sofern sich diese Tiere vorher infizierten. In der Biologie des Parasiten ist der Mensch nur ein sehr wenig geeigneter Zwischenwirt (so genannter Fehlwirt). Er infiziert sich durch die Aufnahme von mit dem Kot des Endwirts ausgeschiedenen, infektionsfähigen Eiern des Bandwurms. Als Hauptrisikofaktor für den Menschen gilt der Umgang mit dem Fuchs, aber auch die bodennahe Vegetation (Waldfrüchte, Pilze und Gemüse) wird als Infektionsquelle diskutiert. Das Verbreitungsgebiet von E. multilocularis beschränkt sich auf die nördliche Halbkugel. In Deutschland wurde der Fuchsbandwurm bisher in allen Ländern nachgewiesen. Untersuchungen zum Vorkommen und der Verbreitung von E. multilocularis in Thüringen werden seit seinem ersten Nachweis beim Fuchs 1990 sehr intensiv durchgeführt. Zur Überwachung der epidemiologischen Situation erfolgt bei den zur Tollwutuntersuchung eingesandten Füchsen gleichzeitig auch eine Untersuchung auf E. multilocularis. Insgesamt wurden Füchse im Jahr 2010 auf E. multilocularis untersucht. Bei 416 (34,5 %) der untersuchten Füchse wurde der Parasit nachgewiesen. Das Vorkommen innerhalb Thüringens ist jedoch sehr unterschiedlich und differiert selbst innerhalb eines Landkreises stark (Abbildung 51). Während im Landkreis Sömmerda bei nur 5,5 % der untersuchten Füchse E. multilocularis nachgewiesen wurde, waren im Ilm-Kreis 51,7 % und im Randgebiet der Stadt Eisenach sogar 75 % der Füchse betroffen. Vorbeugende, hygienische Maßnahmen sind aufgrund der Gefährlichkeit der Erkrankung besonders wichtig und stellen die einzige Schutzmöglichkeit dar. Werden Füchse tot aufgefunden oder bei der Jagd erlegt, dürfen sie nur mit Plastikhandschuhen angefasst werden. Die Kadaver müssen für den Transport in Plastiksäcke verpackt werden. Danach sind stets die Hände gründlich zu waschen, auch wenn Schutzhandschuhe getragen wurden. Hunde, die sich in Fuchsbauten aufgehalten haben, sollten ausgiebig geduscht werden. Waldfrüchte, wie Beeren und Pilze, sowie auch jegliches Gemüse und Fallobst müssen vor dem Verzehr gründlich gewaschen und wenn möglich gekocht werden. Es ist zu beachten, dass normales Tiefgefrieren bei -20 C die Eier von E. multilocularis nicht abtötet. Die Eier verlieren erst bei -80 C ihre Lebensfähigkeit. Eine monatlich wiederholte Entwurmung von Katzen und Hunden dient dem Schutz des Tierbesitzers vor Einschleppung des Bandwurmes in den Wohnbereich. 71

73 Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung Abbildung 51: Vorkommen und Verbreitung von Echinococcus multilocularis in Thüringen 6.4 Schutz der Tierbestände vor Tierseuchen Tierseuchen sind durch spezifische Erreger ausgelöste Krankheiten, die oft eine hohe Ausbreitungstendenz zeigen und gravierende wirtschaftliche Folgen haben können. Als auslösende Erreger kommen Viren oder Bakterien, aber auch Parasiten und Pilze in Frage. Es lassen sich Verlaufsformen mit ganz unterschiedlichen Auswirkungen unterscheiden: hochansteckend (z. B. Maul- und Klauenseuche) mit hoher Erkrankungs- und/oder hoher Sterblichkeitsrate (z. B. Schweinepest, Tollwut) oder weniger ansteckend, langsamer verlaufend und mit geringerer Erkrankungsund Sterblichkeitsrate, (z. B. BHV-1, Varroatose, Bovine Virusdiarrhoe). Bei letzteren Erkrankungen stehen die wirtschaftlichen Verluste durch Leistungsabfall (z. B. Milchleistung) und andere indirekte Folgen im Vordergrund. Ziel der Tierseuchenbekämpfung ist es, die Tierhaltungen vor dem Eindringen solcher Erreger zu schützen. Im Falle des Auftretens von Tierseuchen müssen diese wirksam und rasch bekämpft werden, um die Weiterverbreitung zu verhindern und mögliche Infektketten zu unterbrechen. Für besonders gefährliche und/oder wirtschaftlich bedeutende Tierseuchen sind deshalb in verschiedenen Rechtsvorschriften Schutz- und Bekämpfungsmaßnahmen festgelegt. So sind u. a. im Tierseuchengesetz, im Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz und in den zahlreichen spezifischen Tierseuchen-Bekämpfungsverordnungen vorbeugende Vorschriften enthalten, die die Tierbestände vor der Einschleppung von Seuchen schützen sollen. Ein besonderes Risiko für die Einschleppung von Erkrankungen in Bestände stellen der Handel, Transport und sonstige Tierkontakte, so z. B. durch Zukauf, aber auch durch die Teilnahme von Tieren an Ausstellungen und Sportveranstaltungen dar. Durch den Reiseverkehr mit Heimtieren und durch das Mitbringen von Souvenirs oder Lebensmitteln aus Urlaubsländern besteht für die Haus- und Nutztiere in Thüringen eine ständige Gefahr der Infektion mit hier ansonsten unbekannten Erregern. 72

74 Verbraucherschutzbericht Reisen mit Heimtieren Im Rahmen der Globalisierung nimmt auch der weltweite Tourismus zu. Gleichzeitig hat sich die Stellung des Heimtiers in der Gesellschaft verändert und so besteht bei vielen Haltern von Klein- und Heimtieren der Wunsch, ihr Haustier auch in den Urlaub mitzunehmen. Grundsätzlich ist von Reisen mit Heimtieren, insbesondere in mediterrane oder tropische Gegenden abzuraten. Sowohl aufgrund der ungewohnten klimatischen Gegebenheiten, die die Infektanfälligkeit erhöhen können, als auch durch das in anderen Klimazonen vorkommende Keimspektrum besteht eine Infektionsgefahr sowohl für das reisende Tier, ggf. auch dessen Besitzer und letztlich auch die Gefahr einer Verschleppung von Krankheiten in einheimische Tierbestände bei der Rückkehr. Wenn Reisen mit einem Heimtier erfolgen sollen, sind für den Schutz der einheimischen Tierbestände vor Seuchen, aber auch der Infektionsprophylaxe des Einzeltieres und nicht zuletzt für den Verbraucherschutz einige wesentliche Rahmenbedingungen zu beachten. Die Bedingungen für das private Reisen mit Hunden, Katzen und Frettchen sind in der Europäischen Gemeinschaft einheitlich geregelt. In der Verordnung (EG) Nr. 998/ 2003 sind die Bedingungen für die Verbringung von Heimtieren zwischen den EU- Staaten und auch für die Einfuhr aus Drittländern in die EU definiert. Hauptsächliches Ziel der Verordnung ist ein verbesserter Schutz vor der Einschleppung und Verbreitung der Tollwut. Tollwut ist eine für Mensch und Tier tödlich verlaufende Infektionskrankheit. Deutschland sowie weite Teile West- und Nordeuropas sind aufgrund konsequenter Seuchenbekämpfungsmaßnahmen frei von dieser Erkrankung. Mit den gesetzlichen Regelungen soll dieser Status geschützt werden. Deshalb kategorisiert die Verordnung verschiedene Länder in Risikogruppen. In Abhängigkeit vom Vorkommen der Tollwut in dem Land, in das die Reise mit dem Heimtier gehen soll bzw. aus dem nach Deutschland eingereist wird, sind durch den Tierhalter unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich des individuellen Tollwutschutzes seines Tieres zu erfüllen. In jedem Falle ist eine individuelle Kennzeichnung des Einzeltieres durch einen Transponder (Mikrochip) und ein das Tier begleitendes Dokument (Heimtierpass) mit eingetragener, gültiger Tollwutschutzimpfung notwendig. Darüber hinaus können je nach Reiseziel Blutproben zum Nachweis des sicheren Impfschutzes oder auch bestimmte Parasitenbehandlungen notwendig sein. Auskünfte zu den individuell notwendigen Maßnahmen erteilt das jeweils örtlich zuständige VLÜA. Empfehlenswert ist auf jeden Fall eine rechtzeitige Reisevorbereitung, um die erforderlichenfalls einzuhaltenden Zeitabstände zwischen Impfung und Blutprobenentnahme gewährleisten zu können. Weitergehende Regelungen, u. a. die Verpflichtung für die mitreisenden Tiere ein amtstierärztliches Gesundheitsattest vorzulegen, gelten für das gewerbliche Verbringen von Heimtieren. Dies gilt immer dann, wenn mehr als fünf Tiere gleichzeitig, auch zu anderen als zu Handelszwecken, mit auf die Reise gehen. 6.5 Bekämpfung ausgewählter Infektionskrankheiten Ansteckende Blutarmut der Einhufer (ABE) Die ansteckende Blutarmut der Einhufer ist eine durch ein Virus hervorgerufene Erkrankung. Die namensgebende Blutarmut (Anämie) entsteht durch immunologische Veränderungen an den roten Blutkörperchen. Im Vordergrund des klinischen Geschehens stehen vor allem wiederkehrende Fieberschübe. Je nach Verlaufsform kann das Bild von akuten Todesfällen bis zu klinisch gesund erscheinenden Virusträgern ( asymptomatische Virusträger ) variieren. Besonders Letztere sind unter dem Gesichtspunkt der Seuchenbekämpfung bedeutsam, da ein einmal infiziertes Tier lebenslang das Virus in sich trägt und somit immer eine Gefahr für andere Pferde sein kann. Eine Behandlung der Erkrankung ist nicht möglich. Deshalb unterliegt die ABE auch der Anzeige- und Bekämpfungspflicht. Die Verordnung zum Schutz gegen die ansteckende Blutarmut legt die amtlichen Maßnahmen für den Fall der Feststellung dieser Tierseuche fest. Ziel der Bekämpfungsmaßnahmen ist die Eingrenzung des Seuchengeschehens und der Schutz noch nicht erkrankter Tiere. Identifizierte Virusträger müssen deshalb zwangsläufig getötet werden wurde in Deutschland in 27 Fällen das Virus der ansteckenden Blutarmut bei Einhu- 73

75 Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung fern nachgewiesen. Diese Seuchenfeststellungen erfolgten in Pferdehaltungen in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Im Rahmen der behördlichen Ermittlungen bei diesen Seuchenfällen waren auch Blutuntersuchungen bei Pferden in Thüringen, die z. B. in Pensionsställen mit den infizierten oder infektionsverdächtigen Tieren in Kontakt gekommen waren, notwendig. Alle Blutproben, die in diesem Rahmen bei Pferden in Thüringen genommen wurden, ergaben ein negatives Ergebnis. Neben diesen anlassbezogenen Untersuchungen wurden 2010 im TLLV auch Proben im Rahmen von Handelsuntersuchungen und Abklärungsuntersuchungen bei erkrankten Tieren durchgeführt.es wurden insgesamt 128 Blutproben von Einhufern auf Antikörper gegen das Virus der ansteckenden Blutarmut untersucht. Das ABE-Virus wurde in keinem Fall nachgewiesen. Als Untersuchungsmethode wird in Thüringen der Coggins-Test, ein Agargel-immundiffusionstest, angewendet (Abbildung 52). Abbildung 52: Coggins-Test (negativ) Die Ermittlungen zum Weg der Seucheneinschleppung haben in allen im Jahr 2010 festgestellten Fällen Zusammenhänge mit einem ABE-verseuchtem Gebiet in Rumänien ergeben. Hier ist die ansteckende Blutarmut der Einhufer mehr oder weniger stark verbreitet. Pferde aus diesen Gebieten, die meist illegal nach Deutschland verbracht wurden, sind - wie bereits in der Vergangenheit z. B. beim ABE-Ausbruch 2006 in Thüringen - Ansteckungsquelle für die heimischen Tiere gewesen Maul- und Klauenseuche (MKS) Die MKS ist eine hochansteckende Viruserkrankung, die Klauentiere (Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen) befallen kann. Erreger ist ein Aphthovirus. Es handelt sich um eine fieberhafte Allgemeinerkrankung. Das typische klinische Bild ist geprägt durch die Bildung von Bläschen und Erosionen auf den Schleimhäuten und den unbehaarten Teilen der Haut, insbesondere im Bereich des Maules und der Klauen. Beim Schaf verläuft die Erkrankung i. d. R. mit wenig ausgeprägten Symptomen, während Rinder meist die typische, beschriebene Symptomatik entwickeln. Die MKS ist noch in vielen Ländern Asiens, Afrikas und Südamerikas, aber auch in der Türkei verbreitet. Die Weiterverbreitung ist sehr leicht möglich, da das Virus sehr umweltresistent ist und sowohl durch direkten Tierkontakt, aber ebenso durch Personen, Fahrzeuge oder Produkte übertragen werden kann. Insbesondere stellen Fleisch, Milch oder andere Erzeugnisse von Klauentieren aus den genannten Risikogebieten eine große Gefahr dar. Die wirtschaftlichen Schäden bei Ausbruch der MKS in Klauentierbeständen sind erheblich. Deshalb sind die gesetzlichen Regelungen der EU und des Bundes strikt auf eine Verhinderung der Seucheneinschleppung und konsequente Tilgung des Seuchenherdes im Falle eines Ausbruchs ausgelegt. Jeder MKS-Ausbruch wird Auswirkungen auf die gesamte Land- und Fleischwirtschaft Deutschlands haben, da im Seuchenfall sofort umfassende Handelsbeschränkungen in Kraft treten werden. Um eine Einschleppung von Seuchen zu verhindern, gelten bei der Einreise in die EU strenge Regeln und Verbote in Bezug auf die Einfuhr von Erzeugnissen tierischer Herkunft (Verordnung (EG) Nr. 206/2009) auch für den privaten Reiseverkehr. Ein Verstoß gegen die Auflagen kann neben behördlicher Ahndung ggf. zivilrechtliche Schadenersatzklagen in Millionenhöhe nach sich ziehen, da der Land- und Fleischwirtschaft aufgrund der Schutzmaßnahmen hoher wirtschaftlicher Schaden infolge eines MKS- Ausbruches entsteht. Reisenden wird daher empfohlen, sich bereits vor der Einreise über die bestehenden Verbote zu informieren und diese unbedingt zu beachten. Am TLLV wurde zur schnellen Abklärung ein modernes MKS Testsystem auf molekularbiologischer Basis (real-time RT-PCR) etabliert, mit dessen Hilfe innerhalb weniger Stunden MKS-Virus nachgewiesen werden kann. Diese Untersuchungsmethode bietet auch vor dem Hintergrund anderer, weniger gefährlicher 74

76 Verbraucherschutzbericht 2010 Erkrankungen mit ähnlichem klinischem Erscheinungsbild, z. B. Blauzungenkrankheit, eine wichtige Erweiterung des diagnostischen Spektrums. Den zuständigen Amtstierärzten kann so im Falle eines Verdachtes schnell ein labordiagnostisches Ergebnis für die Gesamtbewertung geliefert werden. Zugleich wird damit dem Verbraucherschutz Rechnung getragen, da notwendige Beeinträchtigungen des Tierhandels im Verdachtsfall auf ein zeitliches Minimum (bis zur negativen Abklärung) begrenzt werden können Aviäre Influenza (AIV) Geflügelpest (Aviäre Influenza) ist eine schwere und hochansteckende Allgemeinerkrankung des Geflügels. Eine Infektion mit dem hochpathogenen aviären Influenzavirus (HPAIV) vom Subtyp H 5 oder H 7 verursacht insbesondere bei Hühnern und Puten schwere klinische Erscheinungen. Wasser- oder Wildgeflügel kann im Gegensatz dazu symptomloser Virusträger sein und so zu einer Verbreitung beitragen. Kommt es trotz aller Vorsorgemaßnahmen zu einem Seuchenausbruch in einem Hausgeflügelbestand, sind wie bei anderen hochansteckenden Tierseuchen auch die gesetzlichen Schutzmaßnahmen auf eine schnelle Tilgung des Seuchenherdes und eine Verhinderung der Weiterverbreitung gerichtet. Diese in der Geflügelpestverordnung fixierten Schutz- und Bekämpfungsmaßnahmen dienen auch dem Verbraucherschutz sowie der Aufrechterhaltung von Handelsbeziehungen zu anderen EU-Mitgliedstaaten und Drittländern. Die Bezeichnung Vogelgrippe weist auf die Übertragungsmöglichkeiten der aviären Influenzaviren vom Vogel auf den Menschen hin. Bisher dokumentierte Erkrankungsfälle beschränken sich jedoch auf jene Gebiete in der Welt, in denen ein enger Kontakt zwischen Menschen und Geflügel im Alltag besteht bzw. auf Fälle, bei denen im Rahmen von Geflügelpestausbrüchen Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Zur frühzeitigen Erkennung einer möglichen Gefahr der Einschleppung von der Wildvogelin die Nutztierpopulation werden im Rahmen von Überwachungsuntersuchungen bei Wildvögeln in Deutschland regelmäßig Proben auf das Vorhandensein von Influenza-A-Viren untersucht. Zusätzlich findet eine stichprobenartige Beprobung der Hausgeflügelbestände auf AIV statt wurden insgesamt 356 Proben aus Hühner-, Puten- und Wassergeflügelbeständen mit negativem Ergebnis auf das Vorhandensein von Virus untersucht. 354 Proben wurden ebenfalls negativ auf das Vorliegen von Antikörpern gegen das AIV abgeklärt. Bei den insgesamt 305 Wildvogelproben konnten ebenfalls keine hochpathogenen aviären Influenzaviren nachgewiesen werden Bovine Herpesvirusinfektion (BHV1) Die Bekämpfung der BHV1-Infektion und die Sanierung der Rinderbestände stehen bereits seit Jahren im Fokus der Tierseuchenbekämpfung Thüringens. Vor dem Hintergrund, dass der angrenzende Freistaat Bayern bereits den Status frei von BHV1 erreicht hat und ggf. andere Länder (z. B. Sachsen-Anhalt) zeitnah folgen werden, ist zur Aufrechterhaltung eines uneingeschränkten Tierhandels eine weitere Forcierung der Bemühungen zur Tilgung dieser Tierseuche auch in Thüringen unumgänglich, um wirtschaftliche Nachteile beim Handel mit Rindern für hiesige Betriebe zu reduzieren. Auf Grundlage des gesetzlichen Rahmens, der BHV1-Verordnung, konnte im Jahr 2010 durch die gemeinsamen intensiven Bemühungen von Landwirten, praktizierenden Tierärzten, VLÜÄ und der Thüringer Tierseuchenkasse ein beachtlicher Fortschritt bei der Bekämpfung dieser Tierseuche erreicht werden wurden mehr als BHV1- infizierte Tiere (Reagenten) aus den Beständen entfernt. Die Gesamtzahl der Reagenten konnte um ein Drittel reduziert worden. Aber auch für die nächsten Jahre wird das Thema BHV1 bestimmend bleiben, da aus den Erfahrungen anderer Länder deutlich wurde, dass die Endphase der Sanierung, in die Thüringen jetzt eingetreten ist, eine besonders kritische Phase im Hinblick auf Reinfektionen darstellt. Dies hängt mit den speziellen biologischen Eigenschaften des Erregers zusammen: Herpesviren sind sehr leicht übertragbar, einmal infizierte Tiere bleiben dauerhaft potentielle Virusträger. Aus diesen Gründen sind eine schnelle Identifizierung möglicherweise infizierter Tiere und die Entfernung dieser Tiere aus den Beständen wichtig. Unterstützt werden die Sanierungsbemühungen durch Impfungen potentiell gefährdeter Tiere und die 75

77 Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung Beschränkung des Tierhandels auf nachweislich BHV1-freie Tiere. Die Untersuchungen auf das bovine Herpesvirus erfolgen im TLLV automatisiert mit Hilfe von Pipettierautomaten und Elisa-Messstrecken (Abbildung 53) aus Blut oder Milch. Abbildung 53: Pipettierautomat Im Jahr 2010 wurden ca Blutuntersuchungen und Milchuntersuchungen auf Antikörper gegen das BHV1-Virus durchgeführt Transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE) Transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE) treten bei verschiedenen Tierarten (z. B. Rindern, Schafen, Ziegen, Katzen und Hirschartigen) auf. Die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) ist die spezielle Erkrankungsform der Rinder. Die Krankheit führt durch eine Zerstörung des Nervensystems zu Verhaltensänderungen, Störungen der Bewegung und des Wahrnehmungsvermögens. Die BSE entwickelt sich anfangs oft schleichend und klinisch unauffällig, endet jedoch immer tödlich. Die Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten erster Krankheitsanzeichen) beträgt im Schnitt fünf Jahre. Von der Erkrankung sind überwiegend weibliche Tiere betroffen. Eine sichere Diagnosestellung kann erst nach dem Tod der Tiere erfolgen, da hierfür eine Untersuchung von Gehirnmaterial notwendig ist. Ein Zusammenhang der BSE mit der neuen Variante der Creutzfeldt-Jacob-Erkrankung des Menschen konnte bisher nicht eindeutig bestätigt werden, ist jedoch auch nicht auszuschließen. Die Zahl der nachgewiesenen BSE-Erkrankungsfälle ist seit Etablierung der BSE-Schutzmaßnahmen im Jahr 2001 europaweit rückläufig., Dennoch ist es aus Gründen des Verbraucherschutzes weiterhin notwendig, sowohl Risikotiere (verendete Rinder) als auch geschlachtete Wiederkäuer auf BSE risikoorientiert zu testen. Entsprechend der rechtlichen Bestimmungen sind z. B. alle über 72 Monate alten zum menschlichen Verzehr geschlachteten Rinder auf BSE zu testen. Im Jahr 2010 wurden im Rahmen der amtlichen BSE-Untersuchungen am TLLV Rinder, 926 Schafe und 112 Ziegen mit negativem Ergebnis auf BSE bzw. TSE untersucht Bovine Virusdiarrhoe (BVD) Die BVD ist eine anzeigepflichtige Tierseuche. Sie ist in Deutschland weit verbreitet und wird derzeit als die verlustreichste Infektionskrankheit beim Rind angesehen. Menschen können sich nicht anstecken. Typische Krankheitssymptome sind Durchfall, Kümmern und Infektanfälligkeit. Eine Infektion mit dem BVD-Virus bei trächtigen Rindern kann zu Verkalbungen oder zu dauerhaft infizierten Kälbern, die in erster Linie für die weitere Verbreitung der Infektion verantwortlich sind, führen. Durch die Schwächung der Immunitätslage des Rindes können auch andere Infektionen, z. B. mit BHV1 begünstigt werden. Ziel der Bekämpfung ist es, die dauerhaft infizierten Tiere frühzeitig zu identifizieren und schnellstmöglich aus dem Bestand zu entfernen, um so insbesondere tragende Kühe (und damit den Fetus) vor einer Infektion zu schützen. Bereits 2009 hat sich Thüringen entschieden, mit Blick auf das In-Kraft-Treten der Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen-Virusdirrhoe-Virus (BVDV-Verordnung) zum 01. Januar 2011 in die Sanierung der Bestände unter Anwendung der in der Verordnung vorgesehenen Diagnosemethoden einzusteigen. Im Jahr 2010 wurden die im Vorjahr begonnen landesweiten Untersuchungen im Rahmen eines freiwilligen Verfahrens fortgesetzt. Ein neues diagnostisches Verfahren, die Untersuchung von Ohrgewebsproben auf BVD-Virus wurde am TLLV etabliert und ab April 2010 schrittweise den Landwirten (beginnend bei den Mutterkuhhaltern) angeboten. Durch die Gewinnung der Ohrgewebsproben im Rahmen der Kennzeichnung der Tiere mit Ohrmarken gemäß Viehverkehrsverordnung entfällt für den Landwirt die Notwendigkeit einer 76

78 Verbraucherschutzbericht 2010 Blutprobenentnahme. Gleichzeitig wird eine sehr frühe Diagnosestellung gewährleistet, da die Kennzeichnung der Tiere bis spätestens am siebten Lebenstag zu erfolgen hat. Abbildung 54: Öffnungsautomat für Gefäße mit Ohrstanzgewebeproben Nach umfassenden Investitionen in den weiteren Ausbau der Laborkapazitäten am TLLV wird die Möglichkeit der Ohrstanzdiagnostik ab 1. Januar 2011 für alle Rinderhalter angeboten. Der Thüringer Verband für Leistungsund Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e.v. (TVL) stellt jedem Landwirt auf Antrag die erforderlichen Ohrmarken mit Vorrichtung zur Entnahme von Gewebeproben für die Untersuchung auf BVD-Virus zur Verfügung wurden am TLLV Blutproben und Ohrstanzproben auf BVD-Virus untersucht. Dabei wurde in 725 Blut- und 256 Ohrstanzproben das BVD-Virus nachgewiesen. 6.6 Aufgaben der Tierseuchenkasse Die Thüringer Tierseuchenkasse als Solidargemeinschaft der Tierhalter besteht seit 1993, seit 2005 in der Form einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Aufgaben der Tierseuchenkasse sind im Thüringer Tierseuchengesetz definiert: Entschädigung für Tiere, die gemäß den Bestimmungen des Tierseuchengesetzes auf amtstierärztliche Anordnung getötet wurden oder hätten getötet werden müssen, Gewährung von Beihilfen für Maßnahmen zur planmäßigen Verhütung, Erkennung und Bekämpfung von Tierseuchen, des vorbeugenden Gesundheitsschutzes sowie für Schäden, die durch Tierseuchen und Tierkrankheiten entstehen, Erhebung von Beiträgen von den Tierhaltern, Beratungs- und Untersuchungstätigkeit der Tiergesundheitsdienste. Die Zahlung von Entschädigungen im Tierseuchenfall ist gesetzliche Aufgabe der Tierseuchenkassen. Das Tierseuchengesetz regelt den Umfang der Leistungen. So sind neben den eigentlichen Tierverlusten auch Kosten für die Tötung inklusive der unschädlichen Beseitigung der Tiere sowie Kosten für Schätzungen zu erstatten. Der Freistaat Thüringen beteiligt sich an diesen Leistungen in Höhe von 50 %. Für diese gesetzlichen Leistungen wurden im Jahr 2010 über Euro aufgewendet. Die zu gewährenden Entschädigungen für auf amtliche Anordnung getötete Tiere beschränkten sich 2010 auf wenige Fälle. Hier wirkt sich der von der Thüringer Tierseuchenkasse verfolgte Ansatz positiv aus, durch fachliche und finanzielle Unterstützung von Vorbeugemaßnahmen die Ausbrüche von Tierseuchen und damit die erforderlichen Entschädigungszahlungen zu minimieren. Aus diesem Grund werden Maßnahmen der Landwirte zur planmäßigen Verhütung, Erkennung und Bekämpfung von Tierseuchen und Tierkrankheiten sowie des vorbeugenden Gesundheitsschutzes durch Beihilfen unterstützt. Die Gewährung von Beihilfen erfolgt auf Antrag der Tierbesitzer für die der Beitragspflicht unterliegenden Tiere. Sie ist durch die Beihilfesatzung geregelt. Zudem können Beihilfen für Tiere gewährt werden, bei denen eine Tierseuche als Todesursache festgestellt wurde oder die zur Bekämpfung von Tierseuchen gemerzt wurden und für die keine Entschädigung gezahlt werden kann. Im Jahr 2010 wurden an die Tierhalter Beihilfen für Vorbeuge- und Bekämpfungsmaßnahmen von 1,74 Mio. Euro ausgereicht. Mit diesem Geld werden Maßnahmen zur Bekämpfung anzeigepflichtiger Tierseuchen unterstützt. Dazu gehören u. a. die Bekämpfung der Herpesvirusinfektion (BHV1) und der Salmonellose der Rinder oder die Salmonelleninfektion beim Geflügel. Hohes Gewicht hat auch die Bekämpfung solcher Krankheiten, für die es keine staatlichen Bekämpfungsvorschriften gibt. Beispiele dafür sind die Paratuberkulose der Rinder, die Infektion von Schweinen mit dem PRRS-Virus, der Chlamydienabort der Schafe, die CAE- Virusinfektion der Ziegen oder die Influenzaund Herpesvirusinfektionen der Pferde. Hier engagieren sich die Landwirte in Zusammenarbeit mit den Tierärzten und dem Tier- 77

79 Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung gesundheitsdienst, um bestimmte Infektionen aus dem Bestand zu verdrängen. Die gesetzlich vorgesehenen Beiträge erhebt die Tierseuchenkasse getrennt nach Tierarten. Die Beitragshöhe wird so bemessen, dass neben der Erfüllung der genannten Aufgaben angemessene Rücklagen für Entschädigungszahlungen im Tierseuchenfall gebildet werden können. Trotz relativ geringer Beitragssätze erbringt die Tierseuchenkasse mit ihren Beihilfen umfangreiche Leistungen zur Unterstützung der Tierhalter in ihren Bemühungen um Erhaltung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Tierbestände und deren Schutz vor Tierseuchen. Die Tierseuchenkasse unterhält fachspezifische Tiergesundheitsdienste für die Tierarten Rind, Schwein, Schaf/Ziege, Geflügel und Pferd. Ihre Beratungstätigkeit dient der Förderung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Tierbestände, der Vorbeugung und Bekämpfung von Tier zu Tier und von Tieren auf Menschen übertragbarer Krankheiten und damit der Verbesserung des Verbraucherschutzes sowie des Tier- und Umweltschutzes. Die Tiergesundheitsdienste werden auf Anforderung der Tierhalter oder der Veterinärbehörden tätig. Sie arbeiten eng mit den Tierhaltern, ihren Verbänden, ihren betreuenden Tierärzten und den Veterinärbehörden zusammen. Zur Sicherstellung der für die Arbeit der Tiergesundheitsdienste erforderlichen Untersuchungsleistungen unterhält die Thüringer Tierseuchenkasse ein Labor. Die Untersuchungstätigkeit konzentriert sich auf die zur Umsetzung der Landesprogramme und der zur Sicherstellung der Beratung notwendigen Untersuchungen und ergänzt das Untersuchungsspektrum des Labors des TLLV hinsichtlich der Diagnostik von nicht anzeigepflichtigen Tierkrankheiten. Das betrifft unter anderem die mikrobiologische Untersuchung von Milchproben auf Mastitiserreger, von Futtermittelproben auf Hefen, Schimmelpilze und Verderb, die Stoffwechseluntersuchungen und die Untersuchungen auf Paratuberkulose. 6.7 Gefahrlose Beseitigung von Tierkörpern und Tierkörperteilen Die sichere Beseitigung von gefallenen Tieren und von Tierkörperteilen (das sind im Wesentlichen Schlachtabfälle) liegt im öffentlichen Interesse, da die Todesursache oftmals unbekannt ist und eine potentielle Gefahr der Verbreitung von Krankheiten besteht. Aus diesem Grund gelten EU-weit einheitliche rechtliche Bestimmungen zur sicheren und für Mensch, Tier und Umwelt unschädlichen Beseitigung toter Tiere und deren Teile. Im EU-Recht betrifft das u. a. Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte. Daneben bestehen nationale Regelungen (Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz und Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsverordnung) Tierkörperbeseitigung in Thüringen Landesrechtliche Grundlage für die Beseitigung der tierischen Nebenprodukte ist das Thüringer Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz. Danach sind die Landkreise und kreisfreien Städte Beseitigungspflichtige für die Entsorgung von Tierkörpern der Kategorien 1 und 2 im Sinne der VO (EG) Nr. 1774/2002. Die Beseitigungspflichtigen haben einen Zweckverband gebildet. Dieser hat eine Firma mit der Durchführung der unschädlichen Beseitigung der gefallenen Tiere beauftragt (Abbildung 55). 78

80 Verbraucherschutzbericht 2010 Vergraben auf dem eigenen Grundstück Soweit das dem Tierhalter gehörende Gelände sich nicht in einem Wasserschutzgebiet und auch nicht in unmittelbarer Nähe öffentlicher Wege und Plätze befindet, kann ein einzelnes Heimtier auf dem eigenen Grundstück begraben werden. Die Tierkörper müssen dabei so tief eingegraben werden, dass diese von einer mindestens 50 cm starken Erdschicht gemessen von der Oberkante der Grube bedeckt sind. Eine Entsorgung auf Pachtgrundstücken, in öffentlichen Parks, im Wald oder aber auch über den Müll ist dagegen verboten. Sofern keine Kenntnis betreffs der Lage der Wasserschutzgebiete besteht, erteilt das zuständige Landratsamt Auskunft. Abbildung 55: Transportfahrzeug für Tierkadaver Sicherheit und Hygiene sind die obersten Gebote bei der Entsorgung von tierischem Risikomaterial aus der Fleisch- und Landwirtschaft. Wie in anderen Bereichen der Landwirtschaft auch, ist exaktes Arbeiten unter Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen bei der Beseitigung von tierischen Nebenprodukten äußerst wichtig. In dem Verarbeitungsbetrieb für tierische Nebenprodukte wird das zu entsorgende Material bei einem Druck von 3 bar und einer Temperatur von 133 C 20 Minuten lang hitzesterilisiert. Damit ist sichergestellt, dass vom Endprodukt keine Infektionsgefahr mehr ausgehen kann Alternative Möglichkeiten der Beseitigung kleiner Heim- und Haustiere Die rechtlich vorgeschriebene Pflicht zur Beseitigung verendeter Tiere in einem Spezialbetrieb für die Entsorgung tierischer Nebenprodukte ist eine sichere, effiziente und hygienische Methode der Entsorgung. Dieser Verpflichtung unterliegen grundsätzlich auch alle Klein- und Heimtiere (z. B. Hamster, Meerschweine, Kaninchen). Unter bestimmten Voraussetzungen regelt das Gesetz Ausnahmen für Hunde, Katzen und Heimtiere. Nutzung von Tierfriedhöfen oder Tierkrematorien Einzelne Körper von verstorbenen Heimtieren dürfen abweichend von der grundsätzlichen Beseitigungspflicht in Verarbeitungsbetrieben auch in von der zuständigen Behörde hierfür besonders zugelassenen Tierfriedhöfen, mit oder auch ohne vorherige Nutzung von Krematorien, begraben werden. In Thüringen sind elf Tierfriedhöfe entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zugelassen. Tierkrematorien gibt es in verschiedenen Ländern. Auskunft zu den verschiedenen Bestattungsmöglichkeiten für einzelne Heimtiere erteilt das jeweils zuständige VLÜA des Landkreises oder der kreisfreien Stadt. 6.8 Qualitätssicherung in den Trichinenuntersuchungslaboren Nach Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 dürfen die bei amtlichen Kontrollen entnommenen Proben nur von Laboratorien untersucht werden, die gemäß den einschlägigen europäischen Normen arbeiten und akkreditiert sind. Diese Pflicht zur Akkreditierung gilt auch für Laboratorien, die Untersuchungen auf Trichinen durchführen. Um die Akkreditierung zu erlangen, muss in den Trichinenuntersuchungslaboratorien ein Qualitätsmanagementsystem eingerichtet sein, das die Anforderungen der Norm DIN EN ISO/IEC erfüllt. Dieses Ziel wurde durch Einbindung der Trichinenuntersuchungslabore in das QMS des TLLV erreicht. Die Trichinenuntersuchungslabore müssen alle im Zusammenhang mit der Untersuchung auf Trichinen stehenden Vorgaben des TLLV erfüllen, an Ringversuchen teilnehmen 79

81 Tiergesundheit, Tierseuchenschutz, Tierkörperbeseitigung und sind den internen Audits des TLLV unterworfen. Die Trichinenuntersuchungslabore gehören seit Ende 2009 zum Geltungsbereich der Akkreditierung des TLLV. Das TLLV hat 2010 zwei Ringversuche für die Trichinenlabore organisiert und ausgewertet sowie einen Trainingskurs zum speziellen Laboruntersuchungsverfahren durchgeführt. Des Weiteren wurden 24 Labore auditiert. 80

82 Verbraucherschutzbericht Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren 7.1 Haltung von Nutztieren Grundsätzliche Entwicklungen Ein wachsender Teil der Verbraucherinnen und Verbraucher hinterfragt kritisch, unter welchen Bedingungen unsere Nutztiere gehalten werden. Die tiergerechte Haltung ist zu einem wichtigen Bewertungskriterium geworden. Die Beurteilung von Tierhaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten richtet sich zunächst nach den Anforderungen, die durch den 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) vorgegeben sind: Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Diese Grundsätze muss jede Tierhalterin und jeder Tierhalter berücksichtigen. Aufgrund von 2 a Abs. 1 TierSchG ist das BMELV ermächtigt, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach 2 näher zu bestimmen. Mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) ist u. a. die Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere in deutsches Recht umgesetzt worden. Sie enthält neben allgemeinen Anforderungen an Haltungseinrichtungen, an die Überwachung, Fütterung und Pflege von Tieren auch spezielle Anforderungen an das Halten von Kälbern, Schweinen, Pelztieren, Legehennen und Masthühnern. Zur Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittelund Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29. April 2004 ist ein bundesweit einheitliches Verfahren für amtliche Kontrollen erforderlich. Amtliche Kontrollen sind auf der Grundlage dokumentierter Verfahren durchzuführen, damit gewährleistet ist, dass diese Kontrollen einheitlich und auf einem konstant hohen Niveau erfolgen. Die amtlichen Kontrollen sind regelmäßig durchzuführen; ihre Häufigkeit richtet sich nach der jeweiligen Risikobewertung des tierhaltenden Betriebes. Hierfür sind u. a. Risikoanalysen durchzuführen, auf deren Grundlage Kontrollpläne zu erstellen sind. Zusätzlich zu den Regelkontrollen finden im Tierschutzbereich Kontrollen aus besonderem Anlass statt, z. B. wenn der Verdacht auf einen Verstoß gegen das Tierschutzrecht besteht oder bei einer wesentlichen Änderung der Tierhaltung bzw. Produktionsrichtung. Zur Unterstützung der Behörden bei der Überwachung der Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorschriften in Nutztierhaltungen wurde von einer Projektgruppe der Arbeitsgruppe Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz, in welcher auch Thüringen mitarbeitet, das Handbuch Tierschutzüberwachung in Nutztierhaltungen erarbeitet. Als Ergänzung zum Handbuch Tierschutzüberwachung in Nutztierhaltungen wurden den Überwachungsbehörden mit Erlass vom 26. April 2010 Ausführungshinweise zu den speziellen Anforderungen an das Halten von Schweinen zur Beachtung und Anwendung übergeben. Demnach werden beispielsweise für das rechtlich vorgeschriebene Beschäftigungsmaterial für Schweine Strohraufen mit Auffangschalen, Scheuerpfähle mit Ketten, Schwenkwippen auf der Buchtentrennwand in Kombination mit Beißbalken, Hebebalken oder Torf empfohlen. Entwurf Leitlinien Mastgeflügelhaltung In Ergänzung zu den neuen Regelungen für die Haltung von Masthühnern in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung wurden in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit Beteiligung der Geflügelwirtschaft bundeseinheitliche Leitlinien für die gute betriebliche Praxis zur Haltung von Masthühnern entwickelt. Dieser Text befindet sich derzeit in der Abstimmung. In der Arbeitsgruppe wurde u. a. ausführlich über die Auslegung der Regelungen für die Belegungsdichte in den Ställen und zum Sachkundenachweis diskutiert. 81

83 Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, Legehennen Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Oktober 2010 sind die Regelungen der Tierschutznutztierhaltungsverordnung zur Legehennenhaltung in sogenannten Kleingruppen aufgrund eines Verfahrensfehlers nichtig. Bis zum 31. März 2012 muss eine Neuregelung erfolgen. Indikatoren einer tiergerechten Mastputenhaltung Auf Initiative Thüringens wurde bei der Sitzung der Arbeitsgruppe Tierschutz (AG Tierschutz) der LAV im März 2010 die Notwendigkeit von Regelungen zur tierschutzgerechten Putenhaltung beraten. Im Abschlussbericht der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig zum Forschungsauftrag Indikatoren einer tiergerechten Mastputenhaltung werden sehr zahlreiche und zum Teil schwerwiegende klinische Befunde bei Puten in Mastbetrieben und bei der Fleischuntersuchung in Schlachtstätten dargestellt. Insbesondere ist eine sehr hohe Prävalenz von Fußballenerkrankungen, aber auch von Brusthaut- und Leberveränderungen festzustellen. Darüber hinaus wurde eine inakzeptabel hohe Zahl akuter Frakturen (Flügel) im Zusammenhang mit der Schlachtung festgestellt. Die genannten Merkmale unterliegen z. T. starken Schwankungen bei der Merkmalshäufigkeit und -ausprägung. Zum Teil besteht aufgrund der multifaktoriellen Entstehungsweise kein klarer Zusammenhang zu einzelnen Haltungsmerkmalen. Von besonderer Bedeutung scheint allerdings die Qualität der Einstreu in den Tierhaltungen zu sein. Im Rahmen des Berichts werden schließlich Vorschläge zu Kontrollmöglichkeiten des Tierschutzniveaus unterbreitet, wobei die Autoren betonen, dass mehrere betriebliche Faktoren (Genetik, Fütterung, Haltung, etc.) so aufeinander abgestimmt werden müssen, dass insgesamt ein geringes Erkrankungsniveau der Tiere resultiert. Vorgeschlagen wurde deshalb, dass insbesondere ein einfaches Verfahren zur Bewertung der Einstreuqualität und die Erfassung der klinischen Veränderungen an Stichproben erfolgen sollten verbunden mit einer engen Rückkopplung zwischen Schlachthof und Tierhaltungsbetrieb. Die AG Tierschutz der LAV hat hierzu folgenden Beschluss gefasst: Das BMELV wird gebeten, bei der EU dringenden Bedarf für EU-einheitliche Vorgaben zur tierschutzgerechten Putenzucht und -mast anzumelden. Das BMELV wird gebeten, ggf. auch im Vorgriff auf eine EU-weite Regelung eine Ergänzung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung um einen Abschnitt Mastputenaufzucht und - haltung in Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Kreisen und den Ländern unter Berücksichtigung der nun vorliegenden Daten und Vorschläge vorzubereiten. Das BMELV wird gebeten, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die Leitlinien zur Konkretisierung dieser Regelungen unter besonderer Berücksichtigung der Fußballengesundheit erarbeitet. Das Problem der in den Schlachtbetrieben festgestellten akuten Frakturen sollte näher untersucht werden. Eine gezielte Fortbildung von in diesem Bereich tätigen Amtstierärzten sowie des mit den Tieren umgehenden Personals sollte angestrebt werden. Leitlinien für Pferdefuhrwerksbetriebe Das Tierschutzgesetz stellt gewerbsmäßige Reit- und Fahrbetriebe unter Erlaubnisvorbehalt und enthält weitere allgemeine Normen u. a. zur Haltung von Pferden. Detaillierte rechtliche Bestimmungen zum Einsatz von Kutschpferden oder zur Sachkunde der Kutscher, d. h. zur konkreten Auslegung der allgemeinen Vorgaben gibt es bisher nicht. Zur Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben wurden den VLÜÄ mit Erlass vom 24. August 2010 von einer Thüringer Arbeitsgruppe von Amtstierärzten erstellte Anforderungen an Pferdefuhrwerksbetriebe in Anlehnung an die Berliner Leitlinien für Pferdefuhrwerksbetriebe übermittelt, die mit den hauptsächlich betroffenen Städten abgestimmt wurden. Die Anforderungen gelten zugleich auch als Orientierungshilfe für den nicht gewerbsmäßigen Einsatz von Kutschpferden. Damit wurden einheitliche Anforderungen zum Schutz der zum Fahren eingesetzten Pferde in Thüringen festgelegt. Hierzu gehören beispielsweise Regelungen zur Einsatzzeit der Pferde, zum Füttern und Tränken, zur Sachkunde der Fahrer sowie zur Kennzeichnung und Dokumentation. 82

84 Verbraucherschutzbericht Überwachung: Häufigkeit und Art von Verstößen Im Berichtszeitraum wurden von 695 gewerbsmäßigen Beständen mit Kälberhaltung in Thüringen 107 Bestände kontrolliert. Damit wurden durchschnittlich 15,4 % der Bestände einer Kontrolle unterzogen. In Schweinehaltungsbetrieben wurden insgesamt 74 Kontrollen in 413 gewerbsmäßigen Beständen durchgeführt. Dies entspricht einer Kontrollquote von durchschnittlich 17,9 % der Schweinehaltungsbestände. Die Haltungen von Legehennen wurden im Jahr 2010 ebenso wie im Vorjahr engmaschig überwacht. In 61 gewerbsmäßigen Beständen mit Freilandhaltung und Bodenhaltung von Legehennen fanden 28 Kontrollen statt. Von den drei gewerbsmäßigen Beständen mit Legehennenhaltungen in ausgestalteten Käfigen wurde im Berichtszeitraum einer kontrolliert. Des Weiteren wurden 132 Kontrollen in Rinderhaltungen, 36 in Schafhaltungen sowie fünf in Ziegenhaltungen durchgeführt, welche gewerbsmäßige Tierhaltungen betrafen. In den nicht gewerbsmäßigen Haltungen landwirtschaftlicher Nutztiere wurden Kontrollen durchgeführt. Im Rahmen der Überwachungstätigkeit bei der gewerbsmäßigen Tierhaltung wurde im Bereich der Legehennenhaltung ein Verstoß im Bezug auf die Besatzdichte der Tiere festgestellt. Bei der gewerbsmäßigen Kälberhaltung wurden in vier Betrieben Verstöße festgestellt. Dabei handelte es sich um Beanstandungen in Bezug auf das Füttern und Tränken der Tiere, die Besatzdichte, die Bewegungsfreiheit und Verstöße gegen die Anforderungen an die Unterbringung der Tiere. Im Bereich der Schweinehaltung gab es in sechs Betrieben Beanstandungen in Bezug auf Dokumentationspflichten, die Besatzdichte der Tiere, die Anforderungen an Gebäude sowie deren Unterbringung und Pflege. Bei der gewerbsmäßigen Rinderhaltung wurden in sieben Betrieben Beanstandungen festgestellt. Es handelte sich um die Nichteinhaltung der Anforderungen zu Dokumentationspflichten, zum Personal, zur Unterbringung und zum Füttern und Tränken der Tiere. Des Weiteren wurden in drei Betrieben mit gewerbsmäßiger Schafhaltung Verstöße in Bezug auf die Versorgung, die Bewegungsfreiheit und die Unterbringung der Tiere ermittelt. Bei den Kontrollen in Beständen der nicht gewerbsmäßig gehaltenen landwirtschaftlichen Nutztiere wurden 368 Verstöße gegen die tierschutzrechtlichen Vorschriften festgestellt. In fünf Fällen wurde Strafanzeige erstattet. Vier Mal wurde ein Tierhalteverbot ausgesprochen. Außerdem wurden Maßnahmen nach dem Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz und nach dem Ordnungswidrigkeitsgesetz durchgeführt. Häufig handelte es sich um geringfügige Verstöße, welche lediglich durch mündliche Belehrungen geahndet werden mussten, um eine Verbesserung der Tierhaltung zu erreichen. Als besonders schwierig stellt sich die Einhaltung des zu fordernden Witterungsschutzes bei Rinder- und Pferdehaltungen unter naturnahen Bedingungen (Landschaftspflegeprojekte u. ä.) dar. In zunehmendem Maße werden Rinder und Pferde zur Landschaftspflege genutzt. Dabei gibt es ein weites Spektrum, sowohl was die Größe und Art der zu pflegenden/bewirtschaftenden Landschaftsgebiete als auch die Rassen der Rinder und Pferde und die Art ihrer Betreuungsformen betrifft. Oftmals scheinen die grundsätzlichen Auffassungen zu den Anforderungen an diese Tierhaltungsformen zwischen den Naturschutzbehörden und den VLÜÄ unterschiedlich zu sein. Unbestreitbar handelt es sich auch hierbei um Tiere in der Obhut des Menschen. Somit entfalten das Tierschutz- und das Tierseuchengesetz ihre volle Gültigkeit. Auch bei Nutzung robuster Rinder- und Pferderassen in der Landschaftspflege ist ein jederzeit wirksamer Witterungsschutz unabdingbar. Hierbei dürfte es sich meist um einen natürlichen Witterungsschutz in Form von Hecken, Büschen, Bäumen und Waldbereichen handeln. Der Witterungsschutz muss so bemessen sein, dass er von allen Tieren einer Gruppe unabhängig von der Rangordnung gleichzeitig genutzt werden kann. Im Sommer suchen die Tiere zum Schutz vor starker Sonneneinstrahlung die Witterungsschutzbereiche auf. Im Winterhalbjahr muss der Witterungsschutz einen trockenen Liegebereich und Windschutz zwingend gewährleisten. Fehlt ein funktionsfähiger natürlicher 83

85 Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren Witterungsschutz, sind vom Tierhalter künstliche Witterungsschutzeinrichtungen, z. B. offene Strohburgen oder Strohwände aus Rundballen, mobile Weidehütten oder Zelte mit Einstreu zu schaffen. In jedem Fall ist den Tieren die Möglichkeit zu geben, auf widrige klimatische Einflüsse adäquat reagieren zu können. 7.2 Schutz von Tieren beim Transport Tiertransporte, insbesondere die dabei immer wieder auftretende Missachtung der vorgeschriebenen Transportbedingungen, werden von der Öffentlichkeit zu Recht mit kritischer Aufmerksamkeit verfolgt. Vor allem bei Ferntransporten, die über mehrere Tage andauern, muss die Frage der ethischen Vertretbarkeit immer wieder neu beantwortet werden. Tiere können die Belastungen bei Trabsporten nur teilweise und auch nur für eine begrenzte Zeit kompensieren. Der Forderung, Schlachttiere möglichst nur bis zum nächstgelegenen Schlachthof zu transportieren, stehen Wettbewerbs- und Praktikabilitätsgründe im EU-Binnenmarkt entgegen. So ist derzeit nicht rechtsverbindlich vorgeschrieben, Schlachttiere in jedem Fall dem nächstgelegenen Schlachthof zuzuführen. Aufgrund entsprechender Vorschriften sind die Transportbedingungen aber so tierschutzgerecht wie möglich zu gestalten. Darüber hinaus nutzt die Landesregierung jede Gelegenheit, die generelle Begrenzung von Schlachttiertransporten gegenüber der Bundesregierung und der EU anzumahnen Zur Rechtslage Entgegen der ursprünglichen Ankündigung der EU, die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport zu überarbeiten, nachdem das Europäische Parlament und mehrere Mitgliedstaaten Nachbesserungsbedarf angemeldet hatten, hat die EU- Kommission die Bestrebungen zur Änderung dieser Rechtsgrundlage für unbestimmte Zeit ausgesetzt. Die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Änderungsvorschläge enthielten u. a. stärkere Beschränkungen für Schlachttiertransporte und genauere tierartspezifische Angaben zu den Temperaturbedingungen und räumlichen Voraussetzungen für alle Transporte. Thüringen hatte sich auch zu diesem Zeitpunkt für noch stringentere Vorgaben eingesetzt. Anpassungen des nationalen Tierschutztransportrechts waren nach Aussetzung der Novellierung der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 nicht erforderlich Initiative Thüringens gegen unzulässige Fahrzeughöhen Zur Koordinierung des Verwaltungsvollzugs bei Tierschutzfragen trifft sich zwei Mal pro Jahr die Arbeitsgruppe Tierschutz (AG Tierschutz) der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV), der alle Länder als Mitglieder sowie die Bundesregierung, Bundesoberbehörden oder sonstige Experten als Gäste angehören. Sowohl Grundsatzthemen als auch Fragen, die eine einheitliche Handhabung in den Ländern erfordern, werden in diesem Gremium erörtert. Die in der AG Tierschutz gefassten Beschlüsse stellen den bundeseinheitlichen Rahmen für das Verwaltungshandeln im Tierschutz dar. Im Interesse eines einheitlichen Vollzugs des Tiertransportrechts hat eine Länderprojektgruppe unter Beteiligung Thüringens Auslegungshinweise zu den rechtlichen Vorgaben bei Tiertransporten erarbeitet, die im Handbuch Tiertransporte zusammengefasst sind. Das Handbuch wird kontinuierlich fortgeschrieben, sobald sich die Rechtslage oder deren fachliche Auslegung weiterentwickeln. Einerseits steht das Handbuch dem Amtstierarzt als wertvolles Hilfsinstrument zur Umsetzung des Tiertransportrechts zur Verfügung, andererseits soll es aber auch den Wirtschaftsbeteiligten grundlegenden Einblick in das Verwaltungshandeln der Tierschutzbehörden ermöglichen. Nachdem wiederholt von Veterinärämtern berichtet wurde, dass es bei der veterinärrechtlichen Abfertigung bzw. Kontrolle von Tiertransportfahrzeugen strittige Fragen wegen der zulässigen bzw. erforderlichen Fahrzeughöhe gibt, hat das TMSFG diese Fragen aufgegriffen. Zu klären war dabei insbesondere folgende Problematik, die als Tagesordnungspunkt bei der AG Tierschutz eingereicht wurde: Immer wieder wird bei der Abfertigung von Tiertransporten bzw. bei Straßenkontrollen festgestellt, dass die nach tierschutzfachlicher Beurteilung erforderliche Kopffreiheit Tieren, insbesondere Rindern, 84

86 Verbraucherschutzbericht 2010 zwar bei der Abfertigung eingehalten wird, nicht aber während des Transports, indem eine Absenkung des Fahrzeugdaches auf die nach dem Straßenverkehrsrecht maximal zulässige Höhe für Fahrzeuge erfolgt. Aus tierschutzfachlicher Sicht und zur Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 sind in bestimmten Fällen Fahrzeughöhen von über vier Meter erforderlich, die allerdings nach nationalem Straßenverkehrsrecht ( 32 Abs. 2 Straßenverkehrszulassungsordnung) nicht zulässig sind. Zur Auflösung des Dilemmas müssten entweder Transporte, die bei der Abfertigung eine Höhe von über vier Meter erreichen, bundeseinheitlich unterbunden werden oder es müsste eine Ausnahmemöglichkeit (Einzelfälle oder generell) für über vier Meter hohe Tiertransportfahrzeuge im Straßenverkehrsrecht eingeräumt werden. Zunächst war beabsichtigt worden, das für den Tierschutz zuständige BMELV aufzufordern, erneut an das Bundesverkehrsministerium heranzutreten und (vor dem Hintergrund aktueller Erkenntnisse und wiederholter Erfahrungen) um Anpassung der rechtlichen Vorgaben für die Höhe von Transportfahrzeugen für Tiere zu bitten. Solche Bestrebungen hat es wiederholt allerdings ohne Erfolg sowohl auf Bundes- wie auch auf Länderebene gegeben. Deshalb hat die AG Tierschutz folgenden Beschluss gefasst: Die AG Tierschutz der LAV bekräftigt, dass eine Abfertigung von Transporten mit zweistöckiger Verladung von Rindern nicht zulässig ist, wenn die fachlich gebotene freie Höhe über den Tieren während der Fahrt aufgrund der nach Verkehrsrecht maximal zulässigen Fahrzeughöhe von vier Metern nicht gewährleistet ist. Bei der mehrstöckigen Verladung anderer Tiere (Schafe, Schweine) ist analog zu verfahren. Die PG Handbuch Tiertransporte wird gebeten, das Handbuch dahingehend zu ergänzen. Nach Bekanntwerden des Beschlusses, der in Thüringen unverzüglich den Veterinärämtern zur Beachtung übermittelt wurde, haben verschiedene Verbände, die direkt oder indirekt mit Tiertransporten zu tun haben, behauptet, dass zu dieser Frage durch die Verwaltung neue Regeln geschaffen würden. Dazu kann an dieser Stelle klargestellt werden, dass es sich lediglich um die Umsetzung längst bestehender Vorgaben handelt, die insbesondere durch die verkehrsrechtlichen Vorgaben zu einer Einschränkung von doppelstöckigen Rinder- oder sonstigen mehrstöckigen Tiertransporten führen könnten. Weder aus veterinärfachlicher noch aus veterinärrechtlicher Sicht gibt es Vorgaben für eine bestimmte Höhe der Transportfahrzeuge. Sichergestellt werden muss lediglich die erforderliche freie Höhe über den Tieren, die beispielsweise durch ein Schreiben der Generaldirektion SANCO der EU präzisiert wird und insbesondere dazu dient, Verletzungen der Tiere im Rückenbereich zu vermeiden. Die Begrenzung der Fahrzeughöhe mit entsprechenden Folgen für die mehrstöckigen Transporte ist ausschließlich auf die Vorgaben des Verkehrsrechts zurückzuführen Ergebnisse der Tiertransportkontrollen Im Jahr 2010 wurden insgesamt Kontrollen von Tiertransporten im fließenden Verkehr, auf Märkten sowie an Bestimmungsorten und Versandorten durchgeführt. Dies entspricht, wie schon in den Vorjahren festgestellt, einer Abnahme der jährlichen Kontrollzahl. Ungeachtet dessen wird aber immer noch eine sehr hohe Kontrolldichte erreicht und eine hinreichende Überwachung des Tiertransportgeschehens in Thüringen gewährleistet. Die Beanstandungsrate bei den Transporten erreichte 1,75 %, bei den Dokumentenkontrollen lag diese bei 0,17 %. Die Zahl der bei Transportkontrollen vorgefundenen landwirtschaftlichen Nutztiere, außer Geflügel, lag trotz Rückgang der Kontrollen zu den Vorjahren relativ konstant bei etwa Tieren. Bei den festgestellten Beanstandungen handelte es sich vorrangig um folgende Zuwiderhandlungen: Mängel an den Transportmitteln, Verstöße bei der Ver- oder Entladung der Tiere, mangelhafte Ernährung und Pflege der Tiere während des Transports, Unterschreitung des Mindestraumbedarfs, Überschreitung der vorgegebenen Transportzeiten, unvollständige Transportpapiere, fehlende Rücksendung der Transportpläne nach Abschluss des Transportes. In 15 Fällen von Zuwiderhandlungen wurde zwölfmal eine Verfügung erlassen und in drei 85

87 Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren Fällen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren (Bußgeld) eingeleitet. Festzuhalten ist allerdings, dass die amtstierärztliche Kontrolle bei der Abfertigung von Transporten auch dazu führen konnte, dass Transporte nicht starteten, wie beispielsweise im konkreten Fall eines grenzüberschreitenden Schweinetransportes im Winter wegen fehlender frostsicherer Tränken für die Tiere. Tabelle 12: Anzahl und Ergebnisse der Tiertransportkontrollen Parameter Jahr 2010 Zahl kontrollierter Tiertransporte Beanstandungen 36 Beanstandungsrate (in %) 1,75 Zahl der Dokumentenkontrollen Beanstandungen 3 Beanstandungsrate (in %) 0,17 Zahl transportierter landwirtschaftlicher Nutztiere in kontrollierten Transporten (außer Geflügel) davon Rinder davon Schweine davon Schafe und Ziegen davon Equiden 15 Zahl transportierter Hausvögel und Kaninchen Betäubung und Schlachtung Die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates vom 24. September 2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung ist ab 1. Januar 2013 anzuwenden. Somit ist bis zu diesem Zeitpunkt die national gültige Tierschutz-Schlachtverordnung (TierSchlV) vom 3. März 1997 anzupassen. Es gilt insbesondere herauszuarbeiten, welche Regelungen der jetzigen nationalen Tierschutz- Schlachtverordnung beibehalten werden sollten, da das EU-Recht lediglich Bestandsschutz gewährt, aber keine neuen, strengeren Regelungen im nationalen Rahmen zulässt. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, in welcher auch Thüringen mitarbeitet, beschäftigt sich mit diesem Thema. Des Weiteren wurde eine landesinterne Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit der Problematik der Betäubung beim Schlachten befasst und Zuarbeit für die Diskussion auf Bundesebene leistet. Insgesamt fanden im Berichtszeitraum 437 Überprüfungen hinsichtlich Einhaltung der Bestimmungen der Tierschutz-Schlachtverordnung statt, bei denen 19 Verstöße (4,3 %) ermittelt wurden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die erfasste Zahl der Kontrollen nicht die grundsätzlich tägliche Überwachungstätigkeit in den gewerblichen Schlachtstätten beinhaltet, in denen der Auftrieb und die Betäubung der Tiere unter ständiger tierärztlicher Aufsicht erfolgen. Auch im Jahr 2010 wurde beim TLLV als zuständiger Behörde kein Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für eine betäubungslose Schlachtung (Schächten) im Sinne von 4a Absatz 2 Nr. 2 TierSchG gestellt. Hinweise auf illegale Vorfälle in diesem Zusammenhang wurden nicht bekannt. Sachkundelehrgang nach 4 der Tierschutz- Schlachtverordnung Die TierSchlV regelt auch Tierschutzaspekte im Falle von Tötungen im Tierseuchenfall. Um eine tierschutzkonforme Durchführung solcher Maßnahmen zu gewährleisten, wurde 86

88 Verbraucherschutzbericht 2010 auf Initiative des TMSFG ein Lehrgang für Tierhalter zur Erlangung der Sachkunde i. S. von 4 TierSchlV erfolgreich durchgeführt. Ziel ist es, für die im Fall einer hochkontagiösen Tierseuche erforderlichen Tötungsmaßnahmen genügend sachkundige Personen zur Verfügung zu haben. 7.4 Tierversuche und Versuchstiere Die Durchführung von Tierversuchen ist durch eine Vielzahl von Rechtsvorschriften geregelt. Dabei bildet das Tierschutzgesetz die Basis für den veterinärrechtlichen Vollzug in der Genehmigung und Überwachung. Im 7 TierSchG wird gesetzlich geregelt, was unter dem Begriff Tierversuch zu verstehen ist. Danach sind Tierversuche alle Eingriffe und Behandlungen zu Versuchszwecken an Tieren oder am Erbgut von Tieren, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für die Tiere oder für die erbgutveränderten Tiere oder deren Trägertiere verbunden sein können. Am 20. Oktober 2010 wurde zudem die Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. L 276 vom 20. Oktober 2010, S. 33) veröffentlicht. Mit ihr wird nunmehr die aus dem Jahr 1986 stammende Richtlinie zum Schutz von Versuchstieren abgelöst und die Regelungen dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand angepasst. Neben dem primären Anliegen, den Schutz der Versuchstiere durch eine Verschärfung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu verbessern, soll mit vorliegender Richtlinie auch eine Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen zwischen den Forschungseinrichtungen erreicht werden. Viele dieser in der Richtlinie 2010/63/EU aufgeführten Forderungen sind bereits seit langer Zeit fester Bestandteil im nationalen Recht (Tierschutzgesetz), aber auch neue, insbesondere verwaltungsrechtliche Maßgaben, werden erstmals benannt. Diese Vorgaben müssen von den EU-Mitgliedstaaten innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten in nationales Recht umgesetzt werden. Dazu wird eine Anpassung der entsprechenden nationalen Vorschriften notwendig Anzeige und Genehmigung In Deutschland unterliegen Tierversuche grundsätzlich der Genehmigungspflicht. Dabei sind sie auf das unerlässliche Maß zu beschränken und müssen einer sorgfältigen Interessenabwägung zwischen Forschungsziel und zugefügten Leiden für das Tier unterzogen werden. Darüber hinaus ist die Zahl der Versuchstiere auf ein notwendiges Minimum zu beschränken, dürfen nur geringstmögliche Schmerzen und Leiden zugefügt und müssen Ersatzmethoden, wenn solche verfügbar sind, angewandt werden. Daneben bestimmt 8 Abs. 7 TierSchG abschließend Ausnahmen, wonach Tierversuche lediglich anzeigepflichtig sind. In Thüringen wurden im letzten Jahr mehr als 80 Tierversuche vom TLLV genehmigt. Die Komplexität vieler genehmigter Versuchsvorhaben bedingt oftmals Änderungen während der Durchführung dieser Tierversuche und führte somit unweigerlich zu einer zunehmenden Zahl von Änderungen bestehender Genehmigungen. 87

89 Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren genehmigte Tierversuche anzeigepflichtige Tierversuche Abbildung 56: Anzahl der genehmigten sowie angezeigten Tierversuche und sonstigen Eingriffe mit Versuchstieren im Zeitraum von 2007 bis 2010 Das vom Gesetzgeber festgelegte Genehmigungsverfahren beinhaltet eine Prüfungskaskade, bevor eine Genehmigung zur Durchführung eines Tierversuchs durch die zuständige Behörde erteilt werden kann. Neben den personellen und anderen materiellen Voraussetzungen, die das Tierschutzgesetz eindeutig festlegt, ist es im Genehmigungsverfahren unabdingbar, dass dem Antrag auf Genehmigung eines Tierversuches die Stellungnahme des durch die versuchsdurchführende Einrichtung bestellten Tierschutzbeauftragten beigefügt ist. Nach erster Prüfung des Antrags auf Vollständigkeit der Antragsunterlagen wird dieser der beratenden Kommission übergeben. Gemäß 15 Abs. 1 TierSchG ist diese Kommission zur Unterstützung der Genehmigungsbehörde, dem TLLV, bei der Entscheidung über die Genehmigung von Tierversuchen zu berufen. Alle genehmigungspflichtigen Anträge auf Tierversuche sind vor der Entscheidung durch die Genehmigungsbehörde in dieser Kommission zu beraten. Nach intensiver Beratung und Bewertung des vorgelegten Tierversuchsantrages teilt die Kommission der Genehmigungsbehörde ihre Empfehlung mit, welche eine wichtige Basis für die Entscheidung der Behörde darstellt. Die beratende Kommission setzt sich aus sieben Mitgliedern zusammen. Davon gehören vier Mitglieder wissenschaftlichen Einrichtungen an. Drei Mitglieder vertreten den organisierten Tierschutz und wurden vom Landestierschutzverband vorgeschlagen. Alle Mitglieder haben langjährige Erfahrungen bei der Genehmigung oder Durchführung von Tierversuchen oder sind selbst Tierschutzbeauftragte von Einrichtungen, die Tierversuche durchführen. Somit ist eine qualifizierte Entscheidung in diesem Gremium gewährleistet und eine fundierte Beratung der Genehmigungsbehörde gegeben. Die beratende Kommission besteht im Freistaat Thüringen bereits seit über 19 Jahren. Entsprechend der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 9. Februar 2000 beträgt die Berufungsdauer drei Jahre. Die Kommission wurde vom TMSFG das erste Mal am 30. Mai 1991 berufen. Für das große Engagement ist den Kommissionsmitgliedern an dieser Stelle zu danken. 88

90 Verbraucherschutzbericht 2010 In regelmäßigen Sitzungen der Kommission werden die Unerlässlichkeit und die ethische Vertretbarkeit jedes beantragten Versuchs beurteilt. Bei der Entscheidung, ob der Tierversuch unerlässlich ist, muss insbesondere der jeweilige Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zugrunde gelegt und überprüft werden, ob der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann. Besonderer Wert wird auf die Begründung der ethischen Vertretbarkeit durch den Versuchsantragsteller gelegt. Falls die Abwägung zwischen den zu erwartenden Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Versuchstier in Hinblick auf den Versuchszweck nicht umfassend und nachvollziehbar erfolgt, wird der Versuchsantrag an den Antragsteller mit der Aufforderung zur Stellungnahme zurückgegeben. Neben der Tierversuchskommission kann die Behörde zudem bei Fragen zu Versuchsanträgen eine Stellungnahme über die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch (ZEBET) einholen. Dies erfolgte 2010 in einem Verfahren. Im Berichtszeitraum wurden in Thüringen alle genehmigten Tierversuche (inkl. Versuche, die nach Zurückstellung durch entsprechende Änderung der Antragsteller durch die zuständige Behörde genehmigt wurden) mit Auflagen versehen. Derartige Auflagen reichen von einer schriftlichen Zwischen- oder Endberichterstattung bis zur Reduzierung der Versuchsgruppen und damit verbunden der Versuchstierzahl, wenn die Begründung für diese Zahlen nicht ausreichend war Haltung von Versuchstieren Die Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere entfaltet künftig Rechtswirksamkeit auch im Hinblick auf die Anforderungen zur Haltung und Versorgung von Versuchstieren. Auf nationaler Ebene bedarf gemäß 11 TierSchG derjenige, der Wirbeltiere zu Versuchszwecken züchtet oder hält, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. In Thüringen ist diese veterinärrechtliche Überwachungs- und Vollzugsaufgabe den VLÜÄ der Landkreise bzw. der kreisfreien Städte zugeordnet. Die Erlaubnis darf nur dann erteilt werden, wenn neben den personellen Voraussetzungen u. a. die der Tätigkeit dienenden Räume und Einrichtungen eine den Anforderungen des 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere ermöglichen. Bei der Überwachung und Beurteilung der Tierhaltungen dienen den Behörden als Entscheidungshilfe: die Leitlinien für die Unterbringung und Pflege von Tieren des Anhanges A zum europäischen Übereinkommen vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere (werden aktuell überarbeitet), Veröffentlichungen der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.v. auf dem Fachgebiet Tierversuche und Versuchstierhaltung, die Veröffentlichung der Gesellschaft für Versuchstierkunde (GV-SOLAS) Planung und Struktur von Versuchstierbereichen tierexperimentell tätiger Institutionen. Mindestens einmal jährlich werden diese Einrichtungen durch die zuständigen Behörden kontrolliert. In besonderen Fällen erfolgen die Überprüfungen in kürzeren Abständen. Neben den vorgenannten Haltungsanforderungen sind die Pflichten, welche aus der Verordnung über Aufzeichnungen über Versuchstiere und deren Kennzeichnung vom 20. Mai 1988 resultieren, entsprechend zu berücksichtigen. Gemäß 11 a TierSchG bedarf derjenige, der Wirbeltiere zur Verwendung als Versuchstiere oder zu den in 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 10 Abs. 1 oder 10 a TierSchG genannten Zwecken oder Wirbeltiere nach 4 Abs. 3 TierSchG zu dem dort genannten Zweck aus Drittländern einführen will, einer Genehmigung durch die zuständige Behörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn nachgewiesen wird, dass die Voraussetzungen des 9 Abs. 2 Nr. 7 TierSchG erfüllt sind. Im Freistaat Thüringen sind im Berichtszeitraum 2010 insgesamt elf Einfuhrgenehmigungen erteilt worden. Dabei handelte es sich vornehmlich um Mäuse Zahl der in Tierversuchen eingesetzten Versuchstiere Nach der Verordnung über die Meldung zu Versuchszwecken oder zu bestimmten ande- 89

91 Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren ren Zwecken verwendeter Wirbeltiere (Versuchstiermeldeverordnung) vom 4. November 1999 haben Personen und Einrichtungen, die Versuche an Wirbeltieren durchführen, der Genehmigungsbehörde jährlich Bericht über die Art und Zahl der für Versuche verwendeten Tiere zu erstatten. Aus diesen Meldungen wurden die in Abbildung 57 dargestellten Tierzahlen und Tierarten ermittelt. Zum besseren Vergleich für die Entwicklung der Gesamtzahl der Versuchstiere sowie der Zahl der am häufigsten zum Einsatz kommenden Ratten und Mäusen wurden die Jahre seit 2005 zusätzlich zum Berichtszeitraum berücksichtigt Mäuse Ratten Versuchstiere gesamt Abbildung 57: Zahl der Versuchstiere unter besonderer Berücksichtigung von Mäusen und Ratten im Zeitraum von 2005 bis 2010 Eine Aufschlüsselung der Zahl der Versuchstiere nach der Rechtsgrundlage für ihren Einsatz wurde in Tabelle 13 vorgenommen. Tabelle 13: Zahl der verwendeten Versuchstiere nach ausgewählten Rechtsgrundlagen Rechtsgrundlage gem. TierSchG Tierzahl 4 (3) Töten zu wissenschaftlichen Zwecken (1) Entnahme von Geweben oder Organen (1) Tierversuch Aus-, Fort- und Weiterbildung a biotechnische Maßnahme 189 Summe Beim überwiegenden Teil der Versuchstiere handelte es sich um Mäuse und Ratten, die vorwiegend bei der Erforschung und Erprobung von Methoden zur Diagnostik, Prophylaxe und Therapie, bei der Entwicklung und Prüfung von Arzneimitteln sowie in der Grundlagenforschung zum Einsatz kamen Verwendungszweck der Versuchstiere Die Verwendung der im Berichtszeitraum eingesetzten Versuchstiere wurde entsprechend der Möglichkeiten des Meldeverfahrens gemäß der Versuchstiermeldeverordnung analysiert. Es ist erkennbar, dass der größte Anteil der Versuchstiere für den Bereich der Grundlagenforschung, für die Erprobung von Methoden zur Diagnostik, Prophylaxe oder Therapie sowie zur Entwicklung und Prüfung von Arzneimitteln benötigt wurde. Zur Grundlagenforschung wurde im Jahr 2010 fast die Hälfte aller Versuchstiere verwendet. 90

92 Verbraucherschutzbericht 2010 In der Entwicklung und Erforschung von Produkten und Geräten oder Verfahren für die Medizin (Pharmakokinetik und -dynamik, Verbesserung chirurgischer Methoden) kamen im Jahr 2010 weniger als 1 % der Tiere zum Einsatz. Im Vergleich zur Grundlagenforschung wurde auch für die Aus-, Fort- und Weiterbildung mit weniger als 3 % im Berichtsjahr 2010 nur ein sehr geringer Anteil der Versuchstiere eingesetzt. Es wurden im Berichtszeitraum vermehrt gentechnisch veränderte Versuchstiere, insbesondere Mäuse, für Versuche verwendet. Nachfolgend sind einige ausgewählte Themenkomplexe von genehmigten Tierversuchen angeführt: Behandlung von Sepsis, Behandlungsmöglichkeiten der Arteriosklerose und Rheuma, neue Methoden der Krebstherapie beim Menschen, Therapiemöglichkeiten bei Herzinfarkten und Schlaganfällen, klinische Prüfungen angestrebter Arzneimittelzulassungen, Entstehung und Behandlung von Gelenkknorpeldefekten und anderer Ursachen für Gelenkschmerzen, Behandlungsverfahren der Nierenschädigung, Strategien zur Bekämpfung der Salmonellosen in Tierbeständen. In den Bereichen Aus-, Fort- und Weiterbildung stand vor allem die Befähigung und Qualifizierung von Ärzten zum Erlernen neuer Operationsmethoden, z. B. die minimalinvasive Chirurgie (Laparoskopie), im Vordergrund. Auf Grund der vergleichbaren anatomischen und physiologischen Verhältnisse beim Menschen und beim Schwein kamen hier vorrangig Schweine, aber auch teilweise Schafe als Versuchstiere zum Einsatz. 7.5 Tierschutz und Wildtiere, Jagdrecht Änderung der Jagdzeiten Aus Kreisen der Jägerschaft wurde über den Landestierschutzbeirat auf die Absicht des TMLFUN als oberster Landesjagdbehörde hingewiesen, zum 1. April 2010 in mehreren Gebieten die Jagdzeiten für Schalenwild auf dem Wege der Einzelgenehmigung durch die unteren Jagdbehörden zu verändern. Geplant war unter anderem, auch weibliche Tiere in der Zeit von 1. April bis 30. Juni für die Bejagung freizugeben. Damit stellte sich die Frage, ob diese Regelung nicht eine erhebliche und tierschutzrelevante Gefährdung für tragende Tiere bzw. Muttertiere mit Jungtieren während und kurz nach der Setzzeit bedeutete, auch wenn der Vorschlag vorsah, tragende und führende Tiere zu schonen. Es bestanden jedoch Zweifel, wie eine Unterscheidung von z. B. Schmaltieren und tragenden oder führenden Tieren in der Praxis zuverlässig sichergestellt werden kann, zumal sich die Problematik der unklaren Ansprechbarkeit bei Bewegungsjagden erheblich verstärkt. Seitens des TMSFG wurde nicht in Abrede gestellt, dass ggf. auch über Veränderungen der Jagdzeiten nachgedacht werden muss, um einen angemessenen Waldschutz zu gewährleisten, wofür nach Auffassung des TMSFG unter Vermeidung tierschutzrelevanter Aspekte eher die Jagdzeiten für männliche Tiere erweitert werden sollten. Darüber hinaus sollte die Beunruhigung von Wild in den Einständen möglichst gering gehalten werden, da dies offenbar eine wichtige Ursache für erhebliche Verbissschäden darstellt. Das TMSFG hat daher an die oberste Landesjagdbehörde appelliert, von der geplanten Regelung abzusehen. Seitens der obersten Landesjagdbehörde wurde kurze Zeit später zum einen die Veränderung der Jagdzeiten ausgesetzt und zum anderen ein Vorschlag des TMSFG für die Verwaltungsvorschrift zum Thüringer Jagdgesetz angenommen, die die Vermeidung von Beunruhigungen aller Wildarten in den Einständen beinhaltete. Jagdrechtliche Regelungen in Bezug auf den Abschuss von Katzen Weniger erfolgreich war dagegen das Bestreben des TMSFG, eine Änderung der jagdrechtlichen Regelungen in Bezug auf den Abschuss von Katzen in Thüringen zu erreichen. Sowohl im Bundesjagdgesetz wie auch in den Jagdgesetzen der Länder ist im Zusammenhang mit dem Jagdschutz vorgesehen, dass der Jagdausübungsberechtigte streunende bzw. wildernde Katzen ab einer bestimmten Entfernung von Wohnhäusern schießen darf. Der Jagdschutz dient dem Schutz des Wildes, insbesondere des jagdbaren Niederwildes wie Hasen, Rebhühnern o. ä. und soll außerdem 91

93 Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren zum Schutz der Singvögel und anderer zum Teil artgeschützter Wildtiere beitragen. Unabhängig vom Jagdschutz wird argumentiert, dass verwilderte Katzen zur Faunenverfälschung beitragen könnten (Verpaarung mit Wildkatzen). Von Seiten des organisierten Tierschutzes wird immer wieder kritisiert, dass die in den länderrechtlichen Bestimmungen festgelegte Distanz zu Wohnhäusern, ab der das Streunen bzw. Wildern von Katzen unterstellt und damit der Abschuss von Katzen legitimiert wird, zu gering sei und mit dem artgemäßen Verhalten von in menschlicher Obhut lebenden Katzen kollidiere. Außerdem wird bezweifelt, dass der Abschuss von Katzen überhaupt durch den Jagdschutz zu rechtfertigen ist. Selbst von Jägern wird in Frage gestellt, ob die derzeitigen Regelungen, die den Abschuss von Katzen erlauben, noch zeitgemäß und tatsächlich von Relevanz für den Jagdschutz sind. Hinsichtlich der Faunenverfälschung wird darauf hingewiesen, dass intensive Bemühungen bestehen, dafür Sorge zu tragen, dass freilaufende Katzen grundsätzlich kastriert sein sollten. So wird bereits darüber diskutiert, ob es auf ordnungsrechtlichem Wege möglich ist, eine grundsätzliche Kastrationspflicht für freilaufende Katzen einzuführen. Die Entfernung von Wohnhäusern, außerhalb der ein Abschuss von wildernden bzw. streunenden Katzen derzeit gestattet ist, beträgt in einigen Fällen 200 m (Thüringen, Berlin- Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz), zum Teil aber auch 300 m (Bayern, Sachsen, Niedersachsen, Hessen im Sommer) oder 500 m (Baden Württemberg, Hessen im Winter), wobei es sich um eine unvollständige Erhebung der landesrechtlichen Bestimmungen handelt. Von Seiten des TMSFG wurde deshalb angeregt, die Erforderlichkeit der jagdschutzrechtlichen Regelung zum Abschuss von Katzen zu überprüfen und zumindest eine Ausweitung des Bereiches, in dem der Abschuss von Katzen verboten ist, im Landesrecht zu verankern. Der Landestierschutzbeirat hatte dieses Vorhaben ausdrücklich begrüßt. Die Initiative fand jedoch keine ausreichende Unterstützung im Landesjagdbeirat. Auch das Bestreben, erlegte oder verendet aufgefundene Hunde und Katze in die Streckenliste aufzunehmen, fand keine Zustimmung. Eine solche statistische Erfassung existiert in Hessen und Nordrhein-Westfalen und dient nach Auskunft dieser Länder der Versachlichung der Debatte zwischen Tierschutzorganisationen und Jagdausübungsberechtigten. Die so erhobenen Daten hätten bei allen damit verbundenen Ungenauigkeiten dazu genutzt werden können, die Erforderlichkeit der Abschussregelungen für Hunde und Katzen zu überprüfen. 7.6 Überwachung anderer Tierschutzvorschriften Als ein Maßstab zur Beurteilung der Situation in Bezug auf die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorschriften und Bestimmungen können amtlich zur Kenntnis gelangte, hochgradige Verstöße gegen das Tierschutzrecht herangezogen werden. Beispielhaft hierfür wurden im Jahr 2010 vor allem Verstöße bei Hunde- und Pferdehaltungen registriert, die oft mit Wegnahmen und Haltungs- und Betreuungsverboten verbunden waren. Zudem sind nachfolgende Fälle hervorzuheben: Ständerhaltung von Pferden, Verkommene Haltungen von Hunden und Pferden, Überforderung mit der Tierhaltung Aussetzungen von Tieren, Hundezucht ohne 11-Erlaubnis, Tiertötungen oder -misshandlungen aus niederen Motiven (Rinder/Pferde/ Hunde/Ziege/Katzen), Unterlassen von notwendigen Behandlungen und/oder wissentliches Inkaufnehmen von Schmerzen/Leiden/Schäden bei den Tieren. Ein bedeutendes Problem stellte auch im Jahr 2010 das sogenannte Animal hoarding dar. Mehrere solcher Fälle hatten die VLÜÄ im letzten Jahr zu bewältigen. Sie waren oft verbunden mit der Wegnahme zahlreicher Tiere und dem Verfügen von Tierhaltungs- und Betreuungsverboten. Dabei stellt die Unterbringung weggenommener Tiere, v. a. wenn es sich um größere Tierbestände handelt, die VLÜÄ wiederkehrend vor große Probleme. Gögerschlagen Das sog. Gögerschlagen stellt einen Kirchweih- oder Kirmesbrauch dar. Der Ursprung des Brauches ist nicht hinreichend bekannt. Angaben in Literaturquellen variieren vom 92

94 Verbraucherschutzbericht Jahrhundert über die Zeit der napoleonischen Besatzung bis hin zum Ende des 19. Jahrhunderts. Im Südthüringer bzw. fränkischen Raum finden vermehrt wieder derartige Veranstaltungen zum Zwecke der Brauchtumspflege statt und stehen meist im unmittelbaren Zusammenhang mit der Kirmes. In früheren Zeiten wurde für das eigentliche Gögerschlagen ein lebendiger Hahn benutzt, der bei den Handlungen in unterschiedlicher Weise zu Tode kam. Heute wollen die Organisatoren bei diesen Veranstaltungen einen für diesen Zweck beschafften Hahn nutzen, um ihn entweder lebend unter einen Korb oder unter einen Tontopf zu setzen, damit die Teilnehmer der Veranstaltung mit verbundenen Augen mit einem Stock versuchen können, den Topf zu zerschlagen bzw. den Korb zu treffen, oder es soll der Tierkörper des nur für dieses Gögerschlagen geschlachteten Hahnes öffentlich zur Schau getragen werden. Beide Vorhaben sind mit dem Tierschutzgesetz unvereinbar und dürfen somit in dieser Form nicht durchgeführt werden. Mit Erlass des TMSFG vom 22. Oktober 2004 wurden die nachgeordneten Behörden darauf hingewiesen, dass Veranstaltungen wie das Gögerschlagen zu kontrollieren und bei Nachweis der Tierschutzwidrigkeit konsequent die Einhaltung des Tierschutzgesetzes durchzusetzen sind. Die oftmals angeführte Begründung der Veranstalter, dass nach 17 Nr. 1 TierSchG ein vernünftiger Grund vorliegen würde, da es sich um ein gesellschaftlich anerkanntes Ereignis bzw. einen gesellschaftlich anerkannten Grund handeln würde, hält in keiner Weise stand. Nach TierSchG 1 Satz 2 darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Entscheidend zur Beurteilung zum vernünftigen Grund ist dabei die Sozialadäquanz, d. h. ob der vernünftige Grund auch gesellschaftlich anerkannt ist, also sozial akzeptiert wird. Ob ein Eingriff zu Lasten des Tieres bzw. dessen Tötung aus vernünftigem Grund gerechtfertigt werden kann, ist aus Sicht der Allgemeinheit zu beantworten. Es genügt nicht, wenn der Handelnde sein Verhalten als vernünftig ansieht. Das Handlungsmotiv muss zumindest aus moralischer Sicht der Allgemeinheit gleich schwer wiegen wie der dem Tier zugefügte Nachteil. Der anwendbare Maßstab trägt normativen Charakter. Daher kommt es nicht auf die tatsächliche Übung oder Gewohnheit, sondern darauf an, was das im sittlichen Verhältnis zwischen Mensch und Tier nach Auffassung der Allgemeinheit ethisch Gesollte ist (Kommentar TierSchG Hans-Georg Kluge, 1 Rz. 52). Beim Gögerschlagen handelt es sich aus moralischer Sicht eben gerade nicht um ein gesellschaftlich anerkanntes Ereignis, bei dem der Tod eines Tieres von der Allgemeinheit ethisch gewollt ist. Die VLÜÄ haben im Berichtszeitraum mehrere derartige Veranstaltungen, z. T. auch mittels verwaltungsrechtlicher Maßnahmen, überwacht und tierschutzwidrige Handlungen im Vorfeld untersagt. Zirkuszentralregister Mit der Verordnung über die Registrierung von Erlaubnissen zur Zurschaustellung von Tieren an wechselnden Orten (Zirkusregisterverordnung) vom 6. März 2008 wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im automatisierten Verfahren zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen durch Betriebe im Sinne von 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe d TierSchG zu regeln. Notwendig wurde dies, da Vollzugsdefizite bei der Umsetzung des Tierschutzgesetzes in diesen Betrieben feststellbar waren. Bedingt durch wechselnde Zuständigkeiten der Veterinärbehörden, durch häufigen Standortwechsel, wenig Kenntnisse über vorhandene Erlaubnisse nach 11 TierSchG, kaum Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden über festgestellte Beanstandungen und erteilte Auflagen, Schwierigkeiten bei der Umsetzung angeordneter Maßnahmen infolge kurzer Verweildauer der Zirkusunternehmen am Standort und der Feststellungen, dass die Tierbestandsbücher oft nicht vorhanden oder unvollständig waren, ist die Notwendigkeit nach Einrichtung eines Zirkuszentralregisters erkannt und umgesetzt worden. Nunmehr werden alle unter diese Verordnung fallenden Betriebe unter dem Herkunftsinformationssystem Tier (HIT) /Zirkuszentralregister geführt. Im Freistaat Thüringen sind derzeit 14 dieser Einrichtungen registriert. Die tierschutzrechtlichen Kontrollen der zuständigen Behörden basieren in erster Linie auf den Festlegungen in den vom BMELV 93

95 Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren herausgegebenen Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen. Hufbeschlag Das TLLV als obere Tierschutzbehörde ist nach 2 Abs. 8 der Thüringer Verordnung über die Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Tierschutzrechts einschließlich des Hufbeschlagrechts und zur Übertragung einer Ermächtigung nach dem Hufbeschlaggesetz vom 27. Februar 2009 zuständige Behörde nach dem Hufbeschlaggesetz. Gemäß Artikel 1 des Hufbeschlaggesetzes und des Gesetzes über die Reform hufbeschlagrechtlicher Regelungen und zur Änderung tierschutzrechtlicher Vorschriften vom 19. April 2009 muss jeder, der die Tätigkeit des Hufbeschlagschmiedes selbstständig ausübt, eine staatliche Anerkennung seiner fachlichen Qualifikation hinsichtlich des sach-, fach- und tiergerechten Huf- und Klauenbeschlags nachweisen. Die staatliche Anerkennung erteilt das TLLV. Die Hufbeschlagverordnung ist dabei einschlägig und regelt die staatliche Anerkennung von Hufbeschlagschmieden, Hufbeschlaglehrschmieden, Hufbeschlagschulen. Zudem regelt sie die Ausbildung und Prüfung zum Hufbeschlagschmied und Hufbeschlaglehrschmied und legt die Voraussetzungen und Inhalte für deren Zulassung zur Prüfung, zum Einführungs- und Vorbereitungslehrgang und zur praktischen Tätigkeit fest. Im Jahr 2010 erfolgte durch das TLLV eine Bestandsaufnahme. Von den 48 angeschriebenen Personen wiesen 30 die entsprechenden Unterlagen nach und dürfen somit die Tätigkeit als Hufbeschlagschmied ausüben. Bei sechs Personen wurde die Tätigkeit aus unterschiedlichen Gründen aufgegeben. Die noch ausstehenden Nachweise von zwölf Personen sind Anlass, diese Verfahren einer weiteren Überprüfung zu unterziehen. 7.7 Tierheime und tiergärtnerische Einrichtungen Tierheime Die Entwicklung einer flächendeckenden Struktur von Tierheimen und Tierstationen in Thüringen kann als überaus positiv eingeschätzt werden. Einen bedeutenden Anteil an dieser Entwicklung haben unbestreitbar die örtlichen Tierschutzvereine durch das hohe Engagement ihrer Mitglieder und deren ehrenamtlicher Arbeit. Gleichermaßen sei an dieser Stelle erwähnt, dass auch durch einen Teil der Städte und Gemeinden viel zu dieser Entwicklung beigetragen wurde. Die Notwendigkeit und gesellschaftliche Erforderlichkeit der Tierheime steht außer Frage. Bei der Unterbringung und Vermittlung von Fundtieren und amtlich einzuweisenden Tieren erfüllen diese Einrichtungen in hohem Maße öffentliche Aufgaben. Oft ergeben sich zum Teil erhebliche finanzielle Schwierigkeiten für die Betreiber der Einrichtungen. Selbst bei der ordnungsgemäßen Erstattung aller Kosten für erbrachte Dienstleistungen muss ein nicht unerheblicher Anteil der Kosten eines Tierheimes vom Betreiber selbst getragen werden. In Thüringen sind derzeit in den gemeinnützigen Tierheimen insgesamt ca. 700 Hundeund Katzenplätze verfügbar Unterstützung des Tierheimausbaus durch den Freistaat Der Freistaat Thüringen hat bereits 1992 ein Förderprogramm für den Auf- und Ausbau von Tierheimen aufgelegt. Seitdem unterstützt er maßgeblich die Tierschutzvereine und Kommunen bei der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für Fundtiere und herrenlose Tiere. Wie bereits erwähnt, konnte inzwischen eine flächendeckende Struktur an Tierheimen und Tierstationen aufgebaut werden. Die Kontaktadressen von 28 gemeinnützigen und kommunalen Tierheimen sind der Anlage 8 zu entnehmen. Über den Zeitraum bis Ende 2010 stellte der Freistaat Thüringen fast 2,9 Mio. Euro als Fördermittel zum Aufbau von Tierheimen und Tierstationen zur Verfügung. Mit diesen Zuwendungen sowie den von Tierschutzvereinen und Kommunen aufgebrachten finanziellen Mitteln und nicht unerheblichen Spenden wurden Gesamtinvestitionen von ca. 6 Mio. Euro getätigt. Im Berichtszeitraum wurden Zuwendungen aus dem Landeshaushalt, gemäß der Richtlinie zur Förderung von Tierheimen, Versorgungsstellen für Tiere während des Transportes und tiergärtnerischen Einrichtungen in 94

96 Verbraucherschutzbericht 2010 Thüringen für die Tierheime in Höhe von Euro bewilligt. Mit den Änderungen der Verwaltungsvorschriften zu 23 und 44 Thüringer Landeshaushaltsordnung wurden die Kontrollpflichten im Rahmen der Überprüfung ausgegebener Fördermittel spürbar erweitert. Daraus resultierend ist das TLLV als zuständige Behörde für die Vergabe von Zuwendungen gebunden, während der gesamten Zweckbindungsphase jährlich die geförderten Projekte einer Prüfung zu unterziehen. Tierheime, deren Träger Zuwendungen aus Landesmitteln erhalten haben, unterliegen gemäß Haushaltsrecht des Freistaates Thüringen der Verpflichtung, während einer Zeitdauer von fünfzehn Jahren der Fördermittel ausreichenden Stelle im Rahmen der Mittelüberprüfung über die Verwendung der Fördermittel Auskunft zu geben. Dies ist Teil der Auflagen der Zuwendungsbescheide. Im Jahr 2010 wurde in sechs Tierheimen die Einhaltung der Fördermittelzwecke durch Mitarbeiter des TLLV überprüft Tiergärtnerische Einrichtungen Zoos und Tiergärten gehören zu den Kulturstätten unseres Freistaates und erfüllen somit nicht zuletzt bedeutende gesellschaftliche Funktionen. Tiergärtnerische Einrichtungen sind unter anderem Zoologische Gärten, Tierparks, öffentliche Aquarien, Schaugehege sowie Schülerfreizeit- oder Schulbiologiezentren mit einem hohen Bildungs- und Freizeitwert. Sie befinden sich größtenteils in kommunaler und vereinzelt auch in freier Trägerschaft. In Thüringen bestanden diese Einrichtungen überwiegend schon vor der deutschen Wiedervereinigung. Um die Haltungsbedingungen der in diesen Einrichtungen untergebrachten Tiere stetig verbessern zu helfen, ist auch die finanzielle Unterstützung der tiergärtnerischen Einrichtungen durch den Freistaat fester Bestandteil der v. g. Fördermittelrichtlinie. Die Vergabe dieser Fördermittel wird teilweise auch an die Bereitschaft der Tierparkbetreiber gebunden, behördlich beschlagnahmte oder aus anderen Gründen amtlich eingewiesene Tiere solcher Tierarten aufzunehmen, für die in Tierheimen keine Unterbringung möglich ist und deren Betreuung spezifische Kenntnisse erfordert. Die bisher an diese Einrichtungen ausgereichten Zuwendungen im Rahmen der Richtlinie belaufen sich nunmehr auf fast Euro bei Gesamtinvestitionen von mehr als 1,6 Mio. Euro. Über Unterstützung konnten sich im Jahr 2010 der Tierpark Eisenberg und das kommunale Tiergehege in Zeulenroda freuen. 7.8 Landestierschutzpreis Zum 16. Mal wurde im Jahr 2010 der Tierschutzpreis des Freistaats ausgeschrieben. Anlässlich der Ausschreibung betonte Ministerin Heike Taubert, dass Tierschutz ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen ist, das in vielfältiger Form vor allem von Ehrenamtlichen getragen wird. Die Thüringer Landesregierung wolle gerade dieses uneigennützige Engagement mit der öffentlichen Verleihung eines Tierschutzpreises hervorheben und anerkennen. Der Tierschutzpreis wird jedes Jahr für herausragende Leistungen bei der Betreuung und Pflege von Fund-, herrenlosen und in Not geratenen Tieren, der Schaffung von Tierheimplätzen sowie des Einsatzes für einen besseren Umgang mit Tieren einschließlich der Vermittlung des Tierschutzgedankens an Kinder und Jugendliche vergeben. Darüber hinaus sollen mit dem Tierschutzpreis beispielgebende Initiativen zur artgerechten Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere und zum tierschutzgerechten Tiertransport sowie zur Entwicklung und Anwendung von Alternativmethoden zur Ablösung von Tierversuchen gewürdigt werden. Alljährlich sind Bürgerinnen und Bürger sowie Verbände und Vereine des Freistaates aufgerufen, sich an der Ausschreibung zu beteiligen und dem Ministerium ihnen bekannte beispielhafte Initiativen vorzuschlagen. Insgesamt werden fünf Preise in einer Gesamthöhe von Euro ausgeschrieben. Aus den vielfältigen Einsendungen im Jahr 2010 wurden fünf Preisträger ausgewählt, die am Welttierschutztag, dem 4. Oktober, in einer kleinen Festveranstaltung in Markersdorf, Landkreis Greiz, durch die Ministerin ausgezeichnet wurden. Es handelte sich dabei um fünf ganz unterschiedliche Preisträger, die die breite Palette der Tierschutzengagierten widerspiegeln und an dieser Stelle erneut kurz vorgestellt werden sollen: Frau Lilli Richter aus Arnstadt, Herr Wolfgang Reißmann aus Greiz, Frau Andrea Teucher und Herr Harald Lisker aus Apolda, 95

97 Tierschutzgerechter Umgang mit Tieren Pöltzschtal Agrar GmbH aus Berga/ Elster und Familie Steinbock, Demonstrationsbetrieb ökologischer Landbau, aus Bad Lobenstein. Abbildung 58: Preisträger des Jahres 2010 Seit rund vierzig Jahren betreut Frau Lilli Richter herrenlose Katzen in Arnstadt. Besonders beachtlich ist nicht zuletzt das langjährige Engagement von Frau Richter für die herrenlosen Katzen in den Zeiten vor der Wende, als die Bedingungen für ein solches Engagement noch ungünstiger waren als heute. Die von Frau Richter praktizierte Kombination aus Fütterung und Kastration verdeutlicht, dass hier Tierschutz mit Weitblick betrieben wird. Schließlich sollen die versorgten Katzen nicht durch Nachwuchs dazu beitragen, dass die Population freilebender Katzen anwächst und noch mehr Katzen betreut werden müssen. Herr Wolfgang Reißmann kümmert sich seit über 50 Jahren um Notfälle bei Greifvögeln, Eulen und anderen Wildvögeln. In seiner Pflegestation werden hauptsächlich verschiedene Eulenarten, Bussarde, Sperber und Falken betreut. Außerdem ist er seit vielen Jahren als Beringungshelfer und als geprüfter Vogelberinger tätig. Neben der Betreuung und Auswilderung von verletzten Vögeln ist für Herrn Reißmann auch die Vermittlung des Tierschutzgedankens an Kinder und Jugendliche von großer Bedeutung. Seine Ideen und Arbeiten trugen wesentlich dazu bei, dass eine Informationseinrichtung des Ostthüringer Ornithologenvereins in Greiz von mehr als Besuchern jährlich genutzt wird. Durch seine Initiativen konnten darüber hinaus der Bestand an Schleiereulen gepflegt und etliche Bruterfolge nachgewiesen werden. In unzähligen Stunden ehrenamtlicher Tätigkeit sowie durch den Aufbau einer Tierauffangstation in Apolda war es Frau Teucher und Herrn Lisker möglich, im Laufe der Jahre weit über Tieren zu helfen, sie zeitweise tierartgerecht unterzubringen, zu versorgen und nach umfassender tierschutzgerechter Beratung an geeignete Tierhalter weiterzuvermitteln. Allein im Jahr 2009 waren es 124 Tiere. Durch die Hilfe von Frau Teucher und Herrn Lisker, der auch als Hundevater von Apolda bezeichnet wird, gelang und gelingt es immer wieder, für ausgesetzte bzw. nicht artgerecht gehaltene Tiere neue Tierhalter zu finden und so den Tieren ein tierschutzgerechtes Leben zu ermöglichen. Die Pöltzschtal Agrar GmbH hat in den letzten zehn Jahren umfangreiche Investitionen 96

98 Verbraucherschutzbericht 2010 im gesamten Bereich der Tierproduktion getätigt, die zu einer erheblichen Verbesserung der Tierhaltungsbedingungen geführt haben. Durch den kompletten Umbau der Milchviehanlage Markersdorf im Jahr 2006 und den Neubau des Melkhauses im Jahr 2007 entstand hier ein besonders tierfreundlicher und bis auf das kleinste durchdachter Milchviehstall. Unter anderem wurde ein neuer Abkalbestall mit 40 Plätzen auf Tiefstreu geschaffen. Mit Bedacht wurde außerdem ein optimaler Kälberhof errichtet. Der Betrieb ist ein Beispiel dafür, dass ökonomisches Wirtschaften in Einklang mit einer tierschutzgerechten Haltung zu bringen ist. Abbildung 59: Kälberiglus im Freien Familie Steinbock bewirtschaftet 380 ha Land, davon 140 ha Ackerfläche und 240 ha Dauergrünland nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus. Ihr Unternehmen gehört als Demonstrationsbetrieb dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau an. Der Betrieb ist ein Gemischtbetrieb mit dem Hauptproduktionszweig Milchproduktion. Kühe und Nachzucht sind in den Sommermonaten ganztägig auf der Weide. Für den Winter wurde eine großzügig bemessene Liegehalle mit Auslauf gebaut. Die Fütterung erfolgt nach den Richtlinien des Anbauverbandes und beruht auf wirtschaftseigenen Futtermitteln. Die außergewöhnlich guten Haltungsbedingungen in Verbindung mit hervorragender fachlicher Praxis schlagen sich in überdurchschnittlich hoher Fruchtbarkeit, Langlebigkeit und Vitalität der Milchkühe nieder. Der Betrieb erfährt in der gesamten Umgebung eine hohe Akzeptanz, da er nicht nur ökologisch wirtschaftet, sondern auch zur Wissens- und Wertevermittlung an Kinder beiträgt. Erfreulich ist, dass die erforderlichen finanziellen Mittel für die Vergabe des Landestierschutzpreises auch für das Folgejahr bereitgestellt werden konnten, so dass auch im Jahr 2011 verdiente Tierschutzengagierte ausgezeichnet werden können. 97

99 7.9 Beirat für Tierschutz Der Beirat für Tierschutz berät die Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit in allen Fragen des Tierschutzes. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe ist der Beirat über alle grundsätzlichen Tierschutzangelegenheiten zu informieren und hierzu zu hören. Darüber hinaus obliegen dem Tierschutzbeirat weitere Aufgaben wie: Abgabe eines Votums zu tierschutzrelevanten Rechtssetzungsvorhaben und Initiativen der Landesregierung, Erörterung aktueller Fragen des Tierschutzes, Unterbreitung von Vorschlägen zur Verbesserung der Tierschutzsituation in Thüringen, Erarbeitung von Stellungnahmen zu tierschutzrelevanten Themen, fachliche Bewertung von Beschwerden von Bürgern über tierschutzrelevante Vorfälle, Anlaufstelle für Bürger bzw. Vereine zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen administrativem und organisiertem Tierschutz, Mitwirkung bei der Umsetzung des Tierschutzgedankens in der Öffentlichkeit. Der Tierschutzbeirat wurde am 18. April 1994 erstmalig berufen. Ihm gehören zwei Vertreter des Landestierschutzverbandes sowie je ein Vertreter des Thüringer Bauernverbandes, der Thüringer Tierzuchtverbände, der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Landestierärztekammer Thüringen, des Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz sowie des Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit an. Bis zum Ende des Jahres 2010 fanden 67 Sitzungen statt. Im Berichtszeitraum befasste sich der Beirat unter anderem mit folgenden Schwerpunkten: Entscheidungen, Richtlinien und Verordnungen der EU-Kommission und des Bundesgesetzgebers zum Tiertransport, zur Nutztierhaltung sowie zur Tötung bzw. Schlachtung von Tieren, Entwürfe zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit den Abschnitten Kälber-, Legehennen-, Mastgeflügel- und Schweinehaltung sowie zur Änderung der Tierschutz-Schlachtverordnung, Entwurf eines Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Tieren, Mindestanforderungen bei der Haltung von Mastgeflügel, tiergerechte Putenhaltung, Anforderungen für Pferdefuhrwerksbetriebe, Haltungsverbot von Wildtieren im Zirkus, Zuständigkeit und Kostentragungspflicht für die Versorgung von Fundtieren und ausgesetzten Tieren, Förderung von Tierheimen und ähnlichen Einrichtungen, erweitertes Ausstellungsverbot für kupierte Hunde, Kennzeichnungspflicht für Hunde, Auswahl der Preisträger für den jährlich ausgeschriebenen Thüringer Tierschutzpreis, Einführung eines Verbandsklagerechts für Tierschutzvereine. 98

100 Verbraucherschutzbericht Überwachung des Tierarzneimittelverkehrs 8.1 Rechtliche Grundlagen Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für die Tätigkeiten des Amtstierarztes bei der Überwachung des Arzneimittelverkehrs sind nachfolgend aufgeführt: Arzneimittelgesetz (AMG), Betäubungsmittelgesetz (BtMG), Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV), Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (BtMVV), Betäubungsmittel-Binnenhandelsverordnung (BtMBinHV), Verordnung über Nachweispflichten der Tierhalter für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind (ANTHV). Von unmittelbarer Relevanz für die Überwachung des Tierarzneimittelverkehrs in Deutschland sind außerdem EU-Verordnungen zur Festsetzung von Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln. Aus Gründen des Verbraucherschutzes werden Höchstmengen für Rückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs festgesetzt. Diese Festsetzung geschieht dabei nach den allgemein anerkannten Grundsätzen der Unbedenklichkeitsprüfung. Die EU-Rückstandshöchstmengenverordnung führt sämtliche Substanzen auf, die in Arzneimitteln bei Lebensmittel liefernden Tieren angewendet werden dürfen. Außerdem werden diejenigen Substanzen genannt, für die keine Rückstandshöchstmengen festgelegt werden können, da bei jeder Konzentration eine Gefährdung des Verbrauchers vorliegen würde. Zu den verbotenen Stoffen, die in der gesamten Europäischen Gemeinschaft nicht bei Lebensmittel liefernden Tieren eingesetzt werden dürfen, zählen Chloramphenicol, Chloroform, das Zellgift Colchizin u. a.. Kernstück der nationalen Rechtssetzung ist das AMG, das in rascher Folge Novellierungen unterzogen wurde. Zweck des Gesetzes ist es, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier für die Sicherheit im Arzneimittelverkehr zu sorgen. Das AMG umfasst insbesondere die Sicherstellung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel. Auf der Grundlage der EU-Rechtssetzung wurden schließlich verstärkt die Belange des Verbraucherschutzes im Zusammenhang mit der Erzeugung von Lebensmitteln tierischer Herkunft in diesem Gesetz berücksichtigt. Vor allem nach dem Bekanntwerden eines missbräuchlichen Tierarzneimittelverkehrs wurden ab 2001 zusätzliche Regelungen für die Abgabe von Tierarzneimitteln durch den Tierarzt und die Anwendung durch den Tierhalter festgelegt. Die wichtigste, bereits zuvor gültige Bedingung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln durch den Tierarzt kann dabei nicht genügend unterstrichen werden: Der Tierarzt darf für den Verkehr außerhalb der Apotheke nicht freigegebene Arzneimittel nur abgeben, wenn sie für die von ihm behandelten Tiere bestimmt und entsprechend zugelassen sind. Gravierende Änderungen für den Bereich des Tierarzneimittelverkehrs brachten insbesondere die so genannten Fristenregelungen im Arzneimittelgesetz. Durch die Fristenregelungen soll verhindert werden, dass größere Arzneimittelvorräte in den Tierhaltungen mit Lebensmittel liefernden Tieren entstehen, über deren Verwendung der Tierhalter zuvor allzu oft alleine ohne Hinzuziehung des tierärztlichen Sachverstands entschieden hat. In diesem Zusammenhang und im Hinblick auf die Problematik der Rückstands- und Resistenzbildung sind auch die umfangreichen Dokumentationspflichten für Tierarzt und Tierhalter, die in den Folgeverordnungen festgelegt sind, zu sehen. Weitere Vorgaben für die nationale Rechtssetzung auf dem Gebiet des Tierarzneimittelverkehrs liefert die Richtlinie 2001/82/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel. In dieser Richtlinie wird die überragende Bedeutung des Verbraucherschutzes betont. Eine zusätzliche Konkretisierung erfahren die arzneimittelrechtlichen Bestimmungen für Tierärzte hinsichtlich des Betriebs der tierärztlichen Hausapotheke durch die TÄHAV. Zum einen ist hier festgeschrieben, welche räumlichen und technischen Voraussetzungen für den Betrieb einer tierärztlichen Hausapotheke vorhanden sein müssen. Zum an- 99

101 Überwachung des Tierarzneimittelverkehrs deren wird vorgeschrieben, welchen Dokumentationspflichten ein Tierarzt bei der Abgabe von Arzneimitteln an Halter Lebensmittel liefernder Tiere nachkommen muss. Ergänzt wird die Dokumentation des Tierarztes durch das so genannte Bestandsbuch des Tierhalters entsprechend der Verordnung über Nachweispflichten der Tierhalter für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind, kurz Tierhalter-Arzneimittel- Anwendungs-Verordnung". Jede Anwendung von apothekenpflichtigen Arzneimitteln bei Tieren, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, muss in diesem Bestandsbuch einzeln festgehalten werden, unabhängig davon, ob die Verabreichung des Präparates durch den Tierhalter oder den Tierarzt erfolgt. Beim Führen des Bestandsbuches ist es besonders wichtig, dass der Zeitpunkt der Behandlung und die Identität der behandelten Tiere exakt dokumentiert werden, um Schlachtungen während der Wartezeit nach einer Arzneimittelgabe zuverlässig zu vermeiden. Einen weiteren für die Überwachung relevanten Rechtsbereich stellt das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) mit seinen Folgeverordnungen dar. In den Anlagen zum BtMG sind sämtliche Substanzen aufgeführt, auf die sich die Einschränkungen für den Verkehr und besondere Maßnahmen bei der Sicherung erstrecken, da von ihnen ein besonderes Suchtpotential für Menschen ausgeht. Analog zum AMG wird die erforderliche Dokumentation im Betäubungsmittelverkehr durch eine Verordnung geregelt. Von besonderer Bedeutung für die tierärztliche Hausapotheke ist dabei der Nachweis des Verbleibs der Betäubungsmittel auf einem speziellen Formblatt, wodurch bei korrekter Handhabung jederzeit ein Abgleich zwischen dem theoretischen und dem tatsächlichen Bestand an Betäubungsmitteln in der Praxis ermöglicht wird. Die Zuständigkeit für arzneimittelrechtliche Überwachungstätigkeiten ist landesrechtlich geregelt. In Thüringen wird die Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken, der Tierhaltungen und des Einzelhandels durch die VLÜÄ der Landkreise und kreisfreien Städte durchgeführt. Die Fachaufsicht wird dabei durch das TLLV ausgeübt. 8.2 Tierärztliche Hausapotheken und landwirtschaftliche Betriebe Mit Stand 31.Dezmber 2010 gab es im Freistaat Thüringen insgesamt 353 amtlich bekannte tierärztliche Hausapotheken (THA). Von diesen wurden 86 überprüft (Abbildung 60). Die Kontrollen der zuständigen Behörden ergaben bei 37 tierärztlichen Hausapotheken Mängel bzw. Verstöße. Feststellungen betrafen u. a. mangelhafte Nachweisführung (22), Aufbewahrung der Tierarzneimittel mangelhaft (8), Mängel bei der Nachweisführung der Betäubungsmittel (4), keine ordnungsgemäße Behandlung (2) und Mängel bei Praxisfahrzeug/Autoapotheke (1). Da diese Verstöße nicht schwerwiegend waren, blieben die erforderlichen Maßnahmen auf Belehrungen (24) und Bußgeld-Verfahren (2) beschränkt. 100

102 Verbraucherschutzbericht Anzahl THA mit Beanstandungen Anzahl kontrollierter THA THA gesamt Abbildung 60: Überwachung Tierärztlicher Hausapotheken 2010 Bei den Thüringer Landwirtschaftsbetrieben wurden im Berichtszeitraum 253 Tierhaltungen tierarzneimittelrechtlich überprüft. Bei 61 Betrieben wurden Mängel festgestellt (Abbildung 61). Dabei standen eine unvollständige oder fehlende Dokumentation/AuA (Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln)- Belege (38), die Qualität der vorhandenen Tierarzneimittel (11), die Führung des Bestandsbuches (8), fehlende Bezugsnachweise (2) und die Lagerung der Tierarzneimittel (2) in der Kritik. Die Maßnahmen erfolgten in Form von Hinweisen und Belehrungen (42), schriftlichen Auflagen/Verfügungen (3) und Bußgeld-Verfahren (4). 101

103 Überwachung des Tierarzneimittelverkehrs Anzahl Betriebe mit Beanstandungen Anzahl kontr. landw. Betriebe Abbildung 61: tierarzneimittelrechtliche Überwachung der landwirtschaftlichen Betriebe In Thüringen gibt es 133 Betriebe, die einen Handel mit freiverkäuflichen Tierarzneimitteln betreiben. Davon wurden im Berichtszeitraum zwölf kontrolliert, wobei keine Beanstandungen vorlagen. Auch Personen, die Arzneimittel berufs- oder gewerbsmäßig bei Tieren anwenden, ohne Tierarzt oder Tierhalter zu sein (beispielsweise Tierheilpraktiker) sind tierarzneimittelrechtlich durch die VLÜÄ zu überwachen. Von den sieben amtlich bekannten Personen wurde im Jahr 2010 eine kontrolliert. Es gab keine Beanstandung. 8.3 Spezielle arzneimittelrechtliche Fragestellungen Der Versandhandel mit Tierarzneimitteln Bislang war es im Unterschied zu Humanarzneimitteln nicht erlaubt, Tierarzneimittel auf dem Versandwege zu vertreiben bzw. zu beziehen. Der Tierhalter war in Deutschland gesetzlich dazu verpflichtet, sämtliche Tierarzneimittel beim Tierarzt oder in einer Apotheke zu erwerben. Damit sollte insbesondere gewährleistet werden, dass Tierhalter nicht ohne fachliche Anleitung Arzneimittel bei ihren Tieren einsetzen konnten. Aufgrund eines Beschwerdeverfahrens bei der EU, das in letzter Konsequenz zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland führen kann, sah sich die Bundesregierung genötigt, das Arzneimittelgesetz im Hinblick auf ein vollständiges Versandhandelsverbot für Tierarzneimittel zu lockern und zumindest für bestimmte Arzneimittel und Tierarten den Versandhandel zuzulassen. Zwischen der Bundesregierung und den Ländern bestand Einvernehmen, dass eine solche Liberalisierung erfolgen muss. Umstritten war allerdings der Umfang der Öffnung des Versandhandels für Tierarzneimittel. Die Bundesregierung vertrat die Auffassung, dass bei sämtlichen Arzneimitteln für nicht Lebensmittel liefernde Tiere der Versand zulässig werden müsse, wohingegen die Länder die Auffassung vertraten, so wenig wie möglich Tierarzneimittel freizugeben und insbesondere verschreibungspflichtige Arzneimittel auch bei Klein- und Heimtieren weiterhin vom Versand auszuschließen. Bundesregierung und Länder interpretierten dabei die Anliegen im EU-Beschwerdeverfahren und ein Urteil des Bundesgerichtshofes unterschiedlich. Auch das TMSFG war der Ansicht, dass der Versandhandel für Tierarzneimittel nur im 102

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