- Zusammenfassende Bewertung aller Varianten
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- Arwed Maurer
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1 Aufgabenstellung: Die Stadt Grimma an der vereinigten Mulde ist auf Grund ihrer Lage in einem aufgeweiteten Talraum stark hochwassergefährdet. Im Nachgang des Augusthochwassers 2002 wurden durch die Talsperrenmeisterei Untere Pleiße umfangreiche Maßnahmen zur Beseitigung der Hochwasserschäden durchgeführt. Gleichzeitig wurden Untersuchungen zu den hydrologischen und hydraulischen Randbedingungen, zum Schadens- und Gefährdungspotenzial und zur Verbesserung des Hochwasserschutzes für die Mulden veranlasst. Ausgehend von den vorliegenden Ergebnissen sowie den Vorschlägen der Stadt, sind die möglichen Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes für die Stadt Grimma aufzuzeigen und einer vertiefenden Betrachtung hinsichtlich der bautechnischen Umsetzung und der Wirksamkeit zu unterziehen. Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich auf den Bereich zwischen dem Deich Nimbschen und der Autobahnbrücke unterhalb Golzern. Innerhalb dieses Bereiches hat die während des Hochwassers 2002 zerstörte Pöppelmannbrücke einen wesentlichen Einfluss auf die Hochwassersicherheit des Stadtgebietes bei Extremereignissen. Gliederung: - Darstellung der historischen und des Hochwassers im August Schadensbewertung des Hochwassers Der momentane Schutzgrad der Stadt Grimma - Vorschläge zur Verbesserung der Hochwasserschutzsituation in Grimma - Berechnung der Vorschläge mit dem 1-dimensionalen Wasserspiegellagenberechnungsprogramm HEC-RAS - Kostenermittlung, Konfliktpotential und Bewertung der Maßnahmen - Zusammenfassende Bewertung aller Varianten Zielstellung: Schutz der Stadt Grimma vor zukünftigen Hochwässern mit dem Ziel des Erreichens eines Schutzgrades von HQ100. Bewertung der Maßnahmen nach hydraulischen Aspekten, Kosten/Nutzen und Konfliktpotential durch Natur- und Denkmalschutz. Das Hochwasserereignis vom August 2002 übertraf alles bisher gemessene. An der Großmühle in Grimma lag der Scheitelwasserstand des Augusthochwassers 161 cm über dem hier angegebenen Höchstwasserstand vom sowie 236cm über dem Julihochwasser 1954 (vgl. Abbildung 1). Abbildung 1: Hochwassermarken an der Großmühle in Grimma und Hochwasserganglinien Pegel Golzern für HW1954, HW1974 und HW2002 (Stufa Leipzig 2002)
2 Bis ins Jahr 1433 zurückreichende Markierungen an einem Eckhaus des Grimmaer Marktes zeigen, dass der im August aufgetretene Scheitelwasserstand der größte bisher dokumentierte war. Nicht nur bezüglich des Höchstwasserstandes sondern auch hinsichtlich der Wellenlaufzeit überstieg dieses Hochwasser alles bisher Registrierte. So war der Zeitraum zwischen dem Ausrufen der Alarmstufe 1 (320cm am , Uhr) und dem Erreichen des Höchstwasserstandes (868cm am , Uhr) am Pegel Golzern 1 mit nur 28 Stunden sehr kurz (vgl. Abbildung 1). Die Ursache für die starken Zerstörungen lag aber nicht allein bei den hohen Wasserständen. Vielmehr kam es infolge des eingeengten Abflussquerschnittes und des sehr hohen Auftstaus an der Pöppelmannbrücke praktisch zu einer Umströmung dieses Fließhindernisses über die parallel verlaufenden Straßen. Abbildung 3: Grafische Darstellung der kommunalen und privaten Schäden im Muldentalkreis Es wird deutlich, dass die Schäden an privatem und kommunalem Eigentum deutlich über den übrigen, hier betrachteten Schadensgrößen liegen (vgl. Abbildung 3). Schäden an Anlagen des Straßenbaus und die Gewässerschäden fallen vergleichsweise gering aus. Das Gesamtschadensvolumen ergibt sich nach detaillierter Summierung wie folgt: Mio. ( = Kommunale Schäden) Mio. ( = Private Schäden) Mio. ( = Schäden an Straßenverkehrsanlagen) Mio. ( = Schäden an Gewässern und HWS-Anlagen) = Mio. (Gesamtschaden) Auszug aus den Lösungen: Hochwasserschutzmauer nach dem Vorschlag des Ingenieurbüros ikd Als wichtigste Schutzmaßnahme für das Stadtgebiet kommt nur die Errichtung einer Hochwasserschutzwand in Frage. Diese sollte so dicht wie möglich an der Bebauungsgrenze liegen und die bestehende Stadtmauer sowie Gebäudeaußenwände integrieren. Untersuchungen zur konstruktiven Gestaltung der einzelnen Abschnitte und zur realisierbaren Höhe wurden durch die ikd Ingenieur Consult GmbH durchgeführt (vgl. Abbildung 4). Die Grundlage
3 für die Höhen der Hochwasserschutzmauern basieren auf dem Planzustand aus der Hochwasserschutzkonzeption Mulden mit der Brücke nach Vorgabe des Architekturwettbewerbes Es wurde kein Freibord bei der Bemessung berücksichtigt. Abbildung 4: Konzeptionelle Teilabschnitte für HWS-Anlagen Durch die Gründung der Ufermauern darf der natürliche Grundwasserzufluss aus dem Stadtgebiet in Richtung Mulde nicht unterbrochen werden. Die historische Bebauung ist vor solchen Grundwasserschwankungen zu schützen (vgl. HWSK-Besprechung, 2004). Zu den Veränderungen der Grundwasserverhältnisse durch den Umbau sind detaillierte Untersuchungen im Rahmen der weiterführenden Planung notwendig. Für den Bau der HWS-Anlagen werden weitere Maßnahmen zur Entwässerung der Stadt im Hochwasserfall notwendig. Für die natürlichen Zuflüsse in Grimma müssen Siele vorgesehen werden. Zusätzlich muss ein Schöpfwerk errichtet werden, welches den von der Stadtseite kommenden Zufluss aufnimmt und in die Vorflut transportiert. Diese Hochwasserschutzmauer stellt die Grundlage und damit den wichtigsten Bestandteil für den Hochwasserschutz in Grimma dar. Eine abschnittsweise Umsetzung des Baus sollte analog der oben angeführten Planabschnitte erfolgen (vgl. Tabelle 4), da das von stromauf einströmende Hochwasser die größten Schäden in der Altstadt von Grimma angerichtet hat. Der Schutzgrad dieser Mauer ist ebenso wie die Höhe des Freibordes abhängig von der Realisierung weiterer Vorschläge zum HWS. Beispiel für eine Untersuchung mit Wasserspiegellagenmodell HEC-RAS Variantenuntersuchung zur Pöppelmannbrücke Der historischen Pöppelmannbrücke in Grimma kommt unter mehreren Gesichtspunkten besondere Bedeutung zu. Durch ihre bauliche Beschaffenheit hat die Existenz der Brücke beim Augusthochwasser 2002 erhebliche Nachteile für die Stadt und ihre Einwohner mit sich gebracht. Die massiven Stützkonstruktionen bewirken generell einen hohen Pfeilerstau.
4 Die hydraulische Leistungsfähigkeit der Brücke war durch ihre breite Pfeilerkonstruktion und den massiven Überbau stark eingeschränkt. Als die maximale Leistungsfähigkeit der Brücke im Freispiegelabfluss erreicht war stieg innerhalb kurzer Zeit der Wasserspiegel um etwa 1,50m bis zur oberen Kante des Überbaus an. Das sehr stabile Eisengeländer hat die Situation noch zusätzlich verschärft. Es setzte sich sofort mit Schwemmgut zu und trieb den Hochwasserspiegel noch weiter in die Höhe. Die Verklausung an der Pöppelmannbrücke hatte noch zusätzlichen Einfluss auf die Rückstauwirkung. Die mitunter große Wirkung einer solchen Verklausung lässt sich anhand der folgenden Abbildung 5 ableiten. Abbildung 5: Treibgutablagerungen und Überströmung der Pöppelmannbrücke Durch das Hochwasser im August 2002 wurde die Pöppelmannbrücke in Grimma in großen Teilen zerstört. Lediglich zwei Bögen auf dem linken und ein Bogen auf dem rechten Vorland sind noch intakt. Der Mittelpfeiler am ehemals größten Bogen wurde stark beschädigt. Um den HWS für den Winter 2002/2003 an der Brücke sicher zu stellen, erfolgte am die Sprengung des Stahlbeton-Mittelteils. So zerstört steht sie heute noch in der Mulde (vgl. Abbildung 6). Abbildung 6: Zerstörte Pöppelmannbrücke (Ist-Zustand) Im Mittelpunkt der Diskussion steht bis heute der originalgetreue Wiederaufbau der Pöppelmannbrücke (vgl. Abbildung 7). In dem Zusammenhang hat sich in Grimma eine Interessengruppe gebildet, die Bürgerinitiative zum originalgetreuen Wiederaufbau der Pöppelmannbrücke. Diese trägt mit entsprechenden Vorschlägen zur
5 Lösungsfindung bei. Von Seiten der Bürgerinitiative wurde bspw. die Möglichkeit der Höherlegung der gesamten Konstruktion um einen Meter angeregt. Abbildung 7: Pöppelmannbrücke vor der Zerstörung 2002 Mitte Juli 2003 wurde der Entwurf des Architektenbüros Schlaich, Bergemann und Partner Sieger des Architektenwettbewerbs zum Wiederaufbau der Pöppelmannbrücke. Die Ausschreibung zielte auf den Aufbau einer Brücke unter größtmöglicher Erhaltung der Altbausubstanz ab. Er sieht vor, die neue Brücke über dem Pöppelmannschen Torso an einer asymmetrischen Hängekonstruktion zu befestigen. Zwar konnten die Stuttgarter Architekten die Jury überzeugen, nicht aber den Großteil der Grimmaer. Daher wird es voraussichtlich nicht zur baulichen Umsetzung dieses Modells kommen. Ursprünglich wollte man die Veröffentlichung des HWSK für die Mulde im Regierungsbezirk Leipzig abwarten, um eine diesbezügliche Entscheidung zu treffen. Bis heute hat die Stadt Grimma jedoch noch keinen entsprechenden Beschluss gefasst. Der Entwurf weist eine schlankere Form und einen größeren Abflussquerschnitt auf (vgl. Abbildung 8). Abbildung 8:die Pöppelmannbrücke nach dem Entwurf des Architektenbüros Schlaich, Bergemann und Partner (Quelle: Stadt Grimma) Zuletzt besteht noch die Möglichkeit, die Brücke im zerstörten Zustand zu belassen. Sollte es aus wasserbaulicher Sicht notwendig werden, muss der komplette Rückbau der noch vorhandenen Teile der Brücke erfolgen. Hydraulischen Auswirkungen der Varianten Das Querprofil der originalen Pöppelmannbrücke ist gekennzeichnet vom sehr beschränkten Hochwasserabflussquerschnittes. Die Brücke weist einen Aufstau bei HQ100 von 1,01m auf. Sie ist bis zur Konstruktionsoberkante vollständig eingestaut und wird überströmt (vgl. Abbildung 9).
6 Abbildung 9: Vergleich der aller Brückenvarianten mit dem Zustand ohne Brücke für das Bemessungs-HQ100 Tabelle 1: Vergleich der Absenkung und Aufstauhöhen aller Brückenmodelle mit dem Zustand ohne Brücke WSP Oberwasser (mhn) Brückenbereich WSP Unterwasser (mhn) Aufstau (m) Absenkung gegenüber Pöppelmannbrücke im Zustand vor 2002 (m) Oberhalb des Wehres Höhe bei km (mhn) Absenkung zur Pöppelmannbrücke im Zustand vor 2002 (m) Originale Pöppelmannbrücke im Zustand vor ,54 129,53 1,01 131,25 Pöppelmannbrücke mit um 1m angehobenen Oberbau 130,24 129,56 0,68-0,30 131,03-0,22 Brücke nach Vorgabe des Architekturwettbewerbes im Sommer ,96 129,57 0,39-0,58 130,82-0,43 Ohne Brücke 129,63 129,57-0,91 130,60-0,65 Kostenermittlung Die folgenden Kosten für die jeweilige Brückenvariante beruhen auf sehr groben Schätzungen und sind nicht als verbindlich anzusehen. - Originaler Wiederaufbau der Pöppelmannbrücke: ca.3 Mio. - Neubau der Pöppelmannbrücke mit um 1 Meter angehobenen Oberbau: ca.10 Mio. - Pöppelmannbrücke nach dem Entwurf des Architektenbüros Schlaich, Bergemann und Partner: ca.3 Mio. (grob geschätzte Summen vom Herrn Brauneis aus dem Straßenbauamt Döbeln Abt. Konstruktiver Ing.-Bau) - Rückbau der noch vorhandenen Konstruktion: ca.0,3 Mio. (ermittelt aus Kubaturen der noch vorhandenen Konstruktion) Konfliktpotential Durch den hohen kulturhistorischen Wert der originalen Brücke bietet diese Betrachtung ein extremes Konfliktpotential. Die Diskussion um die unterschiedlichen Varianten zur Pöppelmannbrücke ist in Grimma ein Thema von hohem öffentlichen Interesse. Eine einheitliche Meinung gibt es unter den verschiedenen Interessengruppen in Grimma nicht.
7 Einige Bürger befürworten trotz der Gefahr, die von der Brücke im Hochwasserfall ausgeht, ihren originalen Wiederaufbau. Andere, vor allem die Bewohner der Altstadt selbst, sprechen sich gegen den Wiederaufbau der Pöppelmannbrücke aus. Bewertung Auf Grund des durch die historische Brücke deutlich erhöhten Gefährdungs- und Schadenspotenzials für die Die sicherste Lösung für die Stadt Grimma ist der komplette Abriss der noch vorhandenen Brückenteile der Pöppelmannbrücke. Unter Beibehaltung der Höhe der Hochwasserschutzmauern würde der Freibord ohne Brücken zwischen 0,20-0,30m liegen. Zusammenfassende Bewertung der untersuchten Maßnahmen Aus hydraulischer Sicht ist aus der Fülle der Vorschläge nur der Rückbau der Pöppelmannbrücke zu empfehlen. Ungeachtet ihrer kulturhistorischen Bedeutung wäre dies die effektivste Lösung. Die Kosten für den Rückbau der Brücke wären mit Abstand am niedrigsten und zögen weitere Einsparungen beim Errichten der HWS-Mauer nach sich. Das Schadenspotential für Grimma ist ohne Pöppelmannbrücke am geringsten. Bei dieser Ausführung wären weitere hydraulische Maßnahmen nicht zwingend erforderlich. Bei der momentan vorgeschlagenen Höhe der HWS-Mauer gäbe es bereits einen Mindestfreibord von 0,22m.
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