Im Einsatz mit Ärzte für die Dritte Welt (German Doctors)
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- Johannes Dresdner
- vor 8 Jahren
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1 Im Einsatz mit Ärzte für die Dritte Welt (German Doctors) Ein Bericht von Dr. med. Gudrun Werbe 1. Die Idee Ärzte für die Dritte Welt oder German Doctors, wie die Organisation auch heißt, wurde1983 von Pater Bernhard Ehlen gegründet, um den Ärmsten der Armen einen Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Die Idee ist es, mit relativ geringem finanziellen Aufwand möglichst vielen Menschen effektiv zu helfen. In der Dritten Welt verlaufen noch viele Krankheiten folgenschwer oder tödlich, die mit modernen Medikamenten vermieden oder geheilt werden können. Insbesondere die Kinder- und Müttersterblichkeit war und ist ein großes Problem. In vielen Slums waren kirchliche Einrichtungen und Gesundheitszentren vorhanden, es gab auch Schwestern, nur die Ärzte fehlten. Deshalb wurden Ärzte für sechs Wochen - die Dauer eines Jahresurlaubs - dorthin geschickt. Durch den Einsatz dieser Kollegen und einheimischer Helfer konnte eine große Organisation aufgebaut werden, die jährlich Millionen von Euro für Arztprojekte, Ergänzungs- und Partnerprojekte ausgibt. Die Arztprojekte umfassen Krankenhäuser, zum Teil mobile Ambulanzen, Ergänzungsprojekte, Feeding Programme, ein Tuberkulosekrankenhaus, Diabetiker- und Hochdruck-Clubs, Mütterschulen, in denen auch Empfängnisverhütung besprochen wird, Ernährungsberatung und Schulprogramme. Es gibt 17 Ergänzungsprogramme und 101 Partnerprojekte, z.b. Brunnenbau, Latrinenbau, Agrar- und Umweltschutzprogramme, Erziehungsprogramme und Sozialarbeit. Auch Einkommen schaffende Maßnahmen und Kleinkredite, die zu 25% von Ärzte für die Dritte Welt und zu 75% vom BMZ, der GTZ und dem AA getragen werden gehören dazu. Es gab 12 Arzt-Projekte in Afrika, Asien und Nicaragua. Einige mussten aufgegeben werden. Manchmal war es zu gefährlich, manchmal waren sie überflüssig geworden, wie in Venezuela, wo Präsident Chavez kubanische Ärzte ins Land holte, von denen sich einige direkt neben unserer Station niederließen. Wie schafft man es, jährlich über 300 Ärzte verschiedener Fachrichtungen in 12 verschiedenen Einrichtungen für sechs Wochen sinnvoll einzusetzen? Das ist eine e- norme logistische Aufgabe, die von der Zentrale in Frankfurt bewältigt werden muss. Die Kollegen werden überlappend eingesetzt, jeweils nach drei Wochen erfolgt ein Wechsel. Ein Langzeitarzt ist mehrere Monate, manchmal Jahre, vor Ort. Sehr engagierte einheimische Mitarbeiter bereiten vor Ort die Einsätze vor.es gibt intensive Vorbereitungskurse für jedes Projekt. Verbindliche Medikamentenlisten und Vorgaben nennen die Therapien, die angewendet und bezahlt werden können. Bei Abweichungen kann man in Frankfurt Rücksprache halten. In einem so genannten Blue Book werden die häufigsten Krankheiten mit der entsprechenden Therapie beschrieben. Die 6-Wochen-Ärzte arbeiten unbezahlt. Sie bezahlen die Hälfte der Flugkosten, tragen Gebühren für Visa und Impfungen etc. selbst. Alles weitere (außer Ausflügen)
2 ist frei. Man wohnt mit Kollegen in einem Haus, wird von einheimischen Mitarbeitern bekocht und versorgt, fast wie zu Kolonialzeiten. Tab.1: Anzahl der Fachärzte in allen Projekten im Jahre 2010 Tab. 2: Gesamtzahl der Einsätze der Ärzte in den derzeit laufenden Projekten Man sieht, dass besonders viele Kinderärzte und Allgemeinärzte, aber auch Gynäkologen und Internisten beteiligt waren. Dermatologen sind ebenfalls sehr willkommen, weil es gerade in den Slums in Asien viele schwere Hauterkrankungen gibt. 2
3 2. Die Rolling Clinic Über meine Tätigkeit auf Mindanao möchte ich etwas ausführlicher berichten. Ich habe dreimal auf den Philippinen auf Mindanao und einmal in Chittagong Bangladesh gearbeitet. Beim ersten Mal 2006 wurde ich gleich dreimal für die Rolling Clinic eingeteilt. In Cagayan d Òro führen Ärzte für die 3. Welt ein Krankenhaus mit 55 Betten, das dem Xavier University Community Health Center, kurz CHCC angeschlossen ist. Hier führt Dietmar Schug schon seit vielen Jahren die Verwaltung für alle Projekte auf den Philippinen. Dr. Fudalan, ein Philippino, ist Chefarzt und auch verantwortlich für die beiden anderen Krankenhäuser auf Mindanao, in Valencia und Buda sowie für die Rolling Clinic. Er lehrt an der Xavier Universität und hat durchgesetzt, dass alle Medizinstudenten an einer Rolling Clinic teilnehmen müssen, um die Probleme des Landes kennenzulernen. Er verabschiedet die Rolling Clinic Teams zusammen mit Dietmar Schug, der den Ärzten Verpflegungsgeld für zehn Tage mitgegeben hat. Mit Notfallkoffer, Kühltaschen für die Impfstoffe, Infusionen, Medikamenten, Nahtmaterial, Reiskocher, Schlafsack, Luftmatratze, Moskitonetz und Rucksack mit Kleidung für zehn Tage quetschen sich Fahrer, Doktor, ein bis zwei Schwestern, manchmal noch ein Medizinstudent oder Zahnarzt in den Jeep. Die Fahrt in die Einsatzorte hoch in den Bergen, durch traumhafte Landschaften, ist abenteuerlich. Es geht über unbefestigte Wege, mal durch Flüsse, an steilen Abhängen entlang zu den Bergdörfern. Oft kommt der Interpreter (Übersetzer, Kontaktperson vor Ort), der in der Region wohnt, mit dem Motorrad entgegen, um uns zu führen. Zu manchen Dörfern muss man zu Fuß gehen. Er hat mit den Health Workers den Praxisort vorbereitet. Das kann eine Schule, eine Kirche, eine Barangay Hall (eine Art Markthalle) oder bestenfalls ein schönes Health Center sein, in dem man eine Liege in einem abgeschlossenen Raum hat. Die Patienten kommen zu Fuß oder mit dem Pferd oder Carabao, das sind Wasserbüffel. Der Interpreter, der auch mal als Fahrer fungiert, übersetzt, die Pharmazie gibt die Medikamente aus. Auf blauen Karteikarten werden Befund und Therapie festgehalten. Auf einer Karte mit Piktogrammen, die eine aufgehende, eine strahlende und eine untergehende Sonne zeigen, werden die 3
4 Einnahmeanweisungen notiert. Viele der Patienten sind Analphabeten. Die meisten Patienten sind Kinder. Viele sind unterernährt, aber so schwere Vitaminmangelzustände wie in den Städten sieht man auf dem Lande eigentlich nicht. Die häufigsten Erkrankungen sind cough and cold, Otitis, Lymphadenitis (hier muss man an TBC denken), Durchfall und Fieber, Hauterkrankungen wie infizierte Scabies und Würmer. Manchmal erscheinen Patienten mit schweren Anämien, zum Beispiel bei Befall mit Hakenwürmern. Die Erwachsenen haben oft Rücken- und Magenschmerzen und sie sind häufig sehr dünn, 30 bis 35 kg Körpergewicht ist keine Seltenheit. Es gibt viele Schilddrüsenerkrankungen sowie Verletzungen nach Unfällen. Typische Tropenerkrankungen kommen vor, sind aber selten und meist auf bestimmte Regionen beschränkt. Erkrankungen an Malaria habe ich nur zweimal gesehen, eine davon entpuppte sich im Krankenhaus als Typhus. Das Denguefieber kommt häufiger vor. Schwere Fälle werden nicht in unseren Häusern, sondern in Staatlichen Kliniken mit Intensivstation behandelt. Man fragt sich schon manchmal, lohnen sich Anstrengung und Aufwand, wenn man nur wenige, nicht sehr kranke Patienten in einem Dorf gesehen hat - es können aber auch 120 im nächsten Dorf sein. Dr. Fudalan hat in einem Vortrag in Berlin gesagt, dass durch die kontinuierlichen Besuche der Rolling Clinic die Kindersterblichkeit in Bukidnon, einer von uns besuchten Region, auf das niedrigste Niveau in den ganzen Philippinen gesunken sei. So wirkt sich langfristig unser Einsatz auch auf die Politik aus, und an manchen Orten werden wir überflüssig werden, weil einheimische Ärzte sich entschließen, im Land zu bleiben, die jetzt noch zum Teil als Pfleger in die USA auswandern. 4
5 3. Projekte und Partnerprojekte Kenia Nairobi Sechs deutsch Ärzte /innen arbeiten ständig in einer festen Ambulanz im Mathare Valley Slum, der so genannten Baraka. (seit 1997) Wir arbeiten unter dem Dach der Erzdiozese von Nairobi. Ein HIV Programm ist über das Catholic Medical Mission Board in das Staatliche HIV- Programm eingebunden. So wurden 2010 insgesamt HIV-positive Pat. behandelt, erhielten eine anti-retrovirale Therapie. Inzwischen gibt es auch ein antenatal care Programm für HIV-positive Mütter. AIDS Relief finanziert einen Teil dieses Programms. Daneben gibt es ein Feeding Center und Essensausgaben für Schulkinder, hier ist UNICef beteiligt. Einmal wöchentlich kommt ein einheimisches Zahnarztteam. Sierra Leone Serabu (seit 2010) Hier ist mit Hilfe der EU ein im Bürgerkrieg zerstörte Communit Hospital neu aufgebaut worden und 2009 neu eröffnet worden. Die German Doctors, bis zu vier Kollegen, arbeiten im Krankenhaus mit, bevorzugt Kinderärzte, Chirurgen und Gynäkologen. Sie beteiligen sich an der Ausbildung des einheimischen Krankenhauspersonals, der Gesundheitshelfer und Hebammen. Mit Hilfe des Projekts wird angestrebt, in fünf bis sieben Jahren eine einheimische Gesundheitsversorgung aufzubauen. Allerdings ist es schwer, einheimische Ärzte in diese ländliche Region zu locken. Bangladesh Chittagong (seit 2000) Zwei German Doctors halten eine feste Sprechstunde in Father Boudreau`s Medical Center. Geräte, Sono, Röntgen, EKG und Labor werden gemeinsam genützt. Fachsprechstunden durch Ärzte der Universität können von uns in Anspruch genommen werden. Feeding Programm, Feeding Station für unterernährte Kinder. Dhaka (seit 1989) Zwei German Doctors Partner: The Glory Welfare Social Organisation Eigenlich arbeiten wir selbstständig, haben aber für Bangladeh noch keine Anerkennung als NGO, wie z.b. auf den Philippinen, aber Registrierung als Social Welfare Organisation. Tägliche Slumambulanzen und eine feste Ambulanzsprechstunde. Stationäres Feeding Programm für 10 Kinder. Slumschulen werden gefördert. Indien Kalkutta (seit 1983) Hier arbeiten acht deutsche Ärzte/Ärztinnen und inzwischen 50 einheimische Helfer. Partner: Kooperation mit der lokalen Hilfsorganisation Howrath South Point, die sich auf die sich um behinderte Slumkinder kümmert. Drei Teams der Arzt bieten Slum- 5
6 ambulanzen an. Zwei Kollegen arbeiten im einer nahen Kleinstadt und bieten Ambulanzdienst an Bahngleisen an. Daneben gibt es ein Tuberkulosekrankenhaus für Frauen und eines für Kinder, das St. Thomas-Home für Frauen, das Pushpa-Home für Kinder und eine Station für schwer unterernährte Kinder. Wir arbeiten eng mit staatlichen DOTS-Zentren (Directly Observed Treatment Short Courses) zusammen. Impfungen werden von uns übernommen, wenn die Patienten nicht an den staatlichen Impfungen teilnehmen konnten wurden etwa Patienten von uns behandelt und geimpft. Von unseren Patienten hat Pro Interplast Seligenstadt in Kalkutta 40 Herzoperationen, 12 Wirbelsäulenoperationen und 10 weitere Operationen übernommen. In Kalkutta gibt es noch Lepra und Erblindungen durch Vitamin- A-Mangel. Philippinen Cebu Hier arbeiten zwei deutsche Ärzte in den den Slums, versorgen Menschen, die auf Friedhöfen und in armen Fischerdörfern wohnen Manila (seit 1983) Hier arbeiten vier deutsche Ärzte. Es gibt ein Gesundheitszentrum in Bagong Silang. Von dort starten täglich Rolling Clinics in ausgewählte Slumgebiete von Manila und der Provinz Rizal, sowie in die Müllbergen von Quezon City. Hinzu kommen zwei Rolling Clinics auf der Insel Mindoro vor Manila, die die indigene Dorfbevölkerung versorgen. Mindanao Krankenhäuser in Cagayan, Valenna und Betida. Nicaragua Ocotal Hier arbeiten zwei Ärzte/Ärztinnen, darunter immer ein Zahnarzt. Partner ist die Asociacion Vida Nueva. Sie kümmert sich um Straßenkinder und misshandelte Mädchen. 6
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