Charakterisierung der Pathogenität und Transmissibilität von 2009 pandemischen H1N1 Influenza A Viren in Kleintiermodellen

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Charakterisierung der Pathogenität und Transmissibilität von 2009 pandemischen H1N1 Influenza A Viren in Kleintiermodellen"

Transkript

1 Charakterisierung der Pathogenität und Transmissibilität von 2009 pandemischen H1N1 Influenza A Viren in Kleintiermodellen Dissertation Anna Otte Hamburg 2013 Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) am Fachbereich Biologie in der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften an der Universität Hamburg

2 Korrigierte Fassung

3 Die Untersuchungen zur vorliegenden Arbeit wurden von Juli 2009 bis Oktober 2013 am Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie, Direktor: Prof. Dr. Thomas Dobner, Fachbereich Biologie der Universität Hamburg, unter der Leitung von PD Dr. Gülsah Gabriel durchgeführt. Angenommen vom Fachbereich Biologie der Universität Hamburg am: Erstgutachter: PD. Dr. Gülsah Gabriel Zweitgutachter: Prof. Dr. Thomas Dobner Tag der mündlichen Prüfung am: Mitglieder der Prüfungskommission: Prof. Dr. Jörg Ganzhorn Prof. Dr. Wolfram Brune PD. Dr. Gülsah Gabriel

4 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Influenza A Viren Taxonomie Virionstruktur Genomaufbau Replikationszyklus Wirtsspektrum und Evolution Epidemiologie im Menschen Influenza-Epidemien Influenza-Pandemien Influenza-Zoonosen Pathogenese im Menschen Adaptive Mutationen und Pathogenitätsdeterminanten im Säuger pandemische H1N1 Influenza (2009 ph1n1) Epidemiologie der 2009 ph1n1 Influenza Ursprung der 2009 ph1n1 Influenzaviren Pathogenese der 2009 ph1n1 Influenza Pathogenitätsdeterminanten der 2009 ph1n1 Influenza Tiermodelle in der Influenzaforschung Mäuse Meerschweinchen Frettchen Weitere Tiermodelle Zielsetzung dieser Arbeit Material Chemikalien, Lösungen und Puffer Kulturmedien und -zusätze Enzyme, Reaktionssysteme und Zusätze Primer Plasmide und Vektoren Virusstämme Bakterienstämme Eukaryotische Zelllinien Versuchstiere Antikörper Narkotika, Analgetika und Zusätze Verbrauchsmaterialien I

5 2.13 Geräte Methoden Molekularbiologische Methoden Isolierung von viraler RNA Design von PCR-Primern Sequenzierung viraler RNA Klonierung viraler DNA Zweistufige RT-PCR DNA-Gelelektrophorese Ligation Restriktionsverdau Transformation kompetenter E. coli-bakterien Zielgerichtete PCR-Mutagenese Plasmidamplifikation in E. coli Bakterien Plasmidpräparation Archivierung plasmidtragender E-coli Bakterien Bestimmung Polymeraseaktivität Transfektion von HEK293T-Zellen Messung der relativen Polymeraseaktivität Zytokinbestimmung mittels enzymgekoppeltem Immunadsorptionstest (ELISA) Zellkultur Kultivierung Archivierung Virologische Methoden Virusanzucht Anzucht im Hühnerei Anzucht in MDCK-Zellen Reverse Genetik Generierung rekombinanter ph1n1 Viren Virusgenotypisierung Hämagglutinationstest Hämagglutinationsinhibitionstest Titerbestimmung mittels Plaquetest Wachstumskurven von Viren Tierexperimentelle Methoden Narkose und Tötungsmethoden Infektion und Überlebensversuch (MLD 50 -Bestimmung) Blutentnahme, Organentnahme und Nasenspülung Herstellung von Organhomogenaten Zellzahlbestimmung in Vollblut mittels Hämatologiegerät II

6 3.4.6 Transmissionsversuche Histologische Methoden Präparation von Gewebeschnitten Entparaffinierung und Rehydrierung von Gewebeschnitten in situ-hybridisierung Herstellung der in situ-sonde Permeabilisierung der Gewebeschnitte Hybridisierung der Gewebeschnitte Posthybridisierung Autoradiographie und Entwicklung Hämatoxylin-Eosin Färbung Immunhistochemische Färbung Ergebnisse Klinische Isolate der 2009 pandemischen H1N1 Influenza (2009 ph1n1) Sequenzanalyse der 2009 ph1n1 Virusisolate Wachstumsverhalten der 2009 ph1n1 Influenzaviren in humanen Lungenzellen Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Mausmodell Pathogenität und Virulenz der 2009 ph1n1 Viren im Vergleich zu alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in BALB/c und C57BL/6J Mäusen Organtropismus der 2009 ph1n1 Viren im Vergleich zu alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in BALB/c und C57BL/6J Mäusen Virustropismus der 2009 ph1n1 Viren im Vergleich zu alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in der Lunge von BALB/c und C57BL/6J Mäusen Blutbild nach Infektion mit 2009 ph1n1, alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in BALB/c und C57BL/6J Mäusen Th1/Th2-Immunantwort nach Infektion mit ph1n1, alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in BALB/c und C57BL/6J Mäusen Rekombinante 2009 ph1n1 Influenzaviren (2009 ph1n1rek) Generierung von 2009 ph1n1rek Influenzaviren Charakterisierung der 2009 ph1n1rek Influenzaviren im C57BL/6J Mausmodell Pathogenität der 2009 ph1n1rek Influenzaviren in C57BL/6J Mäusen Tropismus der 2009 ph1n1rek Influenzaviren in der Lunge von C57BL/6J Mäusen Lymphozytenwerte nach Infektion mit 2009 ph1n1rek Influenzaviren in C57BL/6J Mäusen Analyse der Mutationen im Hämagglutinin und Nukleoprotein Rezeptorbindungseigenschaften der 2009 ph1n1 Influenzaviren Polymeraseaktivität der RNP-Komplexe der 2009 ph1n1 Influenzaviren in humanen Zellen Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Meerschweinchenmodell III

7 4.7.1 Virustropismus der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Respirationstrakt von Meerschweinchen Transmissionseigenschaften der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Meerschweinchen Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Frettchenmodell Virustropismus der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Respirationstrakt von Frettchen Transmissionseigenschaften der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Frettchen Diskussion Charakterisierung von 2009 ph1n1 Influenzaviren Unterschiedliche Pathogenitätsdeterminanten für 2009 ph1n1 und humane H5N1 Influenzaviren im Mausmodell Differenzielle Pathogenität von 2009 ph1n1 Influenzaviren im C57BL/6J Modell Einzelne Mutationen in NP und HA sind für die differenzielle Pathogenität im C57BL/6J Modell verantwortlich Pathogenität und Replikationseigenschaften von 2009 ph1n1 Influenzaviren in Meerschweinchen und Frettchen Differenzielle Transmissionseigenschaften von 2009 ph1n1 Influenzaviren in Meerschweinchen und Frettchen Eine höhere Pathogenität von HH15 im Vergleich zu HH Zusammenfassung Summary Literaturverzeichnis Anhang Abkürzungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abbildungsverzeichnis Primerlisten Veröffentlichungen, Vorträge und Posterpräsentationen Wissenschaftlicher Werdegang Danksagung Eidesstattliche Erklärung IV

8 Einleitung 1 Einleitung In dieser Arbeit wurden zwei klinische Isolate der 2009 pandemischen H1N1 Influenza in vitro und in vivo in verschiedenen Tiermodellen charakterisiert. Da bisher bekannte Signaturen der Pathogenität und der Anpassung von Influenzaviren im Menschen in den 2009 pandemischen H1N1 Influenza A Viren nicht gefunden wurden, war das Ziel dieser Arbeit neue Determinanten zu identifizieren. Daher werden im Folgenden zuerst die Biologie und Epidemiologie von Influenza A Viren zusammengefasst, sowie die molekularen Grundlagen der Adaptation und der Pathogenität im Menschen beschrieben. Darauf folgt eine detailliertere Ausführung zu den bisher bekannten Charakteristika der 2009 pandemischen H1N1 Influenza. Im letzten Teil der Einleitung werden Tiermodelle, die in dieser Arbeit verwendet wurden, vorgestellt. 1.1 Influenza A Viren Taxonomie Influenza A Viren gehören zur Familie der Orthomyxoviridae und besitzen ein segmentiertes und negativ-orientiertes einzelsträngiges RNA-Genom (Palese und Shaw, 2007). Die Virionen sind von einer Lipid-Doppelschicht umgeben und somit zählen die Orthomyxoviridae zu den behüllten Viren. Eine weitere Besonderheit von Influenza A Viren, im Vergleich zu den meisten anderen RNA-Viren, ist, dass sie im Zellkern des Wirtsorganismus transkribieren und replizieren. Deshalb sind sie auf den effizienten Import ihrer Viruspolymerase in den Zellkern sowie die Interaktion mit weiteren zellulären Faktoren angewiesen (1.1.4). Neben den Influenzaviren A, B und C gehören die Gattungen Thogotovirus, Quarjavirus und Isavirus zu den Orthomyxoviridae (Presti et al., 2009). Einige der Thogotoviren und der kürzlich neu klassifizierten Quarjaviren wurden bisher in erster Linie aus Vögeln und Zecken isoliert, können jedoch auf Säugetiere, darunter auch den Menschen, übertragen werden (Butenko et al., 1987; Presti et al., 2009; Davies et al., 1986). Der Gattung der Isaviren ist das Virus der infektiösen Lachsanämie (Infectious Salmon Anemia Virus) untergeordnet, das eine Erkrankung bei Lachsen auslöst (Mjaaland et al., 1997). Die verschiedenen Influenzaviren werden nach der Antigenität des viralen Nukleoproteins und des viralen Matrixproteins unterschieden und sind in Influenza A, B und C Viren gegliedert. Die drei Arten unterscheiden sich in der Anzahl der Genomsegmente sowie in ihrem Wirtsspektrum (Palese und Shaw, 2007). Influenza A Viren können eine Vielzahl unterschiedlicher Spezies infizieren (1.1.5), während Influenza B Viren bisher nur in Seehunden und Menschen nachgewiesen wurden. Das Genom beider Virusarten ist in acht 1

9 Einleitung Segmente unterteilt. Influenza C Viren haben hingegen sieben Genomsegmente. Die Funktionen der viralen Oberflächenproteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) sind im Hämagglutinin-Esterase-Fusionsprotein (HEF-Protein) von Influenza C Viren kombiniert (Palese und Shaw, 2007). Eine Infektion mit Influenza C Viren konnte bisher nur für Schweine und Menschen gezeigt werden (Guo et al., 1983). Die Nomenklatur der einzelnen Influenza A Virusstämme setzt sich aus der jeweiligen Art der Wirtsspezies, aus der es isoliert wurde, dem Isolationsort, der Laufnummer der Probe und dem Jahr der Virusisolierung zusammen. Influenza A Viren werden zusätzlich nach ihren Oberflächenproteinen HA und NA in Subtypen klassifiziert, da diese im Gegensatz zu den viralen Kernproteinen größeren genetischen Veränderungen unterliegen. Derzeit sind 17 verschiedene HA-Subtypen bekannt und neun verschiedene NA-Subtypen, welche jeweils nach ihrer Identifizierung nummeriert werden (Wright et al., 2007; Tong et al., 2012) Virionstruktur Die behüllten infektiösen Viruspartikel von Influenza A Viren haben meist eine sphärische Form mit einer Größe von nm im Durchmesser (Webster et al., 1992; Nayak et al., 2009). Viruspartikel konnten jedoch besonders in klinischen Isolaten auch in filamentöser Form nachgewiesen werden. Die Morphologie der Virionen wird Studien zufolge von verschiedenen viralen und auch zellulären Determinanten bestimmt, wobei die Funktion unterschiedlich geformter Viruspartikel bisher noch nicht geklärt werden konnte (Rossman und Lamb, 2011). Die Oberfläche der Virionen besteht aus einer Lipiddoppelschicht, welche sich aus der Zellmembran der Wirtszelle ableitet (1.1.4; Rossman und Lamb, 2011). In die äußere Hülle sind drei verschiedene virale Transmembranproteine integriert, das Hämagglutintin (HA), die Neuraminidase (NA) und das Ionenkanalprotein M2 (Abb. 1B). Die extramembranen Anteile der Glykoproteine HA und NA sind in elektronenmikroskopischen Abbildungen als sogenannte Spikes auf der Oberfläche der Virionen auszumachen (Abb. 1A; Nayak et al., 2009). Das virale HA-Protein kommt dabei im vierfachen Verhältnis zu NA vor (Palese und Shaw, 2007). An der Innenseite der Lipidhülle befindet sich eine weitere Hülle des Virions, das aus dem Matrixprotein M1 gebildet wird. Die M1-Matrix umgibt das in acht Segmente unterteilte virale Genom im Inneren, welche als Ribonukleoprotein-Komplexe vorliegen (Palese und Shaw, 2007). In diesen Komplexen wird die virale RNA von Nukleoproteinmonomeren enkapsidiert und ist an beiden Enden mit der viralen Polymerase assoziiert (Abb. 1B; 1.1.3; Boivin et al., 2010; Resa-Infante und Gabriel, 2013). Des Weiteren ist noch das Kernexportprotein (NEP oder NS2) im Viruspartikel nachzuweisen, welches im 2

10 Einleitung Replikationszyklus den Export von neu synthetisierten RNP-Komplexen aus dem Zellkern reguliert (Palese und Shaw, 2007). Abb. 1: Morphologie von Influenza A Virionen. A) Kolorierte elektronenmikroskopische Aufnahme von Influenzaviruspartikeln der 2009 pandemischen H1N1 Influenza. Die sphärischen Virionen haben einen durchschnittlichen Durchmesser von ca. 100 nm. Die Oberflächenglykoproteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) sind in der äußeren Hülle als Spikes sichtbar (Abteilung Elektronenmikroskopie, HeinrichPette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie). B) Schematische Darstellung eines Influenzaviruspartikels (modifiziert nach Karlsson Hedestam et al., 2008). Die Glykoproteine HA und NA sowie das Ionenkanalprotein M2 sind in die Virushülle, die von der Doppellipidmembran der Wirtszelle abgeleitet ist, eingebettet. Der Viruskern enthält die Ribonukleoproteinkomplexe (vrnp) der acht Gensegmente. In diesen Komplexen wird die virale RNA von Nukleoproteinmonomeren enkapsidiert und ist an beiden Enden mit der viralen Polymerase bestehend aus PB1, PB2 und PA, assoziiert Genomaufbau Das Genom von Influenzaviren besteht aus acht unterschiedlich großen Segmenten negativorientierter, einzelsträngiger RNA. Zusammen ergeben die Segmente eine Genomgröße von 13,6 kb und kodieren nach heutigem Wissensstand für bis zu 13 virale Proteine (Jagger et al., 2012). Die Genomsegmente haben an ihren 3'- sowie 5'-Enden jeweils eine für Influenzaviren hochkonservierte, nichtkodierende Region, welche die regulatorischen Sequenzen für die Transkriptions- und Replikationspromotoren, für das Verpackungssignal sowie für die mrna-prozessierung enthält (Naffakh et al., 2008). Für die Transkription und Replikation der viralen RNA benötigt das Virus eine RNA-abhängige RNA-Polymerase. Diese liegt im Viruspartikel bereits in Assoziation mit der RNA im viralen Ribonukleoprotein (vrna)-komplex vor. 3

11 Einleitung Tab. 1: Die Genomsegmente und die jeweiligen Genprodukte von Influenzaviren. Segment Länge Protein Proteinfunktion PB bp PB2 Basisches Polymeraseprotein 2, Untereinheit des RNPund Polymerasekomplexes, Erkennung der Cap-Struktur zellulärer mrna PB bp PB1 Basisches Polymeraseprotein 1, Untereinheit des RNPund Polymerasekomplexes, RNA-abhängige RNA- Polymerase PB1-F2 Regulation von Apoptose und viraler Polymeraseaktivität (Chen et al., 2001; Knipe und Howley, 2006) PB1-N40 Unbekannte Funktion (Wise et al., 2009) PA 2233 bp PA Saures Polymeraseprotein: Untereinheit des RNP- und Polymerasekomplexes, Proteaseaktivität PA-X Modulierung Immunantwort des Wirtes (Jagger et al., 2012) HA 1778 bp HA Hämagglutinin, Oberflächenglykoprotein, stärkstes Antigen, Rezeptorbindung, Fusion NP 1565 bp NP Nukleoprotein, Komponente des RNP-Komplexes, RNA- Synthese, Kernimport NA 1413 bp NA Neuraminidase, Oberflächenglykoprotein, Sialidaseaktivität, Antigen M 1027 bp M1 Matrixprotein 1, Interaktion mit vrnp-komplexen und Oberflächenglykoproteinen, Kernexport, Virusfreisetzung M2 Matrixprotein 2, Membranprotein, Ionenkanalaktivität NS 890 bp NS1 Nichtstrukturprotein 1, multifunktionales Protein, Interferonantagonist, Regulierung der zellulären Genexpression NS2 (NEP) Nichtstrukturprotein 2/Kernexportprotein, Regulatorisches Protein, vrnp-export Die Genomsegmente PB2, PA, HA, NP und NA kodieren jeweils für das gleichnamige Protein. M und NS hingegen kodieren mittels alternativen Spleißens für jeweils zwei Proteine (M1 und M2 bzw. NS1 und NS2). Die Proteine PB1-N40 und PA-X werden über alternative Leserahmen kodiert. Die Länge der Genomsegmente ist in Basenpaaren (bp) angegeben. Den Angaben nach modifiziert nach Palese und Shaw,

12 Einleitung Die virale Polymerase ist ein heterotrimärer Proteinkomplex, bestehend aus den basischen Polymeraseproteinen PB1 und PB2 sowie dem sauren Polymeraseprotein PA. Die 3'- und 5'-Enden der viralen RNA sind teilweise komplementär zueinander und bilden einen kurzen Duplexbereich aus, welcher mit der RNA-Polymerase assoziiert ist (Klumpp et al., 1997; Resa-Infante und Gabriel, 2013). Dadurch ist jedes Genomsegment in eine doppelhelikale Haarnadelstruktur gewunden, in der die RNA mit zahlreichen Nukleoproteinen (NP) enkapsidiert vorliegt. Die Segmente für PB2, NP, HA und NA kodieren jeweils für ein Genprodukt, dagegen können die Segmente PB1, PA, M und NS für zwei oder wie im Fall von PB1 für drei Genprodukte kodieren (Tab. 1). Dies geschieht beispielsweise im Fall von M1 und M2 durch alternatives Spleißen oder wie im Fall von PB1-F2 durch einen überlappenden Leserahmen in der PB1-mRNA (Lamb und Choppin, 1981; Chen et al., 2001). Alle bisher beschriebenen viralen Proteine und deren Funktionen sind in Tab. 1 aufgeführt Replikationszyklus Der Replikationszyklus von Influenzaviren lässt sich in Adsorption und rezeptorvermittelte Endozytose, in Membranfusion und Freisetzung der viralen RNA (vrna), in Transkription und Replikation sowie in Zusammenlagerung und Freisetzung neuer Viruspartikel unterteilen (Abb. 2, Wilschut et al., 2006; Palese und Shaw, 2007). Eine Vielzahl dieser Prozesse ist dabei abhängig von der Interaktion viraler und zellulärer Faktoren. Das Zusammenspiel mit den Wirtsfaktoren übt demnach einen hohen Selektionsdruck auf Influenzaviren aus und bietet Angriffspunkte für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten. Adsorption und rezeptorvermittelte Endozytose Die Kopfdomäne des heterotrimären HA befindet sich auf der Oberfläche der Viruspartikel und bindet als Rezeptor glykosidisch gebundene Sialinsäuren. Diese kommen vor allem auf Epithelzellen in großer Anzahl vor. Eine Besonderheit von aviären Influenzaviren ist die Präferenz, α2,3-glykosidisch gebundene Sialinsäuren zu binden (Connor et al., 1994). Humane Influenzaviren hingegen binden präferenziell α2,6-gebundene Sialinsäuren. Die effiziente Rezeptorbindung wird jedoch auch von weiteren Oberflächenmolekülen der Wirtszelle beeinflusst (de Vries et al., 2012; Nicholls et al., 2012). Nach Bindung kommt es durch rezeptorvermittelte Endozytose zur Aufnahme des Viruspartikels in die Wirtszelle. Bei der Endozytose umschließt die Zellmembran das eindringende Molekül und schnürt sich ins Zellinnere als Endosom ab. Membranfusion und Freisetzung der vrnps Das Endosom wird im Zytoplasma durch Protonenpumpen in der zellulären Membran angesäuert, um eine Lyse des Vesikels herbeizuführen. Der saure ph-wert im Endosom hat 5

13 Einleitung eine Konformationsänderung des membranständigen HA-Proteins zur Folge. Durch Fusion des nun freiliegenden C-terminalen Endes von HA mit der endosomalen Zellmembran entstehen Poren im Endosom (Cross et al., 2001). Das HA-Protein muss dafür bereits durch Spaltung des inaktiven HA 0 durch zelluläre Proteasen zu den funktionellen Untereinheiten HA 1 und HA 2 aktiviert worden sein (Klenk et al., 1975). Das Innere des Viruspartikels wird durch den viralen M2 Ionenkanal ebenfalls angesäuert (Helenius, 1992). Dadurch wird die Interaktion der vrnp-komplexe mit der M1-Matrix geschwächt und eine Freisetzung der vrnps durch die entstandenen Fusionsporen in der Endosommembran in das Zytoplasma ermöglicht. Transkription und Replikation Für die Initiation der Transkription und Replikation ist die virale Polymerase auf zelluläre Kernprozesse angewiesen. Daher müssen die vrnps zunächst in den Zellkern transportiert werden. Dies geschieht durch aktive Kernimportprozesse der Wirtszelle und wird vorrangig über die Kernlokalisationssignale (NLS) im NP-Protein vermittelt (Cros et al., 2005; Resa- Infante und Gabriel, 2013). Im Zellkern wird die virale mrna-synthese durch den Mechanismus des cap-snatching des viralen Polymerasekomplexes initiiert. Dabei bindet die PB2-Untereinheit die 5 -Cap-Strukturen von zellulären prä-mrnas. Diese werden durch die Endonukleaseaktivität von PA von den zellulären mrna-produkten abgeschnitten und als Primer für die virale mrna-synthese verwendet (Krug, 1981; Boivin et al., 2010). Das hat zusätzlich eine Inhibierung der zellulären Replikation zur Folge. Die virale mrna wird ins Zytoplasma transportiert, wo an den Ribosomen die Translation der viralen Proteine stattfindet. Die Polymeraseproteine werden für die weitere Transkription und die Replikation in den Zellkern transportiert. Nach Transkription großer Mengen viraler mrna findet die Replikation viraler RNA (vrna) in virale positivorientierte komplementäre RNA (crna) statt. Diese dient in einer späteren Phase des Replikationszyklus als Matrize neuer vrna- Produkte (Palese und Shaw, 2007). Die Replikation der crna und vrna wird von der viralen Polymerase über die Promotoren in den nichtkodierenden Bereichen der Genomsegmente Primer-unabhängig durchgeführt (Neumann et al., 2004). Das Nichtstrukturprotein NS1, welches im Viruspartikel nicht nachzuweisen ist, wird während der frühen Phase der Replikation synthetisiert, um die virale Replikation durch Manipulation zellulärer Signalwege zu begünstigen (Kochs et al., 2007; Marazzi et al., 2012). Zusammenlagerung und Freisetzung neuer Viruspartikel Während die viralen Kernproteine PB1, PB2, PA, NP, NS1, NS2 und M1 im Zytoplasma an freien Ribosomen translatiert werden, geschieht dies für die Oberflächenproteine HA, NA und M2 an den Ribosomen des rauen endoplasmatischen Retikulums. Noch während der Proteinsynthese werden diese Proteine zu Polymeren zusammengelagert, anschließend 6

14 Einleitung über den Golgi-Apparat posttranslational modifiziert und zur Zellmembran transportiert (Palese und Shaw, 2007). Die neu synthetisierte vrna wird noch während der Synthese im Zellkern in vrnp-komplexe enkapsidiert und der Export ins Zytoplasma über das NS2 Protein vermittelt (Hay et al., 1977; Cros und Palese, 2003). Durch Assoziation mit dem M1 Protein wird in der späten Phase der Replikation ein Wiedereintritt der vrnps in den Zellkern verhindert (Whittaker et al., 1995). M1 interagiert im Zytoplasma ebenfalls mit den bereits in der Membran eingelagerten Oberflächenproteinen HA, NA und M2 (Palese und Shaw, 2007). Es kommt zu einer Zusammenlagerung der vrnp-komplexe an der Zellmembran mit einer hohen Dichte an viralen Oberflächenproteinen. Dies führt zur Ausbildung einer Membranausstülpung, was im Weiteren zu einer Abschnürung eines neuen Viruspartikels führt (Rossman und Lamb, 2011). Zur endgültigen Freisetzung des neuen Virions spaltet das NA die am HA gebundenen Sialinsäuren ab. Ebenso werden die zellulär gebundenen Sialinsäuren abgespalten, wodurch eine erneute Rezeptorbindung verhindert wird und das Viruspartikel neue Wirtszellen infizieren kann (Palese und Compans, 1976; Luo et al., 1999). Abb. 2: Replikationszyklus von Influenzaviren. Nach rezeptorvermittelter Endozytose werden die viralen Ribonukleoproteinkomplexe (vrnp) durch Membranfusion in das Zytoplasma freigesetzt und zur Transkription und Replikation in den Zellkern transportiert. Die mrna wird im Zytoplasma translatiert und teilweise für die weitere Replikation wieder in den Zellkern importiert. Neue vrnps werden im Zellkern gebildet und anschließend exportiert. Es kommt zu einer Zusammenlagerung der vrnps an der Zellmembran, in die bereits die viralen Oberflächenproteine integriert sind. Nach Membranausstülpung werden neue Virionen durch Neuraminidaseaktivität freigesetzt. Modifiziert nach Neumann et al.,

15 Einleitung Die viralen nicht-struktur Proteine PB1-F2, NS1 und PA-X sind nur indirekt am Replikationszyklus von Influenzaviren beteiligt. Sie ermöglichen eine effiziente Replikation des Virus durch die Inhibierung oder Modulation der Immunantwort des infizierten Wirts (Jagger et al., 2012; Knipe und Howley, 2006). Besonders NS1 spielt dabei eine wichtige Rolle als Interferonantagonist (Geiss et al., 2002). Für das Protein PB1-N40, welches durch alternatives Spleißen transkribiert wird, konnte bisher keine Funktion beschrieben werden (Wise et al., 2009) Wirtsspektrum und Evolution Als natürliches Reservoir von Influenzaviren sind wildlebende Wasservögel identifiziert worden. Vor allem in Vögeln der Ordnung Anseriformes und Charadriiformes zirkulieren fast alle bisher bekannten Influenzavirussubtypen (Webster et al., 1992). Nur das erst kürzlich identifizierte H17 konnte bisher nur aus Fledermäusen isoliert werden (Tong et al., 2012). Ausschlaggebend für ein solches Reservoir ist die optimale Anpassung des Virus an den Wirt. In den infizierten Wasservögeln wird keine Erkrankung durch eine Infektion ausgelöst und die Viren können ohne Selektionsdruck stabil zirkulieren. Gelegentlich kommt es jedoch zu einer Übertragung auf andere Spezies (Abb. 3). Ist diese immunologisch naiv, kann es zu Erkrankungen unterschiedlichen Ausmaßes kommen. Die hohe Diversität der in Wasservögeln zirkulierenden Influenzaviren begünstigt diesen Vorgang. Durch den Selektionsdruck in einem neuen Wirt kommt es zu einer Anhäufung adaptiver Mutationen (Webster et al., 1992). Die virale Polymerase ist ein hochprozessiver Enzymkomplex, der eine hohe Generationsfolge an Virusnachkommen ermöglicht und dadurch eine schnelle Anpassung an einen neuen Wirt oder andere Umweltfaktoren begünstigt (1.1.3). Hinzu kommt, dass die Polymerase über keine Korrekturleseaktivität verfügt und damit die hohe Mutationsrate mit etwa einem Fehler pro repliziertem Genom begünstigt (Drake, 1993). Die stark antigenen Oberflächenproteine sind dabei dem höchsten Selektionsdruck unterworfen (Webster et al., 1992). Neben der hohen Mutationsrate von Influenzaviren ermöglicht die Segmentierung des Genoms eine genetische Vermischung zwei verschiedener Influenzavirussubtypen bei Koinfektion des gleichen Wirts. Die Virusnachkommen können dabei eine beliebige Kombination der acht Genomsegmente der zwei Parentalviren beinhalten (Wright et al., 2007). Kommt es durch Mutationen oder Reassortierung zu einer Veränderung der Wirtsspezifität kann sich eine neue artspezifische Viruslinie etablieren (Webster et al., 1992; Wright et al., 2007; 1.1.8). Influenzaviren konnten bereits in diversen Land- und Wassersäugern, aber auch in anderen Vogelordnungen und in domestiziertem Geflügel nachgewiesen werden (Abb. 3). Dabei handelt es sich bei einer Vielzahl der Fälle um gelegentliche Transmissionen ohne die 8

16 Einleitung Etablierung neuer stabiler Viruslinien. Ausbrüche von Influenzaerkrankungen mit großem Ausmaß sind wiederkehrend in Vögeln zu beobachten. Hier unterscheidet man für Hühner zwischen niedrigpathogenen aviären oder hochpathogenen aviären Influenzaviren (Webster et al., 1992). Niedrigpathogene aviäre Influenzaviren (LPAIV), die nahezu alle bekannten HA-Subtypen enthalten können, lösen im Huhn und auch anderen Vögeln nur milde oder asymptotische Erkrankungen aus (Webster et al., 1992; Wright et al., 2007). Eine Infektion mit LPAIVs im Menschen wurde für die Subtypen H6N1, H7N2, H7N3, H7N9 und H9N2 nachgewiesen, wobei es sich bisher meist um Einzelfälle mit mildem Krankheitsverlauf handelte ( /influenza/ human_animal_interface/ Influenza_Summary_ IRA_HA_interface_03July13.pdf; Guo et al., 1999; Belser et al., 2009a). Jüngste Berichte über eine steigende Anzahl schwerwiegender Erkrankungen nach Infektion mit dem H7N9 Influenzasubtyp zeigen jedoch, dass von LPAIV auch eine Gefahr für den Menschen ausgeht (Yu et al., 2013). Die hochpathogenen aviären Influenzaviren (HPAIV) sind bisher alle vom H5- oder H7-Subtyp und auch als Vogelgrippe oder Geflügelpest bekannt. Sie lösen eine systemische Erkrankung von Hühnern aus, die innerhalb weniger Tage zum Tod führt (Webster et al., 1992; Jeong et al., 2009). Da neben anderen Vögeln hauptsächlich domestiziertes Geflügel betroffen ist und sich die Viren sowohl über die Ausscheidungen als auch über Aerosole in einer gesamten Vogelpopulation ausbreiten ist dies von erheblichen wirtschaftlichen Schäden begleitet (Wright et al., 2007). HPAIVs können auch auf den Menschen übertragen werden. Seit den Neunzigern wurden immer wieder Übertragungen von H5N1 und H7N7 Influenzaviren auf den Menschen beobachtet (Subbarao et al., 1998; Horimoto, 2001; Fouchier et al., 2004; Belser et al., 2009a). Früher datierte Fälle von H7N7 Infektionen erfolgten nur in Einzelfällen nach direktem Kontakt mit infektiösem Material (Belser et al., 2009a). Besonders HPAIV des H5N1 Subtyps führen zu schweren Erkrankungen im Menschen nicht selten mit tödlichem Ausgang (1.1.7) und sind daher auch von großer gesellschaftlicher Bedeutung. Ein befürchtetes Szenario sind adaptive Veränderungen die zu einer Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch führen und so eine Pandemie auslösen können (Horimoto und Kawaoka, 2005). Unter wird näher auf die Übertragung von aviären Influenzaviren auf den Menschen eingegangen. Im Jahre 1933 gelang es erstmals ein Influenzavirus aus dem Menschen zu isolieren (Smith et al., 1933). Eine Übertragung von Influenzaviren aus dem aviären Reservoir auf den Menschen geschieht meist über Zwischenwirte wie beispielsweise andere infizierte Vögel, oder findet über das Schwein als intermediären Wirt statt (Scholtissek, 1990; Subbarao und Katz, 2000; Ma et al., 2008). Schweine können sowohl von aviären als auch von humanen Influenzaviren infiziert werden. Sie werden daher als sogenanntes Mischgefäß für humanpathogene Influenzaviren bezeichnet, da es im Schwein nach einer Koinfektion mit zu einer Reassortierung aviärer und humaner Influenzaviren kommen kann. Da Influenzaviren vom 9

17 Einleitung Menschen auch wieder auf Tier übertragen werden können, wie im Fall des Schweins, handelt es sich um eine Zoonose. Viruslinien, die sich bisher im Menschen etablieren konnten, zählen zu den H1-, H2- und H3-Subtypen (Wright et al., 2007). Einzelne Punktmutationen, besonders in den stark antigenen Oberflächenproteinen, können dazu führen, dass die Influenzaviren von neutralisierenden Antikörpern nicht mehr erkannt werden. Es kommt zu einem sogenannten Antigendrift, welcher in der Bevölkerung eine neue Influenza-Epidemie auslösen kann (Wright et al., 2007; 1.1.6). Bei Reassortierung von Genomsegmenten zweier Parentalviren hingegen kann es vorkommen, dass in einer Bevölkerung keine Immunität gegen die Nachkommenviren vorhanden ist. Zu einer solchen Verschiebung der Antigenität haben in einigen Fällen auch Mutationen, ohne eine Neuverteilung der Genomsegmente, geführt. Diese Vorkommnisse nennt man Antigenshift. Ein solcher Antigenshift von Influenzaviren ist mit oder ohne Reassortierung für den Ausbruch von Influenza-Pandemien in der Vergangenheit verantwortlich gewesen (Webster et al., 1992; 1.1.6). Abb. 3: Wirtsspektrum von Influenzaviren. Schematische Darstellung des Wirtsspektrums von Influenzaviren und deren HA-Subtypen und dem Reservoir in wilden Wasservögeln (modifiziert nach Manz et al., 2013, erweitert nach Webster et al., 1992 und Wright et al., 2007). Für die Subtypen H5, H6, H7 und H9 konnte bisher keine Übertragung von Mensch zu Mensch beobachtet werden. Pfeile stellen die wahrscheinlichen Übertragungswege dar. 10

18 Einleitung Epidemiologie im Menschen Influenza-Epidemien Influenzaviren führen im Menschen zur klassischen Virusgrippe oder Influenza. Dabei handelt es sich um fiebrige Atemwegserkrankungen dessen Pathogenese unter beschrieben wird. Durch die Mutationsrate von humanen Influenzaviren treten durch Antigendrift jährlich Epidemien in der Bevölkerung auf. Laut Weltgesundheitsorganisation kommt es weltweit jährlich zu etwa 3 bis 5 Millionen schweren Fällen von denen etwa bis einen letalen Ausgang zur Folge haben ( mediacentre/factsheets/fs211/ en/index.html; ). Epidemien treten meist im Winter auf. Die Ursachen hierfür konnten noch nicht abschließend geklärt werden. Zum einen sind Influenzaviruspartikel bei niedrigeren Temperaturen und trockener Luft stabiler, zum anderen begünstigt das Aufhalten in geschlossenen Räumen mit anderen Menschen die Ansteckung (Cauchemez et al., 2008; Shaman und Kohn, 2009). So konnte im Meerschweinchenmodell gezeigt werden, dass die Aerosol-Transmission von saisonalen Influenzaviren bei niedriger Luftfeuchtigkeit und niedriger Umgebungstemperatur am effizientesten ist (Lowen et al., 2007). Auch ist das Immunsystem im Winter anfälliger, wenn die primäre Eintrittspforte der Viren, die Nasenschleimhäute, durch Heizungsluft bereits gereizt ist (Salah et al., 1988; Dowell, 2001). In tropischen Regionen treten Influenza-Epidemien zu keiner definierten Jahreszeit auf. Abgesehen von der gesellschaftlichen Auswirkung führen die vielen Krankheitsfälle, bedingt durch die jährlichen Influenza-Epidemien, zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen. Aufgrund der meist geringen Unterschiede im Virusgenom humaner Influenzaviren zwischen zwei Epidemiewellen und der zeitlichen Verzögerung vom Auftreten einzelner Virusstämme bis zum Ausbruch einer Epidemie bieten jährlich angepasste Influenzaimpfstoffe eine gute Prävention. Die größtenteils in Hühnereiern generierten Impfstoffe bestehen meist aus inaktivierten Virusbestandteilen verschiedener zirkulierender Influenzaviren (Neumann et al., 2009). Besonders betroffen sind junge Menschen unter zwei Jahren, bei denen sich vor allem die adaptive Immunabwehr noch im Reifungsprozess befindet, ebenso gefährdet sind ältere Menschen ab einem Alter von 65 Jahren, da bei ihnen das Immunsystem dem Alterungsprozesse unterliegt (Wilschut et al., 2006). Weitere Risikogruppen sind Menschen mit Vorerkrankungen oder supprimiertem Immunsystem (1.1.7). Derzeit zirkulieren in der menschlichen Bevölkerung neben Influenza B Viren der Yamagatalinie, Influenzaviren des saisonalen H3N2-Subtyps oder einer Variante und Viren des 2009 pandemischen H1N1- Subtyps ( influenza/gisrs laboratory/updates/ summaryreport/en /index.html; ). Um möglichst schnell auf neu auftretende oder veränderte Influenzastämme in der Bevölkerung zu reagieren, werden Probenanalysen, gemeldete 11

19 Einleitung Krankenhausaufnahmen und Todesfälle, die mit Influenzaviren in Verbindung stehen weltweit von Referenzzentren registriert. Diese Datenerhebungen laufen bei der Weltgesundheitsorganisation zusammen und ermöglichen aktualisierte Impfempfehlungen sowie eine schnellstmögliche Reaktion auf Epidemien und Pandemien. Dabei ist die Erforschung von sogenannten adaptiven Mutationen und Pathogenitätsdeterminanten für eine Risikoabschätzung von großer Bedeutung (1.1.8) Influenza-Pandemien Gelegentlich kommt es durch einen Antigenshift (1.1.5) in einer immunologisch naiven Bevölkerung zum Ausbruch einer Pandemie. Dabei breitet sich ein Influenzavirusstamm weltweit in der Bevölkerung aus und führt durch das Fehlen jeglicher Immunität der Menschen gegen dieses Virus zu hohen Morbiditäten und Mortalitäten (Webster et al., 1992). In vielen Teilen der Welt kommt es dabei zu mehreren Wellen von Infektionen. Ob die Gründe dafür in einer veränderten Pathogenität der Viren, in der Immunantwort der Bevölkerung oder anderer epidemiologischer Faktoren liegt, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden (Mummert et al., 2013). Die ersten belegten Berichte einer Influenza-Pandemie gehen auf das Jahr 1918 mit der sogenannten Spanischen Grippe" zurück. Es folgten zwei weitere Pandemieausbrüche im 20. Jahrhundert, die Asiatische Grippe" und die Hongkong Grippe". Ein weiterer unnatürlich herbeigeführter und häufig als Pseudopandemie bezeichneter Influenzaausbruch trat 1977 auf und wurde als Russische Grippe" bezeichnet. Zuletzt kam es 2009 zu einer weltweiten Influenza-Pandemie (Abb. 4). Diese 2009 pandemische H1N1 Influenza, die häufig auch als Schweinegrippe oder Neue Grippe bezeichnet wurde, wird ausführlich unter 1.2 behandelt. Die erste Pandemie des 20. Jahrhunderts, die Spanische Grippe (H1N1), hatte 1918 vermutlich ihren Ursprung in den USA und nicht wie der Name vermuten lässt, in Spanien. Nach heutigen Erkenntnissen mit Hilfe der reversen Genetik von Influenzaviren ist die Pandemie vom H1-Subtyp durch Mutationen direkt vom Vogel auf den Menschen übertragen worden (Reid et al., 2004; Taubenberger und Morens, 2006; Neumann et al., 2009). Demnach hat also ein Antigenshift ohne vorherige Reassortierung stattgefunden. Nach einer ersten Welle im Frühjahr 1918 kam es zu einer zweiten weltweit stärkeren Pandemie-Welle im Herbst, gefolgt von einer dritten im darauffolgenden Jahr 1919 (Neumann et al., 2009). Nach heutigen Schätzungen sind bis zu 50 Millionen Menschen an den Folgen der Spanischen Grippe verstorben (Johnson und Mueller, 2002). Ungewöhnlicherweise traten etwa 50 % der Todesfälle unter jungen Erwachsenen zwischen 20 und 40 Jahren auf (Simonsen et al., 1998). Der Grund dafür konnte bis heute nicht geklärt werden. Die Erkrankungen beschränkten sich überwiegend auf den Respirationstrakt und hatten in vielen Fällen schwerwiegende Pneumonien zur Folge (Reid et al., 2004; Kobasa et al., 2007). Die 12

20 Einleitung hohe Sterberate der Spanischen Pandemie wird jedoch auch zum Großteil auf Sekundärerkrankungen zurückgeführt. Bakterielle Pneumonien, vor allem durch den Erreger Hemophilus influenzae, waren vermutlich die häufigste Todesursache da zu der Zeit noch keine Behandlung mit Antibiotika statt fand (Morens et al., 2008). Der Auslöser der 1957 ursprünglich in China ausgebrochenen Asiatischen Grippe (H2N2) war eine Reassortante aus den zu der Zeit zirkulierenden Influenzaviren mit aviären Influenzaviren. Dabei wurden neben der Polymeraseuntereinheit PB1 das H2 und das N2 aus aviären Viren in die im Menschen zirkulierenden Influenzaviren eingeführt (Scholtissek et al., 1978; Kawaoka et al., 1989). Da es sich dabei um die stark immunogenen Oberflächenproteine handelte, lag keine Immunität gegen das neu reassortierte Virus im Menschen vor. Die Opfer waren meist sehr jung oder bereits im höheren Alter. Weltweit erlagen mehr als eine Million Menschen dieser Pandemie sowie einer zweiten Welle 1958 (Wilschut et al., 2006; Wright et al., 2007). Abb. 4: Influenza-Pandemien des letzten Jahrhunderts. Anhand von Virusgenomanalysen wurde nachgewiesen, dass die Spanische Grippe (H1N1) 1918 durch adaptive Mutationen direkt vom Vogel auf den Menschen übertragen wurde. Die Asiatische (H2N2) und die Hongkong (H3N2) Pandemie wurden 1957 bzw durch Reassotierung von aviären Influenzaviren mit bereits in der Bevölkerung zirkulierenden Influenzaviren ausgelöst. Dabei wurden jeweils neue HA-Subtypen auf den Menschen übertragen, welche den bereits zirkulierenden HA-Subtyp verdrängten. Der Ursprung der Russischen Pseudopandemie (H1N1) 1977 waren vermutlich archivierte Laborviren, da starke Ähnlichkeit mit Influenzaviren aus den Fünfzigerjahren bestand. Der H1N1-Subtyp der Russischen Pseudopandemie zirkulierte anschließend parallel zum H2N3-Subtyp der Hongkong Grippe. Modifiziert nach Horimoto und Kawaoka,

21 Einleitung Bereits zehn Jahre später, im Jahr 1968, kam es zu einer erneuten weltweiten Influenza- Pandemie, der Hongkong Grippe. Das erste Isolat wurde in Hongkong isoliert und gehörte dem H3N2-Subtyp an. Wie bei der Asiatischen Grippe stammte das PB1 und das Hämagglutinin aus Vögeln, wohingegen das NA und die übrigen Genomsegmente aus bereits zirkulierenden humanen Influenzaviren stammten (Scholtissek et al., 1978; Kawaoka et al., 1989). Die Letalitätsrate dieser Pandemie lag mit geschätzten bis einer Million Toten unter der vorangegangenen Pandemie von 1957 (Wilschut et al., 2006). Es wird vermutet, dass dies an einer Teilimmunität gegen das N2 aus bereits zirkulierenden Viren lag (Wright et al., 2007). Die Hongkong Pandemie grassierte mit zwei großen Infektionswellen um die Jahreswechsel 1968/69 und 1969/70 unter den Menschen (Neumann et al., 2009). Die Russische Grippe, welche 1977 zuerst in China gemeldet wurde, war wie die Spanische Grippe vom H1N1-Subtyp. Das Genom der Influenzaviren wies eine starke Ähnlichkeit mit H1N1 Influenzaviren auf, die um 1950 in der Bevölkerung zirkulierten (Nakajima et al., 1978). Daher wird davon ausgegangen, dass diese Pseudopandemie durch archivierte Laborviren ausgelöst wurde. Der milde Verlauf der Russischen Grippe wird darauf zurückgeführt, dass Menschen über 27 Jahre bereits in den Fünfzigern mit diesem Virusstamm in Kontakt gekommen waren und damit über Antikörper gegen das Virus verfügten (Wilschut et al., 2006). Im Gegensatz zu den vorherigen Pandemien H2N2 und H3N2 ersetze das H1N1 Virus von 1977 nicht den zirkulierenden Subtyp, sondern verblieb parallel zum H3N2-Subtyp in der Bevölkerung (Wright et al., 2007; Neumann et al., 2009) Influenza-Zoonosen Eine Übertragung von HPAIV des H5N1-Subtyps löst im Menschen eine schwere Virusgrippe (1.1.7) mit einer derzeitigen Letalitätsrate von etwa 60 % aus (WHO; animal interface/h5n1 cumulative table archives/en/index.html; ). Seit 2003 wurden 633 Fälle gemeldet, von denen der Großteil im asiatischen und nordafrikanischen Raum auftritt, wo es zu häufigen und engen Kontakten von Mensch und Geflügel kommt. Aber auch in Europa wurde bei einem Geflügelpestausbruch 2003 in den Niederlanden HPAIVs des H7N7-Subtyps aus Menschen isoliert (Koopmans et al., 2004). Die Infektion beschränkte sich jedoch meist auf eine Konjunktivitis mit milder Grippesymptomatik (Fouchier et al., 2004). Mensch zu Mensch Übertragungen wurden bisher nur in einzelnen Fällen diskutiert (Kandun et al., 2006; Wang et al., 2008). Das Auftreten von adaptiven Mutationen kann jedoch in infizierten Patienten zur Entstehung von übertragbaren H5N1 Influenzaviren führen und eine Pandemie in der Bevölkerung auslösen (Horimoto und Kawaoka, 2005) wurden zwei Studien veröffentlicht, in denen Influenzaviren des H5N1-Subtyps experimentell an Frettchen adaptiert wurden (Herfst et al., 2012; Imai et al., 2012). Das Frettchen wird aufgrund einer 14

22 Einleitung dem Menschen ähnlichen Virusrezeptorverteilung in den Atemwegen sowie einer ähnlichen Grippesymptomatik als Modellorganismus für human relevante Influenzaviren verwendet (1.3.3; Belser et al., 2011b). Besorgniserregend war dabei, dass für eine Übertragung der Viren in diesem Säugermodell nur einige wenige Mutationen im Rezeptorbindeprotein HA nötig waren. Diese Viren waren zwar niedriger pathogen als die Parentalviren, unterstreichen jedoch, dass H5N1 Influenzaviren zumindest tierexperimentell die Fähigkeit besitzen können, Pandemien auszulösen. Die jüngsten Vorkommnisse von Übertragungen des LPAIV-Subtyps H7N9 auf den Menschen lassen nun neben HPAIV auch LPAIV mehr in den Fokus der Forschung und der Gesundheitsüberwachung rücken. Im Gegensatz zu einigen wenigen Übertragungen von LPAIV vom H6N1-, H7N2-, H7N3- und H9N2-Subtyp (Guo et al., 1999; Belser et al., 2009a; influenza/human_animal_interface/ Influenza_Summary_ IRA_HA_interface_ 03July13.pdf), werden seit März 2013 vermehrt Fälle von H7N9-Infektionen in Menschen gemeldet. Besorgniserregend ist hierbei die steigende Anzahl an schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen (Yu et al., 2013) Pathogenese im Menschen Eine Influenzavirusinfektion verursacht im Menschen die klassische Virusgrippe. Diese ist in der Regel hochansteckend und wird meist über eine Tröpfchen-, Kontakt- oder Schmierinfektion übertragen. Dabei können die infektiösen Virionen, meist aus Nasensekret von Erkrankten, auf glatten Oberflächen bis zu mehreren Tagen infektiös sein (Bean et al., 1982). Die Eintrittspforte der Viren sind die Schleimhäute der oberen Atemwege oder in einigen Fällen auch die Bindehaut des Menschen. Gelangen durch Kontakt oder Aerosole in der Luft ausreichend Viruspartikel an die Schleimhäute, kommt es zu einer Infektion über die Epithelzellen (1.1.4). Die Inkubationszeit liegt zwischen 24 Stunden und vier Tagen (Wilschut et al., 2006). Im Gegensatz zu anderen respiratorischen Infektionskrankheiten zeichnet sich eine Influenzavirusinfektion durch einen plötzlichen Krankheitsbeginn mit hohem Fieber aus. In den ersten Tagen dominieren durch proinflammatorische Zytokine ausgelöste systemische Symptome, dazu zählen Fieber, Schüttelfrost, Glieder-, Muskel- und Kopfschmerzen. In einigen Fällen kann es auch zu Magen-Darm-Symptomen wie Erbrechen und Durchfällen kommen. Die lokalen Symptome unterscheiden sich kaum von denen anderer respiratorischer Erkrankungen (Loeb et al., 2000). Durch die Entzündungsreaktion und die Lyse der infizierten Epithelzellen in den oberen Atemwegen bis hin zu Trachea kommt es zu Schleimbildung und Flüssigkeitsansammlungen, begleitet von Halsschmerzen und einem charakteristischen trockenen Husten (Wilschut et al., 2006). Bei Kindern führt eine Influenzavirusinfektion häufig auch zu einer begleitenden Mittelohrentzündung (Vesa et al., 15

23 Einleitung 2001). Influenzavirusinfektionen sind im Menschen meist auf den Respirationstrakt beschränkt und klingen in der Regel nach etwa sieben bis zehn Tagen wieder ab (Taubenberger und Morens, 2008). Eine allgemeine Abgeschlagenheit kann bei Erkrankten jedoch weitere zwei Wochen andauern. Liegen keine zusätzlichen Vorerkrankungen oder Komplikationen vor, kommt es zu einer vollständigen Heilung. Bei schweren Krankheitsverläufen durch vorliegende Vorerkrankungen, einem geschwächten Immunsystem, einer Pandemie oder auch einer Infektion mit HPAIV kann der untere Respirationstrakt infiziert werden und zur Ausbildung einer primär viralen Pneumonie führen (Wilschut et al., 2006; Wright et al., 2007). Die Kapillarpermeabilität erhöht sich durch die Zerstörung der Epithelschicht in den Lungen wodurch es zu Hämorrhagien und Ödemen in den Kapillarzwischenräumen kommt (Wilschut et al., 2006; Taubenberger und Morens, 2008). Dies hat meist eine Hypoxie des Patienten zur Folge, die oft schon nach wenigen Tagen zum Tod führen kann. Des Weiteren wird ein sogenannter Zytokinsturm mit dem tödlichen Verlauf von pandemischen und H5N1 Influenzavirusinfektionen in Verbindung gebracht (de Jong et al., 2006; Neumann et al., 2009). Dabei kommt es durch das Fehlen jeglicher Immunität zu einer massiven Entzündungsreaktion des betroffenen Gewebes, die vom Immunsystem nicht mehr kontrolliert werden kann. Bei einem bedeutenden Anteil der Pneumonien in Verbindung mit einer Virusgrippe handelt es sich jedoch um eine bakterielle Koinfektion. Die Schwächung des Immunsystems und die Reizung der Schleimhäute begünstigen eine Infektion mit Bakterien der Arten Streptococcus pneumoniae und Staphylococcus aureus, seltener auch Haemophylus influenzae (Wright et al., 2007; Metersky et al., 2012). Auch wenn eine Virusgrippe meist auf den Respirationstrakt beschränkt ist, wurden Influenzaviren ebenfalls in extrapulmonären Organen detektiert (Wright et al., 2007). Dabei handelte es sich meist um eine Infektion mit HPAIV. Eine Infektion des zentralen Nervensystems hat oft schwere Enzephalopathien zur Folge (Wang et al., 2010; Tsai und Baker, 2013). Gelangen die Viren in die Blutbahn, kommt es zu einer Virämie (Beigel et al., 2005; Dawood et al., 2009). Darüber hinaus führen schwerwiegende Influenzaviruserkrankungen oftmals zu weiteren extrapulmonären Komplikationen. Dazu zählen Konjunktivitis, Myositis, Myokarditis oder das Reye Syndrom (Wilschut et al., 2006; Wright et al., 2007). Komplikationen treten häufig auch bei Menschen mit entsprechenden Vorerkrankungen auf. Chronische Lungenerkrankungen wie Asthma oder chronische Herzerkrankungen so wie eine vorliegende Diabetes erhöhen das Risiko einer Infektion. Auch schwangere Frauen waren bisher öfter von Komplikationen in Verbindung mit einer Influenzavirusinfektion betroffen und werden besonders seit der 2009 pandemischen H1N1 Influenza von der Weltgesundheitsorganisation als höchste Risikogruppe eingestuft (WHO, 2009). 16

24 Einleitung Die Diagnose einer Influenzavirusinfektion lässt sich aufgrund der Ähnlichkeiten zu anderen respiratorischen Infektionen nur mittels Laboranalyse stellen, meist durch Detektion von Antigenen oder viraler RNA. Da eine effektive Behandlung jedoch von einer schnellen Diagnose abhängig ist, werden oftmals sowohl zeitliche Kriterien als auch eine festgelegte Kombination von Symptomen zu Hilfe genommen. Diese Kombination zur Feststellung einer sogenannten Influenza-ähnlichen Erkrankung, kurz ILI (influenza like illness), setzt sich aus dem Vorliegen einer akuten respiratorischen Erkrankung mit mindestens 38 C Körpertemperatur und Husten über sieben Tage zusammen (WHO, 2011). Zusätzlich ist das zeitliche Auftreten einer Atemwegserkrankung entscheidend. Eine Infektion mit Influenzaviren ist während einer Grippesaison wahrscheinlicher. Neben einer symptomatischen Behandlung, welche bei schwerwiegenden Fällen eine künstliche Beatmung einschließt, sind derzeit verschiedene antivirale Medikamente erhältlich. Eine medikamentöse Therapie kann durch die Gabe von M2-Ionenkanalinhibitoren (Amantadin, Rimantadin) oder Neuraminidasehemmern (Zanamivir, Oseltamivir) erfolgen. Erstere hemmen die Freisetzung des viralen Genoms in einer infizierten Zelle und zweite verhindern das Freisetzen von neuen Virusnachkommen (Hay et al., 1985; Moscona, 2005). Da jedoch durch beide Therapieansätze die Infektion nicht verhindert sondern nur im weiteren Verlauf geschwächt wird, ist der Erfolg von einem möglichst frühen Behandlungsbeginn abhängig. Durch die hohe Mutationsfrequenz von Influenzaviren treten immer häufiger Resistenzen gegen die vorhandenen antiviralen Medikamente auf. Daher ist die Entwicklung neuer Therapieansätze von großer Bedeutung Adaptive Mutationen und Pathogenitätsdeterminanten im Säuger Influenzaviren sind an ihren ursprünglichen Wirt, die Wasservögel, optimal angepasst (1.1.5). Findet eine Übertragung auf eine andere Spezies statt, haben in der Regel Veränderungen im Virusgenom, sogenannte adaptive Mutationen, stattgefunden und eine Infektion des neuen Wirts ermöglicht. Der Selektionsdruck in einem neuen Wirt führt zu weiteren adaptiven Mutationen, die zur Etablierung des Virusstamms in diesem Wirt führen können (1.1.5; Webster et al., 1992). Veränderungen im Virusgenom, die eine Erkrankung in einem Wirt auslösen, werden als Pathogenitätsdeterminanten bezeichnet. Dies beinhaltet auch genetische Veränderungen, die zu einer erhöhten Letalität oder zu einem schwerwiegenderen Krankheitsverlauf führen. Neben adaptiven Mutationen können Zwischenwirte eine Anpassung an einen neuen Wirt ermöglichen (Subbarao und Katz, 2000; Ma et al., 2008). Ein Beispiel für einen solchen Zwischenwirt ist das Schwein (Scholtissek, 1990). Die Verteilung der viralen Rezeptoren im Respirationstrakt von Schweinen ermöglicht eine Infektion mit aviären wie auch humanen Influenzaviren (s.u.). Eine Koinfektion mit Viren 17

25 Einleitung beider Ursprünge kann zur Reassortierung führen. Dabei können Virusnachkommen entstehen, die aufgrund der human adaptierten Genomsegmente für den Menschen infektiös sind oder aber zusätzlich von Mensch zu Mensch weiter übertragen werden können. Gegenüber Genomsegmenten aviären Ursprungs ist dann jedoch keine Immunität vorhanden und die Pathogenität im Menschen erhöht. Ein Beispiel für einen solchen Vorgang ist die Entstehung des 2009 pandemischen H1N1 Influenzavirus, welches unter 1.2 ausführlicher behandelt wird. Durch den Vergleich von aviären und humanen Influenzaviren konnten viele Determinanten identifiziert werden, die die Gefahr einer Anpassung an den Menschen, einer erhöhten Pathogenität oder der Fähigkeit von Mensch zu Mensch zu transmittieren bergen. Es folgt eine Übersicht über einige der wichtigsten bisher beschriebenen Determinanten der Pathogenität und des Wirtsspektrums. Um einen neuen Wirt zu infizieren, ist die erste zelluläre Barriere, die eine Anpassung erfordert, die Bindung des viralen Hämagglutinins (HA) an seinen Rezeptor, die Sialinsäure (1.1.4). Dabei unterscheidet sich die Spezifität von aviären und humanen Influenzaviren (Connor et al., 1994). Aviäre Viren binden präferenziell α2,3-konjugierte Sialinsäuren, die im Intestinaltrakt von Vögeln vorkommen, und ermöglichen so eine eine Infektion in diesen Bereichen. Die Epithelzellen im oberen Respirationstrakt des Menschen weisen hingegen überwiegend α2,6-konjugierte Sialinsäuren auf (Couceiro et al., 1993). Humane Influenzaviren haben durch adaptive Mutationen in der Rezeptorbindungsstelle des Hämagglutinins die Fähigkeit erworben, präferenziell an diesen Sialinsäuretyp zu binden (Neumann et al., 2009). Eine Infektion mit humanen Influenzaviren ist im Menschen daher meist auf die oberen Atemwege beschränkt (1.1.7). Der untere Respirationstrakt von Menschen enthält im Gegensatz dazu eine hohe Anzahl an α2,3-konjugierte Sialinsäuren. Eine Infektion mit aviären Viren ist über die Eintrittspforte des oberen Respirationstrakts von Menschen zwar vergleichsweise ineffizient, kann sich dann jedoch über die Rezeptorspezifität effizient in der Lunge ausbreiten und zu schweren Pneumonien führen (1.1.7; Bouvier und Palese, 2008). Eine weitere wichtige Pathogenitätsdeterminante ist die proteolytische Spaltstelle im viralen HA-Protein. Für die fusogene Aktivität des HAs bei der Freisetzung der viralen RNPs im Replikationszyklus (1.1.4) muss diese durch zelluläre Proteasen aktiviert werden (Steinhauer, 1999; Palese und Shaw, 2007). Niedrigpathogene und nicht-aviäre Influenzaviren besitzen an dieser Stelle ein einzelnes Arginin. Die Spaltung erfolgt durch zelluläre Proteasen, welche im Respirationstrakt, bei Vögeln auch im Intestinaltrakt, exprimiert werden (Webster et al., 1992). Neben trypsinähnlichen Proteasen wurden kürzlich 18

26 Einleitung weitere zelluläre und auch bakterielle Faktoren identifiziert die eine Aktivierung des HA Proteins herbeiführen (Bottcher-Friebertshauser et al., 2013). Durch die Verteilung dieser Proteasen ist die Infektion mit Influenzaviren mit monobasischer Spaltstelle meist auf den Respirationstrakt limitiert, wie auch schon durch die Rezeptorspezifität. HPAIV des H5- und H7-Subtyps verfügen über eine multibasische Spaltstelle im HA und eine Aktivierung erfolgt durch ubiquitär vorkommende Proteasen wie Furin oder PC6 (Kawaoka und Webster, 1988; Stieneke-Grober et al., 1992). Dadurch können systemische Infektionen ausgelöst werden, wobei auch extrapulmonale Organe betroffen sind. Die erhöhte Pathogenität von HPAIV in Vögeln und auch im Menschen wird zum Großteil auf diese Pathogenitätsdeterminante zurückgeführt (Horimoto und Kawaoka, 2005). Eine weitere zelluläre Barriere im Infektionszyklus von Influenzaviren stellt die Kernmembran dar. Für die Replikation und Transkription der vrnp-komplexe im Zellkern ist das Influenzavirus auf die Kernimportmaschinerie der Zelle angewiesen (1.1.4; Resa-Infante und Gabriel, 2013). Dabei vermitteln in erster Linie Importin-α Isoformen als Adapterproteine der zellulären Importmaschinerie die Bindung der zu transportierenden Proteine (Chook und Blobel, 2001). Eine Anpassung an diese Importin-α Isoformen als Kernimportkomponenten des Wirts wird durch Mutationen in der viralen Polymerase und dem NP-Protein erreicht (Gabriel et al., 2005; Naffakh et al., 2008; Resa-Infante und Gabriel, 2013). Es wurde gezeigt, dass aviäre und humane Influenzaviren an unterschiedliche Isoformen angepasst sind (Gabriel et al., 2011; Hudjetz und Gabriel, 2012). Des Weiteren wurden in der PB2 Untereinheit der viralen Polymerase entscheidende Signaturen des Wirtsspektrums und der Pathogenität identifiziert (Gabriel et al., 2007; Naffakh et al., 2008; Mehle und Doudna, 2009). An der Aminosäureposition 627 von PB2 dominiert bei aviären Viren ein Glutamat, wo hingegen humane Viren meist ein Lysin besitzen. Es konnte gezeigt werden, dass ein Lysin an dieser Stelle eine effizientere Replikation im oberen Respirationstrakt von Säugern zur Folge hat (Hatta et al., 2007). Dies führt, wie experimentelle Versuche in Meerschweinchen gezeigt haben, auch zu einer erhöhten Transmission von Influenzaviren mit dieser Signatur (Steel et al., 2009). Im Menschen wurde diese Pathogenitätsdeterminante erstmals in einem H3N2 Virus mit erhöhter Replikationseffizienz beschrieben (Subbarao et al., 1993). Im Umkehrschluss führt die Aminosäure Glutamat an der Position 627 zu einer weniger effizienten Replikation und niedrigeren Pathogenität im Säuger, was den wirtsadaptiven Charakter dieser Signatur unterstreicht (Clements et al., 1992; Mehle und Doudna, 2008). Eine weitere wichtige Pathogenitätsdeterminante im PB2 ist eine Mutation an Position 701. Es wurde gezeigt, dass ein Asparagin an dieser Aminosäureposition im Säuger mit einer erhöhten Virusreplikation und Pathogenität einen vergleichbaren Effekt hat wie die 627 Signatur (Gabriel et al., 2005; 19

27 Einleitung de Jong et al., 2006). Beide Signaturen kommen jedoch in natürlichen Isolaten nicht gleichzeitig vor, was darauf schließen lässt, dass sie sich durch eine ähnliche Funktion ersetzen. Weitere wirtsadaptive Signaturen wurden für die Polymeraseuntereinheit PB1 und das NP Protein beschrieben (Gabriel et al., 2007; Watanabe et al., 2009; Xu et al., 2012a; Gabriel et al., 2013). Das Nichtstrukurprotein NS1 stellt eine zusätzliche Pathogenitätsdeterminante dar. NS1 inhibiert unter anderem zelluläre Signalwege, wie die Aktivierung von Replikationsfaktoren, sowie die antivirale Immunantwort der Wirtszelle und wird daher als Interferonantagonist bezeichnet (Wang et al., 2000; Hale et al., 2008). Unterschiedliche Mutationen wurden mit einer erhöhten Pathogenität unterschiedlicher Virusstämme in Verbindung gebracht (Wright et al., 2007; Jiao et al., 2008). Daher scheinen Pathogenitätsdeterminanten in NS1 abhängig vom jeweiligen Virusstamm zu sein. Eine Glutaminsäure an Position 92 von NS1 in HPAIV vermittelt beispielsweise eine Resistenz gegenüber der Interferonantwort des Wirts (Seo et al., 2002). Dies führt zu einer überschießenden Zytokinantwort, welches im Menschen als einer der Faktoren für die hohe Mortalität von H5N1-Infektionen gilt (Yuen et al., 1998; Peiris et al., 2004). Reassortanten von humanen Influenzaviren mit dem NS1 der Spanischen Grippe von 1918 verursachen in experimentellen Versuchen eine erhöhte Virulenz in Mäusen (Jackson et al., 2008). Hier wurden insgesamt vier Aminosäurereste am C-Terminus des Proteins als verantwortliche Determinanten beschrieben. Das durch einen offenen Leserahmen im PB1-Segment exprimierte virale Protein PB1-F2 kommt im Viruspartikel nicht vor sondern spielt eine Rolle bei der Regulation der Polymeraseaktivität im Replikationszyklus und induziert die Apoptoseantwort der Wirtszellen (1.1.4; Palese und Shaw, 2007). Daher kann dieses Protein ebenfalls einen wichtigen Pathogenitätsfaktor von Influenzaviren darstellen, abhängig vom jeweiligen Influenzastamm (Zamarin et al., 2006; Neumann et al., 2009; Krumbholz et al., 2011). Ein Serin an der Position 66 im PB1-F2 von H5N1 Influenzaviren erhöht beispielsweise die Pathogenität von humanen Viren in der Maus (Conenello et al., 2007). Das Influenzavirus der 1918 Pandemie enthielt ebenfalls ein Serin an Position 66 (Krumbholz et al., 2011). Klassische Schweineviren vom H1N1-Subtyp und humane H1N1 Influenzaviren seit 1950 kodieren hingegen für eine verkürzte Version dieses Proteins ohne bekannte Funktion (Zell et al., 2007). 20

28 Einleitung pandemische H1N1 Influenza (2009 ph1n1) Epidemiologie der 2009 ph1n1 Influenza Die ersten Fälle der 2009 ph1n1 Influenza traten Mitte Februar 2009 in Mexiko auf (Fraser et al., 2009). Bereits einen Monat später, im März 2009, stieg die Anzahl von Influenza ähnlichen Erkrankungen, bei denen es zur Aufnahme ins Krankenhaus und oftmals auch zu Todesfällen kam. Ende April wurden die ersten Fälle des inzwischen identifizierten H1N1 Influenzastamms in den USA gemeldet ( csr/don/ 2009_04_24/ en/index.html). Die Weltgesundheitsorganisation meldete am 25. April 2009, dass es sich bei dem Influenza Ausbruch um eine Situation von globalem Interesse handelt. Bereits zwei Tage später wurde die Pandemiestufe fünf ausgerufen. Diese besagt, dass es vermehrt zu Mensch zu Mensch Übertragungen in mindestens zwei verschiedenen Staaten kommt (Dawood et al., 2009). Der neue H1N1-Subtyp hatte sich bis Anfang Mai 2009 über elf Länder ausgebreitet. Die WHO gab ab August weltweit einen Rückgang der neu gemeldeten Fälle bekannt und setzte die Pandemiewarnstufe herab ( csr/don/ 2009_08_28/ en/index.html). Dadurch zeichnete sich auch der erste Höhepunkt von Infektionsfällen der 2009 Pandemie aus. Ende September 2009 konnten die ersten flächendeckenden Impfaktionen in China initiiert werden. Kurz darauf folgten Australien, Schweden, Japan und Großbritannien. In Deutschland war der erste Impfstoff gegen das 2009 ph1n1 Influenzavirus Ende Oktober 2009 verfügbar (Wichmann et al., 2010). Bis Oktober waren mindestens 80 Länder von der Pandemie betroffen und etwa 5000 Todesfälle bestätigt worden ( csr/disease/ swineflu/laboratory 16_10_2009/ en/index.html). In der nördlichen Hemisphäre stieg die Anzahl der Influenza Fälle im Winter 2009 wieder an und ließ die jährliche Influenza Saison ungewöhnlich früh anfangen. Die höchste Anzahl der Infektionen mit 2009 ph1n1 Influenza wurde weltweit im Dezember gemeldet. Eineinhalb Jahre nach Ausbruch der Pandemie waren die neu auftretenden Infektionen vergleichbar zum saisonalen Auftreten von Influenza-Epidemien und die WHO deklarierte am 10. August 2010 das Ende der Pandemie ( mediacentre/news/ statements/2010/ h1n1_vpc_ / en/index.html). Die 2009 ph1n1 Influenzaviren haben seitdem den bisherigen H1N1 Influenzastamm abgelöst und zirkulieren weltweit parallel zu Influenzaviren des H3N2-Subtyps. Auch wenn die Höhepunkte weltweit gemeldeter Fälle der 2009 Pandemie im August und Dezember 2009 auftraten, kam es in verschiedenen Regionen der Erde zu unterschiedlichen Infektionswellen. Länder wie die USA, Kanada, Neuseeland und viele weitere meldeten zwei Wellen an Infektionen (Helferty et al., 2010; Bandaranayake et al., 2011; Mummert et al., 2013). In den USA kam es Anfang Juni und Mitte Oktober jeweils zu Höchstständen der gemeldeten Fälle (Abb. 5A). Dies war früher als die zwei weltweit gemeldeten Höchststände 21

29 Einleitung im August und Dezember und lag vermutlich an der geographischen Nähe zum Ausbruchsort. Andere Länder meldeten nur eine Pandemie-Welle. In Deutschland wurden die ersten Fälle Ende April aus Hamburg und Bayern gemeldet und anschließend vom Robert-Koch-Institut bestätigt ( DE/Content/Service/Presse/ Pressemitteilungen/ 2009/08_2009.html). Deutschland meldete vergleichsweise wenige Fälle der 2009 Pandemie im Frühjahr und Sommer 2009, wobei es sich zum Großteil um importierte Infektionen handelte und die jährlich auftretenden saisonalen Influenzameldungen nicht signifikant überstieg (Robert-Koch-Institut, 2010). Die ersten Todesfälle hingegen traten im September auf (Poggensee et al., 2010; Wilking et al., 2010) und im November kam es in Deutschland zu einer ausgeprägten Pandemie-Welle, in der die meisten Influenza-assoziierten Todesfälle auftraten (Abb. 5B; Robert-Koch-Institut, 2010). Auch in China kam es nur zu einer Pandemie-Welle (Mummert et al., 2013). Es wird spekuliert, ob dies an den zuvor implementierten strengen Grenzkontrollen möglicher infizierter Einreisender lag. In Deutschland ist das Auftreten von nur einer Pandemie-Welle damit nicht zu erklären. Das Ende der Sommerferien, neu auftretende Mutation in den zirkulierenden pandemischen Influenzaviren (1.2.3) und die Jahreszeit werden hier als mögliche Ursachen diskutiert (Poggensee et al., 2010; Mummert et al., 2013). Die Schwierigkeit, allgemein gültige Ursachen für das Auftreten von Wellen während einer Pandemie festzustellen, verdeutlicht sich weiter durch die Meldung von beispielsweise drei Pandemie-Wellen in Dänemark oder in Großbritannien (Dorigatti et al., 2013; Orsted et al., 2013). Abb. 5: Anzahl gemeldeter Fälle der 2009 ph1n1 Influenza in den USA und Deutschland in A) Gemeldete Fälle der 2009 ph1n1 Influenza in den USA vom Ausbruch im April bis zum November 2009 (modifiziert nach Mummert et al., 2013). B) Anzahl der gemeldeten Fälle vom Robert-Koch-Institut für Deutschland für das ganze Jahr 2009 (modifiziert nach Robert-Koch-Institut, 2010). Bis zum Ende der Pandemie im August 2010 wurden der WHO etwa Todesfälle mit bestätigter 2009 ph1n1 Influenza gemeldet ( csr/don/ 2010_08_06/ en/index.html). In Deutschland waren es bis zum Frühjahr 2010 etwa 250 Erkrankungen mit 22

30 Einleitung Todesfolge (Wilking et al., 2010). Damit ist Deutschland eines der Länder mit der niedrigsten Mortalität der 2009 ph1n1 Influenza. Die Anzahl der Infektionen wurde seit Dezember 2009 nicht mehr von der WHO erhoben, da milde Fälle der 2009 Pandemie nicht mehr erfasst oder die Patienten gar nicht mehr vorstellig wurden. Da es im Vergleich zu vorherigen Pandemien im Schnitt zu mehr milden Erkrankungsfällen kam (1.2.2) und die etwa Todesfälle im Vergleich zur saisonalen Influenza mit jährlich bis zu Influenza- Epidemieopfern weltweit viel weniger waren, kam die Frage auf, ob die 2009 Pandemie überschätzt wurde. Um die Mortalität dieser Pandemie im Nachhinein einzuschätzen, wurde die Anzahl der verlorenen Lebensjahre der Opfer berechnet (Miller et al., 2010; Dawood et al., 2012). Im Vergleich zu saisonalen Influenza-Epidemien trat bei der 2009 Pandemie die größte Anzahl der Erkrankungen mit Todesfolge unter Kindern und jungen Erwachsenen auf, welche nach statistischer Lebenserwartung noch mehr Lebensjahre vor sich hatten als ältere Menschen (1.2.2; Vaillant et al., 2009; Karageorgopoulos et al., 2011). Des Weiteren wurde bei Erhebung der Daten viele Todesfälle von Menschen mit vorliegenden Vorerkrankungen oder anderen Komplikationen nicht erfasst. Ebenfalls nicht in die Mortalität einbezogen sind Fälle von Patienten, bei denen zum Zeitpunkt des Todes keine Viren mehr nachgewiesen wurden. Bei Schätzungen der Mortalität vergangener Pandemien wurde oftmals nur die statistische Sterberate als Referenz genommen (Serfling, 1963; Miller et al., 2010). Ein weiterer Nachteil der von der WHO veröffentlichten Mortalitätsrate ist die Verlässlichkeit und die Flächenabdeckung der einzelnen Referenzzentren weltweit (Viboud und Simonsen, 2012). Schätzungen der zusammengefassten Todesrate der 2009 ph1n1 Influenza sind oftmals nur für einzelne Länder, meist Industrienationen mit guter medizinischer Infrastruktur, erhältlich (Wilking et al., 2010; Lemaitre et al., 2012). Aktuelle anerkannte Schätzungen der 2009 Pandemie-assoziierten Todesfälle liegen bei bis Menschen, also 15-fach höher als die von der WHO gemeldeten Zahlen (Dawood et al., 2012) Ursprung der 2009 ph1n1 Influenzaviren Die morphologische Charakterisierung der neuen 2009 ph1n1 Influenzaviren zeigte sphärische und filamentöse Viruspartikel, wobei die filamentöse Form in erster Linie in klinischen Isolaten zu finden war (Itoh et al., 2009; Neumann et al., 2009; Goldsmith et al., 2011) Nach Sequenzierung der ersten Isolate der 2009 ph1n1 Influenza wurde die genetische Zusammenstellung des Virusstamms entschlüsselt. Es konnte gezeigt werden, dass die neuen Influenzaviren Reassortanten aus vier verschiedenen Ursprungsstämmen sind (Abb. 6). Die Segmente der Polymeraseproteine PB2 und PA stammen aus einer nordamerikanischen aviären Influenzalinie, die des Polymeraseproteins PB1, aus einer im Menschen zirkulierende saisonale H3N2 Influenza. Die Genomsegmente HA, NP und NS hingegen kommen aus klassischen Schweineinfluenzastämmen. NA und M stammen aus eurasischen Vogelinfluenza-ähnlichen Schweineviren (Dawood et al., 2009; Garten et al., 23

31 Einleitung 2009; Neumann et al., 2009). Vor der direkten Übertragung auf den Menschen kam es bei der Entstehung der 2009 ph1n1 Influenzaviren in zwei Stufen zur Reassortierung im Schwein. Wie unter beschrieben, ist das Schwein ein bekanntes Mischgefäß für Viren aviären und humanen Ursprungs (Scholtissek, 1990). Dreifach-Reassortanten von denen das 2009 ph1n1 Virus abstammt, zirkulierten bereits seit 1997/98 in Schweinen (Dawood et al., 2009; Neumann et al., 2009). Abb. 6: Ursprung und genetische Zusammensetzung der 2009 ph1n1 Influenzaviren. Die vierfache Reassortante entstand vermutlich im Schwein und wurde von diesem auf den Menschen übertragen. Die Gensegmente PB2 und PA stammen aus einer nordamerikanischen Vogelinfluenzalinie, PB1 aus humanen H3N2 Influenzaviren, HA, NP und NS hingegen aus klassischen Schweineinfluenzaviren, NA und M stammen aus eurasischen Vogelinfluenza-ähnlichen Schweineviren (Neumann et al., 2009). Es gibt Berichte, dass kurz vor Ausbruch der 2009 Pandemie Schweineviren eine ähnliche Dreifach-Reassortante in den USA bereits auf den Menschen übertragen wurde und einen ungewöhnlich schweren Krankheitsverlauf zur Folge hatten (Shinde et al., 2009). Dies könnte eine Zwischenstufe in der Entstehung gewesen sein, die durch weitere Reassortierung auf den Menschen übertragen wurde. Bisher bekannte Determinanten, die die Pathogenität von Influenzaviren im Menschen erhöhen oder deren Anpassung an den Menschen ermöglichen, wurden nicht identifiziert (Chen und Shih, 2009; Dawood et al., 2009; Garten et al., 2009). Eine detailliertere Analyse der genetischen Determinanten ist 24

32 Einleitung unter zu finden. Die genetische Ähnlichkeit der ersten Fälle der 2009 Pandemie sprechen für einen Ausbruch durch nur wenige direkte Übertragungen vom Schwein auf den Menschen (Garten et al., 2009). Mit fortschreitender Ausbreitung traten immer mehr Mutationen auf, bei denen sich die Viren in verschiedene monophyletische Gruppen aufteilen ließen (Fereidouni et al., 2009; Nelson et al., 2009). Als Ursache für das Auftreten dieser Gruppen werden statt eines Selektionsdrucks in der Bevölkerung in erster Linie Flaschenhalseffekte verantwortlich gemacht. Für einen Vergleich der genetischen Varianten wird hierfür meist eines der ersten sequenzierten Isolate aus Kalifornien, A/California/04/2009 (H1N1) (Cal/04) oder A/California/07/2009 (H1N1) (Cal/07), verwendet Pathogenese der 2009 ph1n1 Influenza Die Krankheitsfälle während der Pandemie verliefen überwiegend mild mit einer auf den Respirationstrakt beschränkten Virusgrippe, wie ausführlicher unter beschrieben (Dawood et al., 2009). Die 2009 ph1n1 Influenza transmittierte effizient von Mensch zu Mensch. Die schnelle Ausbreitung der Pandemie wird auf die effiziente Übertragung und auf die oftmals unerkannten milden Krankheitsfälle und eine längere Viruslast der Patienten zurückgeführt. Ein Unterschied zu den jährlich auftretenden Influenzavirusinfektionen war das häufigere Auftreten der begleitenden Symptome, wie Erbrechen und Diarrhö (Dawood et al., 2009). Dazu kam, dass eine ungewöhnlich hohe Anzahl an schweren Krankheitsverläufen bei Kindern und jungen Erwachsenen auftrat. Es gab eine starke Verschiebung der Altersverteilung im Vergleich zu saisonaler Influenza, bei welcher meist Kleinstkinder und Menschen über 65 Jahre betroffen waren. Während der 2009 Pandemie zeigte sich für Menschen über 65 hingegen kein erhöhtes Infektionsrisiko. Die größte Anzahl an gemeldeten Krankenhausaufnahmen mit 2009 pandemischer H1N1 Influenza trat unter Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre auf (Dawood et al., 2009, Poggensee et al., 2010; Karageorgopoulos et al., 2011). Die meisten Todesfälle ereigneten sich unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen, auch ohne vorliegende Vorerkrankungen (Vaillant et al., 2009; Karageorgopoulos et al., 2011; Dawood et al., 2012). Es wird spekuliert, dass ältere Menschen eine gewisse Teilimmunität gegen die 2009 Pandemie besitzen (Dawood et al., 2009). So konnte gezeigt werden, dass Menschen, geboren vor 1930, durch den Kontakt zu früher zirkulierenden H1N1 Viren tatsächlich über eine Kreuzimmunität verfügten (Hancock et al., 2009; Itoh et al., 2009; Verma et al., 2012). Dies reicht jedoch nicht für eine Erklärung der hohen Anzahl an Todesfällen unter jungen, gesunden Menschen. Neben der ungewöhnlichen Altersverteilung waren Risikogruppen für schwere Infektionsverläufe vergleichbar mit denen einer epidemischen Influenza. Dazu zählten Menschen mit chronischen Lungen- und Herzerkrankungen, Diabetes oder supprimiertem Immunsystem. Insbesondere Kinder unter zwei Jahren hatten ebenfalls ein erhöhtes Risiko, an der

33 Einleitung pandemischen H1N1 Influenza schwer zu erkranken ( /csr/disease/swineflu/ frequently_asked_questions/ risk/en/index.html). Im Unterschied zu vorherigen Pandemien waren schwangere Frauen und Menschen mit metabolischen Einschränkungen, wie Fettleibigkeit, ebenfalls Risikogruppen und wurden in den Impfempfehlungen besonders berücksichtigt (Robert-Koch-Institut, 2009; Vaillant et al., 2009). Die schweren Verläufe der 2009 ph1n1 Influenza wiesen Pneumonien auf, welche häufig eine künstliche Beatmung notwendig machten. Die Pathologie der viralen Pneumonien war vergleichbar mit der vergangener Pandemien, mit diffus zerstörter Alveolarstruktur und Ödemen (1.1.7; Gill et al., 2010). Virustiter wurden vorrangig im Respirationstrakt, insbesondere in den Epithelzellen der oberen Atemwege, der Trachea und der Bronchien sowie in alveolaren Epithelzellen Typ 1 und 2 aber auch in alveolaren Makrophagen der Patienten detektiert. (Gill et al., 2010; Peiris et al., 2010; Shieh et al., 2010). Es gibt jedoch auch Berichte über schwere Erkrankungsfälle mit Auftreten einer Virämie (Oughton et al., 2011). Schwere Fälle der 2009 Pandemie waren oftmals mit einer bakteriellen Koinfektion der Lunge assoziiert, welche im Gegensatz zu anderen Pandemien jedoch nicht zu den häufigsten Todesursachen gehörte (Perez-Padilla et al., 2009). Auffällig war zudem, dass in den Patienten länger Virus nachzuweisen war als bei schweren Fällen epidemischer Influenzavirusinfektionen. Auch proinflammatorische Zytokine waren im Krankheitsverlauf länger erhöht (Peiris et al., 2010; To et al., 2010). Bei rechtzeitiger Applikation führte eine Medikation mit den Neuraminidasehemmern Oseltamivir oder Zanamivir zu einem Behandlungserfolg. Gegen die zweite große Gruppe verfügbarer Antiviralia, der Ionenkanalinhibitoren, wies die 2009 ph1n1 Influenza Resistenzen auf (Dawood et al., 2009; Neumann et al., 2009). Warum neben den Risikogruppen mit vorliegenden medizinischen Einschränkungen ein Großteil der schweren Infektionsverläufe unter jungen, gesunden Erwachsenen auftraten, konnte bisher noch nicht abschließend geklärt werden Pathogenitätsdeterminanten der 2009 ph1n1 Influenza Kurz nach Ausbruch der 2009 ph1n1 Influenza wurde die genetische Zusammensetzung der Reassortante entschlüsselt ( ; Neumann et al., 2009). Bisher bekannte Signaturen, die die Anpassung und Pathogenität von Influenzaviren im Menschen beeinflussen, wie auch unter beschrieben, wurden allerdings kaum gefunden (Dawood et al., 2009; Garten et al., 2009; Neumann et al., 2009). Das Hämagglutinin der 2009 Pandemie enthält eine monobasische Spaltstelle für die Aktivierung wie sie bei niedrigpathogenen Influenzaviren vorkommt. Für eine effiziente Infektion des oberen Respirationstraktes im Menschen müssen die aus Vögeln stammenden Influenzaviren an die dort vorkommenden Rezeptoren binden können. Es wurde gezeigt, dass die 2009 ph1n1 Influenzaviren sowohl die sogenannten 26

34 Einleitung aviären α2,3-ständigen als auch die humanen α2,6-ständigen Sialinsäuren binden (Childs et al., 2009). Wie auch schon bei der Spanischen Pandemie 1918 wird dies durch die Mutationen E190D und G225D in der Rezeptorbindedomäne des HAs vermittelt (Yang et al., 2010; Xu et al., 2012b). Die Anpassung an humane Rezeptoren ging bisher jedoch mit dem Verlust der α2,3-ständigen Sialinsäure-Bindung einher. Die breite Rezeptorspezifität der 2009 ph1n1 Viren ermöglicht daher nicht nur die Replikation der Viren in den oberen Atemwegen sondern auch die effiziente Infektion des unteren Respirationstrakts, wodurch es zu schweren Pneumonien kommen kann. Daher wird das Hämagglutinin für die gesteigerte Pathogenität der 2009 Pandemie im Vergleich zu saisonaler Influenza verantwortlich gemacht (Childs et al., 2009). Signaturen in der viralen Polymerase, die mit einer gesteigerten Pathogenität für Säuger einhergehen, wie beispielsweise E627K und D701N in PB2, sind im Genom der 2009 Pandemie nicht enthalten (Garten et al., 2009; Neumann et al., 2009). Selbst eine experimentelle Einführung dieser Mutationen zeigte im Mausmodell keinen pathogenitätssteigernden Effekt (Herfst et al., 2010). Ein weiterer bekannter viraler Pathogenitätsfaktor ist das über einen offenen Leserahmen exprimierte PB1-F2 (1.1.8; Krumbholz et al., 2011). Das PB1 Gensegment von 2009 ph1n1 Viren kodiert jedoch nur für eine verkürzte Version des Proteins, das bisher mit einer niedrigeren Pathogenität in Verbindung gebracht wurde (Garten et al., 2009; Trifonov et al., 2009). Auch das virale Nichtstrukturprotein NS1, welches als Pathogenitätsfaktor beschrieben wurde, wird in 2009 ph1n1 Influenzaviren mit einer Deletion am C-Terminus kodiert. Daher fehlt die funktionelle Domäne, die mit einer erhöhten Pathogenität von anderen Influenzaviren in Verbindung gebracht werden konnte (Jackson et al., 2008). Das Fehlen bisher beschriebener Pathogenitätsdeterminanten in den 2009 ph1n1 Influenzaviren wird für die große Anzahl an milden Krankheitsfällen verantwortlich gemacht. Auf der anderen Seite wird seit Ausbruch der Pandemie nach bisher unbekannten Pathogenitätsdeterminanten geforscht, welche für die schweren Erkrankungsfälle verantwortlich waren. Des Weiteren werden neu auftretende Mutationen in den noch immer zirkulierenden 2009 ph1n1 Viren auf ihr pathogenes und adaptives Potenzial für den Menschen untersucht. Neben in vitro Experimenten sind Tiermodelle, wie sie unter 1.3 beschrieben werden, ein wichtiges Hilfsmittel für die Untersuchung von Pathogenitäts- und Transmissionsdeterminanten von Influenzaviren. 1.3 Tiermodelle in der Influenzaforschung Tiermodelle spielen in der biomedizinischen Forschung eine wichtige Rolle, um Krankheiten zu verstehen und zu kontrollieren. In der Virusforschung wurden bereits Anfang des 27

35 Einleitung 20. Jahrhunderts kleine Säugetiere für die Charakterisierung und Anzucht von Viren verwendet (Bryant, 2008). Auch heute stellt die Versuchstierkunde eine nur begrenzt zu ersetzende Methode in diesem Gebiet dar. Die Komplexität der viralen Faktoren und der Wirtsfaktoren sowie deren Zusammenspiel kann ausschließlich im kompletten Organismus untersucht werden (Bryant, 2008; Bouvier und Lowen, 2010). Des Weiteren müssen antivirale Medikamente aus ökonomischen und ethischen Gründen vor der Anwendung im Menschen in Tiermodellen optimiert und deren Wirksamkeit und Sicherheit getestet werden (Beigel und Bray, 2008; Barnard, 2009). Dies gilt auch für die Entwicklung von neuen Impfstoffen. Die Entwicklung von gentechnisch veränderten Nagetieren, in erster Linie Mäusen, bietet die Möglichkeit, die Rolle einzelner Gene oder Signalwege während einer Infektion gezielt zu untersuchen (Bryant, 2008). Immunsupprimierte Kleinsäuger ermöglichen darüber hinaus die Charakterisierung einer Infektion ohne die Bekämpfung durch die Immunabwehr (Mastino et al., 1991). Für eine Charakterisierung der Pathogenität oder der Immunantwort einer Influenzavirusinfektion ist die Wahl des Tiermodells entscheidend. Viele etablierte Versuchstiermodelle sind kein natürlicher Wirt für Influenzaviren und können meist nur durch künstliche Adaptation des Virus infiziert werden (Barnard, 2009; Bouvier und Lowen, 2010). Ebenfalls muss der Fokus der Studie, also die zu untersuchenden klinischen Ausprägungen, in dem entsprechenden Tiermodell reflektiert werden. Im Folgenden wird auf die wichtigsten Tiermodelle und deren Anwendung in der Influenzaforschung eingegangen Mäuse Die Labormaus (Mus musculus) ist aufgrund ihrer Größe und des vergleichsweise niedrigen Kostenaufwands ein beliebtes Säugermodell in der biomedizinischen Forschung. Die Genetik der verwendeten Mäusestämme ist umfassend beschrieben und es steht ein umfangreiches Spektrum an Technologien zur genetischen Modifikation und Charakterisierung zur Verfügung. Durch Inzucht der Labormausstämme sind Versuche gut reproduzierbar, wobei die Vielzahl der verschiedenen Zuchtstämme bis zu einem gewissen Grad die genetische Vielfalt in der Bevölkerung reflektiert (Trammell und Toth, 2008; Kroeze et al., 2012). Da Mäuse kein natürlicher Wirt von Influenzaviren sind, ist eine Infektion mit natürlichen Virusisolaten nur begrenzt möglich. Humane Influenzaviren binden präferenziell an Rezeptoren mit α2,6-gebundenen Sialinsäuren auf der Zelloberfläche (Connor et al., 1994). Mäuse besitzen hingegen vorwiegend α2,3-gebundene Sialinsäuren im Respirationstrakt (Ibricevic et al., 2006; van Riel et al., 2007), weshalb dort humane Influenzaviren nur begrenzt replizieren. Um dennoch Infektionsversuche durchführen zu können, werden die 28

36 Einleitung Viren künstlich an die Maus adaptiert. Dies geschieht meist durch serielle Passagen von Lungenhomogenaten in Mäusen (Hirst, 1947; Brown, 1990; Gabriel et al., 2005). Eine Infektion mit Labor-adaptierten Influenzaviren wie PR8 oder WSN, benötigen keine vorherige Adaptation an Labormäuse (Bouvier und Lowen, 2010). Aufgrund der Rezeptorspezifität von aviären Influenzaviren für α2,3-gebundene Sialinsäuren ist eine Infektion mit humanen HPAIV Isolaten ebenfalls möglich (Tumpey et al., 2005; Boon et al., 2009). Es gibt auch einige Mausstämme, wie DBA/2J und A/J, die für eine Infektion mit humanen Influenzaviren generell empfänglicher sind. Die genetische Variabilität der Mäuse hinsichtlich ihrer Immunantwort auf eine Infektion wird teilweise dafür verantwortlich gemacht (Srivastava et al., 2009; Alberts et al., 2010). Die Mausstämme BALB/c und C57BL/6 werden in der Influenzaforschung am häufigsten verwendet. Die Pathogenese und die Virulenz eines Influenzavirus in der Maus sind neben dem Virusstamm abhängig von der Infektionsdosis (Barnard, 2009; Bouvier und Lowen, 2010). Die Virulenz wird mittels serieller Infektionsdosen bestimmt (3.4.2; Reed und Muench, 1938). Je nach Versuchsfokus wird jedoch meist eine letale Dosis gewählt, um den vollen Umfang einer Influenzaerkrankung zu untersuchen (Bouvier und Lowen, 2010). Etwa 24 Stunden nach Infektion kann es zu den ersten Krankheitsanzeichen kommen, darunter Lethargie, struppiges Fell und verminderte Nahrungs- und Wasseraufnahme, die zu einem Gewichtsverlust der Tiere führen (Lu et al., 1999; Trammell und Toth, 2008). Der Gewichtsverlust, bezogen auf das Körpergewicht bei der Infektion, wird als wichtiger Parameter für den Infektionsverlauf und zur Endpunktbestimmung verwendet (Barnard, 2009). Durch die Replikation im gesamten Respirationstrakt kommt es bei hohen Infektionsdosen oder einer Infektion mit HPAIV und 1918 pandemischen Viren zu viralen Pneumonien (Kobasa et al., 2004; Bouvier und Lowen, 2010). Diese sind mit charakteristischen Lungenläsionen und -ödemen sowie Immunzellinfiltraten mit schweren Pneumonien im Menschen zu vergleichen (1.1.7; Perrone et al., 2008; Kroeze et al., 2012). HPAIV und Maus-adaptierte Influenzaviren können in Mäusen eine systemische Infektion zur Folge haben (Belser et al., 2009b; Bouvier und Lowen, 2010; Gabriel et al., 2009). So wurden unter anderem Viren in extrapulmonalen Organen wie Gehirn, Leber oder Herz, detektiert. Andere klinische Zeichen einer Virusgrippe, wie Fieber, Husten und Schleimbildung in den oberen Atemwegen, fehlen im Mausmodell (Barnard, 2009; Bouvier und Lowen, 2010). Darüber hinaus kommt es in Mäusen häufiger zu einer systemischen Ausbreitung und zu höheren Virustitern (Bouvier und Lowen, 2010). Jedoch kann die Transmission von Influenzaviren in der Maus nicht untersucht werden, da für die meisten Virusstämme eine Übertragung von Maus zu Maus weder durch Kontakt noch durch Aerosolbildung nachweisbar war (Lowen et al., 2006; Bouvier und Lowen, 2010). Berichte 29

37 Einleitung über eine Transmission von H2N2 Influenzaviren in Mäusen konnte für andere Subtypen nicht gezeigt werden oder war nicht reproduzierbar (Schulman und Kilbourne, 1963) Meerschweinchen Domestizierte Meerschweinchen (Cavia porcellus) werden aufgrund der einfachen Zucht, der genügsamen Haltungsansprüche und dem sanftmütigen Wesen vielfach in der Forschung eingesetzt. Berichte über die Verwendung von Meerschweinchen in der Forschung gehen auf Lavoisier im späten 18. Jahrhundert zurück (Terril und Clemons, 1998). Spätere Studien konnten zeigen, dass es viele Ähnlichkeiten zwischen dem Immunsystem von Menschen und Meerschweinchen gibt (Terril und Clemons, 1998; Padilla-Carlin et al., 2008). Daher sind die Tiere heute noch ein beliebtes Modell in der biomedizinischen Forschung und werden auch in immunologischen Studien respiratorischer Infektionskrankheiten wie Influenza verwendet (Wetherbee, 1973; Kauffman et al., 1978; Phair et al., 1979). Meerschweinchen sind ohne vorherige Adaptation empfänglich für eine Infektion mit saisonalen humanen und 1918 pandemischen Influenzaviren (Lowen et al., 2006; Tang und Chong, 2009; Van Hoeven et al., 2009). Die Viren replizieren effizient im oberen Respirationstrakt der Tiere, da dort α2,6- glykosidisch gebundene Sialinsäuren vorkommen. Da neben den α2,6-ständigen Sialinsäuren auch α2,3-gebundene im oberen Respirationstrakt der Tiere vorkommen (Sun et al., 2010), konnte ebenfalls eine Infektion von Meerschweinchen mit verschiedenen Schweine- und Vogelinfluenzaviren, unter anderem auch dem HPAIV-Stamm H5N1, gezeigt werden (Van Hoeven et al., 2009; Steel et al., 2010; Sun et al., 2010). Nachdem Lowen und Kollegen 2006 auf Berichte einer Ausbreitung von Influenzaviren unter Labor- Meerschweinchen aufmerksam wurden, zeigten sie den Nutzen der Tiere für reproduzierbare Transmissionsversuche (Lowen et al., 2006). Die Transmission von Influenzaviren ist ein wichtiger epidemiologischer Faktor und kann in Labormäusen nicht untersucht werden (Bouvier und Lowen, 2010). Humane Influenzaviren und HPAIV transmittieren effizient von Meerschweinchen zu Meerschweinchen bei direktem Kontakt der Tiere (Lowen et al., 2006; Mubareka et al., 2009; Steel et al., 2009). Eine Übertragung von Tier zu Tier in getrennten Käfigen über eine Aerosolbildung konnte ebenfalls für humane Influenzaviren gezeigt werden (Bouvier und Lowen, 2010; Sun et al., 2010). Die Viren transmittieren effizient über kurze Distanzen. Jedoch wurden auch einzelne Übertragungen über eine Entfernung von etwa einem Meter beschrieben (Lowen et al., 2006; Mubareka et al., 2009). Die Transmission von HPAIV konnte bisher für Viren des H5N1-Subtyps nur durch direkten Kontakt der Tiere gezeigt werden (Gao et al., 2009). Auch ein humanes H5N1 Isolat transmittierte in Meerschweinchen mit einer Effizienz von 75 % (Steel et al., 2009). Schweine- und LPAIV Vogelinfluenzaviren sind nur begrenzt über Kontakt übertragbar (Gao et al., 2009; Sun et al., 2010). Die effiziente Replikation von Influenzaviren und deren Transmission wurde bisher für 30

38 Einleitung die Zuchtstämme 2 und 13 und den Hartley Stamm gezeigt (Lowen et al., 2006; Bouvier und Lowen, 2010). Da bisher nur in einem Fall Unterschiede in der Empfänglichkeit und der Pathogenese zwischen den Stämmen gezeigt wurden, werden überwiegend Hartley Meerschweinchen in der Influenzaforschung verwendet, die auch kommerziell verfügbar sind (Lowen et al., 2006; Bouvier und Lowen, 2010). Zu beachten ist, dass Meerschweinchen nicht wie Labormäuse durch Inzucht gezüchtet werden und daher auch innerhalb eines Stammes genetische Unterschiede aufweisen. Obwohl Meerschweinchen empfänglich für eine Reihe von Influenzaviren sind, fehlen meist klinische Zeichen einer Erkrankung (Bouvier und Lowen, 2010). Bei einer Infektion mit humanen Influenzaviren kommt es zu Virustitern im Respirationstrakt, begleitet von der Bildung von Mucus (Tang und Chong, 2009). Die Virustiter in den oberen Atemwegen sind dabei deutlich höher als in Trachea oder Lunge (Lowen et al., 2006; Tang und Chong, 2009; Sun et al., 2010). Hohe Dosen von H5N1 Influenzaviren führten in infizierten Meerschweinchen zu Anzeichen von Teilnahmslosigkeit und zu leichtem Gewichtsverlust (Kwon et al., 2009; Van Hoeven et al., 2009). Die Replikation von Influenzaviren in extrapulmonalen Organen wurde bisher nicht nachgewiesen (Gao et al., 2009). Auftretende Pneumonien werden aufgrund der niedrigen Virusreplikation im Vergleich zum oberen Respirationstrakt auf die starke Immuninfiltration der Lunge zurückgeführt (Kwon et al., 2009; Tang und Chong, 2009; Van Hoeven et al., 2009). Eine Charakterisierung der Pathogenität von Influenzaviren ist wegen Fehlens klinischer Zeichen und Unterschiede in der Pathologie schlecht auf den Menschen übertragbar. Daher beschränken sich Studien in diesem Tiermodell meist auf Untersuchungen zu immunologischen Fragestellungen, die Transmission und Studien zur Replikation. Die Effekte von antiviralen Medikamenten und Impfstoffen oder auch Mutationen auf die Virusreplikation und Transmission können im Meerschweinchen untersucht werden (Gao et al., 2009; Lowen et al., 2009; Steel et al., 2009; Van Hoeven et al., 2009). Im Gegensatz zur Transmissionseffizienz von Influenzaviren ist die Untersuchung der Übertragungswege der Viren jedoch schwierig, da bei infizierten Meerschweinchen weder Husten noch Niesen beobachtet wurde (Mubareka et al., 2009) Frettchen Das Frettchen (Mustela putorius furo) ist eine domestizierte Form des Iltis und gilt als Goldstandard unter den kleinen Säugermodellen in der Influenzaforschung. Eine Reihe von respiratorischen Infektionskrankheiten, insbesondere Influenzaviren, führen in Frettchen zu einer Erkrankung, die der im Menschen ähnlich ist (Maher und DeStefano, 2004; Barnard, 2009; Bouvier und Lowen, 2010; Belser et al., 2011b). Anfang der Dreißiger wurden 31

39 Einleitung erstmalig Frettchen experimentell mit humanen Influenzaviren infiziert, wobei ebenfalls die Transmission zu nicht-infizierten Tieren nachgewiesen wurde (Smith et al., 1933; Francis und Magill, 1935; Smith und Sweet, 1988). Eine Infektion von Frettchen wurde für ein Reihe von humanen sowie H5N1 Influenzaviren gezeigt (Bouvier und Lowen, 2010). Ähnlich wie beim Menschen kommen im oberen Respirationstrakt von Frettchen vorherrschend α2,6-gebundene Sialinsäuren auf den Epithelzellen vor und ermöglichen so die effiziente Infektion durch humane Influenzaviren (Leigh et al., 1995). Eine Adaptation der Viren wie bei Mäusen ist daher nicht nötig. Darüber hinaus sind Frettchen ebenfalls empfänglich für eine Infektion mit Schweine- und Vogelinfluenzaviren (Shope, 1934; Wan et al., 2008). Humane Influenzaviren transmittieren effizient von Frettchen zu Frettchen sowohl durch direkten Kontakt als auch über Aerosole (Bouvier und Lowen, 2010; Belser et al., 2011b; Kroeze et al., 2012). Eine weitere Parallele zum Menschen ist, dass humane H5N1 Influenzaviren nur eingeschränkt auf nicht-infizierte Frettchen übertragen werden (Maines et al., 2006). Die potenzielle Gefahr von adaptiven Mutationen in HPAIV, die eine Transmission von Mensch zu Mensch ermöglichen, kann so mit Hilfe des Frettchenmodells evaluiert werden. Erst kürzlich wurden zwei Studien veröffentlicht, in denen durch experimentelle Adaptation an Frettchen gezeigt wurde, dass nur wenige Mutationen in humanen H5N1 Isolaten für eine effiziente Transmission von Frettchen zu Frettchen nötig sind (Herfst et al., 2012; Imai et al., 2012). Die Pathogenität der adaptierten H5N1 Influenzaviren war jedoch niedriger als die der Parentalviren. Da eine Tröpfcheninfektion von Frettchen vergleichbar zu der im Menschen ist, wurden Frettchen zur Infektion zerstäubten Virusproben ausgesetzt. Dadurch soll die Vergleichbarkeit mit natürlichen Bedingungen einer Infektion optimiert werden (Gustin et al., 2011; MacInnes et al., 2011). Die infizierten Tiere haben oftmals bereits einen Tag nach Infektion eine erhöhte Körpertemperatur (Sweet et al., 1979). Es kommt zur Mucusbildung in den oberen Atemwegen und einer Abgeschlagenheit der Tiere, die von Gewichtsverlust begleitet sein kann (Maher und DeStefano, 2004; Belser et al., 2011b). Saisonale humane Influenzaviren replizieren zu hohen Titern in den oberen Atemwegen von Frettchen (Maher und DeStefano, 2004; Bouvier und Lowen, 2010). Im Gegensatz zur Virusgrippe im Menschen ist Niesen eines der häufigsten klinischen Symptome von infizierten Frettchen (Matsuoka et al., 2009). Eine Infektion mit humanen H5N1 Isolaten oder 1918 pandemischen Influenzaviren führt hingegen, wie im Menschen, zu einer verstärkten Virusreplikation im unteren Respirationstrakt (Zitzow et al., 2002; Maines et al., 2005; Tumpey et al., 2007). Es kommt zu schweren Krankheitsverläufen mit viraler Pneumonie, die auch den Tod der Tiere zur Folge haben kann. Humane H5N1 Viren wurden in infizierten Frettchen auch aus extrapulmonalen Organen isoliert (Zitzow et al., 2002; Belser et al., 2011b). Kürzlich wurde 32

40 Einleitung die Replikation von humanen H5N1 Influenzaviren in mehreren Regionen des zentralen Nervensystems von Frettchen gezeigt (Schrauwen et al., 2012). Trotz der guten Übertragbarkeit von Transmission und Pathogenität hat das Frettchenmodell jedoch auch Grenzen. Da es keine durch Inzucht gezüchteten Frettchen gibt, stellt die genetische Vielfalt der Tiere, wie auch im Meerschweinchen, einen weiteren Nachteil dar (Kroeze et al., 2012). Das Spektrum an immunologischen Reagenzien ist zudem begrenzt. Darüber hinaus wurden in pharmakologischen Studien Unterschiede in der Toxizität und der Bioverfügbarkeit von Reagenzien im Vergleich zum Menschen festgestellt (Cochran et al., 1965; Bouvier und Lowen, 2010). Zudem ist die Haltung aufwändiger und mit weit höheren Kosten als bei Mäusen und Meerschweinchen verbunden Weitere Tiermodelle Auch wenn viele Fragestellungen in der Influenzaforschung mit Hilfe von Labormäusen, Meerschweinchen und Frettchen untersucht werden können, bieten Halbaffen, aufgrund des engen Verwandtschaftsgrades, den bestmöglichen Vergleich zu Influenzavirusinfektionen im Menschen (Barnard, 2009; Bouvier und Lowen, 2010; Kroeze et al., 2012). In der Influenzaforschung werden verschiedene Makakenarten verwendet. Eine Infektion in Halbaffen wurde mit verschiedenen humanen Influenzaviren gezeigt, darunter auch 1918 pandemische sowie H5N1 Influenza (Bouvier und Lowen, 2010). Die Pathogenese ist der im Menschen sehr ähnlich. Aufgrund der guten Übertragbarkeit werden neben therapeutischen Studien auch Fragestellungen zur Zytokin- und Genexpression in Halbaffen untersucht (Baas et al., 2006; Kobasa et al., 2007; Stittelaar et al., 2008). Die Verwendung von Halbaffen in der Forschung ist jedoch nicht nur aus ethischen Gründen sondern auch aufgrund der hohen Kosten und der Verfügbarkeit der Tiere begrenzt. Baumwollratten und Goldhamster können ebenfalls experimentell mit humanen Influenzaviren infiziert werden (Barnard, 2009; Bouvier und Lowen, 2010). Empfänglichkeit und Pathogenese infizierter Tiere weisen viele Parallelen zum Meerschweinchenmodell auf (Bouvier und Lowen, 2010). Da Meerschweinchen sich zusätzlich als Transmissionsmodell in der Influenzaforschung etabliert haben, werden Ratten und Hamster nur in wenigen Studien verwendet. Des Weiteren gibt es auch Studien zu Influenzavirusinfektionen in vielen weiteren Säugetieren, wie Katzen und Hunden mit HPAIV des H5N1-Subtyps (Rimmelzwaan et al., 2006; Giese et al., 2008). Für Fragestellungen, die den natürlichen oder intermediären Wirt von Influenzaviren betreffen, werden Schweine- und Vogelinfluenzaviren in Hausschweinen bzw. in Hühnern und Enten untersucht (Kroeze et al., 2012). Die Einteilung von aviären Influenzaviren hinsichtlich ihrer Virulenz in LPAIV und HPAIV erfolgt anhand des intravenösen Pathogenitätsindex in Hühnern (Wright et al., 2007). 33

41 Einleitung 1.4 Zielsetzung dieser Arbeit Die 2009 pandemische H1N1 Influenza stellte die erste Pandemie des 21. Jahrhunderts dar. Dieses Ereignis verdeutlichte erneut, dass Influenzaviren neben den jährlichen Epidemien auch stetig wiederkehrende Pandemien auslösen können. Frühere Arbeiten, vor allem mit aviären Influenzaviren, haben bereits mehrere Pathogenitäts- und Adaptationsdeterminanten beschrieben. Diese Erkenntnis ist für eine Gefahrenabschätzung, die von neuen Influenzaviren ausgehen könnte sowie für die Entwicklung von präventiven und therapeutischen Maßnahmen von hoher Bedeutung. In den 2009 pandemischen H1N1 (ph1n1) Influenzaviren hingegen sind diese früher beschriebenen Pathogenitätsdeterminanten nicht vorhanden. Dies sprach dafür, dass weitere bislang nicht identifizierte Determinanten in den 2009 ph1n1 Influenzaviren vorhanden sein müssen, die zu deren erhöhter Pathogenität und Transmissibilität im Menschen beigetragen haben. Daher sollten in dieser Arbeit klinische Isolate der 2009 ph1n1 Influenza in vitro und in vivo hinsichtlich ihrer Pathogenität im Mausmodell sowie hinsichtlich ihrer Transmissibilität im Meerschweinchen- und Frettchenmodell untersucht werden. Folgende Kernfragen sollten dabei beantwortet werden: Wie unterscheiden sich die 2009 ph1n1 Influenzaviren bezüglich ihrer Pathogenität von alt-saisonalen Influenzaviren und hochpathogenen aviären Influenzaviren des Menschen? Was sind die Transmissionseigenschaften von 2009 ph1n1 Influenzaviren? Welche viralen Determinanten sind für potenzielle Unterschiede in der Pathogenese von 2009 ph1n1 Influenzaviren verantwortlich? 34

42 Material 2 Material 2.1 Chemikalien, Lösungen und Puffer Bezeichnung Agarose ß-Mercaptoethanol Citratpuffer (10x) Dextransulfat Diethylpyrocarbonat (DEPC) Dithiothreitol (DTT) DNA-Ladepuffer (6X MassRuler DNA Loading Dye) DNA-Leiterstandart (MassRuler DNA Ladder Mix, bp) Eosin G Entwicklerlösung D19 Ethidiumbromid (EtBr) Ethanol (EtOH) Ethylendiamintetraacetat (EDTA) Ficol Fixierlösung Formamid Gewebeinfiltrationsautomat ASP 3000 Glycerol Glykogen (Mytilus edulis) Hämatoxylin Hühnervollblut mit Citrat Isopropanol (2-Propanol) Jodlösung Kristallviolettlösung Lipofectamin 2000 Natriumchlorid (NaCl) Natriumdodecylsulfat (SDS) Paraffin Paraformaldehyd (PFA) PBS (10x) Zusammensetzung/ Hersteller Serva Fluka DCS Sigma-Aldrich Sigma-Aldrich Sigma-Aldrich Fermentas / Thermo Scientific Fermentas / Thermo Scientific Sigma-Aldrich Kodak Fluka Merck Merck Sigma-Aldrich Kodak Merck Leica Invitrogen Sigma-Aldrich Shandon Lohmann Tierzucht Fluka volumetrisch, 0,5 M I 2 (1,0 N) (Fluka) 37 % Formaldehyd (Merck) in ddh2o 1 g Kristallviolett (Merck) auf 1 L LifeTechnologies Merck Sigma-Aldrich DCS 4 % PFA (AppliChem) in 1x PBS 26,8 mm KCl (Carl Roth) 17,6 mm KH 2 PO 4 (Merck) 35

43 Material PBS-Tween (0.05 %) PEI Polyvinylpyrrolidin Proteinase K Puffer Salzsäure (HCL) Sephadex G50 SSC (20x) SuperBlock T20 (TBS) Transkriptionslösung (Sonden-Markierung in situ-hybridisierung) TBE (10x) Triton-X-100 TrueBlue Peroxidase Substrat Vollblut, human, EDTA-Zusatz Xylol 1,37 M NaCl (Merck) 51,3 mm Na 2 HPO 4 2H 2 O (Merck) ad. 1 L ddh 2 O ph 7,4 0,05 % Tween-20 (Serva) in 1x PBS 1 mg/ml Polyethylenamin (Polysciences) ph 7,2 Sigma-Aldrich 20 mm Tris/HCl, ph 7,4 (Merck) 2 mm CaCl2 (Merck) Merck Roche 3 M NaCl 0,35 M tri-natriumcitrat (Merck) Pierce / Thermo Scientific 40 mm Tris/HCl, ph 8,0 10 mm DTT 6 mm MgCl 2 (Merck) 2 mm Spermidin 100 mg/ml BSA (RNase- und DNase frei) 500 μm ATP 500 μm CTP 500 μm GTP 25 μm 35 S-UTP 1 U RNAse Inhibitor 108 g TRIS 55 g Borsäure 9,3 g EDTA ad 100 ml ddh2o ph 8,3 Merck KPL Transfusionsmedizin Universitätsklinikum Eppendorf Merck 2.2 Kulturmedien und -zusätze Bezeichnung Albumin Lösung (BSA; 35 % in DPBS) Zusammensetzung/ Hersteller Sigma-Aldrich 36

44 Material Ampicillin (100 mg/ml) Avicel (mikrokristalline Cellulose) Avicel-Overlay-Medium Bakterieneinfriermedium Dulbecco s Modified Eagle Medium (DMEM) Dulbecco s PBS (1x) Fötales Kälberserum (FCS) Infektionsmedium MDCK LB-Amp100-Agar LB-Amp100-Medium Minimal Essential Medium (MEM) Modified Eagle Medium 2x (2x MEM) Overlay-Medium für Plaquetest Penicillin und Streptomycin (P/S, 100x) Reduced Serum Medium (OPTI-MEM I) Transfektionsmedium HEK 293T Trypsin-EDTA (1x) Wachstumsmedium MDCK Wachstumsmedium HEK 293T Serva FMC BioPolymer 50 % Overlay-Medium 50 % Avicel-Lösung (2,5% Avicel in 1xPBS) 50 % LB-Amp-Medium 50 % Glycerol PAA PAA PAA MEM 0,2 % BSA 1 % L-Glutamin 1 % Penicillin und Streptomycin LB-Amp100-Medium 1,5 % Bakto-Agar (BD Biosciences) 10 g/l Pepton 5 g/l Hefeextrakt 10 g/l NaCl ph 7,5 0,1 mg/ml Ampicillin PAA PAA 2x MEM 0,4 % BSA 2 % L-Glutamin 2 % Penicillin und Streptomycin PAA GIBCO DMEM 10 % FCS 1 % L-Glutamin PAA MEM 10 % FCS 1 % L-Glutamin 1 % Penicillin und Streptomycin DMEM 10 % FCS 37

45 Material 1 % L-Glutamin 1 % Penicillin und Streptomycin Zelleinfriermedium FCS 10 % DMSO 2.3 Enzyme, Reaktionssysteme und Zusätze Bezeichnung Hersteller DNA (Salmon Sperm) DNA-Polymerase Phusion DNA-Polymerase Pfu Turbo DNAse I, RNase frei Dual-Luciferase Reporter Assay System LEGEND MAX Mouse IFN-γ ELISA Kit LEGEND MAX Mouse IL-4 ELISA Kit LEGEND MAX Mouse TNF-α ELISA Kit Mouse/Rat CCL2/JE/MCP-1 Quantikine ELISA Kit Mouse IL-6 Quantikine ELISA Kit Mouse IL-10 Quantikine ELISA Kit Omniscript RT Kit peqgold dntp-mix (10 mm each) Proteinase K QIAamp Viral RNA Mini Kit QIAfilter Plasmid Maxi Kit QIAGEN OneStep RT-PCR Kit QIAprep Spin Miniprep Kit QIAquick Gel Extraction Kit QIAquick PCR Purification Kit QuickChange Site-Directed Mutagenesis Kit Restriktionsenzym DpnI (10 U/µl) Restriktionsenzym EcoRI (20 U/µl) Restriktionsenzym KpnI (20 U/µl) Ribonukleotide (ATP,CPT,GTP) RiboLock RNase Inhibitor (40 U/µL) Sigma-Aldrich NEB Stratagene Roche Promega Biolegend Biolegend Biolegend R&D Systems R&D Systems R&D Systems QIAGEN Peqlab Roche QIAGEN QIAGEN QIAGEN QIAGEN QIAGEN QIAGEN Stratagene Fermentas/ Thermo Scientific NEB NEB Roche 35 S-UTP Perkin Elmer Fermentas / Thermo Scientific T4-Ligase (4 U/µl) T7-Polymerase t-rna (Kaninchen Leber) Statagene Roche Sigma-Aldrich 38

46 Material Trypsin-TPCK Zytochem-Plus HRP Kit Sigma Zytomed 2.4 Primer Die Oligonukleotide für die Sequenzierung und Genotypisierung von Virus-DNA sowie zur Mutagenese und Klonierung von Plasmid-DNA wurden wie unter beschrieben entworfen und vom Dienstleister Eurofins MWG Operon synthetisiert. Die Bezeichnung der Primer und die jeweiligen DNA-Sequenzen sind im Anhang unter 9.4 zu finden. 2.5 Plasmide und Vektoren Bezeichnung phw2000 phwsccdb prl-tk ppol-i-np-luc-human pbluescript II KS+ Beschreibung/ Hersteller Leervektor für Reverse Genetik (Hoffmann et al., 2000b) Klonierungsvektor (Stech et al., 2008) Luciferase-Reporter (Renilla reniformis) (Promega) Luciferase-Reporter (Photinus Pyralis) mit Luciferase-Gen (GenBank: AF053462), das unter der Kontrolle des humanen Polymerase I-Promotors steht und von den 3 - und 5 -Enden der nicht-kodierenden Regionen des A/WSN/33 (H1N1) Virus (GenBank: M30746) flankiert wird. (T. Wolff, Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland) Stratagene 2.6 Virusstämme Bezeichnung A/Hamburg/05/09 (ph1n1) HH05 A/Hamburg/NY1580/09 (ph1n1) HH15 SC35M (H7N7) A/Solomon Islands/3/06-like (H1N1) A/Thailand/KAN-1/04 (H5N1) Herkunft Sigrid Baumgarte, Institut für Hygiene und Umwelt, Hamburg, Deutschland (Otte et al., 2011) Sigrid Baumgarte, Institut für Hygiene und Umwelt, Hamburg, Deutschland (Gabriel et al., 2011) Rekombinantes, mausadaptiertes SC35M Influenzavirus (H7N7) (Scheiblauer et al., 1995) Armin Balliot, Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover, Deutschland Hans-Dieter Klenk, Institut für Virologie, Philipps Universität Marburg, Deutschland (Puthavathana et al., 2005) 39

47 Material 2.7 Bakterienstämme Bezeichnung Beschreibung/ Hersteller Escherichia coli SURE-2 Genotyp: e14 - (McrA - ) (mcrcb-hsdsmr-mrr) 171 enda1 gyra96 thi-1 supe44 rela1 lac recb recj sbcc umuc::tn5 (Kan r ) uvrc [F proab laci q Z M15 Tn10 (Tet r ) Amy Cam r ] Stratagene Escherichia coli XL1-Blue Genotyp: reca1 enda1 gyra96 thi-1 hsdr17 supe44 rela1 lac [F proab laci q Z M15 Tn10 (Tet r )]) Stratagene 2.8 Eukaryotische Zelllinien Bezeichnung A549 (Human Lung Adenocarcinoma Cells) HEK293T (Human Embryonic Kidney Cells) MDCK (Madin-Darby Canine Kidney Cells) Beschreibung humane Lungenepithelzelllinie humane Nierenepithelzelllinie canine Nierenepithelzelllinie 2.9 Versuchstiere Mäuse: Für die tierexperimentellen Versuche dieser Arbeit wurden weibliche C57BL/6J Mäuse bzw. BALB/c Mäuse im Alter von fünf bis acht Wochen verwendet. Mäuse des C57BL/6J Stamms wurden von Charles River bzw. Harlan Laboratories bezogen. Die verwendeten BALB/c Mäuse entstammten der hauseigenen SPF-Zucht des Heinrich-Pette-Instituts, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie. Die Mäuse wurden während der Versuche zu maximal fünf Tieren in einzeln belüfteten Typ II L Käfigen eines IVC-Systems (Tecniplast) unter konstanten Außenbedingungen (12 h Tag-Nacht-Zyklus, Temperatur) gehalten. Futter und Wasser waren ad-libitum vorhanden. Meerschweinchen: Für weitere tierexperimentelle Versuche mit Meerschweinchen wurden Gramm schwere weibliche Tiere des Hartley-Zuchtstammes von Charles River Laboratories bezogen. Die Meerschweinchen wurden während der Versuche zu maximal zwei Tieren in Typ IV Käfigen in einem UNI-PROTECT-Laminar-Luftstromschrank (Ehret) unter konstanten Außenbedingungen (12 h Tag-Nacht-Zyklus, Temperatur, Luftstrom) gehalten. Futter und Wasser waren ad-libitum vorhanden. 40

48 Material Frettchen: Die tierexperimentellen Versuche mit Frettchen wurden in der Biological Investigations Group, Public Health England in Porton Down, Großbritannien durchgeführt. Es wurden sechs bis zwölf Monate alte weiblich Frettchen verwendet, welche von der Public Health England eigenen Zucht Highgate Farm bezogen wurden. Die Frettchen wurden während der Versuche jeweils in Gruppen von mindestens zwei Tieren unter konstanten Außenbedingungen (12 h Tag-Nacht-Zyklus, Temperatur, Luftstrom) gehalten. Futter und Wasser waren ad-libitum vorhanden. Embryonierte Hühnereier: Für die Virusanzucht wurden frische SPF-Hühnereier von Lohmann Tierzucht bezogen und in einem Eierinkubator in der Versuchstierhaltung des Universitätskrankenhauses Eppendorf bebrütet Antikörper Bezeichnung Ursprung Hersteller Verwendung Anti-NP Frettchen polyklonal WHO 1:500 Histologie Anti-NP Maus monoklonal Abcam (ab43821) 1:1000 Plaquetest Anti-Maus IgG-HRP Kaninchen polyklonal SouthernBiotech ( ) 1:1000 Plaquetest Anti-Frettchen-Biotin Ziege polyklonal Rockland 1:200 Histologie 2.11 Narkotika, Analgetika und Zusätze Bezeichnung Bepantene Augensalbe Forene (Isofluran 100 %) Ketamin Gräub (100 mg/ml) Natriumchlorid (0,9 % Lösung) Pentobarbital-Natrium-Salz Sedaxylan (Xylazin-Hydrochlorid, 20 mg/ml) T61 Injektionlösung Hersteller Bayer Vital GmbH Abbott Albrecht B. Braun Melsungen AG Sigma Aldrich WDT Intervet 2.12 Verbrauchsmaterialien Wenn im Folgenden nicht weiter vermerkt, wurden Einwegartikel von folgenden Firmen bezogen: Falcon, Sarstedt, Biozym, Nunc. Bezeichnung Applikatoren, steril, Holz Hersteller Böttger 41

49 Material Bastelkleber ohne Lösungsmittel Einmal-Injektionskanüle Microlance 3 (26G 3/8, 0,45 x 10 mm) Einmal-Injektionskanüle Microlance 3 (25G 1, 0,5 x 25 mm) Einmal-Injektionskanüle (20G 1, 0,9 x 25 mm) Einmalskalpell (Surgical Disposable Scalpels) Einmalspritzen Omnifix (3 ml / Luer Lock Solo) Einmalspritzen Omnifix (10 ml / Luer Solo) Einmalspritzen TERUMO U-100 Insulin (1 ml / 6 % Luer) Einmalspritzen Soft Ject (1 ml) EDTA-Kapillarblutentnahme-Röhrchen (200 µl) Lanzetten, steril, ACCU-CHEK Softclix XL (21G 0,8 mm) Mahlkugeln (Glasperlen: Ø 0,50-0,75 mm) SuperFrost/Plus Objektträger 96-Vertiefungen-MTP MicroAmp Optical 96-Well Reaction Plate with Barcode UHU BD BD BD B. Braun Melsungen AG B. Braun Melsungen AG B. Braun Melsungen AG TERUMO Corporation Henke Sass Wolf KABE Labortechnik Roche Retsch Menzel-Gläser Invitrogen / Life Technologies 2.13 Geräte Bezeichnung Badumwälz-Thermostat Precitherm PFV Chirurgische Feinschere Chirurgische Standard-Pinzette CO 2 -Inkubator BBD6220 CO 2 -Inkubator HERACELL 150 Digitalkamera SZ-10 Durchlichtmikroskop Axioskop 2 Durchlichtmikroskop IM Eierprüflampe Feinwaage Extend Flüssigszintillationszähler Tri-Carb 1600TR Gefriercontainer Mr. Frosty Geldokumentationssystem Gel Doc XR Gelelektrophoresesystem Sub-Cell GT Hämatologie-Analysegerät poch-100i Magnetrührer MR3001 Hersteller Labora Mannheim Fine Science Tools Fine Science Tools Thermo Scientific Thermo Scientific Olympus Zeiss Zeiss Fritz Gössner Sartorius Packard Nalgene Bio-Rad Bio-Rad Sysmex Heidolph 42

50 Material Magnetrührer MR80 Mikrotiterplatten Lesegerät Safire2 Magellan - Data Analysis Software Mikrotiterplatten Lesegerät Tristar LB 941 Mikrowin2000-Software v.4.41 Mikrotom HM325 Mikrowellenofen R-647 PCR-Gerät GeneAmp PCR System 9700 ph-messgerät 766 Calimatic Pipetten Eppendorf Reference Pipettierhilfe Pipetus Präzisionswaage ED224S Reinstwassersystem Milli Q Aca Schüttler Digital MaxQ 6000 Schüttelwasserbad SW-22 Schwingmühle MM400 Spannungsquelle Powerpac Basic Spektralphotometer Nanodrop 1000 Sterile Werkbank Herasafe KS 12 Sterile Werkbank Herasafe KS 18 Sterile Werkbank SG400E Taumel-Wipptisch WT12 Thermomixer Comfort Trockenschrank 6120 Vortex-Mixer Wasserbad H15-2 Zentrifuge Multifuge 3S-R Zentrifuge Varifuge 3.0R Zentrifuge 5417R Zentrifuge Biofuge Pico Zentrifuge Avanti J-E Heidolph Tecan Magellan Software Berthold Technologies, Software von Mikrotek Laborsysteme GmbH Microm Sharp Applied Biosystems Knick Eppendorf Hirschmann Laborgeräte Sartorius Millipore Thermo Scientific Julabo Retsch Bio-Rad Peqlab Thermo Scientific Thermo Scientific Baker Company Biometra Analytik Jena Heraeus neolab Kunz Instruments Heraeus Heraeus Eppendorf Heraeus Beckham Coulter 43

51 Methoden 3 Methoden 3.1 Molekularbiologische Methoden Isolierung von viraler RNA Die virale RNA (vrna) wurde mit Hilfe des QIAamp Viral RNA Mini Kits (QIAGEN) nach Herstellerangaben isoliert. Dafür wurden 900 µl des jeweiligen Virus-Arbeitsstocks (3.3.1) eingesetzt und mit 30 µl ddh 2 O eluiert, anschließend aliquotiert und bei -80 C gelagert Design von PCR-Primern Das Design der Primer für die Sequenzierung (3.1.3), die Klonierung (3.1.4), die zielgerichtete Mutagenese (3.1.5) und die Herstellung der in situ-sonden erfolgte nach Standardkriterien (Lottspeich und Zorbas, 1998). Für die Herstellung der Mutageneseprimer wurde nach den Kriterien des Reaktionssystems QuickChange Site-Directed Mutagenesis Kit (Stratagene) vorgegangen. Die Sequenzen der Oligonukleotide wurden mit Hilfe der Software Clone Manager 9 Professional (Sci-Ed Software) erstellt und anschließend zusätzlich mit Hilfe eines Online-Programms überprüft ( bakerpg/primertemp/primertemp.html). Um weitere Sequenzhomologien der Primer auszuschließen, wurden diese abschließend mittels NCBI-Onlinetools Basic Local Alignment Search Tool ( überprüft. Die Synthese der Primer erfolgte durch den Dienstleister Eurofins MWG Operon. Die Bezeichnung der Primer und die jeweiligen DNA-Sequenzen sind im Anhang unter 9.4 zu finden Sequenzierung viraler RNA Da die Nukleotidsequenz der hier charakterisierten 2009 pandemischen H1N1 (ph1n1)- Isolate noch unbekannt war, wurde das Genom dieser Viren aus zwei unabhängigen RNA- Isolierungen (3.1.1) nach Umschreiben in DNA mittels RT-PCR ( ) vom Dienstleister Seqlab vollständig sequenziert. Die Sequenzen wurden anschließend in die Influenzavirus- Datenbank vom NCBI (Influenza Virus Resource; genomes/flu/flu.html) unter folgenden Zugriffsschlüsseln eingepflegt: HH05 (ph1n1): HQ (PB2), HQ (PB1), HQ (PA), HQ (NP), HQ (HA), HQ (NA), HQ (M) and HQ (NS). HH15 (ph1n1): GU (PB2), HQ (PB1), HQ (PA), HM (NP), HQ (HA), HQ (NA), HQ (M) and HQ (NS). 44

52 Methoden Klonierung viraler DNA Für die Charakterisierung des Influenzavirus Genoms in einem Vektor wurde für diese Arbeit, wie unter und beschrieben, virale RNA isoliert und sequenziert. Anschließend wurde die RNA in vitro wie folgt zu DNA umgeschrieben. Die amplifizierte DNA wurde in den Plasmid-Vektor phwsccdb (Stech et al., 2008) ligiert und konnte so in kompetente XL1-Blue oder SURE-2 Bakterien (Stratagene) transformiert werden Zweistufige RT-PCR Zur DNA-Synthese wurde die unter isolierte vrna einer zweistufigen Reversen Transkriptase-Polymerase Kettenreaktion (RT-PCR) unterzogen. Dabei transkribierte zunächst eine Reverse Transkriptase unspezifisch die RNA in einzelsträngige cdna. Für die reverse Transkription wurde ein Omniscript RT Kit (QIAGEN) den Herstellerangaben entsprechend und ein Uni12 Primer verwendet, welcher an die hochkonservierte Promotorregion aller viralen Gensegmente bindet (Hoffmann et al., 2001). In einem zweiten Reaktionsansatz wurde mittels DNA-abhängiger-DNA-Polymerase mit Virusgen-spezifischen Primern die cdna zu doppelsträngiger DNA amplifiziert. Für jedes virale Gen wurde demnach ein Reaktionsansatz benötigt. Die hierfür verwendete Phusion Polymerase (NEB) verfügt über eine hohe "proofreading"-aktivität. RT-Ansatz: 10x Omniscript Puffer 2 µl dntp 5 mm 2 µl RNAse Inhibitor 0,25 µl Uni12-Primer 10 µm 2 µl Omniscript 1 µl RNA Template 4 µl ad 20 µl ddh 2 O 1 h 37 C PCR-Ansatz: 5x Puffer 10 μl dntps 5 mm 2 μl Primer fw 10 μm 2,5 μl Primer rv 10 μm 2,5 μl Phusion Polymerase 1 μl cdna Template 2 μl ad 50 μl dh 2 O PCR-Programm: Initiale Denaturierung 98 C 30 s 35 mal 3-Schritt Zyklen mit: Denaturierung 98 C 10 s 45

53 Methoden Primerhybridisierung 60 C 30 s Elongation 72 C 6 min Finale Elongation 72 C 5 min DNA-Gelelektrophorese Um die amplifizierten viralen DNA-Segmente auf ihre zu erwartende Molekülmasse zu überprüfen und aufzureinigen, wurde zur Größenauftrennung eine Geleletktrophorese durchgeführt. Dafür wurde durch Erhitzen 1 % Agarose in 1x TBE-Puffer gelöst, mit Ethidiumbromid versetzt und in eine entsprechende Laufkammer gegossen. Die Proben wurden vor dem Auftragen mit 6x Probenpuffer versetzt und zur späteren Größenbestimmung der MassRuler DNA Ladder Mix (Thermo Scientific) zusammen mit den Proben auf das Gel aufgetragen. Die Elektrophorese erfolgte bei V. Die Visualisierung der DNA-Banden fand anschließend unter UV-Licht statt (Bsp.: Abb. 7). Zur Extraktion der überprüften DNA-Banden wurden diese unter UV-Licht ausgeschnitten und einer DNA-Aufreinigung mittels QIAquick Gel Extraction Kits (QIAGEN) nach Angaben des Herstellers unterzogen. Die aufgereinigte DNA konnte nun zur weiteren Kontrolle sequenziert (3.1.3) und für die Ligation ( ) in einen Vektor verwendet werden. Abb. 7: Darstellung der zu erwartenden Bandengrößen der viralen Gensegmente auf einem Agarosegel. Die jeweils angegebenen Banden wurden für die Aufreinigung nach der elektrophoretischen Auftrennung ausgeschnitten. (aus Stech et al., 2008) 46

54 Methoden Ligation Die überprüften und aufgereinigten DNA-Segmente aus wurden in einer PCR in den Plasmid-Vektor phwsccdb (Stech et al., 2008) eingeführt. Aufgrund der Amplifikation der DNA-Segmente mit Gen- und Vektorspezifischen Primern binden diese am 5' Ende komplementär an das hier verwendete Plasmid. Die Genspezifische Sequenz ist zum einen komplementär zu der konservierten nicht-kodierenden Region, die Influenzavirus Gene flankieren, zum anderen komplimentär zu einer für jedes Gen spezifischen Anfangssequenz. In diesem Fall wurde Primer spezifisch gegen die viralen Gene eines 1918 pandemischen Influenzavirusstamms (H1N1) verwendet, da eine hohe Übereinstimmung mit den 2009 pandemischen Influenzaviren (ph1n1) zu erwarten war. Die PCR wurde mit der bereits unter beschriebenen Phusion Polymerase (NEB) in mehreren Ansätzen mit jeweils verschiedenen Mengen DNA durchgeführt, um ein optimales Verhältnis von Vektor zu Insert zu erreichen. Ligations-PCR-Ansatz: 5x Puffer 10 μl dntp 10mM 1 μl Phusion Polymerase 1 μl phwsccdb Plasmid (1:100) 10 µl DNA Insert 1/3/7 µl ad 50 μl ddh 2 O PCR-Programm: Initiale Denaturierung 98 C 30 s 35 mal 3-Schritt Zyklen mit Denaturierung 98 C 10 s Primerhybridisierung 48 C 1 min Elongation 72 C 5:30 min Restriktionsverdau Nach der Ligations-PCR wurde dem Ansatz jeweils 1 µl des Restriktionsenzyms DpnI (10 U/µl) zugegeben und für 1 h bei 37 C inkubiert. Da die, in ihrer ursprünglichen Form aus E. coli-bakterien stammende, DNA methyliert vorliegt, werden Plasmide die noch methylierte DNA oder hemimethylierte DNA beinhalten vom DpnI-Enzym erkannt und durch Verdau ausselektiert. Die Plasmide konnten dann für eine anschließende Amplifikation in kompetente XL1-Blue oder SURE-2 Bakterien (Stratagene) transformiert werden Transformation kompetenter E. coli-bakterien Zur Transformation wurden kompetente Bakterien des E. coli Stammes XL1-Blue oder SURE-2 (Stratagene) verwendet, dabei wurde die sogenannte Hitzeschock-Methode angewandt. Dafür wurden jeweils 50 µl der fertigen Bakterien-Suspension mit 47

55 Methoden ß-Mercaptoethanol versetzt und auf Eis vorinkubiert und nach Zugabe von 10 µl des Ligationsansatzes ( ) wurde 30 min lang auf Eis inkubiert. Darauf folgte die Inkubation von 45 s bei 42 C in einem Wasserbad. Nach weiteren 2 min auf Eis wurden jedem Ansatz 450 µl vorgewärmtes (42 C) TB-Kulturmedium hinzugegeben und für eine weitere Stunde bei 37 C in einem Schüttler inkubiert. Durch anschließende Zentrifugation wurde das Reaktions-Medium entfernt. 100 µl vom Zellpellet wurden auf Ampicillin-Agarplatten ausplattiert und die Bakterien über Nacht bei 37 C angezogen. Aufgrund des Ampicillins erfolgte eine Negativselektion der Bakterien ohne Plasmide Zielgerichtete PCR-Mutagenese Bei einer zielgerichteten Mutagenese können Nukleotidaustausche, -insertionen oder -deletionen mit Hilfe des QuikChange Site-Directed Mutagenesis Kits (Stratagene) in doppelsträngige Plasmid-DNA eingeführt werden. Hierzu werden zwei gegenläufige komplementäre Primer mit der gewünschten Mutation in einer PCR verwendet. Die Amplifikation erfolgt mittels hochprozessiver PfuTurbo DNA Polymerase (Stratagene), welche über eine Korrekturlese-Aktivität verfügt. Der als anfängliche Vorlage dienende Parentalstrang, der nicht über die gewünschte Mutation verfügt, ist methyliert bzw. hemimetyliert, so wie meist aus E. coli stammende Plasmid-DNA. Die DpnI- Restriktionsendonuklease erkennt methylierte DNA und verdaut diese. Dadurch kann unmethylierte, methylierte bzw. eingeführte DNA spezifisch selektiert werden ( ). Zur anschließenden Ligation der entstandenen Einzelstrang-Brüche wurden die Plasmide in kompetente XL1-Blue oder SURE-2 Bakterien (Stratagene) transformiert ( ). PCR-Ansatz: 10x Pfu Puffer 5 μl dntp-mix 10 mm 1 μl Primer fw 10 μm 2 μl Primer rv 10 μm 2 μl PfuTurbo Polymerase (2,5 U/μl) 1 μl Plasmid phw ng/μl 1 μl ad 50 μl ddh 2 O PCR-Programm: Initiale Denaturierung 95 C 1 min 20 mal 3-Schritt Zyklen mit Denaturierung 95 C 30 s Primerhybridisierung 48 C 1 min Elongation 68 C 10 min 48

56 Methoden Plasmidamplifikation in E. coli Bakterien Die Vervielfältigung viraler Plasmid-DNA (3.1.4, 3.1.5) erfolgte in E. coli-bakterien des Stammes XL1-Blue oder SURE-2 (Stratagene). Dafür wurden einzelne Klone nach der Anzucht auf Agarplatten gepickt und in eine LB-Amp-Flüssignährlösung mit 100 µg/ml des Antibiotikums Ampicillin überführt. Für kleine Mengen wurden ca. 5 ml, für größere Mengen ca. 250 ml Nährlösung verwendet. Die angeimpften Nährlösungen wurden für h bei 37 C im Schüttelinkubator bis zur gewünschten Zelldichte inkubiert Plasmidpräparation Nach Vervielfältigung der viralen Plasmid-DNA in Bakterien (3.1.6) wurde diese mit Hilfe fertiger Reaktionssysteme gewonnen. Für kleine Mengen wurde dies mit dem Reaktionssystem QIAprep Spin Miniprep Kit (QIAGEN) und für größere Mengen mit dem QIAfilter Plasmid Maxi Kit (QIAGEN) durchgeführt. Zusätzlich zu den Standardangaben des Herstellers wurden für die Isopropanol-Fällung 6 µg/ml Glycogen verwendet, um die DNA- Ausbeute zu erhöhen Archivierung plasmidtragender E-coli Bakterien Für die Archivierung plasmidtragender E. coli-bakterien wurde 1 ml einer Bakterienkultur in Nährlösung mit 1ml Glycerol versetzt und bei -80 C gelagert. Diese sogenannten Kryostocks können zum Animpfen von Nährlösungen zur Vervielfältigung der entsprechenden Plasmid-DNA verwendet werden Bestimmung Polymeraseaktivität Um die Aktivität eines viralen Polymerasekomplexes in vitro zu messen, werden die Untereinheiten des viralen Polymerasekomplexes PB1, PB2, PA und NP zusammen mit einem Reportergenplasmid (ppol-i-np-luc-human) in eukaryotische Zellen transfiziert. Die entsprechenden viralen Gene wurden hierfür in ein Expressionsplasmid kloniert (3.1.4). Das Reportergen kodiert für die Luciferase des Leuchtkäfers Photinus pyralis und steht unter der Kontrolle eines Pol-I Promotors. Es wird daher von der zellulären DNA-abhängigen RNA- Polymerase erkannt, was zu einer schwachen Expression der Reportergen-Luciferase führt. Dies ist ebenso der Fall für die RNP-Untereinheiten, welche sich nach Transkription und Translation in den Zellen zu einem viralen Ribonukleoprotein (vrnp)-komplex zusammenlagern. Da das Reportergen von virusspezifischen, nicht-kodierenden Regionen flankiert wird, entsteht bei dessen Transkription negativ orientierte virale RNA, welche von den neu entstandenen viralen Polymerasekomplexen ebenfalls erkannt und nun verstärkt prozessiert wird. Die relative Aktivität der viralen Polymerase kann demnach an der 49

57 Methoden Expression des Reportergens gemessen werden. Zur Kontrolle der Transfektionseffizienz wird ein zweites Reportergenplasmid transfiziert. Dieses kodiert für eine weitere Luciferase (Renilla reniformis) steht allerdings unter der Kontrolle eines anderen Promotors (HSV- Thymidinkinase) und wird daher ausschließlich von den eukaryotischen Zellen prozessiert und nicht vom viralen Polymerasekomplex Transfektion von HEK293T-Zellen Die Untereinheiten der viralen RNPs wurden jeweils in den Expressionvektor kloniert phw2000 und anschließend amplifiziert (3.1.4, 3.1.6). Je 1 µg der viralen Polymeraseunteinheiten und des Nukleoproteins wurden zusammen mit den beiden Reporter Plasmiden in HEK293T-Zellen transfiziert. Pro Plasmidansatz wurde dafür 1 ml Optimem mit 12 µl des komplexbildenden Transfektionsreagenz PEI für 5 min vorinkubiert. Diese Mischung wurde anschließend zum Plasmidansatz hinzugegeben und für 20 min bei Raumtemperatur inkubiert. Für einen Transfektionsansatz in einer 60 mm Zellkulturschale wurden ca. 2*10 6 HEK293T-Zellen in 2 ml Transfektionsmedium suspendiert und die Plasmidmischung langsam hinzugefügt. Es folgte eine Inkubation von 24 Stunden bei 37 C in einem CO 2 -Inkubator, bevor die transfizierten Zellen geerntet und für die Messung lysiert wurden Messung der relativen Polymeraseaktivität Detektiert wurde die relative Polymeraseaktivität mit Hilfe eines Dual-Luciferase Reporter Assays (Promega). Hierbei wird Luciferin, das Substrat der Luciferase, zu den nach Herstellerangaben lysierten transfizierten Zellen hinzugegeben ( ). Die Spaltung des Luciferins durch die Luciferase führt zu einer detektierbaren Biolumineszenz. Diese wurde in Relativen Lichteinheiten (Relativ Light Units, RLU) in Mikrotiterplatten in einem Tristar LB 941 Luminometer (Berthold Technologies) gemessen und mit Hilfe der Software MikroWin 2000 ausgewertet Zytokinbestimmung mittels enzymgekoppeltem Immunadsorptionstest (ELISA) Um Unterschiede in der Expression einzelner Zytokine während der Immunantwort auf eine Influenzavirus Infektion zu untersuchen, wurden deren absolute Mengen in der Lunge und im Serum von infizierten und nicht-infizierten Mäusen bestimmt (3.4). Bei einem enzymgekoppelten Immunadsorptionstest (ELISA) wird das nachzuweisende Antigen, in diesem Fall ein Zytokin, an einen spezifischen Erstantikörper gebunden, wobei dieser wiederum mit einem enzymgekoppelten Zweitantikörper detektiert werden kann. Bei der hier verwendeten Sandwich-Methode werden zwei Erstantikörper verwendet, wovon einer bereits an eine Mikrotiterplatte gebunden ist. Die Antigen enthaltende Probe konnte 50

58 Methoden nun auf der Mikrotiterplatte angereichert werden, um dann mit Hilfe eines weiteren Erstantikörpers nachgewiesen zu werden. Für diese Arbeit wurden die Zytokine IL-4, TNF-α und IFN-γ in Serum und Lungenhomogenaten von Mäusen (3.4.3) mit Hilfe des jeweiligen LEGEND MAX Mouse ELISA Kits (Biolegend) detektiert. Für MCP-1, IL-6 und IL-10 hingegen wurden die jeweiligen Mouse Quantikine ELISA Kits (R&D Systems), den Herstellerangaben entsprechend, verwendet. Die absolute Mengenbestimmung erfolgte mit Hilfe einer Verdünnungsreihe des aufgereinigten Antigens. Der Farbumschlag der verschiedenen Ansätze, durch enzymatische Reaktion einer Meerrettichperoxidase, wurde bei 450 nm in einem Mikrotiterplatten Lesegerät Safire2 (Tecan) gemessen. 3.2 Zellkultur Kultivierung Die Kultivierung der hier verwendeten eukaryotischen Zelllinien erfolgte in einem CO 2 - Inkubator bei 37 C, 5 % CO 2 und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 95 %. Als Wachstumsmedium wurde für HEK293T- und A549-Zellen DMEM-Zellkulturmedium und für MDCK-Zellen MEM-Zellkulturmedium mit jeweils 10 % FCS, 1 % Penicillin und Streptomycin und 1 % L-Glutamin verwendet. Wenn die Zellen % Konfluenz im Kulturgefäß erreichten, wurde je nach Verwendung ein Teil der Zellen passagiert. Hierfür wurden die Zellen mit PBS gewaschen (MDCK alternativ mit Trypsin-EDTA) und mit Trypsin-EDTA bei 37 C inkubiert, bis alle Zellen vom Boden abgelöst waren. Die Inaktivierung des Trypsins erfolgte durch anschließendes Hinzugeben von FCS-haltigem Medium. Eine entsprechende Verdünnung der Zellen wurde dann in ein neues Kulturgefäß transferiert Archivierung Für die Archivierung der verwendeten Zellen wurden diese vom Kulturgefäß abgelöst (3.2.1) und abzentrifugiert (5 min, 1000 xg). Die Zellen wurden in einem Milliliter Zelleinfriermedium resuspendiert und in Kryoröhrchen mittels Gefriercontainer (runterkühlen von -1 C/min) bei -80 C eingefroren. Für die Archivierung von mehr als einigen Wochen sollte ein Flüssigstickstoffkontainer verwendet werden. Um eingefrorene Zellen wieder in Kultur zu nehmen, wurden diese bei 37 C im Wasserbad aufgetaut und anschließend langsam Kulturmedium zu den Zellen hinzugegeben. Reste des Einfriermediums wurden mittels Zentrifugation entfernt und die Zellen in frischem Kulturmedium resuspendiert. Die erste Passage oder ggf. ein Mediumwechsel sollte bereits am nächsten Tag stattfinden. 51

59 Methoden 3.3 Virologische Methoden Alle Arbeiten mit infektiösem Material wurden für diese Arbeit, je nach Risikogruppeneinstufung des jeweiligen Virusstamms von der Gentechnikbehörde der Stadt Hamburg, unter Schutzstufe-2 oder -3 Bedingungen durchgeführt Virusanzucht Um Virusisolate, die direkt von einem infizierten Wirt entnommen wurden, untersuchen zu können, wurden diese zu einem Arbeitsstock hochgezogen. Zur Minimierung adaptiver Mutation sollte dies im jeweils ursprünglichen Wirtsorganismus geschehen. So wurden Influenzavirusisolate aviären Ursprungs in embryonierten Hühnereiern hochgezogen Isolate aus Säugetieren hingegen in Säugerzellen hochgezogen. Um die Anhäufung von zufallsbedingen Mutationen der viralen Polymerase, welche über keine Korrekturlese- Aktivität verfügt (Drake, 1993), zu minimieren, wird die Anzahl der Passagen so gering wie möglich gehalten. Für die vorliegende Arbeit wurden Arbeitsstocks mit maximal zwei Passagen verwendet. Die Lagerung der Arbeitsstocks erfolgte in 100 µl bis 1 ml Aliquots (meist 300 µl) bei -80 C Anzucht im Hühnerei Für die Anzucht im embryonierten Hühnerei wurden elf Tage lang bebrütete Hühnereier mit Virus infiziert. Zunächst wurde mittels Eierprüflampe kontrolliert, ob das Ei befruchtet und der Embryo lebendig ist. Die stumpfe Seite des Eis wurde mit Jodlösung desinfiziert und mit einem Handbohrer vorsichtig ein kleines Loch in die Schale gebohrt. Pro Ei wurden hier 200 µl Virusverdünnung (10-3 oder 10-4 ) mittels Kanüle (0,5 x 25 mm) in die Allantoishöhle injiziert. Um diese zu erreichen und dabei den Embryo nicht zu verletzen wurde die Kanüle senkrecht in die Öffnung der Schale vollständig eingeführt. Anschließend wurde die Öffnung mit Lösungsmittel freiem Klebstoff verschlossen und die Eier für weitere 48 Stunden bei 37 C inkubiert. Die infizierten Hühnereier wurden anschließend über Nacht bei 4 C gelagert um durch Vasokonstriktion eine blutfreie Entnahme der Allantoisflüssigkeit zu erleichtern. Die Eier wurden hierfür am stumpfen Ende über der Luftkammer geöffnet und die Allantoisflüssigkeit mittels Einweg-Plastikpipette entnommen, dazu wurde der Dottersack mit einem stumpfen Werkzeug zur Seite gedrückt. Die Allantoisflüssigkeit verschiedender Eier konnten nun mittels Hämagglutinationstest (3.3.4) auf Viruspartikel überprüft und Chargen mit ähnlichen Werten zusammengeführt werden, um mit Hilfe eines Plaquetests den Titer an infektiösen Viruspartikeln zu bestimmen (3.3.6) Anzucht in MDCK-Zellen Für die Virusanzucht in Säugerzellen wurden MDCK-Zellen verwendet die am vorherigen Tag in 75 cm 2 Kulturflaschen ausgesät wurden. Die Zellen sollten eine Konfluenz von 52

60 Methoden % aufweisen und wurden vor Infektion mit ca. 5 ml Infektionsmedium gewaschen. Anschließend wurde 2 ml Virusverdünnung in Infektionsmedium auf die Zellen gegeben und für 30 min bei 37 C im CO 2 -Inkubator inokuliert. Danach wurde das Inokulum entfernt und ca. 6 ml Infektionsmedium auf die Zellen gegeben. Bei der Anzucht von Viren mit monobasischer Spaltstelle im HA wurde dem Infektionsmedium 1 µg/ml TPCK-Trypsin hinzugegeben. Es folgte eine Inkubation der infizierten Zellen bis zu einem Zytopathischen Effekt (CPE) von mehr als 50 % und/oder der Detektion einer Hämagglutination von Hühnerblut (3.3.4) (ca h). Der Zellkulturüberstand wurde daraufhin abgenommen und Zelltrümmer bei 1000 xg für 5 min abzentrifugiert. Für die Verwendung als Arbeitsstock wurde der Überstand aliquotiert und der Titer an infektiösen Viruspartikeln mittels Plaquetest bestimmt (3.3.6) Reverse Genetik Für die Herstellung rekombinanter Influenzaviren wurde für diese Arbeit die Reverse Genetik nach der Methode von Hoffmann et al. angewandt (Hoffmann et al., 2000a). Bei der Reversen Genetik von Influenza Viren werden die acht viralen Gensegmente, wie unter beschrieben, in den Expressions-Vektor phw2000 kloniert. In diesem werden die jeweiligen Inserts von eukaryotischen Promotoren flankiert, welche eine Expression des genetischen Materials in eukaryotischen Zellen ermöglichen. Zusätzlich können z.b. mittels zielgerichteter Mutagenese (3.1.5) künstlich Veränderungen im viralen Genom eingeführt werden. Alle acht Plasmide werden in HEK293T-Zellen transfiziert, wo virale RNA und die viralen Proteine synthetisiert werden. Analog zu einer Infektion der Zelle werden nun Viruspartikel zusammengelagert und freigelassen. Zur effizienten Vermehrung der Viren fand mit dem Zellüberstand anschließend eine Infektion von MDCK-Zellen statt. Die genaue Vorgehensweise zur Erlangung eines Arbeitsstocks rekombinanter Viren ist im folgenden Abschnitt beschrieben Generierung rekombinanter ph1n1 Viren Rekombinante 2009 pandemische H1N1 (ph1n1) Viren, deren Reassortanten und Punktmutanten wurden nach der unter beschriebenen Methode hergestellt. Für einen Transfektionsansatz wurden die Vektoren mit allen acht Gensegmenten zusammenpipettiert und mit 250 µl Optimem versetzt. Dabei wurden für das HH05 Virus (ph1n1) jeweils 1 µg und für Segmente des HH15 Virus (ph1n1) jeweils 2 µg eingesetzt. Pro Plasmidansatz wurden weitere 250 µl Optimem mit dem Transfektionsreagenz Lipofectamin 2000 im Verhältnis Plasmid [µg] : LF 2000 [µl] 1:2 für 5 min vorinkubiert. Diese Mischung wurde anschließend zum Plasmidansatz hinzugegeben und 20 min bei Raumtemperatur inkubiert. Für einen Transfektionsansatz in einer 6 cm Zellkulturschale wurden ca. 3*10 6 HEK293T- 53

61 Methoden Zellen in 3 ml Transfektionsmedium suspendiert und die Plasmidmischung langsam hinzugegeben. Es folgte eine Inkubation von 48 h bei 37 C in einem CO 2 -Inkubator. Für eine effiziente Vermehrung der neu entstandenen Viruspartikel wurden 500 µl des Zellkulturüberstands nach Transfektion auf konfluente MDCK-Zellen (mit 1 ml Infektionsmedium) in einer 35 mm Zellkulturschale gegeben. Nach weiteren 72 h Inkubation wurde eine erneute Virusanzucht in MDCK-Zellen, wie unter , durchgeführt (Abänderungen: 25 cm 2 Zellkulturflasche, 1 ml Überstand als Inokulum, 4 ml Infektionsmedium) Virusgenotypisierung Um nach Generierung rekombinanter Viren ( ) zu überprüfen, ob an den definierten Stellen des Virusgenoms die erwarteten Nukleinsäuren vorhanden sind, wurden mit spezifischen Primern einzelne Bereiche des viralen Genoms sequenziert. Dafür wurden die entsprechenden Genomabschnitte mittels einstufiger PCR revers transkribiert und amplifiziert. Die Gewinnung viraler DNA über eine zweistufige PCR, wie für die Klonierung beschrieben (3.1.4), ist hochspezifisch mit maximaler Genauigkeit der Polymerase, wird aber für eine partielle Überprüfung, wie hier bei der Genotypisierung, nicht zwangläufig benötigt. In dieser Arbeit wurde mit Hilfe des QIAamp Viral RNA Mini Kits (QIAGEN), virale RNA isoliert, wie unter beschrieben. Die entsprechenden DNA-Abschnitte wurden mit genund abschnittsspezifischen Primern (3.1.2) mittels eines QIAGEN OneStep RT-PCR Kits (QIAGEN) in einem Reaktionsansatz transkribiert und amplifiziert. Nach der PCR wurde die virale DNA mit Hilfe eines PCR Purification Kits (QIAGEN) aufgereinigt und anschließend sequenziert (3.1.3). RT-PCR-Ansatz: 5 x OneStep Puffer 10 µl dntp 10 mm 2 µl OneStep Enzyme Mix 2 µl RNasin (40 U/µl) 1 µl Primer fw 10 µm 3 µl Primer rv 10 µm 3 µl Template 1,0 µl ad 50 µl ddh 2 O PCR-Programm: Reverse Transkription 50 C 30 min Initiale Denaturierung 95 C 15 min 35 mal 3-Schritt Zyklen mit Denaturierung 94 C 1 min Primerhybridisierung 52 C 30 s 54

62 Methoden Elongation 72 C 3 min Finale Elongation 72 C 10 min Hämagglutinationstest Das Oberflächenprotein Hämagglutinin (HA) von Influenzaviren bindet zelluläre Sialinsäuren als Rezeptor. Inkubiert man eine Suspension welche das virale HA Protein enthält mit Erythrozyten, werden letztere durch Rezeptorbindung des viralen Proteins quervernetzt. Es kommt zu einer sogenannten Hämagglutination. Ist kein HA in der Suspension enthalten sedimentieren die Erythrozyten. Demnach kann mit diesem Test nicht festgestellt werden, ob es sich bei den quervernetzenden HA-Partikeln um infektiöse Viruspartikeln handelt. Der Hämagglutinationstest (HA-Test) wurde in 96-Loch-Titerplatten mit einem v-förmigen Boden durchgeführt. Aus 100 µl der unverdünnten Probe in der jeweils ersten Vertiefung wurde eine zweifach-verdünnungsreihe erstellt. Hierfür wurden 50 µl PBS in den Vertiefungen vorgelegt und jeweils 50 µl in die nächste Vertiefung weitergetragen. Nach Zugabe von jeweils 50 µl einer 1 %igen Erythrozytensuspension folgte eine Inkubation bei 4 C für ca. 30 min. Das virale Oberflächenprotein NA, welches eine Spaltung der HA- Rezeptorbindung katalysieren würde, ist bei 4 C nicht aktiv. Zur Auswertung wird jeweils der reziproke Wert der Verdünnungsstufe als Hämagglutinationseinheit (haemagglutination units, HAU) angegeben, bei der gerade noch eine Agglutinierung der Erythrozyten stattfindet. In der vorliegenden Arbeit wurde humanes Blut oder Hühnervollblut für die Herstellung einer 1 %igen Erythrozytensuspension in 0,9 %iger NaCl-Lösung verwendet Hämagglutinationsinhibitionstest Die Eigenschaft des Oberflächenproteins, HA Erythrozyten zu agglutinieren kann auch für einen Serum-Antikörpertest genutzt werden. Die Kopfdomäne des viralen HAs ist das stärkste Antigen von Influenzaviren und induziert bei einem infizierten Wirt die Bildung von spezifischen Antikörpern. Inkubiert man eine Virussuspension mit diesen Antikörpern, erkennen und binden diese das HA-Protein. Eine Hämagglutination wird dadurch, abhängig von der Antikörperkonzentration, inhibiert. Für die Bestimmung der Antikörperkonzentration gegen einen bestimmten Influenzavirus Subtyp im Serum, wurde dieses zunächst für 30 min bei 56 C im Wasserbad inaktiviert. Ausgehend von einer 1:5 Vorverdünnung wurde eine 2-fach Verdünnungsreihe in 96-Loch- Titerplatten mit einem v-förmigen Boden erstellt. Dafür wurden jeweils 25 µl aus der vorangehenden Vertiefung zu 25 µl vorgelegten PBS in die nächste gegeben. Mittels HA- Test (3.3.4) wurde vom Virus, gegen das getestet werden sollte, die Verdünnung bestimmt 55

63 Methoden bei der ein HAU von 4 vorlagt. Jeweils 25 µl einer Virussuspension mit von 4 HAU wurden zu den Serumverdünnungen gegeben und für 30 min bei Raumtemperatur inkubiert. Anschließend wurde 50 µl einer 1 %igen Erythrozytensuspension in jede Vertiefung gegeben und für eine Stunde bei 4 C inkubiert. Der Hämagglutinationsinhibitions (HAI)-Titer in einem untersuchten Serum ist der reziproke Wert der Verdünnung bei der gerade noch eine Inhibition der Hämagglutination stattfindet. Ein Wert von 1:40 wird definiert als ein HAI-Titer mit ausreichender Menge an Antikörpern im Serum, um vor einer erneuten Infektion mit dem getesteten Influenzavirus Subtyp zu schützen. Für diese Arbeit wurden für Hämagglutinationsinhibitionstests stets Hühnererythrozyten in 0,9 %igen NaCl-Lösung verwendet Titerbestimmung mittels Plaquetest Zur Titerbestimmung infektiöser Viruspartikel in einer Virussuspension wird ein Plaquetest mit semi-viskosen Overlay verwendet (modifiziert nach Matrosovich et al., 2006). MDCK- Zellen wurden am Vortag in 6-Loch-Zellkulturplatten ausgesät und mit einer Konfluenz von % verwendet. Die Zellen wurden mit PBS gewaschen und mit jeweils 333 µl der zu bestimmenden Virussuspension inokuliert. Für eine Titerbestimmung wurde hierzu eine 10- fach Verdünnungsreihe der Probe in PBS verwendet. Es folgte eine Inkubation von 30 min bei 37 C im CO 2 -Inkubator.Dabei wurde durch gelegentliches Schwenken ein Austrocknen der Zellen verhindert. Anschließend wurden 3 ml Avicel-Overlay-Medium in jede Plattenvertiefung gegeben, wobei für Viren mit monobasischer Spaltstelle im HA 1 µg/ml TPCK-Trypsin hinzugefügt wird. Die Kulturplatten wurden für 72 h bei 37 C im CO 2 - Inkubator inkubiert. Danach wurden die Zellen gewaschen und zur Fixierung für 30 min bei 4 C mit 4 %igem PFA überschichtet. Detektiert werden sogenannte Plaques im Zellrasen, diese gehen von infizierten Zellen während der Inokulation aus. Zur Berechnung des Titers in plaque forming units pro Milliliter (p.f.u./ml) werden die Plaques ausgezählt und die jeweiligen Verdünnungen einberechnet. Für die vorliegende Arbeit wurden die Virustiter mittels Immunfärbung des viralen NP- Proteins bestimmt. Dazu wurden die Zellen mit PBS gewaschen und für 30 min mit 0,3 % Triton-X auf einem Taumelwipptisch permeabilisiert. Anschließend folgte eine Inkubation mit 500 µl Erstantikörper, ein Anti-NP Antikörper (Abcam), pro Vertiefung für ca. 1 h bei Raumtemperatur. Nach drei Waschschritten mit PBS-Tween (0,05 %) wurde für eine weitere Stunde mit 500 µl Zweitantikörper, ein Anti-Maus-IgG HRP-gekoppelter Antikörper (SouthernBiotech), inkubiert. Beide Antikörper wurden für diese Arbeit mit einer Verdünnung von 1:1000 in Superblock-Puffer eingesetzt. Die Detektion erfolgte nach zwei Waschschritten 56

64 Methoden mit dem HRP-Substrat enthaltenden True-Blue (KPL). Dabei wurde jeweils die letzte Vertiefung der Zellkulturplatte ausgewertet, in der noch Plaques zu detektieren waren. Alternativ kann für die Titerbestimmung auch eine indirekte Detektion mittels Kristallviolett verwendet werden. Dafür werden die infizierten Zellkulturplatten nach 72 h Inkubation gewaschen und fixiert (s.o.) und mit Kristallviolett überschichtet. Nach ca. 5 min wird die Kristallviolett-Lösung wieder abgenommen und die Zellen gewaschen. Intakte Zellen weisen anschließend eine violette Färbung auf, durch Virusinfektion lysierte Zellen oder Löcher im Zellrasen bleiben farblos Wachstumskurven von Viren Das Wachstumsverhalten der hier verwendeten Viren in humanen Lungenzellen, wurde anhand einer Titer-Kinetik bestimmt. Humane A549-Zellen wurden hierfür bei einer Konfluenz von % in 35 mm-durchmesser Zellkulturschalen mit dem zu untersuchenden Virus infiziert und 24, 48, 72 und 96 h danach 100 µl vom Überstand abgenommen. Die jeweiligen Virustiter wurden zu den verschiedenen Zeitpunkten nach Infektion (p.i.) mittels Plaquetest (3.3.6) bestimmt. Infiziert wurde mit einer Multiplizität der Infektion (MOI) von 0,01 der 2009 pandemischen H1N1 Influenzaviren und des saisonalen H1N1 und mit MOI=0,001 des humanen H5N1 Isolats. Die Verdünnungen wurden in PBS angesetzt, das Inokulationsvolumen betrug 500 µl. Nach 30 min Inkubation bei 37 C wurde das Inokulum entfernt und mit 2 ml Infektionsmedium ersetzt. Zur anschließenden Titerbestimmung mittels Plaquetest (3.3.6) wurde zu den entsprechenden Zeitpunkten 100 µl Kulturüberstand abgenommen und bei -20 C gelagert. 3.4 Tierexperimentelle Methoden Untersuchungen zur Letalität, Organtropismus, Immunreaktion und Transmission der in dieser Arbeit untersuchten Influenzaviren wurden in Mäusen und Meerschweinchen am Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie in Hamburg durchgeführt (2.9). Alle Tierversuche wurden nach Richtlinien des Deutschen Tierschutzgesetzes durchgeführt und von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz - Veterinärwesen/Lebensmittelsicherheit - Hamburg geprüft und genehmigt. Die experimentellen Versuche mit Frettchen wurden in der Biological Investigation Group, Public Health England in Porton Down, Großbritannien genehmigt und durchgeführt. 57

65 Methoden Narkose und Tötungsmethoden Mäuse: Für die Infektion (3.4.2) von Mäusen wurde eine Anästhesie-Mischung mit 100 mg/kg Ketamin und 10 mg/kg Xylazin in 200 µl 0,9 %iger NaCl-Lösung mittels einer 26G Kanüle intraperitoneal injiziert. Zur kurzen Sedierung für die Blutentnahme (3.4.3) wurde eine Inhalationsnarkose mit Isofluran verabreicht. Die Entnahme von Organen erfolgte erst nach Tötung der Versuchstiere (3.4.3). Das Töten der Mäuse wurde mittels zervikaler Dislokation (Strecken) durchgeführt, diesem ging zusätzlich eine Inhalationsnarkose mit Isofluran voraus. Meerschweinchen: Für die Narkose während der Infektion und der Nasenspülung von Meerschweinchen (3.4.2, 3.4.3) wurde eine 30 mg/kg Ketamin und 2 mg/kg Xylazin-Mischung verwendet und in einer 0,9 %igen NaCl-Lösung von 200 µl intramuskulär in den Oberschenkel injiziert (26G-Kanüle). Um das Austrocknen der Hornhaut während der Narkose zu verhindern, wurde Augensalbe auf die Augen der Meerschweinchen gegeben. Die finale Blut- und Organentnahme (3.4.3) fand unter einer überdosierten Barbiturat-Narkose statt. Hierfür wurden 100 mg/kg Pentobarbital-Natriumsalz zu 50 mg/ml in ddh 2 O gelöst und intraperitoneal mit einer 26G Kanüle injiziert. Fand keine Probenentnahme nach Ende des Tierversuchs statt, wurde das Embutramid T61 zur Tötung eingesetzt. Hierfür wurde mittels 25 G Kanüle 2 ml der Injektionslösung intrakardial verabreicht. Frettchen: Für die Narkose während der Infektion und der Nasenspülung von Frettchen (3.4.2, 3.4.3) wurde jeweils 0,25 ml/kg einer 1 ml Ketamin/0,4 ml Xylazin Injektionslösung intramuskulär in den Oberschenkel injiziert. Bei der finalen Blut- oder Organentnahme aller infizierten Tiere (3.4.3) wurden diese unter Narkose ausgeblutet Infektion und Überlebensversuch (MLD 50 -Bestimmung) Mäuse: Für die Infektion von Mäusen mit Influenzavirusisolaten wurde nach erfolgter Narkose die entsprechende Viruskonzentration in 50 µl PBS verdünnt und dem narkotisierten Tier durch langsames Pipettieren in die Nasenlöcher verabreicht. Kontrolltieren wurde intranasal die entsprechende Menge PBS verabreicht. Danach wurden die Versuchstiere über 14 Tage hinweg täglich kontrolliert und regelmäßig gewogen. Der humane Endpunkt wurde bei einem Gewichtsverlust von mehr als 25 % des Ausgangsgewichts oder wenn ein Tier offensichtliche Schmerzen und/oder nicht mehr selbstständig fressen/trinken konnte erreicht. Das Tier wurde dann vorzeitig getötet. Die Letalität der hier untersuchten Virusisolate in 58

66 Methoden Mäusen wurde mit der MLD 50 Methode nach Reed und Muench, 1938 bestimmt. Dabei wird mit seriellen 10-fachen Virusverdünnungen infiziert und die Dosis bei der 50 % der Versuchstiere überleben, berechnet. Meerschweinchen: Für die Infektion von Meerschweinchen wurde nach erfolgter Narkose die Virusverdünnung in 300 µl PBS angesetzt und je Nasenloch 150 µl appliziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich die entsprechende Menge PBS verabreicht. Anschließend wurden die Versuchstiere über 14 Tage hinweg täglich kontrolliert und regelmäßig gewogen. Bei einem Gewichtsverlust von mehr als 15 % des Ausgangsgewichts oder wenn ein Tier offensichtliche Schmerzen und/oder nicht mehr selbstständig fressen/trinken konnte war der humane Endpunkt erreicht und das Tier wurde vorzeitig getötet. Für die Pathogenitäts- und Transmissionsstudien in Meerschweinchen wurde eine Virusdosis von 10 5 p.f.u. verwendet. Frettchen: Für die Infektion von Frettchen wurde nach erfolgter Narkose eine Virusverdünnung in 200 µl PBS angesetzt und je Nasenloch 100 µl appliziert. Kontroll-Tieren wurde ebenfalls intranasal die entsprechende Menge PBS verabreicht. Im Anschluss wurden die Versuchstiere über 14 Tage hinweg täglich kontrolliert und gewogen. Für die Pathogenitäts- und Transmissionsstudien wurde eine Virusdosis von 10 5 p.f.u. verwendet Blutentnahme, Organentnahme und Nasenspülung Mäuse: Vollblut wurde bei Mäusen durch Punktion der submandibulären Gesichtsvene (Vena facialis) mit Hilfe einer Lanzette entnommen und in EDTA-Röhrchen aufgefangen. Das Vollblut wurde nach Analyse im Hämatologiegerät 10 min bei 1000 xg zentrifugiert und das Serum für die Untersuchung von Zytokinmengen (3.1.10) abgenommen und bei -80 C gelagert. Nach Töten der Mäuse wurde longitudinal die Bauch- und Brusthöhle eröffnet und Lunge und Darm entnommen. Zur Entnahme des Gehirns wurde ausgehend vom Foramen magnum der Schädel mit einer chirurgischen Schere eröffnet. Jeweils die Hälfte eines Organs wurde für histologische Untersuchungen (3.5) mit 4 %igem PFA über Nacht fixiert und anschließend in PBS gelagert. Die andere Hälfte wurde für die Virustiter-Bestimmung homogenisiert (3.4.4). Meerschweinchen: Die finale Blutentnahme bei Meerschweinchen erfolgte unter Pentobarbital-Narkose über direkte Punktion des Herzens. Hierfür wurde eine 25 mm lange 20 G Kanüle von der ventralen Seite des Brustkorbes senkrecht in das Herz eingeführt. Für die Entnahme von 59

67 Methoden Lunge und Trachea, die ebenfalls unter Pentobarbital-Narkose stattfand, wurde das Tier longitudinal vom Brustkorb bis zum Unterkiefer geöffnet und die Trachea direkt unterhalb des Kehlkopfes durchtrennt. Für eine vergleichende Pathologie wurden die Lungen vor der weiteren Prozessierung photographisch dokumentiert. Jeweils die Hälfte eines Organs wurde anschließend für histologische Untersuchungen (3.5) in 4 % PFA fixiert, in PBS gelagert und die andere Hälfte für die Virustiter-Bestimmung homogenisiert (3.4.4). Zur Analyse der replizierenden Viren im oberen Respirationstrakt der Meerschweinchen wurde eine Spülung der Nasenhöhle vorgenommen. Dabei wurden dem narkotisierten Tier 700 µl PBS (+ 0,2 %BSA; + 1 % Pen/Strep) zügig in jedes Nasenloch gegeben und wieder in einer Petrischale aufgefangen. Die Nasenspülung wurde durch kurze Zentrifugation (5 min, 2000 xg) von Nasenepithelzellen u.ä. getrennt und der Virustiter mittels Plaquetest (3.3.6) bestimmt. Die Lagerung erfolgte bei -80 C. Frettchen: Die finale Blutentnahme bei Frettchen erfolgte bei der Entblutung der Tiere unter Ketamin/Xylazin-Narkose. Die Entnahme von Lunge, Trachea und Nasennebenhöhlen fand nach Entbluten der Tiere statt. Die Organe wurden für histologische Untersuchungen (3.5) in 10 % Formalin fixiert und anschließend in PBS gelagert. Ein Teil der Organe wurde für die Virustiter-Bestimmung homogenisiert (3.4.4). Zur Analyse der replizierenden Viren im oberen Respirationstrakt der Frettchen wurde eine Spülung der Nasenhöhle vorgenommen. Dabei wurden dem narkotisierten Tier 1 ml PBS langsam in beiden Nasenlöcher verabreicht und die sogleich ausgenieste Flüssigkeit in einem Becher aufgefangen. Der Virustiter der Nasenspülung wurde danach mittels Plaquetest (3.3.6) bestimmt. Die Lagerung erfolgte bei -80 C Herstellung von Organhomogenaten Für die Bestimmung der Viruslast in einem Organ wurde das entsprechende Gewebe gewogen und anschließend mit Glaskügelchen in 1 ml PBS 20 min lang in einer Schwingmühle bei 30 Hz zerkleinert. Größere Gewebetrümmer wurden anschließend runterzentrifugiert (5 min, 5000 rpm). Der Überstand wurde bei -80 C gelagert und der Virustiter mittels Plaquetest (3.3.6) bestimmt Zellzahlbestimmung in Vollblut mittels Hämatologiegerät Ein Blutbild, insbesondere zur Analyse der Immunzellen im Blut der Versuchstiere während des Infektionsverlaufs, wurde mit frischem Vollblut in einem poch-100i Hämatologiegerät erstellt. Eine Zellzahlbestimmung wurde hier mittels Impedanz-Messung durchgeführt, wobei 15 µl Vollblut über eine Kapillare angesogen wurden. 60

68 Methoden Transmissionsversuche Meerschweinchen: Im Gegensatz zu Mäusen können Meerschweinchen Influenzaviren übertragen (1.3.2; Lowen et al., 2006). Deshalb wurde die Transmissionsfähigkeit der 2009 pandemischen H1N1 Influenzaviren in dieser Arbeit unter anderem in diesem Tiermodell untersucht. Es sollte zum einen die Übertragbarkeit durch direkten Kontakt von infizierten zu naiven Tieren untersucht werden zum anderen die Übertragbarkeit ausschließlich über die Luft mittels Aerosolbildung. Die Versuche fanden unter BSL-3 Bedingungen statt, wobei die Transmissions-Käfige in einem isolierten Luftstromschrank mit vertikalem Luftaustausch (Ehret) untergebracht waren. Abb. 8: Aufbau zur Evaluierung der Kontakt-Transmission bei Meerschweinchen. Jeweils ein naives Tier wird zusammen mit einem infizierten Tier über die Dauer des Versuchs in einem Käfig, bei ca. 22 C und ca. 45 % Luftfeuchtigkeit, gehalten. Für die Evaluierung der Kontakt-Transmission wurde jeweils ein infiziertes Meerschweinchen zusammen mit einem naiven Tier über die Versuchsdauer von 14 Tagen in einem Käfig gehalten (Abb. 8.) Dabei wurde jeweils nach 1, 3, 6 und 9 Tagen nach Infektion (d p.i.) eine Nasenspülung zur Virustiter-Bestimmung im oberen Respirationstrakt von beiden Tieren durchgeführt (3.4.3). Abb. 9: Aufbau zur Evaluierung der Aerosol-Transmission bei Meerschweinchen. Zwei naive Tiere werden in einem Käfig in 10 cm Entfernung im Luftstrom eines zweiten Käfigs mit zwei infizierten Tieren, bei ca. 22 C und ca. 45 % Luftfeuchtigkeit, gehalten. Beide Käfige sind an den Seiten perforiert, so dass der Luftstrom frei passieren kann. Für die Evaluierung der Aerosol-Transmission wurden jeweils zwei Tiere aus einem Käfig mit einem der 2009 pandemischen H1N1 Influenzaviren infiziert. Zwei naive nicht-infizierte Tiere wurden dann über die Versuchsdauer von 14 Tagen in einem zweiten Käfig in 10 cm 61

69 Methoden Entfernung im Luftstrom des ersten platziert (Abb. 9). Beide Käfige haben mit Drahtgitter perforierte Seitenwände, so dass der Luftstrom erst den Käfig mit den infizierten Tieren und dann ungehindert den Käfig mit den naiven Tieren passieren konnte. Der Abstand von 10 cm verhinderte jeglichen Kontakt der Tiere sowie eine Übertragung von Einstreu o.ä. von einem Käfig in den anderen. Es wurden jeweils 1, 3, 6 und 9 d p.i. eine Nasenspülung zur Virustiter- Bestimmung im oberen Respirationstrakt von allen Tieren durchgeführt (3.4.3). Frettchen: Frettchen wurden als gutes Tiermodell zur Charakterisierung sowohl der Pathogenität als auch der Transmission von Influenzaviren beschrieben (1.3.3; Belser et al., 2011b). In dieser Arbeit wurde die Transmissionsfähigkeit der untersuchten 2009 pandemischen Isolate über die Luft mittels Aerosolbildung neben Meerschweinchen auch in Frettchen untersucht. Die Versuche dafür fanden unter BSL-3 Bedingungen statt, wobei die Tiere in isolierten Transmissions-Käfigen untergebracht waren. Jeweils zwei Tiere wurden mit einem der 2009 ph1n1 Influenzaviren infiziert und in einem Käfig untergebracht. Einen Tag später wurden jeweils zwei naive nicht-infizierte Tiere in einem Käfig untergebracht, der mit dem Käfig der infizierten Tieren verbunden war (Abb. 10). Dadurch konnte ausgeschlossen werden, dass bei einer Transmission das für die Infektion verwendete Inokulum beteiligt ist. Da dies zum Zeitpunkt der Versuchsdurchführung mit Meerschweinchen nicht bekannt war, wurde es erst hier berücksichtigt. Die Luft wurde in den Käfig der infizierten Tiere eingeleitet und nach Passieren der Verbindung am Ende des Käfigs mit den nicht-infizierten Tieren wieder heraus geleitet. Ein Abstand von 10 cm und ein Drahtgitter in der Verbindung verhinderte dabei Kontakt der Tiere sowie eine Übertragung von Einstreu o.ä. von einem Käfig in den anderen. Es wurden jeweils 1, 3, 5, 6, 7, 8, 9, 11 und 13 d p.i. eine Nasenspülung zur Virustiter- Bestimmung im oberen Respirationstrakt von allen Tieren durchgeführt (3.4.3). Abb. 10: Aufbau zur Evaluierung der Aerosol-Transmission bei Frettchen. Zwei naive Tiere werden in einem Käfig in 10 cm Entfernung im Luftstrom eines zweiten Käfigs mit zwei infizierten Tieren, bei ca. 20 C und ca. 55 % Luftfeuchtigkeit, gehalten. 62

70 Methoden 3.5 Histologische Methoden Präparation von Gewebeschnitten Aus den PFA-fixierten Organen von Mäusen, Meerschweinchen und Frettchen (3.4.3) wurden für histologische Untersuchungen Paraffinschnitte hergestellt. Dafür wurden die Proben in einem Gewebeinfiltrationsautomat sequenziell in einer aufsteigenden Ethanol- Reihe inkubiert, mit Xylol entwässert und anschließend mit Paraffin infiltriert. Für die Herstellung von Schnitten wurden die Organe nach Infiltration in Paraffinblöcke eingebettet und auf einer Kühlplatte ca. 30 min lang auf -12 C vorgekühlt. Danach wurden in einem HM325 Microtom 20 µm dicke Gewebeschnitte angefertigt. Diese wurden auf SuperFrost/Plus Objektträger aufgebracht und über Nacht bei 37 C im Wärmeschrank getrocknet. Die Paraffinblöcke können für weitere Verwendung bei Raumtemperatur im Dunkeln gelagert werden. Infiltrations-Programm: Ethanol 70 % 1 h Ethanol 80 % 1 h Ethanol 90 % 1 h Ethanol 95 % 1 h Ethanol 100 % 1 h Ethanol 100 % 1,5 h Xylol I 1 h Xylol II 1 h Paraffin Typ 3 58 C 1 h Paraffin Typ 3 58 C 1 h Paraffin Typ 3 58 C 1 h Entparaffinierung und Rehydrierung von Gewebeschnitten Vor der in situ-hybridisierung oder einer Färbung der Paraffinschnitte wurden diese unmittelbar vor Verwendung entparaffiniert und rehydriert. Für die Gewebeschnitte dies am Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Tübingen nach folgender Reihenfolge durchgeführt: Xylol 3 x 5 min Ethanol 100 % 5 min Ethanol 70 % 5 min Ethanol 40 % 1 min 63

71 Methoden in situ-hybridisierung Bei der in situ-hybridisierung (ISH) können Nukleinsäuren direkt auf Gewebeschnitten mittels einer komplementären radioaktiv markierten Sonde detektiert werden. Diese hybridisiert mit großer Stabilität mit der Zielsequenz und die RNA-Hybride können anschließend autoradiographisch visualisiert werden. Für diese Arbeit wurde virale RNA in Gewebeschnitte von Mäusen und Meerschweinchen mit einer 35 S-markierten RNA-Sonde hybridisiert und visualisiert. Die radioaktive Markierung der Sonde sowie die Durchführung der Hybridisierung bis zur Visualisierung wurden am Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Tübingen durchgeführt Herstellung der in situ-sonde Für die Herstellung einer RNA-Sonde wird die sogenannte run-off -Methode verwendet. Dabei wird ein Fragment, komplementär zur Zielsequenz und von einem T7- bzw. T3- Promotor flankiert, in einen Transkriptionsvektor kloniert. Zusätzlich werden an beiden Seiten des klonierten Fragments Schnittstellen eingefügt, damit die transkribierten Inserts nach Linearisierung mit den entsprechenden Restriktionsenzymen eine definierte Länge haben. Da für die ISH in dieser Arbeit RNA der 2009 ph1n1 Influnenzaviren in Gewebeschnitten detektiert werden sollte, wurde ein 374 bp langes Fragment des NP-Gens von A/Hamburg/NY1580/09 (ph1n1) in den Expressionsvektor pbluescript II KS+ (Stratagene) kloniert. Für das Insert wurde, wie unter beschrieben, mittels zweistufiger RT-PCR die DNA des NP-Gens spezifisch amplifiziert. Schnittstellen für einen Restriktionsverdau mit EcoRI und/oder KpnI (NEB) wurden mit Hilfe spezifischer Primer (3.1.2) in einem weiteren PCR- Ansatz eingeführt. Schnittstellen-PCR: 5x Puffer 10 µl dntps 10 mm 1 µl Primer fw 10 mm 2,5 µl Primer rv 10 mm 2,5 µl Phusion Polymerase 1 µl DNA Template 1 µl ad 50 µl ddh 2 O Nach Aufreinigung mittels QIAquick PCR Purification Kit (QIAGEN) wurde mit dem PCR- Produkt anhand der eingefügten Schnittstellen ein doppelter Restriktionsverdau durchgeführt. Ebenso wurde mit dem Transkriptionsvektor pbluescript II KS+ (Stratagene) verfahren, in den das Insert anschließend über die Schnittstellen ligiert werden konnte. 64

72 Methoden Doppelverdau-Ansatz: NEB Puffer 15 µl 10x BSA 5 µl EcoRI (20 U/µl) 1µl NotI (20 U/µl) 2µl DNA 2 µg oder Plasmid 2 µl ad 50 µl H 2 O Nach Doppelverdau wurde das Verhältnis von Vektor zu Plasmid mittels eines analytischen Agarosegels bestimmt ( ). In der anschließenden Ligation wurde jeweils ein Ansatz mit einem Vektor:Insert-Verhältnis von 1:2, 1:5 und 1:10 eingesetzt. Ligations-Ansatz: 10x Ligationspuffer 1 µl ATP 10 mm 1 µl T4-Ligase (4 U/µl) 0,5 µl ddh 2 O 2,5 µl Vektor und Insert 1:2/ 1:5/ 1:10 4 C über Nacht Für die Amplifikation wurden die Plasmide in E. coli-bakterien transformiert ( ). Nach anschließender Präparation der Plasmide (3.1.7) wurden diese mittels Restriktionsenzym KpnI linearisiert, um bei der folgenden in vitro-transkription mit einer T7-RNA-Polymerase eine antisense-rna-sonde zu erhalten. Diese hybridisiert mit mrna und crna des viralen NP-Proteins und ermöglicht dadurch den Nachweis von replizierenden 2009 ph1n1 Influenzaviren in den Gewebeschnitten. Für die radioaktive Markierung der RNA-Sonde wurden 25 µci 35 S-UTP mit einer Aktivität von 1300 Ci/mmol eingedampft und das Pellet in 10 µl Transkriptionslösung aufgenommen. Von der linearisierten Plasmid-DNA wurden 1 µg zusammen mit 20 U T7-RNA Polymerase hinzugegeben und der Ansatz für 90 Minuten bei 37 C inkubiert. Anschließend wurde der Ansatz mit 20 Einheiten DNase I in 50 µl DEPC-H 2 O bei 37 C 20 min verdaut und die nicht eingebauten Nukleotide durch eine Säulenzentrifugation (Sephadex G50) abgetrennt. Nach Aufreinigung der RNA wurde das Pellet 2x mit 70 %igem Ethanol gewaschen, getrocknet und die RNA in DEPC-Wasser gelöst. Diesem wurden 10 mm Dithiotreitol (DTT) als Oxidationsschutz zugegeben. Die Aktivität der Proben wurde in einem Flüssigszintillationszähler (Packard) bestimmt. Die Länge der RNA-Fragmente wurde durch Agarosegelelektrophorese und anschließende Autoradiographie bestimmt ( ). 65

73 Methoden Permeabilisierung der Gewebeschnitte Vor der Hybridisierung wurden die Gefrierschnitte permaebilisiert um den Eintritt der RNA- Sonde in das Gewebe zu erleichtern. Dafür wurde folgendes Protokoll einer enzymatischen und chemischen Denaturierung durchgeführt. Im Anschluss wurden die Gewebeschnitte bei 37 C ca. 30 Minuten lang getrocknet. ddh2o 20 s HCL 0,2 N 20 min ddh2o 20 s 2x SSC bei 70 C 30 min ddh2o 20 s Puffer für den Proteinase K Verdau mit 1 µg Proteinase K/ml bei 37 C 15 min 2x ddh2o 20 s 2x Ethanol 70 % 3 min Ethanol 100 % 5 min Hybridisierung der Gewebeschnitte Für die Hybridisierung der Proben wurden 14 µl Hybridisierungslösung auf die permeabilisierten, getrockneten Gewebeschnitte aufgetragen und diese anschließend mit einem silikonisierten Deckgläschen abgedeckt. Nach Abdichten wurden die Objektträger 18 h lang bei 42 C im Dunkeln inkubiert. Die Hybridisierungslösung wurde wie folgt zusammengesetzt: 3x10 5 cpm/gewebeschnitt in vitro transkribierte, hydrolysierte 35 S-H1N1-RNA-Sonde 50 % deionisiertes Formamid Tris/HCl 10 mm ph 7,4 EDTA 1 mm ph 7,2 sonifizierte Salmon Sperm DNA/ml 200 µg t-rna (Kaninchenleber)/ml 100 µg Die Komponenten wurden gut vermischt. Zur Denaturierung der Nukleinsäuren wurde die Mischung 5 min auf 100 C erhitzt und für 10 min auf Eis gestellt. Anschließend wurden folgende Chemikalien zugegeben und erneut gemischt. NaCl 600 mm Dextransulfat 10 % BSA, RNase-und DNase-frei 0,05 % Ficoll 0,02 % Polyvinylpyrrolidon 0,02 % Dithiotreitol (DTT) 0,02 % Natriumdodecylsulfat (SDS) 0,1 % 66

74 Methoden Posthybridisierung Nach Inkubation mit der Hybridisierungslösung wurden die Deckgläschen vorsichtig abgenommen und gewaschen. Dafür wurden mit den Gewebeschnitten folgende Waschschritte durchgeführt und anschließend bei 37 C getrocknet. 2x SSC 2x 10 min SSC 2x /50 % Formamid bei 42 C 30 min Puffer für RNase A Verdau mit 20 μg /ml RNase A bei 37 C 30 min Puffer für RNase A Verdau (ohne RNase A) bei 37 C 30 min SSC 2x /50 % Formamid bei 50 C 30 min SSC 2x bei 55 C 60 min Ethanol 70 % 3 min Ethanol 100 % 3 min Autoradiographie und Entwicklung Die Visualisierung der hybridisierten RNA Sonde auf den Gewebeschnitten erfolgte mittels Autoradiographie und anschließender Entwicklung in der Dunkelkammer. Zum Befilmen der Objektträger wurden diese einzeln in, bei 43 C verflüssigter, Filmemulsion getaucht und in einem Objektträgerkasten lichtdicht verpackt. Die anschließende Exponierung bei Raumtemperatur dauerte routinemäßig ca. 4 Wochen. Zur Entwicklung wurden die befilmten Objektträger in Entwicklerlösung (Kodak D19, 8 g/100 ml) 4 min bei 18 C inkubiert und 2 mal 20 s lang mit dh 2 O gewaschen. Dann folgte 8 min Inkubation in Fixierlösung (Kodak Fixer, 18 g/100 ml) und ein finaler Waschschritt für 5 min. Die hybridisierte Sonde war nun als bestrahlte schwarze Granula sichtbar, die nach zusätzlicher Hämatoxylin-Eosin Färbung (3.5.4) der Schnitte lichtmikroskopisch ausgewertet wurden Hämatoxylin-Eosin Färbung Eine Hämatoxylin-Eosin (HE-) Färbung erleichtert die lichtmikroskopische Unterscheidung von Zellkernen und Zytoplasma in Gewebeschnitte. Der natürliche Farbstoff Hämatoxylin färbt dabei die basophilen Zellkerne blau/violett an und der synthetische Farbstoff Eosin färbt das eosinophile Zytoplasma rötlich. Die Färbung wurde nach folgender Reihenfolge vor Einbetten der Gewebeschnitte durchgeführt. dh 2 O 2 min Hämatoxylinlösung 4 min dh 2 O 10 s 67

75 Methoden fließendes Leitungswasser 4 min Eosin G-Lösung, wässrig, 1 % 30 s 3x dh 2 O 15 s 2x Ethanol 70 % 15 s 2x Ethanol 90 % 15 s 2x Ethanol 100 % 15 s 3x Xylol 5 min Immunhistochemische Färbung Alternativ zur Virus-Detektion in Gewebeschnitten mittels in situ-hybridisierung (3.5.3) wurden für diese Arbeit Viruspartikel in den Organen infizierter Mäuse durch immunhistochemischer Färbung nachgewiesen. Dabei wurde ein gegen das virale NP- Protein gerichteter Erstantikörper verwendet, der wiederum mittels Biotin-gekoppelten Zweitantikörpers detektiert werden konnte. Die Färbung wurde am Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Tübingen durchgeführt. Aus den Organen wurden, wie unter beschrieben, Gefrierschnitte angefertigt und vor der Färbung entparaffiniert (3.5.2). Die Gewebeschnitte wurden mit 0.1 M Citratpuffer (ph 6.0) renaturiert und anschließend mit dem Erstantikörper in einer 1:500 Verdünnung inkubiert. Dieser polyklonale Frettchen Antikörper (freundlicher Weise von der WHO zur Verfügung gestellt) ist gegen das A/Vic/3/75 (H3N2) Influenzavirus gerichtet und kreuzreagiert mit dem NP-Protein diverser Influenzavirus Subtypen (Gabriel et al., 2011). Der biotinylierte Anti-Frettchen Zweitantikörper wurde mit einer Verdünnung von 1:200 verwendet (Rockland) und mit Hilfe des Zytochem-Plus HRP Kits (Zytomed) nach Herstellerangaben detektiert. Vor der lichtmikroskopischen Auswertung wurde eine HE-Gegenfärbung durchgeführt (3.5.4). 68

76 Ergebnisse 4 Ergebnisse 4.1 Klinische Isolate der 2009 pandemischen H1N1 Influenza (2009 ph1n1) Nach Ausbruch der 2009 pandemischen H1N1 (ph1n1) Influenza in Mexiko im März 2009 traten kurz darauf die ersten Fälle dieser Pandemie in Deutschland auf (1.2.1). Im April und Juni 2009 wurde von zwei Patienten, die im Universitätskrankenhaus Eppendorf sowie in der Asklepios Klinik Hamburg stationär aufgenommen worden waren, ein Rachenabstrich genommen. Das erste Isolat mit der Kennung A/Hamburg/05/09 wird in dieser Arbeit HH05 abgekürzt, das zweite A/Hamburg/NY1580/09 wird hier als HH15 bezeichnet. Rachenabstriche von Patienten wurden vor Medikation mit Oseltamivir gewonnen und mittels PCR die Anwesenheit von 2009 ph1n1 Influenza positiv diagnostiziert und die potenzielle Anwesenheit von häufigen Infektionen bzw. Ko-Infektionen ausgeschlossen (Herpes-Simplex Virus Typ 1 und Typ 2, Varicella-Zoster Virus, Cytomegalovirus, Epstein-Barr Virus, humanes Enterovirus, Influenza B Virus und humanes Parechovirus). Vor nachfolgender Oseltamivir-Behandlung der Patienten, fand eine Anzucht dieser Isolate statt, welche in dieser Arbeit hinsichtlich ihrer Pathogenität und Transmission untersucht werden sollten. Die 22-jährige Patientin, von welcher das HH05 Isolat stammt, erkrankte nach einem Aufenthalt in Mexiko und wurde nach Aufnahme ins Krankenhaus mit dem Neuraminidase- Hemmer Oseltamivir behandelt (Tab. 2). Der Krankheitsverlauf wurde als mild mit erhöhter Körpertemperatur sowie erhöhten Werten des C-reaktiven Proteins (CRP) und der Leukozyten (WBC), welche beide auf eine entzündliche Erkrankung hindeuten, beschrieben. Der 29-jährige Patient, von dem das HH15 Isolat stammt, kam vor seiner Aufnahme ins Krankenhaus aus New York. Er wurde ebenfalls direkt nach Aufnahme mit Oseltamivir behandelt, erhielt aber zusätzlich intravenös Flüssigkeit und eine symptomatische Behandlung (Tab. 2). Der Krankheitsverlauf dieses Patienten war ebenfalls mild mit erhöhter Körpertemperatur, vergleichbar erhöhtem CRP-Wert und erhöhter Leukozytenzahl wie bei der HH05-Patientin. Demnach gibt es keinen klinischen Unterschied im Infektionsverlauf der zwei hier untersuchten Fälle der 2009 pandemischen H1N1 Influenza. Man kann jedoch nicht sagen, wie der, hier als mild beschriebene, Krankheitsverlauf abgelaufen wäre ohne rechtzeitige Medikation mit antiviralen Medikamenten. Festzuhalten ist, dass es sich bei den Patienten um junge Erwachsene ohne bekannte Vorerkrankungen handelte. 69

77 Ergebnisse Tab. 2: Daten beider Patienten und deren Krankheitsverlauf der 2009 pandemischen H1N1 Influenza. A/Hamburg/05/09 HH05 (ph1n1) A/Hamburg/NY1580/09 HH15 (ph1n1) Geschlecht Weiblich Männlich Geburtsjahr Erstes Auftreten von Symptomen Krankenhausaufnahme Krankenhausaufenthalt 6 Tage 5 Tage Aufenthaltsort vor Erkrankung Mexiko USA (New York) Bekannte Vorerkrankungen Nein Nein Medikation Oseltamivir Oseltamivir Acetylcytein Metamizol Krankheitsverlauf Mild, typische Symptome einer Influenzavirusinfektion Mild, typische Symptome einer Influenzavirusinfektion Max. Körpertemperatur 39 C 39,8 C CRP [<0,5 mg/dl] 25 23,6 WBC [3,8-11,9 Mrd/l] 3,7 3,2 Aufgeführt sind alle vergleichbaren, übermittelten Daten der beiden 2009 ph1n1 Patienten, welche im Universitätskrankenhaus Eppendorf bzw. der Asklepios Klinik Hamburg stationiert waren. Die Virusproben wurden vor antiviraler Behandlung mittels Rachenabstrich isoliert. Der Blutwert für das C-reaktive Protein (CRP) und die Leukozyten (WBC) sind für Tag 4 nach Auftreten der Symptome angegeben. 4.2 Sequenzanalyse der 2009 ph1n1 Virusisolate Um die 2009 pandemischen H1N1 Isolate auf molekularer Ebene zu charakterisieren, wurde deren Genom sequenziert (3.1.3) und alle viralen Gensegmente mittels Sequenzalignment verglichen. Das HH15 Isolat unterscheidet sich in 12 Aminosäuren von HH05 (Tab. 3). Im viralen Ribonukleoproteinkomplex (vrnp) sind jeweils zwei Punktmutationen in den Polymeraseuntereinheiten PB2 und PA und drei Austausche im Polymerase-assoziierten Nukleoprotein (NP) aufgetreten (Tab. 3). In den Oberflächenglykoproteinen, welche eine wichtige Rolle bei der Erkennung von Antikörpern spielen, gibt es einen Aminosäureaustausch im HA und drei im NA (Tab. 3). Der Interferon Antagonist NS1 von 70

78 Ergebnisse HH15 unterscheidet sich in einer Aminosäure von HH05 (Tab. 3). Die viralen Proteine PB1 und M wiesen keine Unterschiede in der Aminosäuresequenz auf. Tab. 3: Aminosäuresequenz-Unterschiede im Genotyp von HH05 und HH15 (ph1n1). Genotyp PB2 PA NP HA NA NS HH05 K R I L V I I S T V N I HH15 N K V M I L T T I I D V Die Nukleotidsequenz beider 2009 ph1n1 Isolate wurde nach zwei unabhängigen Sequenzierungen (3.1.3) in einem Alignment verglichen. Die Unterschiede im Genotyp der beiden Isolate sind hier gezeigt. Dabei unterscheidet sich das Genom der beiden Isolate in der Polymeraseuntereinheit PB2 und PA, dem Nukleoprotein (NP), den Oberflächenproteinen Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) und dem Nichtstrukturprotein 1 (NS1). Die Nummerierung der Aminosäuren im HA entsprechen der H1- und im NA der N1-Nummerierung. 4.3 Wachstumsverhalten der 2009 ph1n1 Influenzaviren in humanen Lungenzellen Für die Charakterisierung der beiden klinischen 2009 ph1n1 Isolate HH05 und HH15 (4.1) wurde jeweils ein Arbeitsstock angelegt (3.3.1). Anschließend wurde deren Wachstumsverhalten in humanen Zellen charakterisiert, wobei zusätzlich ein alt-saisonales H1N1 Isolat aus 2006 (A/Solomon Islands/3/06-like) sowie ein humanes HPAIV-Isolat (A/Thailand/KAN-1/04 (H5N1)) als Referenz verwendet wurden. Hierfür wurde eine Viruskinetik in der humanen Lungenepithelzelllinie A549 erstellt (Abb. 11). Die Zellen wurden infiziert und der Virustiter 24, 48, 72 und 96 Stunden nach der Infektion im Kulturüberstand bestimmt (3.3.6). Das alt-saisonale H1N1 Virus replizierte effizient in humanen Lungenzellen mit dem höchsten Titer von ca. 4 log p.f.u./ml 48 Stunden nach Infektion (Abb. 11). Die 2009 pandemischen H1N1 Isolate replizierten zu vergleichbaren Virustitern wie das alt-saisonale H1N1, wobei HH15 (ph1n1) über den untersuchten Zeitraum von 96 Stunden im Mittel zehnfach höhere Titer erreichte als HH05 (ph1n1) (Abb. 11). Das humane H5N1 replizierte trotz niedrigerer Infektionsdosis mit einer um vier bis fünf Logstufen höheren Replikationseffizienz im Vergleich zum alt-saisonalen H1N1 und den 2009 ph1n1 Isolaten und erreichte Virustiter von bis zu 8 log p.f.u./ml (Abb. 11). 71

79 Ergebnisse Abb. 11: Wachstumsverhalten von alt-saisonalen H1N1, HH05 und HH15 (ph1n1) und humanen H5N1 Influenzaviren in humanen Lungenzellen. Humane Lungenepithelzellen (A549) wurden mit einer MOI von 0,01 des alt-saisonalen H1N1, des HH05 (ph1n1), des HH15 (ph1n1) und MOI=0,001 des humanen H5N1 Influenzavirus infiziert. Jeweils 24, 48, 72 und 96 Stunden nach Infektion (h p.i.) wurde Überstand abgenommen und der Titer mittels Plaquetest (3.3.6) bestimmt. Dargestellt ist jeweils der Virustiter mit der Standardabweichung zweier unabhängiger Experimente. Aus diesen Ergebnissen kann man schließen, dass sich die Replikation der 2009 ph1n1 Influenzaviren in humanen Lungenepithelzellen nicht von der eines alt-saisonalen H1N1 unterscheidet. Das HH15 Virusisolat führt dabei tendenziell zu höheren Virustitern als das HH05 Virusisolat. 4.4 Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Mausmodell Durch Inzucht gezüchtete Mausstämme sind ein gutes Modell für eine in vivo- Charakterisierung von Influenzaviren in einem Säugerorganismus (1.3.1). Zwar sind Mäuse nicht der natürliche Wirt für Influenzaviren und eine Infektion ist erst nach künstlicher Adaptation der Viren möglich. Allerdings kommt es in infizierten Mäusen zu Gewichtsverlust, viralen Pneumonien und auch zu letalen Verläufen (Bouvier und Lowen, 2010). HPAIV wie beispielsweise H5N1 führen bereits bei geringen Dosen zu einem letalen Infektionsverlauf in der Maus (Maines et al., 2005). Um humane Influenzaviren im Mausmodell zu charakterisieren, werden die Virusisolate meist durch serielle Passagen an die Maus adaptiert (Hirst, 1947; Brown, 1990; Gabriel et al., 2005), oder es werden immunsupprimierte Mausstämme verwendet (Mastino et al., 1991). Für die vorliegende Arbeit wurden zum einen BALB/c Mäuse verwendet, welche häufig für in vivo Versuche mit Influenzaviren eingesetzt werden. Zum anderen wurden Mäuse des C57BL/6J-Stamms verwendet, welche häufig als genetischer Hintergrund für gentechnisch veränderte Kreuzungen Anwendung finden. Für einen Vergleich des Infektionsverlaufs wurden Mäuse beider Stämme ebenfalls mit einem 72

80 Ergebnisse alt-saisonalen H1N1 Isolat A/Solomon Islands/3/06-like und dem humanen HPAIV-Isolat A/Thailand/KAN-1/04 (H5N1) infiziert. Das humane H5N1 Virus stammt von einem fünfjährigen Jungen, der an den Folgen der Infektion verstarb (Puthavathana et al., 2005) Pathogenität und Virulenz der 2009 ph1n1 Viren im Vergleich zu alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in BALB/c und C57BL/6J Mäusen BALB/c und C57BL/6J Mäuse wurden mit beiden klinischen 2009 ph1n1 Isolaten sowie dem alt-saisonalen H1N1 Influenzavirus als Referenz mit einer Dosis von 10 5 p.f.u. intranasal infiziert. Für das humane H5N1 Virus hingegen wurde eine Dosis von 10 2 p.f.u. für die Infektion eingesetzt, da dieses Virus als hochvirulent für Mäuse beschrieben wurde (Gabriel et al., 2011). Wie erwartet führte die Infektion mit dem alt-saisonalen H1N1 in BALB/c Mäusen nur zu einem marginalen Gewichtsverlust und alle Mäuse überlebten den Infektionsversuch (Abb. 12A,B). Die Infektion mit den beiden 2009 ph1n1 Isolaten führte zu einem Gewichtsverlust von % des Ausgangsgewichts der BALB/c Mäuse und einer Überlebensrate von 93 % (Abb. 12A,B). Das humane H5N1 Influenzavirus führte hingegen zu einem 100 %ig letalen Infektionsverlauf, begleitet von einem starken Gewichtsverlust der Tiere bereits ab Tag drei nach Infektion (Abb. 12A,B). In C57BL/6J Mäusen führte die Infektion mit alt-saisonalem H1N1 erwartungsgemäß, wie auch bei BALB/c Mäusen, nur zu einem geringen Gewichtsverlust mit einer Überlebensrate von 100 % (Abb. 12C,D). Die Infektion mit dem 2009 ph1n1 Isolat HH05 hingegen hatte in C57BL/6J Mäusen im Mittel einen Verlust von ca. 20 % des Ausgangsgewichts zur Folge und nur 66 % der Tiere überlebten (Abb. 12C,D). C57BL/6J Mäuse infiziert mit dem 2009 ph1n1 Isolat HH15 erlagen dagegen vollständig der Infektion bei gleicher Dosis mit einer Letalität von 100 % (Abb. 12C). Wie erwartet führte das humane H5N1 Influenzavirus, wie auch in BALB/c Mäusen, zu einer Letalität von 100 % (Abb. 12C). Für einen Vergleich der Virulenz des alt-saisonalen H1N1, der 2009 ph1n1 Isolate und des humanen H5N1 in beiden Mäusestämmen wurden, wie unter beschrieben, die entsprechenden MLD 50 Werte bestimmt, also die Dosis eines Virus bei der 50 % der jeweiligen Mäuse nach Infektion versterben. 73

81 Ergebnisse Abb. 12: Überlebensrate und Gewichtsverlust von alt-saisonalen H1N1-, HH05- (ph1n1), HH15- (ph1n1) und humanen H5N1-infizierten BALB/c und C57BL/6J Mäusen. BALB/c (A,B) oder C57BL/6J Mäuse (C,D) wurden mit 10 5 p.f.u. des alt-saisonalen H1N1 (n=14), HH05 (ph1n1) (n=21) und HH15 (ph1n1) (n=21), sowie mit 10 2 p.f.u. des humanen H5N1 (n=20) infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. Anschließend wurden die Tiere 14 Tage lang auf Gewichtsverlust (B,D) und Überleben (A,C) überprüft (d p.i. Tage nach Infektion). Die MLD 50 Werte aus Tab. 4 zeigten, dass im BALB/c Modell das alt-saisonale H1N1 sowie beide 2009 ph1n1 Influenzaviren mit einer MLD 50 von >6 log p.f.u. niedrigpathogen waren. Das humane H5N1 Influenzavirus hingegen hatte einen MLD 50 Wert von 0,3 und war damit hochpathogen für BALB/c Mäuse. Im C57BL/6J Mausmodell war das alt-saisonale H1N1 mit einer MLD 50 von >6 log p.f.u. ebenso wenig letal wie im BALB/c-Modell (Tab. 4). Korrelierend mit dem Überlebensversuch in Abb. 12 zeigten die 2009 ph1n1 Isolate jedoch eine erhöhte Virulenz in C57BL/6J Mäusen, welche sich auch untereinander unterschied. Das HH15 Virus war in diesem Mausmodell mit einer MLD 50 von 3,5 log p.f.u., etwa 50-fach letaler als das HH05 Virus, für welches eine MLD 50 von 5,2 log p.f.u. bestimmt wurde (Tab. 4). Das humane H5N1 war mit einem Wert von 1,8 log p.f.u. auch in C57BL/6J Mäusen hochpathogen, wobei in BALB/c Mäusen die Virulenz sogar noch höher war (Tab. 4). Zusammenfassend bestätigen diese Ergebnisse, dass das alt-saisonale H1N1 niedrigpathogen und das humane H5N1 Influenzavirus hochpathogen in beiden Mausmodellen ist. Beide 2009 pandemische H1N1 Influenzaviren sind niedrigpathogen in BALB/c Mäusen mit einer vergleichbar niedrigen Virulenz ähnlich der des alt-saisonalen H1N1 Influenzavirus. Im Gegensatz dazu konnte gezeigt werden, dass die C57BL/6J Mäuse 74

82 Ergebnisse empfänglicher für die 2009 ph1n1 Viren sind, allerdings mit unterschiedlich hoher Virulenz. Diese Unterschiede zwischen den zwei Isolaten des 2009 ph1n1-subtyps sind im BALB/c Modell nicht zu sehen. Daraus lässt sich schließen, dass wirtsspezifische Pathogenitätsdeterminanten bei der Infektion der unterschiedlichen Mausstämme mit 2009 ph1n1 eine Rolle spielen. Diese Determinanten scheinen sich von denen des humanen H5N1 zu unterschieden, da dieses Virus hochpathogen in beiden Mausmodellen ist. Die Empfänglichkeit der C57BL/6J Mäuse für 2009 ph1n1 Isolate ermöglicht es, Isolate dieses Virusstamms ohne vorherige Adaptation weitergehend nach wirtsspezifischen sowie auch viralen Pathogenitätsdeterminanten in vivo zu untersuchen. Tab. 4: MLD 50 Werte von alt-saisonalen H1N1, HH05 (ph1n1), HH15 (ph1n1) und humanen H5N1 Influenzaviren in BALB/c und C57BL/6J Mäusen. MLD 50 [log p.f.u.] saisonales H1N1 HH05 (ph1n1) HH15 (ph1n1) humanes H5N1 BALB/c > 6 > 6 > 6 0,3 C57BL/6J > 6 5,2 3,5 1,8 BALB/c und C57BL/6J Mäuse wurden mit seriellen zehnfach-verdünnungen (10 6 p.f.u p.f.u.) des altsaisonalen H1N1, der beiden 2009 pandemischen H1N1-Viren und des humanen H5N1 infiziert. Die Überlebensraten wurden über einen Verlauf von 14 Tagen dokumentiert und die MLD 50 mittels der von Reed und Muench beschriebenen Methode berechnet (Reed und Muench, 1938) Organtropismus der 2009 ph1n1 Viren im Vergleich zu alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in BALB/c und C57BL/6J Mäusen Die Ausbreitung von alt-saisonalen H1N1, 2009 ph1n1 und humanen H5N1 Influenzaviren im Mäuseorganismus wurde durch eine Virustiter-Bestimmung in Lunge, Gehirn und Darm der infizierten Tiere untersucht (3.3.6). In BALB/c Mäusen wurden 3 d p.i. vergleichbar hohe Titer in der Lunge für das alt-saisonale H1N1, HH05, HH15 sowie das humane H5N1 Influenzavirus detektiert (Abb. 13A). Nach sechs Tagen hingegen unterschieden sich die Virustiter in der Lunge für die 2009 ph1n1 Isolate und H5N1 signifikant von denen des alt-saisonalen H1N1 Virus. Die höchsten Titer wurden in der Lunge von H5N1-infizierten BALB/c Mäusen nachgewiesen (Abb. 13A). In den extrapulmonalen Organen Gehirn und Darm wurden nach Infektion mit alt-saisonalen H1N1 und 2009 ph1n1 Influenzaviren keine signifikanten Titer detektiert. Eine Infektion mit dem humanen H5N1 Virus hingegen führte zu hohen Virustitern im Gehirn der BALB/c Mäuse (Abb. 13A). 75

83 Ergebnisse Auch im C57BL/6J Mausmodell unterschieden sich die Virustiter in der Lunge 3 d p.i. nicht innerhalb der verschiedenen Influenzaviren (Abb. 13B). Dies war, im Gegensatz zu den BALB/c Mäusen, auch 6 d p.i. der Fall. Signifikante extrapulmonale Virustiter wurden in C57BL/6J Mäusen nur im Darm von HH15-infizierten Tieren nachgewiesen (Abb. 13B).. Abb. 13: Virustiter in Lunge, Gehirn und Darm von alt-saisonalen H1N1-, HH05 (ph1n1)-, HH15 (ph1n1)- und humanen H5N1-infizierten BALB/c und C57BL/6J Mäusen. BALB/c (A) oder C57BL/6J Mäuse (B) wurden mit 10 5 p.f.u. des alt-saisonalen H1N1, HH05 (ph1n1) und HH15 (ph1n1) sowie mit 10 2 p.f.u. des humanen H5N1 infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. An Tag drei und sechs nach Infektion (3 & 6 d p.i.) wurden jeweils von drei Tieren die Lunge, das Gehirn und der Darm entnommen (3.4.3). Der Virustiter wurde mittels Plaquetest bestimmt und ist hier mit entsprechender Standardabweichung logarithmisch in p.f.u. pro Gramm Organ angegeben. Die Detektionsgrenze für die Virustiter in Lunge und Gehirn lag bei 0,5 log p.f.u./ml bzw. im Darm bei 1,5 log p.f.u./m Organhomogenat. Die statistische Relevanz wurde durch einen Sudent s-t-test ermittelt (* entspricht p 0,05; ** entspricht p 0,01). Die Virustiter in der Lunge von BALB/c Mäusen korrelieren demnach 6 d p.i. mit der Pathogenität des jeweiligen Influenzavirus mit den niedrigsten Virustitern des niedrigpathogenen alt-saisonalen H1N1 und den höchsten Titern nach Infektion mit dem hochpathogenen humanen H5N1. Im Gegensatz dazu spiegeln die Virustiter in den Lungen der infizierten C57BL/6J Mäuse auch nach sechs Tagen die differenzielle Virulenz verschiedener Virusisolate, wie unter gezeigt, nicht wider. Demzufolge lässt die 76

84 Ergebnisse Viruslast in der Lunge von infizierten C57BL/6J Mäusen, im Gegensatz zu der in BALB/c Mäusen, keinen Rückschluss auf Pathogenität und Virulenz von Influenzaviren in diesem Mausmodell zu. Der Organtropismus des alt-saisonalen H1N1 und der des 2009 ph1n1 Isolats HH05 beschränkt sich in beiden Mausmodellen auf die Lunge. Das HH15 Isolat hingegen, welches in C57BL/6J Mäusen hochvirulent ist, scheint sich nach Infektion auch auf den Darm von Tieren dieses Mäusestamms auszubreiten. Ein extrapulmonaler Organtropismus wurde bereits mehrfach für H5N1-infizierte Mäuse beschrieben (Maines et al., 2005) und ist auch hier für das BALB/c Mausmodell im Gehirn der Fall Virustropismus der 2009 ph1n1 Viren im Vergleich zu alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in der Lunge von BALB/c und C57BL/6J Mäusen Für die Analyse der pathologischen Veränderungen in den Lungen infizierter Mäuse sowie des Virustropismus in diesem Organ wurden histologische Schnitte angefertigt und eine Immunfärbung gegen das kreuzreaktive NP Protein von Influenzaviren durchgeführt (3.5.5). Dafür wurden BALB/c und C57BL/6J Mäuse mit dem alt-saisonalen H1N1, HH05 (ph1n1), HH15 (ph1n1) oder dem humanen H5N1 Influenzavirus infiziert und nach sechs Tagen die Lungen entnommen (3.4.3). Die Lungenschnitte von alt-saisonalen H1N1-infizierten BALB/c Mäusen wiesen im Vergleich zur Negativkontrolle einige mononukleäre Infiltratzellen im Interstitium auf, wobei nur einzelne Zellen infiziert waren (Abb. 14B). In BALB/c Mäusen, die mit dem 2009 pandemischen H1N1 Isolat HH05 infiziert wurden, waren hingegen mehr infizierte Zellen, assoziiert mit der Einwanderung von Immunzellen ins Alveolarepithel, zu sehen (Abb. 14C). HH15-Infektion führte im Vergleich zu HH05 zu einer höhergradigen interstitiellen Entzündung der Lunge mit einer hohen Anzahl Virus-infizierter Zellen und eingewanderten Entzündungszellen sowie dilatierten Blutgefäßen (Abb. 14D). Die Lungenschnitte von H5N1- infizierten BALB/c Mäusen wiesen die größte Anzahl infizierter Zellen im Alveolar- und Bronchialepithel auf, wobei die pathologischen Veränderungen vergleichbar zu denen von HH15-infizierten Tieren waren (Abb. 14E). Auch in den Lungenschnitten alt-saisonaler H1N1-infizierter C57BL/6J Mäuse zeigten sich mononukleäre Infiltrationen des Interstitiums mit einigen infizierten Alveolar- und Bronchialzellen (Abb. 14G). Die Lungen von HH05-infizierten C57BL/6J Mäuse waren wiederum höhergradig entzündet als die der alt-saisonalen H1N1-infizierten und wiesen dilatierte Kapillaren und eine vergleichsweise größere Anzahl infizierter Zellen auf (Abb. 14H). Das 2009 pandemische H1N1 Isolat HH15 verursachte in den Lungen der C57BL/6J 77

85 Ergebnisse Mäuse hochgradige Veränderungen mit sichtbaren Alveolar- und Bronchialepithelzellnekrosen (Abb. 14I). Im Vergleich zu HH05 waren hier mehr Zellen positiv für das Virusantigen. Das humane H5N1 zeigte im C57BL/6J-Mausmodell, im Vergleich zu den anderen Influenzaviren, eine höchstgradige Zerstörung der Lungenstruktur mit diversen Virus-infizierten Lungenepithelzellen und Hämorrhagien (Abb. 14J). Abb. 14: Immunhistologische Färbung von Lungenschnitten von alt-saisonalen H1N1-, HH05 (ph1n1)-, HH15 (ph1n1)- und humanen H5N1-infizierten BALB/c und C57BL/6J Mäusen. BALB/c (obere Reihe) und C57BL/6J Mäuse (untere Reihe) wurden mit 10 5 p.f.u. des alt-saisonalen H1N1 (B,G), HH05 (ph1n1) (C,H) und HH15 (ph1n1) (D,I), sowie mit 10 2 p.f.u. des humanen H5N1 (E,J) infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht (A,F). An Tag sechs nach Infektion (6 d p.i.) wurden jeweils drei Tiere getötet und die Lungen entnommen (3.4.3). Die Schnitte wurden immunhistologisch gegen das Influenzaantigen und anschließend mit H&E gefärbt (3.5.4; 3.5.5). Antigen-positive Zellen haben eine rot-braune Färbung und sind zum Teil mit Pfeilen markiert ( ). Auffällig stark infiltrierte Gewebebereiche sind durch einen Stern markiert (*). Die lichtmikroskopischen Bilder wurden in einer 400fachen-Vergrößerung aufgenommen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das alt-saisonale H1N1 zu einer geringen Entzündungsreaktion des Lungengewebes in beiden Mausstämmen führt. Das pandemische HH05 Isolat verursacht im Vergleich hierzu eine stärkere Entzündungsreaktion, wobei auch allgemein eine größere Anzahl an Zellen infiziert wird. Das HH15 Isolat hingegen führt in beiden Mausmodellen bereits zu einer Pneumonie mit annähernd massiven pathologischen Befunden wie eine H5N1-Infektion. Letztere führt zu höchstgradig entzündetem Lungengewebe in beiden Mausstämmen. Zwischen BALB/c und C57BL/6J Mäusen sind keine Unterschiede in der Pathologie und dem Virustropismus in der Lunge für die jeweiligen Virusstämme festzustellen. Dies spricht dafür, dass der pathologische Befund allein nicht ausreicht die Virulenz komplett widerzuspiegeln, allerdings einen guten Eindruck bezüglich des Potenzials dieser Viren, pathologische Veränderungen in der Lunge auszulösen, wiedergibt. 78

86 Ergebnisse Blutbild nach Infektion mit 2009 ph1n1, alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in BALB/c und C57BL/6J Mäusen Die Bestimmung von Parametern im Blut kann wichtige Hinweise bezüglich der Immunbeteiligung einer Erkrankung liefern. Ein Blutbild kann einfach und minimalinvasiv mittels eines Hämatologiegerätes erstellt werden (3.4.5). BALB/c und C57BL/6J Mäuse wurden mit alt-saisonalen H1N1, HH05 (ph1n1), HH15 (ph1n1) oder humanen H5N1 Influenzaviren infiziert und jeweils nach drei und sechs Tagen eine Blutprobe entnommen (3.4.3). Es wurden die absoluten Zellzahlen von Leukozyten (WBC), Erythrozyten (RBC), Thrombozyten (PTL), Lymphozyten (LYM) und Granulozyten (GRA), sowie der Hämoglobingehalt (HGB) und der Hämatokritanteil (HCT) im Blut von BALB/c (Tab. 5) und C57BL/6J Mäusen (Tab. 6) bestimmt. Tab. 5: Blutparameter von alt-saisonalen H1N1-, HH05 (ph1n1)-, HH15 (ph1n1)- und humanen H5N1- infizierten BALB/c Mäusen. Kontrolle saisonales H1N1 HH05 (ph1n1) HH15 (ph1n1) humanes H5N1 3 d p.i. 6 d p.i. 3 d p.i. 6 d p.i. 3 d p.i. 6 d p.i. 3 d p.i. 6 d p.i. WBC [10 3 /mm 3 ] RBC [10 3 /mm 3 ] HGB [g/dl] HCT [%] PLT [10 3 /mm 3 ] LYM [10 3 /mm 3 ] GRA [10 3 /mm 3 ] 7,3 ± 1,8 5,3 ± 1,1 7,3 ± 1,3 5,0 ± 1,4 7,4 ± 1,3 4,8 ± 0,4 7,8 ± 0,7 6,7 ± 1,0 2,5 ± 0,6 10,7 ± 0,7 9,4 ± 0,4 9,9 ± 0,1 10,4 ± 1,6 11,3 ± 0,8 10,8 ± 0,6 11,1 ± 0,3 11,4 ± 0,4 11,5 ± 0,7 19,0 ± 1,2 17,3 ± 1,0 17,4 ± 0,4 18,7 ± 2,4 19,9 ± 1,2 19,2 ± 1,0 19,8 ± 0,3 20,0 ± 0,7 20,0 ± 1,6 49,6 ±1,7 46,4 ± 3,0 49,8 ± 0,3 48,0 ± 7,2 52,1 ± 3,9 49,7 ± 3,7 50,8 ± 1,6 52,9 ± 0,3 54,8 ± 2,1 823 ± ± ± ± ± ± ± ± ± 25 5,4 ± 1,1 3,6 ± 0,7 4,8 ± 1,0 3,5 ± 1,2 4,1 ± 1,2 3,2 ± 0,4 4,3 ± 0,8 4,0 ± 0,3 0,7 ± 0,0 1,9 ± 0,9 1,7 ± 0,5 2,5 ± 0,4 1,5 ± 0,3 3,3 ± 0,2 1,6 ± 0,0 3,5 ± 0,6 2,7 ± 0,7 1,8 ± 0,6 Jeweils 3-5 BALB/c Mäuse wurden mit 10 5 p.f.u. des alt-saisonalen H1N1, HH05 (ph1n1) und HH15 (ph1n1), sowie 10 2 p.f.u. des humanen H5N1 Virus infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. An Tag drei und sechs nach Infektion (3 und 6 d p.i.) wurden je Tier ca. 50 µl Vollblut entnommen und die Parameter mittels eines Hämatologiegerätes bestimmt (3.4.3; 3.4.5). Dargestellt sind die Parameter mit Standardabweichung (±) für Leukozyten (WBC), Erythrozyten (RBC), Thrombozyten (PTL), Lymphozyten (LYM) und Granulozyten (GRA) sowie der Hämoglobingehalt (HGB) und der Hämatokritanteil (HCT). Die statistische Signifikanz (p 0,05) der Parameter wurde durch einen Sudent s-t-test, im Vergleich zu alt-saisonalen H1N1-infizierten Tieren ermittelt (unterstrichen). An 3 d p.i. waren die Leukozyten, im Vergleich mit den Kontrolltieren, bei allen infizierten BALB/c Mäusen erniedrigt (Tab. 5). Dies ist eine zu erwartende Reaktion der angeborenen Immunabwehr auf eine Virusinfektion. An 6 d p.i. hatten sich die Leukozyten von BALB/c 79

87 Ergebnisse Mäusen, welche mit dem alt-saisonalen H1N1 bzw. den 2009 ph1n1 Isolaten infiziert wurden, wieder vergleichbar zur nicht-infizierten Kontrollgruppe normalisiert (Tab. 5). Die H5N1-Infektion in diesem Mausmodell führte hingegen 6 d p.i. im Vergleich zu alt-saisonaler H1N1-Infektion zu stark verringerten Leukozytenwerten, die mit einer signifikanten Lymphopenie einhergingen (Tab. 5). Eine signifikante Veränderung im Blutbild war auch ein erhöhter Hämatokritwert in H5N1-infizierten BALB/c Mäusen (Tab. 5). Dieser lässt eine gesteigerte Hämoglobinfreisetzung aufgrund eines hämorrhagischen Krankheitsverlaufs vermuten. Tab. 6: Blutparameter von alt-saisonalen H1N1-, HH05 (ph1n1)-, HH15 (ph1n1)- und humanen H5N1- infizierten C57BL/6J Mäusen. Kontrolle saisonales H1N1 HH05 (ph1n1) HH15 (ph1n1) humanes H5N1 3 d p.i. 6 d p.i. 3 d p.i. 6 d p.i. 3 d p.i. 6 d p.i. 3 d p.i. 6 d p.i. WBC [10 3 /mm 3 ] RBC [10 3 /mm 3 ] HGB [g/dl] HCT [%] PLT [10 3 /mm 3 ] LYM [10 3 /mm 3 ] GRA [10 3 /mm 3 ] 9,4 ± 2,8 10,3 ± 1,2 9,8 ± 1,0 5,5 ± 1,4 10,2 ± 0,5 5,9 ± 0,8 5,8 ± 0,8 10,3 ± 0,5 5,8 ± 1,1 9,8 ± 1,3 10,9 ± 0,3 9,3 ± 6,0 11,3 ± 0,8 9,9 ± 0,7 11,7 ± 1,0 11,,3 ± 0,6 10,4 ± 0,1 10,4 ± 0,4 15,1 ± 2,0 16,8 ± 0,4 14,6 ± 0,7 17,7 ± 1,4 15,4 ± 0,8 18,5 ± 1,3 16,9 ± 0,6 16,2 ± 0,1 16,6 ± 0,6 48,1 ±6,9 47,6 ± 1,5 40,7 ± 2,0 48,6 ± 3,9 41,7 ± 2,9 50,9 ± 4,1 47,9 ± 2,0 45,3 ± 0,2 45,2 ± 1, ± ± ± ± ± ± ± ± ± 262 7,9 ± 2,3 8,2 ± 1,0 8,0 ± 0,8 3,8 ± 1,3 6,1 ± 0,8 3,7 ± 0,7 3,5 ± 0,7 7,9 ± 1,1 3,6 ± 0,7 1,6 ± 0,6 2,1 ± 0,4 1,8 ± 0,2 1,6 ± 0,2 4,1 ± 0,8 2,2 ± 0,3 2,3 ± 0,6 2,3 ± 0,9 2,2 ± 0,4 Jeweils 3-5 C57BL/6J Mäuse wurden mit 10 5 p.f.u. des alt-saisonalen H1N1, HH05 (ph1n1) und HH15 (ph1n1) sowie 10 2 p.f.u. des humanen H5N1 Virus infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. An Tag drei und sechs nach Infektion (3 und 6 d p.i.) wurden je Tier ca. 50 µl Vollblut entnommen und die Parameter mittels eines Hämatologiegerätes bestimmt (3.4.3; 3.4.5). Dargestellt sind die Parameter mit Standardabweichung (±) für Leukozyten (WBC), Erythrozyten (RBC), Thrombozyten (PTL), Lymphozyten (LYM) und Granulozyten (GRA) sowie der Hämoglobingehalt (HGB) und der Hämatokritanteil (HCT). Die statistische Signifikanz (p 0,05) der Parameter wurde durch einen Sudent s-t-test, im Vergleich zu alt-saisonalen H1N1-infizierten Tieren ermittelt (unterstrichen). Im C57BL/6J Mausmodell waren 3 d p.i. nach 2009 ph1n1-infektion im Vergleich zu altsaisonaler H1N1-Infektion die Leukozyten- sowie die Lymphozytenwerte signifikant erniedrigt (Tab. 6). 6 d p.i. hatten die Leukozyten und Lymphozyten bei der HH05-Infektion der C57BL/6J Mäuse, im Gegensatz zur HH15-Infektion, wieder Normalwerte erreicht (Tab. 6). Ebenso wie bei den HH15-infizierten Tieren kam es 6 d p.i. auch bei den H5N1-infizierten C57BL/6J Mäusen zu einer Lymphopenie mit signifikant erniedrigten Leukozytenwerten (Tab. 6). Andere Blutparameter während der Infektion mit den 2009 ph1n1 Isolaten oder 80

88 Ergebnisse H5N1 unterschieden sich in diesem Mausmodell weder von denen der alt-saisonalen H1N1- Infektion, noch von denen der nicht-infizierten Kontrolltiere. Zusammenfassend unterschieden sich die Blutwerte von alt-saisonalen H1N1-infizierten BALB/c und C57BL/6J Mäusen kaum von denen der nicht-infizierten Kontrolltiere. Eine H5N1-Infektion scheint hingegen in beiden Mausstämmen zu einer schweren und irreversiblen Lymphopenie zu führen. Ein schwerer Grad einer Lymphozytendepletion gilt als ein wichtiger Marker für eine hohe Virulenz in der Maus nach einer HPAIV-Infektion (Tumpey et al., 2000; Vogel et al., 2010; Gabriel et al., 2009). Das 2009 pandemische H1N1 Virus hatte im BALB/c Mausmodell keine signifikanten Veränderungen der Blutwerte zufolge, im Gegensatz dazu kam es im C57BL/6J Mausmodell zu einer signifikanten Leukozyten- sowie Lymphozytendepletion. Während sich die Zellzahlen von HH05-infizierten C57BL/6J Mäusen im Infektionsverlauf wieder zu normalisieren scheinen, führt eine HH15-Infektion zu einer progressiven und irreversiblen Lymphopenie. Daraus lässt sich folgern, dass eine anhaltenden Lymphopenie nach einer Influenza-Infektion generell mit einem letalen Ausgang im Mausmodel einhergeht Th1/Th2-Immunantwort nach Infektion mit ph1n1, alt-saisonaler H1N1 und humaner H5N1 Influenza in BALB/c und C57BL/6J Mäusen Einer der am besten untersuchten Unterschiede zwischen den BALB/c und C57BL/6J Inzucht-Mausstämmen ist die Polarisierung der Immunantwort von T-Helferzellen (Th) (Heinzel et al., 1989). C57BL/6J Mäuse bilden eine stärkere Th1-Antwort aus, wobei die aktivierten T-Lymphozyten Zytokine ausschütten, die an der zellulären Immunabwehr beteiligt sind. In BALB/c Mäusen hingegen kommt es zur Aktivierung einer größeren Anzahl an Typ 2 T-Helferzellen, welche in der humoralen Immunantwort eine maßgebliche Rolle spielen. Für einen optimalen Schutz gegen Krankheitserreger sollten sich beide Th- Antworten in einem ausbalancierten Verhältnis befinden. Die Aktivierung des Immunsystems während der Infektion beider Mausstämme wurde für diese Arbeit durch die Analyse der Proteinlevel von Th-Zellen ausgeschütteter Zytokine untersucht. Die Zytokinmengen der Typ1-Zytokine TNF-α, IFN-γ und MCP-1 und der Th2- Zytokine IL-4, IL-6 und IL-10 (Heinzel et al., 1989; Kidd, 2003) wurden zum einen direkt in der Lunge der infizierten Mäuse untersucht und zum anderen für eine systemische Bestimmung im Serum (Abb. 15). Hierfür wurden BALB/c und C57BL/6J Mäuse mit altsaisonalen H1N1, HH05 (ph1n1), HH15 (ph1n1) oder humanen H5N1 Influenzaviren infiziert und nach sechs Tagen die Lungen sowie Blutproben entnommen (3.4.3). 81

89 Ergebnisse Abb. 15: Lokale und systemische Level von Th1- (TNF-α, IFN-γ, MCP-1) und Th2- Zytokinen (IL-4, IL-6, IL-10) in alt-saisonalen H1N1-, HH05 (ph1n1)-, HH15 (ph1n1)- und humanen H5N1-infizierten BALB/c und C57BL/6J Mäusen. BALB/c (graue Balken) oder C57BL/6J Mäuse (schwarze Balken) wurden mit 10 5 p.f.u. des alt-saisonalen H1N1, HH05 (ph1n1) und HH15 (ph1n1) sowie mit 10 2 p.f.u. des humanen H5N1 infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. An Tag 6 nach Infektion wurden jeweils die vereinigten Lungenhomogenate von drei Tieren (A,B) und die vereinigten Serumproben von 4 6 Tieren (C,D) im Duplett einem enzymgekoppelten Immunoabsorptions-Assay (ELISA; ) unterzogen. Dabei wurden in zwei unabhängigen Durchläufen die Proteinlevel von Typ1-Zytokinen Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Interferon-γ (IFN-γ) und monocyte chemotactic protein-1 (MCP-1) (A,C) und Th2-Zytokinen Interleukin-4 ( IL-4), Interleukin-6 (IL-6) und Interleukin-10 (IL-10) (B,D) bestimmt. Werte unter dem Detektionslimit des Assays wurden als nicht detektiert (n.d.) gekennzeichnet. Die statistische Relevanz wurde durch einen Student s-t-test ermittelt (* entspricht p 0,05; ** entspricht p 0,01). 82

90 Ergebnisse In der Lunge, dem primären Zielorgan der viralen Replikation, waren für infizierte BALB/c Mäuse generell höhere Zytokin-Expressionslevel zu detektieren als für C57BL/6J Mäuse (Abb. 15A,B). Das alt-saisonale H1N1 Influenzavirus führte zu einer höheren IFN-γ- Expression im BALB/c Mausmodell im Vergleich zu C57BL/6J (Abb. 15A). TNF-α, IFN-γ und IL-10 wurden zu signifikant höherem Level in 2009 ph1n1-infizierten BALB/c Mäusen gemessen als in C57BL/6J Mäusen, wobei das HH05-Isolat zu einer stärkeren Expression von IFN-γ und IL-10 führte als HH15 (Abb. 15A,B). Auch für IL-4 war in BALB/c Mäusen nach Infektion mit dem HH05 Isolat eine stärkere Expression als mit HH15 zu beobachten (Abb. 15B). Dies war nicht der Fall in C57BL/6J Mäusen. H5N1-infizierte BALB/c Mäuse wiesen im Vergleich zu C57BL/6J Mäusen eine signifikant erhöhte Expression der inflammatorischen Zytokine TNF-α, IFN-γ, MCP-1 und IL-6 auf (Abb. 15A,B). Die systemischen Zytokinlevel im Serum der infizierten Mäuse waren wesentlich niedriger als in der Lunge und, mit Ausnahme von IL-4, nach alt-saisonaler H1N1-Infektion nur knapp über dem Detektionslimit oder gar nicht detektierbar (Abb. 15C,D). IL-4 konnte nach Infektion mit allen Viren, im Gegensatz zu den Lungenmessungen, nur in infizierten C57BL/6J Mäusen nachgewiesen werden (Abb. 15D). Eine 2009 ph1n1-infektion führte in BALB/c Mäusen, wie auch schon in den Lungenhomogenaten gezeigt, zu signifikant höherer IFN-γ- Expression (Abb. 15C). Die höchsten Expressionslevel wurden nach H5N1-Infektion für IFN-γ und IL-10 in BALB/c Mäusen und für MCP-1 in C57BL/6J Mäusen nachgewiesen (Abb. 15C,D). Zusammenfassend kommt es nach alt-saisonaler H1N1-Infektion in beiden Mausmodellen nur zu einer geringen Erhöhung der untersuchten Zytokine in der Lunge. Das humane H5N1 hingegen führt generell zu einer gesteigerten Zytokinexpression. Ein sogenannter Zytokinsturm wurde für H5N1-Virusinfektionen und für die 1918 spanische Pandemie in der Literatur beschrieben und gilt als wichtiges Korrelat für erhöhte Pathogenität (Kobasa et al., 2004; de Jong et al., 2006; Szretter et al., 2007). Eine 2009 ph1n1-infektion scheint, im Vergleich zu alt-saisonaler H1N1-Infektion eine erhöhte Zytokinexpression in der Lunge von Mäusen zur Folge zu haben. In BALB/c Mäusen führt eine 2009 ph1n1-infektion dabei jedoch zu signifikant höheren Expressionsleveln der untersuchten Zytokine. Dies lässt darauf schließen, dass im Gegensatz zu den negativen Auswirkung eines Zytokinsturms nach H5N1-Infektion, eine erhöhte Expression von Th1- und Th2-Zytokine im BALB/c Modell mit einer niedrigen Pathogenität einer 2009 ph1n1-infektion einhergeht. Spekulativ ist demnach die Zytokinexpression nach einer 2009 ph1n1-infektion in C57BL/6J Mäusen unzureichend und korreliert mit einer höheren Pathogenität. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass unterschiedliche Wirtsdeterminanten bei 2009 ph1n1 Influenzaviren eine Rolle spielen als bei H5N1 Influenzaviren. 83

91 Ergebnisse 4.5 Rekombinante 2009 ph1n1 Influenzaviren (2009 ph1n1rek) Genetisch bedingte Charakteristika von Influenzaviren lassen sich durch die Generierung von rekombinanten Influenzaviren ermöglichen. Wildtypisolate, die direkt aus einem infizierten Wirt isoliert wurden, enthalten meist eine Mischung aus dem vorherrschenden Genotyp und sogenannten Quasispezies-Varianten. Letztere entstehen durch Mutationen während der viralen Replikation im Wirt und durch die Selektion des Immunsystems. Experimentelle Untersuchungen eines bestimmten viralen Genotyps sind demnach mit rekombinanten Viren besser zu reproduzieren. Der größte Vorteil von rekombinant hergestellten Influenzaviren ist, dass Unterschiede in der Pathogeniät durch die Herstellung von Reassortanten und Mutanten auf einzelne virale Faktoren zurückgeführt werden können. Diese Pathogenitätsdeterminanten können so auch weitergehend im viralen Kontext charakterisiert werden Generierung von 2009 ph1n1rek Influenzaviren Für eine Analyse der viralen Determinanten von HH05 und HH15 (ph1n1), die im C57BL/6J Mausmodell zu einer differenziellen Pahtogenität geführt haben (4.4), wurden rekombinante 2009 ph1n1 Influenzaviren (2009 ph1n1rek) generiert. Dafür wurden, wie unter beschrieben, die viralen Gensegmente in Expressionsvektoren integriert und anschließend für die Rekonstruktion von Viruspartikeln in Zellen transfiziert. Neben den rekombinanten 2009 ph1n1 Viren der parentalen Wildtypisolate (wt) HH05wt und HH15wt wurden auch Reassortanten beider Isolate hergestellt, zum einen 7+1 Einzelgenreassortanten, wobei jeweils ein Genomsegment des höher pathogenen HH15 Virusisolats mit den übrigen Genomsegmenten des HH05 Influenzavirus kombiniert wurde. Dies wurde jedoch nur mit HH15-Segmenten durchgeführt, die sich von HH05 unterscheiden (PB2, PA, HA, NP, NA, NS). Zum anderen wurden auch eine 6+2-Reassortante, mit den beiden Oberflächenproteinen HA und NA von HH15, sowie eine 5+3-Reassortante, mit den vrnp Segmenten PB2, PA und NP von HH15 im Hintergrund von HH05, hergestellt. Anhand dieser Reassortanten sollte des Weiteren untersucht werden, welche Genomsegmente von HH15 maßgeblich zur erhöhten Pathogenität, im Vergleich zu HH05, in C57BL/6J Mäusen beitragen ( ). Mit den 6+2- und 5+3-Reassortanten sollten auch Unterschiede des Phänotyps untersucht werden können, die durch eine Wechselwirkung von funktionell interagierenden viralen Faktoren vermittelt werden. Für die Bestimmung einzelner Aminosäuren als Pathogenitätsdeterminanten, wurde für Genomsegmente von HH15, die sich an mehreren Sequenzpositionen von HH05 unterschieden, Punktmutanten hergestellt. Dafür wurden mittels zielgerichteter Mutagenese (3.1.5) die einzelnen HH15-spezifischen Aminosäureaustausche in das entsprechende Gen von HH05 eingeführt. Die so generierten 84

92 Ergebnisse Reassortanten und Punktmutanten können nun in vivo und in vitro zur Untersuchung von HH15-spezifischen Pathogenitätsdeterminanten verwendet werden Charakterisierung der 2009 ph1n1rek Influenzaviren im C57BL/6J Mausmodell Die rekombinanten 2009 ph1n1 Viren wurden im Folgenden hinsichtlich der Pathogenität und Virulenz im C57BL/6J Modell charakterisiert. Analog zu den Infektions-Experimenten mit den klinischen 2009 ph1n1 Virusisolaten sollte für einen Vergleich auch der Virustiter in der Lunge bestimmt werden. Anschließend wurden in der Histologie der Lunge die dortige Viruslast sowie eventuelle pathologische Veränderungen untersucht Pathogenität der 2009 ph1n1rek Influenzaviren in C57BL/6J Mäusen Zur Kontrolle des Phänotyps der 2009 ph1n1rek Viren im Vergleich zu den parentalen Virusisolaten, wurden C57BL/6J Mäuse infiziert und die MLD 50 bestimmt (3.4.2; Abb. 16). Die Virulenz des rekombinanten HH05 (HH05rek) entsprach dabei dem des parentalen HH05- Isolats (HH05wt). Beide sind im C57BL/6J Mausmodell niedrigpathogen mit von >5 log p.f.u. (Abb. 16). Auch die Virulenz des rekombinanten HH15 (HH15rek) war vergleichbar mit der des parentalen Virusisolats HH15wt mit einer MDL 50 3,2 log p.f.u. (Abb. 16; 4.4.1). Somit entspricht der Phänotyp der 2009 ph1n1rek Influenzaviren dem der klinischen 2009 ph1n1 Virusisolate in C57BL/6J Mäusen und können für die weitere Charakterisierung und Identifikation der HH15-spezifischen Pathogenitätsdeterminanten verwendet werden. Einzelgenreassortanten mit HH15-spezifischen PB2 (HH05-PB2 HH15 ) oder NS (HH05-NS HH15 ) im genetischen Hintergrund von HH05 entsprachen mit einer MLD 50 >5 log p.f.u. dem des parentalen sowie des rekombinanten HH05 im C57BL/6J Mausmodell (Abb. 16). Auch die HH15-spezifischen Genomsegmente PA (HH05-PA HH15 ) und NA (HH05-NA HH15 ) führten im Hintergrund von HH05, mit MDL 50 Werten von 4,5 bzw. 4,4 log p.f.u., zu keiner signifikanten Erhöhung der Virulenz im Vergleich zu HH05 (Abb. 16). Im Gegensatz dazu, wiesen die Reassortanten mit HH15-spezifischem NP (HH05-NP HH15 ) oder NA (HH05-HA HH15 ) hingegen eine MDL 50 von 3,2 bzw. 3,6 log p.f.u. auf und waren mit der hohen Virulenz von HH15 vergleichbar (Abb. 16). Die 5+3-Reassortante mit HH15-spezifischem PB2, PA und NP im HH05-Hintergrund (HH05-PB2/PA/NP HH15 ) war, ebenso wie die 6+2-Reassortante mit den beiden Oberflächenproteinen von HH15 (HH05-HA/NA HH15 ) virulenter als das HH05 Virusisolat. Die MDL 50 dieser rekombinanten Influenzaviren entsprach mit 3,5 bzw. 3,8 log p.f.u. der von HH15 in C57BL/6J Mäusen (Abb. 16). Demnach führen Reassortanten, die das HH15-spezifische NP oder HA Genomsegment im genetischen Hintergrund von HH05 enthalten, zu einer erhöhten Pathogenität in C57BL/6J Mäusen. 85

93 Ergebnisse Abb. 16: Genotyp, MLD 50 und Virustiter in der Lunge von 2009 ph1n1rek-infizierten C57BL/6J Mäusen. Der Genotyp der generierten rekombinanten Influenzaviren ist dem Farbcode der Abbildung zu entnehmen, wobei graue Kästchen für ein Genomsegment des HH05 Isolats und schwarze Kästchen für ein Genomsegment des HH15 Isolats stehen. HH05rek bzw. HH15rek steht für die rekombinanten Isolate, HH05wt bzw. HH15wt für die parentalen Virusisolate. Für Punktmutanten ist die Mutation im Kästchen des entsprechenden Genomsegments angegeben. Da sich PB1 und M von HH05 und HH15 nicht unterscheiden gibt es für diese viralen Proteine keine Angabe. Für die Maus-letale-Dosis 50 (MLD 50 ) wurden jeweils fünf C57BL/6J Mäuse intranasal mit seriellen zehnfach-verdünnungen (10 5 p.f.u p.f.u.) der 2009 ph1n1rek Influenzaviren infiziert. Die Überlebensraten wurden über einen Verlauf von 14 Tagen dokumentiert und die MLD 50 mittels der von Reed und Muench beschriebenen Methode berechnet (3.4.2). MLD 50 -Werte von Reassortanten und Punktmutanten, die denen des HH15 Virus (rek & wt) mehr entsprechen als der MDL 50 von HH05 sind fett hervorgehoben. Für die Analyse der Virustiter in der Lunge wurden C57BL/6J Mäuse intranasal mit 10 5 p.f.u. der 2009 ph1n1 Influnezaviren infiziert. An Tag drei und sechs nach Infektion (3 und 6 d p.i.) wurden jeweils von drei Tieren die Lungen entnommen und der Virustiter mittels Plaquetest bestimmt (3.4.3; 3.3.6) Die Titer sind hier logarithmisch in p.f.u. pro Gramm Organ mit der jeweiligen Standardabweichung (±) angegeben. Die Detektionsgrenze für die Virustiter lag bei 0,5 log p.f.u./ml Organhomogenat. Eine statistische Relevanz wurde durch einen Sudent s-t-test überprüft. Da sich im Gegensatz zum HH15-spezifischen HA, das NP-Protein in mehr als einer Aminosäure vom HH05 Virusisolat unterscheidet, wurden dafür Punktmutanten generiert (4.5.1). Diese enthalten jeweils nur einen HH15-spezifischen Aminosäureaustausch im NP Protein im genetischen Hintergrund von HH05. So konnte die Rolle aller drei Mutationen für die erhöhte Pathogenität von HH15 bzw. HH05-NP HH15 untersucht werden. Die drei Punktmutanten, HH05-NP V100I, HH05-NP I133L und HH05-NP I373T, waren mit MDL 50 Werten von 3,4, 2,9 bzw. 3,6 log p.f.u. alle hochpathogen im C57BL/6J Mausmodell mit einer vergleichbaren Virulenz wie die des HH15 Influenzavirus (Abb. 16). Die Virustiter in der Lunge 2009 ph1n1rek-infizierter C57BL/6J Mäusen wiesen, trotz beobachteter Unterschiede in der Virulenz, weder 3 d p.i. noch 6 d p.i. Unterschiede auf 86

94 Ergebnisse (Abb. 16). Für alle rekombinanten Influenzaviren wurden vergleichbar hohe Titer wie für die parentalen 2009 ph1n1 Virusisolate detektiert (Abb. 16; 4.4.2). Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die HH15-spezifischen Mutation im HA (S202T) und die drei Mutationen im NP (V100I, I133L, I373T) einzeln sowie in Kombination maßgeblich zu einer erhöhten Pathogenität im C57BL/6J Mausmodell führen. Demnach tragen diese Determinanten maßgeblich zu der, im Vergleich zu HH05, erhöhten Pathogenität von HH15 bei. Die Bestimmung von infektiösen Viruspartikeln in der Lunge mittels Plaquetest lässt hingegen keine Rückschlüsse auf die Pathogeniät der 2009 ph1n1 Influenzaviren zu. Dies wurde bereits für die klinischen 2009 ph1n1 Virusisolate unter postuliert Tropismus der 2009 ph1n1rek Influenzaviren in der Lunge von C57BL/6J Mäusen Wie unter bereits für die 2009 ph1n1 Influenzaviren beobachtet und auch für die 2009 ph1n1rek Viren gezeigt, ist in C57BL/6J Mäusen die Bestimmung der Viruslast in der Lunge mittels Plaquetest kein Korrelat für die Pathogenität von Influenzaviren. Eine immunhistologische Detektion von Viruspartikeln in der Lungen zeigte hingegen Unterschiede in Pathologie und Viruslast HH05- und HH15-infizierter C57BL/6J Mäuse (4.4.3). Demnach wurden auch von den Lungen 2009 ph1n1rek-infizierter C57BL/6J Mäuse histologische Schnitte für eine Analyse des Virustropismus durchgeführt. Dabei sollte die Viruslast auf RNA-Ebene mittels in situ-hybridisierung untersucht werden (3.5.3). Die Detektion von viraler RNA (vrna) lässt dabei auf aktiv replizierende Influenzaviren schließen. Es sollten in erster Linie die Viruslast und Pathologie von 2009 ph1n1rek Influenzaviren, im Vergleich zu HH05, untersucht werden die zu einer erhöhten Pathogenität im C57BL/6J Modell führen. Dafür wurden die Lungenschnitte von HH05rek- und HH15rek-, HH05-HA HH15 - und HH05-NP HH15 - sowie HH05-NP V100I -, HH05-NP I133L - und HH05-NP I373T - infizierten C57BL/6J Mäusen untersucht (Abb. 17). HH05rek verursachte in der Lunge von infizierten C57BL/6J Mäusen, im Vergleich zu den Kontrollschnitten (Abb. 17A) eine Infiltration des Lungengewebes mit einigen vrna-positiven Zellen (Abb. 17B). Auch HH15rek-infizierte Lungen wiesen Infiltrate und vrna-positive Zellen auf, die Alveolarstruktur war jedoch zu einem höheren Grad zerstört als nach HH05rek-Infektion (Abb. 17C). Infektion der C57BL/6J Mäuse mit den Einzelgenreassortanten HH05-HA HH15 und HH05-NP HH15 hatte eine hochgradig zerstörte Alveolarstruktur in den Lungen zur Folge (Abb. 17D,E), vergleichbar mit HH15rek-infizierten C57BL/6J Mäusen. Hierbei wurde, im Vergleich zu HH05rek, eine größere Anzahl vrnapositiver Zellen detektiert. Die Punktmutante HH05-NP V100I führte zu einer Gewebeinfiltration, 87

95 Ergebnisse die vergleichbar zu der einer HH05rek-Infektion war, jedoch wurde hier eine größere Anzahl vrna-positiver Zellen detektiert. Die beiden Punktmutanten HH05-NP I133L und HH05-NP I373T führten in der C57BL/6J Maus zu zahlreichen mononukleären Infiltraten, einhergehend mit zerstörten Alveolarstrukturen, vergleichbar zur HH15rek-Infektion. Die vrna dieser beiden Punktmutanten wurde jedoch nur zu einer geringen Menge detektiert. Abb. 17: In situ-hybridisierung viraler RNA in Lungenschnitten von 2009 ph1n1rek-infizierten C57BL/6J Mäusen. C57BL/6J Mäuse wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. der rekombinanten 2009 ph1n1 Virusisolate (HH05rek & HH15rek) (B,C), der Einzelgenreassortanten mit HH15-spezifischem HA und NP im genetischen Hintergrund von HH05 (HH05-HA HH15 & HH05-NP HH15 ) (D,E) und HH15-spezifischen Punktmutanten des NP (HH05-NP V100I, HH05-NP I133L, HH05-NP I373T ) (F,G,H) infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht (A). An Tag sechs nach Infektion wurden jeweils drei Tiere getötet und die Lungen entnommen (3.4.3). Die RNA des viralen NP-Proteins von 2009 ph1n1 wurde mittels einer radioaktiv markierten in situ-sonde detektiert (3.5.3). Anschließend wurde eine H&E-Gegenfärbung der Schnitte durchgeführt (3.5.4). Virus RNA-positive Zellen haben eine schwarze Färbung. Die lichtmikroskopischen Bilder wurden in einer 100facher-Vergrößerung aufgenommen. Die erhöhte Pathogenität der verschiedenen 2009 ph1n1rek Influenzaviren korreliert demnach mit einer unterschiedlich hohen Viruslast und einer unterschiedlich starken Entzündungsreaktion in der Lunge von C57BL/6J Mäusen. Während vor allem bei HH05-NP HH15 und HH05-NP V100I eine erhöhte Virusreplikation eine Rolle spielt, führt eine Infektion mit HH05-HA HH15, HH05-NP I133L und HH05-NP I373T zu einer starken Infiltration mit hochgradiger Zerstörung der Alveolarstruktur. Diese deutet auf unterschiedliche virale 88

96 Ergebnisse Mechanismen der einzelnen HH15-spezifischen Mutationen hin, die zu einer erhöhten Pathogenität führen Lymphozytenwerte nach Infektion mit 2009 ph1n1rek Influenzaviren in C57BL/6J Mäusen Unter konnte gezeigt werden, dass die Virulenz von Influenzaviren in Mäusen mit einer Lymphozytendepletion korreliert. Daher sollte analysiert werden, ob die Mutationen, die zur erhöhten Pathogenität von HH15 im C57BL/6J Mausmodell beitragen, auch zu einer Lymphopenie führen ( ). Dafür wurden die Lymphozytenwerte im Blut von HH05rekund HH15rek-, HH05-HA HH15 - und HH05-NP HH15 - sowie HH05-NP V100I -, HH05-NP I133L -, HH05-NP I373T -infizierten C57BL/6J Mäusen bestimmt (Abb. 18). Um auch geringe Unterschiede zwischen den verschiedenen 2009 ph1n1rek Influenzaviren detektieren zu können, wurden die C57BL/6J Mäuse mit einer niedrigeren Dosis als für die Blutbild-Analyse der klinischen 2009 ph1n1 Virusisolate, unter 4.4.4, infiziert. Abb. 18: Lymphozytenwerte im Blut von 2009 ph1n1rek-infizierten C57BL/6J Mäusen. C57BL/6J Mäuse wurden intranasal mit 10 4 p.f.u. der rekombinanten 2009 ph1n1 Virusisolate (HH05rek & HH15rek), der Einzelgenreassortanten mit HA und NP von HH15 im genetischen Hintergrund von HH05 (HH05-HA HH15 & HH05- NP HH15 ) und den HH15-spezifischen Punktmutanten von NP (HH05-NP V100I, HH05-NP I133L, HH05-NP I373T ) infiziert. Kontrolltiere bekamen ausschließlich PBS verabreicht. An Tag drei nach Infektion wurden Blutproben entnommen und die Lmphozytenwerte von mindestens vier Tieren mittels eines Hämatologiegerätes bestimmt (3.4.5). Die Werte der nicht-infizierten Kontrolltiere wurden auf 100 % gesetzt. HH05rek infizierte Tiere dienten als Referenz, wobei die statistische Relevanz durch einen Sudent s-t-test ermittelt wurde (* entspricht p 0,05; *** entspricht p 0,001). Im Vergleich zu den nicht-infizierten Kontrolltieren waren die Lymphozyten im Blut aller infizierten C57BL/6J Mäuse bereits 3 d p.i. um mindestens 50 % erniedrigt (Abb. 18). Die Lymphozytenwerte in HH15rek-infizierten Tieren waren nochmals signifikant geringer, bei ca. 25 % des Normalwertes, als in HH05rek-infizierten C57BL/6J Mäusen (Abb. 18). Die Einzelgenreassortanten HH05-HA HH15 und HH05-NP HH15 verursachten eine Lymphozytendepletion vergleichbar zu HH05rek (Abb. 18). Eine Infektion mit HH05-NP V100I und HH05-NP I133L hatte hingegen eine vergleichbar starke Lymphopenie, wie nach HH15wt- 89

97 Ergebnisse Infektion, zur Folge (Abb. 18). HH05-NP I373T -infizierte C57BL/6J Mäuse wiesen ebenfalls eine, im Vergleich zu HH05rek, stärkere Lymphozytendepletion auf, jedoch geringer als die zwei Punktmutanten HH05-NP V100I und HH05-NP I133L. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass alle hier untersuchten 2009 ph1n1rek Influenzaviren 3 d p.i. zu einer Lymphozytendepletion in C57BL/6J Mäusen führen. Den höchsten Grad einer Lymphopenie wird von den höher pathogenen HH15rek Influenzaviren sowie den NP-Punktmutanten ausgelöst. Demnach kann die Hypothese aufgestellt werden, dass die HH15-spezifischen Punktmutationen im NP Protein für einen höheren Grad einer Lymphopenie verantwortlich sind und so zur Letalität im C57BL/6J Mausmodell beitragen. 4.6 Analyse der Mutationen im Hämagglutinin und Nukleoprotein Die Charakterisierung der Reassortanten unter zeigte, dass neben einer Mutation im Hämagglutinin (HA) drei verschiedene Aminosäureaustausche im Nukleoprotein (NP) maßgeblich an der differenziellen Pathogenität von HH05 und HH15 im C57BL/6J Mausmodell beteiligt sind. Abb. 19: Strukturelle Lokalisierung der HH15 (ph1n1)-spezifischen HA Mutation. Die Position der S202T- Mutation ist in rot in der Tertiärstruktur eines H1 HA Proteins markiert (nach Zhang et al., 2010, mittels PyMOL 3D-Grafiksoftware, Schödinger LCC). Die Antigenbindungsstellen sowie die Rezeptorbindungsstelle sind in der globulären Kopfdomäne mit schwarzen Kreisen gekennzeichnet (nach Bouvier und Palese, 2008). Die funktionellen Domänen HA1 und HA2 sowie die Position der Rezeptorbindungsstellen (RBS) werden ebenfalls in der ungefalteten Proteinstruktur gezeigt (nach Sriwilaijaroen und Suzuki, 2012). 90

98 Ergebnisse In der Tertiärstruktur des ungespaltenen HA befindet sich die S202T-Mutation in der globulären Kopfdomäne des Proteins (Abb. 19). Diese beinhaltet die Rezeptorbindungstasche und alle für H1 beschriebenen Antigenbindungsstellen (Bouvier und Palese, 2008). Die Mutation von HH15 ist in einer der Antigenbindungsstellen lokalisiert (Abb. 19). Eine strukturelle oder eine Ladungs-Änderung dieser Stellen durch eine Mutation kann Einfluss auf die Erkennung von Antikörpern in einem infizierten Wirt haben. Die Aminosäure Threonin ist polar und ungeladen ebenso wie Serin. Es könnte jedoch eine sterische Änderung im Protein bei diesem Aminosäureaustausch auftreten. In der Tertiärstruktur von HA ist keine räumliche Assoziation der Mutation mit der Rezeptorbindetasche erkennbar. Im ungefalteten Protein ist jedoch zu sehen, dass die Position 202 zwischen zwei Rezeptorbindestellen lokalisiert ist (Abb. 19). Diese Mutation könnte demnach dennoch die Rezeptorbindeeigenschaft von 2009 ph1n1 Influenzaviren beeinflussen. Abb. 20: Strukturelle Lokalisierung der HH15 (ph1n1)-spezifischen NP Mutationen V100I, I133L und I373T. Die Positionen der NP Mutation V100I, I133L und I373T sind in rot in der Tertiärstruktur eines Influenzavirus NP- Proteins markiert (nach Ye et al., 2006, mittels PyMOL 3D-Grafiksoftware, Schödinger LCC). Die Mutationen sind alle innerhalb der Körperdomäne lokalisiert (nach Boulo et al., 2011). Die funktionellen Domänen der RNA- Bindung und einer PB2-Interaktion des Proteins, sowie die Position der Kernlokalisationssignale (NLS) werden ebenfalls in der ungefalteten Proteinstruktur gezeigt (nach Naffakh et al., 2008). 91

99 Ergebnisse Die Mutationen V100I, I133L und I373T im NP Protein des 2009 ph1n1 Virusisolats HH15 sind alle in Regionen lokalisiert die mit dem viralen PB2 interagieren (Abb. 20). Daher könnten Mutationen an diesen Stellen einen Einfluss auf die Funktion der Polymerase der 2009 ph1n1 Influenzaviren haben. Darüber hinaus ist die Sequenz des viralen NP bei Influenzaviren hochkonserviert und spielt eine entscheidende Rolle in der Immunerkennung durch T-Zellen (Webster et al., 1992). Die HH15-spezifische I373T Mutation liegt in einem Bereich in dem schon mehrfach die Bindung von verschiedenen HL-Antigenen beschrieben wurde (Immue Epitope Database, Vor allem diese Mutation könnte daher zu einer Restriktion der adaptiven Immunantwort in infizierten Wirten führen. Zudem liegen die Mutationen alle auf der Oberfläche des Proteins. Eine durch diese Mutationen ausgelöste Veränderung in der Tertiärstruktur des Proteins könnte daher eine direkte Auswirkung auf die Interaktion mit viralen Proteinen, der RNA-Bindung oder Wirtsfaktoren haben Rezeptorbindungseigenschaften der 2009 ph1n1 Influenzaviren Aviäre Influenzaviren binden präferenziell an α2,3-glykosidisch gebundene Sialinsäuren, die zu einem größeren Anteil auf der Oberfläche von Hühnererythrozyten vorkommen. Humane Influenzaviren hingegen binden in erster Linie α2,6-glykosidisch gebundene Sialinsäuren (Ito et al., 1997; Nobusawa et al., 2000). Es wurde bereits in der Literatur beschrieben, dass die 2009 ph1n1 Influenzaviren beide Rezeptoren binden können, allerdings mit einer Präferenz für α2,6-gebundene Sialinsäuren (Yang et al., 2010; Childs et al., 2009). Um einen möglichen Einfluss der HA-Mutation S202T auf die Rezeptorbindungseigenschaft zu untersuchen, wurde die Bindungspräferenz des HA-Proteins der rekombinanten und parentalen 2009 ph1n1 Influenzaviren mittels Hämagglutinationstests mit humanen und Hühnererythrozyten untersucht (3.3.4; Abb. 21). Zur Kontrolle wurde das aviäre SC35M (H7N7) und das humane A/Solomon Islands/3/06-like (Solomon) (H1N1) ebenfalls mit Erythrozyten beider Spezies inkubiert (Abb. 21). Die 2009 ph1n1rek Influenzaviren sowie die parentalen 2009 ph1n1 Virusisolate (HH05wt, HH15wt) hämagglutinierten stärker mit humanen Erythrozyten als mit Hühnererythrozyten (Abb. 21A,B). Ein signifikanter Unterschied zwischen HH05 und HH15 konnte nicht festgestellt werden. Die Hämagglutination durch die Einzelgenreassortante HH05-HA HH15 mit der HH15-spezifischen HA-Mutation war ebenfalls stärker mit humanen als mit Hühnererythrozyten (Abb. 21A,B). Das aviäre Virus SC35M hämagglutinierte wie erwartet die Hühnererythrozyten zu höheren Hämagglutinationseinheiten (HAU) als die humanen Erythrozyten (Abb. 21A,B), was besonders in der prozentualen Darstellung sichtbar wird (Abb. 21A). Im Gegensatz dazu hämagglutinierte das humane Solomon Virus 92

100 Ergebnisse erwartungsgemäß die humanen Erythrozyten stärker als die Hühnererythrozyten (Abb. 21A,B). Abb. 21: Hämagglutination von humanen und Hühnererythrozyten durch rekombinante und parentale 2009 ph1n1 Influenzaviren. Das klinische Virusisolat und das rekombinante Virus von HH05 und HH15, sowie die HA-Reassortante HH05-HA HH15 wurden in einem Hämagglutinationstest (3.3.4) mit humanen (weiße Balken) oder Hühnernerythrozyten (schwarze Balken) inkubiert. Zur Kontrolle wurde das aviäre SC35M (H7N7) und das humane A/Solomon Islands/3/06-like (Solomon) (H1N1) verwendet. Die Hämagglutinationseinheiten (HAU) mit Standardabweichung aus zwei unabhängigen Tests wurden zum einen in Prozent angegeben, wobei der mittlere Wert für humane Erythrozyten auf 100 % gesetzt wurde (A). Zum anderen wurden die absoluten HAU-Titer angegeben (B). Eine statistische Relevanz wurde durch einen Sudent s-t-test überprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass die 2009 ph1n1 Influenzaviren generell humane Erythrozyten stärker binden als Hühnererythrozyten. Dies spricht für eine stärkere Bindungspräferenz von humanen Virusrezeptoren. Unterschiede in der Bindungspräferenz von HH05 und HH15 sind nicht festzustellen Polymeraseaktivität der RNP-Komplexe der 2009 ph1n1 Influenzaviren in humanen Zellen Das NP-Protein von Influenzaviren enkapsidiert im Ribonukleoprotein (RNP)-Komplex die virale RNA und trägt maßgeblich zu dessen Replikation bei (Portela und Digard, 2002). 93

101 Ergebnisse Dementsprechend können Mutationen im NP die Prozessivität des ganzen RNP-Komplexes beeinflussen. Es wurde zusätzlich gezeigt, dass Mutationen in der Polymerase und dem NP von aviären Influenzaviren die Adaptation an den Säuger vermitteln können (Gabriel et al., 2005; Resa-Infante und Gabriel, 2013). Um einen möglichen Einfluss der Mutationen V100I, I133L und I373T im NP-Protein von HH15 auf die Polymeraseaktivität zu untersuchen, wurden Reporterassays (3.1.9) mit unterschiedlicher Kombination der RNP-Untereinheiten durchgeführt (Abb. 22). Dafür wurden die jeweiligen Polymeraseuntereinheiten (PB1, PB2, PA) und das Nukleoprotein (NP) in Expressionsvektoren in HEK293T-Zellen transfiziert. In diesen Zellen wurden die viralen RNP-Komplexe rekonstruiert und deren replikative Aktivität mittels eines Reportergens gemessen. Abb. 22: Polymeraseaktivität der RNP-Komplexe von HH05, HH15 und deren Kombination in humanen Zellen. Die relative Aktivität des viralen Ribonukleoprotein (RNP)-Komplexes wurde mit Hilfe eines Reporterassays ermittelt (3.1.9). Expressionsplasmide mit den jeweiligen Polymeraseuntereinheiten (PB1, PB2, PA) und dem Nukleoprotein (NP) wurden zusammen mit dem humanen Reportergenplasmid ppol-i, wie in der Tabelle angegeben, in humane HEK293T-Zellen transfiziert. Die Polymeraseaktivität ist in Prozent mit der jeweiligen Standardabweichung aus mindestens sechs unabhängigen Experimenten gezeigt, wobei die Aktivität des vollständigen RNP-Komplexes von HH05 auf 100 % gesetzt wurde. Als Negativkontrolle wurden Plasmide des RNP-Komplexes ohne PB2-Untereinheit verwendet. Die statistische Relevanz wurde durch einen Sudent s-t- Test ermittelt (*** entspricht p 0,001). Die Polymeraseaktivität des RNP-Komplexes von HH15 (Abb. 22, 3. Balken) war im Vergleich zur Negativkontrolle (Abb. 22, 1. Balken) nur schwach zu detektieren und signifikant niedriger als die des vollständigen HH05-RNP-Komplexes (Abb. 22, 2. Balken). Durch das Einbringen des PB2 von HH15 in den Hintergrund des HH05 RNP-Komplex wurde die Polymeraseaktivität ebenfalls signifikant reduziert (Abb. 22, 4. Balken). Die prozentualen Werte der Aktivität waren vergleichbar mit denen des HH15-RNP-Komplexes. Wurden die viralen Proteine PA oder NP von HH05 gegen die von HH15 ausgetauscht, unterschied sich die Aktivität der Polymerase nicht signifikant von der des HH05-RNP- 94

102 Ergebnisse Komplexes. Ein Austausch der Polymereaseuntereinheit PB1 wurde nicht untersucht, da in diesem Protein keine Aminosäureunterschiede zwischen HH05 und HH15 vorliegen (Tab. 3). Aus diesen Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass der Polymerasekomplex von HH15 in humanen Zellen generell eine niedrige Aktivität aufweist, welche von der PB2-Untereinheit vermittelt wird. Die Mutationen im NP, die zur erhöhten Pathogenität von HH15 im C57BL/6J- Modell beitragen, haben keine Änderung der Polymeraseaktivität im Vergleich zum HH05- RNP-Komplex zur Folge. Demzufolge ist die erhöhte Pathogenität von HH15 sowie die erhöhte Viruslast in C57BL/6J Mäusen, wie unter und gezeigt, nicht auf eine erhöhte Aktivität der viralen Polymerase zurückzuführen. 4.7 Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Meerschweinchenmodell Charakteristikum einer Pandemie ist eine effiziente Mensch zu Mensch Transmission, wie sie auch für die 2009 pandemische H1N1 Influenza beobachtet wurde (Neumann et al., 2009). Mäuse eignen sich als kleines Säugermodell zwar gut für die Charakterisierung der Pathogenität und des Tropismus von Influenzaviren, lassen jedoch keinen Rückschluss auf die Übertragbarkeit im Säuger zu (Bouvier und Lowen, 2010). Hierfür wurde das Meerschweinchen als Transmissionsmodell beschrieben (Lowen et al., 2006). Es sind zwar keinerlei klinische Symptome einer Influenzaerkrankung im Meerschweinchen nachzuweisen, jedoch können humane Influenzaviren aufgrund der Rezeptorverteilung im Respirationstrakt der Tiere effizient replizieren. Eine Übertragung der Viren von infizierten zu nicht-infizierten Sentineltieren über direkten Kontakt konnte daher mehrfach gezeigt werden (Lowen et al., 2006; Bouvier und Lowen, 2010). Darüber hinaus wurde für einige Influenzavirusisolate ebenfalls eine Transmission über Aerosole, ohne direkten Kontakt der Tiere, nachgewiesen (Lowen et al., 2006; Gao et al., 2009; Mubareka et al., 2009; Sun et al., 2010). Im Folgenden sollte zunächst die Replikationseigenschaft sowie der Tropismus der hier charakterisierten 2009 ph1n1 Isolate im Respirationstrakt von Meerschweinchen analysiert (4.7.1) werden. Für die Analyse der Transmissionseigenschaften dieser Viren wurde zum einen die Übertragung über direkten Kontakt von Tieren untersucht, zum anderen die Übertragung über Aerosole, indem nicht-infizierte Tiere der Umgebungsluft von infizierten Tieren ausgesetzt wurden (4.7.2) Virustropismus der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Respirationstrakt von Meerschweinchen Im oberen Respirationstrakt (ORT) von Meerschweinchen liegen α-2,6-glykosidisch gebundene Sialinsäuren auf der Oberfläche von Epithelzellen vor (Sun et al., 2010). Diese 95

103 Ergebnisse werden von humanen Influenzaviren als Rezeptor gebunden und ermöglichen die Infektion dieser Zellen. In dieser Arbeit wurde die Replikation und der Virustropismus der 2009 ph1n1 Influenzaisolate im Respirationstrakt von Meerschweinchen untersucht (Abb. 24). Dafür wurden Tiere des Hartley Meerschweinchenstamms intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 bzw. des HH15 Isolats infiziert (3.4.2). Zur Bestimmung der Virustiter im ORT wurden 1, 3, 6 und 9 d p.i. Nasenspülungen der Tiere durchgeführt und anschließend der Virustiter bestimmt (3.4.2; 3.4.3; 3.3.6). Für eine Analyse des unteren Respirationstraktes (URT) wurden die Trachea und die Lunge der Tiere jeweils 3 und 6 d p.i. entnommen und anschließend die Virustiter bestimmt sowie histologische Schnitte angefertigt (3.4.3; 3.5.1). Während des Versuchs über einen Zeitraum von 14 Tagen wurden die Meerschweinchen zur Kontrolle regelmäßig gewogen. Wie erwartet zeigten die Tiere keinerlei Gewichtsverlust oder weitere klinische Symptome (Abb. 23). Abb. 23: Gewichtsverlust von HH05 (ph1n1)- oder HH15 (ph1n1)-infizierten Meerschweinchen. Hartley Meerschweinchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) oder des HH15 (ph1n1) Influenzavirus infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. Das Gewicht aller Tiere wurde über 14 Tage nach Infektion (1-14 d p.i.) dokumentiert und ist hier mit entsprechender Standardabweichung in Prozent zum jeweiligen Ausgangsgewicht angegeben. Bereits 1 d p.i. waren im ORT von Meerschweinchen, infiziert mit HH05 oder HH15, vergleichbar hohe Virustiter von durchschnittlich 6 log p.f.u./ml nachzuweisen (Abb. 24A). 3 d p.i. sanken die Titer von beiden 2009 ph1n1 Viren im ORT bereits wieder um ein Drittel (Abb. 24A). Das HH05 Isolat wurde nur noch in zwei von zehn Meerschweinchen zu geringen Titern detektiert. In der Nasenspülung HH15-infizierter Tiere hingegen war 6 d p.i. kein Virustiter mehr nachzuweisen (Abb. 24A). An 9 d p.i. wurde in allen infizierten Meerschweinchen kein Virus mehr detektiert (Abb. 24A). Im URT von HH05-infizierten Meerschweinchen konnte weder 3 d p.i. noch 6 d p.i. Virus in den Trachea- und Lungenhomogenaten nachgewiesen werden (Abb. 24B,C). In HH15- infizierten Tieren hingegen wurde 3 d p.i. in der Trachea von drei aus vier Tieren Virus 96

104 Ergebnisse detektiert. Hierbei wurde eine im Vergleich zum ORT niedrigere Viruslast von 1,3-2,8 log p.f.u. pro Gramm Organ gemessen (Abb. 24B). Auch in den Lungen der HH15- infizierten Meerschweinchen wurde 3 d p.i. in zwei von vier Tieren das HH15 Virus zu geringen Titern detektiert (Abb. 24C). Keines der beiden 2009 ph1n1 Influenzaviren wurde 6 d p.i. im URT von infizierten Meerschweinchen detektiert (Abb. 24B,C). Abb. 24: Virustiter in der Nasenspülung der Trachea und der Lunge von HH05 (ph1n1)- und HH15 (ph1n1)-infizierten Meerschweinchen. Hartley Meerschweinchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) oder des HH15 (ph1n1) Influenzavirus infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. An Tag eins, drei, sechs und neun nach Infektion (1,3,6,9 d p.i.) wurden mit mindestens acht Tieren eine Nasenspülung durchgeführt (3.4.3). An Tag drei und sechs nach Infektion (3 und 6 d p.i.) wurden von mindestens zwei Tieren die Lunge und die Trachea entnommen (3.4.3). Die Virustiter wurden mittels Plaquetest (3.3.6) in der Nasenspülung und den Organhomogenaten bestimmt. (ORT = oberer Respirationstrakt; URT = unterer Respirationstrakt). Die Detektionsgrenze für die Virustiter lag bei 0,5 log p.f.u./ml Nasenspülung bzw. Organhomogenat. Eine statistische Relevanz wurde durch einen Sudent s-t-test überprüft. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass beide 2009 ph1n1 Viren mit vergleichbarer Effizienz im ORT von Meerschweinchen replizieren. Eine Eliminierung der Viren aus dem ORT findet etwa sechs Tage nach Infektion statt. Im URT hingegen scheint im Gegensatz zu 97

105 Ergebnisse HH05 das HH15 Influenzavirus sowohl in der Trachea wie auch in der Lunge infizierter Tiere replizieren zu können. Diese Daten weisen darauf hin, dass HH15 im Vergleich zu HH05 effizienter im URT von Meerschweinchen repliziert. Aufgrund der beobachteten Replikationsunterschiede von HH05 und HH15 im URT von Meerschweinchen (Abb. 24) wurde im Vergleich die Histologie von Trachea und Lunge der infizierten Tiere untersucht. Dabei sollte der Virustropismus der 2009 ph1n1 Isolate auf RNA-Ebene mittels in situ-hybridisierung und die pathologischen Folgen einer 2009 ph1n1- Infektion in diesen Organen genauer untersucht werden. Für einen ersten Vergleich der Pathologie der ganzen Lungen wurden diese direkt nach der Entnahme 3 d p.i. fotografiert. In Abb. 25 war ein deutlicher Unterschied von Lungen nichtinfizierter und 2009 ph1n1-infizierter Meerschweinchen zu sehen, wobei große Bereiche der Lunge HH05- sowie HH15-infizierter Meerschweinchen Hämorrhagien aufwiesen. Abb. 25: Pathologie der Lunge von HH05 (ph1n1)- und HH15 (ph1n1)-infizierten Meerschweinchen. Hartley Meerschweinchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) oder des HH15 (ph1n1) Influenzavirus infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. An Tag drei nach Infektion wurde von jeweils drei Tieren die Lunge entnommen (3.4.3). Die Bilder wurden mit einer digitalen Kompaktkamera aufgenommen. In der Trachea konnten weder in HH05- noch in HH15-infizierten Meerschweinchen virale RNA (vrna) nachgewiesen werden (Abb. 26). Auch waren hier keine pathologischen Veränderungen im Vergleich zu nicht-infiziertern Tieren zu erkennen. Im Gegensatz dazu konnte die vrna beider 2009 ph1n1 Influenzaisolate in den Lungen infizierter Meerschweinchen detektiert werden. Das Lungengewebe der HH05-infizierten Meerschweinchen wies einzelne vrna-positive Zellen auf mit einem geringen Grad an alveolaren Infiltraten (Abb. 26). In den Lungen von HH15-infizierten Meerschweinchen wurden hingegen zahlreiche vrna-positive Alveolarzellen, mit zahlreichen mononukleären Infiltraten, einhergehend mit zerstörten Alveolarstrukturen, detektiert (Abb. 26). 98

106 Ergebnisse Abb. 26: In situ-hybridisierung viraler RNA in Trachea und Lunge von HH05 (ph1n1)- und HH15 (ph1n1)- infizierten Meerschweinchen. Hartley Meerschweinchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) oder des HH15 (ph1n1) Influenzavirus infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. An Tag drei nach Infektion wurden von jeweils drei Tieren die Lunge und die Trachea entnommen (3.4.3). Die RNA des viralen NP-Proteins von 2009 ph1n1 wurden mittels einer radioaktiv markierten in situ-sonde auf den Gewebeschnitten detektiert (3.5.3) Anschließend wurde eine H&E-Gegenfärbung der Schnitte durchgeführt (3.5.4). Influenza RNA-positive Zellen haben eine schwarze Färbung, einige sind repräsentativ mit einem Pfeil markiert ( ). Die lichtmikroskopischen Bilder wurden in einer 100fach-Vergrößerung aufgenommen. (URT = unterer Respirationstrakt). Die Virustiter-Bestimmung mittels Plaquetest zeigte, dass im ORT von Meerschweinchen beide 2009 ph1n1 Influenzaviren effizient replizieren können im URT hingegen nur das HH15 Virusisolat. Virale RNA des HH15 Virus konnte mittels in situ-hybridisierung jedoch nicht detektiert werden. Dies lässt darauf schließen, dass zwar infektiöse Viruspartikel in der Trachea infizierter Tiere vorkommen, das HH15 Virus jedoch nicht aktiv in den Zellen der Trachea repliziert. Dagegen konnte sowohl in den Lungen HH05- sowie HH15-infizierter Meerschweinchen vrna detektiert werden. Dies spricht für eine aktive Replikation beider 2009 ph1n1 Influenzaviren im Lungengewebe. Da jedoch die vrna des HH15 Virus in größeren Mengen detektiert wurde, bestätigt dies auch die Annahme, dass das HH15 Influenzavirusisolat, im Vergleich zu HH05, effizienter im URT von Meerschweinchen repliziert. Darüberhinaus scheint eine HH15-Infektion im Meerschweinchen eine stärkere Entzündungsreaktion in der Lunge zur Folge zu haben als eine HH05-Infektion Transmissionseigenschaften der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Meerschweinchen Meerschweinchen dienen als Modellsysteme zur Untersuchung der Transmissionseigenschaften von Influenzaviren beschrieben (Lowen et al., 2006). Dabei wird zwischen einer Kontakt- und einer Aerosol-Transmission unterschieden. Bei der Kontakt- 99

107 Ergebnisse Transmission wird die Übertragung von Viren durch einen direkten Kontakt von infizierten zu nicht-infizierten Tieren untersucht. Bei der Aerosol-Transmission hingegen findet eine Übertragung über die Luft durch Viruspartikel in größeren Respirationströpfchen (> 5 µm) oder in kleineren Aerosolen (< 5 µm) des infizierten Organismus statt (Cowling et al., 2013). In dieser Arbeit wurden die Transmissionseigenschaften der 2009 ph1n1 Influenzavirusisolate im Meerschweinchen charakterisiert. Zur Untersuchung der Kontakt- Transmission wurden HH05- bzw. HH15-infizierte Tiere insgesamt 14 Tage lang mit einem Sentineltier im gleichen Käfig gehalten. Für die Analyse einer möglichen Übertragung der Viren über die Luft wurden jeweils zwei Sentineltiere insgesamt 14 Tage lang in einem Käfig in 10 cm Entfernung im Luftstrom des Käfigs mit infizierten Tieren gehalten. Die genaue Größe der Flüssigkeitspartikel konnte dabei nicht bestimmt werden. Durch den Abstand der Käfige zueinander kann jedoch eine Übertragung von großen Respirationströpfchen eingegrenzt werden, da diese nicht über größere Strecken in der Luft verbleiben. Jeweils 1, 3, 6 und 9 d p.i. wurden die Virustiter in der Nasenspülung aller Versuchstiere bestimmt (3.3.6), da vorrangig Viruspartikel aus dem ORT für eine mögliche Transmission verantwortlich sind. 28 Tage nach Infektion wurden zusätzlich von allen Tieren Blutproben genommen und das Serum auf Antikörper gegen die 2009 ph1n1 Isolate untersucht (3.4.3; 3.3.5). So sollte festgestellt werden, welche der Sentineltiere durch den Kontakt zum Aerosol infizierter Tiere serokonvertieren. Die Virustiter im ORT der HH05- und HH15-infizierten Meerschweinchen für die Kontakt- Transmission entsprachen den bereits beobachteten Ergebnissen bei der Virustiter- Bestimmung unter Beide 2009 ph1n1 Influenzaviren wiesen 1 d p.i. Titer von durchschnittlich 6 log p.f.u./ml sowie 3 d p.i. Titer um 4 log p.f.u./ml auf (Abb. 27A,B). An Tag sechs wurde kein Virus mehr im ORT infizierter Tiere nachgewiesen (Abb. 27A,B). In den Sentineltieren konnte bereits einen Tag nach Kontakt mit infizierten Tieren ebenfalls Virus im oberen Respirationstrakt nachgewiesen werden (Abb. 27A,B). Die Titer waren allerdings durchschnittlich etwa 1-2 log p.f.u./ml niedriger als bei infizierten Tieren. Die höchsten Titer im ORT der Sentineltiere waren mit etwa 4 log p.f.u./ml drei Tage nach Kontakt zu 2009 ph1n1-infizierten Meerschweinchen festzustellen (Abb. 27A,B). Nach sechs Tagen sanken die Virustiter in der Nasenspülung der Sentineltiere ab und neun Tage nach Kontakt zu den HH05- und HH15-infizierten Meerschweinchen war kein Virus mehr nachzuweisen. Die Virustiter der Sentineltiere aus der Kontakt-Transmissionsstudie unterschieden sich nicht zwischen HH05 und HH15 (Abb. 27A,B). 100

108 Ergebnisse Abb. 27: Transmission von HH05 (ph1n1) und HH15 (ph1n1) im Meerschweinchen. Hartley Meerschweinchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) oder des HH15 (ph1n1) Influenzavirus infiziert. Sentineltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht (gestrichelte Linien). A) Zur Untersuchung der Kontakt-Transmission wurden jeweils eins von zwei infizierte Tieren mit einem von zwei nicht-infizierten Tieren über den Versuchsverlauf von 14 Tagen in einem Käfig gehalten (3.4.6.) B) Zur Untersuchung der Aerosol- Transmission wurden jeweils vier Tiere infiziert. Vier nicht infizerte Tiere wurden, während der Versuchsdauer von 14 Tagen in Käfigen in 10 cm Entfernung im Luftstrom der Käfige mit infizierten Tieren gehalten (3.4.6). An Tag eins, drei, sechs und neun nach Infektion (1,3,6,9 d p.i.) wurde mit mindestens zwei Tieren eine Nasenspülung durchgeführt (3.4.3). Die Virustiter wurden mittels Plaquetest in der Nasenspülung bestimmt (3.3.6). Die Detektionsgrenze für die Virustiter lag bei 1,5 log p.f.u./ml Nasenspülung. Im Aerosol-Transmissionsversuch waren die Virustiter in der Nasenspülung der HH05- oder HH15-infizierten Meerschweinchen ebenfalls vergleichbar mit denen vorheriger Infektionsversuche (Abb. 24; Abb. 27). Das HH05 Virus konnte auch im ORT von zwei aus vier Sentineltieren nachgewiesen werden. Bei einem Tier wurde 6 d p.i. ein Virustiter von 4,8 log p.f.u./ml, bei einem anderen Tier 9 d p.i. mit 2,7 log p.f.u./ml Virus in der Nasenspülung nachgewiesen (Abb. 27C). Im Gegensatz dazu wurde in Sentineltieren, die im 101

109 Ergebnisse Luftstrom von HH15-infizierten Meerschweinchen gehalten wurden, zu keinem der untersuchten Zeitpunkte Virus im ORT nachgewiesen (Abb. 27D). Im Serum der HH05- und HH05-infizierten Meerschweinchen konnten 28 Tage nach Infektion Antikörper gegen das jeweilige Influenzavirus nachgewiesen werden (Abb. 28). Drei von vier Sentineltiere, die im Luftstrom der HH05-infizierten Meerschweinchen gehalten wurden, waren 28 Tage nach Versuchsbeginn serokonvertiert. In den Sentineltieren des Aerosol-Transmissionsversuchs mit dem HH15 Virusisolat konnten hingegen keine virusspezifischen Antikörper detektiert werden (Abb. 28). Abb. 28: HAI-Titer im Serum von Meerschweinchen 28 Tage nach HH05 (ph1n1)- und HH15 (ph1n1)- Infektion, sowie im Serum von Sentineltieren des Aerosol-Transmissionsversuchs. Hartley Meerschweinchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) (A) oder des HH15 (ph1n1) (B) Influenzavirus infiziert. Zur Untersuchung der Aerosol-Transmission wurden jeweils vier Tiere infiziert. Vier nicht infizierte Tiere wurden in einem Käfig in 10 cm Entfernung im Luftstrom der Käfige mit infizierten Tieren gehalten (Abb. 27, 3.4.6). 28 Tage nach Infektion wurden von den infizierten (schwarze Balken) sowie von den Sentineltieren (weiße Balken) Blutproben entnommen und der HAI-Titer mittels Hämagglutinationsinhibitionstest mit Hühnererythrozyten im Duplett bestimmt (3.3.5: 3.4.3). Zur Kontrolle wurde jeweils das Serum zweier nicht infizerter Tiere verwendet und als Schwellenwert für den Graphen genommen. Die Ergebnisse der Transmissionsversuche lassen darauf schließen, dass die 2009 ph1n1 Influenzaviren in Meerschweinchen effizient über den direkten Kontakt von Tier zu Tier übertragen werden können. Eine Transmission dieser Influenzaviren über Aerosole hingegen konnte, im Gegensatz zu HH15, nur für das HH05 Virusisolat mit einer Effizienz von 75 % mittels Serokonversion gezeigt werden. Die Replikation des HH05 Virus nach Transmission ist in zwei von drei serokonvertierten Tieren zu detektieren. Die Tiere im Aerosol-Versuch wurden allerdings in Zweiergruppen gehalten, wodurch das zeitversetzte Auftreten der HH05-Virustiter in den Sentineltieren auf eine mögliche zusätzliche Kontakt-Transmission hindeuten könnte. Dies lässt dennoch auf eine hohe Transmissionseffizienz von HH05 über Aerosole schließen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass HH05 effizient, HH15 dagegen gar nicht, über ein Aerosolbildung infizierter Tiere im Meerschweinchen transmittieren kann. 102

110 Ergebnisse 4.8 Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Frettchenmodell Das Frettchen wird in der Influenzaforschung unter den kleinen Säugermodellen häufig als Goldstandard verwendet, da sowohl die Pathogenität als auch die Transmission von humanen Influenzaviren untersucht werden kann (1.3.3; Bouvier und Lowen, 2010). Im Gegensatz zu Meerschweinchen weisen Frettchen klinische Symptome auf, die denen einer Influenzaerkrankung im Menschen ähneln. Es können in infizierten Frettchen beispielsweise Fieber, Rhinitis oder Gewichtsverlust auftreten. Darüber hinaus ähnelt auch die Rezeptorverteilung im ORT von Frettchen der Rezeptorverteilung im ORT des Menschen. Es kommen dort überwiegend α-2,6-glykosidisch gebundene Sialinsäuren vor, welche von humanen Influenzaviren präferenziell als Rezeptor gebunden werden (Connor et al., 1994; Leigh et al., 1995). Im Meerschweinchen kommen hingegen humane sowie aviäre Rezeptoren im ORT vor (Sun et al., 2010; Gao et al., 2009). Humane Influenzaviren können demnach ohne vorherige Adaptation effizient im ORT von Frettchen replizieren und transmittieren von Tier zu Tier, sowohl über direkten Kontakt als auch über respiratorische Aerosole (Belser et al., 2011b). Für die weitere Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenzaviren wurden die Replikationseigenschaften, der Tropismus sowie die Transmission im Frettchen untersucht (4.8.1). Dabei sollte vor allem die Vergleichbarkeit zu Transmissionsstudien im Meerschweinchenmodell evaluiert werden (4.8.2) Virustropismus der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Respirationstrakt von Frettchen In dieser Arbeit wurde der Virustropismus der 2009 ph1n1 Virusisolate im gesamten Respirationstrakt untersucht (Abb. 31). Dafür wurden Frettchen intranasal mit 10 5 p.f.u. von HH05 oder HH15 infiziert (3.4.2). Zur Bestimmung der Virustiter im ORT wurde an verschiedenen Tagen nach Infektion (1-9 d p.i.) eine Nasenspülung aller Tiere durchgeführt (3.4.2; 3.4.3; 3.3.6). Im URT, der Trachea und der Lunge wurden die Virustiter nach Entnahme der Organe jeweils 3 d p.i. und 6 d p.i. bestimmt sowie histologische Schnitte angefertigt (3.4.3; 3.5.1). Während des Versuchs über den Zeitraum von 14 Tagen wurden die Versuchstiere zur Kontrolle täglich gewogen und die Körpertemperatur mittels eines, zuvor in der Zucht subkutan transplantierten, Identifikations-Chips überprüft. In keinem der 2009 ph1n1-infizierten Frettchen kam es im Versuchsverlauf zu einem signifikanten Gewichtsverlust (Abb. 29). Anzeichen einer Infektion zeigten die infizierten Frettchen mit vereinzelt beobachtetem Niesen ab dem dritten Tag und dem Auftreten von Nasensekret. Ein signifikanter Unterschied zwischen den HH05- und HH15-infizierten Tiergruppen sowie der Kontrollgruppe konnte jedoch nicht festgestellt werden. Eine erhöhte 103

111 Ergebnisse Körpertemperatur aufgrund der 2009 ph1n1-infektion wurde ebenfalls nicht beobachtet (Abb. 30). Daraus lässt sich schließen, dass aus klinischer Sicht eine Infektion mit HH05 oder HH15 zu einer milden Erkrankung führt. Abb. 29: Gewichtsverlust von HH05 (ph1n1)- oder HH15 (ph1n1)-infizierten Frettchen. Frettchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) oder des HH15 (ph1n1) Influenzavirus infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. Das Gewicht aller Tiere wurde über 14 Tage nach Infektion (1-14 d p.i.) dokumentiert und ist hier mit entsprechender Standardabweichung in Prozent zum jeweiligen Ausgangsgewicht angegeben. Abb. 30: Körpertemperatur von HH05 (ph1n1)- oder HH15 (ph1n1)-infizierten Frettchen. Frettchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) oder des HH15 (ph1n1) Influenzavirus infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. Die Körpertemperatur aller Tiere wurde über 14 Tage nach Infektion (1-14 d p.i.) jeweils morgens und abends dokumentiert. Die Mittelwerte sind hier mit entsprechender Standardabweichung angegeben. Die 2009 ph1n1 Isolate replizierten jedoch effizient im oberen Respirationstrakt der infizierten Frettchen. Einen Tag nach Infektion waren sowohl für HH05-infizierte als auch für HH15-infizierte Frettchen hohe Virustiter von durchschnittlich 7 log p.f.u./ml im ORT zu detektieren (Abb. 31A). Nach 3 d p.i. sanken die Titer beider Virusisolate in den Nasenspülungen um mehr als eine Log-Stufe (Abb. 31A). 6 d p.i. waren die Virustiter im 104

112 Ergebnisse ORT der HH15-infizierten Frettchen auf durchschnittlich 3,6 log p.f.u./ml gesunken. Das HH05 Virusisolat war hingegen nur noch zu signifikant niedrigeren Titern von durchschnittlich 1,8 log p.f.u./ml detektiert (Abb. 31A). Beide 2009 ph1n1 Virusisolate waren 9 d p.i. aus dem ORT der infizierten Frettchen eliminiert. Abb. 31: Virustiter in der Nasenspülung, der Trachea und der Lunge von HH05 (ph1n1)- oder HH15 (ph1n1)-infizierten Frettchen. Die Frettchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) oder des HH15 (ph1n1) Wildtypisolats infiziert. Kontrolltieren wurde ausschließlich PBS verabreicht. An Tag eins, drei, vier, fünf, sechs und neun nach Infektion (1,3,6,9 d p.i.) wurden eine Nasenspülung mit mindestens vier Tieren durchgeführt (3.4.3). An Tag drei und sechs nach Infektion (3 und 6 d p.i.) wurden die Lunge und die Trachea von jeweils drei Tieren entnommen (3.4.3). Die Virustiter wurden mittels Plaquetest (3.3.6) in der Nasenspülung und den Organhomogenaten bestimmt. (ORT = oberer Respirationstrakt; URT = unterer Respirationstrakt). Die Detektionsgrenze für die Virustiter lag bei 0,5 log p.f.u./ml Nasenspülung bzw. Organhomogenat. Eine statistische Relevanz wurde durch einen Sudent s-t-test ermittelt (* entspricht p 0,05). Im URT, der Trachea und der Lunge der 2009 ph1n1-infizierten Frettchen konnte nur 3 d p.i. Virus detektiert werden (Abb. 31B,C). In der Trachea replizierte HH05 durchschnittlich zu einem Titer von 5,4 log p.f.u./ml (Abb. 31B), wo hingegen das HH15 Virusisolat zu signifikant höheren Titern von durchschnittlich 6,0 log p.f.u./ml nachgewiesen wurde. In der Lunge replizierte das HH15 Virusisolat in zwei von drei Tieren mit 5,5 log p.f.u./ml und 105

113 Ergebnisse 5,7 log p.f.u./ml ebenfalls zu höheren Titern als HH05, welches durchschnittlich zu einem Tier von 4,1 log p.f.u./ml replizierte (Abb. 31C). Ein signifikanter Unterschied der Virustiter von HH15 im Vergleich zu HH05 ergab sich in der Lunge jedoch nicht. Diese Ergebnisse deuten auf eine effizientere Replikation von HH15 im Vergleich zu HH05, vor allem im ORT von Frettchen hin, wobei auch im URT tendeziell höhere Virustiter zu beobachten sind. Abb. 32: In situ-hybridisierung viraler RNA in Trachea und Lunge von HH05 (ph1n1)- und HH15 (ph1n1)infizierten Frettchen. Die Frettchen wurden intranasal mit 105 p.f.u. des HH05 (ph1n1) oder des HH15 (ph1n1) Influenzavirus infiziert. Kontrolltiere bekamen ausschließlich PBS verabreicht. An Tag drei nach Infektion wurden von jeweils drei Tieren die Lunge und die Trachea entnommen (3.4.3). Die RNA des viralen NP-Proteins von 2009 ph1n1 wurde mittels einer radioaktiv markierten in situ-sonde auf den Gewebeschnitten detektiert (3.5.3) Anschließend wurde eine H&E-Gegenfärbung der Schnitte durchgeführt (3.5.4). Influenza RNA-positive Zellen haben eine schwarze Färbung. Die lichtmikroskopischen Bilder wurden in einer 100fach-Vergrößerung aufgenommen. (ORT = oberer Respirationstrakt; URT = unterer Respirationstrakt). Für eine weitere Analyse der unterschiedlichen Virustiter im Respirationstrakt der 2009 ph1n1-infizierten Frettchen wurden Viruslast und -tropismus in den Nasennebenhöhlen, der Trachea und der Lunge auf RNA-Ebene mittels in situ-hybridisierung von histologischen Schnitten untersucht (3.5.3). 106

114 Ergebnisse Im ORT, in Gewebeschnitten der Nasennebenhöhlen, wurde 3 d p.i. sowohl in HH05- als auch in HH15-infizierten Frettchen zahlreiche vrna-positive Zellen nachgewiesen (Abb. 32B,C). Signifikante Unterschiede in der Viruslast zwischen den beiden 2009 ph1n1 Isolaten wurden nicht festgestellt. In der Trachea wurde die RNA des HH05 Virusisolats nur vereinzelt detektiert (Abb. 32E). Im Gegensatz dazu wurden vrna-positive Zellen in der Trachea von HH15-infizierten Frettchen mehrfach, zum Teil in Ansammlungen vorkommend, nachgewiesen (Abb. 32F). Im Lungengewebe von HH05-infizierten Frettchen wies nur eines von drei Tieren einen Bereich vrna-positiver Zellen in einem peribronchialen Bereich auf. In den anderen HH05-infizierten Tieren konnte keine vrna nachgewiesen werden (Abb. 32H). Pathologische Veränderungen waren hier, im Vergleich zu den Kontrolltieren, kaum festzustellen. In den Lungen von HH15-infizierten Frettchen wurden hingegen zahlreiche vrna-positive Zellen des Bronchialepithels sowie der Alveolen, einhergehend mit zerstörten Alveolarstrukturen, detektiert (Abb. 32I). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die 2009 ph1n1 Virusisolate einen milden Krankheitsverlauf im Frettchen zur Folge haben und sowohl im ORT wie auch im URT replizieren können. Dabei scheint das HH15 Virusisolat nach einer Infektion zu höheren Titern im ORT replizieren zu können als HH05. Darüber hinaus kann HH15, im Gegensatz zu HH05, effizienter in der Trachea replizieren. Dies spricht für einen Replikationsvorteil von HH15 gegenüber HH05 im ORT und URT von Frettchen Transmissionseigenschaften der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Frettchen Das Frettchenmodell ist nicht nur für eine Charakterisierung der Pathogenität von Influenzaviren geeignet sondern auch für die Untersuchung der Transmission (Belser et al., 2011b). Da im Meerschweinchenmodell unter Unterschiede zwischen beiden 2009 ph1n1 Virusisolaten in der Aerosol-Transmission gezeigt wurden, wurde für einen Vergleich die Übertragung von Frettchen zu Frettchen speziell mittels Aerosolbildung analysiert. Dabei wird in dieser Arbeit die Größe der Aerosole nicht definiert. Durch eine Entfernung von 10 cm der Sentineltiere zu den infizierten Tieren wird jedoch eine mögliche Transmission durch große Respirationströpfchen (> 5 µm) weitestgehend ausgeschlossen (Cowling et al., 2013). Nicht-infizierte Sentineltiere wurden einen Tag nach HH05- bzw. HH15-Infektion von Überträgertieren 14 Tage lang in 10 cm Entfernung im Luftstrom der infizierten Frettchen gehalten (3.4.6). An mehreren Tagen nach Infektion (1-14 d p.i.) wurden die Virustiter im ORT in Nasenspülungen von jeweils drei Tieren bestimmt (3.3.6). Im Anschluss an den Versuch wurde das Serum aller Frettchen auf Antikörper gegen die 2009 ph1n1 Isolate untersucht (3.3.5). Dabei sollte festgestellt werden, welche der Sentineltiere durch den Kontakt zum Aerosol der infizierten Tiere serokonvertiert sind. 107

115 Ergebnisse Abb. 33: Transmission von HH05 (ph1n1) und HH15 (ph1n1) im Frettchen. Die Frettchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) (A) oder des HH15 (ph1n1) (B) Wildtypisolats infiziert. Sentineltiere bekamen ausschließlich PBS verabreicht (gestrichelte Linien). Zur Untersuchung der Aerosol-Transmission wurden die Sentineltiere einen Tag nach Infektion für die Versuchsdauer von 14 Tagen in Käfigen in 10 cm Entfernung im Luftstrom der infizierten Tieren gehalten (3.4.6). An mehreren Tagen nach Infektion (1,3, 5, 6, 7, 8, 9 und 14 d p.i.) wurde mit jeweils drei Tieren eine Nasenspülung durchgeführt (3.4.3). Die Virustiter in der Nasenspülung wurden mittels Plaquetest bestimmt (3.3.6). Die Detektionsgrenze für die Virustiter lag bei 2 log p.f.u./ml Nasenspülung. Bei der Virustiter-Bestimmung im ORT der infizierten Tiere wurden beide 2009 ph1n1 Viren bereits 1 d p.i. zu hohen Titern gemessen (Abb. 33A,B), analog zu den unter infizierten Frettchen. 6 d p.i. waren HH05 sowie HH15 aus den ORT der infizierten Frettchen eliminiert. Das HH05 Influenzavirus wurde ebenfalls bei allen untersuchten Sentineltieren, über einen Verlauf von vier Tagen, im ORT detektiert (Abb. 33A). Dabei konnten die ersten Virustiter jeweils 5, 6 und 8 d p.i. mit den höchsten Titern von durchschnittlich 6,7 log p.f.u./ml nachgewiesen werden. Auch das HH15 Virusisolat wurde im ORT aller untersuchten Sentineltiere nachgewiesen (Abb. 33B). In zwei von drei Tieren war das HH15 Virusisolat bereits 3 d p.i. und über eine Dauer von fünf Tagen nachzuweisen, im dritten der untersuchten Sentineltiere war erstmals 5 d p.i. Virus zu detektieren mit einer anschließenden Dauer von vier Tagen. Dabei waren die maximalen Virustiter des HH15 Virusisolats in den Sentineltieren mit durchschnittlich 5,5 log p.f.u./ml eine Log-Stufe niedriger als die in den HH05-Sentineltieren (Abb. 33A,B). Im Anschluss an den Aerosol-Tranmissionsversuch konnten im Serum der HH05- und HH15 infizierten Frettchen erwartungsgemäß Antikörper gegen die 2009 ph1n1 Influenzaviren nachgewiesen werden (Abb. 34). Auch die Sentineltiere waren nach dem Kontakt zu möglichen Aerosolen der infizierten Tiere zu 100 % serokonvertiert. In allen Sentineltieren konnten Antikörper gegen 2009 Influenzaviren zu vergleichbar hohen Titern wie in experimentell infizierten Frettchen detektiert werden (Abb. 34). 108

116 Ergebnisse Abb. 34: HAI-Titer im Serum von Frettchen nach der Infektion mit HH05 (ph1n1) oder HH15 (ph1n1) sowie im Serum von Sentineltieren im Aerosol-Transmissionsversuch. Die Frettchen wurden intranasal mit 10 5 p.f.u. des HH05 (ph1n1) (A) oder des HH15 (ph1n1) (B) Influenzavirus infiziert. Zur Untersuchung der Aerosol-Transmission wurden jeweils drei Tiere infiziert. Nicht-infizierte Sentineltiere wurden in einem Käfig in 10 cm Entfernung im Luftstrom der infizierten Tieren gehalten (Abb. 10; 3.4.6). Nach 14 bzw. 21 Tagen wurden von den infizierten (schwarze Balken) bzw. von den Sentineltieren (weiße Balken) Blutproben entnommen und HAI-Titer mittels Hämagglutinationinhibitionstest mit Hühnererythrozyten bestimmt (3.3.5; 3.4.3). Zur Kontrolle wurden Blutproben vor Versuchsbeginn entnommen und als Schwellenwert für den jeweiligen Graphen genommen. Die Ergebnisse des Transmissionsversuches in Frettchen lassen auf eine zu 100 % effiziente Übertragung beider 2009 ph1n1 Virusisolate durch die Aerosole infizierter Tiere schließen. Dabei scheint das HH15 Virusisolat jedoch mindestens zwei Tage eher auf die Sentineltieren zu transmittieren als HH05. Da die Frettchen jeweils zu zweit in Käfigen gehalten wurden, kann jedoch vermutet werden, dass die Tiere mit zeitversetzten Virustitern des HH05 Virusisolats durch Kontakt-Transmission infiziert wurden. Darüber hinaus scheint HH15 nach einer Übertragung zu einer, nach initialer Detektion, länger andauernden Viruslast in den Sentineltieren zu führen. Demnach kann spekuliert werden, dass HH15 effizienter im Frettchen transmittiert als HH

117 Diskussion 5 Diskussion 5.1 Charakterisierung von 2009 ph1n1 Influenzaviren Die 2009 ph1n1 Influenza verdeutlichte erneut das wiederkehrende Potenzial von Influenzaviren, Pandemien auszulösen. Die hohe Mutationsrate von Influenzaviren und ihre Fähigkeit zu reassortieren, bergen die Gefahr der Interspeziestransmission und anschließende Anpassung an den neuen Wirt (Webster et al., 1992). Durch den Vergleich von aviären und humanen Influenzaviren konnten bereits genetische Determinanten identifiziert werden, die eine Anpassung an den Menschen mit erhöhter Pathogenität oder der Fähigkeit von Mensch zu Mensch zu transmittieren ermöglichen. Jene säugeradaptiven Determinanten, die vor allem in humanen HPAIV Isolaten identifiziert wurden, kamen jedoch nicht in den 2009 ph1n1 Influenzaviren vor (Neumann et al., 2009; Garten et al., 2009; Itoh et al., 2009). Die 2009 ph1n1 Influenzaviren besitzen Genomsegmente aviärer sowie porciner Influenzastämme. Demnach musste angenommen werden, dass bisher unbekannte Determinanten für die humane Adaptation und Pathogenität verantwortlich sein müssen. Die ersten sequenzierten 2009 ph1n1 Virusisolate aus Patienten zeigten, dass diese Viren noch viele typische aviäre Signaturen beinhalten (Garten et al., 2009; Dawood et al., 2009; Neumann et al., 2009; Chen und Shih, 2009). Daher wurde eine noch weitergehende Anpassung an den Menschen erwartet, bei der in den bereits zirkulierenden 2009 ph1n1 Influenzaviren Mutationen auftreten, die die Pathogenität erhöhen oder eine bereits vorhandene Immunität umgehen können. Um die 2009 ph1n1 Influenzaviren in dieser Arbeit zu charakterisieren, wurden Virusisolate von zwei Patienten miteinander sowie mit anderen bereits charakterisierten Influenzaviren anderer Stämme verglichen. Das erste Isolat HH05 wurde zwei Monate nach Ausbruch der Pandemie von einer Patientin entnommen, die aus Mexiko kam, wo die Pandemie höchstwahrscheinlich ihren Ursprung hatte (Fraser et al., 2009). Das zweite Isolat HH15 wurde über einen Monat später von einem Besucher aus New York isoliert. Die Patienten hatten beide einen milden Krankheitsverlauf, erhielten jedoch bereits wenige Tage nach Auftreten der Symptome eine antivirale Medikation mit Oseltamivir (4.1). Eine Spekulation über den Krankheitsverlauf der beiden Patienten ohne Behandlung ist daher nicht möglich, da die zeitnahe Behandlung mit Oseltamivir oder Zanamivir in vielen 2009 ph1n1-infizierten Patienten ohne zusätzliche Risikofaktoren oder Vorerkrankungen einen schnellen Genesungsprozess zeigte (Smith et al., 2010). Sequenzanalysen von HH05 und HH15 wiesen zwölf verschiedene Aminosäureaustausche zwischen beiden Isolaten auf (4.2). Der Genotyp des HH05 Virusisolats weist eine höhere 110

118 Diskussion Homologie zu den Sequenzen auf, welche sehr früh in der Pandemie isoliert und sequenziert wurden, wie z.b. das Referenzisolat A/California/04/2009 (Zhang und Chen, 2009). Vier von zwölf Mutationen im etwa einen Monat später isolierten HH15 (HA S202T, NA N248D, NP V100I, NS I123V) traten hingegen verstärkt ab Juni 2009 in 2009 ph1n1 Viren auf (Pan et al., 2010). Vor allem HA S202T, NP V100I sowie zwei weitere HH15-spezifische Mutationen im NP (I133L, I373T) sind noch heute vorrangig in den 2009 ph1n1 Influenzaviren enthalten ( sutils/blast_table.cgi?taxid= 11308&selectall). Dies deutet auf einen Selektionsvorteil gegenüber den vorherigen Aminosäureresubstitutionen hin, die in HH05 enthalten sind. Weitere Veröffentlichungen zeigten, dass diese sowie weitere HH15- spezifische Positionen (NA 106, NP 373, PB2 340, PA 581) als Marker für eine Aufteilung der 2009 ph1n1 Viren in monophyletische Gruppen dienten (Pan et al., 2010; Lee et al., 2010; Nelson et al., 2009; Fereidouni et al., 2009). Eine weitere Evaluation von zwei dieser Mutationen im HA, K340N und S202T, ergaben jedoch keinen signifikanten Zusammenhang zu schwerwiegenderen Krankheits- oder häufigeren Todesfällen (Lee et al., 2010; WHO, 2010; Ding et al., 2010). Diese Analysen basierten allerdings lediglich auf statistischen Berechnungen gemeldeter Fälle und nicht auf experimentellen Untersuchungen einzelner Mutationen wie in der vorliegenden Arbeit. Es wurde zunächst das Wachstumsverhalten der zwei klinischen Isolate (HH05 und HH15) auf humanen Lungenepithelzellen untersucht (4.3), wobei die Replikationseigenschaften der 2009 ph1n1 Viren denen von alt-saisonalen H1N1 Influenzaviren entsprachen, die 2006 zirkulierten. Das HH15 Virusisolat replizierte jedoch zu etwa einer Log-Stufe höheren Titern als HH05. Dies spricht dafür, dass HH15 durch Mutationen eine höhere Replikationseffizienz in humanen Zellen erworben haben könnte. Ob dieser Replikationsvorteil auch im Säugerorganismus zu beobachten ist und möglicherweise zu einer erhöhten Pathogenität oder Transmissibilität beiträgt, wurde weitergehend in dieser Arbeit untersucht. Eine vergleichbare Replikationseffizienz der 2009 ph1n1 zu alt-saisonalen Influenzaviren wurde bereits in der Literatur beschrieben (Itoh et al., 2009; Chan et al., 2010; Octaviani et al., 2011). In einer erst kürzlich veröffentlichten Studie replizierte ein 2009 ph1n1 Influenzavirus eines letalen Falls zu signifikant höheren Titern als das Virus eines milden Krankheitsfalls (Rodriguez et al., 2013). Eine Korrelation der in dieser Arbeit beschriebenen Replikationsunterschiede zum Krankheitsverlauf konnte aufgrund einer Medikation der Patienten, wie oben diskutiert, nicht untersucht werden. Insgesamt bieten die beiden in dieser Arbeit verwendeten klinischen 2009 ph1n1 Virusisolate zwei Modellsysteme, um Pathogenitätsdeterminanten der 2009 ph1n1 Influenzaviren zu identifizieren und charakterisieren: HH05 als frühes 2009 ph1n1 Isolat mit einer hohen Homologie zu den ersten identifizierten 2009 ph1n1 Influenzaviren und HH15 111

119 Diskussion mit genetischen Signaturen, die sich später in der Pandemie durchgesetzt haben und auf einen Selektionsvorteil hindeuten. Die Relevanz der genetischen Unterschiede im Phänotyp der beiden Isolate wird in dieser Arbeit eingehend evaluiert. 5.2 Unterschiedliche Pathogenitätsdeterminanten für 2009 ph1n1 und humane H5N1 Influenzaviren im Mausmodell Für eine Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenzaviren wurden in dieser Arbeit zwei klinische Virusisolate mit einem alt-saisonalen H1N1 aus 2006 sowie einem humanen HPAIV H5N1 von einem tödlichem Krankheitsverlauf (Puthavathana et al., 2005) in zwei verschiedenen Mäusestämmen (BALB/c und C57BL/6J) verglichen. Beide Mausmodelle werden häufig in der Influenzaforschung verwendet. Das alt-saisonale H1N1 Influenzavirus war, wie bereits in der Literatur beschrieben, niedrigpathogen mit einer Überlebensrate von 100 % in beiden Mäusestämmen (4.4.1; Tumpey et al., 2005; Glaser et al., 2007). Das humane H5N1 Isolat hingegen zeigte in beiden Mausmodellen eine hohe Pathogenität mit 100 % Letalität (4.4.1) trotz niedrigerer Infektionsdosis. Eine hohe Virulenz von humanen H5N1 Influenzaviren in BALB/c Mäusen wurde ebenfalls in früheren Publikationen gezeigt (Prabhu et al., 2009; Lu et al., 1999). Im Respirationstrakt von Mäusen herrschen in erster Linie Rezeptoren aviärer Influenzaviren vor. Demnach ist die Replikation aviärer Viren dort hocheffizient und führt zu einer hohen Virulenz (Ibricevic et al., 2006). Im Kontrast zu dem alt-saisonalen H1N1 und den humanen H5N1 Influenzaviren wiesen die zwei 2009 ph1n1 Viren eine differenzielle Pathogenität in den zwei Maustämmen auf (4.4.1). In BALB/c Mäusen waren die 2009 H1N1 Influenzaviren mit Überlebensraten von 100 % niedrigpathogen, vergleichbar zum alt-saisonalen H1N1 Virus. C57BL/6J Mäuse waren hingegen empfänglicher für die 2009 ph1n1 Influenzaviren. Im diesem Mausstamm führten beide Virusisolate zu einer erhöhten Pathogenität. HH05 führte zu einer Letalität von 34 %. HH15 war im Vergleich dazu 50-fach virulenter mit einer Letalität von 100 %. Demnach sind die 2009 ph1n1 Influenzaviren pathogen für C57BL/6J jedoch nicht für BALB/c Mäuse. Mäuse des BALB/c Stammes wurden bereits mehrfach für die Charakterisierung von ph1n1 Isolaten verwendet (Itoh et al., 2009; Maines et al., 2009; Belser et al., 2010). In den Veröffentlichungen dazu wird die 2009 ph1n1 Influenza überwiegend als niedrigpathogen für BALB/c Mäuse beschrieben, vergleichbar zu der von alt-saisonalen Influenzaviren. Eine erhöhte Pathogenität wurde nur in einzelnen Fällen mit höheren Infektionsdosen in BALB/c Mäusen beobachtet (Rodriguez et al., 2013). Dies korreliert mit der in dieser Arbeit beobachteten niedrigen Pathogenität der 2009 ph1n1 Isolate in BALB/c Mäusen (4.4). Das C57BL/6J Mausmodell wurde anfangs nur in einzelnen Fällen für die Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenza verwendet, wobei nur für ein Isolat eine erhöhte Pathogenität gezeigt 112

120 Diskussion wurde (Manicassamy et al., 2010). Um humane Influenzaviren im Mausmodell zu charakterisieren, werden diese aufgrund der meist niedrigen Pathogenität und Empfänglichkeit in der Maus meist durch serielle Passagen an den Wirt adaptiert (Hirst, 1947; Brown, 1990; Gabriel et al., 2005). Dabei akkumulieren adaptive Mutationen der Maus, die eine Untersuchung des ursprünglichen Genotyps erschweren. Die in der vorliegenden Arbeit beobachtete Empfänglichkeit und Pathogenität der beiden klinischen 2009 ph1n1 Influenzaviren in der C57BL/6J Maus ermöglicht eine weitergehende Charakterisierung dieser Viren ohne eine vorherige Adaptation zum Tiermodell. Die erhöhte Pathogenität der 2009 ph1n1 Influenzaviren im Vergleich zu alt-saisonalen, konnte auch in weiteren etablierten Pathogenitätsmodellen für Influenzaviren wie Frettchen, Schweinen und Makaken beobachtet werden (Itoh et al., 2009; Maines et al., 2009; Munster et al., 2009). Im Vergleich zu alt-saisonalen Influenzaviren korreliert die erhöhte Pathogenität der 2009 ph1n1 Viren in Säugermodellen, wie hier in C57BL/6J Mäusen, mit der höheren Mortalität und mitunter schweren Krankheitsverläufen der 2009 ph1n1 Influenza (1.2.2). Bereits bekannte virale Determinanten von HPAIV, die die Pathogenität und Empfänglichkeit von Influenzaviren für den Säuger beeinflussen, wie beispielsweise die PB2 Mutation E627K, sind nicht in den 2006 ph1n1 Isolaten präsent. Eine artifizielle Einführung dieser Marker in 2009 ph1n1 Influenzaviren führte zu keiner gesteigerten Pathogenität in BALB/c Mäusen (Garten et al., 2009; Itoh et al., 2009; Herfst et al., 2010). Da in dieser Arbeit jedoch gezeigt wurde, dass die 2009 ph1n1 Virusisolate nur in C57BL/6J und nicht in BALB/c Mäusen eine erhöhte Pathogenität und Virulenz aufweisen, kann davon ausgegangen werden, dass ein möglicher Einfluss dieser Pathogenitätsdeterminanten erst im C57BL/6J Modell sichtbar werden würde. Deshalb sollte eine artifizielle Einführung dieser bekannten Pathogenitätsdeterminanten sowie die Identifikation von neuen Determinanten zukünftig in den hier verwendeten C57BL/6J Mäusen untersucht werden. Nach einer Influenzavirusinfektion sind der Virustiter im primären Zielorgan der Lunge sowie deren Pathologie wichtige Hinweise auf die vom Virus dort verursachte Viruslast und Entzündungsreaktion. Die Virustiter sowie der Grad der Entzündungsreaktion in der Lunge von infizierten BALB/c Mäusen spiegelte sich in der niedrigen bzw. hohen Pathogenität von alt-saisonalen H1N1 bzw. humanen H5N1 Influenzaviren wider (4.4). Die im Vergleich zu altsaisonaler H1N1 Influenza höheren Virustiter und eine stärkere Entzündungsreaktion in der Lunge nach 2009 ph1n1-infektion korrelierte im BALB/c Mausmodell jedoch nicht mit der dort beobachteten niedrigen Pathogenität. Die Viruslast und der Entzündungsgrad der Lunge von infizierten C57BL/6J Mäusen korrelierten dagegen mit der Pathogenität und Virulenz von allen hier untersuchten Influenzaviren. Die niedrigsten Titer und der geringste Entzündungsgrad waren nach alt-saisonaler H1N1-Infektion zu beobachten und die höchsten 113

121 Diskussion Virustiter und die am stärksten beeinträchtigte Lungenpathologie nach H5N1-Infektion (4.4.2; 4.4.3). Dies war jedoch nur bei einer Detektion der Viruspartikel in der Lungenhistologie, nicht aber in einer Titerbestimmung in Lungenhomogenaten sichtbar. Demzufolge ist die Viruslast in den Lungen infizierter BALB/c Mäuse kein Korrelat für die Pathogenität verschiedener Influenzaviren. Dass in der Titerbestimmung von infektiösen Partikeln Lungenhomogenaten der infizierten C57BL/6J Mäuse kein Unterschied für die verschieden pathogenen Influenzaviren zu sehen ist, könnte an der Viruselimination des Wirts liegen. Freie Viruspartikel, nach Freisetzung oder der Lyse von Zellen, werden vom Immunsystem detektiert und eliminiert. Geschieht dies aufgrund von Wirtsfaktoren für verschiedene Influenzaviren unterschiedlich schnell oder effizient, könnten einzelne Zeitpunkte im Infektionsverlauf einen Vergleich der tatsächlichen Viruslast erschweren. Bei einer direkten Immunfärbung oder RNA-Hybridisierung werden hingegen aktiv replizierende Viren detektiert. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die 2009 ph1n1 Influenzaviren andere Pathogenitätsdeterminanten besitzen als humane H5N1 Influenzaviren, da eine erhöhte Viruslast und eine stärkere Entzündungsreaktion im Gegensatz zu humanen H5N1 Influenzaviren in 2009 ph1n1-infizierten BALB/c Mäusen keinen Einfluss auf die Virulenz haben. Humane H5N1 Influenzaviren können, wie im Menschen beschrieben, auch in der Maus eine extrapulmonale Virusausbreitung zur Folge haben (Wright et al., 2007; Gabriel et al., 2009). Dies konnte in der vorliegenden Arbeit im BALB/c Mausmodell ebenfalls gezeigt werden (4.4.2). Darüber hinaus wurden hohe Titer des höher pathogenen 2009 ph1n1 Virus HH15 im Darm von infizierten C57BL/6J Mäusen detektiert. In immunhistologischen Färbungen von Darmschnitten der infizierten Mäuse konnten jedoch keine aktiv replizierenden Viren nachgewiesen werden (Daten nicht gezeigt). Der Virusnachweis im Darm lässt daher auf eine vorausgegangene Virämie schließen. Bisher wurde eine virale Ausbreitung über den Blutkreislauf experimentell meist nur für HPAIV gezeigt (Rimmelzwaan et al., 2006; Gabriel et al., 2009; Gao et al., 1999), auch gibt es vereinzelt klinische Berichte, in denen eine Virämie bei humanen H5N1 Influenzavirusinfektionen nachgewiesen wurde (Beigel et al., 2005; Likos et al., 2007). Während der 2009 Pandemie waren gastrointestinale Beschwerden ein häufiges Symptom bei 2009 ph1n1-erkrankten, was auf eine extrapulmonale Virusausbreitung hindeuten könnte (Dawood et al., 2009; Riquelme et al., 2009). Dementsprechend wurden auch bei 2009 ph1n1-patienten mit schweren Krankheitsverläufen Virustiter im Blut nachgewiesen (To et al., 2010; Oughton et al., 2011). Eine weitere Untersuchung einer Virämie sowie von weiteren Organen nach HH15-Infektion 114

122 Diskussion ist demnach von großem Interesse, da eine extrapulmonale Virusausbreitung, wie hier mit HH15 vermutet wird, zu hoher Morbidität und Mortalitäten führen kann. Ein signifikantes Korrelat der Pathogenität und Virulenz von alt-saisonalen H1N1, 2009 ph1n1 und humanen H5N1 Influenzaviren in beiden Mausstämmen zeigte sich in der Analyse des Blutbildes infizierter Tiere (4.4.4). In beiden Mausstämmen, infiziert mit humanen H5N1 Viren, sowie in 2009 ph1n1-infizierten C57BL/6J Mäusen, konnte eine Lymphozytendepletion im Blut nachgewiesen werden. Dies korrelierte mit einer erhöhten Pathogenität sowie Letalität im jeweiligen Mausstamm. Eine Lymphopenie wurde bereits für Infektionen mit HPAIV im Säuger einhergehend mit hoher Letalität beobachtet (Gabriel et al., 2009; Maines et al., 2008). Nach Ausbruch der 2009 Pandemie gab es vereinzelte Berichte von verringerten Lymphozytenwerten mit steigender Viruslast (To et al., 2010). Auch in den Patienten, von denen die in dieser Arbeit untersuchten 2009 ph1n1 Isolate isoliert wurden, war die Gesamtzahl der Leukozyten verringert (4.1). Das Auftreten einer Lymphopenie ist demnach, wie hier gezeigt, ein Indikator für erhöhte Virulenz zum einen für unterschiedliche Influenzaviren, zum anderen auch in Mausstämmen mit unterschiedlichem genetischem Hintergrund. Die Mausstämme BALB/c und C57BL/6J unterschieden sich nicht nur phäno- sondern auch genotypisch voneinander (The Jackson Laboratories: Einer der am besten untersuchten genetischen Unterschiede ist eine Polarisierung der adaptiven Immunantwort (Heinzel et al., 1989; Liblau et al., 1995). Während C57BL/6J Mäuse eine stärkere zelluläre Immunantwort ausbilden, vermittelt über Typ 1 T-Helferzellen (Th1), reagiert das Immunsystem von BALB/c Mäusen mit stärkerer Gewichtung einer humoralen Typ 2 Th- Antwort (Kidd, 2003). So wurden in dieser Arbeit einige wesentliche Th1- und Th2-Zytokine nach einer Influenzainfektion in beiden Mausmodellen, evaluiert (4.4.5). Es wurden generell hohe Expressionslevel der Zytokine in H5N1-infizierten Tieren beider Mausstämme beobachtet. Eine stark erhöhte Zytokinantwort kann im Organismus oft nicht mehr rückkoppelnd reguliert werden und daher eine Verschlechterung des Krankheitsverlaufs zur Folge haben. Dies zeigte sich in einer Letalität von 100 % in den H5N1-infizierten Mäusen. In der Literatur ist dies als Zytokinsturm bekannt und wurde zuvor in H5N1- oder H7N7- infizierten Mäusen beobachtet (Szretter et al., 2007;Gabriel et al., 2009). Ein Zytokinsturm wurde auch mit letalen H5N1-Infektionen im Menschen in Verbindung gebracht (de Jong et al., 2006). Eine Infektion mit den 2009 ph1n1 Influenzaviren hatte in dieser Arbeit in BALB/c Mäusen eine höhere Zytokinexpression zur Folge als im C57BL/6J Modell (4.4.5). Besonders das Th1-Zytokin IFN-γ und die Th2-Zytokine IL-4 und IL-10 wurden in BALB/c Mäusen in großen Mengen detektiert. Im Gegensatz dazu waren IL-4 und IL-10 in den 2009 ph1n1- infizierten C57BL/6J Mäusen, einhergehend mit erhöhter Pathogenität und Virulenz, gar nicht 115

123 Diskussion zu detektieren. Es existiert ein Bericht in dem IL-10 auch in ph1n1-infizierten Patienten herabreguliert war (Liu et al., 2012). Das führt zu der Vermutung, dass die Th2-Zytokine IL-4 und IL-10 im Krankheitsverlauf der 2009 ph1n1-infizierten BALB/c Mäuse eine vorteilhafte Rolle spielen könnten. Dies bedarf jedoch genauerer Untersuchungen, die sich neben den sezernierten Zytokinen auch auf die T-Helferzellen direkt beziehen. In der Literatur konnte bereits gezeigt werden, dass zelluläre Modulatoren, die eine IL-4 Expression in Influenzavirus-infizierten Mäusen erhöhen, die Letalität reduzieren können (Aldridge et al., 2009). Die Rolle von IL-10 im Infektionsverlauf von Influenzaviren wurde ebenfalls bereits untersucht, wird in der Literatur jedoch kontrovers diskutiert, da ein Fehlen dieses Zytokins zum einen mit vorteilhaften zum anderen mit negativen Auswirkungen auf den Infektionsverlauf infizierter Mäuse beschrieben worden ist (McKinstry et al., 2009; Sun et al., 2009). Die Ergebnisse in dieser Arbeit deuten allerdings darauf hin, dass eine 2009 ph1n1- Infektion in BALB/c Mäusen eine andere Immunantwort als in C57BL/6 Mäusen auslöst, sich jedoch die wirtsspezifische Immunantwort nach einer H5N1-Infektion in beiden Mausmodellen ähnelt. Pathogenitätsdeterminanten der 2009 ph1n1 Influenza scheinen im BALB/c Mäusestamm im Gegensatz zu C57BL/6J Mäusen maskiert zu sein. Dies ist nur für die 2009 ph1n1 Influenzaviren der Fall und verdeutlicht, dass für diese Influenzaviren andere, vor allem wirtsspezifische Determinanten, eine entscheidende Rolle für die Pathogenität spielen als für humane H5N1 Influenzaviren. Vor allem die Immunantwort des jeweiligen Wirts scheint ausschlaggebend zu sein, da eine erhöhte Virusreplikation allein nicht für die erhöhte Pathogenität verantwortlich ist. Für die Charakterisierung von 2009 ph1n1 Influenzaviren sollte demnach künftig das C57BL/6J Mausmodell verwendet werden. Wie im nächsten Punkt diskutiert, kann es dazu dienen, neue noch unbekannte Pathogenitätsdeterminanten der 2009 pandemischen H1N1 Influenza zu identifizieren. 5.3 Differenzielle Pathogenität von 2009 ph1n1 Influenzaviren im C57BL/6J Modell Wie unter 5.2 diskutiert, wiesen die zwei klinischen 2009 ph1n1 Virusisolate im Vergleich zu alt-saisonalen Influenzaviren eine erhöhte Pathogenität im C57BL/6J Modell auf. In diesem Mausmodell waren auch zwischen den zwei untersuchten Isolaten Unterschiede in Pathogenität und Virulenz zu beobachten (4.4). Das 2009 ph1n1 Influenazavirus HH15 war im C57BL/6J Mausmodell 50-fach virulenter als das HH05 Virusisolat. Die Unterschiede in der Pathogenität der 2009 ph1n1 Viren spiegeln sich auch in der Pathologie der Lunge infizierter C57BL/6J Mäuse wider. Diese zeigten eine stärkere Infiltration und Destruktion in HH15-infizierten Mäusen im Vergleich zu HH05-infizierten (4.4.3). Des Weiteren war eine 116

124 Diskussion höhere Viruslast in der Lunge der HH15-infizierten C57BL/6J Mäuse als in HH05-infizierten zu detektieren. Hinweise auf eine Virämie wurden ebenfalls nur nach Infektion mit dem höher pathogenen HH15 Virus in den C57BL/6J Mäusen festgestellt. Die ebenfalls unter 5.2 diskutierte auftretende Lymphopenie als Korrelat von Pathogenität und Virulenz für Influenzaviren in beiden Mäusestämmen zeigt ebenfalls Unterschiede zwischen den beiden ph1n1 Isolaten in der C57BL/6J Maus (4.4.4). Drei Tage nach Infektion mit beiden 2009 ph1n1 Influenzaviren sind die Lymphozyten im Blut der Mäuse depletiert, nach sechs Tagen hingegen nur noch in HH15-infizierten Mäusen. Demzufolge korreliert auch der Grad einer Lymphopenie mit einer höheren Pathogenität und Virulenz im C57BL/6J Mausmodell. Differenzielle Pathogenität für verschiedene 2009 ph1n1 Influenzaviren wurde auch in anderen etablierten Säugermodellen wie Frettchen und Makaken gezeigt (Safronetz et al., 2011; Maines et al., 2009). Diese Unterschiede in Pathogenität für verschiedene 2009 ph1n1 Virusisolate korrelieren mit der Beobachtung, dass die 2009 ph1n1 Influenzaviren während der Pandemiephase sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe zur Folge hatten. Die Mehrzahl der Betroffenen wies eine milde Influenzaerkrankung auf. Andere, darunter auffallend viele junge immunkompetente Erwachsene, erlitten schwere Krankheitsverläufe, mitunter mit Todesfolge (Karageorgopoulos et al., 2011; Dawood et al., 2009; Dawood et al., 2012). Dabei benötigten Patienten mit schweren 2009 ph1n1-erkrankungen oftmals künstliche Beatmung aufgrund einer viralen Pneumonie (Gill et al., 2010). Die in dieser Arbeit beobachtete stärkere Entzündungsreaktion und Viruslast in der Lunge von HH15-infizierten C57BL/6J Mäusen könnte daher für eine höhere Pathogenität sprechen. Zumal allein eine höhere Viruslast, wie sie für HH15 auch in humanen Zellen gezeigt wurde, zu einem schwereren Krankheitsverlauf führen könnte. Hohe Mortalitätsraten, assoziiert mit der 2009 ph1n1 Pandemie, traten vor allem bei Menschen mit vorliegenden Vorerkrankungen auf (Dawood et al., 2012). Liegt bereits eine immunschwächende Erkrankung vor, können bereits geringe Unterschiede, wie beispielsweise ein höherer Virustiter, zu einer erheblich schwereren Erkrankung führen. Die Patienten, von denen die beiden in dieser Arbeit charakterisierten 2009 ph1n1 Influenzaviren isoliert wurden, wiesen keine signifikanten Unterschiede im Krankheitsverlauf auf, was wahrscheinlich auf die zeitnahe Behandlung mit antiviralen Medikamente zurück zu führen ist. Auch waren in beiden Patienten keine Ko-Morbiditäten bekannt, die den Grad der Erkrankung hätten zusätzlich beeinflussen können (4.1). Die differenzielle Pathogenität von HH05 und HH15 in C57BL/6J Mäusen kann aufgrund der unter 5.1 diskutierten Sequenzunterschiede der beiden Virusisolate die Identifizierung und Charakterisierung von adaptiven Pathogenitätsdeterminanten, die während der Pandemie auftraten, ermöglichen. 117

125 Diskussion 5.4 Einzelne Mutationen in NP und HA sind für die differenzielle Pathogenität im C57BL/6J Modell verantwortlich In C57BL/6J Mäusen zeigten die in dieser Arbeit charakterisierten klinischen 2009 ph1n1 Influenzaviren eine differenzielle Pathogenität und Virulenz, welche mit dem Grad der Entzündungsreaktion in der Lunge sowie dem Grad einer Lymphopenie korrelierten (5.3). Da sich die beiden Influenzavirusisolate nur in zwölf Aminosäuresubstitutionen unterscheiden, müssen unter diesen auch virale Determinanten zu identifizieren sein, die zu der differenziellen Pathogenität beitragen. Um diese festzustellen, wurden mittels reverser Genetik rekombinante 2009 ph1n1 Viren generiert (4.5.1). Ein großer Vorteil der reversen Genetik ist es, gezielt einzelne Mutationen in rekombinante Viren einzuführen, um deren Rolle hinsichtlich der Pathogenität zu untersuchen (Stech et al., 2008). Die rekombinanten Viren wurden anschließend hinsichtlich Pathogenität und Virulenz im C57BL/6J Modell im Vergleich zu den parentalen Viren der klinischen 2009 ph1n1 Influenzaisolate untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass rekombinante 2009 ph1n1 Viren, welche die HH15-spezifische HA Mutation S202T oder die HH15-spezifischen NP Mutationen V100I, I133L und I373T im genetischen Hintergrund von HH05 enthielten, eine vergleichbar hohe Pathogenität und Virulenz im C57BL/6J Modell haben wie das klinische HH15 Isolat (4.5.2). Diese Mutationen führten dabei nicht nur in Kombination sondern auch einzeln zu einer erhöhten Virulenz im Vergleich zu HH05 und einer stärkeren Infiltration oder Viruslast in der Lunge der infizierten Mäuse. Die beobachteten Unterschiede in der Lungenpathologie könnten darauf hindeuten, dass die einzelnen Mutationen mit unterschiedlichen Mechanismen zu der erhöhten Pathogenität in der Lunge von C57BL6/J Mäusen beitragen. Eine höhere Viruslast kann beispielsweise zu einer ähnlich schweren Erkrankung führen wie eine stärkere Immunsuppression. Um das in dieser Arbeit beschriebene Virulenz-Korrelat einer länger andauernden Lymphopenie zu untersuchen, wurden ebenfalls die Blutbilder der infizierten Mäuse analysiert ( ). Auch hier wiesen die rekombinanten Viren mit den HH15- spezifischen Mutationen im HA und NP eine signifikant stärkere Lymphozytendepletion auf als das HH05 Virusisolat. Demnach sind einzelne HH15-spezifische Mutationen im HA und NP für die hier beobachtete differenzielle Pathogenität der 2009 ph1n1 Viren im C57BL/6J Modell verantwortlich. Die HH15-spezifische HA Mutation S202T, die zu einer erhöhten Pathogenität beiträgt, liegt in einer Antigenbindestelle des Oberflächenproteins (4.6; Bouvier und Palese, 2008). Ein Einfluss auf Unterschiede in der Antigenität von HH15 im Vergleich zu HH05 wäre daher ein denkbarer Mechanismus, der zu der erhöhten Pathogenität beitragen könnte. Daher sollten weiterführende Studien zur Antigenität von HH05 und HH15 für verschiedene Antikörper durchgeführt werden. Es wurde beschrieben, dass im Serum von Erwachsenen Antikörper 118

126 Diskussion identifiziert wurden, die zwar mit den 2009 ph1n1 Viren kreuzreagieren, aber keine schützende Immunantwort gegen das Virus vermitteln (Monsalvo et al., 2011). Sollte die S202T Mutation einen solchen Effekt auf die Antigenität haben, würde dies die hohe Virulenz in Verbindung mit wirtspezifischen Determinanten erklären. Des Weiteren ist die S202T Mutation in der Domäne lokalisiert, welche die Rezeptorbindung während einer Influenzainfektion vermittelt. Die Position 202 liegt nicht direkt in der Rezeptorbindetasche des Proteins. Dennoch ist ein indirekter Einfluss auf die Rezeptorbindeeigenschaften denkbar. Die Rezeptorbindeeigenschaften von HH15 im Vergleich zu HH05 sowie dem rekombinanten Virus mit der HH15-spezifischen HA Mutation S202T wurden hier anhand der Hämagglutination von Erythrozyten untersucht. Hierbei zeigten alle 2009 ph1n1 Viren eine vergleichbare Bindungspräferenz von humanen Virusrezeptoren (4.6.1). In der Literatur wurde beschrieben, dass die 2009 ph1n1 Influenzaviren humane α2,6-ständige Sialinsäuren stärker binden als aviäre α2,3-ständige (Yang et al., 2010; Childs et al., 2009). Um eine Rolle der HH15-spezifischen HA Mutation für die erhöhte Pathogenität aufgrund von verschiedenen Rezeptorbindeeigenschaften auszuschließen, sollte jedoch die spezifische Bindungspräferenz an α2,3- und α2,6-ständige Sialinsäuren untersucht werden. Dabei sollten ebenfalls die seltener untersuchten α2,8-ständigen Sialinsäuren mit einbezogen werden, da Influenzaviren auch diese binden können (Wu und Air, 2004). Eine stärkere Bindung des HH15 im Vergleich zu HH05 von solchen zusätzlichen Rezeptoren könnte zu einer erhöhten Infektionseffizienz führen. Es wurde bereits eine andere HA Position in 2009 ph1n1 Viren identifiziert, an der eine Mutation die Rezeptorbindeeigenschaft der 2009 ph1n1 Influenzaviren verändert (Chutinimitkul et al., 2010; Liu et al., 2010). Die D222G Mutation tritt vermehrt im HA Protein von 2009 ph1n1 Influenzaviren auf und wurde mit schweren Krankheitsverläufen assoziiert. Diese Mutation führt zu einer breiteren Rezeptorspezifität der 2009 ph1n1 Viren mit einer erhöhten Präferenz für aviäre Virusrezeptoren (WHO, 2010; Chen et al., 2010; Chutinimitkul et al., 2010; Liu et al., 2010). Eine erhöhte Pathogenität in der Maus von 2009 ph1n1 Viren mit dieser Mutation konnte ebenfalls gezeigt werden (Zheng et al., 2010; Belser et al., 2011a). Die in dieser Arbeit charakterisierten 2009 ph1n1 Isolate enthielten beide die ursprüngliche 222D Signatur im HA Protein. Die drei Mutationen von HH15 in NP, V100I, I133L und I373T, trugen ebenfalls zu einer erhöhten Pathogenität in C57BL/6J Mäusen bei (4.5.2). Da alle drei der NP Mutationen in Bereichen des Proteins liegen, die im viralen RNP-Komplex mit dem Polymereaseprotein PB2 interagieren, wurde ein möglicher Einfluss auf die Polymeraseaktivität mittels eines in vitro Reporter-assays analysiert (4.6.2). Der Polymerasekomplex des HH15 Virus zeigte im Vergleich zu dem des HH05 Virus eine deutlich reduzierte Aktivität. Dies ist ein unerwartetes Ergebnis, da das HH15 Virus in humanen Lungenzellen sowie in der Lunge 119

127 Diskussion von C57BL/6J Mäusen einen Replikationsvorteil im Vergleich zu HH05 aufwies. Eine erhöhte Pathogenität geht in der Regel mit einer effizienten Aktivität der viralen Polymerase in Säugerzellen einher (Gabriel et al., 2005; Hudjetz und Gabriel, 2012). Die effizientere Replikation von HH15 scheint daher nur im Kontext des vollständigen Virus aufzutreten. Die niedrige Polymeraseaktivität könnte jedoch auch dafür sprechen, dass für die beobachtete höhere Virusreplikation von HH15 nicht die intrinsische Aktivität der Polymerase, sondern andere virale oder zelluläre Faktoren beitragen. So würde eine effizientere, vom Virus vermittelte, Immunsuppression des Wirts auch zu einer effizienteren Virusreplikation führen. Die Untersuchung der Polymeraseaktivität der 2009 ph1n1 Viren ergab weiter, dass eine oder beide HH15-spezifischen Mutationen im PB2 Protein für die niedrigere in vitro-aktivität der HH15 Polymerase verantwortlich sind. Da diese jedoch nicht zu der differenziellen Pathogenität in C57BL/6J Mäusen beitrug, wurde dies in der vorliegenden Arbeit nicht weiter untersucht. Eine Evaluierung des Virulenz-Korrelats einer Lymphopenie in rekombinanten 2009 ph1n1- infizierten C57BL/6J Mäusen zeigte, dass die HH15-spezifischen Mutationen im NP zu der unter 5.2 und 5.3 diskutierten höhergradigen Lymphozytendepletion von HH15 führen ( ). Die HH15-spezifischen Mutationen an Position 100 und 133 wiesen dabei einen stärkeren Einfluss auf als die Mutation an Position 373. Die ersten beiden NP Mutationen sind auf der Proteinoberfläche lokalisiert. Dort haben Mutationen häufiger die Veränderungen von molekularen Mechanismen zur Folge. Für eine weitere Analyse der auftretenden Lymphopenie müsste der Einfluss der 2009 ph1n1 Isolate auf die Lymphopoese untersucht werden. Die nach HH15-Infektion beobachtete Lymphopenie könnte eine entscheidende Rolle bei der erhöhten Replikation von HH15 im Vergleich zu HH05 spielen. Die von HH15 verursachte Lymphopenie und damit Immunsuppression könnte das Replikationsverhalten von HH15, trotz niedriger Polymeraseaktivität entscheidend vorangetrieben haben. Eine weitere Möglichkeit für eine Rolle der auf der Proteinoberfläche lokalisierten HH15- spezifischen NP Mutationen in der differenziellen Pathogenität in C57BL/6J Mäusen könnte eine Veränderung von T-Zell- oder Antikörperepitopen sein. Die Aminosäuresequenz des viralen NP ist hochkonserviert und spielt daher eine entscheidende Rolle in der Immunerkennung vor allem von CD8 + T-Zellen (Webster et al., 1992; Bui et al., 2007). Eine Mutation in einem solchen Epitop kann daher zur Restriktion der adaptiven Immunantwort gegen Influenzaviren führen (Price et al., 2000). Zhou et al. publizierte, dass besonders in HA, NA und NP der 2009 ph1n1 Influenza die Epitope zytotoxischer T-Zellen im Vergleich mit alt-saisonalen H1N1 Influenzaviren hochkonserviert sind (Zhou et al., 2011). Alle Bereiche des NP Proteins von Influenzaviren, in denen die HH15-spezifischen Mutationen liegen, wurden bereits in verschiedenen Immunepitopen beschrieben (Immune Epitope 120

128 Diskussion Database, Die Evaluierung, besonders von T-Zellepitopen, basiert jedoch auf komplizierten Algoryhtmen und Peptid-Vorhersage Programmen jeweils für bestimmte HLA Allele (Assarsson et al., 2008; Grant et al., 2013). Eine Untersuchung der Immundominanz für einzelne Mutationen ist daher erschwert (Varich et al., 2009). Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass adaptive Mutationen, wie hier in HH15 beobachtet, zu einer Umgehung der Immunabwehr gegen die bereits vorhandenen 2009 ph1n1 Influenzaviren in der Bevölkerung führen. Die HH15-spezifische Mutation S202T im HA Protein sowie V100I, I133L und I373T im NP Protein sind maßgeblich an einer erhöhten Pathogenität im C57BL/6J Modell im Vergleich zu HH05 beteiligt. Dabei erhöht jede der genannten Mutationen die Pathogenität im gleichen Maß wie in Kombination. Es tritt kein additiver Effekt dieser Pathogenitätsdeterminanten auf, wie in der Literatur für andere virale Determinanten beschrieben (Gabriel et al., 2008). Das könnte auf eine vom Immunsystem des Wirtes vermittelte Begrenzung einer noch höheren Pathogenität hindeuten. Da diese Mutationen in den zirkulierenden 2009 ph1n1 Influenzaviren immer noch prevalent sind, spricht dies für eine Selektion zugunsten einer erhöhten Pathogenität, welche vor allem in Menschen mit Ko-Morbiditäten zum Vorschein kommen könnte. Der molekulare Mechanismus der einzelnen Mutationen ist von hohem Interesse und soll in Zukunft detailliert in vitro untersucht werden. 5.5 Pathogenität und Replikationseigenschaften von 2009 ph1n1 Influenzaviren in Meerschweinchen und Frettchen Um die Transmissionseigenschaften von 2009 ph1n1 Influenzaviren zu untersuchen, wurden die bereits in der Literatur beschriebenen Kleinsäugermodelle Meerschweinchen und Frettchen verwendet (1.3; Bouvier und Lowen, 2010). Humane Influenzaviren replizieren effizient im ORT von Meerschweinchen, ohne dass eine vorherige Adaptation notwendig ist. Diese Eigenschaft resultiert in einer hohen Übertragbarkeit von Influenzaviren zwischen den Tieren (Lowen et al., 2006). Allerdings kommt es in Meerschweinchen zu keinem Ausbruch einer klinischen Symptomatik (Bouvier und Lowen, 2010). Frettchen hingegen eignen sich aufgrund vieler Parallelen zum Krankheitsverlauf einer Influenzaviruserkrankung im Menschen. In Frettchen kann sowohl die Transmission von Influenzaviren als auch deren Pathogenität untersucht werden (Barnard, 2009; Maher und DeStefano, 2004; Belser et al., 2011b). In dieser Arbeit wurde zunächst die Pathogenität und der Tropismus der 2009 ph1n1 Influenzaviren in beiden Modellen verglichen (4.5; 4.8). In 2009 ph1n1-infizierten Meerschweinchen waren, wie erwartet keine klinischen Anzeichen einer Erkrankung wie erhöhte Temperatur, Gewichtsverlust oder Lethargie zu beobachten. 121

129 Diskussion Beide 2009 ph1n1 Isolate replizierten effizient im ORT der Tiere und waren mit hohen Titern zu detektieren (4.7.1). Die effiziente Replikation ist auf das Vorkommen der humanen Virusrezeptoren, der α2,6-verknüpften Sialinsäuren, im ORT von Meerschweinchen zurückzuführen (Sun et al., 2010; Gao et al., 2009). Dies wurde auch von anderen Gruppen in Infektionsexperimenten mit 2009 ph1n1 Influenzaviren in Meerschweinchen beobachtet (Sun et al., 2010; Steel et al., 2010). Im URT der 2009 ph1n1-infizierten Meerschweinchen wurde nur für das HH15 Virusisolat eine Replikation nachgewiesen, jedoch zu niedrigen Titern. HH05 scheint demnach gar nicht im URT von Meerschweinchen replizieren zu können. In der Lunge von Meerschweinchen kommen vermehrt die aviären Virusrezeptoren, α2,3-verknüpfte Sialinsäuren, vor (Gao et al., 2009). Eine Replikation von HH15 im URT von Meerschweinchen, vor allem in der Lunge, könnte entweder auf eine allgemein erhöhte Replikationeffizienz oder auf eine stärkere Bindung von aviären Rezeptoren zurückzuführen sein. Wie unter 5.4 diskutiert, konnte letzteres für HH15 mittels Hämagglutination von humanen und aviären Erythrozyten nicht gezeigt werden. Um den Einfluss der Rezeptoren auszuschließen, müsste jedoch eine detaillierte Analyse der Sialinbindung durchgeführt werden. Eine breitere Rezeptorspezifität kann zu einer erhöhten Pathogenität des Virus führen (Zheng et al., 2010; Belser et al., 2011a). Die Replikation von 2009 ph1n1 Influenzaviren im URT von Meerschweinchen wurde ebenfalls von Zhang et al. gezeigt (Zhang et al., 2012). Dort wird jedoch eine effiziente Replikation unabhängig von der Rezeptorspezifität postuliert. Dabei beziehen sich Zhang et al. jedoch nur auf eine Änderung der Rezeptorspezifität durch eine HA-Mutation, welche sich von der HH15-spezifischen unterscheidet (5.4). Eine histologische Auswertung des URT der 2009 ph1n1-infizierten Meerschweinchen reflektierte die Ergebnisse der Virustiter-Bestimmung, da eine signifikant größere Anzahl replizierender HH15 Viren in den Lungen nachzuweisen war als HH05 Viren (4.7.1). Dieses Ergebnis stützt die Annahme, dass HH15 im Vergleich zu HH05 im URT von Meerschweinchen einen Replikationsvorteil hat. Hätte HH15 durch spezifische Mutationen, wie beispielsweise die im HA vorkommende, eine höhere Bindungsaffinität zu aviären Rezeptoren erlangt, würde das hypothetisch zu einer effizienteren Replikation in den Lungen vieler Säuger und demnach einer schwereren Erkrankung führen. Auch die Pathologie wies nach HH15-Infektion im Vergleich zu HH05 in den Lungen der Meerschweinchen einen höheren Entzündungsgrad mit deutlich zerstörter Alveolarstruktur auf. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass HH15 insgesamt zu einer schwereren Erkrankung im Meerschweinchen führt als HH05. Auch im Frettchenmodell wurden keine signifikanten Unterschiede von Körpertemperatur, -gewicht oder Virulenz der 2009 ph1n1-infizierten Tiere im Vergleich zu nicht-infizierten beobachtet (4.8). Beide 2009 ph1n1 Influenzaviren replizieren effizient im ORT, wobei HH15 im Vergleich zu HH05 länger zu höheren Titern nachgewiesen wurde (4.8.1). Die effiziente 122

130 Diskussion Replikation kann ebenfalls mit dem vermehrten Vorkommen von humanen Virusrezeptoren im ORT von Frettchen erklärt werden (Leigh et al., 1995; Belser et al., 2011b). Die 2009 ph1n1 Viren wiesen ebenfalls im URT, der Trachea und der Lunge infizierter Frettchen eine effiziente Replikation mit hohen Virustitern auf. Dabei replizierte HH15 in der Trachea signifikant und in der Lunge tendenziell zu höheren Titern als das HH05 Virusisolat. Da in der Lunge von Frettchen ein höherer Anteil aviärer Virusrezeptoren als im ORT vorhanden ist (Leigh et al., 1995; Thongratsakul et al., 2010), könnte ein Replikationsvorteil von HH15 analog zum Meerschweinchen auf eine breitere Rezeptorspezifität hindeuten. Für humane Influenzaviren ist in der Literatur die effiziente Replikation hauptsächlich im ORT beschrieben. Eine Replikation im URT, wie auch bei humanen H5N1 Influenzaviren, wird auf die dort vorkommenden aviären Virusrezeptoren zurückgeführt (Maher und DeStefano, 2004; Bouvier und Lowen, 2010; Belser et al., 2011b). Die erhöhte Replikation von HH15 im URT wurde in der Histologie von Trachea und Lunge der infizierten Frettchen bestätigt (4.8.1). Ein genereller Replikationsvorteil von HH15 könnte jedoch neben einer veränderten Rezeptorbindung auch zu der effizienteren Replikation im URT im Vergleich zu HH05 führen. Die Pathologie der Frettchenlungen weist nach HH15-Infektion eine Entzündungsreaktion einhergehend mit zerstörter Alveolarstruktur auf. Dies trägt zu der Annahme bei, dass HH15 im Frettchen pathogener ist als HH05. Von anderen Gruppen durchgeführte 2009 ph1n1- Infektionsversuche im Frettchen wiesen zum Teil unterschiedlich schwere Krankheitsverläufe für verschiedene Isolate auf, von milden bis zu letalen Fällen mit Virusreplikation in ORT und URT (Huang et al., 2011; Maines et al., 2009; Itoh et al., 2009; Munster et al., 2009). Die in dieser Arbeit untersuchten 2009 ph1n1 Virusisolate sind im Frettchen nicht letal und zeigen keine klinische Symptomatik. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass HH15 durch seinen Replikationsvorteil zu einer schwereren Erkrankung im Frettchen führt als HH05. Des Weiteren gibt es einen Bericht über die Detektion von Virustitern im Darm von 2009 ph1n1- infizierten Frettchen (Maines et al., 2009). Da dies hier für das HH15 Isolat auch in C57BL/6J Mäusen beobachtet wurde und gastrointestinale Beschwerden auffallend häufig in 2009 ph1n1 Patienten vorkamen, sollte der Darm zukünftig auch in Meerschweinchen und Frettchen in weiterführenden Studien untersucht werden. Die Ergebnisse zur Virusreplikation lassen darauf schließen, dass aufgrund des Vorkommens humaner Virusrezeptoren die 2009 ph1n1 Influenzaviren effizient im ORT von Meerschweinchen und Frettchen replizieren können. Im URT zeigte das HH15 Virusisolat in beiden Modellen einen Replikationsvorteil gegenüber HH05. Im Meerschweinchen sowie im Frettchen kommen dort aviäre Rezeptoren vor. Es ist bekannt, dass 2009 ph1n1 Viren zwar verstärkt die humanen Rezeptoren, aber im Gegensatz zu alt-saisonalen Influenzaviren, auch noch signifikant aviäre Rezeptoren binden können (Childs et al., 2009; Yang et al., 2010; Xu et al., 2012b). Dies deutet darauf hin, dass HH15 durch Mutationen entweder eine 123

131 Diskussion breitere Bindungspräferenz oder eine allgemein höhere Replikationseffizienz als HH05 erworben hat. Darüber hinaus hat HH15 in beiden Säugermodellen eine stärkere Erkrankung zur Folge. Auch wenn dies keine direkte Letalität oder klinische Symptomatik nach sich zieht, kann die höhere Viruslast, vor allem in der Lunge (URT) oder bei Vorerkrankungen, zu einer schwereren Erkrankung führen. Das zeigt sich auch in der Pathologie der Lunge beider Säugermodelle. Welche der HH15-spezifischen Mutationen zu diesen Beobachtungen beitragen, soll in Zukunft geklärt werden. Im Vergleich der drei Säugermodelle hinsichtlich Pathogenität und Virusreplikation lässt sich zusammenfassen, dass die Ergebnisse für die 2009 H1N1 Influenzaviren vergleichbar sind. Die Virustiter im Respirationstrakt von Meerschweinchen, vor allem im URT, sind allerdings insgesamt niedriger als in Frettchen. Dies könnte teilweise durch geringe Unterschiede in der Rezeptorverteilung im Respirationstrakt der beiden Säugermodelle erklärt werden. Meerschweinchen haben im ORT humane sowie aviäre Virusrezeptoren, im URT dagegen vermehrt aviäre. Frettchen hingegen haben im ORT mehr humane, im URT jedoch beide Virusrezeptoren (Sun et al., 2010; Gao et al., 2009; Leigh et al., 1995; Thongratsakul et al., 2010). Dadurch könnte eine breitere aviäre und humane Rezeptorbindepräferenz von Influenzaviren, wie hier für HH15 vermutet, im Meerschweinchenmodell zu deutlicheren Unterschieden führen. Darüber hinaus korreliert der Befund der erhöhten Replikation und Pathogenität von HH15 im Vergleich zu HH05 in allen drei Säugermodellen. Bezüglich der Transmissibilität dagegen scheinen beide Modelle, Meerschweinchen und Frettchen, unterschiedliche Ergebnisse zu liefern, die in der unterschiedlichen Verteilung der Virusrezeptoren oder aber unterschiedlichen Immunantworten in diesen liegen könnten. Daher gilt es Aussagen zur Transmissionseffizienz von Influenzaviren vorsichtig im untersuchten Hintergrund des Tiermodells zu evaluieren. 5.6 Differenzielle Transmissionseigenschaften von 2009 ph1n1 Influenzaviren in Meerschweinchen und Frettchen Die 2009 ph1n1 Influenza zeichnete sich unter anderem durch eine effiziente Übertragung von Mensch zu Mensch aus, was für eine schnelle Ausbreitung der Pandemie sorgte (1.2.1). Zur Charakterisierung der Transmissionseigenschaften der beiden hier untersuchten 2009 ph1n1 Influenzaviren wurden Meerschweinchen und Frettchen verwendet. Beide gelten als etablierte Kleinsäugermodelle für die Transmission von Influenzaviren (Maher und DeStefano, 2004; Lowen et al., 2006). Im Frettchen ähnelt eine Influenzavirusinfektion, vor allem aufgrund der Rezeptorverteilung im Respirationstrakt und des klinischen Krankheitsverlaufs der des Menschen (Belser et al., 2011b; Bouvier und Lowen, 2010). Frettchen gelten daher neben Halbaffen als Goldstandard für die Untersuchung der 124

132 Diskussion Pathogenität und Transmission von Influenzaviren. Da in Meerschweinchen ebenfalls humane Influenzavirusrezeptoren im ORT vorkommen, werden diese häufig als vergleichsweise kosten- und aufwandgünstigeres Modell verwendet, sind aber weitestgehend auf die Transmission beschränkt (Lowen et al., 2006). Voraussetzung für eine Übertragung von Tier zu Tier in diesen beiden Modellen ist, dass das entsprechende Virus zu ausreichend hohen Titern in den oberen Atemwegen repliziert. Da gezeigt werden konnte, dass beide hier untersuchten 2009 ph1n1 Virusisolate, wie unter 5.5 diskutiert, ähnlich effizient im ORT von Meerschweinchen und Frettchen replizieren, wurden Transmissionsstudien mit Sentineltieren durchgeführt (4.7.2; ). Kontakt-Transmission Die Übertragung von 2009 ph1n1 Influenzaviren durch direkten Kontakt war im Meerschweinchenmodell, gemessen an Virustitern im ORT der Sentineltiere, zu 100 % effizient. Dies galt für das HH05 Virusisolat ebenso wie für HH15. Die sequenziellen Unterschiede zwischen HH05 und HH15 scheinen dementsprechend keinen Einfluss auf die effiziente Kontakt-Transmission im Meerschweinchen zu haben. Eine effiziente Kontakt- Transmission der 2009 ph1n1 Influenzaviren konnte bereits in zwei weiteren Publikationen gezeigt werden (Steel et al., 2010; Sun et al., 2010; Kaminski et al., 2013). Kaminski et al. untersuchten die Kontakt-Transmission des hier ebenfalls verwendeten HH05 Isolats und bestätigten die effiziente Transmission auf Sentineltiere. Im Gegensatz dazu werden für altsaisonale Influenzaviren unterschiedliche Transmissionseffizienzen für den direkten Kontakt von Meerschweinchen gezeigt. Mit Ausnahme eines alt-saisonalen H1N1 Influenzavirus, welches ebenfalls zu 100 % übertragen wurde, wiesen ein anderes alt-saisonales H1N1 und ein H3N2 Influenzavirus lediglich Übertragungsraten zwischen 25 % und 66 % auf (Mubareka et al., 2009; Sun et al., 2010; Lowen et al., 2006). Dies könnte auf eine höhere Effizienz der Kontakt-Transmission der 2009 ph1n1 Influenza im Gegensatz zu altsaisonalen Influenzaviren hindeuten und zur schnellen Ausbreitung der Pandemie in 2009 beigetragen haben. Die Kontakt-Transmission im Frettchenmodell wird in der Literatur als hoch effizient für humane Influenzaviren verschiedener Subtypen beschrieben (Bouvier und Lowen, 2010). Ebenso zeigten Maines et al., dass auch 2009 ph1n1 Influenzaviren zu 100 % über direkten Kontakt von Frettchen zu Frettchen transmittieren (Maines et al., 2009). Die Kontakt- Transmission im Frettchen wurde in dieser Arbeit nicht untersucht. Aerosol-Transmission Für die Untersuchung einer Übertragung von Tier zu Tier durch Aerosolbildung wurden jeweils nicht-infizierte Meerschweinchen bzw. Frettchen im Luftstrom von infizierten Tieren 125

133 Diskussion gehalten (3.4.6). Durch einen Abstand von etwa 10 cm der Käfige voneinander wurde sichergestellt, dass keine Übertragung durch direkten Kontakt oder große Respirationströpfchen erfolgte. In Meerschweinchen konnte eine Transmission über Aerosole nur für das HH05 Isolat nachgewiesen werden. In zwei von vier Sentineltieren konnte während des Versuchs Virus im ORT nachgewiesen werden (4.7.2). In einem Sentineltier war nach sechs Tagen Virus zu detektieren und im anderen zeitversetzt nach neun Tagen. Da die Tiere jeweils in Zweiergruppen gehalten wurden und eine effiziente Kontakt-Transmission für das HH05 Isolat bereits gezeigt wurde, ist hier eine direkte Übertragung vom ersten Sentineltier auf das zweite wahrscheinlich. Ein Antikörpernachweis der Sentineltiere zeigte eine Serokonversion von drei aus vier Sentineltieren (4.7.2). Die Virustiter im ORT des dritten Tieres lagen demnach voraussichtlich unter der Detektionsgrenze. Daraus ergibt sich für die Aerosol- Transmission von HH05 eine Effizienz von 75 %. Der Antikörpernachweis bestätigte weitergehend, dass für HH15 keine Aerosol-Transmission in Meerschweinchen stattfindet. Die beobachtete Replikation von HH15 im Gegensatz zu HH05 im URT von Meerschweinchen scheint demnach mit dem Verlust der Transmissibilität über Aerosole zu korrelieren. Es ist bekannt, dass HPAIV, die tiefer in der Lunge von Menschen replizieren, auch schlechter von Mensch zu Mensch transmittieren, was meistens aber mit einer ineffizienteren Replikation im ORT einhergeht (Shinya et al., 2006). Dies war im Fall von HH15 nicht zu beobachten, da es ebenso effizient im ORT replizierte wie das HH05 Isolat. Es wurde jedoch in der Literatur beschrieben, dass ein humanes H5N1 Influenzavirus, welches auch zu hohen Titern im ORT replizierte und über Kontakt transmittierte, nicht über Aerosol-Transmission auf naive Meerschweinchen übertragen wurde (Bouvier und Lowen, 2010; Steel et al., 2009). Eine Erklärung dafür liefert unter anderem eine Veröffentlichung von Zhang et al. (Zhang et al., 2012). Dort wird gezeigt, dass eine stärkere Affinität von 2009 ph1n1 Influenzaviren zu aviären Virusrezeptoren eine Aerosol-Transmission im Meerschweinchen trotz effizienter Replikation im ORT unterbindet. Dies stützt die Hypothese unter 5.5, nach der HH15 aviäre Virusrezeptoren stärker binden könnte als HH05. Dadurch könnte die Effizienz der Aerosol-Transmission eingebüßt worden sein. Steel et al. untersuchten ebenfalls die Aerosol-Transmission von 2009 ph1n1 Influenzaviren im Meerschweinchen (Steel et al., 2010). Dort transmittierten zwei verschiedene 2009 ph1n1 Influenzaviren mit einer Effizienz von 100 %. Das eine Influenzavirus wurde jedoch mit als erstes in 2009 sequenziert und weist zu HH05 eine höhere Sequenzhomologie auf als zu HH15, was darauf hindeutet, dass die HH15-spezifischen Mutationen zu den Unterschieden in der Aerosol-Transmission im Meerschweinchen beitragen. 126

134 Diskussion Eine Aerosol-Transmission von Frettchen zu Frettchen fand mit beiden 2009 ph1n1 Influenzaviren statt (4.8.2). Das HH05 Virus wurde initial jeweils zeitversetzt im ORT der Sentineltiere detektiert, in einem der Tiere erst 8 d p.i.. Das HH15 Virus hingegen wurde bereits früh im Verlauf des Versuchs in allen Sentineltieren detektiert und über einen längeren Zeitraum im ORT der einzelnen Tiere nachgewiesen als beim HH05 der Fall. Eine effiziente Aerosol-Transmission von 100 % wurde mittels Antikörpertest für HH05- sowie HH15-Sentineltiere bestätigt. Da die Frettchen jeweils zu zweit im Käfig gehalten wurden, liegt die Vermutung auch hier nahe, dass die Tiere mit Virustitern zu späteren Zeitpunkten, besonders bei HH05, durch eine Kontakt-Transmission infiziert wurden. Demzufolge könnte vermutet werden, dass das HH15 Virus tendenziell effizienter über Aerosole transmittiert als HH05, denn obwohl HH05 nach einer Übertragung auf die Sentineltiere zu höheren Titern im ORT repliziert, führt HH15 zu einer länger andauernden Viruslast. Dies würde bestätigen, dass eine effiziente Virusreplikation im ORT zu einer effizienten Aerosol-Transmission beiträgt. Zusammen mit dem für HH15 beobachteten Replikationsvorteil im URT der Frettchen, deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass HH15 tendenziell zu einer effizienteren Infektion im Frettchen führt als HH05. In Studien anderer Gruppen zur Aerosol-Transmission von 2009 ph1n1 Influenzaviren im Frettchenmodell wurde ebenfalls eine Effizienz von 100 % beschrieben (Itoh et al., 2009; Zhang et al., 2012; Munster et al., 2009). Zhang et al. zeigten dabei jedoch eine zeitversetze Infektion der Sentineltiere, vergleichbar zu HH05, was ebenfalls auf eine Kontakt- Transmission der Sentineltiere untereinander vermuten lässt. In einer weiteren Publikation transmittierten drei verschiedene 2009 ph1n1 Isolate jeweils nur mit einer Effizienz von 66 %, gemessen an Virustitern im ORT der Frettchen (Maines et al., 2009). Die unterschiedliche Effizienz in der Aerosol-Transmission von 2009 ph1n1 Influenzaviren wurde bisher nicht untersucht. Human-adaptierte, alt-saisonale oder pandemische 1918 Influenzaviren transmittieren effizient im Frettchen, aviäre Influenzaviren, unter anderem auch humane H5N1 Isolate, hingegen nicht (Bouvier und Lowen, 2010; Maines et al., 2009; Maines et al., 2006). In zwei parallel veröffentlichten Studien wurde gezeigt, dass humanadaptive Mutationen von aviären H5N1 Viren eine Transmission im Frettchen ermöglichen, was jedoch mit einer niedrigeren Replikation und Pathogenität einhergeht (Imai et al., 2012; Herfst et al., 2012). Sollte HH15 eine höhere Affinität zu aviären Virusrezeptoren erworben haben als HH05, würde die effizientere Replikation im URT mit diesen Ergebnissen zwar korrelieren, nicht aber die tendenziell effizientere Aerosol-Transmission erklären. Demnach könnte auch eine generell höhere Replikationseffizienz von HH15 für den tendenziellen Transmissionsvorteil verantwortlich sein. Zusammenfassend sprechen die Ergebnisse zur Replikation und Transmission in 2009 ph1n1-infizierten Frettchen dafür, dass HH15 durch adaptive Mutationen zum einen pathogener und zum anderen auch transmissiver geworden 127

135 Diskussion sein könnte als HH05. Dies würde zusätzlich unterstreichen, dass bei den 2009 ph1n1 andere Pathogenitätsdeterminanten eine Rolle spielen als bei HPAIV. Im Vergleich von Meerschweinchen und Frettchen sind demnach Unterschiede in der Aerosol-Transmission zu beobachten. Die vermutete effizientere Transmission von HH15 im Frettchen konnte im Meerschweinchen nicht gezeigt werden. Obwohl die Stichprobe für die Aerosol-Transmission im Frettchen zu klein ist, um HH15 generell transmissiver als HH05 zu bezeichnen, scheint HH15 im Meerschweinchen hingegen zu gar keiner Übertragung durch Aerosole zu führen. Hier gilt es allerdings hervorzuheben, dass die Virustiter im Respirationstrakt von Meerschweinchen nach 2009 ph1n1-infektion generell niedriger waren als in Frettchen. Diese generell reduzierte Virusreplikation im Meerschweinchen könnte ein wichtiger Punkt bei der Restriktion einer Virustransmission im Gegensatz zum Frettchenmodell darstellen. Die Rezeptorverteilung im Respirationstrakt und die Pathogenese von Frettchen ähnelt im Vergleich zu Meerschweinchen eher der im Menschen. Daher stellt sich die Frage, ob die Aerosol-Transmission im Frettchen eher die Gegebenheiten in der Bevölkerung widerspiegelt. Unterschiede in Replikation und Rezeptorbindung könnten im Meerschweinchen hingegen deutlicher zum Vorschein kommen. Zhang et al. zeigten, dass Unterschiede in der Rezeptorbindung von Influenzaviren im Meerschweinchen deutlicher zu beobachten waren als im Frettchen (Zhang et al., 2012). Weitere Untersuchungen dazu, welche Rolle die Sequenzunterschiede von HH05 und HH15 bei der differenziellen Transmission im Meerschweinchen und Frettchen spielen, sollte in Zukunft weiter untersucht werden. Die Größe der Aerosolpartikel ist entscheidend für die Persistenz in der Luft und die Menge an transportierten Viruspartikeln wichtig für das Eindringen in die Atemwege (Tellier, 2009; Gustin et al., 2011). Daher wäre es von Interesse zu untersuchen, ob sich Größe und Menge der Aerosolpartikel von HH05 und HH15 voneinander unterschieden und somit einen Einfluss auf deren Transmissionseffizienz haben könnten. 5.7 Eine höhere Pathogenität von HH15 im Vergleich zu HH05 Die Ergebnisse zur Charakterisierung der 2009 ph1n1 Influenzaviren in dieser Arbeit lassen deutlich auf eine höhere Pathogenität des HH15 Virusisolats im Vergleich zu HH05 schließen. Wie in Tab. 7 schematisch zusammengefasst, repliziert HH15 in humanen Lungenzellen zu höheren Titern als HH05. In vivo ist HH15 im C57BL/6J Mausmodell 50-fach virulenter und führt zu einer schwereren Erkrankung mit andauernder Lymphopenie im Vergleich zu HH05. Darüber hinaus scheint HH15 im Gegensatz zu HH05 in C57BL/6J Mäusen auch zu einer Viräme zu führen. Dementsprechend kommt es auch im Meerschweinchen und Frettchenmodell zu einer schwereren Erkrankung nach HH15-128

136 Diskussion Infektion im Vergleich zur HH05-Infektion, vor allem gemessen an der Viruslast im Respirationstrakt. Vier der zwölf HH15-spezifischen Mutationen konnten als Pathogenitätsdeterminanten in C57BL/6J Mäusen identifiziert werden. Aufgrund der Ergebnisse zur Replikation in den verschiedenen Säugermodellen könnte eine veränderte Rezeptorspezifität oder Antigenität von HA eine wichtige Rolle bei der beobachteten erhöhten Pathogenität spielen. Darüber hinaus tragen HH15-spezifische Mutationen im NP Protein zur einer andauernden Lymphopenie in HH15-infizierten C57BL/6J Mäusen bei. Die in vitro Polymeraseaktivität von HH15 ist trotz des Replikationsvorteils von HH15 im Säuger niedriger als die von HH05 (Tab. 7). Da eine erhöhte Pathogenität in der Regel mit einer effizienteren Polymeraseaktivität einhergeht, spricht dieses Ergebnis dafür, dass für die beobachtete höhere Virusreplikation von HH15 im Tiermodell sowie in humanen Zellen nicht die intrinsische Funktion der Polymerase sondern andere virale oder zelluläre Faktoren zusätzlich eine Rolle spielen. Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass auch die Immunantwort des Wirts eine entscheidende Rolle in der gesteigerten Pathogenität von HH15 spielt. Die durch Lymphozytendepletion hervorgerufene Immunsuppression könnte zur erhöhten Replikation von HH15 im Tiermodell beigetragen haben. Die Aerosol-Transmission zeigt erhebliche Unterschiede zwischen den beiden verwendeten Säugermodellen (Tab. 7). HH15 zeigt im Meerschweinchen eine höhere Replikation als HH05, welche in keiner Aerosol-Transmission resultiert. Basierend auf der Literatur wäre mit eine erhöhten Replikation im URT, wie für HH15, eine erniedrigere Transmissionseffizienz auch zu erwarten. Da sich die 2009 ph1n1 Influenza bereits kurz nach ihrem Auftreten weltweit ausbreiten konnte, könnten später erworbene Mutationen wie hier im HH15, nur nach Pathogenität oder nach einer damit einhergehenden Veränderung der Antigenität selektiert worden sein. Rezeptorbindung sowie Antigenität von HH05 und HH15 sollten daher in Zukunft weitergehend untersucht werden. Im Gegensatz zum Meerschweinchen scheint HH05 im Frettchenmodell hingegen sogar tendenziell effizienter über Aerosole zu transmittieren als HH05. Sollte sich dieses Ergebnis mit einer höheren Stichprobe bestätigen, könnte es darauf hindeuten, dass die 2009 ph1n1 Influenzaviren durch adaptive Mutationen, wie hier in HH15, pathogener und zusätzlich transmissiver geworden sind. Abschließend ist festzustellen, dass diese Arbeit deutliche Hinweise auf die Selektion von adaptiven Pathogenitätsdeterminanten im Verlauf der 2009 Pandemie zeigt. Das HA und NP Protein wurde in der Maus als wichtige Pathogenitätsdeterminante identifiziert. Diese Daten sprechen eindeutig dafür, dass 2009 ph1n1 Influenzaviren kurz nach Ausbruch der Pandemie ihr Replikationspotenzial erhöht haben. Dies könnte einen wichtigen Einfluss auf die erhöhte Pathogenität vor allem bei den am schwersten betroffenen Patienten mit vorhandenen Ko-Morbiditäten gehabt haben. Hervorzuheben ist dabei, dass die als 129

137 Diskussion Pathogenitätsdeterminanten identifizierten Mutationen noch heute in zirkulierenden 2009 ph1n1 Influenzaviren prevalent sind. Bezüglich der Transmissibilität lässt sich keine allgemein gültige Aussage treffen. Diese scheint vor allem vom verwendeten Tiermodell abzuhängen. Allerdings führen diese Ergebnisse vor Augen, wie wichtig eine Evaluierung von Transmissionseigenschaften in verschiedenen Tiermodellen ist. Anatomische Unterschiede wie z.b. die differenzielle Rezeptorverteilung im Respirationstrakt oder Unterschiede in der Immunantwort können verschiedene Ergebnisse liefern, die vorsichtig im jeweiligen Hintergrund des verwendeten Tiermodels diskutiert werden müssen. Tab. 7: Schematische Darstellung der in vitro und in vivo Unterschiede von HH15 (ph1n1) im Vergleich zu HH05 (ph1n1) Dargestellt sind untersuchte in vitro und in vivo Parameter zur Pathogenität und Transmission der 2009 ph1n1 Influenzaviren in humanen Zellen, C57BL/6J Mäusen, Meerschweinchen oder Frettchen. Es wird jeweils eine Erhöhung ( ), eine Erniedrigung ( ) oder kein Unterschied ( ) des jeweiligen Parameters von HH15 im Vergleich zu HH05 gezeigt (ORT = oberer Respirationstrakt, URT = unterer Respirationstrakt). 130

Grippe eine harmlose Erkrankung. Manfred H. Wolff Institut für Mikrobiologie und Virologie Universität Witten / Herdecke

Grippe eine harmlose Erkrankung. Manfred H. Wolff Institut für Mikrobiologie und Virologie Universität Witten / Herdecke Grippe eine harmlose Erkrankung Manfred H. Wolff Institut für Mikrobiologie und Virologie Universität Witten / Herdecke Streuung von Tröpfchen nach Niesen Die meisten der 20.000 Partikel kommen aus dem

Mehr

3.1 Virologische Laboratoriumsdiagnostik Proben zur Untersuchung auf Influenza... 29

3.1 Virologische Laboratoriumsdiagnostik Proben zur Untersuchung auf Influenza... 29 Inhaltsverzeichnis Einleitung........................................... XVII 1 Virologie........................................ 1 1.1 Typen und Subtypen................................ 1 1.2 Nomenklatur

Mehr

Das aktuelle infektiologische Thema

Das aktuelle infektiologische Thema Das aktuelle infektiologische Thema St. Galler Infekktag 2004 Gerhard Eich Fachbereich Infektiologie / Spitalhygiene Spitalregion St. Gallen Rorschach Vogelgrippe 2004 Chronologie Hühnerfarmen Menschen

Mehr

Influenza des Schweines

Influenza des Schweines Influenza des Schweines Historie: - erstmals beobachtet 1918 in USA, China, Ungarn - zeitgleich mit der Pandemie beim Menschen (> 20 Mill. Tote) - Virus-Subtyp H1N1 - Übertragung sehr wahrscheinlich vom

Mehr

Impfschutz in der Grippesaison und im Pandemiefall..

Impfschutz in der Grippesaison und im Pandemiefall.. Paul-Ehrlich-Institut Bundesamt für Sera und Impfstoffe Impfschutz in der Grippesaison und im Pandemiefall....Gemeinsamkeiten und Unterschiede AGI Pressekonferenz - 12.09.06 - Dr. M. Pfleiderer Viren,

Mehr

Influenza eine unterschätzte Krankheit

Influenza eine unterschätzte Krankheit Influenza eine unterschätzte Krankheit Cornelia Otto Abteilung Hygiene und Umweltmedizin, Sachgebiet Infektionshygiene/Medizinalwesen Referat für Gesundheit und Umwelt Landeshauptstadt München Infektionshygiene.rgu@muenchen.de

Mehr

Seminar Biogefährdung für die Feuerwehr:Influenza. Influenzavirus. Dr. L. Wickert 2011

Seminar Biogefährdung für die Feuerwehr:Influenza. Influenzavirus. Dr. L. Wickert 2011 Influenzavirus Dr. L. Wickert 2011 gehören zu den Orthomyxoviren besitzen eine segmentierte Negativstrang-RNA lösen Infektionen des Respirationstrakt aus Einteilung: Influenza A Influenza B Influenza C

Mehr

Schweineinfluenzaviren Erreger in stetem Wandel

Schweineinfluenzaviren Erreger in stetem Wandel Schweineinfluenzaviren Erreger in stetem Wandel Roland Zell und Peter Wutzler Institut für Viroloie und Antivirale Therapie Universitätsklinikum Jena Hans-Knöll-Str. 2 07745 Jena Influenzaviren gehören

Mehr

Analyse der genetischen Kompatibilität porciner, humaner und aviärer Influenza A-Viren und Charakterisierung generierter Influenzavirus-Reassortanten

Analyse der genetischen Kompatibilität porciner, humaner und aviärer Influenza A-Viren und Charakterisierung generierter Influenzavirus-Reassortanten Analyse der genetischen Kompatibilität porciner, humaner und aviärer Influenza A-Viren und Charakterisierung generierter Influenzavirus-Reassortanten Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades

Mehr

Einschätzung des Robert Koch-Instituts zur Situation der Schweinegrippe

Einschätzung des Robert Koch-Instituts zur Situation der Schweinegrippe Einschätzung des Robert Koch-Instituts zur Situation der Schweinegrippe Stand 27.04.2009, 09:00 Uhr In den USA sind 20 Fälle von Schweine-Influenza A/H1N1 beim Menschen entdeckt worden: New York 8 Fälle,

Mehr

Virale Erkältungskrankheiten

Virale Erkältungskrankheiten 24. Südtiroler Herbstgespräche Virale Erkältungskrankheiten - respiratorische Viren und ihre Gefährlichkeit Dr. Monika Redlberger-Fritz Klinisches Institut für Virologie Medizinische Universität Wien Übertragungswege

Mehr

Zahlreiche deutsche Touristen infizieren sich im Spanienurlaub mit dem Schweinegrippevirus A (H1N1)

Zahlreiche deutsche Touristen infizieren sich im Spanienurlaub mit dem Schweinegrippevirus A (H1N1) Schweinegrippe: Muss der Mallorcaurlaub ausfallen? Zahlreiche deutsche Touristen infizieren sich im Spanienurlaub mit dem Schweinegrippevirus A (H1N1) Frankfurt am Main (24, Juli 2009) - Nach Angaben des

Mehr

Stellungnahme der ZKBS zur Risikobewertung von gentechnischen Arbeiten mit rekombinanten Influenza-A-Viren

Stellungnahme der ZKBS zur Risikobewertung von gentechnischen Arbeiten mit rekombinanten Influenza-A-Viren Az. 45310.0113 Februar 2016 Stellungnahme der ZKBS zur Risikobewertung von gentechnischen Arbeiten mit rekombinanten Influenza-A-Viren Influenza-A-Viren (FLUAV) gehören zur Familie der Orthomyxoviridae.

Mehr

Impressum. Zarenga GmbH, Bonn Zarenga GmbH, Pfaffenweg 15, Bonn. Alle Rechte sind vorbehalten.

Impressum. Zarenga GmbH, Bonn Zarenga GmbH, Pfaffenweg 15, Bonn. Alle Rechte sind vorbehalten. GRIPPE RATGEBER Impressum Zarenga GmbH, Bonn 2015 Zarenga GmbH, Pfaffenweg 15, 53227 Bonn Alle Rechte sind vorbehalten. Dieses Buch, einschließlich seiner einzelnen Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Mehr

Fotoausstellung des Robert Koch-Instituts zur Diagnostik von Influenzaviren

Fotoausstellung des Robert Koch-Instituts zur Diagnostik von Influenzaviren Fotoausstellung des Robert Koch-Instituts zur Diagnostik von Influenzaviren 1) Die Mitarbeiter des Nationalen Referenzzentrums für Influenza am Robert Koch-Institut Vorne rechts im Bild die Leiterin, Dr.

Mehr

Etablierung, Validierung und praktische Anwendung einer multiplex real-time RT-PCR zum Nachweis des Rabbit Haemorrhagic Disease Virus

Etablierung, Validierung und praktische Anwendung einer multiplex real-time RT-PCR zum Nachweis des Rabbit Haemorrhagic Disease Virus Aus dem Institut für Virologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover und dem Institut für Virusdiagnostik des Friedrich-Loeffler-Instituts, Insel Riems Etablierung, Validierung und praktische Anwendung

Mehr

Station 1: Das Grippe-Virus

Station 1: Das Grippe-Virus K. 8 Immunbiologie M 3 Station 1: Das Grippe-Virus In den Jahren 1918 und 1919 erkrankten weltweit über 700 Millionen Menschen an Grippe. 40 Millionen starben. Diese Grippewelle, eine sog. Pandemie (weltweite

Mehr

Molekulare Mechanismen der Adaptation sowie Impfstudien zur Bekämpfung von aviären Influenza-A-Viren

Molekulare Mechanismen der Adaptation sowie Impfstudien zur Bekämpfung von aviären Influenza-A-Viren Molekulare Mechanismen der Adaptation sowie Impfstudien zur Bekämpfung von aviären Influenza-A-Viren I n a u g u r a l d i s s e r t a t i o n zur Erlangung des akademischen Grades doctor rerum naturalium

Mehr

Tobler Ackermann Fraefel Allgemeine Virologie. basics

Tobler Ackermann Fraefel Allgemeine Virologie. basics Tobler Ackermann Fraefel Allgemeine Virologie basics 20 Einführung in die Virologie GFP-Fluoreszenz auch in lebenden Zellen nachgewiesen werden. GFP kann mit den meisten anderen Proteinen (auch Virusproteinen),

Mehr

Az.: Aktualisierte Fassung von Juli 2015

Az.: Aktualisierte Fassung von Juli 2015 Az.: 6790-05-02-34 Aktualisierte Fassung von Juli 2015 Stellungnahme der ZKBS zur Risikobewertung hochpathogener aviärer Influenzavirus-A-Stämme der Subtypen H5 und H7 und davon abgeleiteter Laborstämme

Mehr

Die antivirale Therapie der chronischen Hepatitis B: Identifikation neuer Resistenzmutationen und Optimierung der Verlaufskontrolle

Die antivirale Therapie der chronischen Hepatitis B: Identifikation neuer Resistenzmutationen und Optimierung der Verlaufskontrolle Angefertigt am Fachbereich 08 - Biologie und Chemie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Virologie am Fachbereich 11- Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen Die antivirale Therapie

Mehr

VOGELGRIPPE Gefahr oder Hysterie? Alles zum Thema Influenza/Grippe, grippaler Infekt und Pandemie

VOGELGRIPPE Gefahr oder Hysterie? Alles zum Thema Influenza/Grippe, grippaler Infekt und Pandemie VOGELGRIPPE Gefahr oder Hysterie? Alles zum Thema Influenza/Grippe, grippaler Infekt und Pandemie Influenza Virus Hemagglutinin Lipid membrane M1 protein M2 Neuraminidase RNP Polymerase Nucleoprotein vrna

Mehr

Bornemann: Vogelgrippe-Influenza Bremen,

Bornemann: Vogelgrippe-Influenza Bremen, Bornemann: Vogelgrippe-Influenza Bremen, 9..05 Inhalte Von der Vogelgrippe zur Influenza-Pandemie Reinhard Bornemann Definitionen Influenza-Pandemien Aufbau des Influenza-Virus pandemische Bedrohung Kontrollmaßnahmen

Mehr

Öffentliche Anhörung Biosicherheit des Deutschen Ethikrates Berlin,

Öffentliche Anhörung Biosicherheit des Deutschen Ethikrates Berlin, Öffentliche Anhörung Biosicherheit des Deutschen Ethikrates Berlin, 25.04.2013 Dual-Use-Gefahrenpotentiale in der aktuellen biowissenschaftlichen Forschung - Influenzaviren Hans Dieter Klenk Institut für

Mehr

Hochdurchsatz Generierung und Analyse von Arabidopsis thaliana-proteinen

Hochdurchsatz Generierung und Analyse von Arabidopsis thaliana-proteinen MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR MOLEKULARE GENETIK Hochdurchsatz Generierung und Analyse von Arabidopsis thaliana-proteinen Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie

Mehr

Dipl. Biol. Florian Zielecki

Dipl. Biol. Florian Zielecki Aus dem Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut in Berlin Analyse molekularer Pathomechanismen des viralen NS1 Proteins eines

Mehr

Merkblätter Geflügelpest. Allgemeines: Derzeitige Situation (Stand ):

Merkblätter Geflügelpest. Allgemeines: Derzeitige Situation (Stand ): Allgemeines: Die Vogelgrippe (aviäre Influenza, avian influenza, bird flu ) tritt weltweit auf. Sie wird durch Viren ausgelöst und befällt normalerweise nur Vögel, selten Schweine. Geflügel scheint besonders

Mehr

1. Hygienetag HVO. Impfungen. Matthias Schlegel Infektiologie/Spitalhygiene, KSSG ; 1.

1. Hygienetag HVO. Impfungen. Matthias Schlegel Infektiologie/Spitalhygiene, KSSG ; 1. 1. Hygienetag HVO Impfungen Matthias Schlegel Infektiologie/Spitalhygiene, KSSG Impfung Vorbeugende Massnahme Verhindert Infektionskrankheiten und gefährliche Auswirkungen Imitiert eine natürliche Infektion:

Mehr

Molecular Farming-Produktion von therapeutischen Eiweißen in Pflanzen

Molecular Farming-Produktion von therapeutischen Eiweißen in Pflanzen Molecular Farming-Produktion von therapeutischen Eiweißen in Pflanzen Zellbiologische und methodische Grundlagen Spinnenseidenproteine aus Pflanzen Vogelgrippevakzine aus Pflanzen Therapeutische antibakterielle

Mehr

Neue Möglichkeiten im Wettlauf gegen Epidemie und Pandemie - Grippe auf dem Vormarsch Vorbeugen

Neue Möglichkeiten im Wettlauf gegen Epidemie und Pandemie - Grippe auf dem Vormarsch Vorbeugen Neue Möglichkeiten im Wettlauf gegen Epidemie und Pandemie Grippe auf dem Vormarsch Vorbeugen ist noch möglich Berlin (30. Januar 2007) Seit dem Kälteeinbruch beginnt nun die Grippe-Saison in Deutschland.

Mehr

Herstellung und Charakterisierung von zellpermeablem Interferon-α des Waldmurmeltieres (Marmota monax)

Herstellung und Charakterisierung von zellpermeablem Interferon-α des Waldmurmeltieres (Marmota monax) Aus der Abteilung Innere Medizin II der Medizinischen Universitätsklinik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Herstellung und Charakterisierung von zellpermeablem Interferon-α des Waldmurmeltieres

Mehr

Rekombinante Antikorperfragmente fur die. Zoonosediagnostik

Rekombinante Antikorperfragmente fur die. Zoonosediagnostik Rekombinante Antikorperfragmente fur die Zoonosediagnostik Von der Fakultat fur Lebenswissenschaften der Technischen Universitat Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig zur Erlangung des Grades eines Doktors

Mehr

Einführung in die Virologie

Einführung in die Virologie Allgemeine Pathologie Einführung in die Virologie 2. Jahr Vetsuisse Curriculum FS 2017 cornel.fraefel@uzh.ch Programm 1. Was sind Viren Wie sind sie aufgebaut? Wie vermehren sie sich? 2. Wie machen Viren

Mehr

Zusammenfassung. 1 Einleitung. 2 Material & Methoden. 1.1 Hepatitis B Virus (HBV) 1.2 Adeno-Assoziierte Viren (AAV) 1.3 Das humane Immunsystem

Zusammenfassung. 1 Einleitung. 2 Material & Methoden. 1.1 Hepatitis B Virus (HBV) 1.2 Adeno-Assoziierte Viren (AAV) 1.3 Das humane Immunsystem Zusammenfassung 1 Einleitung 1.1 Hepatitis B Virus (HBV) 1.1.1 Epidemiologie des humanen HBV 1.1.2 Partikelaufbau des HBV 1.1.3 Hüllproteine 1.1.4 Genomorganisation 1.1.5 Replikationszyklus 1.2 Adeno-Assoziierte

Mehr

Influenzaviren: Aktuelle Untersuchungen zur anti-viralen Wirkung von Senfölen aus Kapuzinerkresse und Meerrettich

Influenzaviren: Aktuelle Untersuchungen zur anti-viralen Wirkung von Senfölen aus Kapuzinerkresse und Meerrettich JUSTUS-LIEBIG- UNIVERSITÄT GIESSEN FACHBEREICH MEDIZIN Influenzaviren: Aktuelle Untersuchungen zur anti-viralen Wirkung von Senfölen aus Kapuzinerkresse und Meerrettich Stephan Pleschka Institut für Medizinische

Mehr

Untersuchung des Infektionsverhaltens verschiedener respiratorischer Viren in humanem ex vivo kultiviertem Lungengewebe

Untersuchung des Infektionsverhaltens verschiedener respiratorischer Viren in humanem ex vivo kultiviertem Lungengewebe Untersuchung des Infektionsverhaltens verschiedener respiratorischer Viren in humanem ex vivo kultiviertem Lungengewebe D i s s e r t a t i o n zur Erlangung des akademischen Grades D o c t o r r e r u

Mehr

0 INHALTSVERZEICHNIS... 3

0 INHALTSVERZEICHNIS... 3 0 INHALTSVERZEICHNIS... 3 1 EINLEITUNG... 8 1.1 RELEVANZ TROPISCHER REGENWÄLDER FÜR DIE VIRUSDIVERSITÄT... 8 1.2 EINFLUSS DES MENSCHEN AUF DAS AUFTRETEN NEUARTIGER ERREGER... 8 1.3 MOSKITOS ALS VIRUSRESERVOIR...

Mehr

Charakterisierung der mirna-expression im großzellig anaplastischen T-Zell-Lymphom

Charakterisierung der mirna-expression im großzellig anaplastischen T-Zell-Lymphom Charakterisierung der mirna-expression im großzellig anaplastischen T-Zell-Lymphom Dissertation der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen zur Erlangung des

Mehr

Empfehlungen für Gesundheitsbehörden veröffentlicht

Empfehlungen für Gesundheitsbehörden veröffentlicht Schweinegrippe: Empfehlungen für Gesundheitsbehörden veröffentlicht Berlin (27. April 2009) - In den USA und vor allem in Mexiko sind insgesamt mehrere hundert Menschen an Schweine-Influenza erkrankt,

Mehr

Fragen und Antworten des Bundesministeriums für Gesundheit und des Robert Koch-Instituts zur Neuen Grippe beim Menschen

Fragen und Antworten des Bundesministeriums für Gesundheit und des Robert Koch-Instituts zur Neuen Grippe beim Menschen Sie sind hier: Startseite Infektionskrankheiten A - Z Influenza, Schweine-Influenza, Pandemieplanung, Vogelgrippe Fragen und Antworten des Bundesministeriums für Gesundheit und des Robert Koch-Instituts

Mehr

Die Rolle des aviären PB1 Gens bei der Entstehung pandemischer Influenza-A-Viren

Die Rolle des aviären PB1 Gens bei der Entstehung pandemischer Influenza-A-Viren Aus dem Institut für Virologie der Philipps-Universität Marburg Direktor: Prof. Dr. Stephan Becker Die Rolle des aviären PB1 Gens bei der Entstehung pandemischer Influenza-A-Viren Dissertation zur Erlangung

Mehr

Abkürzungen...VI. 1 Einleitung Das Immunorgan Darm Das Immunsystem des Darms (GALT)...2

Abkürzungen...VI. 1 Einleitung Das Immunorgan Darm Das Immunsystem des Darms (GALT)...2 Inhaltsverzeichnis Abkürzungen...VI 1 Einleitung... 1 1.1 Das Immunorgan Darm... 1 1.1.1 Anatomischer und histologischer Aufbau des Darms... 1 1.1.2 Das Immunsystem des Darms (GALT)...2 1.1.3 Das intestinale

Mehr

Influenza Evaluierung an Ringversuchsproben

Influenza Evaluierung an Ringversuchsproben Influenza Evaluierung an Ringversuchsproben Mag. Thomas Mayerhofer Abbildungen und Texte teilweise aus Wikipedia www.lknoe.at Einleitung Die Influenza, auch echte Grippe oder Virusgrippe genannt, ist eine

Mehr

Vogelgrippe und Influenza. Allgemeines

Vogelgrippe und Influenza. Allgemeines Vogelgrippe und Influenza Allgemeines Wann sollte man an eine Influenza A/H5N1 Infektion denken Welche Maßnahmen sollten im Verdachtsfall ergriffen werden Erregernachweis - Labor Enders Allgemeines Die

Mehr

Prof. Dr. Stephan Ludwig. Institut für Molekulare Virologie (IMV)

Prof. Dr. Stephan Ludwig. Institut für Molekulare Virologie (IMV) Cystus052, ein polyphenolreicher Pflanzenextrakt wirkt gegen Grippeviren durch Blockierung des Viruseintritts in die Wirtszelle Prof. Dr. Stephan Ludwig Institut für Molekulare Virologie (IMV) Die Virusgrippe

Mehr

Vorgehen bei besonders kritischen biologischen Gefahrenlagen. Volker Moennig Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgehen bei besonders kritischen biologischen Gefahrenlagen. Volker Moennig Tierärztliche Hochschule Hannover Vorgehen bei besonders kritischen biologischen Gefahrenlagen Volker Moennig Tierärztliche Hochschule Hannover Was sind besonders kritische biologische Gefahrenlagen? Emerging Diseases, allgemein Neue virale

Mehr

Grundinformationen für Mitarbeitende in Heimen über Vorbereitungen auf eine allfällige Pandemie mit dem Vogelgrippe-Virus

Grundinformationen für Mitarbeitende in Heimen über Vorbereitungen auf eine allfällige Pandemie mit dem Vogelgrippe-Virus Aviäre Influenza Grundinformationen für Mitarbeitende in Heimen über Vorbereitungen auf eine allfällige Pandemie mit dem Vogelgrippe-Virus (Pandemische Warnperiode, Pandemiephasen 3/4) 1 Aviäre Influenza

Mehr

Analyse der Regulation der RNA-Synthese des Influenza A Virus durch das virale NS2 Protein

Analyse der Regulation der RNA-Synthese des Influenza A Virus durch das virale NS2 Protein Analyse der Regulation der RNA-Synthese des Influenza A Virus durch das virale NS2 Protein Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) eingereicht

Mehr

Influenza A+B EINFACH SCHNELL PRAKTISCH. Sind Sie an einer Grippe erkrankt? Fragen Sie Ihren Arzt nach dem Influenza Schnelltest

Influenza A+B EINFACH SCHNELL PRAKTISCH. Sind Sie an einer Grippe erkrankt? Fragen Sie Ihren Arzt nach dem Influenza Schnelltest Welche Vorteile bietet bionexia Influenza A+B? bionexia Influenza A+B Test ist ein Schnelltest, der Ihrem Arzt eine rasche Diagnose auf Influenza ermöglicht. Typ A und Typ B werden mit nur einem Test diagnostiziert

Mehr

Information für Kindergärten & Schulen

Information für Kindergärten & Schulen Information für Kindergärten & Schulen Was ist die Vogelgrippe Das Wort Vogelgrippe (der richtige wissenschaftliche Name lautet aviäre Influenza ) bezeichnet eine Erkrankung des Geflügels (Hühner, Puten,

Mehr

Rekombinante Antikorper. fur,,lab-on-chip"

Rekombinante Antikorper. fur,,lab-on-chip Rekombinante Antikorper fur,,lab-on-chip" Von der Fakultat fur Lebenswissenschaften der Technischen Universitat Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Naturwissenschaften

Mehr

Untersuchungen zur Wirkung von Pasteurella multocida Toxin

Untersuchungen zur Wirkung von Pasteurella multocida Toxin Institut fiir Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Albert-Ludwigs-Universitat Freiburg Untersuchungen zur Wirkung von Pasteurella multocida Toxin Dissertation zur Erlangung des

Mehr

Warum will man Gene in Zellen einbringen? Gentransfer in eukaryotische Zellen

Warum will man Gene in Zellen einbringen? Gentransfer in eukaryotische Zellen Warum will man Gene in Zellen einbringen? Gentransfer in eukaryotische Zellen die Zelle soll Eigenschaften bekommen, die sie normalerweise nicht hat die Zelle soll Eigenschaften bekommen, die sie normalerweise

Mehr

Aufbau eines Assays zur Optimierung einer Polymerase für die Generierung hochgradig fluoreszenz-markierter DNA

Aufbau eines Assays zur Optimierung einer Polymerase für die Generierung hochgradig fluoreszenz-markierter DNA Aufbau eines Assays zur Optimierung einer Polymerase für die Generierung hochgradig fluoreszenz-markierter DNA Von der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu

Mehr

Gewebeprotektive Eigenschaften von. lnterleukin-22 in der Leber

Gewebeprotektive Eigenschaften von. lnterleukin-22 in der Leber Gewebeprotektive Eigenschaften von lnterleukin-22 in der Leber Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften vorgelegt beim Fachbereich Biochemie, Chemie und Pharmazie der Johann

Mehr

Patienteninformation. Vogelgrippe. Prof. Dr. med. H.-P. Seelig

Patienteninformation. Vogelgrippe. Prof. Dr. med. H.-P. Seelig Patienteninformation Vogelgrippe Prof. Dr. med. H.-P. Seelig Trügerische Idylle? Enten in den See gehend (Alexander Köster, 1864-1932, Öl/Lwd., Ausschnitt) Foto: Ketterer Kunst, München Medizinisches Versorgungszentrum

Mehr

Das Influenzavirus Kinderdoktorarbeit Am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift Doktorvater Dr. med. Rüdiger Werbeck Eingereicht von:

Das Influenzavirus Kinderdoktorarbeit Am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift Doktorvater Dr. med. Rüdiger Werbeck Eingereicht von: Das Influenzavirus Kinderdoktorarbeit Am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift Doktorvater Dr. med. Rüdiger Werbeck Eingereicht von: Tim Christoph S. 06.09.1991 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 3

Mehr

Aus dem Institut für Virologie des Fachbereiches Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin

Aus dem Institut für Virologie des Fachbereiches Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin Aus dem Institut für Virologie des Fachbereiches Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin und dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin in Berlin Seroepidemiologische

Mehr

Biologie I/B: Klassische und molekulare Genetik, molekulare Grundlagen der Entwicklung Theoretische Übungen SS 2016

Biologie I/B: Klassische und molekulare Genetik, molekulare Grundlagen der Entwicklung Theoretische Übungen SS 2016 Biologie I/B: Klassische und molekulare Genetik, molekulare Grundlagen der Entwicklung Theoretische Übungen SS 2016 Fragen für die Übungsstunde 4 (20.06. 24.06.) Regulation der Transkription II, Translation

Mehr

Traditionelle und innovative Impfstoffentwicklung

Traditionelle und innovative Impfstoffentwicklung Traditionelle und innovative Impfstoffentwicklung Reingard.grabherr@boku.ac.at Traditionelle Impfstoffentwicklung Traditionelle Impfstoffentwicklung Louis Pasteur in his laboratory, painting by A. Edelfeldt

Mehr

Kontrolle des murinen Cytomegalovirus durch. y6 T-Zellen

Kontrolle des murinen Cytomegalovirus durch. y6 T-Zellen Kontrolle des murinen Cytomegalovirus durch y6 T-Zellen Der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Doktorgrades Dr. rer. nat. vorgelegt

Mehr

Klassische Geflügelpest ( Hoch pathogene Aviäre Influenza ) in den Niederlanden und in Belgien

Klassische Geflügelpest ( Hoch pathogene Aviäre Influenza ) in den Niederlanden und in Belgien Klassische Geflügelpest ( Hoch pathogene Aviäre Influenza ) in den Niederlanden und in Belgien Die Klassische Geflügelpest (KP) ist eine durch hoch pathogene Aviäre Influenzaviren (HPAIV) verursachte schwere

Mehr

LaboReport. Vogelgrippe. Januar 2006

LaboReport. Vogelgrippe. Januar 2006 36 LaboReport Januar 2006 Vogelgrippe Die Vogelgrippe (aviäre Influenza) ist eine akute, sehr ansteckende Infektionskrankheit der Vögel. Sie kann mild verlaufen, sie kann aber auch als Geflügelpest mit

Mehr

Untersuchungen zur Rolle der Importin-α Proteine bei der Replikation von Influenza A Viren im Respirationstrakt des Säugers

Untersuchungen zur Rolle der Importin-α Proteine bei der Replikation von Influenza A Viren im Respirationstrakt des Säugers Untersuchungen zur Rolle der Importin-α Proteine bei der Replikation von Influenza A Viren im Respirationstrakt des Säugers Dissertation zur Erlangung der Würde des Doktors der Naturwissenschaften (Dr.

Mehr

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer.nat.) dem Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer.nat.) dem Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg Generierung und Charakterisierung eines neuen Donorstammes für die Influenza Saatvirusherstellung und die Charakterisierung von Influenza Viren in verschiedenen Wirtssystemen. Dissertation zur Erlangung

Mehr

Phylogenetische Untersuchung von nach der H1N1 Pandemie 2009 in süddeutschen schweinehaltenden Betrieben zirkulierenden Influenza A Viren

Phylogenetische Untersuchung von nach der H1N1 Pandemie 2009 in süddeutschen schweinehaltenden Betrieben zirkulierenden Influenza A Viren Phylogenetische Untersuchung von nach der H1N1 Pandemie 2009 in süddeutschen schweinehaltenden Betrieben zirkulierenden Influenza A Viren von Jessica Pippig Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde

Mehr

Grippeschutz nicht vergessen. Impfen nützt impfen schützt!

Grippeschutz nicht vergessen. Impfen nützt impfen schützt! Grippeschutz nicht vergessen. Impfen nützt impfen schützt! Grippe die unterschätzte Gefahr. Jedes Jahr suchen viele Personen wegen einer Influenza oder einer grippeähnlichen Erkrankung eine Arztpraxis

Mehr

Immunbiologie. Teil 3

Immunbiologie. Teil 3 Teil 3 Haupthistokompatibilitätskomplex (1): - es gibt einen grundlegenden Unterschied, wie B-Lymphozyten und T-Lymphozyten ihr relevantes Antigen erkennen - B-Lymphozyten binden direkt an das komplette

Mehr

Aus dem Fachbereich Medizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

Aus dem Fachbereich Medizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Aus dem Fachbereich Medizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde Direktor. Prof. Dr. med. Timo Stöver Prävalenz der high-risk HP-Viren 16 und

Mehr

Influenza Pandemie!!!

Influenza Pandemie!!! -1- Influenza 2009 Grippe Pandemie? = Influenza Pandemie!!! -3- Übertragungsweg Tröpfcheninfektion Hustenstoß mit Aerosol (Gemisch aus Flüssigkeit und Luft) trägt ca. 1 Meter weit Viren in den Flüssigkeitspartikeln

Mehr

Inhalt. Picornaviren Human Rhinovirus. 1 Einleitung. 3 Die Polyproteinsynthese 4 Die 3C Protease und ihre Funktionen 5 Zusammenfassung 6 Glossar

Inhalt. Picornaviren Human Rhinovirus. 1 Einleitung. 3 Die Polyproteinsynthese 4 Die 3C Protease und ihre Funktionen 5 Zusammenfassung 6 Glossar 04.05.2009 Picornaviren Human Rhinovirus Dagmar Kuhn 1 Einleitung Inhalt 2 Aufbau und Funktion des Human Rhinovirusi 3 Die Polyproteinsynthese 4 Die 3C Protease und ihre Funktionen 5 Zusammenfassung 6

Mehr

Biochemie und. chemischer Mechanismus

Biochemie und. chemischer Mechanismus Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Ludwig-Maximilians-Universität München Biochemie und chemischer Mechanismus der Thiomethylierung von RNA Dorothea Maria

Mehr

Agenda. 1. Aviäre Influenza A(H7N9) 2. Novel Coronavirus 3. Körperwäsche mit Chlorhexidin 4. Isolationsmassnahmen bei ESBL E.coli.

Agenda. 1. Aviäre Influenza A(H7N9) 2. Novel Coronavirus 3. Körperwäsche mit Chlorhexidin 4. Isolationsmassnahmen bei ESBL E.coli. Agenda 1. Aviäre Influenza A(H7N9) 2. Novel Coronavirus 3. Körperwäsche mit Chlorhexidin 4. Isolationsmassnahmen bei ESBL E.coli Seite 1 Aviäre Influenza A(H7N9) Seite 2 Influenza: Hämagglutinin und Neuraminidase

Mehr

Zur Resistenzlage von Influenzaviren

Zur Resistenzlage von Influenzaviren Friedrich-Schiller-Universität Jena Institut für Virologie and Antivirale Therapie Zur Resistenzlage von Influenzaviren P. Wutzler Phasen der Virusreplikation Mögliche Agriffspunkte selektiver Virustatika

Mehr

Herstellung universeller Influenza A Impfstofftypen und Erprobung ihrer Wirksamkeit in vivo

Herstellung universeller Influenza A Impfstofftypen und Erprobung ihrer Wirksamkeit in vivo Herstellung universeller Influenza A Impfstofftypen und Erprobung ihrer Wirksamkeit in vivo Fragestellung Die Cytos Bioltechnology AG entwickelte eine alternative Impfung gegen Influenza A. Das Matrixprotein2

Mehr

Untersuchungen zur differenziellen Genexpression im ZNS von Noradrenalintransporter-Knockout- und Wildtyp-Mäusen

Untersuchungen zur differenziellen Genexpression im ZNS von Noradrenalintransporter-Knockout- und Wildtyp-Mäusen Untersuchungen zur differenziellen Genexpression im ZNS von Noradrenalintransporter-Knockout- und Wildtyp-Mäusen Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades (Dr. rer. nat.) der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen

Mehr

Katzenschnupfen. Organzentrierter Unterricht Oberer Respirationstrakt 7. Oktober 2015

Katzenschnupfen. Organzentrierter Unterricht Oberer Respirationstrakt 7. Oktober 2015 Katzenschnupfen Organzentrierter Unterricht Oberer Respirationstrakt 7. Oktober 2015 Klinik Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Niesen Nasenausfluss, Augenausfluss; zunächst serös, später eitrig Allenfalls Fieber

Mehr

Charakterisierung eines Borna Disease Virus-spezifischen T-Zell-Epitops der Lewis Ratte und Einsatz dieses Epitops in Immunisierungsexperimenten

Charakterisierung eines Borna Disease Virus-spezifischen T-Zell-Epitops der Lewis Ratte und Einsatz dieses Epitops in Immunisierungsexperimenten Aus der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere, Standort Tübingen und dem Institut für Virologie des Fachbereichs Veterinärmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen Betreuer: Prof. Dr.

Mehr

Ich schütze meine Nächsten vor der Grippe

Ich schütze meine Nächsten vor der Grippe Ich schütze meine Nächsten vor der Grippe Von meiner Impfung profitieren auch Angehörige und enge Kontaktpersonen. Ihre Impfung schützt auch Ihre Nächsten Wenn die Grippeimpfung zum Thema wird Sind Sie

Mehr

Neue Enzyme für ein altes Organeil: Kryptische peroxisomale Lokalisationssignale in Pilzen. Dissertation

Neue Enzyme für ein altes Organeil: Kryptische peroxisomale Lokalisationssignale in Pilzen. Dissertation Neue Enzyme für ein altes Organeil: Kryptische peroxisomale Lokalisationssignale in Pilzen Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) Dem Fachbereich Biologie der

Mehr

Die Virusgrippe (Influenza)

Die Virusgrippe (Influenza) Die Virusgrippe (Influenza) Dr. Harald Fischer Medical Advisor Vaccines Version 2008-03-26 Die Influenza...!... ist eine ernstzunehmende Viruserkrankung.... ist kein normaler Schnupfen.... ist für ältere

Mehr

TRANSKRIPTION I. Die Herstellung von RNA bei E-Coli

TRANSKRIPTION I. Die Herstellung von RNA bei E-Coli TRANSKRIPTION I Die Herstellung von RNA bei E-Coli Inhalt Aufbau der RNA-Polymerase Promotoren Sigma-Untereinheit Entwindung der DNA Elongation Termination der Transkription Modifizierung der RNA Antibiotika

Mehr

Influenza-Wochenbericht

Influenza-Wochenbericht Influenza-Wochenbericht Buda S, Schweiger B, Buchholz U, Köpke K, Prahm K, Haas W und die AGI-Studiengruppe 1 Kalenderwoche 9 (21.2. bis 27.2.215) Zusammenfassende Bewertung der epidemiologischen Lage

Mehr

Worum handelt es sich bei der H1N1-Grippe 2009?

Worum handelt es sich bei der H1N1-Grippe 2009? 1/ Saisonale Grippe und H1N1-Grippe 2009: Ein Leitfaden fûr Eltern 2/ Grippeinformation Was ist die Grippe? Die Grippe ist eine Infektion von Nase, Hals und Lungen, die von Grippeviren hervorgerufen wird.

Mehr

WINDPOCKEN RATGEBER. Wissen zum Thema Windpocken

WINDPOCKEN RATGEBER. Wissen zum Thema Windpocken WINDPOCKEN RATGEBER Wissen zum Thema Windpocken Impressum Zarenga GmbH, Bonn 2015 Zarenga GmbH, Pfaffenweg 15, 53227 Bonn Alle Rechte sind vorbehalten. Dieses Buch, einschließlich seiner einzelnen Teile

Mehr

GV III, WS11/12 Teil Virologie

GV III, WS11/12 Teil Virologie GV III, WS11/12 Teil Virologie Prof. Ralf Bartenschlager Department Infektiologie, Molekulare Virologie, Med. Fakultät Heidelberg www.klinikum.uni-heidelberg.de/molecular-virology R.B. Mi 18.1.12 Geschichte

Mehr

Eine revers-genetische Analyse des reassortierten humanen Influenza A-Virus H1N2

Eine revers-genetische Analyse des reassortierten humanen Influenza A-Virus H1N2 Eine revers-genetische Analyse des reassortierten humanen Influenza A-Virus H1N2 Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) eingereicht im Fachbereich

Mehr

Vorlesungsthemen Mikrobiologie

Vorlesungsthemen Mikrobiologie Vorlesungsthemen Mikrobiologie 1. Einführung in die Mikrobiologie B. Bukau 2. Zellaufbau von Prokaryoten B. Bukau 3. Bakterielles Wachstum und Differenzierung B. Bukau 4. Bakterielle Genetik und Evolution

Mehr

Filoviridiae. Ebola und Marburg Virus

Filoviridiae. Ebola und Marburg Virus Filoviridiae Ebola und Marburg Virus Einleitung Geschichte, Aktualität Die Krankheit Infektion, Symptome, Behandlung und Impfstoff, Prävention von Epidemien Das Virus Gliederung Klassifizierung, Genom,

Mehr

OZONTHERAPIE BEI SSPE

OZONTHERAPIE BEI SSPE OZONTHERAPIE BEI SSPE Dr. Murat BAS OZON KLINIK - BURSA, Türkei Deutsche Übersetzung: R.Schönbohm 1 SSPE (subakut sklerosierende Panenzephalitis) ist eine seltene Komplikation der Masern. Sie gehört zu

Mehr

Kontrolle von Influenza Epidemien und Pandemien Anforderungen an geeignete Impfstoffe -

Kontrolle von Influenza Epidemien und Pandemien Anforderungen an geeignete Impfstoffe - Bundesamt für Sera und Impfstoffe Kontrolle von Influenza Epidemien und Pandemien Anforderungen an geeignete Impfstoffe - Fortbildung für den öffentlichen Gesundheitsdienst, Berlin, 22. 24. März 2006 Ein

Mehr

Antibiotika sind oft Inhibitoren der Genexpression

Antibiotika sind oft Inhibitoren der Genexpression Antibiotika sind oft Inhibitoren der Genexpression Inhibitoren der Transkription: Rifampicin, Actinomycin α-amanitin Inhibitoren der Translation: Puromycin, Streptomycin, Tetracycline, Chloramphenicol

Mehr

Dem Grippevirus auf der Spur ein Stationenlernen

Dem Grippevirus auf der Spur ein Stationenlernen Dem Grippevirus auf der Spur ein Stationenlernen Ein Beitrag von Helge Gresch und Katja Reitschert, Universität Oldenburg Illustrationen von Isabelle Göntgen, Zell unter Aichelberg Gerade in der kalten

Mehr

Chemokin-Rezeptor-Modulation während der T-Zell-Aktivierung: Untersuchung zur Funktion der GTPase Ras

Chemokin-Rezeptor-Modulation während der T-Zell-Aktivierung: Untersuchung zur Funktion der GTPase Ras Aus dem Institut für Immunologie der Universität Heidelberg Geschäftsführender Direktor: Herr Prof. Dr. med. Stefan Meuer Chemokin-Rezeptor-Modulation während der T-Zell-Aktivierung: Untersuchung zur Funktion

Mehr

KV: Genexpression und Transkription Michael Altmann

KV: Genexpression und Transkription Michael Altmann Institut für Biochemie und Molekulare Medizin KV: Genexpression und Transkription Michael Altmann Herbstsemester 2008/2009 Übersicht VL Genexpression / Transkription 1.) Was ist ein Gen? 2.) Welche Arten

Mehr

Virale Infektionen Infektionsmuster. Zellbiologische Definitionen

Virale Infektionen Infektionsmuster. Zellbiologische Definitionen Virale Infektionen Zellbiologische Definitionen 1. Infektion: Eintritt eines Replikations-fähigen viralen Genoms in die Zelle. Die Infektion kann aber muss nicht zur Vermehrung des Virus führen. Epitheliale

Mehr

Impf 2. Gegen Lungenentzündung ** und gegen Grippe

Impf 2. Gegen Lungenentzündung ** und gegen Grippe Sie sind 60 Jahre oder älter? Sie haben Diabetes*? Sie haben eine chronische Herzerkrankung*? Sie haben Asthma* oder COPD*? Dann sollten Sie sich schützen: Impf 2 Gegen Lungenentzündung ** und gegen Grippe

Mehr

Aspekte einer modernen Norovirusdiagnostik

Aspekte einer modernen Norovirusdiagnostik Aspekte einer modernen Norovirusdiagnostik Roesebeckstr. 4-6 30449 Hannover Fon 0511/4505-0 Fax 0511/4505-140 Cornelia Henke-Gendo Abt.2: Krankenhaushygiene www.nlga.niedersachsen.de Die ideale Diagnostik

Mehr

Molekularbiologie 6c Proteinbiosynthese. Bei der Proteinbiosynthese geht es darum, wie die Information der DNA konkret in ein Protein umgesetzt wird

Molekularbiologie 6c Proteinbiosynthese. Bei der Proteinbiosynthese geht es darum, wie die Information der DNA konkret in ein Protein umgesetzt wird Molekularbiologie 6c Proteinbiosynthese Bei der Proteinbiosynthese geht es darum, wie die Information der DNA konkret in ein Protein umgesetzt wird 1 Übersicht: Vom Gen zum Protein 1. 2. 3. 2 Das Dogma

Mehr

Sophia Buhs. Dissertation. Diplom-Biochemikerin

Sophia Buhs. Dissertation. Diplom-Biochemikerin Beeinflussung Phosphotyrosin-abhängiger Signalwege in humanen unter Einsatz von SH2-Domänen und Phosphatasen in Kombination mit dem TAT-Transduktionssystem Dissertation Zur Erlangung der Würde des Doktors

Mehr