+ Körkel (2016) Zieloffene Suchtarbeit: Ihre Komponenten und die Herausforderungen für die Praxis
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- Rolf Armbruster
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1 Fachveranstaltung des Mühlhofs Zentrum für Suchttherapie und Rehabilitation Zieloffenheit in der Suchttherapie: Menschenorientierte Alternative oder Illusion? St. Gallen, 24. November 2016 Zieloffene Suchtarbeit: Ihre Komponenten und die Herausforderungen für die Praxis Joachim Körkel +
2 Übersicht 1. Abstinenz: Behandlungsziel & Dogma 2. Vorteile von Zieloffenheit 3. Komponenten Zieloffener Suchtarbeit 4. Herausforderungen
3 Übersicht 1. Abstinenz: Behandlungsziel & Dogma
4 Suchtmittelabstinenz als Ziel Abstinenz ist eine wertvolle Behandlungsoption: - Gesundheitliche Genesung, Führerscheinwiedererlangung, Lebenszufriedenheit... (Maffli et al. 1995) - Arbeitsunfähigkeits- und Krankenhaustage (Klein et al. 1998), innerfamiliäre Gewalt (O Farrell et al. 2003) Ergo: Das Ziel der Abstinenz steht überhaupt nicht in Frage. Es sollte in der Behandlungspalette (und Selbsthilfe) stets enthalten sein.
5 Suchtmittelabstinenz als Dogma = klassisches Krankheitsmodell des Alkoholismus (Anonyme Alkoholiker, 1939; Jellinek, 1960) Vier grundlegende Annahmen: 1. Entweder man ist abhängig oder nicht = andere Wesenheiten (wie schwanger oder nicht) 2. Die wahren Ursachen sind biologischer Natur (nicht psychologischer oder sozialer Natur) 3. Das Kernmerkmal ist der Kontrollverlust (Alkoholabhängige haben ihn, Nicht-Abhängige nicht) 4. Alkoholismus ist irreversibel (wg seiner biolog. Wurzeln) Alcoholics can never safely return to drinking (Milam & Ketcham, 1983, p. 14) Diese Überzeugung dominiert die Suchtbehandlung westlicher Länder wie ein Naturgesetz.
6 Die empirischen Fakten zum Krankheitsmodell Die vier Annahmen des Krankheitsmodells entstanden nicht aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, sie sind nicht Bestandteil der medizinischen Diagnostik (DSM-IV, ICD- 10) und sie stehen in Widerspruch zu einem großen Fundus wissenschaftlicher Forschung (Miller 1993, S. 135), etwa: - Fließender Übergang zw. Risikokonsum, Missbrauch, Abhängigkeit In DSM-5 Substanzgebrauchsstörung als Kontinuum - Kein Beleg dafür, dass biologische Bedingungen die entscheidenden wären. - Die Trinkmuster Alkoholabhängiger sprechen für Kontrollminderung und nicht für einen 100%igen Verlust der Trinkkontrolle. - Mehr Alkohol- und Tabakabhängige überwinden ihre Abhängigkeit durch moderaten Konsum als durch Abstinenz (Dawson et al. 2005; Meyer et al. 2013)
7 Wenn die Tatsachen nicht mit der Theorie übereinstimmen: Umso schlimmer für die Tatsachen (Hegel) Ich weiß: Es ist schwer, sich von Meinungen zu verabschieden, bloß weil die Fakten nicht dazu stimmen (Claus von Wagner, in ZDF Die Anstalt, )
8 Deshalb ist es sinnvoll, die Behandlungspalette gleichberechtigt um Reduktions- und schadensmindernde Behandlungen zu ergänzen. Abstinenzbehandlungen + Reduktionsbehandlungen + schadensmindernde Behandlungen zieloffene Ausrichtung von Suchtbehandlung
9 Übersicht 1. Abstinenz: Behandlungsziel & Dogma 2. Vorteile von Zieloffenheit
10 Vorteile von Zieloffenheit (Abstinenz, Reduktion und Schadensminderung als Standardoptionen) 1. Erhöhung der Behandlungsquote von Menschen, die durch Abstinenzbehandlung nicht oder nicht mehr erreicht werden. 2. Weniger Behandlungsabbrüche. 3. Angemessene Behandlung von Menschen, die trotz Reduktionsziel eine Abstinenzbehandlung durchziehen (oder in der niedrigschwelligen Drogenhilfe in ihrer Sucht verharren). 4. Geschmeidigere Behandlung ( adherence ). 5. Reduktions- und schadensmindernde Behandlungen als Brücken zur Abstinenz. 6. Einhaltung bioethischer Maximen (Autonomie + Sollen setzt Können voraus ).
11 Vorteil von Zieloffenheit: Einhaltung ethischer Standards a) Selbstbestimmungsrecht (Autonomie) b) Sollen setzt können voraus Rast, Manuela (2015). Ist es moralisch erlaubt, alkoholkranken Menschen in einer Wohneinrichtung Alkohol abzugeben? Wenn ja unter welchen Voraussetzungen und welche Rahmenbedingungen oder Massnahmen braucht es? (MAS-Abschlussarbeit im Weiterbildungsstudiengang Master of Advanced Studies in Applied Ethics )
12 Übersicht 1. Abstinenz: Behandlungsziel & Dogma 2. Vorteile von Zieloffenheit 3. Komponenten Zieloffener Suchtarbeit
13 Definition Zieloffene Suchtarbeit (ZOS) ZOS bedeutet, mit Menschen (Patienten, Klienten, Betreuten, Bewohnern, Besuchern etc.) an einer Veränderung ihres problematischen Suchtmittelkonsums zu arbeiten, und zwar auf das Ziel hin, das sie sich selbst setzen. ZOS bezeichnet eine Art und Weise, Suchtarbeit zu betreiben bzw. sich als Einrichtung aufzustellen. ZOS bezieht sich auf alle Arbeitsfelder, in denen sich suchtbelastete Menschen befinden: Suchthilfe, medizinisches und psychotherapeutisches Versorgungssystem, Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe, (Sozial-) psychiatrische Einrichtungen u.a.m.
14 Geist und Methoden des Motivational Interviewing ZOS
15 Zu 1: Zieloffene innere Haltung
16 Zu 1: Zieloffene innere Haltung Ich weiß nicht, was für eine andere Person das Beste ist. Menschen verfolgen ihre eigenen Ziele ob ich will oder nicht. Es steht jedem Menschen zu, gemäß seinen eigenen Lebensvorstellungen zu leben auch im Hinblick auf den Suchtmittelkonsum (sofern er andere nicht schädigt). In Respekt vor diesem ethischen Grundsatz schreibe ich Kl. nicht vor, welches Ziel sie einzuschlagen haben. Trotzdem bringe ich, wenn es für den Beratungsprozess sinnvoll erscheint, dialogisch-partnerschaftlich eigene Zielüberlegungen ein (im Sinne des Motivational Interviewing).
17 Geist und Methoden des Motivational Interviewing ZOS
18 Zu 2: State-of-the-Art-Kompetenz (hier: Beispiele für Tabakabstinenzbehandlungen) Kurzinterventionen Selbsthilfemanuale (autodidaktisch) Ambulante Einzelbehandlung Ambulante Gruppenbehandlung Stationäre Behandlung Tabak Kurzintervention bei Raucherinnen und Rauchern (Lindinger, Batra & Pötschke-Langer, 2006) Frei von Tabak (Bundesärztekammer, Batra et al., 2001) Ja, ich werde rauchfrei - Selbsthilfemanual (Lindinger & Batra, 2010) Nichtrauchen! Erfolgreich aussteigen in sechs Schritten (Batra & Buchkremer, 2013) Tabakentwöhnung Gruppen- oder Einzel- Therapiemanual (Batra & Buchkremer, 2004) Change Your Smoking Einzelprogramm zur Reduktion oder Beendigung des Tabakkonsums (Körkel & Nanz, 2015) Rauchfreiprogramm Gruppenprogramm zum Rauchstopp (Kröger & Felten, 2015) Change Your Smoking Gruppenprogramm zur Reduktion oder Beendigung des Tabakkonsums (Körkel & Nanz, 2015) Rauchfrei Ich?! Stationäre Raucherentwöhnung (Bühler, Metz & Kröger, 2002) Rauchfrei nach Hause Klinikversion Metz, Bühler & Kröger, 2002)
19 Zu 2: State-of-the-Art-Kompetenz (hier: Beispiele für Reduktionsbehandlungen) Kurzinterventionen Selbsthilfemanuale (autodidaktisch) Ambulante Einzelbehandlung Ambulante Gruppenbehandlung Stationäre Behandlung Alkohol Trinktagebuch + Erläuterungsblatt + Strategietipps 10-Schritte- Programm zum Kontrollierten Trinken EkT Ambulantes Einzelprogramm zum kontrollierten Trinken kt-walk Programm für Wohnungslose Pharmakotherapie (Naltrexon, Nalmefen) AkT Ambulantes Gruppenprogramm zum kontrollierten Trinken kt-walk Programm für Wohnungslose Selbsthilfegruppen (Moderation Management, Post-AkT-Gr. etc.) KT-stationär Erlernen des Kontrollierten Trinkens im stationären Rahmen Tabak Rauchtagebuch + Erläuterungsblatt + Strategietipps 12+-Programm Change Your Smoking (Rauchreduktion/-stopp) Pharmakotherapie (NET) Change Your Smoking (Rauchreduktion/-stopp) Smoke_less Change Your Smoking (Rauchreduktion/ - stopp) Illegale Drogen Konsumtagebuch + Erläuterungsblatt + Strategietipps KISS-Einzel Kompetenz im selbstbestimmten Substanzkonsum Contraddict KISS-Gruppe Kompetenz im selbstbestimmten Substanzkonsum KISS-stationär Erlernen des Kontrollierten Konsums im stationären Rahmen
20 Definition Selbstkontrollierter Substanzkonsum Selbstkontrollierter Substanzkonsum liegt vor, wenn eine Person (sie selbst!) ihren Konsum an einem zuvor festgelegten Plan bzw. an Regeln ausrichtet. Das bedeutet de facto, jeweils für eine Woche voraus zu planen: 1. Anzahl konsumfreier Tage 2. maximale Konsummenge an Konsumtagen 3. maximaler Gesamtkonsum in der ganzen Woche und ggf. den Kontext festzulegen: Wann, wo und mit wem soll konsumiert werden?
21 Pocket-Trinktagebuch (Baseline) (Körkel 2004) 17.00? 6 Bier (0,5l, 5 %) 2 Whisky (2cl, 40 %)? 3 Stammkneipe, Kumpels alle trinken; relaxen
22 Mit welchem Getränk nehmen Sie mehr Gramm Alkohol zu sich? 1 Whisky (2 cl) 1 Glas Bier (0,3 l) (= 6,4 g) (= 12 g)
23 1 Standardeinheit entspricht Deutschland: 20 Gramm Schweiz: 12 Gramm
24 Einwöchige Zielfestlegung (Quelle: Programm AkT ; Körkel et al. 2001) zuvor: 0 zuvor: 7 zuvor: 35
25 Pocket-Trinktagebuch Bier (0,5l, 5 %) 2 2 zu zu Hause relaxen relaxen 2 kt-gespräch/ Arzttermin
26 Die Wirksamkeit von Konsumreduktionsprogrammen ist empirisch belegt für Alkohol (Apodaca & Miller 2003; Körkel 2002, 2015; van Amsterdam & van den Brink, 2013; Walters 2000) illegale Drogen (Körkel, Becker, Happel & Lipsmeier 2011) Tabak (Hughes 2000; Hughes & Carpenter 2005; Rüther et al. 2014) pathologisches Glücksspiel (Ladouceur, Lachance & Fournier 2009)
27 Interventionen mit Ziel Schadensminderung (Beispiele) Alkohol - Konsum von angewärmtem statt kühlem Bier - Kein Mischkonsum von Alkohol mit Benzodiazepinen u/o Opiaten - Bier statt Schnaps - Heimfahrt nach Alkoholgenuss in Taxi statt eigenem Auto Tabak - Rauchen von E-Zigarette statt Tabakzigarette - Wahl einer Rauchsituation, in der niemand anderes geschädigt wird Illegale Drogen - Injektion von unbenutzten statt benutzten Spritzen - Injektion in Konsumraum statt zuhause/ im öffentlichen Bereich - Injektion von ärztlich verschriebenem Heroin statt Straßenheroin - Einnahme von Methadon oder Buprenorphin statt Straßenheroin
28 Geist und Methoden des Motivational Interviewing ZOS
29 Herr Wiener (Suchtberatungsstelle, danach Alkohol-Reha) 39 J., schon lange bei Automobilzulieferer, Familie, 2 Kinder Häufig Alkoholfahne etc. letzte Chance Ziel: Arbeitsplatz und Familie erhalten. Tabakgeruch. Was wird in Bezug auf Herrn Wieners Konsum üblicherweise in der Beratung/Therapie getan?
30 Wovon man im Allgemeinen -wie bei Herrn Wiener -ausgehen kann Multisubstanzkonsum ist der Regelfall. Ohne systematische Abklärung, was konsumiert wird, fallen bestimmte Substanzen unter den Tisch. Kl. sind bereits motiviert, etwas am Konsum (einiger Substanzen) zu ändern. Die Ziele der Änderung fallen von Substanz zu Substanz oftmals unterschiedlich aus. Mit Zielambivalenzen ist zu rechnen ( und Motivational Interviewing ist ein hilfreiches Werkzeug zum Umgang damit)
31 Systematische Konsumabklärung ISS (2016)
32 Systematische Konsumabklärung ISS (2016)
33 Herr Wiener (Suchtberatungsstelle, danach Alkohol-Reha) 39 J., schon lange bei Automobilzulieferer, Familie, 2 Kinder Häufig Alkoholfahne etc. letzte Chance Ziel: Arbeitsplatz und Familie erhalten. 3-6 Fl. Bier/Tag + meist ca. 0,1l Cognac Zigaretten/Tag, mehrere erfolglose Aufhörversuche Kokain gelegentlich (alle 3-4 Wochen) mit Freunden
34 Systematische Zielabklärung????? ISS (2016)
35 Herr Wiener (Suchtberatungsstelle, danach Alkohol-Reha) 39 J., schon lange bei Automobilzulieferer, Familie, 2 Kinder Häufig Alkoholfahne etc. letzte Chance Ziel: Arbeitsplatz und Familie erhalten. 3-6 Bier + ca. 0,1l Schnaps /Tag; Zig./Tag, mehrere erfolglose Aufhörversuche; Kokain mit Freunden Ziele: Kein Schnaps, aber Feierabendbier. Tabakkonsum runterschrauben, ev. ganz aufhören Kokain:?
36 Zielabklärungscheckliste (ZAC) (Auszug stoffgebundene Suchtmittel) x x x x x x x
37 Geist und Methoden des Motivational Interviewing ZOS
38 Passgenaue Angebote 1. Systematische Zielabklärung für alle Substanzen 2. Vorhalten von Behandlungen mit Ziel Abstinenz, Reduktion oder Schadensminderung Behandlungen mit Ziel Abstinenz Behandlungen mit Ziel Reduktion Behandlungen mit Ziel Schadensmind.
39 Zielanordnung für die Suchtarbeit
40 Übersicht 1. Abstinenz: Behandlungsziel & Dogma 2. Vorteile von Zieloffenheit 3. Komponenten Zieloffener Suchtarbeit 4. Herausforderungen
41 ZOS bedeutet bedeutet nicht ZOS bedeutet mehr als akzeptierende/ niederschwellige Drogenarbeit, dem Klienten keine Vorschriften machen, eine zieloffene Haltung haben, 2x pro Jahr eine Gruppe zum Kontrollierten Trinken/ Drogenkonsum anbieten etc. ZOS bedeutet eine durchgängig zieloffene Ausrichtung der täglichen Arbeit vom zieloffenen Erstgespräch bis zum Vorhalten von Abstinenz- UND Reduktions- UND schadensmindernden Behandlungen für ALLE konsumierten Substanzen. ZOS bedeutet nicht, dass abstinenzorientierte Behandlungsangebote entfallen, geschwächt oder in ihrer Bedeutung herabgestuft würden.
42 Vergleich der klassischen Behandlungsparadigmen mit ZOS Abstinenzparadigma Ich als BehandlerIn weiß, dass Abstinenz das richtige Behandlungsziel ist. Paradigma niederschwelliger Suchtarbeit Paradigma Zieloffener Suchtarbeit Der Pat. weiß am besten, welches Konsumziel für ihn das richtige ist. Menschenbild Pat. streben meist auf äußeren Druck hin Abstinenz an (Ziel: intrinsische Motivation aufbauen). Pat. tragen keine Änderungsabsichten in sich und wollen damit in Ruhe gelassen werden. Pat. sind (letztlich) intrinsisch zu Konsumänderung motiviert. Zielfindung Der Pat. soll/muss sich in Richtung Abstinenz verändern. Abstinenz wird als Ziel vorgegeben Ich akzeptiere den Pat. wie er ist und übe keinen Änderungsdruck auf ihn aus. Keine systematische Konsumzielabklärung Konsumziel wird nicht vorgegeben, sondern zieloffen abgeklärt Interventionen Arbeit am Konsum Keine Arbeit am Konsum Arbeit am Konsum Abstinenzorientierte Interventionen Schadensmindernde Interventionen Interventionen für alle Zielrichtungen (Abstinenz, Reduktion, Schadensminderung)
43 Herausforderungen für alle Suchtund anderen Arbeitsfelder (I) 1. Die Arbeit am Suchtmittelkonsum als integrale Aufgabe der eigenen Arbeit ansehen. 2. Suchtverständnis und Grundhaltung überdenken (z.b. Kontrollverlust, intrinsische Änderungsmotivation, Akzeptanz, Suchtbegleitung etc.) 3. Von Multisubstanzkonsum ausgehen und sich für diesen als zuständig betrachten. 4. Aneignung neuer/weiterer Suchtbehandlungskompetenzen in Bezug auf Abstinenz-, Konsumreduktionsund schadensmindernde Ziele. 5. Sanktionsfreies Klima schaffen, das Kl. zu Zieloffenheit einlädt.
44 Herausforderungen für alle Suchtund anderen Arbeitsfelder (II) 7. Konsumierte Substanzen und Änderungsziele systematisch abklären (Weiß ich von meinen Kl. genau, was, wann, wo, wie, wie häufig und wie viel sie konsumieren?) 8. Abstinenz,- Reduktions- und schadensmindernde Behandlungen für alle Substanzen/ Suchtverhaltensweisen vorhalten (oder Erfolg versprechend überweisen). 9. Implementierung von ZOS in der Einrichtung (Veränderung von Konzepten, Neuausrichtung von Arbeitsprozessen, neue öffentliche Präsentation etc.)
45 Spezielle Herausforderungen für niedrigschwellige Suchtarbeit Arbeit am Konsum (statt Suchtbegleitung ) als grundlegender Neuaufstellungsbedarf. Daraus ergibt sich als Erfordernis: Vorhalten von Abstinenz- und Reduktionsinterventionen ergänzend zu Harm-Reduction-Angeboten
46 Spezielle Herausforderungen für stationäre Suchtarbeit Falls Abstinenz nicht das Ziel des Patienten ist: Für tolerierte Suchtmittel (v.a. Tabak) auch Reduktions-/schadensmindernde Behandlungen vorhalten. Für nicht tolerierte Suchtmittel Kombibehandlung: Stationär abstinent, ambulant Reduktion. Stationär an Inhalte und Aufbau von Konsumreduktionsbehandlungen durch Trockenübungen und Übungssubstanzen heranführen ( KT-/KISSstationär ). Konsum zu geplanten Zeiten (z.b. auf Heimreisen) außerhalb der Einrichtung gestatten und vor- und nachbereiten.
47 Zu berücksichtigende Systembereiche für eine erfolgreiche stationäre ZOS-Umsetzung Leitung + Team Gemeinsam getragene Haltung zu ZOS? Tradition/ Gewohnheiten kontra ZOS? Kompetenzen zur ZOS- Umsetzung? Haltung der Mitpatienten? Konzeption zu ändern?.. Rahmenbedingungen intern Patient Rahmenbedingungen extern Kostenträgervorgaben? Kooperationspartner einbezogen? Beziehungspartner einbezogen? Haltung der (Fach-) Öffentlichkeit?..
48 Implementierung Implementierung von Zieloffener Suchtarbeit bedeutet, Zieloffene Suchtarbeit so in die Behandlung zu integrieren, dass sie fester, ganz normaler Bestandteil des Einrichtungsselbstverständnisses, des Behandlungskonzeptes, der alltäglichen Arbeit aller MitarbeiterInnen wie auch der Außendarstellung der Einrichtung geworden ist. ( to mainstream an innovation within an organization ).
49 Implementierung von Zieloffener Suchtarbeit beim Caritasverband für Stuttgart 1. Gesamtleiter für Sucht + Sozialpsychiatrie (28 Einricht.) stößt Implementierungsprozess an (2013) 2. Steuergruppe mit allen Leitungen aus Sucht + Sozialpsychiatrie + BWL wird eingerichtet (1/2014) 3. Kick-Off mit Mitarbeiterschaft (ca. 150 MA) (6/2014) 4. 5 Diagnose-Workshops mit je MA aus den Einrichtungen (7/ /2014) 5. Steuergruppe beschließt Einrichtung von drei strategischen Gruppen (Konzeptgruppe Stuttgarter Modell, Öffentlichkeitgruppe, Personalentwicklungsgruppe) und 7 Umsetzungsworkshops (4/2015) 6. Konzeptgruppentreffen und Durchführung der 7 Umsetzungsworkshops Arbeitsaufträge an die Einrichtungen (6/2015 1/2016) 7. Fachgespräch mit Kooperationspartnern (1/2016) 8. Einführung der Veränderungen (3/2016). 9. Prozessevaluation und Adaption (2017). ISS (2016)
50 Ihr müßt die Menschen lieben, wenn ihr sie ändern wollt (Johann Heinrich Pestalozzi, )
51 Literatur zum Vortrag Körkel, J. (2014a). Alkoholtherapie: Vom starren Abstinenzdogma zu einer patientengerechten Zielbestimmung. Suchtmedizin, 16, Körkel, J. (2014b). Das Paradigma Zieloffener Suchtarbeit: Jenseits von Entweder Oder. Suchttherapie, 15, Körkel, J. (2014c). Kontrolliertes Trinken. So reduzieren Sie Ihren Alkoholkonsum. Stuttgart: Trias-Verlag. Körkel, J. (2015). Kontrolliertes Trinken bei Alkoholkonsumstörungen: Eine systematische Übersicht. Sucht, 61, Körkel, J. & Nanz, M. (2016). Das Paradigma Zieloffener Sucht-arbeit. In akzept e.v., Deutsche AIDS-Hilfe & JES-Bundesverband (Hrsg.), 3. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2016 (S ). Lengerich: Pabst Science Publishers. (kostenlos herunterladbar unter
52 Schulungen & Implementierung Wir, das Institut für innovative Suchtbehandlung und Suchtforschung (ISS) an der Evangelischen Hochschule Nürnberg, bieten 2-tägige Schulungen zum Ansatz der Zieloffenen Suchtarbeit an, sowohl in Form offener Seminare als auch einrichtungs-/trägerinterner Inhouse- Schulungen. Zudem begleiten wir Einrichtungen/Träger beim Prozess der Implementierung Zieloffener Suchtarbeit. Falls Sie daran Interesse haben sollten, kommen Sie gerne auf uns zu: Tel
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