1/2006. Schlüsselpunkte der Ursachen, der Mechanismen und der Behandlung GYNÄKOLOGIE: ENDOMETRIOSE INHALTSVERZEICHNIS

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1 L I A N C H I N A H E R B N E W S L E T T E R Spezialapotheke für hochwertige Chinesische Arzneimittel GYNÄKOLOGIE: ENDOMETRIOSE 1/2006 Schlüsselpunkte der Ursachen, der Mechanismen und der Behandlung mässig ausgeschieden werden, sodass der Zyklus regelmässig und die Menge und Beschaffenheit des Blutes normal ist. > Gestörter Zyklus, Menstruationsschmerzen, gar Unfruchtbarkeit: Viele Frauen leiden an Endometriose. Ein Dreierteam erfahrener Chinesischer Ärzte geht den Ursachen nach, beschreibt die Mechanismen und gibt Tipps für die Behandlung nach Musterdifferenzierung. Endometriose ist eine häufig auftretende allgemeine Frauenkrankheit. Man schätzt, dass 10 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter an Endometriose leiden, Tendenz steigend. Symptome der Endometriose sind Schmerzen im Unterbauchbereich, Dysmenorrhö, unregelmässiger Zyklus, Unfruchtbarkeit, Schmerz während des Geschlechtsverkehrs (Dyspareunie) und tastbare Verhärtungen (Myome). Die Ursachen der Endometriose nach Westlicher Pathologie sind nicht bekannt. In der Chinesischen Medizin gehört diese Krankheit aufgrund der klinischen Symptome zu den traditionellen Kategorien schmerzhafte Menstruation, Ansammlungen und Akkumulationen (zheng jia), unregelmässige Menstruation und Unfruchtbarkeit. Die Autoren erklären die Krankheitsursachen, die Krankheitsmechanismen sowie die Behandlung nach Musterdifferenzierung. Blutstase als Wurzel Gemäss Chinesischer Medizin hängt der Ablauf einer normalen Menstruation in der Gebärmutter vom Nieren- Qi, vom tian gui (Himmelswasser), den zang fu, den Leitbahnen und Netzwerkgefässen sowie von Qi und Blut ab. Die Gebärmutter erfüllt eine Speicher- und eine Ausstossfunktion; die Menstruation ist die physiologische Manifestation der Ausstossfunktion. In erster Linie aber speichert die Gebärmutter und soll nicht ausstossen. Während der Menstruation fliesst das Blut ab und soll nicht gespeichert werden; dann kann das Blut regel- 1 Freier Fluss des Qi: Xiang Fu bewegt das Leber-Qi. Es kann so die Menstruation regulieren und Schmerzen im Unterbauch stoppen. INHALTSVERZEICHNIS Neues aus China - Täglich 200 Aids-Infektionen IMPRESSUM - TCM-Boom Endometriose Kolumne von Sybill Huessen Vogelgrippe Neues aus der Fachwelt - Aids-Behandlung mit TCM - Akupressur gegen Menstruationsschmerzen Legenden zur TCM Neues von LIAN - Viel mehr als ein Bestellprogramm Neue Produkte Veranstaltungen und Kurse 1/06 AG Fotos Regula Suter, Sixten Kollstad

2 GYNÄKOLOGIE: ENDOMETRIOSE Übermässige sexuelle Aktivität während der Periode oder nach der Geburt, mehrmalige Geburten oder Fehlgeburten, Erbkrankheiten oder Bauchoperationen können zu einer abnormalen Funktion des Uterus führen und eine gestörte Menstruationsblutung hervorrufen. Obwohl während der Menstruation ausgestossen wird, fliesst in diesen Fällen nur ein Teil des Blutes normal ab; ein anderer Teil fliesst gegenläufig. Man sagt dann: «Das Blut verlässt die Leitbahnen/Menstruation» (li jing zhi xue)*. Sammelt sich Blut im Abdomen an, entsteht Stase. Über einen längeren Zeitraum kann das zu Ansammlungen und Akkumulationen (zheng jia) führen. Im Buch «Jing yue quan shu» («Das komplette Buch von Jing Yue») heisst es im Kapitel über Frauenkrankheiten: «Akkumulationen (zheng) aufgrund von Stase-Ansammlungen sieht man nur bei Frauen. Die Ursachen sind: innerer Schaden des Yang, welcher zu Kälte führt; die Invasion von Wind-Kälte während der Menstruation oder nach der Geburt; unterdrückte Wut, welche die Leber beschädigt und dazu führt, dass das Qi gegenläufig fliesst und sich Blut ansammelt ( ); Müdigkeit und Schwäche, die dazu führen, dass schwaches Qi nicht bewegen kann. Wenn also das Blut nicht komplett ausgeschieden wird, dann fliesst es gegenläufig. Dies führt allmählich zu Ansammlungen und Akkumulationen.» Schmerzen und Störungen bis zur Infertilität Die Blutstase beeinträchtigt die normalen Funktionen der zang fu, des tian gui, der Leitbahnen und Netzwerkgefässe sowie des Blutes und des Qi. Eine Störung der korrekten Speicher- und Ausstossfunktion des Uterus führt zu Symptomen wie übermässig starken und zu langen Blutungen, kontinuierlichen leichten Blutungen oder plötzlichen starken Blutungen; das Blut kann dunkel sein und Verklumpungen aufweisen. Blutstase, welche die chong- und die ren-gefässe blokkiert und den Qi-Mechanismus im Uterus und in dessen Netzwerkgefässen (bao mai) stört, zeigt sich mit Schmerzen im Unterbauch vor und während der Menstruation, zum Teil mit stechenden Schmerzen, Schmerzverschlimmerung durch Druck und Schmerzbesserung durch die Menstruationsblutung. Bleibt die Blutstase im Uterus und den Uterusgefässen (bao mai) über einen längeren Zeitraum bestehen, entstehen allmählich Ansammlungen und Akkumulationen. Eine gynäkologische Untersuchung zeigt in diesen Fällen eine rückwärts geneigte Gebärmutter (retroversio uteri) mit tastbaren Verhärtungen an der einen oder an beiden Seiten sowie druckempfindliche Knoten im Douglas-Raum. Letztlich führt Blutstase im Uterus auch zu einer Dysregulation der chong- und der ren-gefässe. Die beiden Essenzen können nicht interagieren, Infertilität kann die Folge sein. Unterscheiden zwischen Hitze und Kälte, Leere und Völle Gemäss den verschiedenen Ursachen für «Blut ausserhalb der Leitbahnen/Menstruation»* (das heisst Endometriose) und der Beeinflussung der Frauen durch unterschiedliche vorhimmlische und nachhimmlische Faktoren zeigen sich zusätzlich zur Blutstase als Grundelement unterschiedliche Ausprägungen von Hitze und Kälte sowie Leere und Völle. Für eine erfolgreiche Therapie muss in der Praxis deshalb neben dem Schlüsselfaktor Blutstase auch auf den gesamten Organismus geachtet und Kälte oder Hitze, Leere oder Völle mit einbezogen werden. Muster 1: Qi-Stagnation und Blutstase Depressionen oder blockierte Emotionen führen zu Leber-Qi-Stagnation und in der Folge zu Blutstase. Blutstase und Qi-Stagnation blockieren dann den freien Fluss von Qi. Deshalb zeigen sich Symptome wie Schmerzen vor und während der Menstruationsblutung, wenig, dunkles und klumpiges Blut, Schmerzbesserung nach Abgang von Klumpen, prämenstruelle Brustschmerzen, eine dunkle purpurfarbene Zunge und ein tiefer (chen) und saitenförmiger (xian) oder ein rauer (se) Puls. Die Therapie muss Leber-Qi Chuan Lian Zi. regulieren und verteilen und Blut regulieren. Geeignete Rezepturen sind Variationen von Jin Ling Zi San (Toosendan-Pulver) und Si Ni San (Vier-gegenläufige-Pulver, wird auch als Kalte-Extremitäten-Pulver übersetzt). Häufig angewendete Arzneimittel sind: Chuan Lian Zi (Toosendan Fructus) Yan Hu Suo (Corydalis Rhizoma) Chai Hu (Bupleuri Radix) Zhi Shi (Aurantii Fructus immaturus) Chi Shao (Paeoniae Radix rubra) Xiang Fu (Cyperi Rhizoma) Dan Shen (Salviae miltiorrhizae Radix et Tao Ren. Rhizoma) * Das chinesische Zeichen jing kann für Menstruation oder Leitbahn stehen. Obwohl hier die Bedeutung Menstruation unmittelbar sinnvoller erscheinen mag, bleibt es eine Frage der Interpretation. Ein anderes Beispiel für dasselbe Problem ist die Übersetzung der klassischen Rezeptur Wen Jing Tang: Möglich ist sowohl Wärme-die- Menstruation-Dekokt als auch Wärme-die-Leitbahnen-Dekokt. Aus den Inhaltsstoffen geht nicht eindeutig hervor, dass das Dekokt nur für die Menstruation verwendet werden kann, obwohl dies heutzutage generell so praktiziert wird. 2

3 GYNÄKOLOGIE: ENDOMETRIOSE Xia Ku Cao (Prunellae Spica) Sheng Mu Li (Ostreae Concha) Zhe Bei Mu (Fritillariae thunbergii Bulbus) Yi Yi Ren (Coicis Semen) Tao Ren (Persicae Semen) Liu Ji Nu (Artemisiae anomalae Herba) Bei bitterem Mund und gelblichem Zungenbelag sollten noch Huang Qin (Scutellariae Radix), Mu Dan Pi (Moutan Cortex) und Zhi Zi (Gardeniae Fructus) hinzugefügt werden. Bei relativ grossen Klumpen im Unterbauch kann Xue Jie (Draconis Sanguis) beigefügt werden. Muster 2: Kälte-Koagulation mit Blutstase Dieses Muster zeigt sich bei Patientinnen mit Yang- Leere oder bei Frauen, deren Yang durch lange Krankheit geschwächt wurde und in denen sich so innere Kälte ansammeln konnte. Wenn eine Frau während der Menstruation oder postpartal Kälte oder Regenwetter ausgesetzt ist, wenn sie in Kontakt mit kaltem Wasser kommt, sich in feuchtkalten Räumen aufhält, aus anderen Gründen friert oder kaltes Essen zu sich nimmt, Xiao Hui Xiang. greift kalte Feuchtigkeit das Innere an und schadet dem Yang des Körpers. Dadurch sammelt sich Leere-Kälte oder pathogene Kälte in den chong- und den ren-gefässen des Uterus an. Klinische Manifestationen davon sind Schmerzen vor und während der Menstruationsblutung, Besserung durch Wärmeanwendung, wenig dunkelrotes und verklumptes Menstruationsblut, weissblasse Gesichtsfarbe, Kältegefühl in den Extremitäten, dünner oder dikker weisser Zungenbelag und ein tiefer (chen) oder tiefer und dünner (xi) Puls. Die Therapie muss Blutstase regulieren und Kälte vertreiben. Geeignete Rezepturen sind Variationen von Shao Fu Zhu Yu Tang (Leite-Stase-aus-dem-Unterbauch-Dekokt). Häufig angewendete Arzneimittel sind: Xiao Hui Xiang (Foeniculi Fructus) Gan Jiang (Zingiberis Rhizoma) Yan Hu Suo (Corydalis Rhizoma) Ru Xiang (Olibanum) Mo Yao (Myrrha) Dang Gui (Angelicae sinensis Radix) Chuan Xiong (Chuanxiong Rhizoma) Rou Gui (Cinnamomi Cortex) Chi Shao (Paeoniae Radix rubra) Chao Pu Huang (Typhae Pollen praeparata) Wu Ling Zhi (Trogopterori Faeces) Bei leerem Yang sollten noch Pao Fu Zi (Aconiti Radix lateralis praeparata) und Ai Ye (Artemisiae argyi Folium) hinzugefügt werden. Bei kalten Extremitäten sollte noch Xi Xin (Asari Radix et Rhizoma) hinzugefügt werden. Nasse Kälte kann mit Cang Zhu (Atractylodis Rhizoma) 3 GEDANKEN Leber-Qi- Leere gibt s das? Nach etwa zehn Jahren klinischer Arbeit stolpere ich in Sybill Huessen, TCM- Therapeutin in Winterswijk, Niederlande, Dozentin an der der Praxis häufiger über ein August-Brodde-Schule in Phänomen, das in der Chinesischen Medizin «offiziell» gar nicht existiert: Leber-Qi- Wuppertal. Leere, zuweilen selbst Leber-Yang-Leere. Bei genauerer Recherche gibt kein Buch der TCM das eine oder das andere Syndrom her. Meine Praxis, in der Diagnose gestützt durch die jeweilige Pulsanamnese, konfrontiert mich jedoch oft mit diesem Syndrom. Was ist denn dann in der linken Guan- beziehungsweise Leberposition zu spüren, mögen Sie sich fragen. Möglich sind zum Beispiel starke Schwankungen in der Amplitude oder ein zunehmend tiefer Leberpuls, bei dem die oberen Tiefen substanzloser werden oder gar abwesend sind; der Puls jedoch nicht dünn ist ( denn das wäre Blutleere). Wenn wir neben der Syndromlehre auch die Wandlungsphasen mit in unsere Überlegungen einbeziehen, so stossen wir auf die Analogie des Armeegenerals im «Su Wen», Kapitel 8, und auf klassische Leber-(Yang)-Attribute wie die Fähigkeit, sich im Leben vorwärts zu bewegen, sich durchzusetzen und mit seinem Lebensplan zu manifestieren. Gerade diese Fähigkeiten werden in der modernen Welt auf eine Art und Weise gefordert, die im krassen Gegensatz zu der Welt von vor 100 bis 200 Jahren steht. Früher wurde der Lebensplan eines Menschen weitgehend vorbestimmt. Der Sohn eines Bauern übernahm selbstverständlich den väterlichen Hof, so wie der Vater ihn vom Grossvater übernommen hatte. Eine Tochter heiratete standesgemäss, bekam Kinder und übernahm die Sorge oder die Organisation des Haushaltes, so wie ihre Mutter und Grossmutter es getan hatten. Die Ansprüche, die das moderne Leben an das «Organsystem Leber» stellt, sind gigantisch und gehen in einigen Fällen deutlich über die energetischen Reserven dieses Zang hinaus. Mal ganz abgesehen von den grossen Lebensplänen der Leber, muss sich die Gallenblase bereits morgens früh ins Zeug schmeissen und beim Café um die Ecke so lebenswichtige Entscheidungen treffen wie: Espresso? Cappuccino? Caffè latte? Americano? Mit oder ohne Koffein? Mit oder ohne Sahne? Mit Soya- oder Kuhmilch? Sybill Huessen 1/06 AG

4 GYNÄKOLOGIE: ENDOMETRIOSE und Fu Ling (Poria) therapiert werden. Bei Übelkeit und Erbrechen werden Fa Ban Xia (Pinelliae Rhizoma praeparatum) Wu Zhu Yu (Evodiae Fructus) und Bai Zhi (Angelicae dahuricae Radix) hinzugefügt. Muster 3: Schleim vermischt mit Blutstase Langzeit-Blutstase blockiert den Qi-Fluss und führt zu einer abnormal funktionierenden Milz. Schleim und Feuchtigkeit sammeln sich an und Schleim vermischt sich mit Blutstase im Uterus. Klinische Manifestationen dieses Musters sind Bauchschmerzen während der Menstruation, Schmerzverschlimmerung durch Druck, wenig und verklumptes Menstruationsblut, Engegefühl in der Brust mit viel Schleim und Müdigkeit. Die Zunge ist dunkel und purpurfarben mit weissem und dikkem Belag und der Puls ist Gui Zhi. tief (chen) und rau (se). Die Therapie muss Blut regulieren und Schleim lösen. Geeignete Rezepturen sind Variationen von Gui Zhi Fu Ling Wan (Zimtästchen- und Poria-Pille) und Ju He Wan (Mandarinensamen-Pille). Häufige Arzneimittel sind: Gui Zhi (Cinnamomi Ramulus) Fu Ling (Poria) Chi Shao (Paeoniae Radix rubra) Tao Ren (Persicae Semen) Mu Dan Pi (Moutan Cortex) Chuan Xiong (Chuanxiong Rhizoma) San Leng (Sparganii Rhizoma) E Zhu (Curcumae Rhizoma) Ju He (Citri reticulatae Semen) Dan Shen (Salviae miltiorrhizae Radix et Rhizoma) Xue Jie (Draconis Sanguis) Bie Jia (Trionycis Carapax) Hai Zao (Sargassum) Kun Bu (Laminariae seu Eckloniae Thallus) Yi Yi Ren (Coicis Semen) Zhe Bei Mu (Fritillariae thunbergii Bulbus) Zao Jiao Ci (Gleditsiae Spina) Zhi Qiao (Aurantii Fructus) Bei Völle im Abdomen können Mai Ya (Hordei Fructus germinatus praeparatus), Shen Qu (Massa Medica fermentata) und Ji Nei Jin (Gigeriae gallli Endothelium corneum) hinzugefügt werden. Bei Fettleibigkeit mit viel Schleim können Da Fu Pi (Arecae Pericarpium), Che Qian Zi (Plantaginis Semen) und Dan Nan Xing (Arisaema cum Bile) beigefügt werden. Muster 4: Qi-Leere und Blutstau Lang anhaltende Milz-Qi-Schwäche, Qi-Stagnation und Blutstase sowie andere lang andauernde Krankheiten schwächen das Zheng-Qi des Körpers und führen zu weiterem Qi-Mangel und zu Blutstase. Klinische Manifestationen dieses Musters sind: Verschlimmerung der Bauchschmerzen während der Menstruation, Verbesserung der Schmerzen durch Druck auf den Bauch, Müdigkeit, Dehnungsschmerz des Afters, eine dicke und geschwollene Zunge mit Zahneindrücken und ein langsamer (chi) und schwacher (ruo) Puls. Die Therapie muss das Qi regulieren, Yang stärken und Blut regulieren. Geeignete Rezepturen sind Variationen von Xue Fu Zhu Yu Tang (Leite-Stase-aus-dem-Hausdes-Blutes-Dekokt) und Bu Zhong Yi Qi Tang (Stärke-die- Mitte-und-hebe-Qi-Dekokt). Häufige Arzneimittel sind: Dang Gui (Angelicae sinensis Radix) Sheng Di Huang (Rehmanniae Radix) Chi Shao (Paeoniae Radix rubra) Chuan Xiong (Chuanxiong Rhizoma) Tao Ren (Persicae Semen) Hong Hua (Carthami Flos) Chai Hu (Bupleuri Radix) Zhi Qiao (Aurantii Fructus) Niu Xi (Achyranthis bidentatae Radix) Jie Geng (Platycodonis Radix) Zhi Huang Qi (Astragali Radix) Dang Shen (Codonopsis Radix) Sheng Ma (Cimicifugae Rhizoma) Bai Zhu (Atractylodis Macrocephalae Rhizoma) Bei ausgeprägter Blutstase kann man Chao Pu Huang (Typhae Pollen prep.) und San Leng (Sparganii Rhizoma) hinzufügen; bei ausgeprägtem Qi-Mangel Lu Rong (Cervi Pantotrichum Cornu) Zhi Huang Qi. und Zi He Che (Hominis Placenta) **. Muster 5: Yin-Mangel und Blutstase Übermässige sexuelle Aktivität und zahlreiche Geburten erschöpfen das Nieren-Qi und schädigen die chong- ** Diese beiden Substanzen sind bei der LIAN CHINAHERB AG nicht erhältlich; Lu Rong führen wir aus ethischen und Zi He Che aus sicherheitstechnischen Gründen nicht im Sortiment. Lu Rong kann ersetzt werden durch Lu Jiao (Cervi Cornu), Lu Jiao Jiao (Cervi Cornu Gelatinum) oder Lu Jiao Shuang (Cervi Cornu Degelatinum). Diese drei Substanzen sind jedoch nicht so kräftig in ihrer Wirkung und vor allem nicht so warm wie Lu Rong und fokussieren weniger auf Yang und mehr auf Blut und Essenz. Deshalb kann je nach Indikation noch ein Yang stärkendes Mittel wie Xian Mao (Curculiginis Rhizoma), Ba Ji Tian (Morindae officinalis Radix), Yin Yang Huo (Epimedii Herba), Suo Yang (Cynomorii Herba), Rou Cong Rong (Cistanches Herba) oder Bu Gu Zhi (Psoraleae Fructus) beigefügt werden. Bei der Auswahl zu beachten: Lu Jiao bewegt auch Blut; Lu Jiao Jiao stoppt auch Blutungen; Lu Jiao Shuang ist das schwächste der Hirschprodukte, ist jedoch am wenigsten klebrig und deshalb für die Milz am verträglichsten. Zi He Che lässt sich nur sehr schwer ersetzen, am ehesten wäre Lu Rong geeignet siehe oben. 4

5 GYNÄKOLOGIE: ENDOMETRIOSE und die ren-gefässe. Bei bereits bestehendem Yin- oder Blutmangel führt Langzeitstase zu Hitze und schädigt das Nieren-Yin weiter. Die chong- und die ren-gefässe sind in einem Mangelzustand und der See des Blutes entleert sich. So wird der Uterus ungenügend genährt. Klinische Manifestationen dieses Musters sind Bauchschmerzen während der Menstruation, unterschiedlich starke frühe und hellrote Blutungen, tiefes Fieber, Schwindel, Tinnitus, Hitze in Yin Yang Huo. den fünf Herzen, Mundtrockenheit, dunkler Urin, Staseflecken an den Zungenrändern, wenig Belag und ein feiner (xi) und schneller (shuo) oder ein feiner und rauer (se) Puls. Die Therapie muss Yin und Blut nähren und Blut regulieren. Geeignete Rezepturen sind Variationen von Tao Hong Si Wu Tang (Vier-Materialien-Dekokt mit Pfirsichsamen und Färberdistel). Häufige Arzneimittel sind: Tao Ren (Persicae Semen) Hong Hua (Carthami Flos) Dang Gui (Angelicae sinensis Radix) Sheng Di Huang (Rehmanniae Radix) Chi Shao (Paeoniae Radix rubra) Bai Shao (Paeoniae Radix alba) Chuan Xiong (Chuanxiong Rhizoma) Nü Zhen Zi (Ligustri lucidi Fructus) Han Lian Cao (Ecliptae Herba) He Shou Wu (Polygoni multiflori Radix praeparata) Mu Dan Pi (Moutan Cortex) Xia Ku Cao (Prunellae Spica) Sheng Mu Li (Ostreae Concha) Chuan Xiong (Chuanxiong Rhizoma) Rou Gui (Cinnamomi Cortex) Chi Shao (Paeoniae Radix rubra) Chao Pu Huang (Typhae Pollen prep.) Lu Jiao Jiao (Cornu Cervi colla) Zi He Che (Hominis Placenta)** Yin Yang Huo (Epimedii Herba) San Leng (Sparganii Rhizoma) E Zhu (Curcumae Rhizoma) Tao Ren (Persicae Semen) Behandlung individualisieren, auch Jahreszeit und Umwelt einbeziehen Bei der klinischen Behandlung der Endometriose soll jedoch nicht nur gemäss Musterdifferenzierung therapiert werden. Es muss auch die Behandlung der Krankheit gemäss der Jahreszeit, der Umwelt und dem Individuum berücksichtigt werden. Die Behandlung muss individualisiert werden, um die Lebensqualität der Patientin zu verbessern. Zuerst unterscheidet man während und zwischen der Menstruation. Im Zeitintervall zwischen den Menstruationen behandelt man die Wurzel; während der Menstruation werden die wichtigsten Symptome behandelt. Bei starken Bauchschmerzen kann zum Beispiel mit Yan Hu Suo (Corydalis Rhizoma), Chuan Lian Zi (Toosendan Fructus), Chao Pu Huang (Typhae Pollen prep.), Wu Ling Zhi (Trogopterori seu Pteromi Feces) und Wu Yao (Linderae Radix) therapiert werden; Kälte wird mit Pao Fu Muster 6: Yang-Leere und Blutstau Vorgeburtliche Schwäche oder Milzleere kann die Nieren beeinträchtigen. Des Weiteren kann stagniertes und koaguliertes Blut im unteren Erwärmer den Fluss des Nieren-Qi blockieren. Dadurch kann das Yang-Qi nicht gewärmt werden und das Nieren-Yang erschöpft sich. Die klinischen Manifestationen sind Bauchschmerzen nach oder während der Menstruation, wenig dunkelrotes und verklumptes Menstruationsblut, Lumbalschmerzen, Tinnitus, wässriger und weisser Ausfluss, eine geschwollene und dunkelblasse Zunge mit weissem und schlüpfrigem Belag. Die Therapie muss Yang wärmen und stärken und Blut regulieren. Eine geeignete Rezeptur ist eine Variation von Shao Fu Zhu Yu Tang (Leite-Blutstase-aus-dem-unteren-Abdomen-Dekokt). Häufige Arzneimittel sind: Xiao Hui Xiang (Foeniculi Fructus) Yan Hu Suo (Corydalis Rhizoma) Ru Xiang (Olibanum) Mo Yao (Myrrha) Dang Gui (Angelicae sinensis Radix) 5 Hilfreich für jede Musterdifferenzierung: die Pulsdiagnose. Zi (Aconiti Radix lateralis praeparata), Gan Jiang (Zingiberis Rhizoma), Gui Zhi (Cinnamomi Ramulus) und Xi Xin (Asari Radix et Rhizoma) behandelt. Hitze kann mit Huang Qin (Scutellariae Radix), Huang Lian (Coptidis Rhizoma) und Ge Gen (Puerariae Radix) geklärt werden. Starke Blutungen werden mit Qian Cao Tan (verkohlte Rubrae Radix) und San Qi-Pulver (Notoginseng Radix et Rhizoma) gestoppt. Die Ursache und die Krankheitsmechanismen der Endometriose beruhen, wie oben beschrieben, auf Blutstase, die zu Ansammlungen von 1/06 AG Foto Regula Suter

6 GYNÄKOLOGIE: ENDOMETRIOSE Schleim und Blut führen kann. Gemäss dem Prinzip, dass Stagnation zerstreut werden muss, können je nach Stärke der Krankheit Blut bewegende, Stagnation beseitigende oder Stase brechende Mittel wie Insekten (chong) eingesetzt werden. Mittel wie Tao Ren (Persicae Semen), Hong Hua (Carthami Flos), San Leng (Sparganii Rhizoma), E Zhu (Curcumae Rhizoma), Bie Jia (Amydae Carapax), Shui Zhi (Hirudo), Xia Ku Cao (Prunellae Spica), Zhe Bei Zhe Bei Mu. Mu (Fritillariae thunbergii Bulbus) und Xue Jie (Draconis Sanguis) verstärken die Härte aufweichende und Knoten zerteilende Wirkung. Stärkung des Zheng-Qi geachtet werden. Mittel, die das Zheng-Qi stärken, sind Dang Shen (Codonopsis Radix) und Huang Qi (Astragali Radix). Gleichzeitig sollten die Nieren gestärkt werden mit Mitteln wie Lu Jiao Jiao (Cornu Cervi colla), Yin Yang Huo (Epimedii Herba), Shu Di Huang (Rehmanniae Radix), He Shou Wu (Polygoni multiflori Radix Praeparata), Tu Si Zi (Cuscutae Semen) oder Huang Jing (Polygonati Rhizoma praeparatum). Zusätzlich können Akupunktur, Ohren-Akupunktur, Moxibustion oder Punktinjektionen eingesetzt werden; auch kann man Blut bewegende, Hitze klärende und Gift lösende Mittel äusserlich anwenden oder als Einlauf verschreiben. Diese Behandlungsmethoden verstärken die therapeutische Wirkung, individualisieren die Behandlung und verbessern dadurch die Lebensqualität der Patientinnen. Auch das Zheng-Qi und die Nieren stärken sowie die Ovulation fördern Die Behandlung der Endometriose dauert oft relativ lange. Das heisst, Blut regulierende und Stase lösende Mittel werden über einen längeren Zeitraum eingesetzt. Diese Mittel schwächen das Zheng-Qi sowie das Blut. Deshalb muss bei der Behandlung auch auf die Zhang Xubin, Deng Gaopi und Ou Yang Hui Qing in «Xin Zhong Yi», Journal der Neuen Chinesischen Medizin, Nr. 8, 2003, S. 5 6 Übersetzung aus dem Chinesischen: Jiaoken Kuhne, Simon Becker IMPRESSUM Newsletter der LIAN CHINAHERB AG Ausgabe: 1/2006 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich (April, Juni, September, November) Herausgeber: LIAN CHINAHERB AG, CH-8832 Wollerau Auflage: 2000 Expl. Redaktion: Regula Suter-Estermann, Simon Becker Abschlussredaktion: Markus Bär Grafisches Konzept: dd com ag, CH-8008 Zürich Gestaltung: Yvonne Estermann Copyright: Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Übersetzung, elektronische Speicherung und Weitergabe, online aufschalten etc., auch auszugsweise, sind nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers gestattet. Autorinnen und Autoren sind für ihre Beiträge selbst verantwortlich. Ihre Meinung entspricht nicht immer der Ansicht des Herausgebers. Abonnemente (kostenlos), Probenummern, Adressänderungen: LIAN CHINAHERB AG, Fürtistrasse 7, CH-8832 Wollerau, Tel. +41 (0) , Fax + 41 (0) , info@lian.ch Druck und Versand: Seetal Medien AG, CH-6281 Hochdorf Papier: 100 Prozent Recycling 6

7 Shou Shen Cha Professor Tian s Tee für eine gute Figur Machen Sie eine gute Figur! Damit der Körper und der Stoffwechsel einwandfrei funktionieren, muss Qi auf- und absteigen, nach innen und nach aussen fliessen können. Zusätzlich muss die Milz stark sein, sodass sich keine Feuchtigkeit ansammelt. Shou Shen Cha reguliert die Qi-Bewegungen des Körpers, unterstützt die Ausscheidung und stärkt die Milz. Bo He befreit die Oberfläche und sendet Qi nach oben und aussen. Lu Cha, Grüntee, senkt ab, klärt das Innere und regt die Verdauung an. He Ye sendet das klare Yang der Milz nach oben und klärt sanft Feuchtigkeit aus der Milz. He Ye gilt als ein Hauptkraut bei der Unterstützung und Anregung des Stoffwechsels. Shou Shen Cha enthält Lotusblätter, die traditionell als Unterstützung beim Abnehmen verwendet werden. Alle LIAN-Tees nun in neuer, attraktiver Verpackung. Produkte zum Geniessen Nähere Informationen über unsere Tees und weitere Produkte zum Geniessen finden Sie unter Genuss + Wellness. Bestellen Sie Prof. Tian s Tee für eine gute Figur und die andern Genusstees ganz einfach mit diesem Formular: kopieren oder ausschneiden, ausfüllen und faxen. Genussteekreationen Preisliste / Bestellung Anzahl Packungs- Einkaufspreis Empf. Verkaufspreis Bestellung grösse exkl. MwSt. inkl. MwSt. TIAN CHA Professor Tian s Rezepte Shou Shen Cha Tee für eine gute Figur 40 g Li Yan Yin Hals befreiender Tee 110 g LIAN CHA Kreationen der LIAN CHINAHERB AG Liang Kuai Cha Erfrischungstee 80 g Jian Bu Cha Tee für einen leichten Gang 50 g Portofrei ab einem Warenwert von Fr Es gilt die «11 für 10»-Kondition: Von einer Sorte 11 Packungen erhalten, nur 10 bezahlen. Name / Vorname / Stempel Firma Adresse PLZ/Ort Telefon Fax Datum und Unterschrift 7

8 VOGELGRIPPE Ist ein Kraut gegen H5N1 gewachsen? Auch wenn es ruhiger geworden ist um die Vogelgrippe: Was könnte die Traditionelle Chinesische Medizin beitragen, falls eine nächste, vielleicht noch gefährlichere Welle käme? «EXTRAKT» diskutiert Ansätze zu einer Typologie und zur Musterdifferenzierung mit einer Leitlinie zur Behandlung. Im vergangenen Winter hat die Vogelgrippe auch Europa und die Schweiz erreicht. Der Ausbruch der Krankheit ist hier vergleichsweise glimpflich verlaufen, die Welle ist ebenso abgeebbt wie das Interesse der Medien. Was aber geschieht bei der nächsten Vogelgrippewelle? Wird sich das H5N1-Virus in Schach halten lassen? Niemand weiss es. Und niemand kann vorhersagen, ob und wann das Virus durch eine Mutation noch gefährlicher wird. Beim Lesen der zahlreichen Berichte und Hintergrundartikel dürfte sich bei manchen TCM- Therapeutinnen und Ärzten die Frage aufgedrängt haben: Wie würde denn die Chinesische Medizin die Vogelgrippe behandeln? Könnte die TCM eine Behandlung dieser aggressiven Krankheit überhaupt unterstützen? Generell behandelt die Chinesische Medizin virale Erkrankungen der oberen Luftwege ganz passabel. Folglich sollten Chinesische Arzneimittel auch bei der Vogelgrippe einsetzbar und effizient sein. Eine Zusammenstellung bisher publizierter Berichte gibt Aufschluss. Zur Einführung jedoch ein genauerer Blick auf die Vogelgrippe. Für Vögel zu über 80 Prozent tödlich Das Roche Online-Lexikon ( schreibt: «Die Geflügelpest oder fachsprachlich Aviäre Influenza ist eine weltweit auftretende Infektion, die durch Viren übertragen wird und von der vor allem Hühner, Puten und Enten, seltener auch Wildvögel, Fasane und Perlhühner betroffen sind. Die Erkrankung wird von Tier zu Tier, über den Kot sowie die Luft übertragen und endet für % der betroffenen Tiere tödlich. Die Krankheit bricht beim Geflügel etwa 3 14 Tage nach der Infektion aus. Symptome sind hohes Fieber, Atemprobleme, Fressunlust und Mattigkeit, Durchfall sowie Schwarzfärbung von Kamm und Kehllappen. Manchmal ist der Erreger so aggressiv, dass das betroffene Tier ohne Vorwarnung tot umfällt oder erstickt.» Die Übertragung auf den Menschen ist möglich. Durch Kot und Blutspritzer wird das Virus auf den Menschen übertragen. Beim Verzehr von infiziertem Fleisch besteht mit grösster Wahrscheinlichkeit kein Ansteckungsrisiko. So erkrankten in Südostasien gemäss WHO «vor allem solche Personen, die während der Schlachtung, dem Rupfen oder beim Kochen Kontakt mit den Tieren hatten.» 1 Die pathogenen Viren werden beim Erhitzen von Lebensmitteln zerstört. Nicht aber beim Einfrieren. Epidemie 2005/06 kostet über 100 Menschen das Leben Gefährlich wäre, wenn das Vogelgrippe-Virus sich mit einem anderen Grippevirus kombinieren und so zum aggressiven humanpathogenen Erreger mutieren würde. Weltweit sind seit 1997 bereits zwei kleine Epidemien ausgebrochen, bei denen 18 Menschen infiziert wurden, sechs davon starben. Beim aktuellen Ausbruch der Vogelgrippe sind weltweit über 100 Menschen gestorben. In der Chinesischen Medizin gilt, dass verschiedene Krankheiten gleich behandelt werden können und, umgekehrt, dass die gleiche Krankheit verschiedene Therapieansätze erfordert. Dies entspricht der Behandlung aufgrund der Musterdifferenzierung (bian zheng lun zhi). Die Vogelgrippe ist eine «moderne» Krankheit, welche als solche in der Chinesischen Medizin nicht existiert. In der Chinesischen Medizin fällt sie, gleich den meisten grippalen Lungeninfekten, in die Kategorie der oberflächlichen Krankheiten. Typologie, Differenzierung und Behandlungsansätze nach TCM Als Grundlage zur Differenzierung und Behandlung kann man demnach das Sechs-Schichten-System aus dem Shang Han Lun oder die vier Aspekte aus dem Wen bing-system wählen. Andere Differenzierungssysteme, welche man zur Therapie wählen kann, sind die sechs pathogenen Faktoren oder das Zang fu-system. In letzterem sind es äussere Windkrankheiten, welche die Oberfläche und die Lunge befallen. Das Sechs-Schichten-System wird klassischerweise zur Differenzierung von Wind-Kälte-Krankheiten eingesetzt. Im Gegensatz dazu wird das Vier-Aspekte-System für Wind-Hitze-Krankheiten verwendet. Zu betonen ist jedoch, dass auch im Sechs-Schichten-System der einfallende kalte pathogene Faktor sich in der zweiten Schicht, der Yangming-Schicht, in Hitze wandelt. Die Vogelgrippe beim Menschen gilt als eine relativ aggressiv verlaufende Grippe. Ganz generell kann behauptet werden, dass in der Chinesischen Medizin aggressive Grippekrankheiten eher in die Kategorie Wind- Hitze als in die Kategorie Wind-Kälte fallen. Typische Symptome wie Fieber, Halsschmerzen und andere «Entzündungszeichen» werden als Hitzezeichen klassifiziert. So dient zum Beispiel auch für die Behandlung von Sars, eines ebenfalls aggressiven Grippe-ähnlichen Infekts, das Vier-Aspekte-System der Wärme-Krankheiten als grundlegendes Differenzierungsmodell. 1 Roche Online-Lexikon, Vogelgrippe 8

9 VOGELGRIPPE Foto Regula Suter Ebenfalls besteht eine Beziehung zwischen dem Vier- Aspekte-System und Epidemien. Das heisst, das Wen bing-system war ein Auswuchs aus den ersten Ideen von Wu You-xing, der in der Ming-Dynastie in seinem «Wen Yi Lun» («über warme Epidemien») als erster ein pestilenzialisches Qi (li qi) und warme Epidemien (wen yi) beschrieb. Die Idee des pestilenzialischen Qi kann man weiterentwickeln und es auch in Verbindung bringen mit Toxinen (du). Toxine in der Chinesischen Medizin können definiert werden als ein «virulentes pathogenes Qi». 2 Somit entsprechen in der modernen Chinesischen Medizin Epidemien oder grippale Infekte mit epidemischem Charakter eben häufig Hitze- und auch Toxine- Krankheiten. Dies ist nicht anders bei der Vogelgrippe. Die noch spärliche Literatur dazu beschreibt entweder die kalten, Hitze klärenden Kräuter als die effizientesten in der Behandlung der Vogelgrippe oder führt Muster auf, welche eine Toxine-Invasion widerspiegeln. Antivirale Kräuter: Westliche Medizin mit Chinesischen Mitteln? Kalte Mittel, allen voran die Toxine lösenden und feuchte Hitze klärenden wie Ban Lan Gen (Isatidis seu Ein Übertragungsrisiko auf den Menschen besteht bei engem Kontakt mit infiziertem Geflügel, vor allem während der Schlachtung, beim Rupfen oder Kochen. 2 A Practical Dictionary of Chinese Medicine, Wiseman und Ye, Paradigm Publications, Brooklin, MA: Nicht selten sind zb. moderne Chinesische Grippemittel nichts anderes als Zusammenstellungen der pharmakologisch geprüften besten antiviralen Mittel. Traditionalisten monieren stets, dass dies nicht dem Gedanken der Östlichen Therapie entspeche, sondern Westliche Medizin mit Chinesischen Arzneimitteln bedeute. 9 Baphicacanthi Radix), Da Qing Ye (Isatidis Folium), Huang Lian (Coptidis Chinensis Rhizoma) und Huang Qin (Scutellariae Baicalensis Radix), gelten grundsätzlich als relativ stark antiviral und antibakteriell. Es ist sicherlich auch dadurch bedingt, dass diese bevorzugt in der Therapie «moderner» Krankheiten eingesetzt werden. Dharmananda streicht zum Beispiel in seinem Artikel «Die Antwort der Chinesischen Medizin zur Grippe-Pandemie» vor allem die antiviralen Mittel hervor. Er begründet die Effizienz der Therapie auch damit, dass die Arzneien zwar nicht Virus-spezifisch sind, ihre Wirkung aber durch die Stärkung des Immunsystems erlangen, welches dann die Viren besser eliminieren kann. Weiter schreibt Dharmananda: «Ist die Dosierung hoch genug, können die Kräuter die virale Reproduktion direkt hemmen; sie können auch die Symptome verringern und dadurch starke grippale Infekte als mild erscheinen lassen.» Hier wird eindeutig sehr stark auf die Erkenntnisse der Westlichen Medizin zurückgegriffen, die traditionellen Weisheiten werden zumindest zum Teil ignoriert. 3 Die Stärke der Chinesischen Medizin ist die Anpassung der Therapie an die individuelle Situation des Patienten. Wie erwähnt wird dieser Prozess der individuellen Anpassung in der modernen Chinesischen Medizin bian zheng lun zhi genannt: Therapie aufgrund des Musters. Mögliche Musterdifferenzierung mit Behandlung Das folgende Differenzierungsmodell kann als Grundlage in der Behandlung von Vogelgrippefällen angesehen werden. Die Rezepturen müssen jedoch noch modifiziert und dem Patienten angepasst werden. Zeigt sich wider Erwarten ein Vogelgrippepatient nicht mit Hitze-Zeichen, sondern mit einer Oberflächeninvasion durch Wind-Kälte, dann muss nicht nur die Rezeptur angepasst, sondern auch das Differenzierungssystem gewechselt werden. Nicht mehr das Vier-Aspekte-System und Toxine als pathogener Faktor, sondern das Sechs-Schichten-Modell und Wind, eventuell gar Wind-Kälte als pathogener Faktor, müssen berücksichtigt werden. In unserer Musterdifferenzierung werden vier Muster beschrieben. Diese orientieren sich hauptsächlich am Verlauf der Krankheit. Das heisst, pro Krankheitsphase wird nur gerade ein Muster beschrieben, von der beginnenden Krankheit bis zur sehr fortgeschrittenen Phase, von einer noch alltäglichen Lungeninvasion zu einer lebensbedrohenden inneren Blockade, welche den Zusammenhalt zwischen Yin und Yang gefährdet. Modifikationen für leichte Variationen des Hauptmusters leisten eine Orientierungshilfe für Anpassungen. Toxine attackieren die Lunge Krankheitsmechanismus: Äussere Toxine attackieren die Lunge und setzen sich im Lungenabwehrsystem fest. Dies führt zu einem Verlust der verteilenden und absenkenden Funktion. Symptome: Fieber, Halsschmerzen, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Husten mit wenig Schleim, weisser Zungenbelag und ein oberflächlicher (fu), schlüpfriger (hua) und schneller (shuo) Puls. Behandlungsprinzip: Kläre Hitze und löse Toxine, verteile die Lunge und treibe den pathogenen Faktor nach aussen. 1/06 AG

10 VOGELGRIPPE Basisrezeptur mit Dosierung: Chai Hu Bupleuri Radix 10 g Huang Qin Scutellariae Radix 12 g Zhi Ma Huang Honig-frittiertes Ephedrae Herba 6 g Xing Ren Armeniacae Amarum Semen 10 g Jin Yin Hua Lonicerae Flos 10 g Lian Qiao Forsythiae Fructus 15 g Niu Bang Zi Arctii Fructus 15 g Qiang Huo Notopterygii Radix et Rhizoma 10 g Lu Gen Phragmitis Rhizoma 15 g Bai Mao Gen Imperatae Rhizoma 15 g Gan Cao Glycyrrhizae Radix 6 g Modifikationen: Starker Husten: Zhi Pi Pa Ye (Honig-frittiertes Eriobotryae Folium) und Zhe Bei Mu (Fritillariae thunbergi Bulbus) Brechreiz und Erbrechen: Zhu Ru (Bambusae in taenia Caulis) und Zi Su Ye (Perillae Folium) Toxine attackieren die Lunge und den Magen Krankheitsmechanismus: Toxine attackieren die Lunge und den Magen. Dies führt zu innerer Ansammlung von Feuchtigkeit und Trübheit und zu Verlust der Regulierung und des Absenkens von Magen und Darm. Symptome: Fieber oder Aversion gegen Kälte beziehungsweise Furcht vor Kälte, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Brechreiz, Durchfall, abdominale Schmerzen, weisser und schleimiger Zungenbelag und ein oberflächlicher (fu) und schlüpfriger (hua) Puls. Behandlungsprinzip: Kläre Hitze und löse Toxine, eliminiere Feuchtigkeit und harmonisiere den Magen. Basisrezeptur mit Dosierung: Ge Gen Pueraria Radix 20 g Huang Qin Scutellariae Radix 10 g Huang Lian Coptidis Rhizoma 6 g Yu Xing Cao Houttuyniae Herba 30 g Cang Zhu Atractylodis Rhizoma 10 g Huo Xiang Agastaches Herba* 10 g Jiang Ban Xia Ingwer-frittierte Pinelliae Rhizoma 10 g Hou Po Magnoliae officinalis Cortex 6 g Lian Qiao Lonicerae Fructus 5 g Bai Zhi Angelicae dahuricae Radix 10 g Bai Mao Gen Imperatae Rhizoma 20 g * Auf dem Markt ist hauptsächlich Guang Huo Xiang, Pogostemonis Herba erhältlich. Ansammlung von Toxinen in der Lunge Krankheitsmechanismus: Ist die Krankheit ausgeprägt, sammeln sich pathogene Toxine in der Lunge an. Die Lunge kann nicht mehr verteilen und absenken und es entwickeln sich hohes Fieber und Husten. Schleimstase 4 blockiert die Lunge; die Lippen sind dunkel und purpurfarben und der Atem ist kurz und keuchend. Symptome: Hohes Fieber, Husten mit wenig Schleim, Engegefühl in der Brust mit Erstickungsangst, Kurzatmigkeit, Keuchen, eventuell Palpitationen, Nervosität und Unruhe, bei ausgeprägter Krankheit getrübtes Bewusstsein und unzusammenhängendes Sprechen, dunkle und purpurfarbene Lippen, dunkelrote Zunge mit gelbem und schleimigem Belag und ein dünner (xi) und schneller (shuo) Puls. Behandlungsprinzip: Kläre Hitze und entleere die Lunge, löse Toxine und wandle Stase um. Basisrezeptur mit Dosierungen: Honig-frittiertes Ma Huang Ephedrae Herba 9 g Shi Gao Gypsum (vorkochen) 30 g Frittiertes Xing Ren Armeniacae amarum Semen 10 g Huang Qin Scutellariae Radix 10 g Zhi Mu Anemarrhenae Rhizoma 10 g Zhe Bei Mu Fritillariae thunbergii Bulbus 10 g Ting Li Zi Lepidii seu Descurainiae Semen 15 g Sang Bai Pi Mori Cortex 15 g Pu Gong Ying Taraxaci Herba 15 g Cao He Che Paridis Rhizoma* 10 g Chi Shao Paeoniae Radix rubra 10 g Dan Pi Moutan Cortex 10 g * Cao He Che kann für zwei unterschiedliche Mittel stehen: Häufiger steht es für Chong Lou, Paridis Rizoma. Weniger häufig wird dieser Name jedoch auch für Quan Shen, Bistortae Rhizoma verwendet. Beide haben sehr ähnliche Wirkungen. Modifikationen: Bei hohem Fieber, getrübtem Bewusstsein und unzusammenhängendem Sprechen: An Gong Niu Huang Wan (Pille mit Rindergalle, die den Palast beruhigt) Dunkle und purpurfarbene Lippen: Huang Qi (Astragali Radix) 5, San Qi (Notoginseng Radix et Rhizoma) und Dang Gui Wei (Angelicae sinensis Radicis extremitas) Verstopfung: Da Huang (Rheum Radix et Rhizoma) und Mang Xiao (Natrii Sulfas) 6 Modifikationen: Ausgeprägte abdominale Schmerzen: frittiertes Bai Shao (Paeoniae Radix alba) und Honig-frittiertes Zhi Gan Cao (Glycirrhizae Radix) Starker Husten: frittiertes Xing Ren (Armenicae amarum Semen) und Chan Tui (Cicadae Periostracum) 4 Schleimstase beschreibt eine Ansammlung von Schleim mit Blutstase. Oft verstärken sich die beiden sekundären pathogenen Faktoren gegenseitig. Schleim blockiert den freien Fluss von Qi und Blut und es entsteht Blutstase. Blutstase blockiert die Flüssigkeiten und es sammelt sich Schleim an. 5 Die Zugabe von Huang Qi deshalb, weil ein Qi-Mangel zur Blutstase führt und weil Blut durch Qi bewegt wird. Huang Qi gilt als das Hauptkraut bei Qi-Mangel-Blutstase, oft in sehr hohen Dosierungen, bei Rohdrogen von 30 bis 50 g. 6 Da Huang und Mang Xiao sind die Standardarzneien bei akuter Verstopfung. Häufig werden sie jedoch fälschlicherweise über längere Zeit bei chronischer Verstopfung eingesetzt. Dies entspricht nicht dem traditionellen Einsatz, schwächt Qi und Blut und kann dadurch zu weiteren Problemen führen. 10

11 VOGELGRIPPE Blockade des Inneren mit Erschöpfung des Äusseren Krankheitsmechanismus: Die Toxine fallen ins Innere ein, Qi wird nicht mehr gestützt, Yang wird nicht mehr gestützt, und Yin ist erschöpft. Symptome: hohes oder tiefgradiges Fieber, Husten, Erstickungsgefühl, Keuchen, kühle oder kalte Hände und Füsse, kalter Schweiss, purpurfarbene Lippen und Nägel, tiefer (chen) und dünner (xi) oder verschwindender (wei) Puls. Behandlungsprinzip: Stärke das aufrechte Qi und stabilisiere gegen Erschöpfung. Basisrezeptur und Dosierungen: Bai Shen Ginseng Radix 15 g Mai Dong Ophiopogonis Radix 15 g Wu Wei Zi Schisandrae Fructus 10 g Pao Fu Zi (vorkochen) schnell-frittierte Aconiti Radix lateralis 10 g Gan Jiang Zingiberis Rhizoma 10 g Shan Zhu Yu Corni Fructus 30 g Zhi Gan Cao Honig-frittierte Glycyrrhizae Radix 6 g Modifikationen: Bei ausgeprägtem Schwitzen: Duan Long Gu (kalzinierte Mastodi Ossis fossilia) und Duan Mu Li (kalzinierte Ostreae Conchae) Bei viel Schleim, Husten mit Schleimgeräusch und schleimigem Zungenbelag: Jin Qiao Mai (Fagopyri dibotrys Rhizoma) 7, Su He Xiang Wan (Styrax Pille) und Hou Zao San (Macacae Calculus Pille) Fazit Diese Ausführungen sollen nur eine erste Leitlinie in der Behandlung der Vogelgrippe skizzieren. Die Differenzierung und Behandlung folgt der Symptomatik und dem Verlauf der Krankheit: Die Lunge und der Magen sind involviert; die Krankheit ist relativ akut und zeigt sich mit starken Symptomen, was in der Chinesischen Medizin auf Toxine hinweist. Dieser Differenzierung folgt auch die Auswahl der Arzneimittel. Die meisten stammen aus der Hitze klärenden Kategorie: toxische Hitze, feuchte Hitze, äussere Hitze, Hitze im Blut. Viele zeigen auch Virus hemmende und Grippesymptome reduzierende Funktionen. Zeit und Erfahrungen werden zeigen, wie wirkungsvoll dieser Ansatz tatsächlich ist. Das Vorliegende darf als Hypothese betrachtet werden, welche durch klinische Anwendung überprüft, angepasst und verbessert werden muss. Vielleicht reicht ja auch die Wen bing-theorie nicht aus und es muss weiter in alten Werken nach ähnlichen Symptomkomplexen gesucht werden. Die Vogelgrippe wird man nicht finden, aber vielleicht Krankheiten, welche sich ganz ähnlich verhielten. Die Therapieprinzipien und Rezepturen könnten übernommen und weiterentwickelt werden. Simon Becker Literatur und Quellen Chinese herb response to flu pandemic, Dharmananda Subhuti, 7 Diese wenig bekannte Arznei klärt Hitze und löst Toxine, klärt die Lunge und schafft Schleim aus, löst Eiter, zerstreut Schwellungen, löst Wind und wandelt Feuchtigkeit um. Sie wird verwendet bei Lungenabszessen, Lungenentzündungen, Ekzem und vergrösserten Mandeln. Persönliche Kommunikation mit Dr. Fallbacher, Wien Bericht des Gesundheitsdepartementes, Hongkong, Aktuelles Archiv 2005 Roche Online-Lexikon, Vogelgrippe; Beitrag von Dagmar Reiche Wissen teilen Haben Sie Fragen zu Chinesischen Heilmitteln? Wünschen Sie Beratung beim Rezeptieren? Das TCM-Team der LIAN CHINAHERB AG steht für Ihre Fragen zur Verfügung. Wir können informieren. Und wir tun es gern. Über Fragen zur Herkunft, über die Verschreibung, die Einnahme und den Umgang mit Chinesischen Heilmitteln. Ihre Anlaufstelle für alle Fachfragen rund um die TCM, rufen Sie einfach an: Tel Wir beraten Sie gerne. Das TCM-Team der LIAN: Huili Zhao, Jiaoken Kuhne, Regula Suter und Simon Becker.

12 NEUES AUS CHINA Aids-Epidemie: Täglich 200 Neuinfektionen In China breitet sich die Immunschwächekrankheit Aids weiter aus. «Bei schätzungsweise Neuinfektionen im Jahr 2005 zeigt die Epidemie hier kein Zeichen von Abschwächung», sagte der Vertreter der Weltgesundheits-Organisation WHO in China, Hank Bekedam, gegenüber den Medien. Beamte des chinesischen Gesundheitsministeriums sagten, 2005 hätten sich zwischen und Chinesen neu mit dem Aids-Virus HIV angesteckt. Sie bezogen sich damit auf die erste gemeinsame Untersuchung der chinesischen Regierung, der WHO und der UN- Organisation Unaids. Demnach sind in China derzeit Aids- Fälle gemeldet. Im Jahr 2003 hatte die Regierung die Zahl noch auf geschätzt. Das solle niemanden zur Annahme führen, dass sich die Lage verbessert habe, warnte Bekedam. «Täuschen Sie sich nicht, die Aids- Epidemie in China wächst», betonte der WHO- Repräsentant. Der Studie zufolge gingen mehr als die Hälfte der neuen Fälle auf ungeschützten Sex zurück. Dies sei besonders alarmierend, weil es zeige, dass die Epidemie auf die Gesamtbevölkerung übergegangen sei. Der stellvertretende chinesische Gesundheitsminister, Wang Longde, warnte seine Landsleute: «China hat jeden Tag 200 neu infizierte Menschen. Aids ist für jeden von uns sehr nah.» Vgl. auch Seite 13 in diesem Heft: Aids-Therapie mit TCM. (TV-Magazin «nano», Alkohol schon vor 9000 Jahren Bereits vor 9000 Jahren haben Chinesen alkoholische Getränke hergestellt. Dazu liessen sie Reis, Honig und Früchte vergären, schreibt ein internationales Forscherteam im US-Magazin «Proceedings of the National Academy of Sciences». Es liegen Funde aus dem Norden des Landes vor, die erstmals einen direkten chemischen Nachweis liefern, dass im alten China schon so früh Alkohol getrunken wurde. Die Getränke hatten den Forschern zufolge eine kulturelle, religiöse und medizinische Bedeutung. Damit haben sich die Chinesen möglicherweise schon früher mit Alkohol versorgt als die Menschen im Mittleren Osten. (TV-Magazin «nano», TCM boomt Das Geschäft mit TCM-Kräutern in China boomt. Im Jahr 2004 wurden in China Heilkräuter im Wert von 95,8 Milliarden Yuan (gegen 15 Milliarden Franken) produziert. Das entspricht einer Steigerung um 18,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die mit Heilkräutern kultivierte Fläche umfasste 2004 eine Million Hektaren und ist damit seit dem Jahr 2000 um etwa 90 Prozent gewachsen. In China liegt die Wertschöpfung aus der Traditionellen Medizin viel höher als die der inländischen Pharmaindustrie. ( JTCM 80) Foto Simon Becker 2004 produzierte China TCM-Heilkräuter im Wert von rund 15 Milliarden Franken. Fast 20 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Foto Simon Becker Foto Regula Suter 12

13 NEUES AUS DER FACHWELT China: Aids- Therapie mit TCM Versuchsweise wurde in elf chinesischen Provinzen und Städten ein Programm zur Behandlung von HIV- Infektionen und Aids mit Traditioneller Chinesischer Medizin eingeführt. Sechs weitere Provinzen sollen noch hinzukommen. Das Programm wird von der Zentralregierung mit einem Kredit von 36 Millionen Yuan (5,6 Millionen Franken) unterstützt. Die TCM-Behandlung ist erheblich kostengünstiger als die Medikamente der Schulmedizin und verursacht, so wird berichtet, weniger Nebenwirkungen. Ziele der Behandlung sind die Unterstützung des Immunsystems und die Linderung von Symptomen. Bisher vorliegende Resultate versprechen Erleichterung bezüglich Erbrechen, Durchfall und Erschöpfung. Die Traditionellen Heilmittel, heisst es weiter, könnten auch die Nebenwirkungen gleichzeitig eingenommener antiviraler Medikamente reduzieren. Lesen Sie auch die Meldung zur Aids-Epidemie in China auf Seite 12. (crienglish.com; JTCM 80) Schmerzerwartung beeinflusst Schmerzempfinden Wer schlimmen Schmerzen entgegenbangt, bekommt sie garantiert. Wer sich aber subjektiv auf erträgliche Schmerzen einstellt, empfindet sie dann auch als weniger heftig. Das fanden Robert Coghill und sein Team von der Wake Forest Universität in Winston-Salem im US- Staat North Carolina heraus. Sie beobachteten die Hirnaktivität ihrer zehn Studienteilnehmer mit Hilfe der funktionalen Kernspintomographie (fmri). Vor den Aufnahmen informierten die Neurologen ihre Patienten, dass sie im Verlauf des Tests schlimme, mässige oder milde Schmerzen zu erwarten hätten. Bestimmte Signale bereiteten die Männer und Frauen auf den entsprechenden Schmerz vor. Dann wandten Coghill und Kollegen einen Trick an: Sie signalisierten den Probanden milde Schmerzen, obwohl diese in Wahrheit heftig ausfielen. Zur Überraschung der Neurologen gaben die Probanden einen um etwa 28 Prozent geringeren Schmerz an. Gleichzeitig liess die Aktivität in jenen Hirnregionen nach, die an der Verarbeitung von Schmerzerwartung und -empfinden beteiligt sind. Dieses Resultat zeigt nach Meinung des Teams, dass Psychotherapie bei der Bekämpfung chronischer Schmerzen eine Rolle spielen kann. (TV-Magazin «nano», 13 Frühgeburten durch Selbstkontrolle vermeiden Laut einer Untersuchung des Erfurter Klinikums für Frauenheilkunde können Schwangere rund einem Drittel aller Frühgeburten durch Selbstuntersuchungen vorbeugen. Denn in 70 Prozent der Fälle ist eine Infektion im Genitalbereich Ursache für eine Frühgeburt. Erkennen lässt sich eine solche Entzündung an einem erhöhten ph-wert der Scheidenflüssigkeit. Bei der Selbstuntersuchung bestimmt die Schwangere regelmässig den Säuregrad ihrer Scheidenflüssigkeit. In Deutschland werden nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe jährlich etwa Babys zu früh geboren. (TV-Magazin «nano», Akupressur gegen Menstruationsschmerzen Eine Studie in Taiwan hat die Wirkung von Akupressur am Punkt Sanyinjiao SP-6 gegen Dysmenorrhö mit der Wirkung einfachen Ausruhens ohne weitere Behandlung verglichen. Die Untersuchung, an der Studentinnen eines Technikums teilnahmen, die an Dysmenorrhö leiden, ergab, dass die Akupressur die Schmerzen erheblich senken konnte, sei es in der Form einer Behandlung oder einer Selbstbehandlung. (J Adv Nurs Nov; 48(4): 380 7; JTCM 80) Ernährung und Polyarthritis Über einen Zeitraum von 10 Jahren hat eine Studie die Ernährungsgewohnheiten und den Gesundheitszustand von 25'000 Menschen erfasst. Als einzige Ernährungsfaktoren, die offenbar zum Auftreten von entzündlicher Polyarthritis beitragen können, fand die Studie einen erhöhten Verzehr von rotem Fleisch und eine schwache Zufuhr von Vitamin C. (Arthritis and Rheumatism 2004; 50(12): ; JTCM 80) 1/06 AG

14 LEGENDEN ZUR TCM Legenden ranken sich um die Kräuter der Chinesischen Medizin, schöne Erzählungen, die darüber berichten, wie dieses oder jenes Kraut seinen Weg in den Schatz der Traditionellen Arzneimittel fand. Nebenbei vermitteln diese Geschichten Einblicke in die reiche chinesische Kultur und das Alltagsleben. Hier die 4. Folge der «EXTRAKT»-Serie. Wundersame Heilung im Bohnenbeet Tu Si Zi, Cuscuta chinensis, Teufelszwirn oder Flachsseide Ein reicher Mann, der zu seinem Vergnügen Kaninchen züchtete, sprach einst zu seinem Bediensteten: «Hüte und pflege sie gut, Ah Ji! Ein jedes von ihnen, das stirbt, werde ich dir vom Lohn in Abzug bringen.» Ah Ji passte auf, doch eines Tages entglitt ihm ein Pflock und traf ein Kaninchen quer über dem unteren Teil des Rückens. Der Knecht erschrak sehr und verstecke das Kaninchen schnell in einem Bohnenbeet. Einige Tage später liess der Herr seinen Knecht zu sich rufen: «Es fehlt eines meiner Kaninchen! Wo ist es?» Ah Ji ging zum Bohnenbeet und suchte das verletzte Kaninchen. Er fand es auch; das Tier machte aber derartige Sprünge, dass er es nicht fangen konnte. «Wie kommt denn das!? Wie kann ein verletztes Kaninchen derart umherspringen? Seltsam» Ah Ji ging nach Hause und erzählte seinem Vater, was vorgefallen war. Der Vater konnte seit Monaten das Bett nicht mehr verlassen, weil der reiche Herr ihn mit dem Stock furchtbar geschlagen hatte. «Ich möchte wissen, was dieses Kaninchen gefressen hat», sagte der Vater, «vielleicht täte das auch meinem Rücken gut.» Am nächsten Tag packte Ah Ji noch ein Kaninchen, schlug ihm einen Stock über den Rücken, setzte es ins Bohnenbeet und beobachtete. Zuerst konnte sich das Kaninchen kaum bewegen. Es streckte den Hals und knabberte von den Samen einer gelben Pflanze, die an einem Bohnenstängel hochrankte. Drei oder vier Tage später hüpfte das Kaninchen wieder froh umher. «Bring mir von den Samen und koche sie als Medizin für mich», verlangte der Vater. Ah Ji tat wie ihm geheissen und der Vater trank den Absud. Nach einigen Tagen konnte er das Bett verlassen. Nach zwei Monaten konnte er wieder auf dem Feld arbeiten. Ah Ji aber verliess das Haus des reichen Herrn und widmete sich fortan dem Sammeln dieser Samen und dem Zubereiten der Medizin gegen Rückenschmerzen. Aufgrund dieser Geschichte heisst das Kraut im Chinesischen Tu Si Zi, was so viel wie Kaninchenfaden bedeutet. Illustration Martin Estermann 14