Wie erfolgt die Zustellung der vollstreckbaren Notarkostenrechnung in die Schweiz?
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- Bernhard Weber
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1 DNotI Deutsches Notarinstitut GUTACHTEN Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: KostO 154, 155, 157; HZÜ (Haager Zustellungsübereinkommen); ZPO 185 Nr. 2 Schweiz: Zustellung einer vollstreckbaren Notarkostenforderung an Kostenschuldner mit Wohnsitz in der Schweiz I. Sachverhalt Ein deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Schweiz ist Schuldner einer Notarkostenforderung. Die vollstreckbare Kostenforderung soll nunmehr am Wohnsitz in der Schweiz zugestellt werden. II. Frage Wie erfolgt die Zustellung der vollstreckbaren Notarkostenrechnung in die Schweiz? III. Rechtslage In Deutschland gelten Kostenberechnungen des Notars gemäß 154 KostO, versehen mit der Vollstreckungsklausel im Sinne des 155 KostO, als Vollstreckungstitel im Sinne des 724 ZPO. Vor Beginn der Zwangsvollstreckung müssen Kostenberechnung und Vollstreckungsklausel zugestellt werden nach 166 ZPO. Gefolgert wird dies aus 157 Abs. 1 Satz 2 KostO (vgl. hierzu Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, Kommentar zur Kostenordnung, 15. Aufl., München 2002, 155 Rn. 7). Die Zustellung erfolgt dabei im Parteibetrieb durch den Gerichtsvollzieher. Probleme ergeben sich hinsichtlich einer Zustellung im Ausland, welche durch das internationale Zustellungsrecht geregelt wird. Deutsches Notarinstitut Gerberstraße Würzburg Telefon 09 31/ Telefax 09 31/ dnoti@dnoti.de Internet: mo gut 0305 r3/14203.doc
2 Seite 2 1. Zustellung nach HZÜ (Haager Zustellungsübereinkommen) a) Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke Zunächst ist im Verhältnis zur Schweiz das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Ziviloder Handelssachen vom zu beachten (Haager Zustellungsübereinkommen, HZÜ, BGBl II, S. 1453; Text abgedruckt bei Jayme/Hausmann, Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 8. Aufl. 1996, Nr. 107). Das Abkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am und für die Schweiz am mit bestimmten Maßgaben in Kraft getreten (Bekanntmachung vom , BGBl II, S. 755, in Fotokopie anbei). Gem. seinem Art. 22 tritt das Zustellungsabkommen im Verhältnis der Vertragsstaaten an die Stelle der Art. 1-7 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess vom Des Weiteren ist das deutsche Ausführungsgesetz vom zu dem Zustellungsabkommen zu beachten (in Fotokopie ebenfalls anbei). In der Bekanntmachung vom sind auch die zentralen Behörden der Schweiz und Deutschlands i. S. v. Art. 18 und 2 des Zustellungsabkommens genannt. Zentralstelle für das Land Berlin ist die Senatsverwaltung für Justiz. Diese Stelle wird das Gesuch an die für den Kanton zuständige Stelle übermitteln. Das nach dem Zustellungsabkommen einzuhaltende Verfahren kann wie folgt zusammengefasst werden: Die nach dem Recht des Ursprungstaates zuständige Behörde oder der nach diesem Recht zuständige Justizbeamte kann an eine zentrale Behörde des ersuchten Staates einen Zustellungsantrag stellen. Die zentrale Behörde des Zweitstaates prüft nunmehr das Zustellungsersuchen nur auf die Erfüllung der formellen Erfordernisse hin. Die Zustellung selbst kann dann in der Form, die der Zweitstaat für Zustellungen vorschreibt, bewirkt werden, d. h., dass eine schweizerische zentrale Behörde die Zustellung nach den Bestimmungen des Schweizer Rechts durchführen wird. Zur Vereinfachung des Verfahrens ist ein Musterformular herausgegeben worden, das alle wesentlichen Angaben enthält. Die vorgegebenen Teile des Formulars müssen in englischer oder französischer Sprache oder in einer der Amtssprachen des ersuchenden Staates abgefasst sein, können im Verhältnis zur Schweiz also auch auf deutsch erfolgen. Ein entsprechendes Musterformular ist ebenfalls in Kopie beigefügt.
3 Seite 3 b) Vorliegen einer Zivilsache Das Übereinkommen ist gem. seinem Art. 1 Abs. 1 nur in Zivil- oder Handelssachen anzuwenden. Es ist fraglich, ob eine Gebührenforderung eines Notars auf der Grundlage der Kostenordnung einen zivilrechtlichen Anspruch in diesem Sinne darstellt. Im deutschen Rechtsbereich handelt es sich um einen Anspruch öffentlichen Rechts (siehe Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, 1 KostO Rn. 10). Fraglich ist, ob hier das Schweizer oder das deutsche Recht darüber entscheidet, ob eine Zivilsache vorliegt. Es ist umstritten auf der Basis welchen Rechts diese Qualifikation zu erfolgen hat. In der Lehre werden sämtliche denkbaren Lösungen vertreten, nämlich die Auslegung auf der Basis des Urteilsstaates, die Auslegung auf der Basis des Rechts des Zustellungsstaates, die Doppelqualifikation unter Heranziehung beider Rechte und eine sog. vertragsautonome Qualifikation (vgl. Linke, Internationales Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2001, Rn. 53 ff.). Die vertragsautonome Auslegung stellt nicht auf eine bestimmte Rechtsordnung ab, sondern nimmt die Qualifikation allein aufgrund der übrigen Bestimmungen und der Intention des Übereinkommens vor. Sie hat den Vorteil, dass das Übereinkommen im Idealfall von allen Vertragsstaaten einheitlich ausgelegt wird. Eine autonome Qualifikation wird jedoch z. B. beim Haager Zustellungsübereinkommen z. T. mit der Begründung abgelehnt, dass keine internationale Instanz vorhanden sei, die eine entsprechende einheitliche Auslegung herbeiführen und überwachen könne (so z. B. Junker, RIW 1986, 337, 346 f.). Es soll daher nach anderer Ansicht, wie bei bilateralen Abkommen, die Auslegung des Begriffs der Zivil- und Handelssachen nach dem Recht des Urteilsstaats maßgeblich sein (Linke, Rn. 59; Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, S a Fn. 1a; Martens, RIW 1981, 725, 731), was vorliegend zur Qualifikation nach deutschem Recht und damit zur Unzulässigkeit des Zustellungsantrags führen würde. Eine gewichtige dritte Meinung weist dagegen darauf hin, dass die Qualifikation durch den Urteilsstaat jedem Vertragsstaat die Möglichkeit gebe, den Umfang der Rechtshilfeverpflichtung des anderen Vertragsstaates durch eine weite Definition des Begriffs der Zivil- und Handelssachen beliebig auszudehnen was praktisch insbesondere bei Zustellungsgesuchen aus den USA vorkomme. Maßgeblich sei deshalb das Recht des ersuchten Staates (so z. B. Hollmann, RIW 1982, 784, 785 f., m. w. N.; offen gelassen von OLG München RIW 1989, S. 484; Geimer, Internati-
4 Seite 4 onales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. 2005, Rn. 2442; Junker, IPRax 1986, S. 197, 205). Auch die praktische Erfahrung zeigt, dass Juristen bei der Auslegung von Bestimmungen selbst dann, wenn diese in internationalen Übereinkommen enthalten sind, am ehesten die Rechtsvorstellungen zugrunde legen, die ihnen aus ihrer eigenen Rechtsordnung vertraut sind. Erst in zweiter Linie werden die Internationalität des Falls sowie die Beziehungen zu einer bestimmten anderen Rechtsordnung in die Bewertung mit einbezogen. Praktisch kann man daher davon ausgehen, dass der Anspruch nach dem Schweizer Recht qualifiziert werden wird. Allerdings sind in der Schweiz Gebührenansprüche der Notare ebenfalls öffentlich-rechtlicher Natur (Brückner, Schweizerisches Beurkundungsrecht, Zürich 1993, Rn. 552). Damit dürfte sich bei einer Qualifikation nach dem Recht des Vollstreckungsstaates ebenfalls eine Zustellung nicht möglich sein. Die Haager Konferenz, die das Übereinkommen entworfen hat, geht davon aus, dass die Behörden in der Praxis der Zustellung sehr liberal verfahren und auch solche Schriftstücke zustellen, die eigentlich nicht unter das Abkommen fallen, soweit es sich nur nicht um strafrechtliche oder steuerrechtliche Verfahren handele und befürwortet ausdrücklich eine Fortführung dieser Praxis (so Hague Conference on the Operation of the Hague Convention of 15 November 1965 on the Service Abroad of Judicial and Extrajudicial Documents in Civil or Commercial Matters, Practical Handbook, 1983, S. 30, abgedruckt bei Pfeil-Kammerer, S. 495, 498; ebenso Hollmann, RIW 1982, S. 786). Sofern also eine Qualifikation nicht streng nach dem Recht des ersuchenden bzw. zustellenden Staates erfolgt, sondern nach einer vertragsautonomen Qualifikation gesucht wird, dürfte sich mithin die Zulässigkeit der Zustellung nach dem Abkommen ergeben. Da die zustellende Stelle im Empfangsstaat lediglich die formellen Erfordernisse nach dem HZÜ prüft, erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass sich die zentrale schweizerische Zustellungsbehörde mit den einzelnen Fragen der Qualifikation gar nicht vertieft auseinandersetzt. Praktisch gesehen scheint es daher durchaus nicht aussichtslos, auf der Basis des HZÜ in der Schweiz die Zustellung vorzunehmen. 2. Konsularische Zustellung Sollte ein Zustellungsversuch auf der Basis der Art. 2 7, 18 HZÜ erfolglos gewesen sein, käme gem. 183 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO eine direkte konsularische Zustellung in Betracht (vgl. auch 13 der Rechtshilfeordnung in Zivilsachen ZRHO i.d.f. zum
5 Seite ). Art. 8, 17 HZÜ gestatten es jedem Staat, im Ausland befindlichen Personen gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang zustellen zu lassen. Die deutschen Auslandsvertretungen nehmen also Zustellungen in eigener Zuständigkeit vor, soweit wie hier der Adressat deutscher Staatsangehöriger und zur Entgegennahme der Zustellung bereit ist. Für die Ausführung der Zustellung durch Konsularbeamte gelten nicht die 167 ff. ZPO. Es genügt deren Zeugnis, 183 Abs. 2 S. 2 ZPO, 20 ZRHO. Dieses darf sich nicht auf die Feststellung der erfolgten Zustellung beschränken; es muss vielmehr Auskunft geben, wann, an wen und in welcher Form das zuzustellende Schriftstück übergeben worden ist. Bescheinigt der deutsche Konsularbeamte, dass ein Schriftstück zu einem bestimmten Zeitpunkt zugestellt worden ist, so wird damit konkludent bezeugt, dass dieses Schriftstück zu dem genannten Zeitpunkt dem Empfänger persönliche ausgehändigt worden ist, weil Konsularbeamte ohnehin keine Zwangszustellungen an Ersatzpersonen vornehmen dürfen (Geimer, a. a. O., Rn. 2138). 3. Öffentliche Zustellung in Deutschland Eine öffentliche Zustellung setzt gem. 185 Ziff. 2 ZPO voraus, dass die Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht. Damit wäre im vorliegenden Fall eine Zustellung auf dem Weg über das Zustellungsübereinkommen oder auf konsularischem Weg zunächst wohl jedenfalls zu versuchen.
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