Bodenorganismen und Biodiversität. Berndt-Michael Wilke
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- Luisa Stieber
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1 Bodenorganismen und Biodiversität Berndt-Michael Wilke
2 Defintionen Böden sind der belebte Teil der obersten Erdkruste Bodenorganismen Edaphon Gesamtheit der im Boden lebenden Organismen Mikroflora, Mikrofauna, Meso- und Makrofauna Biodiversität Vielfalt innerhalb von Arten, zwischen den Arten, Vielfalt der Ökosysteme (Biodiversitätskonvention Rio de Janeiro 1992) Genetische Diversität, Artendiversität, funktionelle Diversität
3 Bodenarten Landböden Deutschland Scheffer-Schachtschabel 2010
4 Böden sind Lebensraum für Bodenorganismen ein Pool genetischer Vielfalt + 1 Billion Bakterien / Quadratmeter Boden Millionen Pilze/ Quadratmeter Boden
5 Ackerböden 5 t / ha = 100 Schafe Grünlandböden 20 x mehr = 2000 Schafe pro ha Bodenorganismen Biomassen in Acker- und Grünlandböden Quelle: Karl Ritz
6 Körperdurchmesser von Bodenorganismen Ernährungsweise der Organismen Mikrophytophag mi; makrophytophag ma; saprophag sa; zoophag zo; osmotroph os. Nach Gisi (1997)
7 Böden als Lebensraum Bodenporen (Nichtgräber) = endogäisch luftgefüllte Poren Bodenoberfläche Streulagen = hemiedaphisch, epigäisch Wassergefüllte Poren Gräber = endogäisch horizontalgrabend = anözisch tiefgrabend Abb.: D. Russell
8 Mikroflora Bakterien, Archäen, Pilze, Algen Artenzahl: Bakterien, Pilze > Masse im Oberboden g m2
9 Mikroflora Funktionen Abbau organischer Substanz Schließen von Nährstoffkreisläufen (Mineralisierung, NKreislauf!) Humusaufbau (Pilze) Stickstofffixierung ( kg N ha-1) Gashaushalt (Denitrifikation N2, Nitrat-, Sulfatreduktion NH4+, H2S, Methanbildung CH4, Bodenatmung CO2) Nährstoffmobilisierung für Pflanzen (Mykorrhiza) Antibiotika Beitrag zu Bodenaggregation Abbau organischer Schadstoffen (natural attenuation)
10 Quelle. Staatliches Museum für Naturkunde Görlitz
11 Mykorrhiza n. Menge in Curl & Truelove 1986)
12
13 Krümelgefüge
14 Anneliden (Regenwürmer und Kleinringelwürmer) Regenwürmer 80 Arten Enchyträen ca. 320 Arten
15 Oribatiden (Hornmilben) Artenzahl: in Mitteleuropa Ernährung: Mykophag, z.t. makrosaprophag, nekro- und zoophag Funktionen: Streuabbau Trophiestufe: Sekundärzersetzer Bild: Fanz Horak
16 Collembolen (Springschwänze) Im Boden lebende Insekten, wichtigste Gruppe der Bodenathropoden Artenzahl: 410 in Mitteleuropa Ernährung: Mikrosaprophag (Ausscheidungen anderer Tiere), mikrobiophag (Pilzhyphen und Bakterien), Funktionen: Streuabbau Trophiestufe: Sekundärzersetzer Bild: Fanz Horak
17 Gamasinen (Raubmilben) 800 Arten in Mitteleuropa ernähren sich von Mikroathropoden, Nematoden, Enchyträen, Insektenlarven und Eiern Nematoden (Fadenwürmer) 100 Gattungen auf natürlichen terrestrischen Standorten Arten pro Bodenprobe -Pflanzenparasiten, Bakterienfresser, Pilzfresser, Räuber und Allesfresser Myriapoden und Isopoden (Tausendfüßer und Asseln ) 100 Diplopodenarten, 50 Isopoden u. Chilopodenspezies in Deutschland - Chilopoden (Hundertfüßer) leben räuberisch Isopoden und Diplopoden sind Streuzersetzer Carabiden (Laufkäfer) 520 Arten in Deutschland besiedeln alle terrestrischen Habitate Bilder: nua.nrw, F. Horak,
18 Biodiversität Ursachen Bodenstruktur und -textur, Gehalt an organischer Substanz, ph-wert, Substratdiversität etc. Pflanzen- und Collembolendiversität Sabais et al Acta Oec. 37 Bakteriendiversität Matrixpotenzial Bodenwassergehalt
19 Mull Moder Rohhumus
20 Beziehungen zwischen abiotischen Eigenschaften von Waldhumusformen und dem Vorkommen von Bodenorganismen (Römbke et al. 1998) Rohhumus Moder Mullartiger Moder ph sauer ph 3,5 5 Basensättigung % C/N > 20 Milben (400000) Collembolen (80.000) Enchyträen (50.000) Tausenfüsser (250) Regenwürmer (20) Asseln (20) Zunahme Pilze Individuenzahlen m-2 Milben Collembolen und Tausenfüsser Regenwürmer und Asseln Mull ph neutral ph 5,0 7,0 Basensättigung % C/N < 15 Tausendfüsser Asseln Regenwürmer Asseln und Collembolen Regenwürmer (200) Asseln (50) Tausenfüsser (1000) Milben (20.000) Collembolen ( ) Enchyträen (20.000) Zunahme Bakterien
21 Bedeutung der Biodiversität für die Bodenfunktionen Biologischer Werkzeugkasten Je vielfältiger desto mehr Funktionen Für jetzt Funktionen, die derzeit benötigt werden Für die Zukunft Anpassung an neue Aufgaben Bessere Anpassungsfähigkeit an neue Umweltbedingungen (Verunreinigungen, Klimawandel etc.) Quelle: K. Ritz Nottingham UK
22 Biodiversität - Bodenfunktionen Repertoire Interaktionen Redundanz Quelle: K. Ritz Nottingham UK
23 Schematische Darstellung funktioneller Redundanz Hohe funktionelle Redundanz Keine Redundanz Durchschnittliche funktionelle Redundanz z.b. N2-Fixierung durch Cyanobakterien, Rhizobien u. Actinomyceten Schematische Darstellung unterschiedlicher funktioneller Redundanz Quelle: EU Atlas of Soil Biodiversity
24 Veränderung der Bodenlebensgemeinschaften eines sterilisierten Grünlandbodens nach Zusatz von Bodenorganismen abnehmender Körpergröße ( µm, 2 250µm, 3 50µm, 4 25µm, 5 10µm 6 sterilisierter Boden) Wagg et al PNAS 111
25 Änderung der Ökosystemfunktionen in einem Grünlandökosystem infolge künstlich vereinfachter Bodenlebensgemeinschaften Wagg et al. 2014, PNAS 111.
26 Resistenz und Resilienz der Mikroorganismenlebensgemeinschaften eines fumigierten Grünlandbodens Resilienz Resistenz Quelle: K. Ritz
27 Wie ist der Kenntnisstand zur Bodenbiodiversität? Europäische Union Im Vergleich zu anderen Umweltkompartimenten: gering 1/4 1/3 aller Organismen leben im Boden; nur 1 % der Bodenmikroorganismen wurden identifiziert Keine EU-Behörde verantwortlich Aber: es existiert eine ad-hoc Arbeitsgruppe (JRC, Ispra) Ein Ergebnis der Arbeitsgruppe :
28 Bewertung des Bodens als Lebensraum für Bodenorganismen im Rahmen von Planungsprozessen FA Biologische Bewertung von Böden Bundesverband Boden
29 Relevante Berücksichtigte Standortfaktoren Tiergruppen ph-wert Bodenfeuchte (BKF) Bodenart Nutzung Humusform Ringelwürmer (Regenwürmer und Kleinringelwürmer) Raubmilben Hornmilben Tausendfüßer (Hundert- und Doppelfüßer) Asseln
30 Bodenbiozönose-Typen * für land- und forstwirtschaftliche Nutzung zu trocken; weitere Unterteilung wahrscheinlich möglich
31 Weitere Projekte zur Erfassung der Biodiversität ENVASSO ( ): ENvironmental Assessment of Soil Monitoring - Indentifikation von Indikatoren (Struktur und Funktionen) - Bestimmung von Referenzwerten für jeden Indikator Erfassung und Analyse des Bodenzustands im Hinblick auf die Umsetzung und Weiterentwicklung der Nationalen Biodiversitätsstrategie Römbke et al. (2012) UBA Texte 33 Beurteilung der Biodiversität und biogeographischen Verbreitung ausgewählter Arten (Springschwänze, Hornmilben, Regenwürmer, Enchytraeiden) durch Auswertung des boldenbiologischen Monitorings auf Bodendauerbeobachtungsflächen (BDF) unter Berücksichtigung der wichtigsten Standortfaktoren: Landnutzung, ph, Textur, org. Gehalt. Ergbebnisse wurden in die Datenbank Edaphobase (portal.edaphobase.org) Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz überführt.
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33
34 EU Projekt EcoFINDERS ( ) Ecological Function and Biodiversity Indicators in European Soils Ziel: Entwicklung von Strategien zur Erhaltung der Biodiversität und nachhaltigen Nutzung von Böden: Charakterisierung der Biodiversität in Böden; Erfassung der Beziehungen zwischen Bodenbiodiversität, Bodenfunktionen und Ökosystemleistungen; Entwicklung kostengünstiger und für den Verwaltungsvollzug geeigneter Verfahren zur Überwachung der der Bodenbiodiversität - 23 Partner aus 11 EU Länder + China Dauer: 48 Monate
35 GMO Eintrag Invasive Arten Klimawandel Verkleinerung der Lebensräume Bodenerosion Bodenverdichtung Landnutzungsänderung Schadstoffeinträge Bodenversiegelung Eingriffe in die Bodenstruktur Abnahme OBS Landwirtschaftliche Intensivierung Potenzielle Gefährdung Gewichtung % Gefährdung der Bodenbiodiversität Quelle: European Atlas of Soil Biodiversity
36 Karte der potenziellen Gefährdung der Bodenbiodiversität
37 Rechtliche Regelungen Bodenschutz allgemein: EU-Bodenschutzrahmenrichtlinie Thematic Strategy for Soil Protection (COM 2006/231) Art : Kenntnisstand zur Biodiversität ist unzureichend Status: Es gibt noch immer kein Bodenschutzgesetz in der EU Deutschland: Bundes-Bodenschutzgesetz (1998) 2(2) Böden erfüllen natürliche Funktionen als Lebensraum für Bodenorganismen Status: Keine detaillierten Anforderung in der Bodenschutz und Altlastenverordnung (1999) und geplanter Mantelverordnung.
38 Bodenbiodiversität und Pflanzenschutzmittelzulassung Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates In Artikel 3 Begriffsbestimmungen wird die Biodiversität biologische Vielfalt definiert In Artikel 4 Genehmigungskriterien für Wirkstoffe (3) Pflanzenschutzmittel dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben,, und zwar unter besonderer Berücksichtigung folgender Aspekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt:... iii) Auswirkung auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem. Probleme: derzeit wird nur die Wirkung auf wenige Testorganismen geprüft und nicht die Wirkung auf Bodenorganismengesellschaften in der EU. Entwicklung eines neuen Konzeptes notwendig. Ausweisung von Ökoregionen, die durch Bodenorganismengesellschaften definiert sind.
39 Zusammenfassung - Bodenorganismen erfüllen zahlreiche essentielle Funktionen für das Leben auf der Erde - Zum Erhalt der Funktionen ist eine hohe Biodiversität erforderlich - Der Kenntnisstand zur Bodenbiodiversität (strukturelle, funktionelle)hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen - Die Biodiversität von Bodenorganismen ist durch zahlreiche menschliche Aktivitäten gefährdet - In der Pflanzenschutzmittelzulassung ist der Endpunkt Biodiversität integriert allerdings bedarf es noch weiterer Spezifikationen. - Verbindliche rechtliche Regelungen zum Schutz von Bodenorganismen und ihrer Diversität sind derzeit nicht vorhanden.
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