Kunststoff-Taschenbuch

Transkript

1 Kunststoff-Taschenbuch Bearbeitet von Karl Oberbach, Hansjürgen Saechtling 28. Auflage Buch S. Hardcover ISBN Format (B x L): 13,1 x 19,5 cm ewicht: 1106 g Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, ebooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

2 CARL HANSER VERLA Hansjürgen Saechtling Kunststoff-Taschenbuch 28. Ausgabe

3 Aromatische Polysulfide und -sulfone 4.9 Aromatische Polysulfide und -sulfone; PPS, PASU, PSU, PES, PPSU, PSU+ABS Polyphenylensulfid; PPS Chemischer Aufbau PPS sind teilkristalline Polymere, bei denen aromatische Monomereinheiten über Schwefelatome miteinander verbunden sind. Sie zeichnen sich durch sehr hohe Wärmeformbeständigkeiten (Schmelztemperatur bis 445 C), eine hohe Chemikalienbeständigkeit und Steifigkeit aus, s. F 22. (F 22) Sie können als vernetzbare Duroplaste und als Thermoplaste produziert werden, wobei letztere bei weitem die größere Bedeutung haben. Verarbeitung Spritzgießen Das wichtigste Verarbeitungsverfahren ist das Spritzgießen: Massetemperatur 315 bis 370 C, Werkzeugtemperatur 25 bis 200 C. Oberhalb einer Werkzeugtemperatur von 120 C wird die Formteiloberfläche glatt und glänzend, bei 40 C wird die höchste Zähigkeit erreicht. Da glasfaserverstärkte Formmassen weniger als 0,05% Wasser enthalten, ist eine Vortrocknung nur in besonderen Fällen erforderlich, wenn z.b. hydrophile Füllstoffe verwendet werden. Eine Lagerung bis zu 6 h bei 150 C hatsich in jedem Fall als zweckmäßig erwiesen. Da PPS eine sehr geringe Schmelzeviskosität aufweist, gehören auch die gefüllten Typen zu den leichtfließenden Formmassen und es können geringe Wanddicken gespritzt werden. Pressen/Sintern PPS kann auch durch Pressen oder Sintern (z.b. zur Oberflächenbeschichtung) verarbeitet werden. Die Pulver werden vorher durch oxidative Vernetzung auf die erforderliche Schmelzeviskosität gebracht. Arbeitsschritte beim Pressen und Sintern von Formteilen sind: Verdichten in kalten Formen bei 70 MPa, Aufheizen der Form innerhalb einer Stunde auf 360 C, erneutes Pressen bei 70 MPa, Presszeit 2 min je 2,5 mm Wanddicke, Abkühlen mit weniger als 10K/h, Entformen bei etwa 150 C.

4 4.9.1 Polyphenylensulfid; PPS 515 Die hohe Wärmeform- und Chemikalienbeständigkeit lassen PPS geeignet für den Einsatz bei Hochleistungs-Verbundwerkstoffen erscheinen, bei denen die Verstärkungsfasern (hauptsächlich las-, Kohlenstoffoder Aramidfasern) in endloser Form vorliegen. Zur Haftvermittlung und Imprägnierung wurden verschiedene Techniken entwickelt. Nacharbeiten Beim mechanischen Bearbeiten sind besonders bei den hochgefüllten Formmassen Hartmetallwerkzeuge zweckmäßig. Das Ultraschall- und Spiegelschweißen ist gut möglich, weniger die Hochfrequenzschweißung. Wegen der hohen chemischen Beständigkeit ist ein Kleben mit Lösemittel-Klebstoffen nicht möglich, jedoch ergeben Zweikomponenten- Klebstoffe auf Epoxidharz- oder Polyurethanbasis feste Verbindungen. Zum Lackieren müssen die Oberflächen durch Beflammen oder durch ein Plasma vorbehandelt werden, oder es muss eine rundierung auf PUR-Basis aufgebracht werden. 4 Eigenschaften Thermoplastisches PPS ist schwach verzweigt und deshalb hochkristallin. Die Kristallinität hängt in starkem Maße von der Temperatur-Zeit- Historie bei der thermoplastischen Verarbeitung ab. Die Dauergebrauchstemperatur liegt bei 200 bis 240 C, die maximale ebrauchstemperatur bei 300 C. Lösemittel unter 200 C sind nicht bekannt, es kann jedoch bei erhöhten Temperaturen angequollen werden. Es ist gegen Alkalien und nichtoxidierende Säuren beständig, mit Ausnahme von Salzsäure, und wird von Oxidationsmitteln wie Salpetersäure angegriffen. Licht bewirkt bei nichtstabilisierten oder nicht pigmentierten Typen einen oberflächlichen Angriff. Die asdurchlässigkeit ist größer als bei anderen teilkristallinen Thermoplasten. PPS ist von Natur aus flammwidrig und erreicht bei 0,4 mm Dicke die Einstufung V0 nach UL 94. PPS gehört zu den spröden Thermoplasten und wird deshalb in ungefüllter Form als Spritzgießformmasse nur wenig eingesetzt. Solche Anwendungen sind z.b. die Herstellung von Folien nach dem Breitschlitz-Extrusionsverfahren oder von Fasern. Für das Spritzgießen werden deshalb Compounds aus faserigen Verstärkungsstoffen, mineralischen Füllstoffen und Kombinationen aus diesen bevorzugt. Zur Verstärkung werden in erster Linie las-, aber auch Kohlenstoff- und Aramidfasern, als Füllstoffe Calciumcarbonat, Calciumsulfat, Kaolin, limmer, Talkum oder Quarz eingesetzt. Füllgrade bis 70 Masse-% sind möglich. Die mechanischen Eigenschaften werden stark von der Art und Menge der Zusatzstoffe beeinflusst, s. Tafel Blends mit Fluorpolymeren verbessern die tribologischen Eigenschaften. Leitfähige Compounds sind in der Entwicklung. Eigenschaftsvergleich s. Tafel 4.37

5 Aromatische Polysulfide und -sulfone Tafel 4.37 Eigenschaftsvergleich der Polyarylsulfide und -sulfone

6 Einsatzgebiete Polyarylsulfone PASU; PSU, PSU+ABS, PES, PPSU 517 Mikro-Präzisionsspritzguss, Einkapselung von Chips und anderen Elektronik-Bausteinen, Lampen- und Scheinwerfersockel, Pumpengehäuse und andere -Teile, Strukturschaum-Teile, Folien, CF-, AF-, F-Prepregs. Handelsnamen, z.b.: Fortron, Larton, Primef, Ryton, Supec, Tedur, Thoprene Polyarylsulfone PASU; PSU, PSU+ABS, PES, PPSU Chemischer Aufbau Polysulfone sind Polykondensate, die als charakteristische Molekülgruppe Diarylsulfon-ruppen im Kettenmolekül enthalten, s. F (F 23) Bekannte Handelsprodukte sind Polyarylate (aromatische Ringe, die durch O-, S-, SO 2 - oder andere Brücken verknüpft sind), die zusätzlich Ether-Bindungen (-O-) und teilweise auch -(CH 3 ) 2 -Bindungen aufweisen. Chemische Bezeichnungen und Kurzzeichen sowie eine Zusammenstellung von rundstrukturen, ebrauchstemperaturen, Verarbeitungstemperaturen und Handelsnamen zeigt Tafel Verarbeitung PSU kann nach allen für Thermoplaste üblichen Verfahren verarbeitet werden. Das Spritzgießen ist die am häufigsten angewendete Methode. Eine Vortrocknung der Formmassen bei je nach Sorte 150 bis 260 C über 3 bis 6 h ist erforderlich. Es müssen hohe Masse- und Werkzeugtemperaturen bei der Verarbeitung zur Anwendung kommen, da die Schmelzen hochviskos sind. Hierdurch werden Molekülorientierungen und Eigenspannungen reduziert und damit auch die Spannungsrissempfindlichkeit. Verbindungen können z.b. durch das Heizelement- oder Ultraschallschweißen oder durch das Kleben mit Kleblacken (PSU, gelöst in Lösemitteln) oder Zweikomponenten-Klebstoffen hergestellt werden. Eigenschaften PSU sind amorphe Thermoplaste und weisen im ungefüllten Zustand eine hohe Transparenz auf. Die zulässigen ebrauchstemperaturen, s. Tafel 4.38, liegen höher als bei den üblichen Kunststoffen für techni-

7 Aromatische Polysulfide und -sulfone Tafel 4.38 Polysulfone und Polysulfon-Modifikationen V LV D I% X V D Q OH % UH LWH H Z LQ V H O6 LQ 0 Q X H O% LQ 0

8 Polyphenylenether; PPE 519 sche Anwendungen. Sie weisen bei hoher Festigkeit und Steifigkeit eine hohe Reißdehnung auf, die Kerbempfindlichkeit ist allerdings groß. Abrieb und leitverhalten sind gut und können durch das Einarbeiten von PTFE oder raphit noch verbessert werden. Beständigkeit ist gegen viele Chemikalien gegeben, es besteht aber Spannungsrissempfindlichkeit. Beim Außeneinsatz muss PSU durch eine Pigmentierung, z.b. mit Ruß oder durch Oberflächen-Schutzschichten, gegen eine UV-Licht-Einwirkung geschützt werden. egen energiereiche Strahlung besteht gute Beständigkeit. PSU ist je nach Sorte von Natur aus in die Klasse V0 bis V2 nach UL 94 eingestuft. An Modifikationen von PSU sind erhältlich: höhermolekulare Typen mit erhöhter Schmelzeviskosität für die Extrusion, flammhemmend ausgerüstete Typen (auch transparente), verstärkte Typen mit lasfasergehalten von 10 bis 30% zur Erhöhung der Steifigkeit und Festigkeit und mineralisch gefüllte Typen zur Erhöhung der Wärmeformbeständigkeit und Verringerung der Spannungsrissempfindlichkeit. PSU-Blends mit ABS, PAS und anderen Kunststoffen für technische Anwendungen erfüllen Anforderungen nach alvanisierbarkeit, erhöhter Chemikalienbeständigkeit und geringerem Preis. PES+PA wird durch reaktives Blending hergestellt und weist bei hoher Steifigkeit und Festigkeit gute Schlagzähigkeit und Wärmealterungsbeständigkeit auf. Anwendungen: PKW unter der Motorhaube. Eigenschaftsvergleich s. Tafel 4.37 u. Tafel Einsatzgebiete Steckerleisten, Spulenkerne, Isolatoren, Kondensatoren, Bürstenhalter, Alkali-Batterien, gedruckte Schaltungen, temperaturbeanspruchte Teile für Haushaltsmaschinen und -geräte, medizinische eräte und Molkereianlagen, Filtrationsmembrane (Micro- und Ultrafiltration, Dialyse), Linsen, Spotlichter, Reflektoren, Lampenhalter, Schutzüberzüge für Metalle. Handelsnamen s.tafel Aromatische Polyether und -blends, Polyarylether, PAE Polyphenylenether; PPE Chemischer Aufbau Modifizierte Polyphenylenether (oder -oxide, PPE, PPO), s. F24, verdanken beträchtliche technische und wirtschaftliche Bedeutung der unbegrenzten Compoundierbarkeit von PPE mit Thermoplasten wie PS, PA oder PBT zu preisgünstigen Formmassen, die bei Temperaturen < 320 C zu gut kälteschlagzähen steifen, bis >100 C dauergebrauchsfähigen