Altersvorsorge im internationalen Vergleich: Was sollte die Schweiz vom Ausland lernen und warum?
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1 Altersvorsorge im internationalen Vergleich: Was sollte die Schweiz vom Ausland lernen und warum? Stefan Loacker, CEO Helvetia Gruppe Future.Talk 5 / 2014, I.VW-HSG in Kooperation mit dem WDA Forum Bern, 27. August 2014
2 Demographischer Wandel Kein "Silver Tsunami", sondern Chance "Gerade Schweizer Rentner leben heute finanziell sorgenfreier & länger." Rente (% letztes Gehalt) Lebenserwartung vs. Referenzalter -26% -51% Jahre +14 Jahre Quelle: World Bank (2014) Quelle: OECD (2013) Future.Talk 5 /
3 Strukturelle Finanzierungsprobleme Der längere Rentenbezug will finanziert sein Rentendauer Finanzierungslücke bis 2030 Alterseinkommen nach Herkunft Jahre Jahre % 3. Säule: Keine 32% 2. Säule: ~55 CHF Mrd.* ~ 110 CHF Mrd. 42% 1. Säule: ~56 CHF Mrd *Bei der Vollversicherung der Lebensversicherer ist per Gesetz keine Unterdeckung möglich Quelle: BFS (2014) Quelle: BSV (2012), HSG (2013) Future.Talk 5 /
4 Vom Reformprimus zum -spätzünder Finanziell sorgenfreies Alter für nächste Generation noch nicht gesichert "Alle Reformen der Schweizer Altersvorsorge sind in letzten 10 Jahren gescheitert." Nachhaltigkeit Reformen Australien x 2009 Deutschland x 2009 Estland x 2013 Finnland x 2011 Frankreich x 2010 Griechenland x 2011 Irland x 2010 Italen x 2011 Japan x 2012 Kanada x 2012 Korea x 2013 Luxemburg x 2010 Neuseeland x 2007 Norwegen x 2011 Österreich x 2012 Polen x 2012 Portugal x 2009 Schweden x 2012 Schweiz x 2013 Slovakei x 2013 Slovenien x 2010 Spanien x 2013 Tschechien x 2013 UK x 2011 Ungarn x 2013 USA x (1981) Automatischer Stabilisator Jährliche Festlegung Mindestzinssatz 4 gescheiterte Reformen in letzen 10 Jahren 11. AHV-Revision (2x) MWST-Erhöhung für AHV/IV Anpassung Mindestumwandlungssatz Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an OECD (2013) Future.Talk 5 /
5 Was die Schweiz vom Ausland lernen sollte & warum Keine Grüne Wiese (Reform Altersvorsorge 2020), aber Spielraum 1 Einfluss Demographie auf Altersvorsorge reduzieren 2 Reduktion Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen (sog. Dependency Ratio) 3 Automatische Stabilisatoren einführen Future.Talk 5 /
6 1. Einfluss Demographie auf Altersvorsorge reduzieren Blick ins Ausland & Lehren für die Schweiz Abhängigkeit von der staatlichen Vorsorge reduzieren: Einführung Mehrsäulensystem Anteil Gesamtbezüge des Renteneinkommens % Staatliche Vorsorge Berufliche Vorsorge Private Vorsorge ES DE IT GB NL CH Abhängigkeit 1. Säule bereits heute relativ tief Vorbildliche Diversifikation im Vgl. zum Ausland Keine Gewichtsverlagerung mit Reform 2020 AHVplus -Initiative als Reformrückschritt Erhöht Abhängigkeit von staatlicher Vorsorge Scheitert Reform 2020, hohes Annahmerisiko Keine Stärkung private Vorsorge geplant Nicht Teil der Reform 2020 Steueranreize in Frage gestellt Nachzügler (2000+) Pioniere (1980er) Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Börsch-Supan (2013) Future.Talk 5 /
7 1. Einfluss Demographie auf Altersvorsorge reduzieren Blick ins Ausland & Lehren für die Schweiz Berufliche Vorsorge stärken: Wechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat* Altersvorsorge: Beitragsprimat mit Zuwachs Leistung Argentinien Belgien China Finnland Frankreich Griechenland UK Indien Island Japan Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Schweiz Slowenien Spanien Südafrika Tschechien Türkei USA Quelle: OECD (2013) Mischmodell Schweiz Beitrag Australien Chile Dänemark Estland Irland Israel Italien Mexiko Norwegen Polen Schweden Slowakei *Leistungsprimat: Kollektive Äquivalenz Beitragsprimat: Individuelle Äquivalenz Beitragsprimat als Standardmodell ~ 4/5 der PK mit Beitragsprimat Sanierung bei Unterdeckung (Transparenz) Leistungsprimat bei öffentlichen PK Über 50% mit Leistungsprimat Mehrheit mit Unterdeckung (Deckungsgrad ~90%) Kein reines Beitragsprimat wie z.b. in SE/IT Mindestzinssatz (Kapitalakkumulationsrisiko) Umwandlungssatz (Annuitätenrisiko) Quelle: Swisscanto (2012) Future.Talk 5 /
8 1. Einfluss Demographie auf Altersvorsorge reduzieren Blick ins Ausland & Lehren für die Schweiz Kein Platz für politischen Opportunismus: Technische Parameter an Experten Beitragsprimat Australien Chile Dänemark Estland Irland Israel Italien Mexiko Norwegen Polen Schweden Slowakei "Reines" Kapitaldeckungsverfahren Keine Finanzierungslücke Keine Umverteilung Technischer Zinssatz Regulierung durch FINMA Mindestzinssatz Politisch festgelegt (Mehrheitsbeschluss) Kein Kapitalakkumulationsrisiko Dafür Verzinsungsdifferenz zu Rentnern (Umlage) und tiefere Anlagerendite Umwandlungssatz Politisch festgelegt (Mehrheitsbeschluss) Kein Annuitätenrisiko Dafür Umlage bei unsachlicher Festlegung Quelle: OECD (2013) Future.Talk 5 /
9 2. Reduktion des "Dependency Ratio" Blick ins Ausland & Lehren für die Schweiz Rentenalter erhöhen: Offiziell, effektiv und rasch Regelrentenalter mehrheitlich erhöht Beispiele Regelrentenalter UK Bis 2018 alle 65 Jahre Bis Jahre Bis Jahre Bis Jahre Italien Bis 2018 alle 66 Jahre Bis Jahre Australien Bis 2014 alle 65 Jahre Bis Jahre Schweden Keines, Minimalalter 61 Teilrenten möglich Garantierte Rente ab 65 für Geringverdiener Effektives Rentenalter & Übergangsfristen Erhalt volle Rente: FR 41.5 vs. DE 45 Beitragsjahre Lange Übergangsfristen (DE 2029: 67 < Zuwachs) Angleichung Rentenalter Frau & Mann Angleichung mit Reform 2020 geplant (65/65) Erhöhung effektives Rentenalter Keine grosse Differenz wie z.b. in FR Zusatzanreize mit Reform 2020 geplant (u.a. Form von Teilrenten) Veränderung Regelrentenalter Keine geplant, auch nicht in 2. Schritt wie z.b. in UK, IT oder AU Quelle: OECD (2013) Future.Talk 5 /
10 2. Reduktion des "Dependency Ratio" Blick ins Ausland & Lehren für die Schweiz Weitere Hebel (Exkurs): Migration & höhere Erwerbsbeteiligung der Frau Migration Annahme Masseneinwanderungsinitiative & Ecopop in Warteschlaufe Erhöhung der Frauen-Erwerbsbeteiligung Frauen-Erwerbsquote (15-64 Jahre): Mit 70% internationale Top-Position Frauen-Erwerbsquote in Vollzeitäquivalenten (15-64 Jahre): Mit rund 55% dritt tiefster Wert in der OECD (Vergleich: Männer 85%). Hier besteht unausgeschöpftes Potenzial Quelle: OECD (2009) Future.Talk 5 /
11 3. Automatische Stabilisatoren Blick ins Ausland & Lehren für die Schweiz Erfolgreichste Reformen sind jene, die automatische Stabilisatoren eingeführt haben Automatische Anpassung Regelrentenalter Regelrentenalter 2015: 65 Jahre. Automatische Erhöhung wenn durchschnittliche Rentenbezugsdauer > 14.5 Jahre Automatische Weiterarbeit Ab 61 Jahren arbeitet man (Ausnahme Geringverdiener) solange, bis man "seine gewünschte" Rentenhöhe erreicht hat. Abschaffung Regelrentenalter Automatismen sind kein Novum Jährliche Festlegung Mindestzinssatz Einführung Reformautomatismus ("Schuldenbremse") mit Reform 2020 geplant Ungenutzte Möglichkeiten Kein Automatismus bei weiteren Kandidaten (z.b. Umwandlungssatz, Regelrentenalter) Automatische Anpassung Rentenhöhe Formel zur Festlegung der Rentenhöhe ist abhängig von "Dependency Ratio". Steigt Letzterer, sinken die ausbezahlten Renten Quelle: Börsch-Supan (2013) Future.Talk 5 /
12 Die "Reform-SWOT" Mögliche Schlüsse aus dem durchgeführten Ländervergleich SWOT* Positiv Negativ Intern (Schweiz) Stärke Schwäche Vorbildliches Mehrsäulensystem, vermag dank frühzeitiger Einführung "Silver Tsunami" zu dämpfen Hoher Schweizer Wohlstand verleitet zum Erhalt nicht mehr finanzierbarer Leistungsversprechen oder zu "Anti- Reformen" (AHVplus) Extern (Ausland) Chance Automatismen sind kein Novum für die Schweiz. Erfolge im Ausland & punktuelle Erweiterungen für Schweiz prüfen. Mut in Reform-Pionierrolle zurückzukehren Gefahr Steuerwettbewerb führt zu einer Untergrabung der Steuervorteile für die private Vorsorge & schwächt dadurch das 3-Säulen-System der Schweiz *Keine abschliessende Darstellung Future.Talk 5 /
13 Empfehlungen Was wir im Hinblick auf die laufende Reform vom Ausland lernen sollten 1 3-Säulen-System der Schweiz als grosse Stärke: Wahren & weiter verbessern Wahren: AHVplus, Unterdeckung und Steuerwettbewerb als Risiko Verbessern: Beitragsprimat stärken, Gesamtsicht heisst 3-Säulen-Sicht 2 Automatische Stabilisatoren einführen: Wenn nicht heute, dann morgen Automatische Stabilisatoren: Schrittweise Einführung prüfen (insb. Regelrentenalter) Sachliche Festlegung der technischen Parameter sicherstellen (Delegation an Experten) 3 Politik in kleinen Schritten gut, aber muss mit Wandel Schritt halten Eingreifende Massnahmen in Schritten einführen (langfristig planen) Zu lange Übergangszeiten aber bewusst vermeiden (Reformeffekt verpufft) Future.Talk 5 /
14 Back-Up Weitere Folien (nach Bedarf/bei Fragen) 14
15 Reformbedarf in der Schweiz Relativ vielleicht noch gering, aber absolut bereits dringend Quelle: Allianz
16 Altersvorsorge Schweiz Gesetzliche Bestimmung 16
17 Kapital in der 2. Säule im internationalen Vergleich Schweizer Spitzenplatz >x11 17
18 Offizielles Regelrentenalter Ausser Schweiz hat Mehrheit der OECD Erhöhung in Angriff genommen Land Regelrentenalter Land Regelrentenalter Australia 67 Japan Korea 65 Austria 65 Luxembourg 65 Belgium 65 Mexico 65 Canada Netherlands 67 Chile 65 New Zealand 65 65/60 Norway 67 Czech Republic Denmark 67 Poland Portugal 65 Estonia 65 Slovak Republic Finland 65 Slovenia Spain 67 France 67 Sweden Germany Greece 67 Switzerland 65M/64F Hungary 65 65M/64F Iceland 67 Turkey United Kingdom 68 Ireland 68 Israel 67M/64F United States Italy : Erhöhung auf 70 Jahre beschlossen Quelle: OECD (2013) 18
19 Mehrheitsfähige Reformansätze nach der Volksmeinung GFS-Altersvorsorgemonitor 2013 Mehrheitsfähig Nicht mehrheitsfähig Eher mehrheitsfähig 19
20 Reform Altersvorsorge 2020 Vernehmlassung 20
21 Reform Altersvorsorge 2020 Helvetia Ausblick und Fazit 21
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