Unerschwinglichkeitder Rechtsdurchsetzung Die Fakten
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- Cornelia Salzmann
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1 1 Unerschwinglichkeitder Rechtsdurchsetzung Die Fakten 1 Quelle: AGENDA Gerichtskosten Parteientschädigung Kosten der Beweisführung Die Kosten im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren Die Kostenvorschussverfügung Das kantonale Rechtsmittel Beschwerde an das Bundesgericht Die Verteilung der Prozesskosten Fazit 1
2 Einleitung Zivilprozesse zur Durchsetzung von Ansprüchen aus Körperschäden sind kostenintensiv, dauern lange und sind in ihrem Ausgang regelmässig ungewiss Nicht nur der Prozessausgang, sondern auch die vom Kläger zu tragenden Prozesskosten sind kaum prognostizierbar Einleitung Fraglich, ob das Gericht von der nach Art. 107 ZPO eingeräumten Möglichkeit, Prozesskosten nicht mathematisch genau nach Massgabe des Obsiegens zu verteilen, Gebrauch macht Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung vermindert zwar das Kostenrisiko, hebt es aber nicht auf ( ausserordentliche Kosten der Gegenpartei, Art. 118 Abs. 3 ZPO) Wer kann sich einen Prozess leisten? 2
3 Ein Beispiel 1989: Verkehrsunfall Klage am Zivilgericht BS, Streitwert CHF : Klageabweisung 2006: Aufhebung durch Appellationsgerichtund Rückweisung an 1. Instanz Gerichtskosten: CHF Parteientschädigung Kläger: CHF Ein Beispiel 2007: BGertritt auf Berufung gegen Zwischenentscheid nicht ein Gerichtskosten: CHF Parteienschädigung Kläger: CHF : Zivilgericht BS heisst Klage im Umfange von CHF zzgl. Zinsen gut Gerichtskosten: CHF Parteientschädigung Kläger: CHF
4 Ein Beispiel 2013: Abweisung der Appellation Gerichtskosten: CHF Parteientschädigung Kläger: CHF Auslagen für med. Gutachten: CHF : BGer weist Beschwerde ab Gerichtskosten: CHF Parteientschädigung Kläger: CHF Ein Beispiel Insgesamt verursachte Kosten: Gerichtskosten: CHF Gutachterkosten CHF Parteientschädigungen Kläger: CHF Total CHF Unberücksichtigt sind: Kosten des eigenen Rechtsvertreters der Beklagten, Kosten des Strafverfahrens, Kosten des Sozialversicherungsverfahrens i.sa. Suva! 4
5 Die Gerichtskosten Pauschalen für das Schlichtungsverfahren Gehören zu den Gerichtskosten Fallen in den einzelnen Kantonen sehr unterschiedlich aus AG / BE: Streitwertunabhängige Pauschalgebühr LU / ZH: Gebühr nach Streitwert abgestuft, aber relativ «bescheiden» BS: Kosten bis max. 30% der normalen Gebühr für das erstinstanzliche Verfahren Die Gerichtskosten Gerichtsgebühren Die jeweiligen Erlasse orientieren sich i.d.r. am Streitwert, wie er durch Art. 91 ZPO definiert wird Kt. ZH hat für die Festsetzung der Gebühren den Streitwert bzw. das tatsächliche Streitinteresse normiert Konsequenzen bei Teilklagen? 5
6 Die Gerichtskosten Gerichtsgebühren BGer4A_43/2008 vom 4. März 2008 betr. LU Wirtschaftliches Interesse Der Entscheid über die Teilforderung könne zwar eine gewisse präjudizielle Wirkung für weitere strittige Ansprüche haben, was jedoch nicht rechtfertige, für die Höhe der Gerichtskosten auf den Gesamtanspruch abzustellen BGer 2C_110/2008 vom 3. April 2009 Tatsächliches Streitinteresse An der Auslegung, wonach sich bei Teilklagen das tatsächliche Interesse grundsätzlich nicht auf den Gesamtbetrag des Anspruchs erstrecke, sei festzuhalten Ausnahme: Wenn die mit der Erhebung der Teilklage angestrebte Reduktion des Kostenrisikos als missbräuchlich erscheint Die Gerichtskosten Gerichtsgebühren Kantonale Gebührenordnung sehen regelmässig einen Rahmen vor, in welchem sich die zu erhebende Gebühr beim entsprechenden Streitwert zu bewegen hat I.d.R. Erhöhung der Maximalgebühr in komplizierten Fällen um 50% oder Verdoppelung Kostenvorschuss: Art. 98 ZPO räumt Ermessen ein Tendenz der Gerichte, den Kostenvorschuss im oberen Rahmen anzusiedeln Rechtsmittelverfahren: Grundsätzlich gleiche Ansätze wie im erstinstanzlichen Verfahren Ausnahme BS: Für Berufungsverfahren ein-bis anderthalbfache erstinstanzliche Gebühr 6
7 Die Gerichtskosten Womit ist zu rechnen? (Streitwert: CHF ) Schlichtungsverfahren: CHF CHF Erstinstanzliches Verfahren: CHF CHF Zweitinstanzliches Verfahren: CHF CHF Die Parteientschädigung Bemessung nach Streitwert (ZH: Zudem Interessewert) Breiter Rahmen für die Bemessung der Parteientschädigung (AG und ZH: Zahlenmässige Festsetzung nach Streitwertrahmen sowie Zuschlag nach Streitwert) Zuschläge für aufwendige Verfahren (Verfassen mehr als einer Rechtsschrift / Teilnahme an mehreren Verhandlungen) Entweder generelle Erhöhung der Grundgebühr oder Zuschläge für einzelne, durch die Grundgebühr nicht abgegoltene Bemühungen Kombination (ZH und AG) Plafonierung der Summe aller Zuschläge auf einen Prozentsatz der Grundgebühr 7
8 Die Parteientschädigung Beispiele für Kosten pro Anwalt: AG Erstinstanzlich CHF zzgl. Zuschläge Zweitinstanzlich 50% - 100% des für das erstinstanzliche Verfahren berechneten Betrages BS Erstinstanzlich CHF zzgl. Zuschläge bis max. 280% Zweitinstanzlich 2/3 des für das erstinstanzliche Verfahren berechneten Betrages ZH Erstinstanzlich CHF zzgl. Zuschläge bis max. 100% Zweitinstanzlich CHF bei def. Streiterledigung Reduktion bis auf 2/3 Die Kosten der Beweisführung Bei Körperschäden: Einholung medizinischer Expertise Dadurch entstehende Kosten bilden Teil der Gerichtskosten (Art. 95 Abs. 2 lit. c ZPO) Art. 101 Abs. 1 ZPO: «Jede Partei hat die Auslagen des Gerichts vorzuschiessen, die durch von ihr beantragte Beweiserhebungen veranlasst werden.» Art. 102 Abs. 2 ZPO: «Beantragen die Parteien dasselbe Beweismittel, so hat jede Partei die Hälfte vorzuschiessen.» Massgebend ist allein, dass die Parteien dem Gericht dieselbe Beweiserhebung beantragt haben, unerheblich ist hingegen, welche Partei die Beweislast trägt 8
9 Die Prozesskosten im bundesgerichtlichen Verfahren Massgebend ist der gestützt auf Art. 65 BGG erlassene Tarif für die Gerichtsgebühren im Verfahren vor dem Bger(SR ) Gerichtsgebühr bei Streitwert CHF CHF liegt zwischen CHF und CHF BGer schöpft den Rahmen auch in komplexen Fällen nur sehr zurückhaltend aus Parteientschädigung gemäss Reglement gestützt auf Art. 68 Abs. 2 BGG bei Streitwert bis CHF maximal CHF mit Möglichkeit, in Streitsachen, die aussergewöhnlich viel Arbeit beanspruchen, darüber hinaus zu gehen Die Kostenvorschussverfügung Begriff und Wirkung Art. 101 Abs. 1 ZPO Das Gericht setzt dem Kläger nach Eingang der Klage eine Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses und verbindet dies mit der Androhung, dass auf die Klage nicht eingetreten werde, wenn der Vorschuss auch innert einer Nachfrist nicht geleistet werde Nichteintretensentscheid hat keine res iudicata-wirkung 9
10 Die Kostenvorschussverfügung Das kantonale Rechtsmittel Erhebung des Kostenvorschusses bildet eine prozessleitende Verfügung Mit Beschwerde anfechtbar (Art. 103; 319 lit. b Ziff. 1 ZPO) Ein nicht leicht wieder gut zu machender Nachteil wird nicht vorausgesetzt Neben dem Grundsatz der Leistungspflicht kann auch die Höhe des verfügten Kostenvorschusses gerügt werden Die Kostenvorschussverfügung Das Beschwerde an das Bundesgericht Beschwerdeentscheid oder von der oberen kantonalen Instanz erlassene Kostenvorschussverfügung bilden einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid i.s.v. Art. 93 BGG Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, wenn ein nicht wieder gut zu machender Nachteil bewirkt werden kann Nachteil rechtlicher Natur, der auch durch einen günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden kann Zwischenentscheide über einen Kostenvorschuss können einen nicht wieder gut zu machenden Nachteil bewirken, wenn die Zahlungsaufforderung mit der Androhung auf Nichteintreten verbunden wird (BGer 4A_356/2014 vom 5. Januar 2015) Besteht der behauptete Nachteil nicht darin, dass der geleistete Betrag wegen Zahlungsunfähigkeit der Gegenpartei verloren gehen kann, sondern in der Verhinderung des Zugangs zum Gericht, ist darzutun, dass der rechtliche Nachteil der Säumnisfolge wirklich droht Beschwerdeführer muss seine MiPellosigkeit darlegen 10
11 Die Kostenvorschussverfügung Das Beschwerde an das Bundesgericht Insolvenzrisiko bei Vorschussleistungen ZPO Art. 111 Abs. 1 ZPO: «Die Gerichtskosten werden mit den geleisteten Vorschüssen der Parteien verrechnet. Ein Fehlbetrag wird von der kostenpflichtigen Person nachgefordert.» Art. 111 Abs. 2 ZPO: «Die kostenpflichtige Partei hat der anderen Partei die geleisteten Vorschüsse zu ersetzen sowie die zugesprochene Parteientschädigung zu bezahlen.» BGG Art. 62 BGG Vorschuss wird zurückerstattet, wenn die Kosten der anderen Partei auferlegt werden Die Verteilung der Prozesskosten Grundsatz nach Art. 106 Abs. 1 ZPO: «Die Prozesskosten werden der unterliegenden Partei auferlegt.» Starre Regelung trägt den Gegebenheiten eines Haftpflichtprozesses nur ungenügend Rechnung Beispiel Urteil Bezirksgericht Zürich vom 21. Oktober 2014: Arzthaftungsprozess Grundsätzliche Haftungsfrage macht mehr als 90% des Prozessstoffes aus Auferlegung der Gerichtskosten zu 2/5 zulasten der Klägerin, nachdem diese mit dem eingeklagten Genugtuungsanspruch mit 60% durchdrang Art. 107 ZPO wird zu wenig Nachachtung verschafft! 11
12 Fazit Ungewissheit! Risiko der Prozesskosten: Der Zugang zum Recht wird für einen Grossteil der Bevölkerung ernsthaft gefährdet! Verkürzung der Prozessdauer wäre angezeigt Spezialisierung innerhalb der Gerichte Staat muss die notwendigen finanziellen Mittel für die erforderliche personelle Aufstockung der Richterstellen zur Verfügung stellen Bei der Auswahl der Richter sollte nicht das Parteibuch, sondern allein die fachliche Kompetenz und persönliche Integrität ausschlaggebend sein «Unbequeme» Prozesse dürfen nicht mit masslos überrissenen Substanziierungsforderungen ohne eigentliches Sachurteil erledigt werden VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! 12
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