Stellschrauben in der Eigenverwaltung. Sechster Deutscher Gläubigerkongress, Köln, 23. Juni 2017 Rechtsanwalt Robert Buchalik
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1 Stellschrauben in der Eigenverwaltung Sechster Deutscher Gläubigerkongress, Köln, 23. Juni 2017 Rechtsanwalt Robert Buchalik
2 Die Motivation mit einem ESUG Berater Kontakt aufzunehmen, kann vielfältig sein Liquiditätskrise Thema ESUG gehört, aber keine Kenntnisse davon Bevorstehende Insolvenzgefahr erkannt Befreiung von finanziellen Lasten Motivation mit einem ESUG- Berater zu sprechen Vom Thema ESUG gehört, möchte die Chancen einer Sanierung durch Insolvenz aufgezeigt bekommen Vom Thema ESUG gehört, wünscht nähere Erläuterung Ein Bekannter hat eine Sanierung im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens durchgeführt. Mandant möchte dies nun auch und aufgeklärt werden Der Unternehmer kommt in der Regel nicht zum ESUG Berater bei: Strategischen Problemen Operativen Themen Motivation [ 2 ]
3 Zunächst gilt es zu klären, ob das potentielle Mandat für ein Verfahren in Eigenverwaltung geeignet ist Ein Eigenverwaltungsverfahren kostet Geld. Es geht nicht nur um die Optimierung der Passivseite der Bilanz, sondern auch um operative Sanierung. Hierzu bedarf es konzeptioneller Arbeit. Jedes Verfahren ist mit Kosten verbunden, z.b. Berater, Gericht, Sachwalter, Insolvenzbuchhaltung, Kassenprüfung, Bewertung, Gläubigerausschuss, Versicherung. Die Liquidität, um die Kosten zu decken, muss aus dem Verfahren generiert werden, Quellen hierzu sind: Nichtzahlung von Löhnen, Gehältern und Sozialabgaben während des Vorfinanzierungszeitraumes; Umsatzsteuerzahllast und z.b. Soka Bau, die nicht abgeführt werden; Keine Zinsen und Tilgungen während des Verfahrens; Sprechen rechtliche Gründe gegen das Verfahren? Nichtabgeführte Sozialabgaben; Strafbare Handlungen; Zu erwartende Nachteile für die Gläubiger. Geeignetheit des Mandats [ 3 ]
4 Die Kosten eines Eigenverwaltungsverfahrens lassen sich in vier Bereiche unterteilen Kosten eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung Einsatz eines Sanierungsberaters / ggf. CRO Erstellung Insolvenzantrag Vorbereitung Insolvenzverfahren (z. Bsp. Insolvenzgeldvorfinanzierung) Laufende Begleitung im Verfahren; Erstellung Insolvenzplan Sachwalterkosten Vergütung richtet sich grds. nach der InsVV Vergütung des Sachwalters ermittelt sich aus einem Abschlag der Regelvergütung des Insolvenzverwalters Gerichtskosten Gebühren für den Antrag und die Durchführung des Insolvenzverfahrens, 58 Abs. 1 GKG Maßstab kann der Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens oder der während des Verfahrens erzielte Umsatz sein Weitere Verfahrenskosten: Kosten für Sachverständigen (Bewertung Anlagevermögen) Kosten Kassenprüfung Kosten Insolvenzbuchhaltung Ohne eine klare Vorstellung davon, ob sich die Kosten decken lassen, macht eine Eigenverwaltung keinen Sinn. Geeignetheit des Mandats [ 4 ]
5 Neben der Kostendeckung des Verfahrens sollte ausreichend Liquidität generiert werden, um die operative Sanierung darzustellen und den Neustart mit ausreichender Liquidität zu beginnen Auch operativ fallen Kosten an: Abbau von Mitarbeitern; Kündigung von Dauerschuldverhältnissen; Vorkassefinanzierungen. Nur wenn alle Kosten gedeckt werden können und die Mittel für einen Neustart verbleiben, macht die Eigenverwaltung Sinn. Im Rahmen einer ersten Abschätzung schon beim Erstgespräch muss klar sein, ob hierzu überhaupt eine Chance besteht. Geeignetheit des Mandats [ 5 ]
6 Kleinere Verfahren, ohne ausreichend Potential zur Kostendeckung, sind deshalb eher selten eigenverwaltungsgeeignet Beispielrechnung 1: Beispielrechnung 2: Umsatz 1,2 Mio. 6 Mio. Materialeinsatz 50 % 50% Mitarbeiter Effekte: Bruttolöhne für 3 Monate (3000 /MA Monat) 108 T 540 T Umsatzsteuerzahllast / Monat 4 12 T 60 T Nichtzahlung Altverbindlichkeiten 25 T 125 T Kosten: Sachwaltung 40 T 80 T Insolvenzbuchhaltung / Kassenprüfung 10 T 20 T Vorkasseeffekte 50 T 250 T Beraterkosten: - Rechtsberatung während des Verfahrens 30 T 60 T - Insolvenzplan 10 T 20 T - Operative Begleitung 20 T 50 T - Über/ Unterdeckung - 15 T +245 T Geeignetheit des Mandats [ 6 ]
7 Aus der Bilanz und der Gewinn und Verlustrechnung lassen sich die Effekte des Verfahrens abschätzen GuV- Überblick Verfahrenstechnik GmbH vorl vorl. T % T % T % T % T % T % Umsatzerlöse ,5% ,7% ,4% ,3% ,7% ,5% Bestandsveränderung ,7% ,0% ,7% ,2% ,2% ,5% Aktivierte Eigenleistungen 121 0,2% 98 0,3% 433 0,8% 482 0,9% 58 0,1% 0 0,0% Gesamtleistung ,0% ,0% ,0% ,0% ,0% ,0% Materialaufwand / bez. Leistungen ,4% ,4% ,6% ,8% ,1% ,8% Rohertrag ,6% ,6% ,4% ,2% ,9% ,2% Personalaufwand ,4% ,9% ,3% ,8% ,8% ,1% Sonstige betriebliche Erträge ,1% ,8% ,6% ,6% ,8% 0 0,0% Sonstige betriebliche Aufwendungen ,0% ,3% ,2% ,6% ,0% ,4% EBITDA 212 0,3% ,9% ,5% ,3% ,2% ,3% Abschreibungen ,9% 945 2,8% ,6% 742 1,4% ,2% ,0% EBIT ,6% ,7% ,9% 498 0,9% ,3% ,3% Finanzergebnis 969 1,3% 431 1,3% ,7% ,7% ,9% ,3% Betriebsergebnis / Erg.d.gew.Geschä ,2% ,4% ,2% 141 0,3% ,2% ,6% Neutrales Ergebnis / ao Ergebnis 0 0,0% -10 0,0% ,2% ,2% ,2% -29-0,3% EBT ,2% ,5% ,0% 41 0,1% ,4% ,9% Steuern vom Einkommen und Ertrag 117 0,2% -96-0,3% 76 0,1% 143 0,3% 41 0,1% 0 0,0% Jahresüberschuß / -fehlbetrag ,4% ,2% 970 1,8% ,2% ,5% ,9% Im 1. Quartal 2013 haben sich die Probleme weiter verschärft. Bereits das EBITDA ist mit 827 T (-7,3%) deutlich negativ. Quelle: Unternehmen; Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung Geeignetheit des Mandats [ 7 ]
8 Die anhaltende Verlustsituation hat das bilanzielle Eigenkapital im 1. Quartal 2013 aufgezehrt. Die Bestandsreduzierung führte zu pos. Liquiditätseffekten Verfahrenstechnik GmbH vorl T % T % T % T % T % T % PASSIVA A. Eigenkapital , , , , , ,0 I. Gezeichnetes Kapital , , , , , ,1 II. Gewinnvortrag , , , , , ,6 III. Jahresüberschuss /-fehlbetrag , , , , , ,5 D. Rückstellungen , , , , , ,3 1. Pensionsrückstellungen , , , , , ,5 2. sonstige Rückstellungen , , , , , ,7 E. Verbindlichkeiten , , , , , ,7 1. Verbindl. gg. KI , , , , , ,4 2. Verbindl. LuL , , , , , ,3 3. Verbindl gg. verb. Untern , , , , , ,0 4. Sonstige Verbindlichkeiten 629 1, , , , , ,1 Bilanzsumme , , , , , ,0 2 3 Das bilanzielle Eigenkapital ist auf -651 T gesunken. Die Pensionsrückstellungen machen rund 50% der Passivseite aus. Quelle: Unternehmen; Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung Geeignetheit des Mandats [ 8 ]
9 Mit den richtigen Fragen wird die Problematik eingegrenzt und Ansatzpunkte für die richtige Beratung identifiziert Wo liegen die aktuellen Probleme im Unternehmen (Forderungsausfälle / Auftragsverluste / Rückzug von Banken oder Forderung nach Sicherheitenverstärkung oder Gesellschafterbürgschaften, Einschüssen, Treuhand und sonstige besondere Ereignisse)? Welche Auswirkungen haben diese Probleme, welche Bereiche sind betroffen (Liquiditätskrise, drohender Verlust, Zwang zu Personalanpassung oder Kündigung von Dauerschuldverhältnissen)? Was wurde bisher schon und von wem unternommen, um die Krise zu bewältigen? Zu welchen Erfolgen haben die bisherigen Maßnahmen geführt? Wie sehen Sie Ihr Unternehmen zukünftig und wo steht es am Markt? Wie schätzen Sie die aktuelle Liquiditätssituation, Ergebnissituation ein? Wie bedrohlich ist die aktuelle Situation für den Bestand des Unternehmens? Geeignetheit des Mandats [ 9 ]
10 Die unterschiedlichen Problemstellungen erfordern unterschiedliche Lösungsansätze Ausstieg der Hausbank Ergebniserosion Drohende Zahlungsunfähigkeit Gegenstrategien entwickeln (z.b. Planinsolvenz mit hohem Ausfallrisiko für die Bank bei schlechter Besicherung) Sale and Lease Back, Factoring, Finetrading Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen Neue Bank Aufstellung Unternehmenskonzept Mission / Vision, Aufzeigen der Sanierungsfähigkeit, Identifikation notwendiger Maßnahmen Analyse Wertschöpfungskette, um Probleme zu identifizieren Problemlösungsansätze: Trennung von Geschäftsbereichen, Verlustbringern, Personalanpassungen, Kündigung von Dauerschuldverhältnissen Problemidentifikation und Aufzeigen von Lösungsansätzen wie: Finetrading, Factoring, Sale and Lease Back Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Anlagevermögen Stundungsvereinbarungen Working-Capital Management Geeignetheit des Mandats [ 10 ]
11 Erst wenn das Problem identifiziert ist, kann eine Beratung in Richtung ESUG erfolgen Eine Insolvenz kann auch zu erheblichen Risiken führen oder nur der zweitbeste Weg sein; Eine Bank mit hohen Risiken ist eher bereit eine außergerichtliche Sanierung zu begleiten; Die Insolvenz kann zu Inanspruchnahmen der Bürgschaften führen; Die Bank ist möglicherweise nicht bereit eine Insolvenz zu begleiten; Durch die Insolvenz kann die Fortführungsfähigkeit in Frage gestellt werden (bauinsolvenzliche Arbeitsgemeinschaften oder ausländische Lizenzen). Geeignetheit des Mandats [ 11 ]
12 Es ist frühzeitig festzustellen, ob es Verfahrenshindernisse geben wird und wie diesen begegnet werden kann Welches Insolvenzgericht ist zuständig? Wie ist die Bestellpraxis? Welche Banken sind involviert? Benötigen wir einen unechten Massekredit? Welche Alternativen bestehen, wenn die Bank den unechten Massekredit verweigert? Besteht die Gefahr, dass sich einzelne Gläubiger gegen die Eigenverwaltung sperren? Welche Gläubiger könnten das sein? Welche Gegenstrategien sind denkbar? Existiert ein Factoring? Besteht das Risiko, dass künftige Forderungen nach Antragstellung nicht angekauft werden? Welche Gegenstrategie entwickele ich? Wie setzen wir den vorläufigen Gläubigerausschuss zusammen? Wann spreche ich die Stakeholder (Banken, Lieferanten, Arbeitnehmer, Gericht) an? Kann ich die Insolvenzgeldvorfinanzierung sicher stellen? Wie stelle ich sicher, dass ich mit ausreichend Liquidität ins Verfahren starte (Vorkasseeffekte)? Geeignetheit des Mandats [ 12 ]
13 Sanierung unter Insolvenzschutz in Eigenverwaltung ist komplex und mit hohem Beratungsaufwand verbunden ESUG ein wertvolles Instrument für Experten - nichts für Amateure RA Dr. Siegfried Beck, Dr. Beck & Partner in INDat-Report 02/2013 Für die Beratung in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung bedarf es nicht nur der Kenntnisse eines Insolvenzverwalters, sondern vielmehr auch erweiterter rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Kenntnisse bei der Fortführung eines Unternehmens. Dr. Dietmar Onusseit, Vorsitzender Richter am OLG Dresden, sinngemäße Einleitung zu seinem Vortrag am in Dresden zum Thema Haftungsvermeidung für Berater in der Eigenverwaltung Risiken
14 Ansprechpartner: Rechtsanwalt Robert Buchalik T +49 (0) Prinzenallee Düsseldorf T + 49 (0) Westendstraße Frankfurt T + 49 (0) Industriestraße Stuttgart T +49 (0) Lietzenburger Straße Berlin T + 49 (0) Bautzner Straße 145a Dresden T + 49 (0) Erfahren Sie mehr über uns auf
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