Predigt zum 13. Sonntag nach Trinitatis,
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- Detlef Hofmann
- vor 6 Jahren
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1 Predigt zum 13. Sonntag nach Trinitatis, Apg 6, 1 7 von Rektor Hermann Schoenauer Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder, Sie alle kennen das Scraffito am Hotel, früher genannt Sonnenheim. Die sieben Werke der Barmherzigkeit: Hungrige speisen, Durstige tränken, Fremde beherbergen, Nackte kleiden, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Tote bestatten. In unserer Werkstatt für Menschen mit Behinderung ist darüber ein sehr schönes Kreuz entstanden. Und dieses Kreuz ist mit den sieben Werken der Barmherzigkeit schon in vielen Einrichtungen der Diakonie und im Ausland als Botschafter der Diakonie Neuendettelsau aufgestellt. Die Zahl sieben findet sich auch sonst sehr häufig in der Bibel. Wenn Sie etwas nachdenken, dann fällt Ihnen bestimmt etwas ein, zum Beispiel: Das Vaterunser besteht aus sieben Bitten. Es gibt sieben ich-bin-worte von Jesus. Sieben Gemeinden werden in der Offenbarung des Johannes angeschrieben. Das geheimnisvolle Buch dort, hat sieben Siegel. Und natürlich die Schöpfungsgeschichte: Der siebte Tag als der geheiligte Tag, an welchem Gott ruhte. Manches ist bis heute im Sprachgebrauch geblieben: Seine sieben Sachen packen, zum Beispiel. Auch die sieben Zwerge hinter den sieben Bergen kennen Sie. Und ihnen werden noch mehr Beispiele einfallen, die Sie mir vielleicht am Ende des Gottesdienstes beim Ausgang sagen. Sieben ist in der Vorstellung der Bibel eine vollkommene Zahl, weil in ihr die Drei der Trinität mit der Vier der irdischen Elemente verbunden ist. Vater, Sohn, Heiliger Geist mit den vier irdischen Elementen verbunden. Feuer, Wasser, Luft und Erde. Nein, keine Sorge! Ich möchte heute keine Vorlesung über die Zahlensymbole geben, sondern Sie nur etwas einstimmen auf den möglichen Hintergrund dieser Zahl und ihre Bedeutung in unserem heutigen Predigttext. Auch in ihm geht es um den diakonischen Aspekt des christlichen Handelns. Ganz wie es in unserem Wochenspruch steht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern oder Schwestern, das habt ihr mir getan. Ich lese also den Predigttext für den heutigen Sonntag aus der Apostelgeschichte im 6. Kapitel, die Verse 1-7. (1) In diesen Tagen aber, als die Zahl der Jünger zunahm, erhob sich ein Murren unter den griechischen Juden in der Gemeinde, gegen die hebräischen, weil ihre Witwen übersehen wurden bei der täglichen Versorgung. (2) Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen. (3) Darum, ihr lieben Brüder, seht euch um, nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, die wir bestellen wollen, zu diesem Dienst. (4) Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben.
2 (5) Und die Rede gefiel der ganzen Menge gut; und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Judengenossen aus Antiochia. (6) Diese Männer stellten sich vor die Apostel; sie beteten und legten die Hände auf sie (7) Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem; es wurden auch viele Priester dem Glauben gehorsam. Ja, Sie haben es gemerkt, auch hier erscheint wieder die Zahl sieben. Und das Ziel dieser Aufzählung nehme ich vorweg: Die Wahl der Sieben gibt an, dass eine vollkommene Lösung für das Problem gefunden worden ist. Die sieben Werke der Barmherzigkeit als die entscheidenden diakonischen Werke weisen damit ebenfalls auf jenes vollkommene Handeln hin. Die christliche Gemeinde war, so lernen wir aus diesem Bericht, von Anfang an ein vielschichtiges Gebilde. Man kann sie ohne Übertreibung multikulturell nennen. Schon in der ältesten christlichen Gemeinde in Jerusalem, gab es neben den hebräisch sprachigen Mitgliedern, die sich von der jüdischen Gemeinde gelöst und den Glauben an Jesus Christus übernommen hatten, auch einen griechisch sprachigen Gemeindeteil. Auch diese Gemeindeglieder hatten vorher zur jüdischen Gemeinde gehört. Sowie ja beispielsweise auch der Apostel Paulus aus Tarsus, in Kleinasien stammend, ursprünglich ein griechisch sprachiger Jude war. Kulturelle Verschiedenheit und soziale Ausgrenzung liegen oft sehr nah beieinander. Das kann man auch an diesem Beispiel sehen. Alleinstehende Frauen waren gerade unter den damaligen sozialen Bedingungen besonders auf Hilfe angewiesen. Doch genau da haperte es mit der Gleichbehandlung. Während hebräisch sprachige Witwen, di in Not waren, in der Gemeinde an einer täglichen Mahlzeit teilnehmen konnten, wurden die griechisch sprachigen Witwen bei der täglichen Versorgung mit Mahlzeiten ausgelassen. Ein Konflikt entbrennt. Doch sein tieferer Grund liegt in der Spannung zwischen der sozialen Fürsorge für die Gemeindeglieder und deren geistlicher Versorgung. Die Apostel können nicht auch noch dafür sorgen, dass alle Gemeindeglieder in ihrer jeweiligen Notlage gerecht behandelt werden. Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen, so sagen sie. Aber lässt sich denn das eine gegen das andere aufrechnen? Lässt sich Kirche und Diakonie, Wort und Tat, gegeneinander aufrechnen? Ganz gewiss nicht. Wer im Vaterunser um das tägliche Brot bittet, aber die arme Witwe hungern lässt, vernachlässigt gerade auf diese Weise das Wort Gottes. Aber wer sich in Sorge um das tägliche Brot des Nächsten verzehrt und dabei vergisst, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern auf das lebendige Wort Gottes angewiesen ist, der entwertet gerade auf diese Weise die Tat der Nächstenliebe. Es muss also ein Weg gefunden werden, auf dem beides zusammenbleibt. Die Sorge für die Seele und die Sorge für den Leib, Gottes lebendiges Wort und das Brot für den Nächsten. Dabei wird in diesem Falle eine Lösung gefunden, die auf dem Prinzip der Arbeitsteilung beruht. Neben die Apostel, die Verkündiger des Wortes Gottes, treten die Diakone, die auf die Not der Menschen achten und sich darum bemühen, dass allen Notleidenden wirksam geholfen wird. Auf diese Entscheidung der frühen Christenheit, geht die Einrichtung einer eigen-
3 ständigen kirchlichen Diakonie bis zum heutigen Tag zurück. Arbeitsteilung soll dabei helfen, dass nichts Wichtiges vergessen wird. Von diesem Modell lebt unsere Kirche noch heute. Die Verkündigung des Evangeliums vollzieht sich in Wort und Tat. Predigtamt und Diakonat, Gottesdienst und Nächstendienst, Kirchengemeinde und diakonische Einrichtung, bürgen für die Einheit von Zeugnis und Dienst in der Ausrichtung dessen, was Gott von uns erwartet, nämlich nach einem prophetischen Wort: Gottes Wort halten, Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. Liebe Schwestern und Brüder, Lukas will so auch ein Stück Geschichte der Diakonie in der Kirche erzählen. Unterschiedliche Aufgaben brauchen entsprechende Gaben und Qualifikationen, wenn nur dabei die Einheit im Geist gewahrt bleibt. Die Einführung der sieben Armenpfleger soll das gewährleisten: Vorstellung, gemeinsames Gebet der ganzen Gemeinde und Handauflegung, veranschaulichen und schärfen ein, dass hier von den Gewählten eine Aufgabe wahrgenommen wird, die der ganzen Gemeinde obliegt. Und darin liegt ein wichtiger Hinweis, gerade an einem Sonntag, der mit der Geschichte vom barmherzigen Samariter und den Worten von der Liebe in der Epistel, die tätige Nächstenliebe ins Zentrum rückt. Bei aller Ausdifferenzierung von Gaben und Aufgaben bleibt es für das Leben von Kirchen und Gemeinde doch wichtig, dass Wort verkündigen und tätige Nächstenliebe miteinander verbunden bleiben. Gottesdienst und Gebet, das persönliche Zeugnis des Glaubens, die Gemeinschaft der Glaubenden und die tätige Nächstenliebe, sind unverzichtbare Merkmale und Kennzeichen von Kirche und Gemeinde. Arbeitsteilung ist nötig, im ausdifferenzierten Sozialstaat sogar unumgänglich. Deshalb sind auch Diakonie und Kirche institutionell getrennt. Wo es früher wie selbstverständlich die Gemeindeschwester gab, gibt es heute Pflegestationen der Diakonie. Darin liegt ein Segen aber ganz sicher auch die Gefahr, dass auseinanderwächst, was eigentlich zusammengehört. Die Verantwortung der Gemeinde für diakonisches Handeln hört nicht auf, sie fängt vielleicht erst richtig an. In Kindergärten, Sozialarbeit, Flüchtlingsarbeit. Verkündigung, Zeugnis, Gemeinschaft und diakonische Arbeit, sollen ja verbunden bleiben. Christen handeln bis heut nach diesem Prinzip: Beides ist gleich wichtig: Das Gebet, die Predigt, die Seelsorge und die helfenden Hände, die sich um die Hungrigen, Kranken, Witwen und Waisen kümmern. Beide Aufgabenbereiche gehören zum Leben und Gedeihen einer lebendigen christlichen Gemeinde. Und hier gilt der Satz Wilhelm Löhes: Alle Diakonie geht vom Altar aus. Wir müssen in unserer Zeit sehr darauf achten, dass wir nicht einer neuen modernen Gefahr erliegen. Die Gefahr heißt: Wir haben die beiden Bereiche Wort und Tat, Kirche und Diakonie zu weit voneinander getrennt. Hier die Kirchengemeinde mit ihrem Pfarrer, ihrem Kirchenvorstand und da das diakonische Werk mit seinen Krankenhäusern, Altenheimen, Schulen und Behindertenheimen. In vielen Gegenden Deutschlands findet zwischen diesen beiden Aufgabenbereichen keine Absprache mehr statt. Jeder Bereich arbeitet so vor sich hin. In einigen diakonischen Einrichtungen findet man keine Gottesdienste oder andere geistlichen Angebote mehr vor. In vielen Kirchengemeinden weiß nicht einmal der Pfarrer, wo und bei wem in seiner Gemeinde jemand krank oder hungrig ist.
4 Bei uns in der Diakonie Neuendettelsau, in St. Laurentius, ist Gott sei Dank beides beieinander und das ist gut so und soll auch so bleiben. Der Bericht aus der Apostelgeschichte macht uns deutlich: Wort und Tat sind untrennbar miteinander verbunden. Das hat uns Jesus Christus selbst an vielen Beispielen vorgelebt. Er selbst hat das Eine nicht ohne das Andere angeboten. In unserem Predigttext gibt es keine Hierarchie, die dort entsteht, sondern eine echte Teilung der Bereiche. Die einen bleiben beim wichtigen Dienst des Wortes und der Verkündigung, die anderen übernehmen den Bereich der materiellen Versorgung, das tätige Handeln. Manchmal, und leider geschieht dies heute immer wieder, werden die Bereiche auseinandergerissen oder noch schlimmer, gegeneinander ausgespielt, als wäre das Tun wichtiger als die Weitergabe des Wortes oder als wäre das Wort immer dem Tun überlegen. Nein, liebe Gemeinde, der Vollkommenheit der Lösung unseres Predigttextes entspricht es, dass beide Bereiche ganz eng beieinander gesehen werden. Später beten die Apostel für die Diakone und legen ihnen die Hände auf. Und das Wort breitete sich aus, eben auch über das Tun der Diakone. Gerade wir heutigen brauchen die Einheit von Wort und Tat mehr denn je zuvor. Was war die Wahl? Was waren die Kriterien für die Wahl der sieben Diakone? Es waren damals bestimmt nicht Abitur und das Absolvieren eines Studiums, sondern ihr guter Ruf und ihre geistliche Kraft und Weisheit. Auch wenn gegen Abitur und Studium als Voraussetzungen für den Dienst in der Diakonie nichts einzuwenden ist, müssen heute in der Diakonie Tätige, sich ein Leben lang auch um geistliche Fortentwicklung bemühen, damit durch sie in ihrem Umgang mit Hilfe- und Ratsuchenden der volle Segen Gottes fließen kann. Unsere DiaLog- Akademie hat hier eine wesentliche Aufgabe. Dass Stephanus, der erste der sieben ursprünglichen Diakone, intensive Bibelkenntnis besaß, zeigt ja seine ausführliche Predigt vor dem Hohen Rat, die im 7. Kapitel der Apostelgeschichte wiedergegeben wird. Stephanus ist so zum Ur- und Archediakon der Kirche und damit zum Typus z. B. für alle nachfolgenden Mitarbeitenden der Diakonie geworden. Sein Dienst ist grundgelegt in seinem festen Glauben, in seiner Offenheit für das Wirken des Heiligen Geistes und seiner außerordentlichen Kenntnis der Bibel mit Jesus, dem Messias. Der Mut seines Glaubens wird darin deutlich, dass er in seiner Predigt auch nicht vor schmerzhaften und für die Hörer unpopulären Wahrheiten zurückschreckt. Damit macht er uns Mut, nicht nur Inhalte zu predigen, die gut ankommen und die Menschen gerne hören wollen. Seine Predigt gipfelt in der Darlegung, wie sich selbst die Frommen des erwählten Volkes dem Heiligen Geist regelmäßig wiedersetzen und die wahren Propheten verfolgt und getötet haben. Und Stephanus beschreibt, wie er Himmel offen und Jesus zur Rechten Gottes stehen sieht. Damit bestätigt die ihm geschenkte Vision den Glauben der ersten Christen, dass der zum Himmel erhobene Herr an Gottes Majestät und Herrschaft teilhat. Und das ist zu viel für seine Hörer. Sie können diese Rede nicht ertragen, halten sich die Ohren zu, führen Stephanus aus der heiligen Stadt Jerusalems hinaus und werfen solange mit Steinen auf ihn, bis er tot ist. Und wie Jesus am Kreuz, bittet Stephanus als letztes Gott, seinen Geist aufzunehmen.
5 Die Trennung der Aufgabenbereiche in der Judengemeinde wurde notwendig, weil nicht alle alles schaffen können. Das ist bis heute so geblieben, ja vielleicht hat sich das Problem heute noch verschärft, weil die Welt immer spezialisierter und komplizierter geworden ist. Und bis heute ist es so, dass die einen mehr für das Tun geboren sind und die anderen mehr dafür, den Wert des Wortes im Blick zu behalten. Aber vergessen wir darüber nicht, dass beides immer wieder aufeinander bezogen ist. Die Liebe zu Gott und die Liebe zu den Menschen. Wort und Tat, Diakonie und Kirche gehören zusammen, wie die beiden Seiten eine Medaille. Arbeitsteilung und darauf möchte ich hinweisen, hat auch eine Gefahr, die schon in unserem Evangelium beschrieben wird. Dort heißt es, dass 2 Männer, die für den Gottesdienst zuständig sind, an dem unter die Räuber gefallenen, vorbeigehen. Wort und Tat: Beides ist aufeinander angewiesen. Dann kann geschehen, womit unser Predigtwort schließt: Und das Wort Gottes breitete sich aus und die Zahl der Jünger wurde sehr groß. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. Rektor Hermann Schoenauer, Diakonie Neuendettelsau
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