Abschlussbericht Erasmuspraktikum an der Universitätsklinik Graz, Österreich November 2015 bis Jänner 2016

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1 Abschlussbericht Erasmuspraktikum an der Universitätsklinik Graz, Österreich November 2015 bis Jänner 2016 Mein Erasmuspraktikum in Graz war um ehrlich zu sein nicht meine erste Wahl. Grund für die Bewerbung dort war viel mehr die Absage verschiedener Kliniken im Norden Europas die mir erklärten, dass ich bei ihnen nur mit einer fertigen Ausbildung einen Praktikumsplatz antreten könne. Nachdem ich dann endlich eine Klinik gefunden hatte die mir einen Platz zusagte, wurde kurz darauf ein aktualisierter Katalog der möglichen Krankenhäuser für das PJ veröffentlicht in der nun auch die Universitätsklinik Graz aufgeführt war. Da ich hier bereits vor zweieinhalb Jahren eine Famulatur gemacht hatte und mich hier sehr wohl fühlte, beschloss ich den Chef der Chirurgie direkt anzuschreiben. Zu meiner Freude wurde mir sofort einen Platz zugesichert. Da ich durch mein vorheriges Praktikum in der Chirurgie, an der Universitätsklinik Graz, den Klinikalltag und die meisten der Chirurgen bereits kannte, waren meine Erwartungen den Lerneffekt betreffend relativ hoch. So erhoffte ich mir die Techniken der Chirurgie besser kennen zu lernen, die Möglichkeit zu bekommen viel aktiv mitzuhelfen, meine Nähkünste zu verbessern und einen Einblick in die Mikrochirurgie und verschiedene andere speziellere chirurgische Verfahren zu bekommen. Mein Ziel war es mich am Ende des Praktikums sicherer und selbstverständlicher im OP zu bewegen und mitwirken zu können. Nachdem mein Praktikum dann endlich begonnen hatte und meine Aufgaben festgelegt wurden, dauerte es ein paar Tage bis ich mich wieder vollständig zurecht fand und in den Arbeitsalltag integriert war. Nach anfänglicher Euphorie war ich nach den ersten Arbeitstagen etwas enttäuscht. Da in der Abteilung der Chirurgie sehr viele junge Assistenzärzte angestellt waren bekam ich nur selten die Gelegenheit im OP zu assistieren und aktiv mitzuarbeiten. Diese Situation änderte sich jedoch bald und ich bekam die Chance bei den verschiedensten OPs zu assistieren, bei der mikrochirurgischen Gefäß- und Nervenrekonstruktion dabei zu sein, verschiedenste Nähtechniken zu erlernen, Redons anzunähen, Spalthaut abzunehmen und vieles mehr. Weitere Aufgaben die mir während meines Praktikums zugeteilt wurden waren: Patientenaufnahmen Morgendlich Blutabnahmen und Legen venöser Zugänge Verbandswechsel

2 Das Beisein der morgendlichen Visite Mithilfe bei der Betreuung der Außenstationen Assistenz im Eingriffsraum Ambulanzdienst Durchführung von Aufklärungsgesprächen Mithilfe beim präoperativen Vorbereiten der Patienten Assistenz im OP Steriles Verbinden im OP Entfernung von Nahtmaterial Konsile anfordern Durchführen verschiedener Nahttechniken Annähen und Entfernen von Redondrainagen Durch diese vielen verschiedenen Aufgaben bekam ich während meines Praktikums nicht nur die Gelegenheit bereits erlernte Fähigkeiten zu verbessern sondern vor allem die Chance viele neue Tätigkeiten im Bereich der Chirurgie zu erlernen. Der zeitliche Umfang meines neun-wöchigen Praktikums an der Universitätsklinik Graz belief sich im Schnitt auf gute 40 Stunden pro Woche. Arbeitsbeginn war um 7.30Uhr, um diese Uhrzeit starteten wir mit der Morgenbesprechung, in der alle Tätigkeiten des Vortages besprochen wurden, sowie das aktuelle Programm diskutiert und das jeweilige Procedere festgelegt wurde. Danach ging ich auf die Station, wo ich bei den morgendlichen Blutabnahmen half, bevor dann zwischen 8Uhr und 8.30Uhr die Visite begann. Alternativ konnte ich nach den Blutabnahmen auch in die Ambulanz gehen, bzw. je nach Programm in den Eingriffsraum oder direkt in den OP, in dem der erste Eingriff meist um 8.30Uhr startete. Abhängig von der Anzahl der Patienten in der Ambulanz und dem OP -Programm dauerte mein Tag zwischen sechs und knapp 10Stunden, wobei mir gerade die langen Tage im Grunde wenig ausmachten, da diese jene waren, an denen meist große Operationen stattfanden, bei denen ich selber viel aktiv mithelfen konnte. Im Großen und Ganzen gestalteten sich meine Tage also sehr unterschiedlich, wodurch es häufig schwer war meine Freizeit zu planen. Obwohl ich teils wenig Freizeit hatte, hat mir dieses Praktikum unheimlich viel Freude bereitet. Ich habe dabei sehr viel gelernt, konnte viel Neues über die Chirurgie erfahren und einen noch tieferen Einblick in dieses Fachgebiet erlangen. Zu betonen ist hier aber auch die nötige Eigeninitiative. Das gesamte Team der Chirurgie ist sehr freundlich und locker, wodurch auch niemand gezwungen wird bei bestimmten Operationen zu assistieren. So wird man auch nur selten einem definitivem OP zugewiesen und man hat, in gewissem Rahmen, die Möglichkeit nach eigenem Interesse an den verschiedenen Operationen teilzunehmen. Das macht aber

3 die eigene Motivation und Freude an der Sache umso wichtiger. Da ich mit großer Begeisterung mitgearbeitet habe und mich so oft als möglich im OP dazugestellt und assistiert habe, baten mich die Ärzte um meine Mithilfe und ich bekam sogar die Möglichkeit alleine (ohne Beisein eines Arztes) unter Eigenverantwortung eine Spalthaut zu entnehmen, diese zu transplantieren und ein VAC-System anzulegen. Da Graz meine Heimatstadt ist genoss ich meine Freizeit vor allem mit meiner Familie und Freunden. Die Grazer sind jedoch allgemein sehr offene Leute, wodurch man hier sehr schnell Kontakte schließt. Da auch immer wieder Studenten aus den verschiedenen Modulen auf Station und im OP unterwegs sind, schließt man auch hier schnell Bekanntschaften. Außerdem gibt es vom Erasmusprogramm verschiedenste Veranstaltungen für ausländische Praktikanten wie z.b. ein Willkommensabend, eine Stadtführung, gemeinsame Ausflüge und vieles mehr was das Zurechtfinden und das Einleben in Graz sehr erleichtert und lustiger macht. Für alle Sportbegeisterten gibt es von der Universitätsklinik Graz den so genannten USI Sportclub der viele verschiedene Kurse von Aerobic über Klettern bis zum Schwimmen anbietet. Hier kann man auch sehr schnell Kontakte schließen, man findet leicht Anschluss und man bekommt die Gelegenheit auch Studenten anderer Studienrichtungen kennen zu lernen. Wer seine Freizeit gerne mit Wandern, Klettern, Radfahren bzw. einfach in der Natur verbringt findet im Umkreis von 30 Minuten bis zu 1,5 Stunden schon einiges. So kann man beispielsweise seine Energie auf verschiedenen Downhillstrecken am Plabutsch, auf der Platte oder am Schöckel loswerden. Wandern kann man sehr schön durch die Bärenschützklamm in der Nähe von Graz. Sehenswert ist zudem auch der Grüne See in Tragöß, der seinen Namen durch seine smaragdgrüne Farbe bekommen hat. Wer während des Winters in Graz ist und seine Energie gerne beim Skifahren los wird der muss leider schon etwas längere Fahrten in Kauf nehmen um in ein schönes Skigebiet zu kommen. Hierzu bietet sich aber der Kastnerbus an, welcher die Skifahrer von Graz zu den verschiedenen Skigebieten bringt. Die Liste der Fahrten kann man sich ganz einfach im Einkaufshaus Kastner in der Grazer Innenstadt holen. Wer in Graz ist, sollte auch unbedingt die Gelegenheit nutzen und sich das Grazer Wahrzeichen den Grazer Schlossberg und den Uhrturm in der Altstadt anschauen. Für einen gemütlichen Kaffee an einem sonnigen Tag sollte man sich in der Kastner Freiluft Bar Zeit nehmen von der man einen tollen Blick über die gesamte Innenstadt hat. Sonstige Cafes, Bars und Restaurants in der Stadt bei denen man auch vorbeischauen kann sind das Baristas, das Condor in dem man am Nachmittag nicht nur Kaffee trinken kann, sondern abends auch essen bzw. nur gemütlich zusammen sitzen kann. Zum Essen muss man in Graz auch einmal beim Steirer vorbeischauen

4 bei dem man die verschiedensten steirischen Spezialitäten in Form von Tapas durchkosten und auch guten steirischen Wein trinken kann. Wer abends gerne mal für ein Bier ausgeht oder sich die Nächte um die Ohren schlagen will der ist in Graz in der Postgarage (ist fast eine Muss!) und im Univiertel gut aufgehoben. Hier findet man ein Lokal neben dem anderen, die unterschiedlichste Musik bieten. Hier kann man bis zum Sonnenaufgang das Grazer Nachtleben mit den einheimischen Studenten genießen. Im September kommen auch alle Oktoberfestfreunde auf ihre Kosten. Zu dieser Zeit findet das jährliche Aufsteirern in der Altstadt von Graz statt, bei dem Dirndl und Lederhosen auf keinen Fall fehlen dürfen. Lebensmittel einkaufen in Graz ist kein Problem. Von günstigen Märkten wie Hofer und Lidl über Billa, Spar usw. bis zu Feinkostläden in Graz findet man alles. Sehr zu empfehlen ist auch das steirische Kürbiskernöl (was auch ein super Mitbringsel ist) oder ein Stainzer Naturjoghurt (für alle Joghurtfreunde ein Muss). Wer einen Handytarif oder ein Internet braucht der sollte am besten beim Hofer vorbeischauen der analog zu ALDI Talk günstige Tarife ohne Vertragsbindung anbietet. Alternativ findet man solch einen Vertrag auch bei Lidl. Das Finden einer Unterkunft war für mich, da ich ja aus Graz bin und meine Freunde und auch Familie noch hier sind, logischerweise kein Problem. Allen die in Graz niemanden kennen können sich an Frau Theiss aus dem Erasmusbüro wenden. Sie ist äußert freundlich, hilfsbereit und bemüht den Student/Innen weiter zu helfen. Es gibt sogar einige geförderte, sehr schöne Einzimmerwohnungen von der Universitätsklinik Graz. Diese befinden sich direkt in der Nähe des Krankenhauses. Die meisten haben eine eigene Küche und ein Badezimmer. Alternativ dazu gibt es auch einige Studentenwohnheime in der Gegend der Klinik, in denen man mit etwas Glück ein Zimmer ergattern und auch schnell Anschluss an andere Studenten finden kann. Graz als Lebensraum, das Leben in der Stadt und auch die Kultur dort sowie die Arbeitsbedingungen sind im Großen und Ganzen ähnlich wie in Deutschland. Ein Unterschied, der mir jedoch besonders aufgefallen ist ist, dass das Leben und der Arbeitsalltag etwas weniger stressig ablaufen. In der Klinik waren die Ärzte häufig freundlicher, immer für einen Spaß zu haben und immer geduldig und offen wenn es darum ging mir meine Fragen zu beantworten, oder mir verschiedene Arbeitsschritte und Geräte zu erklären. Außerdem wurde ich sofort sehr gut in das Team integriert, was wohl auch daran lag, dass ich mit viel Freude in der Abteilung mitarbeitete und mit Begeisterung neue Dinge lernte, wodurch die Ärzte mir auch bereitwillig verschiedene Aufgaben zeigten und übertrugen. Durch dieses Vertrauen, das ich seitens der Ärzte bekam steigerte sich auch meine Motivation noch mehr zu lernen, um weitere Aufgaben übernehmen zu können.

5 Betreffend meiner gesamten Einstellung zum Beruf änderte sich meine Meinung vor allem in der Hinsicht, dass trotz eines langen und intensiven Berufsalltags, der Spaß und die Freude an der Arbeit nicht zwangsweise zu kurz kommen müssen. Außerdem ist mir mehr und mehr klar geworden, dass es wichtig ist, seinen Arbeitsplatz nicht nur nach dem Ruf des Krankenhauses zu wählen und dass eine gute Beziehung zu den Kollegen häufig wichtiger ist. Betreffend der Aufnahme weiterer Erasmus Studenten ist die Universitätsklinik Graz sehr offen und sogar sehr interessiert daran, weitere ausländische Studenten zu betreuen. Dies liegt nicht nur an der Tatsache, dass hier immer wieder Studenten für die verschiedensten Aufgaben gebraucht werden, sondern auch daran, dass die Lehrbeauftragten an der Universitätsklinik Graz am Können anderer Studenten interessiert sind und wie sie im Weiteren die Ausbildung ihrer eigenen Studenten verbessern können. Alles in allem kann ich diese Praktikumsstelle SEHR empfehlen! Das gesamte Team der Chirurgie ist einfach Spitze und mit ein bisschen Eigenmotivation und Freude an der Arbeit kann man hier wirklich viel sehen und lernen. Sehr angenehm empfand ich auch, dass ich an Tagen an denen nicht viel los war gelegentlich auch schon um 14Uhr gehen konnte, wobei es auch Tage gab, an denen ich bis 19Uhr abends durchgehend im OP stand (was meist aber nicht schlimm war, da diese Operationen zu den spannendsten gehörten!). Außerdem ist Graz eine, wenn auch kleine, wirklich entzückende Stadt, von der aus man auch schnell ins Grüne und in die Natur kommt. Organisatorisch war dieses Praktikum in Ordnung bis auf die Dame im Auslandsreferat der Ludwig-Maximilians-Universität München, die eher unfreundlich auf meine Anfrage reagiert hat. Sehr positiv bewerte ich die Tatsache, dass es möglich war dieses Praktikum innerhalb von ca. drei Wochen zu organisieren, was aber vor allem den tollen Betreuern im Erasmusbüro in Graz als auch in jenem in München zu verdanken war!