Die technisch-organisatorischen Faktoren des elektronischen Kommunikationsverfahrens
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- Martin Förstner
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1 Die technisch-organisatorischen Faktoren des elektronischen Kommunikationsverfahrens 3.1 Einführung Die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens reformiert die Abgabenordnung in der Gestalt, dass diese an eine rechtlich verbindliche elektronische Kommunikation mit dem Finanzamt angepasst wird. Die Mehrheit der Deutschen ist interneterfahren und verwendet die Webseiten öffentlicher Behörden und Einrichtungen als lnformationsquellen. 176 Diese Reform will eine Anpassung an den von moderner EDV geprägten Informationsaustausch und die Verbesserung der Servicequalität der Finanzverwaltung erreichen. Nach Auffassung des BMF 177 sollen durch die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens insbesondere die folgenden Ziele erreicht und der bestehende Reformbedarf somit verwirklicht werden: 1. Neue technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, da ein verändertes globales Umfeld, die demografische Entwicklung der Gesellschaft und abnehmende personelle Ressourcen zunehmend das Besteuerungsverfahren beeinflussen. Bund und Länder sehen daher gemeinsam die Notwendigkeit, Arbeitsabläufe im steuerlichen Massenverfahren neu auszurichten. 2. Eine größere Serviceorientierung der Steuerverwaltung, eine stärkere Unterstützung der Arbeitsabläufe durch die Informationstechnologie (IT) und strukturelle Verfahrensanpassungen. Von den Möglichkeiten eines zielgenaueren Ressourceneinsatzes profitieren alle am Verfahren Beteiligten gleichermaßen. 3. Zur Umsetzung des Gesamtpakets sind rechtliche, technische und organisatorische Anpassungen notwendig. Die organisatorische und die IT Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen erfolgen schrittweise und erfordern erhebliche zusätzliche Investitionen von Bund und Ländern. 176 Statistisches Bundesamt, Private Haushalte in der Informationsgesellschaft - Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie, online unter: Pu bl i kati one n/th e m ati sch/e in kommen Konsum Le bensbed i ngu n gen/private Haus ha lte/privatehaushalteikt pdf?_blob~publicationfile 177 BMF, Gemeinsames Konzept von Bund und Ländern zur <Modernisierung des Besteuerungsverfahrens>, Pressemitteilung v , online unter: Content/DE/Standardartikei/Themen/Steuern/ Modernisierung-des-Besteuerungsverfahrens-Diskussionsentwurf.html 84
2 Einführung Kosten der Umsetzung Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom nimmt zu den Kosten der Umsetzung umfassend Stellung. Nach Schätzung der Bundesregierung entlastet die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens die Wirtschaft um insgesamt 6,8 Mio. EUR. Diese Entlastung besteht primär in der Einführung einer einheitlichen digitalen Schnittstelle für die Lohnsteuer-Außenprüfung zur elektronischen Bereitstellung von lohnsteuerliehen Daten in 41 Abs. 1 Satz 7 EStG i. V. m. 4 LStDV, die bei von der Bundesregierung geschätzten Fällen eine Entlastung von ca. 8,6 Mio. EUR auf Ebene der Unternehmen ergeben soll. Dem gegenüber steht jedoch der Mehraufwand für Rechtsanwälte und Fachanwälte für Steuerrecht, die vor der Übermittlung der Daten ihrer Mandaten an die Finanzverwaltung deren Identität gern. 87d Abs. 2 Satz 1 AO überprüfen müssen. Die Bundesregierung veranschlagt hierfür einen finanziellen Mehraufwand i. H. v. 1,8 Mio. EUR. Kleinere Entlastungen sollen sich aus der Möglichkeit des 39e Abs. 5a EStG ergeben, der vorsieht, verschiedenartige Bezüge am Ende des Jahres zusammenfassen zu können und so den Erfüllungsaufwand der Unternehmen im Besteuerungsverfahren um ca EUR senken zu können. Die exakte Höhe der tatsächlichen Ersparnis lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nur schwer quantifizieren. Für die Akzeptanz der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens erscheint es vor dem Hintergrund der»teuren«einführungen von ELSTER (2005) und E-Bilanz (2012) jedoch wichtig, dass diesmal eine tatsächlich spürbare Entlastung der Unternehmen herbeigeführt wird. Gelingt dies nicht, ist die Akzeptanz der Reform auf Ebene der Unternehmen gefährdet Ziele der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens Die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens dient der Optimierung der Arbeitsabläufe im steuerlichen Veranlagungsverfahren. Der Rückgriff auf Ressourcen der modernen IT ist in diesem Zusammenhang folgerichtig. Insbesondere die folgenden Änderungen sind im Rahmen der technischen Umsetzung der Reform hervorzuheben: 178 BR-Drucks. 18/7457 S.lff. 85
3 Die technisch-organisatorischen Faktoren des elektronischen Kommunikationsverfahrens 1. 29a AO 1 Unterstützung des örtlich zuständigen Finanzamts auf Anweisung der vorgesetzten Finanzbehörde f---= 2. 72aAO ~=t ~-80a AO _::, 87b AO j Haftung Dritter bei Datenübermittlungen an Finanzbehörden I Elektronische ü~ermittlun~ - ~on V_()ll~~chtda!en ~~. Landesfinanzbehörde~i Bedingungen für die elektronische Übermittlung von Daten an Finanz-! behörden 5. 87c AO I Nicht amtliche Datenverarbeitungsprogramme für das Besteuerungs! verfahren 6. 87e AO Ausnahmeregelung für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, Verbrauch-! steuern und die Luftverkehrsteuer d AO t Datenübermittlungen an Finanzbehörden im Auftrag - ---r b AO i Länderübergreifender Abruf und Verwendung von Daten zur I Verhütung, Ermittlung und Verfolgung von Steuerverkürzun_g_e_n 93c AO 1 Datenübermittlung durch Dritte d AO I Verordnungsermächtigung n.! Ul;t:ofß;kanntgab-;-~~~V;r~alt~ngsakten durch Ber~itste!h;;;-g;um ---- I Datenabruf l l;l lsoao~. ;;-~-und ln_h;!t~ -Steu~rklärungen I 155 AO i Steuerfestsetzung 14. : 156 AO! A-bsehen von der -St_e_u_e-rf-e-st_s_e-tz_u_n_g_,-s:- 173a AO I Schreib- oder Rechenfehler bei Erstellung einer Steuererklärung b AO I Änderung von Steuerbescheiden bei Datenübermittlung dur~h Dritte 17. 2o3aÄoj Außen~;uf~ng bei D;;nGbe-;mittl~~~ durch Dritte ~1U~i~~ I Pfti~h~:erl;t;u~g -be0-~~~ttl~~~ ~-~-n -V~I~~_i~htda~~-= - ---=-= Im Folgenden erfolgt eme Kurzkommentierung der oben genannten Paragraphen zunächst in Form einer synoptischen Kurzvorstellung des ab dem geltenden Rechts. Hieran schließt sich eine Kommentierung der wichtigen Auswirkungen für die Praxis an, soweit diese zum derzeitigen Zeitpunkt absehbar sind. Eine kritische Reflexion der jeweiligen Änderung beendet die Kurzkommentierung. Einige Aspekte, insbesondere die Datenübermittlung durch Dritte und ggf. dadurch notwendige Änderung der Steuerbescheide sowie die Art der elektronischen Steuererklärung und die Berichtigung, werden in gesonderten Kapiteln in ihrer Verfahrenschronologie dargestellt. Die Haftungsthematik 179 wird wegen ihrer besonderen Bedeutung vorgezogen a AO. 86
4 Unterstützung des örtlich zuständigen Finanzamts auf Anweisung Unterstützung des örtlich zuständigen Finanzamts auf Anweisung der vorgesetzten Finanzbehörde nach 29a AO Der Gesetzestext Paragraph 29a AO Unterstützung des örtlich zuständigen Finanzamts auf Anweisung der vorgesetzten Finanzbehörde Fassung ab Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze anordnen, dass das örtlich zuständige Finanzamt ganz oder teilweise bei der Erfüllung seiner Aufgaben in Besteuerungsverfahren durch ein anderes Finanzamt unterstützt wird. Das unterstützende Finanzamt handelt im Namen des örtlich zuständigen Finanzamts; das Verwaltungshandeln des unterstützenden Finanzamts ist dem örtlich zuständigen Finanzamt zuzurechnen. Datum der erstmaligen Anwendung Regulär mit dem lnkrafttreten des Gesetzes Inhalt der Norm 29a AO sieht vor, dass die vorgesetzte Finanzbehörde i. S. v. der obersten Landesfinanzbehörde oder einer von ihr beauftragten Landesfinanzbehörde dazu befugt ist, festzulegen, dass das örtlich zuständige Finanzamt durch ein anderes Finanzamt bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Besteuerungsverfahren unterstützt wird. Die Übernahme der hierzu notwendigen Aufgaben ist nach Maßgabe des Gesetzes ganz oder teilweise durch ein anderes Finanzamt möglich. Das unterstützende Finanzamt handelt dabei gem. 29a Satz 2 AO im Namen des örtlich zuständigen Finanzamts. Somit sind dessen Handlungen dem örtlich zuständigen Finanzamt vollumfänglich zuzurechnen. 87
5 Die technisch-organisatorischen Faktoren des elektronischen Kommunikationsverfahrens Praxis-Beispiel Übernahme von Aufgaben durch ein anderes Finanzamt Das Finanzamt D-Stadt le1det unter emer hohen Anzahl an unbearbeiteten Steuererklärungen sowie emem grippebedingten hohen Krankenstand seiner Verwaltungsmitarbeiter. Um eine sachgerechte und ze1tnahe Bearbeitung der Steuererklärungen garantieren zu können, beschließt die Oberfinanzdirektion 0, dass das Finanzamt B das Finanzamt D-Stadt für einen Zeitraum von 3 Monaten bei der Bearbeitung von Steuererklärungen unterstützen soll. A, Sachbearbeiter des Finanzamts B, bearbeitet den Einkommensteuerbescheid 2015 des SteuerbürgersSund gibt d1esen anschließend zur Post. S erhält diesen und möchte Einspruch einlegen. An welches Finanzamt muss S se1nen Einspruch richten? Trotz der personellen Bearbeitung des Einkommensteuerbescheids 2015 von S durch das FinanzamtBund dem Sachbearbeiter A ist weiterhin das Finanzamt D-Stadt für die Bearbeitung des Emspruchs zuständig Rechtliche Würdigung Die Einführung des 29a AO ist grundsätzlich begrüßenswert, um die Bearbeitungszeiten von Steuererklärungen und die Auslastung der Finanzverwaltung zu harmonisieren und eine zeitnahe Veranlagung zu ermöglichen. Eine Unterstützung eines überbelasteten Finanzamts durch ein unvollständig ausgelastetes Finanzamt kann somit zum Abbau von Belastungsspitzen beitragen und ermöglicht es, den Steuerbürgern ihre Steuerbescheide schneller zukommen zu lassen. Gegen die Einführung des 29a AO spricht, dass die Sachbearbeiter des örtlich zuständigen Finanzamts über eine gesteigerte Ortskenntnis ihres Veranlagungsbezirks verfügen, die insbesondere bei der Angabe von Entfernungskilometern hilfreich ist. Durch die Nutzung von Navigationsprogrammen sollte dieser Nachteil jedoch verkleinert werden können. Ein vom Bund der Steuerzahler181 geforderter Hinweis auf die Anwendung des 29a AO ist vor dem Hintergrund der fortbestehenden Zuständigkeit des originär örtlich zuständigen Finanzamts entbehrlich und nicht in den Gesetzestext aufgenommen worden- gegen den Widerstand der beteiligten Verbände. 182 Ein solcher Hinweis würde zwar die berechtigte Kritik der verbesserten Kommunikation mit dem für den Erlass des Steuerbescheids zuständigen Sachbearbeiters bedienen. Rückfragen der Steuerbürger könnten so direkt an den zuständigen Sachbe a AO i.v.m. 357 Abs. 2 AO, 19 Abs. 1 AO. 181 Stellungnahme Bund der Steuerzahler v S A. A. DStV, Stellungnahme v s
6 Unterstützung des örtlich zuständigen Finanzamts auf Anweisung 3 arbeiter weitergegeben werden, der naturgemäß nicht über das Wissen aus dem jahrelangen Umgang mit dem Steuerbürger verfügt. Gleichermaßen obliegt es dem unterstützenden Finanzamt, für etwaige Rückfragen bzw. zur Bearbeitung eingelegter Rechtsmittel für das unterstützte Finanzamt entsprechende Aufzeichnungen anzufertigen, um Abweichungen zur eingereichten Steuererklärung begründen zu können. Zudem bestände durch die Angabe eines Hinweises auf eine örtlich abweichende Bearbeitung der Steuererklärung das Risiko, dass ein steuerlicher Laie etwaige Rechtsmittel gegenüber dem unzuständigen Finanzamt einlegen würde. Der Ablauf in der Bearbeitung dieser Rechtsmittel würde sich dadurch unnötigerweise verlängern. Soweit die Aufzeichnungen des vertretenden Sachbearbeiters nicht für die Aufklärung der Nachfragen des betroffenen Steuerbürgers ausreichen, sollte eine Weitergabe der Kontaktdaten ermöglicht werden, damit sich der Steuerbürger vor Einlegung eines Rechtsmittels mit dem handelnden Sachbearbeiter abstimmen kann. 89
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