Strafprozessnovellen 2016
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- Dirk Schuster
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1 Strafprozessnovellen 2016 Strafprozessrechtsänderungsgesetz (StPRÄG) 2015 StPRÄG 2016 I seit 21. Mai 2016 in Kraft StPRÄG 2016 II seit 1. Jänner 2017 in Kraft
2 StPRÄG 2016 I Das Recht [ ], darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden, insbesondere nicht durch Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen oder auf Datenträgern gespeicherten Informationen [ ]. ( 157 Abs 2 af) ME StPRÄG 2016 I: Informationen selbst wenn sich diese in der Verfügungsmacht einer anderen Person befinden RV StPRÄG 2016 I: Dies gilt ebenso für Unterlagen und Informationen, die sich in der Verfügungsmacht des Beschuldigten oder eines Mitbeschuldigten befinden und zum Zwecke der Beratung oder Verteidigung des Beschuldigten durch eine in Abs. 1 Z 2 genannte Person von dieser oder vom Beschuldigten erstellt wurden.
3 StPRÄG 2016 I Ziel: Art. 4 der RL Rechtsbeistand stellt nicht bloß auf die Wahrung der Verschwiegenheit des Verteidigers ab, sondern lässt als auch geboten erscheinen, das nach der bisherigen Rechtslage grundsätzlich zulässige Sicherstellen des Schriftverkehrs mit dem Verteidiger beim Beschuldigten oder anderen Personen, die nicht zu den in 152 Abs. 1 Z 2 bis 5 StPO angeführten Personen gehören, zu untersagen (EBRV 1058 BlgNR XXV. GP 10) Durch das Abstellen auf die Vertraulichkeit der Kommunikation mit dem Verteidiger ist jedoch die Auslegung der Judikatur (z. B. 13 Os 71/13k), wonach sonstiges Belastungsmaterial wie Urkunden und andere Schriftstücke seiner Klienten, die nicht erst zu Informationszwecken hergestellt wurden, nicht geschützt ist, mit der RL Rechtsbeistand und den nunmehr vorgeschlagenen Änderungen der StPO weiterhin vereinbar (EBRV 1058 BlgNR XXV. GP 10)
4 StPRÄG 2016 I Mit der nunmehr vorgeschlagenen Änderung soll sichergestellt sein, dass die Sicherstellung oder Beschlagnahme von Unterlagen oder Informationen, die für die Beratung oder Verteidigung des Beschuldigten gleich ob durch den Verteidiger oder durch den Beschuldigten erstellt werden, auch beim Beschuldigten unzulässig und als Umgehung des Aussageverweigerungsrechts mit Nichtigkeit bedroht ist (EBRV 1058 BlgNR XXV. GP 10) Dies gilt auch für belangte Verbände, denen kraft 13 Abs. 1 VbVG im Strafverfahren die Rechte des Beschuldigten zukommen (EBRV 1058 BlgNR XXV. GP 10)
5 StPRÄG 2016 I Ziel erreicht? Schutz der Kommunikation = Verbot der Umgehung des Aussageverweigerungsrechts? Umgehungsverbot knüpft an Bestand des Aussagverweigerungsrecht an Ohne Kenntnis von Informationen kein Aussageverweigerungsrecht über das, was ihm in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist ( 157 Abs 1 Z 2) Beispielsfall: Beschuldigter macht sich vor seinem Gang zum Rechtsanwalt Notizen. Bevor er zu seinem Anwalt gelangt, wird er festgenommen, durchsucht und die Notizen werden sichergestellt. Sicherstellung nach geltender Rechtslage zulässig! Nur Umgehungsverbot ( Dies gilt [ ] ; EBRV)
6 StPRÄG 2016 I Unmittelbare Anwendbarkeit der RL? Umzusetzen bis 26. November 2016 (Art 5, RL 2013/48/EU) Art 4 (Vertraulichkeit) Die Mitgliedstaaten beachten die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Verdächtigen oder beschuldigten Personen und ihrem Rechtsbeistand bei der Wahrnehmung des im Rahmen dieser Richtlinie vorgesehenen Rechts auf Zugang zu einem Rechtsbeistand. Eine solche Kommunikation umfasst auch Treffen, Schriftverkehr, Telefongespräche und sonstige nach nationalem Recht zulässige Kommunikationsformen. Ausreichend konkret bestimmt für unmittelbare Geltung?
7 StPRÄG 2016 I Grundgedanke: Fairness des Verfahrens, effektive Verteidigung Art 6 Abs 3 lit b, c EMRK: Daraus ergibt sich das Recht, ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben; und das Recht, sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen [ ]. Aus dem Recht, sich selbst zu verteidigen, folgt, dass der Beschuldigte schriftliche Aufzeichnungen anfertigen kann, die nicht beschlagnahmt werden dürfen, wenn sie der Verteidigungsvorbereitung dienen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beschuldigte einen Verteidiger hat oder nicht. Sicherstellung aus Gründen des Art 6 Abs 3 lit c EMRK unzulässig.
8 StPRÄG 2016 I Gesetzlicher Lösungsvorschlag: Sicherstellungsverbot isd Vertraulichkeit der Kommunikation von Aussageverweigerung lösen Eigene Bestimmung über Unzulässigkeit der Sicherstellung des schriftlichen Verkehrs zwischen Beschuldigtem und Verteidiger Etwa in 110 Abs 5 (als Sicherstellungsverbot) oder in 59 Abs 3 (als Annex zum Schutz der Kommunikation des Beschuldigten mit seinem Verteidiger) Vgl Rechtslage in D: 97 und 148
9 Diversion alte Rechtslage 198 Abs 2 StPO Ein Vorgehen nach diesem Hauptstück ist jedoch nur zulässig, wenn 1. die Tat nicht mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, 2. die Schuld des Beschuldigten nicht als schwer ( 32 StGB) anzusehen wäre und 3. die Tat nicht den Tod eines Menschen zur Folge gehabt hat.
10 Diversion StPRÄG II Abs 2 Z 3 StPO 3. die Tat nicht den Tod eines Menschen zur Folge gehabt hat, es sei denn, dass ein Angehöriger des Beschuldigten fahrlässig getötet worden ist und eine Bestrafung im Hinblick auf die durch den Tod des Angehörigen beim Beschuldigten verursachte schwere psychische Belastung nicht geboten erscheint.
11 Diversion StPRÄG II 2016 Grundidee, Ausschluss der Diversion bei Todesfolge zu beseitigen, bereits 2004 (ÖJZ 2004/35). Strafprozessreform mit Strafprozessreformbegleitgesetz I (BGBl. I Nr. 93/2007): 7 Abs 2 Z 2 JGG. Beschränkung auf besondere Ausnahmesituationen wie etwa die fahrlässige Tötung eines nahen Angehörigen bei einem Verkehrsunfall oder durch Vernachlässigung der Aufsicht des eigenen Kindes bzw im familiären Umfeld. Keine Diversion bei Vorsatztat, schwerer Schuld (beachte grobe Fahrlässigkeit) oder bei nicht schwerer psychischer Belastung (EBRV 1300 BlgNR XXV GP 8).
12 Kronzeugenregelung alte Rechtslage 209a. (1) Die Staatsanwaltschaft kann nach den 200 bis 203 und 205 bis 209 vorgehen, wenn ihr der Beschuldigte freiwillig sein Wissen über Tatsachen offenbart, die noch nicht Gegenstand eines gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens sind und deren Kenntnis wesentlich dazu beiträgt, 1. die Aufklärung einer der Zuständigkeit des Landesgerichts als Schöffen- oder Geschworenengericht oder der WKStA ( 20a und 20b) unterliegenden Straftat entscheidend zu fördern, oder 2. eine Person auszuforschen, die in einer kriminellen Vereinigung, kriminellen Organisation oder terroristischen Organisation führend tätig ist oder war.
13 Kronzeugenregelung geltendes Recht (2) Ein Vorgehen nach Abs 1 setzt voraus, dass eine Bestrafung im Hinblick auf [ ] das Aussageverhalten [ ] und den Beweiswert der Informationen nicht geboten erscheint, um den Beschuldigten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten [ ] (3) Nach Erbringung der Leistungen hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren unter dem Vorbehalt späterer Verfolgung einzustellen. (4) Wenn [ ] 1. die eingegangene Verpflichtung zur Mitwirkung an der Aufklärung verletzt wurde oder 2. die zur Verfügung gestellten Unterlagen und Informationen falsch waren, keinen Beitrag zur Verurteilung des Täters zu liefern vermochten oder nur zur Verschleierung der eigenen führenden Tätigkeit in einer in Abs. 1 Z 2 genannten Vereinigung oder Organisation gegeben wurden, kann das Verfahren fortgeführt werden.
14 Kronzeugenregelung StPRÄG II a. (1) Der Täter einer Straftat, 1. die der Zuständigkeit des Landesgerichts als Schöffen- oder Geschworenengericht ( 31 Abs 2 und 3) unterliegt, 2. die der Zuständigkeit der WKStA ( 20a) unterliegt oder die Kriterien des 20b erfüllt, oder 3. nach den 277, 278, 278a oder 278b StGB oder einer Tat, die mit einer solchen Verabredung, Vereinigung oder Organisation im Zusammenhang steht,
15 Kronzeugenregelung StPRÄG II 2016 hat nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 das Recht, ein [diversionelles] Vorgehen zu verlangen, wenn er freiwillig an die Staatsanwaltschaft herantritt, ein reumütiges Geständnis ( 34 Abs 1 Z 17 StGB) über seinen Tatbeitrag ablegt und sein Wissen über neue Tatsachen oder Beweismittel offenbart, deren Kenntnis wesentlich dazu beiträgt, die umfassende Aufklärung einer in den Z 1 bis 3 genannten Straftaten über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus zu fördern oder eine Person auszuforschen, die an einer solchen Verabredung führend teilgenommen hat oder in einer solchen Vereinigung oder Organisation führend tätig war.
16 Kronzeugenregelung StPRÄG II 2016 (2) Soweit der Täter wegen seiner Kenntnisse über in Abs. 1 genannte Taten noch nicht als Beschuldigter vernommen ( 48 Abs. 1 Z 2, 164, 165) und wegen dieser Taten kein Zwang gegen ihn ausgeübt wurde, hat die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat dieser Person vorläufig zurückzutreten, es sei denn, das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 ist von vornherein ausgeschlossen.
17 Kronzeugenregelung StPRÄG II 2016 (3) Sobald feststeht, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen und eine Bestrafung [ ] im Verhältnis zu Art und Ausmaß seines Tatbeitrages nicht geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten, hat die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten [ ] die Erbringung der dort vorgesehenen Leistungen und die weitere Zusammenarbeit bei der Aufklärung aufzutragen. Liegen jedoch die Voraussetzungen nicht vor, so hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren fortzusetzen und bei Vorliegen der Voraussetzungen des 41a StGB dessen Anwendung zu beantragen und dies auch dem Beschuldigten mitzuteilen.
18 Kronzeugenregelung StPRÄG II 2016 (4) Nach Erbringung der Leistungen hat die StA das EV unter dem Vorbehalt späterer Verfolgung einzustellen. (5) Wenn 1. die eingegangene Verpflichtung zur Zusammenarbeit bei der Aufklärung verletzt wurde oder 2. die zur Verfügung gestellten Unterlagen und Informationen falsch waren, keinen wesentlichen Beitrag im Sinn des Abs. 1 zu liefern vermochten oder nur zur Verschleierung der eigenen führenden Tätigkeit in einer in Abs. 1 Z 3 genannten Verabredung, Vereinigung oder Organisation gegeben wurden, kann die nach Abs. 4 vorbehaltene Verfolgung wieder aufgenommen werden, [ ].
19 Kronzeugenregelung StPRÄG II 2016 Regelungen seit 2011 (skp 2010) befristet bis in Kraft Wenige Praxisfälle, auch international positiv bewertet Ruf nach Verbesserungen, insbesondere Zeitpunkt der Offenbarung Einsatz einer Expertengruppe Wichtigsten Neuerungen (Befristung bis 2021): Recht : Rechtsschutzmöglichkeiten Harmonisierung Kronzeugentat Aufklärungstat Aktives Herantreten: persönliche Vorsprache, schriftliche Eingabe, anonymes Anzeigen (EBRV 1300 BlgNR XXV GP 11, 12)
20 Kronzeugenregelung StPRÄG II 2016 Reumütiges Geständnis Verhältnis zu 41a StGB Vorprüfung der StA Informationen müssen hinsichtlich des Wertes für die umfassende Aufklärung der Straftat(en) über den eigenen Tatbeitrag des Kronzeugen hinausgehen (EBRV 1300 BlgNR XXV GP 11). Fortführung durch den RSB möglich
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