Physiologievorlesung: Teil Neurophysiologie
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- Felix Kuntz
- vor 6 Jahren
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1 Physiologievorlesung: Teil Neurophysiologie 1 Das Folgende stellt eine Inhaltsangabe mit Stichpunkten zur Orientierung dar. (Korrekturen bitte an dschild@gwdg.de senden. Danke!) Der gesamte zu beherrschende Stoff, der in der Vorlesung aus Zeitgründen leider nicht ganz vollständig präsentiert werden kann, findet sich z.b. in Klinke/Pape/Sibernagl: Lehrbuch der Physiologie: Kap. 1 bis 4 sowie Kap (~ 80, ) oder Schmidt/Lang/Thews: Physiologie des Menschen: Kap. 1 bis 5.2 incl. (~ 80, ) oder Deetjen/Speckmann/Hescheler: Physiologie: Kap. 1 und Kap. 2.1 bis 2.3 incl. (~ 64, ) Das selbstständige Erarbeiten dieser Inhalte ist unerlässlich. Gliederung Kapitel M1: Einführung. Phospholipide und Membranen: Mizellen, Bilipidschicht, Diffusion: 1. Ficksches Gesetz; Permeabilität; Leitwert und Kapazität Kapitel M2: Transportproteine: K + /Na + ATPase, Ca 2+ ATPasen, Gradientenabhängige Transportproteine Kapitel M3: Ströme über Membranen: Ionenkanäle, Transportproteine, gap junctions; Ionenkanäle: Struktur, Spannungsabhängigkeit, Selektivität und Permeabilität; spannungs und ligandengesteuete Ionenkanäle Kapitel M4: Physiologische Ionenverteilung: Donnan Gleichgewicht, Nernstgleichung an Plasmamembran, Zusammenspiel verschiedener spannungsabhängiger Leitwerte in Zellmembranen, Goldmanngleichung Kapitel M5: Elektrische Signalverarbeitung an Zellen: Ionotrope und metabotrope Rezeptoren. Inhibition, Elektrotonus. Kapitel M6: Aktionspotential (AP): Entstehung, beteiligte Leitwerte, AP: Refraktärzeiten, pos. Rückkopplung, Ca 2+ Wirkung auf Leitwerte (Tetanie, etc), versch. Formen von APs an Muskel und Herz, APs: modulierende Einflüsse, Kodierung der AP rate Kapitel M7: Fortleitung von APs auf nichtmyelinisierten und myelinisierten Nervenfasern. Summenaktionspotential und seine Messung. Wirkung von APs an Axonterminalen
2 Kapitel M1: Einführung, Bilipidschicht Einführung: Formalia, Aufbau der Vorlesung, Bücher, Klausur Definitionen: Physiologie, von Membranphysiologie bis zu höheren Hirnfunktionen Darstellung der Neuronenvielfalt, Cajal und Golgi. Membranwirkung von Pharmaka, Toxinen (Def: Venom, Gift) und pflanzlichen Giften Beispiele: Digitalis: Herzinsuffizienz Atropin: Parasympatholyticum, z.b. Pupillenweite, Herzschlag Dendrotoxin: Blocker von Kaliumkanälen Conotoxin: Blocker von Calcium und Natriumkanälen. Alle Zellen haben ein Membranpotential (= eine Membranspannung), die bei Neuronen in Ruhe ca. 70 mv beträgt. Zellen sind also elekrisch polarisiert. Erregbare Zellen können Aktionspotentiale generieren, und müssen dazu zunächst depolarisiert werden. Depolarisation: Spannung u wird positiver (weniger negativ, z.b. von 70 bis 40 mv) Hyperpolarisation: Spannung u wird negativer als normal (z.b. von 70 bis 80 mv) Ursache der elektrischen Polarisation: Einige Ionenkonzentrationen innerhalb und außerhalb von Zellen weichen sehr voneinander ab. Ursache der verschiedenen Ionenkonzentrationen: Ioenentransportproteine in Zellmebran. Allg. Aufbau von Phospholipiden der Zell und anderer Membranen 2 Fettsäurereste + Glycerol + Phosphat + Kopfgruppe ( Def.: Hydrophob, hydrophil, lipophob, lipophil. ) Strukturen: Mizellen oder Bilipidschichten Diffusion durchbilipidschicht : Diffusionsgesetz (1. Ficksches Gesetz): J = D c/ x Permeabilität P. Definition: P = D/ x (Einheit: m/s) P von Gasen (O 2, N 2, Narkosegase, N 2 0) sehr hoch. P von geladenen Molekülen, insbes. Ionen: ca cm/s = 5 nm / 150 h 2
3 > Ionen können nicht über Bilipidschichten diffundieren. Strom durch elektrische Spannungen: Membranspannungen: maximal: 0.1 V = 100 mv Elektr. Widerstand der Bilipidschicht einen mittelgroßen Zelle:10 14 Ω. Leitwert der Bilipidschicht ist: g = 1/R = S (Siemens: S = Ω 1 ) u = R I. I = u / R. I = 0.1 V / Ω = A. In einer ms: Q = A * 1 ms = As As / e = As / As = n = 6 Ladungen ( pro ms). > Es fließt kein Ionenstrom über Bilipidschichten. > Bilipidschichten sind ideale Ladungstrenner = Kondensatoren: Kapazität C = 1 pf / 100 µm 2 A 3 Aber: Elektrischer Widerstand wirklicher Zellen ist viel niedriger als der von Bilipidmembranen: R = 10 MΩ... bis... R = 10 GΩ Ursache sind selektive Permeabilitäten: Ströme durch Zellen sind prinzipiell möglich durch Ioenenkanäle / Poren (passiver Transport) Carrier / Transportproteine (aktiver Transport) gap junction (passiver Transport) Passiver Transport u. Diffusion verlaufen entlang einem Ionenkonzentrationsgefälle Aktiver Transport verläuft gegen ein Ionenkonzentrationsgefälle Beachte: ein Ionenkonzentrationsgefälle verläuft von c hoch zu c niedrig, aber ein Ionenkonzentrationsgradient verläuft von c niedrig zu c hoch.
4 4 Kapitel M2: Carrier / Transportproteine Zwei große Familien: primär aktive carrier: verbrauchen ATP (sind ATPasen) und nutzen die so gewonnene Energie zum Transport gegen ein Konzentrationsgefälle. ( Beispiele: Na/K ATPase, Ca ATPasen ) sekundär aktive carrier: gewinnen Energie aus dem Abbau eines Gradienten (Erhöhung der Entropie) und nutzen diese zum Transport von Teilchen gegen ein Konzentrationsgefälle. ( Beispiele: Na/Ca Antiport, Zucker carrier, Aminosäure carrier ) Primär aktiver Transport (ATP abhängig) Beispiel 1: Na/K ATPase Eigenschaften: entfernt Na + aus Zellen (im Gegenzug zu K + ) Stöchiometrie bei einem Punpzyklus: 3 Na : 2 K : 1 ATP Transportrate: ca. 300 cycles/s (rep: /ms durch einen Ionenkanal) senkt Osmolarität in der Zelle negative Aufladung der Zelle > Hyperpolarisation von etwa 5 bis 10 mv Transport hängt von [Na + ] i ab Durchmesser: d = 5 nm α Untereinheit (katalytisch) ca AS: 110 kd β Untereinheit 55 kd, Funktion nicht genau bekannt ATP Verbrauch einer Zelle durch Na K Pumpe: 30 bis 70 % der ATP Produktion (insgesamt beim Menschen: 40 kg/tag). Beispiel 2: Ca 2+ ATPasen: Vorkommen: Plasmamembran, Mitos, ER Stöchiometrie der Ca 2+ ATPase der Plasmamembran: 2 Ca 2+ / 1 ATP
5 5 Sekundär aktiver Transport (el.chem. Potentialgradienten abhängig) Vorkommen: Je nach Richtung der transportierten Moleküle: Symport: Alle (meist zwei) Moleküle werden in dieselbe Richtung transportiert Antiport: Moleküle werden in entgegengesetzte Richtungen transportiert Uniport: Moleküle einer Art werden ihrem Konz. gefälle folgend transportiert Beispiel: Na/Ca Antiport Stöchiometrie: 3 Na < > 1 Ca Elektrogener Transport, d.h. Spannungsabhängigkeit. Nernstspannung dieses Antiports: u NaCaEx = 3 u Na 2 u Ca Für die physiologischen Nernstspannungen: u NaCaEx = 60 mv : Ca extrusion bei u < u NaCaEx (z.b. Neuron in Ruhe) Ca influx bei u > u NaCaEx (z.b. Arbeitsmyokardzellen) Beispiel: Ouabain Wirkung an Kardiomyozyten: Block der Na/K ATPase durch Ouabain(=Strophantin) > Verringerung des Na + gradienten > Verringerung der Na/Ca Antiport Transportrate > Anstieg des cytosolischen [Ca 2+ ] i > Anstieg der Kontaktionskraft der Myozyten Weitere Beispiele: Transport von Monosachariden oder Aminosäuren im Dünndarm im Cotransport (Symport) mit Na + Transport von Neurotransmittermolekülen an Snyapsen von Neuronen im Antiport gegen H + transportiert.
6 6 Kapitel M3: Ionenkanäle Struktur von Ionenkanälen: Proteinkomplexe (Wdh.: prim/sek/tert/quart. Strukturen) Die Pore eines Ionenkanals besteht entweder aus einem Protein (α Untereinheit von spannungsgeregelten Na + oder Ca 2+ kanälen) oder mehreren Proteinen (z.b. 4 Untereinheiten bei vielen Kaliumkanäle) Die Struktur eines Ionenkanals wird abgeleitet aus Hydropathieplot Röntgenstrukturanalyse Atomkraftmikroskopie Leitwert von Ionenkanälen liegen im Bereich zwischen 0.5 und 250 ps. Bei einem mittleren Wert von 100 ps: I = g u = 100 ps 0.1 V = 10 pa. Ladung in 1 ms: Q = I t = 10 pa 1 ms = As = Ionen. Ionenkanäle sind selektiv, z.b. überwiegend für Na + : Na + Kanäle K + : K + Kanäle Ca 2+ : Ca 2+ Kanäle Na +, K +, evtl. Ca 2+ : unspezifische Kationenkanäle Cl : Cl Kanäle Experimentell oder klinisch können Ionenkanäle geblockt werden, z.b. durch Lokalanästhetika (vor allem:spannungsgeregelte Na + kanäle) Curare (d Tubocurarin, nikotinergeacetylcholin (ACh) Kanäle ) Tetrodotoxin = TTX (spannungsgeregelte Na + kanäle ) Fast alle Ionenkanäle sind meistens geschlossen. Ihre Öffnung (ihr gating ) ist geregelt durch u m, die Membranspannung oder Liganden wie Neurotransmitter, Hormone, Phosphat, second mesenger oder u m und Liganden Dichte von Ioenenkanälen: ca 1/ µm 2 bis 20000/µm 2 (Ranvierscher Schnürring) Öffnen und Schließen von ist zwei Prozessen geregelt: Aktivierung (Öffnen der Pore als Ganzes, als Funktion der Spannung oder durch Bindung eines Liganden)
7 Inaktivierung (Schließen der Pore; als Funktion der Spannung, ball & chain Mechanismus) Spannungsgeregelte Na + kanäle aktivieren etwa bei u > 55 mv Einige Ca kanäle aktivieren etwa bei 7 u > 30 mv ( high voltage activated (HVA), z.b. Synapsen, Herz) u > 60 mv ( low voltage activated (LVA), z.b. viele Neurone) Einige Kanäle besitzen nur eine spannungsgeregeltevaktivierung, und keine Inaktivierung. Andere, wie z.b. spannungsgeregelte Na + kanäle, beides. In diesen Fällen ist die Aktivierung stets schneller als die Inaktivierung, das heißt: erst aktiviert ein Kanal (öffnet), dann wird er wieder geschlossen (wird er inaktiviert). Der Gesamtstrom durch einen Typ von Ionenkanälen, z.b. I Na, ist die Summe der Ströme durch die Einzelkanäle. Ligandengesteuete Kanäle: meistens 5 Untereinheiten. Zwei Liganden (z.b. Transmittermoleküle) müssen an die beiden α Untereinheiten binden, damit der Kanal aktiviert (geöffnet) wird. Drei wichtige Beispiele: Acetylcholin (ACh) Kanäle: Vorkommen: vor allem an motorischen Endplatten (Synapse zwischen Nervund Muskelfaser), aber auch sonst überall im ZNS. Permeabel unspezifisch für Kationen. Wirkung: exzitatorisch = erregend. GABA A Kanal: Vorkommen: überall im ZNS. Permeabel für Cl (80%) und Bicarbonat (20%). Wirkung: inhibitorisch = hemmend. Die GABA Wikung verstärken: Benzodiazepine, Barbiturate, Äthylalkohol. K(Ca) Kanal (Ca 2+ abhängiger Kaliumkanal, auch BK Kanal genannt): u.a. in Neuronen; wird durch Depolarisation und Anstieg von [Ca 2+ ] i geöffnet. Messung von Einzelkanalströmen und Strömen über Zellmembranen: patch clamp Technik Vier verschiedene Messkonfigurationen (stets mit GΩ Seal!):
8 On cell (cell attached) : Pipette auf Zellmembran aufgesetzt. inside out patch: Zytosolische Seite in Kontakt mit Badlösung outside out patch: Extrazelluläre Seite in Kontakt mit Badlösung whole cell: Elektrischer Zugang zu ganzer Zelle Spannungsklemme: Mit geeignetem Verstärker läßt sich im whole cell Modus die Membranspannung auf konstante Werte regeln ( klemmen ), bei denen dann die jeweils fließenden Ströme gemessen werden können. So können die spannungsabhängige Aktivierung und Inaktivierung gemessen werden. 8 Gap junctions: Pro Membran: 6 Untereinheiten = 6 Connexine = 1 Connexon. Zwei Connexone (Semikanäle, hemichannels) in sich gegenüberliegenden Zellen bilden die Pore ( junction ). Erlauben die Permeation von Ionen und kleinen Molekülen (bis etwa zur Größe von Aminosäuren) von einer Zelle in eine benachbarte. vermitteln elektrische Leitung: Nachbarzellen in etwa isopotential, z.b. in Gliazellen Leiten Erregung elektrisch von einer Zelle in die benachbarten Zellen: besonders wichtig in Myocyten der Herzvorhöfe Durchmesser modulierbar durch Spannung und/oder ph. Abgrenzung gegenüber tight junctions : tight junctions sind Zell zu Zell Verbindungen der extrazellulären Matrix. Sie dichten jeweils zwei größere Kompartimente gegeneinander ab, z.b. Darmlumen gegen Extrazellularraum basolateral der Enterozyten. Die Permeabilitäten von tight junctions für Ioenen variieren von Gewebe zu Gewebe.
9 Kapitel M4: Ionenverteilung, Donnanpotential, Nernstspannung, Zusammenspiel vieler Leitwerte, Goldmanngleichung Verteilung der Ionen (Na +, K +, Cl, Ca 2+, Mg 2+ ) über Plasmamembranen ist im Ungleichgewicht: 9 Extrazelluläre Konzentration [mm] Intrazelluläre Konzentration [mm] Na bis 15 K Ca bis 5 free: 10 4 Cl Große Anionen 110 Diese Ungleichverteilung beruht im wesentlichen auf folgenden vier Faktoren: 1. Donnan Effekt: Die nichtpermeablen große Anionen in der Zelle (vor allem Proteine) führen zu einer negativen Spannung, dem Donnanpotential. Dies beträgt etwa 15 mv. 2. Na + /K + ATPase: niedrige [Na + ] und hohe [K + ] in der Zelle. 3. Na + /Ca 2+ Antiport: niedrige [Ca 2+ ] in der Zelle. 4. Ca 2+ ATPase: niedrige [Ca 2+ ] in der Zelle. Ferner weisen die meisten Zellen eine basale Permeabilität für K + auf. Jeder der o.g. Ionenkonzentrationsverhältnisse entspricht einenernstspannung : u Nernst = R T z F ln c o c i = R T z F ln c i c o R: molare Gaskonstante, T: abs. Temperatur, z: Valenz, F: Faradaykonstante. Bei Raumtemperatur ist RT/F in etwa 25 mv. Als Beispiel eribt sich für K + Ionen:
10 10 u K = 25 mv ln [K ] 0 = 60 mv log [ K ] 0 = 60 mv log 4 [K ] i [ K ] i 155 = 91mV Interpretation der Nernstspannung an Zellmembranen: Annahme: In einer Zelle sei bei dem oben angegebenen, durch Transportprozesse aufgebauten, konstanten Konzentrationsverhältnissen nur eine Art von Kanälen offen, z.b. K Kanäle. Es gibt zwei Ursachen für Ionenströme J durch diese Kanäle: Fluß J diff aufgrund der Diffusion entlang dem Konzentrationsgefälle Fluß J el aufgrund des elektrisches Feld E über der Membran (E = u/d) Bei gegebenem Konzentrationsgefälle sind diese beiden Flüsse gleichgroß und entgegengerichtet: J diff = J el. Dies ist bei der Nernstspannung der Fall. Ist also u m = u K, oder (u m u K ) = 0, so fließt kein (Netto) K + Strom: I K = 0. Andernfalls ist I K = g K (u m u K ), ( g K : Leitwert der Membran für K + ) Für die drei anderen wichtigen Ioenensorten ergibt sich u Na = R T F [ Na ln = 65mV [ Na ] i ] o u Ca = R T 2 F ² [Ca ] ln o = 120 mv [Ca ² ] i u Cl = R T 1 F [Cl ] ln o = 92 mv [Cl ] i Ist nicht eine Sorte von Ionenkanälen offen, sondern mehrere, so ergeben sich die einzelnen Ströme durch diese Kanalsorten analog zu I K :
11 11 Der Gesamtstrom I Na = g Na u u Na, und I Cl = g Cl u u Cl. I tot = I K I Na I Cl = g K u m u K g Na u m u Na g Cl u m u Cl lädt die Kapazität C der Zellmembran bis zu einer gewissen Spannung u r um ( C u=i tot ), bis kein Strom mehr fließt I tot = 0. Dann ist g i u r u i = 0 oder g K u m u K g Na u m u Na g Cl u m u Cl = 0 und daher u r = g i u i g i Da g i = g tot, stellen die g i g i die relativen Leitwerte f i dar, und es ist u r = f i u i oder u m = f K u K f Na u Na f Ca u Ca f Cl u Cl f cat u cat Die Gleichgewichts oder Ruhespannung u r ist eine Linearkombination der Nernstspannungen, d.h.: die Nernstspannung derjenigen Ioenenart, für die die Membran am meisten permeabel ist, trägt am meisten zum Membranpotential bei. In der Physiologie wird das extrazelluläre Potential als o =0 vereinbart, so dass die Gleichgewichtsspannung stets den Wert des intrazellulären Potentials hat. Sie wird daher oft als Ruhepotential bezeichnet. Wird die Abhängigkeit der g's von den Konzentrationen berücksichtigt, ergibt sich die sog. Goldmanngleichung, die eine Verallgemeinerung der Nernstgleichung darstellt:
12 12 u m = R T F ln P [ K ] K 0 P Na [ Na ] 0 P Cl [Cl ] i... P K [K ] i P Na [ Na ] i P Cl [Cl ] o... Goldmann Gleichung Anwendung der Formel u r = f i u i auf verschiedene Fälle: A) Nervenzelle in Ruhe : u m = 0,9 u K 0,1 u Na = 0,9 90 mv 0,1 60 mv = 81 mv 6 mv = 75 mv B) Muskelzelle: u m = 0,8 u Cl 0,2 u K = 0,8 90mV 0,2 90 mv = 72 mv 18 mv = 90mV C) Unspez. Kationenleitfähigkeit: u m = 0,4 u K 0,6 u Na = 0,4 90 mv 0,6 60 mv = 36mV 36 mv = 0mV
13 Kapitel M5: Erregung von Zellen: ionotrope und metabotrope Rezeptoren. Inhibition, Elektrotonus. Signalverarbeitung an Zellmembranen: Modulation von u durch externe Einflüsse (z.b. Synaptischer input, Sinnesreize) Modulation ist entweder exzitatorisch (erregend): Aktivierung von unspezifischen Kationenkanälen (u Nernst = 0 mv) (nachr, NMDA, AMPA) Block von K + Kanälen (verringere f K ) (β Zellen, einige Geschmackssensoren) oder inhibitorisch (hemmend) Aktivierung von Cl Kanälen ( GABA A, gcl(ca) ) Aktivierung von K + Kanälen 13 Zwei prinzipiell verschiedene Arten der Leitwertmodulation: direkt via ligandengesteuerte Ionenkanäle (nachr, GABA A, NMDA, AMPA), schnell, u.u. viele Rezeptoren beteiligt indirekt via metabotrope Rezeptoren (meist 7 TM) Aktivierung eines Leitwerts erfolgt hier entweder über G Protein oder über second messenger oder über Phosphorylierung Inhibition besteht darin, dass exzitierende Effekte abgeschwächt werden. Vergleiche: A) Exzitatorischer Effekt von einströmenden Na + Ionen B) Exzitatorischer Effekt von einströmenden Na + Ionen
14 14 bei gleichzeitigem Einstrom von Cl Ionen (oder gleichzeitigem Ausstrom von K + Ionen) > effektiver Einstrom von nur Kationen > führt zu viel kleinerer Depolarisation u m ändert sich bei Inhibition meist in Richtung Hyperpolarisation, da f Cl oder f K negativer als u m ist. (Beachte aber: Die Aktivierung von GABA Kanälen bei u m = u Cl wäre auch eine Inhibition, obwohl sich u m dabei nicht verändern würde.) Elektrotonus = elektrotonische Signalausbreitung. Annahmen: Dendrit besitzt eine basale K + Leitfähigkeit (Leckleitfähigkeit), keine spannungsabhängigen Kanäle und (natürlich wie alle Fortsätze) eine Kapazität und einen gewissen intrazellulären Widerstand Erregung eines solchen Fortsatzes durch unspezifische Kationenkanäle, u cat 0 mv, depolarisiert das Segment, an dem die Erregung stattfindet. Aufteilung des Dendriten in viele kurze Segmente der Länge x. Der Einwärtsstrom I 1 von Kationen, z.b. durch ligandengesteuete Kanäle, auf eine Segment fließt z.t. durch Leckkanäle dieses Segmentes ab, zum anderen Teil als kapazitiver Strom auf seine Membran ( und depolarisert so > u! ) und zum verbleibenden Teil (I 1 ) in das folgende Segment Leckstrom und depolarisierender Strom sind dem Einstrom proportional, das heißt aber auch: die Stromabnahme I pro Segment der Länge x ist dem Einstrom in das Segment proportional: I x = const I. Die Exponentialfunktion erfüllt als einzige Funktion die Eigenschaft, dass ihre
15 Ableitung sich selbst proportional ist. Also ist I von der Form x / I = I o e 15 Die Konstante const als festzulegen hat den Vorteil, dass so angibt, nach welcher charakteristischen Länge x der Strom auf ein e tel, also auf I x= = I o /e abgefallen ist. heißt daher elektrotonische Längskonstante. Der depolarisierende Effekt u ist dem Strom in das jeweilige Segment proportional. Daher nimmt auch der depolarisierende Effekt u exponentiell mit der elektrotonische Längskonstanten ab. schwankt von Neuron zu Neuron, kann auch durch andere Effekte/Leitwerte noch moduliert werden. Größenordnung bei Neuronen: 0.1 bis 3 mm. Konsequenz: Elektrotonische Signalausbreitung funktioniert nur über relativ kurze Strecken. ( Sie ist dort aber sehr effizient und schnell. ) Kapitel M6: Aktionspotential (AP): Entstehung, beteiligte Leitwerte, AP: Refraktärzeiten, pos. Rückkopplung, Ca 2+ Wirkung auf Leitwerte (Tetanie, etc), versch. Formen von APs an Muskel und Herz, APs: modulierende Einflüsse, Kodierung der AP rate Im Gegensatz zu Dendriten gibt es am Soma von Neuronen und auf Axonen spannungsabhängige Na + und K + Kanäle. Die sequenzielle Aktivierung dieser Leitwerte führt zum charakteristischen Spannungsverlauf, der Aktionspotential (AP) genannt wird: Na + Kanäle: Beim Ruhemembranpotential (von ca. 75 mv) verschießt die Inaktivierung die Kanäle zwar nicht, die Kanäle sind aber nicht aktiviert (Pore
16 geschlossen). Bei Depolarisaiton auf u > 55 mv passieren zwei Prozesse: die Kanäle aktivieren (Poren öffnen) innerhalb von etwa 1 ms und wenig später (ca 1 ms später) inaktivieren die Kanäle (sie werden geschlossen). 16 K + Kanäle: sie sind in Ruhe schon etwas aktiviert, aktivieren aber mit zunehmender Spannung noch mehr: ihre Offenwahrscheinlichkeit nimmt mit zunehmender Depolarisaiton zu. Die Na + Kanäle öffnen also nur transient. Ist eine denritische, elektrotonisch fortgeleitete Erregung am Soma ankommend noch hinreichend groß,die Na + Kanäle zu aktivieren, so verstärkt der durch die Na + Kanäle strömende Strom die Depolarisation am Soma, was zur weiteren Öffnung von Na + Kanälen und weiterem Einstrom führt, was die Depolarisation weiter verstärkt, etc etc Mitkopplungsmechanismus (positive feedback) > Aufstrich des Aktionspotentials Nach kurzer Zeit (ca. 1 ms) inaktivieren die Na + Kanäle, was die Depolarisation zum Stehen bringt, und K + Kanäle aktivieren, was zur Repolarisation führt. AP Phasen: elektrotonische Depolarisation, Aufstrich, Überschuß, Repolarisation. Es schließen sich dann i.a. Nachpotentiale an, meistens hyperpolarisierend (u > u K ). Sie können von etwa 2 ms bis etwa 250 ms dauern und beruhen meist auf der anhaltenden Aktivierung von K + Kanälen. Ist der Mitkopplungsmechanismus der Na + Kanäle einmal angestoßen, so läuft immer ein AP ab: sogenannte Alles oder Nichts Regel. Diese schließt nicht aus, dass sich APs in verschiedenen und sogar in ein und demselben Neuron in Amplitude und Form deutlich voneinander unterscheiden können. Zellen, die einen Mitkopplungsmechanismus wie oben beschrieben zeigen und in der Lage sind APs zu generieren heißen erregbar.. Dazu gehören: Neurone, Muskelzellen, viele Drüsenzellen, u.a. auch die Insulin produzierenden β Zellen des Pankreas, einige Sinneszellen wie Geschmacks oder Geruchssinneszellen. Für besonders Interessierte ein Tip zur Computational Neuroscience :
17 17 Das Programm NEURON (download from ) ermöglicht die Modellierung von Neuronen und Aktionspotentialen und deren Entstehung. Das Programm ist auch im Vorlesungsbegleitenden Praktikum Neurophysiologie installiert. Die Benutzung ist relativ einfach (Demoprogramm: neurondemo ) und sehr zu empfehlen. Refraktärzeit: gewisses Zeitintervall nach einem AP. Man unterscheidet absoluter R.: Neuron ist nicht erregbar, weil die spannnungsabhängigen Na + Kanäle noch inaktiviert sind. Dauer: etwa 1 ms. relative R.: Neuron ist vermindert erregbar, d.h., es brauchr mehr Strom, um ein AP zu generieren, da noch Kanäle (meist Kaliumkanäle) offen sind, die einer Exzitation entgegenwirken. Dauer: in etwa von 2 ms bis zu 250 ms. Wirkung [Ca 2+ ] o auf die Aktivierung spannungsabhängiger Na + Kanäle: a) [Ca 2+ ] o erhöht: kommt pathologisch vor z.b. bei Hyperparathyroidismus: erhöht Konzentration des Parathormons und daher des [Ca 2+ ] o. Rechtsverschiebung der g(u) Kennlinie > stabilisiert die Membran, Neurone feuern seltener. Verminderter Muskeltonus. b) [Ca 2+ ] o vermindert: Tetanie. Hyperventilationssyndrom (z.b. bei starker Aufregung): Verstärktes Abatmen von CO 2 und daher (Henderson Hasselbalch Gleichung) ph Absenkung, Ca 2+ bindet an frei gewordene Protonenbindungsstellen und [Ca 2+ ] o sinkt daher. Faszikulationen/Muskelzucken, Pfötchenstellung, evtl. Bewußtseinsverlust. Ther.: Beruhigung. Verschiedener Verlauf von APs. Beispiel: korticale Neurone, Muskelzellen: quergestreifte, glatte und Herzmuskelzellen. Modulation des AP verlaufs durch weitere Leitfähigkeiten am Soma von Neuronen, z.b. kann g K(Ca) bis zu 250 ms dauernde hyperpolarisierende Nachpotentiale verursachen Transduktion: Übersetzung von neuronalem Input in Generator oder Rezeptorpotentiale. Kodierung: Übersetzung von neuronalem Input in resultierende Rate von APs. AP Rate (APs/Sekunde) steigt mit steigendem Input entweder linear oder unterproportional an.
18 Kapitel M7: Fortleitung von APs auf nichtmyelinisierten und myelinisierten Nervenfasern. Summenaktionspotential und seine Messung Wirkung von APs an Axonterminalen 18 AP Fortleitungauf unmyelinisierten Nerfenfasern : der Einstrom an einer Stelle fließt intraaxonal in das jeweils folgende Axonsegment, depolarisiert dieses und initiiert, sobald dort die Schwelle erreicht ist, auch hier ein AP. Die Fortleitungsgeschwindigkeit v ist beim Menschen auf unmyelinisierten Nerfenfasern gering (wie auch die Axondurchmesser d): Größenordnung: weniger als 1 m/s bis einige wenige m/s. Allgemeine Approximation: v = d. (Selbst bei Evertebraten, die z.t. sehr dicke unmyeliniserte Fasern besitzen: 20 m/s bei ca. 1 mm Durchmesser.) > Schnelle Reflexzeiten sind mit unmyelinisierten Fasern nicht möglich. Wichtig zum Verständnis: Der Einstrom an einer Stelle des Axon und die kapazitive Aufladung des Nachbarsegments finden gleichzeitig statt. Die endliche Forleitungsgeschwindigkeit resultiert einzig aus der Zeit, die zur Umladung des jeweils folgenden Segments bis zur Schwelle benötigt werden. > Eine Verschiebung des jeweils nächsten zu depolarisierenden Segments in eine weitere Entfernung führt also zu einer schnelleren Fortleitung! Dies ist bei der Fortleitung auf myelinisierten Axonen der Fall: g Na (fast) nur an Schnürringen (Ranvier Knoten) > APs entstehen also nur an Schnürringen. Die Depolarisation an Internodien (Länge: ca. 200 µm bis 2 mm) ist elektrotonisch. Die APs springen von Schnürring zu Schnürring: saltatorische Leitung. Fortleitungsgeschwindigkeit (beim Menschen) bis zu etwa 80 m/s (=288 km/h). Einteilungen der Nervenfasern nach Durchmesser und Geschwindigkeit: Erlanger/Gasser: Aα, Aβ, Aχ, Aδ, B und C sowie Loyd/Hunt: I, II, III, IV Räumliche Ausdehnung (Länge) eines AP:
19 Aus v = 80 m/s = 80 mm/ms = 8 cm/ms folgt: Während der Dauer seines Ablaufs läuft das AP um ca. 8 cm auf dem Axon weiter, d.h. es existiert über etwa 100 Schnürringen gleichzeitig, allerdings in seinen unterschiedlichen Phasen. 19 Nervensummenaktionspotential (SAP): Extrazelluläre Reizung und Messung an peripheren Nerven, d.h. an vielen Fasern gleichzeitig. Beide Messelektroden am Nerven > biphasisches SAP Nur eine Messelektrode am Nerven > monophasisches SAP Die verschiedenen Geschwindigkeiten der unterschiedichen Fasertypen führen nacheinander auftretenden Potentialen (zuerst Aα, etc, und zuletzt C). An Axonterminalen: Aktivierung spannnungsabhängiger Ca Kanäle initiert die syaptische Transmission.
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