tragfähig, aber nichttragend
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- Florian Arwed Koenig
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1 technik Copyright BruDErvErAg AlBErt BruDEr gmbh & Co. Kg NAChDruCK Nur Mit genehmigung DEs verlages tragfähig, aber nichttragend Bild: HHS PLANER + ARCHITEKTEN AG Die besonderen energetischen Merkmale des Aktiv-stadthauses sind End- und primärenergieüberschüsse. Bautechnisch stecken hinter dem hybridbau viel tragender Beton und gut durchdachte Außenwandelemente in holztafelbauweise. Hybridbau Mit dem Aktiv-Stadthaus wurde in Frankfurt am Main kürzlich ein Wohngebäude als Plusenergiehaus realisiert. Die tragende Struktur in dem hybriden Bau der Gebäudeklasse 5 besteht aus Stahlbeton. Bei den Außenwänden setzten die Planer auf Holztafelelemente. Eine sinnvolle Kombination zweier Montagevarianten machte eine W30-B-Ausführung der vorgehängten Elemente möglich. Wolfgang Schäfer BAUTAFEL Bauherr ABg Frankfurt holding, Frankfurt/Main Architektur hhs planer + Architekten Ag, Kassel Tragwerksplanung B+g ingenieure Bollinger und grohmann gmbh, Frankfurt Fassadenelemente gumpp & Maier gmbh, Binswangen 20 bauen mit holz
2 Die Außenwandelemente wurden zeitgleich zum Massivbau im Werk vorgefertigt. Ein Aufmaß des Betonbaus war nicht erforderlich. Der Bauplatz ist 160 m lang, aber nur etwa 9 m breit. Lange Zeit galt das Innenstadtgrundstück an der Frankfurter Speicherstraße als nicht bebaubar. Und dennoch ist der ehemalige Parkplatz mittlerweile bebaut. Insgesamt finden nun auf dem schmalen Streifen 74 Wohnungen mit rund m² Wohnfläche Platz. Aktiv-Stadthaus heißt das Gebäude, dessen besondere Merkmale nach Effizienzhaus- Plus-Bewertung End- und Primärenergieüberschüsse sind. Das achtgeschossige Gebäude der Gebäudeklasse 5 ist in Hybridbauweise Beim Aktiv-Stadthaus wurden Ideen des Vereins Aktivpuls e.v. umgesetzt. Ein Interview mit Vorstandsmitglied Hans Drexler zu den Zielen des Vereins lesen Sie ab Seite 54. errichtet. Sowohl die tragenden Innenwände als auch die Decken sind in Stahlbeton ausgeführt. Damit lassen sich Brand- und Schallschutzanforderungen gut erfüllen. Außerdem ist es eine geübte Bauweise im innerstädtischen Bereich, und die Bauämter können mit den mineralischen Kernstrukturen gut umgehen. Die Außenwände jedoch sind komplett in Holzbauweise hergestellt. Sie wurden als Holztafelwände konzipiert und kommen bei einem Wandaufbau nach KfW-40-Standard auf der Nordseite mit einer Wanddicke von 47 cm aus. Auf der Südfassade wurde zusätzlich eine Fassadenphotovoltaikanlage installiert. Daher beträgt dort die Wanddicke 55 cm. Statisch lassen sich vorgehängte Außenwandsysteme in Holztafelbauweise auf vier verschiedene Arten realisieren. Zum einen können die Außenwandtafeln an der Dachdecke befestigt und von dort nach unten abgehängt werden. Diese Vorgehensweise kann bei Bestandsbauten sinnvoll sein, wenn der Lastabtrag über die Außenwände oder die Zwischendecken nicht möglich ist. Eine andere Möglichkeit ist es, die Fassaden in die Außenwandöffnungen des Massivbaus einzustellen. Vorteilhaft ist dabei, dass die Außenwandelemente jeweils nichttragend sind. Damit sind die Brandschutzanforderungen ganz andere, als bei tragenden Wänden. Allerdings müssen die Wandelemente entsprechend kleiner hergestellt werden als die Wandöffnungen. Nur dann können sie zwängungsfrei montiert werden. Im Umkehrschluss entstehen auf diese Weise relativ lange Fugen zwischen den Holztafeln und den Betonbauteilen und das an jedem Element. Das luftdichte Schließen dieser Fugen kann sich im Bauverlauf als aufwendig darstellen. Fugen möglichst dicht schließen Bezogen auf den Fugenanteil ist es sinnvoller, die Wandelemente außerhalb der Betonstruktur anzuordnen und auf dem untersten Element aufzustellen. Dann sind die horizontalen Fugen unmittelbar nach der Montage dicht. Ein großer Nachteil ist
3 technik A Gut durchdacht ist der Verlauf der horizontalen Wandfugen. Nach der Montage können die Stöße mit wenig Aufwand von innen verklebt werden. Verlauf Elementstoß 6.OG 6.OG 5.OG 4.OG 3.OG 2.OG 5.OG 4.OG 3.OG 2.OG 1.OG A Verlauf Elementstoß jedoch, dass die unterste Elementreihe dann eine tragende Funktion übernimmt. Beim Totalverlust eines der untersten Elemente beispielsweise infolge eines Wohnungsbrands, würden die darüberstehenden Elemente ebenfalls versagen. In der Gebäudeklasse 5 fordert die Musterbauordnung aus diesem Grund für tragende Außenwände eine feuerbeständige F90- Ausführung. Daher kann die vierte Möglichkeit, nämlich das geschossweise Anhängen aller Elemente an die massive Tragstruktur von Vorteil sein. In diesem Fall tragen die Außenwandelemente nur sich selbst und sind bauordnungsrechtlich nicht als tragende Außenwände zu bewerten. Aber: Bei dieser Art der Tragkonzeption ergeben sich wie beim Einstellen der Elemente ebenfalls nennenswerte Fugenanteile. Beim Aktiv-Stadthaus in Frankfurt arbeiteten die Fachleute des ausführenden Holzbauunternehmens Gumpp & Maier mit einer sinnvollen Kombination der Varianten Aufstellen und Anhängen. Die untersten Elemente sind so bemessen, dass sie die darüberstehenden tragen können. Nach der kraftschlüssigen Montage des jeweils untersten Außenwandelements, konnten die weiteren Wandelemente jeweils oben aufgestellt werden. Im Zuge der Montage wurden alle Elemente derart mit Stahlwinkeln befestigt, dass sie alle für sich standsicher sind. Beim Totalausfall des untersten Elements hängen sich die darüberstehenden Elemente in die Winkel und stürzen nicht hinab. Damit sind die Außenwände beim Aktiv-Stadthaus insgesamt bauordnungsrechtlich als nichttragend anzusehen. Diese Art der Ausführung hat zur Folge, dass gemäß Anlage 1 der hessischen Bauordnung für die Außenwände nicht F90-A gefordert ist, sondern A oder W30-B. Und das erfüllen die Außenwandelemente mit Zellulosedämmung gemäß einer gutachterlichen Stellungnahme und brandschutztechnischer Prüfungen. 22 bauen mit holz
4 Copyright Bruderverag Albert Bruder GmbH & Co. KG Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages Nach und nach werden die Wandelemente eingehoben und übereinandergestellt. Nach der Montage sind alle Wände derart befestigt, dass sie beim Ausfall der untersten Wand nicht hinabstürzen. Ein besonderer Vorteil der Bauweise mit vorgefertigten Außenwandelementen ist der geringe Platzbedarf während der Montage. Großes Potenzial für den Holzbau Der Geschäftsführer der Gumpp & Maier GmbH Alexander Gumpp sieht in der Bauweise großes Potenzial für den Holzbau. Mit dieser Art der Hybridbauweise können wir einen Markt erschließen, der uns viele Quadratmeter Holzbau beschert, sagte er kürzlich im persönlichen Gespräch mit der Redaktion. Dabei sei es notwendig, vernünftige holzbaugerechte Typologien zu entwickeln. Durch die Ausführungsart in Frankfurt mit möglichst großen, dicht gestoßenen Elementen sei vor allem die Fugenproblematik gelöst. Geschickt gelöst haben die Holzbauer in Frankfurt die Fugenproblematik auch bei der Anordnung der horizontalen Fugen. Die Rähme der einzelnen Außenwandelemente liegen jeweils oberhalb der Betondecke. Dort werden sie von einem Winkel gehalten und tragen das darüberstehende Wandelement. Die innere Fuge liegt damit 13 cm oberhalb und nicht etwa unerreichbar in Höhe der Betondecke. Daher kann der Elementstoß der folienlosen Wandkonstruktion mit innerer OSB-Beplankung im Bauverlauf mit wenig Aufwand abgeklebt werden. Auf der Innenseite wurden im Bauverlauf alle Außenwandelemente mit einer Installationsebene versehen. Dadurch verschiebt sich die Wandinnenfläche um 9,5 cm vom Außenwandelement nach innen. Die Außenwandelemente sitzen aus montagetechnischen Gründen 2 cm vor den Betonaußenkanten. Somit ergibt sich ein Versatz zwischen Beton und Installationsebene von im Mittel 7,5 cm, was die Funktion als Brandschott sicherstellen soll. Die Installationsebene war keine Holzbauleistung. Sie wurde nach der Montage der Außenwandelemente von Trockenbauern montiert. Durch diese Vorgehensweise vereinfacht sich die Montage der Außenwände und die inneren GKF-Platten können problemlos schallentkoppelt und mit der geforderten Abschottung eingebaut werden. Trockenbauer seien auf solch großen Baustellen immer dabei. Dann könnten sie auch die Außenwandinnenflächen endfertigen, gibt sich Gumpp pragmatisch. Die Fugen zwischen den Betonbauteilen und den Holzbauelementen sind mit 2 cm groß genug, um sie mit einem Mineralwolledämmstoff brand- und schalldicht verschließen zu können. Außerdem lassen die Fugen Abweichungen zu, wie sie in Tabelle 2 der DIN 18202, Toleranzen im Hochbau geregelt sind. Laut Gumpp seien die Abweichungen im Beton auf der Baustelle in Frankfurt allerdings weitaus geringer gewesen, als die DIN sie regelt. Die Betonbauer könnten heutzutage sehr genau bauen, was ein weiteres Argument für die Hybridbauwese mit vorgehängten Außenwandelementen aus Holz sei. Hinzu kämen der schnelle Bauverlauf und der geringe Platzbedarf während der Montage. Und so blickt Alexander Gumpp auf ein, wie er sagt, schönes Projekt zurück, das Folgeaufträge nach sich ziehe
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