Die Erzeugung superschwerer Elemente. Zusammenfassung des Vortrags von Michael Weiss ( )
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- Mathilde Kaufer
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1 Die Erzeugung superschwerer Elemente Zusammenfassung des Vortrags von Michael Weiss ( ) 1. Einleitung Die Nuklidkarte In der Nuklidkarte sind alle stabilen Nuklide und die bekannten radioaktiven Nuklide nach der Zahl ihrer Neutronen und Protonen geordnet eingetragen. Durch Kernmodelle, welche in Abschnitt 3 angesprochen werden, wird der Bereich der theoretisch möglichen Nuklide (Bindungsenergie 0) eingegrenzt. Ziel ist es die Grenzen der Stabilität, besonders die Obergrenze der schwersten Elemente, experimentell zu bestimmen. Abbildung 1: Die Nuklidkarte und berechnete Grenzen der Stabilität. 2. Elementsynthese durch Neutroneneinfang Nach der Entdeckung der Radioaktivität durch Bequerel, der Bestandteile des Atoms und der radioaktiven Zerfallsprozesse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, waren die Grundlagen der Kernphysik geschaffen. E. Fermi entdeckte bereits 1932, dass Neutronen, aufgrund ihrer elektrischen Neutralität, ungehindert in den Atomkern eindringen und dabei einen Beta-Zerfall auslösen können. So entsteht ein neues Element mit nächst höherer Ordnungszahl. Der Vorschlag von Fermi, auf diese Weise Transurane zu erzeugen, wurde von verschiedenen Forschergruppen aufgegriffen. Es dauerte jedoch bis 1940 bis in Berkeley, USA die Synthese von Neptunium (Z=93) und im Jahr darauf die Synthese von Plutonium (Z=94) gelang. Der amerikanische Chemiker G. Seaborg, welcher die Arbeitsgruppe in Berkeley leitete, schlug eine Modifikation des Periodensystems von Mendelejew vor, indem er die Transurane einer neuen Übergansserie, den so genannten Actiniden zuordnete, welche den Lanthaniden chemisch ähnlich sind. Diese Modifikation brachte den Durchbruch beim chemischen Nachweis der neuen Elemente. Bis 1950 konnten in Berkeley die Transurane Americium, Curium, Berkelium und Californium (Z= 95 98) erzeugt und nachgewiesen werden. Die beiden folgenden Elemente des Periodensystems, Einsteinium (Z=99) und Fermium (Z=100) wurden nicht wie die
2 bisher entdeckten Transurane durch systematische Suche entdeckt, sondern fanden sich als Fallout einer experimentellen Wasserstoffbombenexplosion der USA Fermium ist zugleich das schwerste Element, welches sich durch den von Fermi vorgeschlagenen Neutronenbeschuss erzeugen lässt. Diese Beobachtung deckte sich mit dem Tröpfchenmodell des Atomkerns, nach dem es keine Elemente mit Z>100 geben dürfte. 3. Tröpfchenmodell und Schalenmodell des Atomkerns Das Tröpfchenmodell behandelt den Atomkern wie einen Tropfen inkompressibler Flüssigkeit. Dahinter steckt die Annahme, dass der Atomkern eine einheitliche Dichte besitzt, ähnlich einer inkompressiblen Flüssigkeit. Der modellhafte Flüssigkeitstropfen wird durch kurzreichweitige Kräfte mit Sättigungscharakter zusammengehalten. Die Bindungsenergie des Atomkerns setzt sich im Tröpfchenmodell aus fünf Komponenten zusammen. Diese Komponenten sind im Einzelnen: Die Volumen-Energie: Diese Energie wird frei wenn sich die Nukleonen zum Kern vereinigen. Sie ist proportional zur Zahl der gebundenen Teilchen, also der Massenzahl. Die Oberflächenenergie: Die Nukleonen an der Oberfläche des Kerns haben weniger Bindungspartner als die Nukleonen im Innern. Ihre Bindungsenergie ist also abgeschwächt. Die Oberflächenenergie ist proportional zur Kernoberfläche. Die Coulomb-Energie: Die Coulomb-Energie verursacht ein Abstoßen der Protonen im Kern und verringert die Bindungsenergie ebenfalls. Sie geht aus dem Coulomb Gesetz hervor. Die Asymmetrie-Energie: Die Erfahrung zeigt, dass Kerne mit einem Neutronenüberschuss oder Protonenüberschuss eine geringere Bindungsenergie aufweisen als symmetrische Kerne (Pauli-Prinzip). Die Abnahme der Bindungsenergie ist proportional zu N-Z. Paarungsenergie: Diese Energie kann mit Hilfe des Tröpfchenmodells nicht erklärt werden und muss als empirische Korrektur akzeptiert werden. Sie beruht auf der Tatsache, dass gepaarte Nukleonen derselben Sorte stets besonders hohe Bindungen aufweisen. A 2 Z 2 Z 3 B A Z a A a A a a 2 (, ) = ± 3 A A 2 B Paarung
3 Abbildung 2: Anteile der Bindungsenergieterme in Abhängigkeit von A. Das Schalenmodell des Atomkerns wurde 1949 von Goeppert-Mayer und Jensen in Analogie zum Schalenmodell der Atomhülle vorgeschlagen. Mit dem Modell können die magischen Zahlen mit Schalenabschlüssen im Atomkern erklärt werden. Das Schalenmodell basiert auf der Annahme, dass sich die Nukleonen frei in einem mittleren, kugelsymmetrischen Potential der anderen Nukleonen bewegen. Im Gegensatz zum Schalenmodell der Atomhülle handelt es sich hierbei nicht um ein Coulomb Potential. Im Gegensatz zur Atomhülle liefert die Spin-Bahn-Kopplung im Atomkern einen entscheidenden Beitrag zur Bindungsenergie. Die Spin-Bahn- Kopplung führt zu einer starken Energieaufspaltung. Durch das Schalenmodell lassen sich die bekannten magischen Zahlen erklären und weitere berechnen. So sagt das Schalenmodell weitere Schalenabschlüsse bei Z=114 und N=126 & 184 voraus und prognostiziert eine Insel der Stabilität um das Isotop , welches eine bleiähnliche Konfiguration besitzen soll. Ziel der Erzeugung superschwerer Elemente ist das Erreichen dieser Insel. Abbildung 3: Die Insel der Stabilität. Dargestellt in Form einer 3-dim Nuklidkarte.
4 4. Erzeugung der Elemente durch heiße Fusion Da sich mit der Methode des Neutroneneinfangs keine Elemente mit Ordnungszahlen jenseits von Z=100 erzeugen lassen, begann man in Berkeley damit, schwere Actinide mit Ionen zu beschießen um so Elemente mit Z>100 zu erzeugen. Die Versuche konnten aufgrund des Bedarfs an schweren Actiniden nur in den Kernwaffenstaaten durchgeführt werden und es entwickelte sich ein Konkurrenzkampf zwischen den Instituten der University of California in Berkeley und dem Vereinigten Institut für Kernforschung im russischen Dubna im Wettlauf um die Erzeugung superschwerer Elemente. Bis 1974 konnten in den beiden Laboratorien die Elemente von Z=101 bis Z=106 synthetisiert werden. 5. Sanfte Fusion Der Weg der GSI zu superschweren Elementen Statt schwere Actinide mit leichten Ionen zu beschießen, werden an der GSI natürlich vorkommende Elemente wie Blei oder Bismut mit relativ schweren Ionen wie Argon beschossen. Die Projektile und Targets werden möglichst mit magischen Zahlen für N und Z gewählt. Dabei ist die Anregung des neuen Verbundkerns um ein Vielfaches geringer als bei der in Berkeley und Dubna verwendeten Methode. Die überschüssige Anregungsenergie kann durch Abdampfen eines oder zweier Neutronen abgegeben werden und die Wahrscheinlichkeit für eine spontane Spaltung ist weitaus geringer. Aufgrund der geringen Aufheizung des Verbundkerns wurde dieses Verfahren bald sanfte Fusion genannt. Im Experiment verwenden die GSI Wissenschaftler den Schwerionenbeschleuniger UNILAC (Universal linear Accelerator), welcher hohe Ionenstrahlintensitäten, kontinuierlich einstellbare Energien und die Beschleunigung aller Ionen einschließlich Uran erlaubt. Mit dem Geschwindigkeitsfilter SHIP (Separator for Heavy Ion Reaction Products) wird die Trennung der wenigen Fusionsprodukte von der Flut der Projektile und Kernreaktionsprodukten mittels zweier Ablenkstufen verrichtet. Am Austritt von SHIP wird die Geschwindigkeit der verbliebenen Teilchen im Strahl nochmals vermessen bevor sie auf den Silizium Detektor treffen, der ihre Energie und den Auftreffort identifiziert. Der Siliziumdetektor registriert die Energie, den Auftreffort und die Zeit der Kerne und der nachfolgend emittierten Alpha-Teilchen mit sehr hoher Auflösung. Die hohe Ortsauflösung lässt eine exakte Zuordnung der Zerfallsprodukte zum Mutterkern zu; die hohe Energieauflösung erlaubt Ihre Identifikation durch Vergleich der Zerfallsenergien und Lebensdauern mit den Daten bereits bekannter Nuklide. Der Nachweis neuer Elemente erfolgt über Alpha-Zerfallsketten die in bekannte Zerfallsketten münden und so eine eindeutige Zuordnung ermöglichen.
5 Abbildung 4: Der Versuchsaufbau an der GSI. Geschwindigkeitsfilter SHIP & Detektor. Mit der Methode der kalten Fusion war es der GSI möglich, zunächst die Elemente und nach einer weiteren Verbesserung der Intensität des Projektilstrahls und des Auflösungsvermögens des Detektors die Elemente zu erzeugen und eindeutig nachzuweisen. Abbildung 5: Nachweis des Elements 112 durch eine Alpha-Zerfallskette 6. Wo liegen die Grenzen? Die Synthese der Elemente bis 112 hat gezeigt, dass der Erzeugungsquerschnitt mit der Zunahme der Ordnungszahl rapide kleiner wird. Eine ständige Verbesserung des experimentellen Aufbaus ist somit von Nöten. In Dubna und Berkeley wurden 1999 die Elemente 114, 116 und 118 erzeugt, jedoch noch nicht eindeutig nachgewiesen und von anderen Forschungsgruppen bestätigt. Als Problem stellt sich dabei der Nachweis der neuen Elemente heraus. Die neuen Elemente enden nach wenigen
6 Alpha-Zerfällen in Spontanspaltungen und können somit nicht eindeutig nachgewiesen werden. 7. Namensgebung der neuen Elemente Zwischen der Taufe eines neuen Elements und seiner Entdeckung vergehen oft viele Jahre. Dies liegt zum einen an Streitigkeiten über die Erstentdeckung, zum anderen daran, dass die Synthese vor der Namensvergabe von einem weiteren Labor reproduziert werden muss. Bei Streitigkeiten um die rechtmäßigen Entdecker versucht die so genannte Transfermium working group, welche sich aus Mitgliedern der International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC) und der International Union of Pure and Applied Physics zusammensetzt, zu schlichten. In der Regel schlägt der Entdecker einen Namen vor, welcher sich von seinem Land, Institut, seiner Stadt oder berühmten Vorgängern ableitet. Die IUPAC segnet den Namen schließlich offiziell ab. 8. Literaturverzeichnis ARMBRUSTER, P. & MÜNZENBERGER, G. (1988): Die schalenstabilisierten schwersten Elemente, Sonderdruck aus Spektrum der Wissenschaft 9/1988. ARMBRUSTER, P. (1996): Die Synthese überschwerer Elemente, in: Spektrum der Wissenschaft 12/1996; S ARMBRUSTER, P. & HESSBERGER, F.P. (1998): Making New Elements, in: Scientific American 9/1998, S HOFFMANN, S. & MÜNZENBERGER, G. (????): The discovery of the heaviest elements. Gesellschaft für Schwerionenforschung mbh Darmstadt. KOBBE, B. (1995): Grandseigneur der Schweren Elemente Interview mit Glenn Seaborg, in Bild der Wissenschaft 2/1995, S MAYER-KUCKUK, T. (1994): Kernphysik - Eine Einführung. Stuttgart. Müller, B. (1995):110 und 111: Elemente vom Fließband, in Bild der Wissenschaft 2/1995, S SIEGERT, G. (1995): Physikalische Weltrekorde Überschweres Platin und Gold aus der Darmstädter Elementenschmiede, in: Sonderdruck aus dem AGF Jahresheft SPEICHER, C. (1995): Insel der Sehnsucht, in Bild der Wissenschaft 2/1995, S TIPLER, P. (2003): Moderne Physik. München.
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