2 Methoden der Trauma-Biomechanik

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "2 Methoden der Trauma-Biomechanik"

Transkript

1 2 Methoden der Trauma-Biomechanik Die Arbeit in der Trauma-Biomechanik wird durch einige Randbedingungen eingeschränkt, die in dieser Form in anderen Bereichen der Ingenieurwissenschaften und der Life Sciences nicht oder nur zu einem geringen Teil vorhanden sind. Experimente an Menschen, bei denen verletzungsinduzierende Belastungen auftreten können, sind ausgeschlossen. Tierversuche sind nur sehr eingeschränkt anwendbar, da es schwierig bis unmöglich ist, Verletzungssituationen vom Tier auf den Menschen zu übertragen. Auch ist es fraglich, in welchem Grade Tiermodelle die Biomechanik des Menschen repräsentieren. Kosten und insbesondere ethische Überlegungen tragen weiter dazu bei, dass solche Experimente heute nur noch selten und nur unter speziellen Bedingungen durchgeführt werden. Dementsprechend sind die in der Trauma-Biomechanik zur Anwendung kommenden Methoden grösstenteils indirekt. Sie basieren hauptsächlich auf folgenden Komponenten: Statistik, Feldstudien, Datenbanken (2.1) mechanische Grundlagen der Biomechanik (2.2) Verletzungskriterien, Verletzungsindizes und Verletzungsrisiko (2.3) Unfallrekonstruktion (2.4) Experimentelle Untersuchungen (2.5) Standardisierte Testverfahren (2.6) Numerische Simulationen (2.7) 2.1 Statistik, Feldstudien, Datenbanken Die Epidemiologie ist in der Trauma-Biomechanik von grundlegender Bedeutung und stellt zudem den ältesten methodischen Ansatz dar. Die Ermittlung von Verletzungsrisiken und dazugehörigen Einflussfaktoren stützt sich grösstenteils auf epidemiologische Erkenntnisse ab. Viele K.-U. Schmitt et al., Trauma - Biomechanik, DOI / _2, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010

2 20 Methoden der Trauma-Biomechanik Präventionsstrategien wie auch technische und gesetzgeberische Ansätze zur Reduktion von Verletzungen leiten sich aus Resultaten epidemiologischer Studien ab. In welchem Ausmass solche Anstrengungen tatsächlich erfolgreich sind, kann nur auf Grundlage statistischer Beobachtungen, die sich oftmals über längere Zeiträume erstrecken müssen, beurteilt werden. Daher sind die detaillierte Erfassung und Auswertung von Unfällen bzw. Unfalldaten, vor allem im Hinblick auf Fragestellungen zur Minderung von Verletzungsfolgen und Prävention, unerlässliche Voraussetzungen für die Forschung. Die Erfassung, Klassifizierung und Interpretation von Unfalldaten wird in vielen Fällen durch die Stichprobengrösse eingeschränkt. Man sollte sich daher bewusst sein, dass die grössten Einschränkungen hinsichtlich Anwendbarkeit der Ergebnisse aus statistischen Untersuchungen bereits durch Entscheidungen beim Aufbau und Sammeln einer Datenbank gelegt werden. Im Unterschied zu einem kontrollierten Experiment im Labor, sind bei realen Unfallsituationen viele Parameter mit Unsicherheiten behaftet, die nicht kontrolliert werden können bzw. die grosse Abweichungen aufweisen. Zudem sind Aussagen von Betroffenen oder Zeugen oftmals unpräzise oder werden durch (versicherungs-) rechtliche Überlegungen beeinflusst. Des Weiteren können bei der statistischen Analyse von Auswirkungen bzw. der Effektivität neuer Sicherheitsmassnahmen auch Faktoren wie beispielsweise die Zusammensetzung der Fahrzeugflotte, Treibstoffpreise, Gesetzesänderungen, Regeländerungen im Sport oder Änderungen bei der Versicherung von Arbeitsunfällen eine erhebliche Rolle spielen. Zudem kann eine fundierte statistische Evaluation auch einfach daran scheitern, dass die Stichprobe zu klein ist, um repräsentative Aussagen machen zu können. Methodisch können zwei verschiedene Ansätze von Unfall- bzw. Verletzungsdatenbanken unterschieden werden: breit aufgestellte Datensammlungen, die sich durch eine grosse Anzahl von Fällen teilweise durch Einschluss aller Unfälle auszeichnen, und detailreiche, aber auf eine kleinere Stichprobe begrenzte Datenbanken. Allgemeine, breite Erhebungen werden beispielsweise durch die Polizei, andere staatliche Stellen oder Versicherungen durchgeführt. Diese enthalten in der Regel viele Fälle, zu denen jedoch jeweils nur eine begrenzte Anzahl an Parametern erfasst wird. Im Unterschied dazu werden z.b. durch spezialisierte Unfallforschungsteams für eine begrenzte Anzahl von Fällen eine grosse Anzahl von Parametern erfasst. Zu diesem Parametern können genaue Informationen vom Unfallort (sei es auf der Strasse, am Arbeitsplatz oder im Haushalt) ebenso gehören wie Angaben zu Fahrzeugen, Sportgeräten, Polizeiberichten, Zeugenaussagen,

3 Statistik, Feldstudien, Datenbanken 21 medizinischen Unterlagen, Wetterinformationen, etwaigen Videoaufnahmen oder Unfallrekonstruktionen. Ergänzend können numerische Simulationen durchgeführt werden, um mehr Aufschluss über die Belastungen zu erhalten und um diese mit etwaigen Verletzungen zu korrelieren. Eine solche detaillierte Erfassung von Daten ist natürlich entsprechend kostspielig, so dass schon dadurch die Anzahl der zu untersuchenden Fälle begrenzt wird. Daher ist die Repräsentativität der Stichprobe vor allem in solchen Datenbank-Ansätzen entscheidend. Versicherungsgesellschaften verfügen oftmals über grössere Datenbanken als staatliche Stellen, da Unfallschäden eher der Versicherung als der Polizei gemeldet werden. Dies gilt insbesondere für Selbstunfälle ohne Beteiligung Dritter anderer. Für Aussenstehende sind Versicherungsdatenbanken allerdings meist nicht zugänglich und zudem weisen sie je nach Versicherten einen entsprechenden Bias auf oder sind nicht detailliert genug. Beispielsweise quantifizieren Versicherungen Fahrzeugschäden oftmals im Sinne von Reparaturkosten und nicht im Sinne biomechanisch relevanter Kriterien wie der Verformungsenergie. Des Weiteren werden Daten für breite Datenbanken oftmals nicht von entsprechend spezialisiertem Personal erfasst, so dass hierdurch gravierende Fehler bzw. Fehlinterpretationen in die Datenbank eingehen können. Abweichungen können alleine schon dadurch entstehen, dass eine Vielzahl von Personen die Daten nicht einheitlich erfasst. Als Konsequenz der verschiedenen Arten von Datenbanken ergeben sich Schwierigkeiten, die Ergebnisse verschiedenen Auswertungen miteinander zu vergleichen. Selbst innerhalb eines bestimmten Typus von Datenbank (z.b. den Unfallstatistiken der Polizei), können grundlegende Definitionen, die Stichprobengrössen oder verschiedene Datenschutz-Bedingungen zu Problemen der Vergleichbarkeit verschiedener Datenbanken führen. Ob beispielsweise ein älterer Patient, der zwei Wochen nach einem schweren Unfall im Krankenhaus an einer Lungenentzündung stirbt, als Unfallopfer betrachtet wird oder nicht, kann mitunter einfach von der in diesem Krankenhaus üblichen Praxis der Datenerfassungen abhängen. In den meisten Industriestaaten gehören Unfälle aus Strassenverkehr, Arbeitplatz, Haushalt oder Sport in den Kompetenzbereich unterschiedlicher staatlicher Stellen, Stiftungen, privater Institutionen, Sportverbände, Versicherungen usw., die gegenseitig wenige Berührungspunkte haben. Die Praxis von Unfallmeldungen bzw. Untersuchungen von Unfällen sind entsprechend verschieden, wie sich auch die jeweiligen Ansätze zur Prävention unterscheiden. Dies ist auch bei Vergleichen zwischen verletzungsinduzierenden Situationen aus den unterschiedlichen Bereichen zu berücksichtigen. Einheitliche Statistiken,

4 22 Methoden der Trauma-Biomechanik die auf einheitlichen Kriterien beruhen, sind daher nur in kleinen Staaten wie z.b. der Schweiz vorhanden, da hier beispielsweise die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) für Unfalldaten aus verschiedenen Bereichen verantwortlich ist. Die grössten systematischen Datensammlungen und Statistiken zu Strassenverkehrsunfällen werden durch die US National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) zur Verfügung gestellt. Sie beinhalten allgemeine Informationen zu Fahrzeugen, Crashverhalten, Trends (National Automotive Sampling System, NASS) wie auch Daten zu Verkehrstoten (Fatal Accident Reporting System, FARS). Eine Übersicht dieser Datenbanken wird beispielsweise von Compton (2002) gegeben. Ähnliche, wenngleich mitunter weniger systematisch aufbereitete Daten werden von fast allen Staaten bereitgestellt. Daten zur Sicherheit am Arbeitsplatz finden sich in den Statistiken der US Occupational Safety & Health Administration (OSHA). In den meisten Industriestaaten werden Arbeitsunfälle durch öffentlich-rechtliche (Versicherungs-) Organisationen bearbeitet, die entsprechende Statistiken herausgeben. Hinsichtlich Unfällen und Verletzungen im Sport stellt sich die Situation etwas anders (unübersichtlicher) dar. Sport wird mit Ausnahme z.b. vom Schulsport üblicherweise auf freiwilliger Basis in der Freizeit betrieben. Daher kommen hier im Falle von Verletzungen meist verschiedene (Unfall-/Haftpflicht-/Kranken-) Versicherungen zum Tragen und auch die Aspekte der Produkthaftung (z.b. für Trampoline, Sprungbretter im Schwimmbad, Helme, Skibindungen) sind unterschiedlich geregelt. Allgemeine wie auch spezielle Statistiken, die das Unfallgeschehen über mehrere Jahren verfolgen und z.b. auf Trends hinweisen können fehlen grösstenteils. Teilweise liegt dies wohl daran, dass Sportverletzungen im Allgemeinen Bewusstsein erst in den letzten Jahren einen grösseren Stellenwert eingenommen haben. Das olympische Komitee verfügt seit 1990 über entsprechende Einrichtungen, die sich intensiver mit solchen Themen beschäftigen. Die Fédération Internationale de Football Association (FIFA) hingegen gibt keine systematischen Informationen zum Unfall-/Verletzungsgeschehen im Fussball heraus (es erscheinen jedoch immer wieder wissenschaftliche Publikationen, die einige Daten zu Teilgebieten erhalten), die Fédération Internationale de Ski (FIS) und das Oslo Sports Trauma Research Centre NSS gaben 2006 bekannt, dass sie für FIS-Disziplinen wie Alpinskifahren, Skilanglauf, Skisprung, nordische Kombination, Freestyle-Skifahren und Snowboard ein System zur Erfassung von Verletzungen (Injury Surveillance System) entwickeln wollen.

5 Statistik, Feldstudien, Datenbanken 23 Detaillierte Datenerhebungen ( in-depth studies ) werden von spezialisierten Teams durchführt und verfolgen in der Regel ein konkretes Ziel und/oder sind auf ein konkretes Gebiet, in dem Unfalldaten erhoben werden, beschränkt. Um eine gute Grundlage für (vergleichende) statistische Auswertungen darzustellen, sollten solche Erhebungen über einen längeren Zeitraum und nach einheitlichen Kriterien erfolgen. Die meisten in der Literatur beschriebenen Projekte dieser Art werden im Zusammenhang mit Strassenverkehrsunfällen durchgeführt. Ein Team der Medizinischen Hochschule Hannover erhebt beispielsweise schon seit Jahren im Rahmen des Projektes GIDAS (German In-Depth Accident Studies, sehr detailliert Daten zu allen Unfällen, die in der Region Hannover geschehen. Seit 1999 erfolgt zusätzliche eine Erhebung nach gleichem Muster im Gebiet Dresden. Da hier Daten systematisch, nach gleichem Protokoll und über eine lange Zeit erfasst werden, ist es beispielsweise möglich mit Hilfe dieser Datenbank den Einfluss von Änderungen im Fahrzeugdesign zu untersuchen. Ein anderes Beispiel ist die Datenbank zu Halswirbelsäulen-Beschwerden nach Verkehrsunfällen ( Schleudertrauma ) der AGU Zürich ( In dieser Datenbank werden schweizweit Fälle mit Beschwerden und nachfolgender Arbeitsunfähigkeit erfasst. Dank der Grösse der Stichprobe können mit Hilfe der Datenbank spezifische technische, medizinische und biomechanische Fragestellungen untersucht werden. Weitere umfangreiche Datenerhebungen werden von Fahrzeugherstellern durchgeführt, wobei sich die jeweiligen Teams üblicherweise auf Fahrzeuge der eigenen Produktion beschränken, um den Nutzen der Sicherheitssysteme zu überprüfen und um Verbesserungen bzw. neue Entwicklungen zu initiieren. Einiger dieser Datenbanken enthalten daher auch Fälle, in denen zwar Fahrzeugschäden, aber keine Verletzungen aufgetreten sind. Umfangreichen Datenbanken wie die oben genannten Beispiele sind wichtige Werkzeuge der Trauma-Biomechanik. Im Rahmen von statistischen Auswertungen gestatten sie es, verschiedene (Kontroll-) Gruppen zu bilden, was in anderen Datensammlungen nicht unbedingt möglich ist. Die erhebliche Relevanz der Unfall- und Verletzungsdatenbanken in Bezug auf die Auswahl, Umsetzung und Evaluation geeigneter Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit, lässt sich auch an verschiedenen Projekten zur internationalen Harmonisierung der Datenerhebung ablesen. Das europäische Projekt STAIRS (Standardisation of Accident and Injury Registration Systems, ) zielte beispielsweise darauf ab, die Erfassung von Unfalldaten zu vereinheitlichen, so dass (länderübergreifende) vergleichende Studien ermöglicht werden. Auch im

6 24 Methoden der Trauma-Biomechanik EU-Projekt SafetyNet wurde die Verknüpfung verschiedener europäischer Datenbanken im Zusammenhang mit Sicherheit im Strassenverkehr anvisiert ( Im Gegensatz dazu werden in den Bereichen Arbeit, Haushalt und Sport wenig vergleichbare Anstrengungen unternommen. 2.2 Grundlagen der Biomechanik Im Folgenden werden einige grundlegende Konzepte der Mechanik, die auch in der Trauma-Biomechanik wichtig sind, zusammengefasst. Grundsätzlich unterscheidet die Mechanik zwischen Starrkörper- und Kontinuumsmechanik. Beide Formulierungen sind bei Anwendungen, insbesondere auch in der Trauma-Biomechanik, mit entsprechenden Annahmen und Approximationen verbunden, deren Anwendbarkeit, Validität und Limitierungen jeweils berücksichtigt werden müssen. Das Ziel der mechanischen Formulierungen ist eine quantitative Beschreibung der Auswirkungen von Kräften auf die Bewegung und Verformung von Körpern. In der Trauma-Biomechanik bezieht sich dies in erster Linie auf lebende Organismen. Masse [kg], Zeit [s] und Länge [m] sind die unabhängigen fundamentalen Grundgrössen als deren Funktion alle anderen mechanischen Grössen dargestellt werden. Starrkörpermechanik: Grundgrössen sind die Masse m, die Zeit t, der Weg rt (), zusätzliche Grössen sind das Trägheitsmoment I und Rotationsgeschwindigkeit ω() t. Der Längenvektor rt () beschreibt die Position des Massemittelpunktes eines Starrkörpers als Funktion der Zeit. Weitere Grössen, die daraus abgeleitet werden, sind die Geschwindigkeit 2 d d des Schwerpunktes v() t = r() t und die Beschleunigung a() t = r() t. dt dt 2 Die Translationsbewegung eines Starrkörpers wird durch das zweite Newtonsche Axiom beschrieben: m a() t = F i () t (2.1) i wobei F i () t die Summe aller auf den Körper wirkenden Kräfte darstellt. Die räumliche Orientierung des Körpers ergibt sich aus dem Gleichgewicht der Momente, d I ω() t = Mi () t (2.2) dt i

7 Grundlagen der Biomechanik 25 d mit der Winkelbeschleunigung ω() t und der Summe aller auf den Körper dt wirkenden Momente M i () t. Wegen des Erstarrungsprinzips ( Stevin s principle of solidification ) können diese Gleichungen auch auf verformbare Körper angewendet werden, wobei in einem solchen Fall der Massemittelpunkt jedoch nicht konstant ist, sondern sich bei Formänderung des Körpers verschiebt. Variationsprinzipien, die aus der Newtonschen Mechanik hergeleitet werden können, führen zu Lagrange- oder Hamiltonschen Formulierungen, die je nach Problemstellung angewendet werden können. Kontinuumsmechanik: Grundgrössen sind Dichte ρ( r, t), Zeit t, Geschwindigkeitfeld v( r, t). Die Dichte ρ( r, t) wie auch das Geschwindigkeitsfeld v( r, t) beziehen sich auf einen definierten Punkt im Raum r (dieser Ansatz wird oftmals als Eulersche Beschreibung des Kontiuums bezeichnet). Die Bewegungsgleichung lautet ( ρv) + v, ( ρv) = k + σˆ, (2.3) t wobei k( r, t) das Kraftfeld beschreibt (z.b. die Schwerkraft), σˆ ( r, t) steht für den Spannungstensor der inneren Kräfte des Kontinuums (d.h. die Kräfte pro Fläche wie Normal- und Scherspannungen) und beinhaltet auch äussere Kontaktkräfte. ist der Nabla-Operator, in Klammer gesetzte vektorielle Grössen, die durch ein Komma getrennt sind, beschreiben ein Skalarprodukt. Das Momentengleichgewicht (Drehmoment) bedingt, dass der Spannungstensor σˆ symmetrisch ist. Unter Berücksichtigung des Massegleichgewichts ergibt sich folgende Kontinuitätsgleichung ρ +, ( ρv ) = 0 (2.4) t Gleichung (2.3) ist nicht-linear. Das Geschwindigkeitsfeld ergibt sich aus der Lösung des Gleichungssystems, wobei die mechanischen Eigenschaften des Kontinuums als Randbedingungen berücksichtigt werden müssen (siehe auch Bathe 2007). Für Festkörper ergibt sich das Geschwindigkeitsfeld aus den zeitabhängigen Verschiebungen der einzelnen Teile des Kontinuums. In der Literatur findet sich eine Vielzahl von Ansätzen wie diese Verschiebungen (bzw. die daraus resultierende Verformung des Kontinuums) mit den Spannungen verknüpft werden können. Für Flüssigkeiten kann der

8 26 Methoden der Trauma-Biomechanik Spannungstensor aus dem Geschwindigkeitsfeld und dessen Gradienten bestimmt werden. Während Starrkörpermodelle durch eine endliche Anzahl von Freiheitsgraden und den entsprechenden Differentialgleichungen beschrieben werden, überwiegen in der Kontinuumsmechanik partielle Differentialgleichungen und unendlich viele Freiheitsgrade. Zur numerischen Lösung dieser partiellen Differentialgleichungen sind spezielle Formulierungen und Randbedingungen notwendig beispielsweise eine räumliche Diskretisierung des Kontinuums in endlich viele Elemente wie bei der Finiten Elemente Methode (FE-Methode, FEM). Insbesondere die FEM wird in der Trauma-Biomechanik häufig angewendet (s. Kap. 2.7). Grundlegende Eigenschaften biologischen Gewebes: Die Spannungs- Dehnungs-Eigenschaften fester Gewebe sind üblicherweise nicht-linear, anisotrop und visko-elastisch. Die Nicht-Linearität ist hauptsächlich durch die in der Biomechanik beobachteten grossen Verformungen des Gewebes begründet, die Anisotropie ist durch den Faseranteil des Gewebes bedingt und die Visko-Elastizität kann durch die innere Reibung des Aufbaus von Fasern und extrazellulärer Matrix erklärt werden. Des Weiteren beeinflussen aktive Bestandteile (Muskelfasern) die mechanischen Eigenschaften. Vor allem in ex vivo Experimenten ist die Muskelaktivität zu bedenken (Muskelfasern können z.b. durch Barium-Verbindungen chemisch stimuliert werden). Genauso ist bei Experimenten mit einbalsamierten Leichen zu beachten, dass sich durch die Konservierung die mechanischen Eigenschaften verändern. Bei biologischen Flüssigkeiten kann die Berücksichtigung eines nicht-newtonschen Verhaltens wichtig sein (eine ausführliche Beschreibung der Eigenschaften biologischen Gewebes findet sich u.a. in Holzapfel und Ogden 2006). In der Biomechanik wird häufig zwischen hartem und weichem Gewebe unterschieden. Um diese Unterteilung etwas zu quantifizieren, müssen die Nicht-Linearität, Anisotropie und teilweise auch die aktiven (Muskel-) Eigenschaften mittels linearer Approximation vereinfacht werden. Unter einachsiger Belastung eines langen und dünnen Probekörpers kann ein stückweise linearer Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung in Form des Hookeschen Gesetzes angenommen werden, so dass ein lokaler Elastizitätsmodul E definiert werden kann. Für weiche Gewebe variiert E typischerweise zwischen einigen 10 und 10 5 kpa, wohingegen die Werte für harte Gewebe in der Grössenordnunen einiger GPa liegen. Während es unterschiedliche Arten von weichem Gewebe

9 Grundlagen der Biomechanik 27 (Weichteilen) gibt, kommen harte Gewebe hauptsächlich in Form kalzifizierten Gewebes, vor allem Knochen, vor. Hydoxidapatit-Kristalle [Ca 5 (PO 4 ) 3 OH], die in eine Kollagenmatrix einbettet sind, enthalten das Kalzium. Abgesehen von der Wichtigkeit für den Knochenaufbau und die mechanischen Eigenschaften von Knochen, ist ein physiologischer Kalzium-Haushalt für die Homöostase des menschlichen Körpers von erheblicher Bedeutung. In vielen physiologischen Prozessen wie der Muskelaktivität, der Übertragung von Signalen im Nervensystem oder bei der Koagulation des Blutes spielt Kalzium eine entscheidende Rolle. Kalzium ist mit Abstand das am häufigsten vorkommende Mineral im Knochen ( Kalzium-Reservoir ), andere wie beispielsweise Phosphor kommen in viel kleineren Konzentrationen vor. Daher werden die Begriffe Kalzifizierung und Mineralisierung oftmals als Synonyme verwendet. Dementsprechend konnte gezeigt werden, dass die Knochendichte (bone mineral density, BMD) im Zusammenhang mit Knochenfrakturen relevant ist [Beason et al., 2003]. Ein geringer Kalziumgehalt im Knochen, wie im Falle von Osteoporose, erhöht das Frakturrisiko und reduziert somit die Verletzungstoleranz. Aus biomechanischer Perspektive gehören vor allem Elastin, Kollagen und glatte Muskelfasern zu den essentiellen Bestandteilen von weichem Gewebe. Der Elastizitätsmodul (wiederum unter der vereinfachenden Annahme eines stückweise linearen Modulus unter uniaxialer Belastung) von Elastin (einem globular, stark dehnbaren Polypeptid) liegt im Bereich von kpa. Kollagen (eine steife dreifache Helix-Struktur) weist einen E-Modul von bis zu 10 5 kpa auf. Für glatte Muskelfasern wird, je nach Aktivierung, ein weiter Bereich von Festigkeitseigenschaften angegeben, der zwischen denjenigen von Elastin und Kollagen liegt. Die Anatomie derjenigen Organe, die aus weichem Gewebe bestehen, wird hauptsächlich durch deren physiologische Funktion bestimmt. Wegen der Vielzahl dieser physiologischen Aufgaben, variieren die Zusammensetzung wie auch das mechanische Verhalten unter Belastung der Weichteile erheblich. Die Eigenschaften von Knochen variieren hingegen weniger stark, obwohl es verschiedene Formen von Knochen gibt. Kortikaler Knochen findet sich im Schaft (Metaphyse) von langen Knochen und in der äusseren Schicht anderer Knochen. Trabekulärer Knochen tritt vor allem im Markkanal langer Knochen, insbesondere im Bereich nahe von Gelenken (Epiphyse), sowie in der Wirbelsäule und in Knochen, die nicht primär Belastungen übertragen (z.b. Schädel, Beckenkamm) auf. Da Verletzungen im Grunde genommen immer mit einer Verformung über die Belastungsgrenze hinaus verbunden sind, sind lineare Approximationen des mechanischen Verhaltens grundsätzlich fragwürdig

10 28 Methoden der Trauma-Biomechanik und sollten nur mit entsprechender Vorsicht verwendet werden. Tatsächlich kann nämlich vor einer irreversiblen, verletzungsinduzierenden Gewebeschädigung, ein in den meisten Fällen zerstörungsfreies, nichtlineares, visko-elastisches Verformungsverhalten beobachtet werden, welchem eine Phase der plastischen Verformung folgt. Diese Plastizität kommt in Weichteilen durch eine im Allgemeinen reversible An- bzw. Umordnung der Gewebefasern zustande. Im Fall von hartem Gewebe ist (noch) nicht ganz klar, durch welche Prozesse eine plastische Verformung zustande kommt; sie kann jedoch experimentell beobachtet werden (Abb. 2.1). Zudem wird vermutet, dass sich Spannungsspitzen im Knochen durch Abb. 2.1 Bildgestütze Untersuchung zum Knochenversagen an Proben aus der menschlichen Wirbelsäule (μ-ct Aufnahmen, Kantenlänge eines Querschnitts: 4 mm) Die obere Reihe zeigt eine Probe unter Druck, Kompression (strain) in Stufen von 4%. Die mittlere und untere Reihe zeigt typische Ausformungen trabekulären Knochens. Die Platten bzw. Balken können sich vor dem Versagen deutlich plastisch verformen. Da der kortikale Knochen grundsätzlich aus der gleichen Basis besteht (Hydroxyapatit-Kristalle in kollagener Matrix), ist auch dort bei Belastung von lokaler plastischer Verformung auszugehen [aus: R. Müller et al., Functional Microimaging at the Interface of Bone Mechanics and Biology, in: Holzapfel and Ogden, op. cit.].

11 Verletzungskriterien, Verletzungsindizes und Verletzungsrisiko 29 die Plastizität reduzieren lassen [Stitzel et al., 2003]. Die Altersabhängigkeit der Gewebeeigenschaften ist erheblich. Weiches Gewebe von Kindern ist sehr dehnbar, es wird erst mit zunehmendem Alter steifer. Dieser Effekt ist vor allem durch einen reduzierten Wasseranteil und eine zunehmende Anzahl von Verknüpfungen der Kollagenfasern zu erklären. Während der Wasseranteil am Körpergewicht bei Jugendlichen bis zu 70 % ausmacht, kann er sich im Alter auf ca. 50 % reduzieren. Je jünger ein Kind, desto biegsamer sind auch seine Knochen, da die Mineralisierung mit der Entwicklung fortschreitet. Daher ist auch die Erscheinungsform von Knochenbrüchen unterschiedlich, bei Erwachsenen findet man oftmals Frakturen, die mehr einem Bruch von sprödem Material ähneln. Allgemein werden in der Mechanik häufig zwei Versagenskriterien angewendet, wobei angenommen wird, dass Versagen auftritt, sobald ein Grenzwert einer beiden folgenden Parameter überschritten ist: absorbierte Energie (von Mises-Kriterium, wird in der Trauma- Biomechanik verwendet, z.b. in Bezug auf Thorax-Verletzungen) Schubspannung (Kriterium nach Tresca, in der Regel ohne Anwendung in der Trauma-Biomechanik). Zusätzlich kommen in der Trauma-Biomechanik folgende Grössen im Rahmen der Definition von Verletzungskriterien zur Anwendung: Beschleunigung (Anwendung z.b. bei Kopfverletzungen). Verformung (Anwendung z.b. bei Frakturen). 2.3 Verletzungskriterien, Verletzungsindizes und Verletzungsrisiko Verletzungskriterien sind ein wichtiges Mass, um die Schwere von Belastungen bzw. dem daraus resultierenden Verletzungsrisiko zu beurteilen. Definitionsgemäss verknüpft ein Verletzungskriterium messbare, physikalische Parameter (z.b. Beschleunigung, Kraft) mit dem erwarteten Risiko, dass eine bestimmte Körperregion eine bestimmte Verletzung erleidet (z.b. Fraktur, Kontusion). Verletzungskriterien werden im Allgemeinen aus experimentellen Studien in Kombination mit empirischen Untersuchungen hergeleitet. Da am lebenden Menschen keine Experimente mit verletzungsinduzierenden Belastungen durchgeführt werden können, ist eine Extrapolation der vorhandenen Daten notwendig, um ein Kriterium formulieren und validieren zu können. In Ergänzung zum Ausdruck Verletzungskriterium sind auch die

12 30 Methoden der Trauma-Biomechanik Ausdrücke Schadenskriterium und Schutzkriterium zu erwähnen. Während ein Verletzungskriterium darauf abzielt, eine Grösse in Bezug zur Verletzungstoleranz von lebenden Organismen zu setzen, beschreiben Schutzkriterien normalerweise den Zusammenhang bezogen auf totes Gewebe (auch post mortem test object PMTO genannt, z.b. eine Leiche) als Ersatz für lebendes. In beiden Fällen wird ein Grenzwert für eine Belastung (bestimmt aus physikalischen Parametern) definiert. Übersteigt die Belastung diesen Grenzwert, so kann für das untersuchte Gewebe mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Verletzung erwartet werden. Beim Schutzkriterium wird der Grenzwert aufgrund von Messungen mit anthropomorphischen Prüfkörpern (z.b. Crashtest-Dummys, s. Kap ), die den Menschen darstellen sollen, definiert. In diesem Fall wird der Zusammenhang zu Verletzungstoleranzen des Menschen meist über empirische Studien hergestellt. Dabei wird angenommen, dass ein gesunder Erwachsener mittleren Alters im Mittel keine der Verletzungen, auf die sich das Schutzkriterium bezieht, erleiden wird, sofern die Person einer Belastungssituation ausgesetzt ist, die derjenigen zur Definition des Schutzkriteriums vergleichbar ist. Das eigentliche Verletzungsrisiko kann dann mit Hilfe einer Risikofunktion ermittelt werden, die die Wahrscheinlichkeit, eine Verletzung zu erleiden, mit diesem Kriterium (d.h. den jeweiligen gemessenen mechanischen Grössen) verknüpft. Es ist jedoch anzumerken, dass die Unterscheidung zwischen Verletzungs-, Schaden- und Schutzkriterium nicht immer konsequent eingehalten wird. Hauptsächlich wird der Begriff Verletzungskriterium verwendet, mit dem dann verallgemeinernd ein Index bezeichnet wird, der eine Belastungsschwere quantitativ beschreibt. Schutzkriterien werden vor allem in internationalen standardisierten Testverfahren, meist in der Automobilindustrie (Crashtests), verwendet. Kapitel 2.6 beschäftigt sich ausführlich mit diesen Testverfahren. Verletzungskriterien für einzelne Körperregionen werden in den jeweiligen Abschnitten in Kapiteln 3 bis 8 diskutiert. Verletzungsindizes (bzw. Verletzungsskalen), wie sie beispielsweise für Verletzungen im Strassenverkehr entwickelt wurden, klassifizieren verschiedene Verletzungstypen basierend auf medizinschen Diagnosen. Der am häufigsten verwendete Index ist die Abbreviated Injury Scale (AIS), die 1971 von der Association for the Advancement of Automotive Medicine (AAAM) als System zur Klassifizierung der Verletzungsschwere entwickelt wurde. Die AIS (Tab. 2.1) bezieht sich auf Verletzungen aus Verkehrsunfällen. Dabei steht die Lebensbedrohlichkeit bzw. die Überlebenswahrscheinlichkeit im Mittelpunkt, d.h. jede Verletzung wird

13 Verletzungskriterien, Verletzungsindizes und Verletzungsrisiko 31 Tabelle 2.1 Die AIS Klassifikation. AIS Code Verletzung 0 unverletzt 1 gering 2 mässig 3 ernst 4 schwer 5 kritisch 6 maximal/ nicht behandelbar nach ihrer Lebensbedrohlichkeit klassifiziert. Die AIS ist anatomisch aufgebaut und ordnet pro Körperregion jeder möglichen Verletzung einen Code zwischen AIS0 und AIS6 zu. Je höher der Code desto lebensbedrohlicher die Verletzung; AIS0 steht für unverletzt und AIS6 für maximal verletzt, derzeit nicht behandelbar. Der AIS-Code stellt also einen einzelnen, zeitunabhängigen Code für jede Verletzung jeder Körperregion dar. Die Schwere der Verletzung wird dabei immer in Bezug auf den ganzen Körper bewertet, d.h. man geht davon aus, dass ein sonst gesunder Erwachsener nur diese Verletzung aufweist. Es wird hierbei jedoch nur die Lebensbedrohlichkeit der jeweiligen Verletzung bewertet, die Folgen, die diese Verletzung haben kann (z.b. schwierige Behandlung, Arbeitsunfähigkeit, lange Rehabilitation, hohe Gesundheitskosten) werden nicht berücksichtigt. Schwere bleibende Einschränkungen wie der Verlust des Augenlichtes oder mögliche lebensbedrohliche Komplikationen wie Infektionen werden im Code nicht berücksichtigt, wenn die zugrundeliegende Verletzung nicht lebensbedrohlich ist. Des Weiteren ist der AIS-Code nicht linear, d.h. der Unterschied zwischen AIS1 und AIS2 ist nicht vergleichbar mit demjenigen zwischen AIS5 und AIS6. Die Berechnung von durchschnittlichen AIS-Werten ist daher nicht sinnvoll (AIS 3.7 wäre z.b. vollkommen sinnlos). Um die Verletzungsschwere einer Person mit mehreren Verletzungen zu beschreiben, wird der MAIS (maximaler AIS- Code) benutzt. Der MAIS gibt den höchsten AIS-Code, den eine Person aufweist, an. Dies gilt auch, wenn die Person an verschiedenen

14 32 Methoden der Trauma-Biomechanik Körperregionen Verletzungen des gleichen AIS Codes erlitten hat. Weist beispielsweise ein Fahrzeuginsasse nach einer Kollision AIS2 Verletzungen am Kopf wie auch an den Beinen auf, so bleibt der MAIS nichtsdestotrotz MAIS2. Zur besseren Berücksichtigung multipler Verletzungen wurde der Injury Severity Score (ISS) eingeführt, der wie auch die AIS-Definitionen regelmässig aktualisiert wird [aktuelle Version siehe AAAM, 2005]. Der ISS-Code unterscheidet 6 Körperregionen: Kopf/Hals, Gesicht, Brust, Abdomen, Extremitäten einschliesslich Becken, Haut (d.h. Verbrennungn, Schnitte, Schürfungen, Prellungen auf der Körperoberfläche). Für jede dieser Regionen wird der höchste AIS-Code bestimmt, Der ISS-Code berechnet sich dann aus der Summe der Quadrate der AIS-Codes der drei am schwersten verletzten Körperregionen. Der kleinste ISS-Code beträgt 0 und der grösstmögliche 75 (zusammengesetzt aus drei AIS5 Verletzungen). Wird eine AIS6 Verletzung festgestellt, wird der ISS-Code automatisch auf 75 gesetzt. ISS-Werte grösser als 15 werden als schweres Trauma betrachtet. In der Literatur wird eine gute Korrelation des ISS-Codes mit Parametern wie der Sterblichkeit [z.b. Baker and O'Neill 1976] oder Langzeit-Einschränkungen [z.b. Campbell et al. 1994] beschrieben. Des Weiteren kommen Indizes zur Anwendung, die sich auf spezifische Verletzungen einzelner Körperregionen beschränken. Die Quebec Task Force [Spitzer et al. 1995] hat beispielsweise ein Schema zur Klassifizierung von Weichteilverletzungen der Halswirbelsäulen entwickelt (s. Kap. 4). Ein Schema zur Klassifizierung von Kopfverletzungen, das insbesondere in der Notfallmedizin verwendet wird, ist die Glasgow Coma Scale (GCS) [Teasdale und Jennett, 1974]. GCS kategorisiert den Bewusstseinsstatus eines Patienten einschliesslich einiger neurologischer Aspekte (z.b. Reflexe) und kann somit zum Einschluss/Ausschluss möglicher Verletzungsmechanismen beitragen. Die Einteilung reicht von GCS 3 (tiefes Koma) bis GCS15 (bei vollem Bewusstsein). Andere Klassifizierungen adressieren bleibende Beeinträchtigungen, Behinderungen und/oder soziale Folgen durch eine Bewertung der Langzeitfolgen einer Verletzung mittels Zuordnung eines ökonomischen Wertes. Ein Beispiel ist die Injury Cost Scale (ICS) [Zeidler et al. 1989]. Diese berücksichtigt die durchschnittlichen Kosten einer Verletzung einschliesslich der Kosten der medizinischen Behandlung und der Rehabilitation, einer etwaigen Behinderung sowie des Arbeitsausfalls. Weitere Klassifizierungen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind das Injury Priority Rating (IPR) [Carsten und Day 1988] und das HARM Konzept [Malliaris et al. 1985], das von der US Regierung verwendet wird. Eine der grössten Herausforderungen der Trauma-Biomechanik ist das

15 Verletzungskriterien, Verletzungsindizes und Verletzungsrisiko 33 Herstellen einer Verbindung zwischen der Verletzungsschwere und den mechanischen Belastungen, die zu dieser Verletzung geführt haben. Es gilt also eine Beziehung zu finden, die es ermöglicht einer bestimmten mechanischen Belastung (z.b. charakterisiert durch ein Verletzungskriterium) eine Wahrscheinlichkeit zuzuordnen, mit der die Belastung zu einer Verletzung führt. Solche Zusammenhänge sind elementar, da sonst Ergebnisse von Tests, wie Crashtests, nicht sinnvoll interpretiert werden können. Daher ist es notwendig, das biomechanische Verhalten durch gut instrumentierte Laborversuche mit verschiedenen, den Menschen approximierenden Modellen zu untersuchen und so Verletzungstoleranzen zu bestimmen, mit denen schliesslich entsprechende Risikofunktionen aufgestellt werden können. Risikofunktionen werden unter Verwendung grundlegender statistischer Methoden, wie der maximum likelihood method, Analysen der kumulativen Häufigkeitsverteilungen oder Weibull Verteilungen erstellt. In Kapitel 3 findet sich ein Beispiel einer Risikofunktion bezogen auf Kopfverletzungen. Auf ausführliche Erläuterungen der statistischen Methoden zur oftmals schwierigen Analyse von Unfall- bzw. Verletzungsdaten wird hier jedoch verzichtet, interessierte Leser seien auf spezialisierte Statistik-Fachbücher verwiesen. Es sei jedoch angemerkt, dass solche Ansätze, mittels statistischer Methoden aus experimentellen Daten allgemeingültige, die Wirklichkeit beschreibende Risikofunktionen herzuleiten, einigen Einschränkungen unterliegen können. Folgende Punkte sind zu beachten: oftmals ist nur eine kleine Anzahl an Experimenten durchgeführt worden, das biomechanische Verhalten zwischen den in Experimenten verwendeten Modellen (z.b. Leichen) und dem lebenden Menschen unterscheidet sich, zwischen Testpersonen und der realen Population können anthropomorphische Unterschiede auftreten (z.b. wenn Versuche nur an jungen, sportlichen Testpersonen durchgeführt werden), Daten können sehr grosse Streuungen aufweisen (z.b. wenn (leicht) unterschiedliche Versuchsbedingungen geherrscht haben oder die Experimente von verschiedenen Forschungsgruppen/Laboren durchgeführt wurden), es gibt in manchen Bereichen eine grosse Anzahl möglicher Verletzungsmechanismen, so dass die Zuordnung zu einzelnen davon sehr schwierig ist. Werden Unfallstatistiken statt experimenteller Daten verwendet, um Risikofunktionen zu erstellen, gelten grundsätzlich die gleichen

16 34 Methoden der Trauma-Biomechanik Einschränkungen. Nichtsdestotrotz konnten in einigen Jahrzehnten Trauma-Biomechanik-Forschung einige gut fundierte Korrelationen zwischen mechanischer Belastung und Verletzungswahrscheinlichkeit erarbeitet werden - zumindest für bestimmte Verletzungen bzw. Verletzungsmechanismen. Die Arbeit in diesem Bereich ist jedoch bei weitem noch nicht abgeschlossen und auch Anpassungen bereits verwendeter Kriterien sind bei Bekanntwerden neuer Erkenntnisse nicht unüblich. 2.4 Unfallrekonstruktion Die Rekonstruktion von Unfällen ist für die Trauma-Biomechanik unverzichtbar, da sich die Zusammenhänge zwischen mechanischer Belastung und Verletzung unter physiologischen Bedingungen nur im wirklichen Unfallgeschehen manifestieren. Ebenso werden Unfallrekonstruktionen häufig für forensische Zwecke, wie auch im Rahmen von Strafverfahren oder zivilrechtlichen Auseinandersetzungen durchgeführt. Die Rekonstruktion eines Unfall besteht aus einer mathematischen Analyse des betroffenen Ereignisses auf Grundlage der in Kapitel 2.2 beschriebenen klassischen Grundsätze der Mechanik. Im Gegensatz zu Labor-Versuchen geschehen Unfälle üblicherweise unter nichtkontrollierten, nicht-überwachten Bedingungen. In Abhängigkeit von Umfang, Qualität und Genauigkeit der vorhandenen Unterlagen hat der Unfallrekonstrukteur verschiedene Annahmen und Approximationen zu treffen. Ein Ski-Unfall während eines Skirennens wird möglicherweise durch Video-/Fernsehaufzeichnungen festgehalten, Unfallspuren eines Verkehrsunfalls werden durch die Polizei aufgenommen, doch ein Sturz von einer Leiter im Haushalt wird kaum dokumentiert sein. Zur Rekonstruktion sind alle verfügbaren Informationen wichtig. Wie in einem Puzzle müssen verschiedene Informationen kombiniert werden, um zu einer zuverlässigen und schlüssigen Abhandlung des Ereignisses zu gelangen; je nach Fall können hierzu ganz unterschiedliche Angaben notwendig sein, sei es die Sequenz einer Ampelschaltung in einer Fahrzeug-Fussgänger-Kollision oder die Materialeigenschaften eines Balls bei einem Sportunfall. Die Augenscheinnahme der Unfallstelle ist in diesem Zusammenhang unerlässlich. Erfahrungen aus zuvor durchgeführten Versuchen unter Laborbedingungen oder Ergebnisse gut

17 Unfallrekonstruktion 35 dokumentierter vergleichbarer Unfälle können zudem sehr hilfreich sein. Von höchster Wichtigkeit ist in der Regel die Zusammenarbeit mit dem medizinisch-forensischen Experten (z.b. einem Rechtsmediziner), da auch Verletzungsmuster oder andere medizinische Befunde Hinweise für die Unfallrekonstruktion geben können. Fehlende Dokumentation oder fehlende sichtbare Spuren können zu Problemen bei der Unfallrekonstruktion führen. Im Falle von Fahrzeugkollisionen können Unsicherheiten z.b. durch Anti-Blockier- Systeme auftreten, durch die keine Reifenabriebspuren auf der Strasse entstehen. Zudem wird die Rekonstruktion erschwert, wenn keine oder nur marginale Fahrzeugdeformationen entstanden sind. Um die Reparaturkosten zu reduzieren, sind viele neuere Fahrzeuge derart konstruiert, dass bei Kollisionen geringer Intensität praktisch keine Beschädigungen entstehen (oder zumindest von aussen nicht sichtbar sind und daher von Laien nicht erkannt werden). Ein fehlender Fahrzeugschaden ist kein eindeutiges Indiz dafür, dass gar keine Kollision stattgefunden hat bzw. dass die Energie, die übertragen wurde, grundsätzlich zu klein war, um irgendwelche Verletzungen zu verursachen. Der Fall ist dann genauer abzuklären. Im Zusammenhang mit der Approximation der Auswirkung einer Belastung durch Starrkörper (Gleichungen 2.1, 2.2), konnten empirische Untersuchungen und Laborexperimente zeigen, dass die Beschleunigung, die unter Belastung im Schwerpunkt eines Körperteils wirkt, ein wichtiger Parameter zur Beurteilung der Schwere dieser Belastung ist. In der Praxis wird das Beschleunigungsfeld at () oft im Vergleich zur Beschleunigung durch die Gravität g (1g = 9.81 m/s 2 ) betrachtet. Da man im Alltag immer der Gravität ausgesetzt ist, lässt sich aus dieser Alltagserfahrung leichter ein Bezug zur Beschleunigung herstellen. Die Beschleunigung jedoch, die ein Körper während eines Unfalls erfährt, ist zeitabhängig, so dass Grössen wie maximale Beschleunigung und mittlere Beschleunigung zusammen mit der jeweiligen Einwirkdauer (Zeitintervall, in dem die Beschleunigung auf den Körper wirkt) klar von einander getrennt werden sollten, um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen. Techniken der Rekonstruktion wurden vor allem für Strassenverkehrsunfälle entwickelt. Einige fahrzeugspezifische Parameter haben sich hinsichtlich der Beurteilung der Belastungssituation der Fahrzeuginsassen als nützlich erwiesen. Die Kollisionsgeschwindigkeit eines Fahrzeugs ist wahrscheinlich der am häufigsten in der Öffentlichkeit genannte Parameter. Bei der Unfallrekonstruktion ist die (Einlauf-) Geschwindigkeit kurz bevor beispielsweise ein Bremsvorgang begonnen wurde gelegentlich von

18 36 Methoden der Trauma-Biomechanik Bedeutung. Dies gilt in erster Linie für Vermeidbarkeitsbetrachtungen, bei denen untersucht wird, unter welchen Voraussetzungen (z.b. Geschwindigkeiten) das Ereignis hätte verhindert werden können oder wenn untersucht wird, ob eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten wurde. Die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung (delta-v) des betrachteten Fahrzeugs ist in den meisten Fällen, in denen die Auswirkungen auf die Insassen im Vordergrund stehen, geeignet, um die Kollisionsschwere zu beschreiben. Der delta-v Wert entspricht bei Kollisionen mit einem Anprall und ohne signifikante Rotation ungefähr dem Integral der translatorischen Fahrzeugbeschleunigung über die Kollisionsdauer. Bei komplexen Kollisionen (Überschlag, Abkommen von der Strasse usw.) kann die Charakterisierung mittels des delta-v Werts ungenau bzw. ungenügend sein. Der Parameter energy equivalent speed (EES) ist ein Mass für die Energie, die notwendig ist um ein Fahrzeug zu deformieren. Der EES- Wert ist im Wesentlichen eine theoretische Vergleichsgrösse. Er entspricht der Anprallgeschwindigkeit an eine starre Barriere, die nötig gewesen wäre, um die gleiche bleibende Verformung wie im realen Unfall zu erzeugen. Der EES-Wert wird in [km/h] angegeben und kann für viele Fahrzeugtypen sogenannten EES-Katalogen entnommen werden. Diese Kataloge werden auf Basis von Crashtests (gemäss einer definierten Testvorschrift) erstellt. Für einen konkreten Unfall schätzt man den EES-Wert dann durch Vergleich mit den Katalog-Daten ab. Ein weiterer Parameter zur Beschreibung der Anprallkonfiguration ist die Überdeckung. Sie gibt den Anteil an, um den sich das Fahrzeug und der Kollisionspartner (z.b. ein anderes Fahrzeug oder eine Barriere in einem Crashtest) überdecken. Die Überdeckung wird üblicherweise in Prozent der gesamten Fahrzeugbreite des interessierenden Fahrzeugs angegeben. Bei einer Frontalkollision mit 50 % Überdeckung linksseitig berührt somit die linke Hälfte der Fahrzeugfront den Kollisionspartner. Das aus der Mechanik bekannte Prinzip von elastischer und plastischer Verformung sowie die diese Anteile beschreibende Stosszahl k werden verwendet, um die elastische und plastische (d.h. permanente) Deformation von Fahrzeugstrukturen zu charakterisieren. Abbildung 2.2 zeigt ein Beispiel für die Abhängigkeit der Stosszahl von der Anprallgeschwindigkeit. Die Stosszahl hängt stark von der Konstruktion der Fahrzeugfront ab. Insbesondere das Design der Stossfänger und der darunter liegenden Pralldämpfer haben einen Einfluss. Die Vorgabe, dass bei Kollisionen im Bereich niedriger

19 Unfallrekonstruktion 37 Geschwindigkeiten kein oder nur sehr geringer Fahrzeugschaden entstehen darf, hat dazu geführt, dass die Stossfängerstrukturen steifer und elastischer wurden. Für neue Fahrzeuge müssen in diesem Niedriggeschwindigkeitsbereich höhere Stosszahlen angenommen werden. Es gibt zudem auch Konstruktionen, die ein Energie absorbierendes Design bzw. Material einsetzen, das sich nach Verformung langsam wieder erholt. Da diese Restitution nicht während der eigentlichen Kollision erfolgt, verformt sich das Fahrzeug eigentlich voll-plastisch, obwohl nach der Kollision möglicherweise keine Verformungen festzustellen sind. Heute werden die meisten Unfallrekonstruktion unter Verwendung spezialisierter Computerprogramme, die für diese Anwendungen validiert wurden, durchgeführt. Beispiele solcher Software, die hauptsächlich auf Implementation der Starrkörpermechanik (Gleichungen 2.1, 2.2) beruhen, sind Carat [IBB 2002], PC-Crash [DSD 2000] oder EDCRASH [EDC 2006]. Grundsätzlich können bei solchen Computerprogrammen zwei Methoden unterschieden werden: Vorwärts- und Rückwärtsrechnungen. Im ersten Fall wird die Kinematik vor der Kollision angenommen, d.h. die initialen Bewegungsrichtungen, Geschwindigkeiten usw. werden den Kollisionspartnern zugeordnet. Abb. 2.2 Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen Stosszahl und relativer Geschwindigkeit bei einem frontalen Anprall eines Pkw an eine starre Barriere [nach Appel et al. 2002]. Neuere Fahrzeuge zeigen im Bereich niedriger Geschwindigkeiten im Allgemeinen eine höhere Stosszahl als hier dargestellt.

20 38 Methoden der Trauma-Biomechanik Anschliessend werden die Kollision und die Endlagen der Kollisionspartner mittels Integration der Starrkörpergleichungen unter Berücksichtigung von Reifen- und Kollisionskräften berechnet. Abschliessend werden die tatsächlichen, am Unfallort vermessenen Fahrzeugpositionen und Spuren mit den Ergebnissen der Berechnung verglichen. In einem iterativen Prozess werden nun die Eingabeparameter so lange variiert bis in zufriedenstellendem Mass eine Übereinstimmung der Rechenergebnisse mit den Unfalldaten entsteht. Beim Rückwärtsrechnen startet man mit der Untersuchung der Endlagen der Kollisionspartner. Dann werden die (Auslauf-) Bewegungen nach der Kollision mit den vorhandenen Spuren (z.b. Abriebspuren der Reifen) abgeglichen, so dass man die Konstellation zum Zeitpunkt der Kollision bestimmen kann. Auch hierzu wird wieder eine Approximation durch Starrkörpergleichungen verwendet. Schliesslich werden die Eingangsparameter, die zur Konstellation der Kollision geführt haben, erhalten. Die Rekonstruktion des Unfalls kann anschliessend durch entsprechende Grafiken visualisiert werden. Wegen der grossen Massedifferenz zwischen Insasse und Fahrzeug, kann der Einfluss des Insassen sowie anderer nicht fest mit dem Fahrzeug verbundener Gegenstände durch Abschätzung berücksichtigt werden. Dies gilt nicht für Unfälle mit Motorrädern oder Fahrrädern. In solchen Fällen können die oben erwähnten Programme nur eingeschränkt verwendet werden und die Ergebnisse sind mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren. Die Phasen einer Kollision sind nicht nur bei Strassenverkehrsunfällen in der Regel mit einem Verformungsprozess verbunden, für den Approximationen auf Grundlage der Kontinuumsmechanik (Gleichungen 2.3, 2.4 sowie entsprechende Zusatzbedingungen) notwendig sind. Aus verschiedenen Gründen, die nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Produkthaftung stehen, sind Automobilhersteller mit der Veröffentlichung bzw. Offenlegung der von ihnen zur Untersuchung des Crash-Verhaltens ihrer Fahrzeuge verwendeten (Finite Elemente-) Modelle sehr zurückhaltend. Daher werden in den allgemeinen Rekonstruktionsprogrammen einige Vereinfachungen angenommen. Verbreitet ist Annahme einer segmentierten Steifigkeitsverteilung an der Fahrzeugfront und der Integration der Bewegungsgleichungen der involvierten Fahrzeuge über die Kollisionsdauer. Eine andere Möglichkeit, die häufig bei europäischen Rekonstruktionsprogrammen anzutreffen ist, ist die Annahme, dass die Kollisionsdauer unendlich kurz sei (verglichen mit den Bewegungen der Fahrzeuge vor und nach dem Crash), so dass nur die Übertragung der (translatorischen und rotatorischen) Impulse von einem zum anderen

21 Experimentelle Untersuchungen 39 Fahrzeug berechnet wird. Die bereits beschriebenen EES-Werte können in beiden Ansätzen als Kontrollwerte verwendet werden, um nicht nur das Momentengleichgewicht, sondern auch die Energieerhaltung zu berücksichtigen. Wurde die Fahrzeugbewegung rekonstruiert, kann die während der Kollision erfolgte Bewegung der Insassen oder etwaiger externer Kollisionspartner (Fussgänger, Zweiradfahrer) wiederum durch Starrkörpermodelle eingegrenzt werden. Zudem können Anhaltspunkte zur Belastung der Insassen bestimmt werden. Weitere Extrapolationen, insbesondere betreffend Verletzungen, erfordern jedoch einen Sachverstand, der über die klassische (mechanische) Unfallrekonstruktion hinaus geht. Dasselbe gilt für Arbeits-, Haushalts- oder Sportunfälle. Unter bestimmten Umständen und mit entsprechender Anpassung an den zu untersuchenden Sachverhalt können Modelle und Programme aus der Rekonstruktion von Verkehrsunfällen auch für andere Unfälle verwendet werden. Zum Zweck der Verletzungsanalyse kann die anschliessende Anwendung eines Finite Elemente Modells des Menschen hilfreich sein. Auch werden Unfälle manchmal durch ein genaues Nachstellen am tatsächlichen Unfallort oder im Labor und unter Verwendung gleicher Fahrzeuge, gleicher Sportausrüstung usw. rekonstruiert (bei Strassenverkehrsunfällen auch Nachfahrversuche genannt). Ein solches Vorgehen ist vor allem bei Nicht-Verkehrsunfällen wichtig und wird zudem im Rahmen von juristischen Auseinandersetzungen, in denen grosse Schadenersatzforderungen die nicht unerheblichen Kosten solcher Tests rechtfertigen, durchgeführt. 2.5 Experimentelle Untersuchungen Jede mechanische Eigenschaft, die sich auf das zeitabhängige Verhalten des menschlichen Körpers, eines Körperteils, eines Organs oder Gewebes unter dynamischer mechanischer Belastung bezieht, wird unter dem Begriff biomechanische Systemantwort bzw. biomechanisches Verhalten zusammengefasst. Die Kinematik des Kopf-Hals-Bereiches bei einem Kopfanprall im Fussball oder die Kraft-Verformungs-Charakteristik der Brust bei einer Frontalkollision im Strassenverkehr sind Beispiele für das biomechanische Verhalten des menschlichen Körpers. Abgesehen von mechanischen Veränderungen kann das biomechanische Verhalten ebenso zu physiologischen Veränderungen wie Nackenschmerzen, Lungenödemen oder Abweichungen im EKG führen.

22 40 Methoden der Trauma-Biomechanik Die fundierte Kenntnis des biomechanischen Verhaltens ist für die Entwicklung von Massnahmen zur Verletzungsprävention bzw. zur Verletzungsminimierung unerlässlich. Da Unfallsituationen per se hochdynamische Vorgänge sind, sind Experimente zur Untersuchung des biomechanischen Verhaltens im Allgemeinen ebenfalls unter vergleichbaren Belastungsbedingungen durchzuführen. Nichtsdestotrotz werden auch quasi-statische Versuche durchgeführt, da diese von der Durchführung und Instrumentierung her einfacher zu gestalten sind. Eine Extrapolation der Ergebnisse hin zu dynamischen Bedingungen muss jedoch möglich sein, um die Ergebnisse sinnvoll interpretieren zu können. Untersuchungen des biomechanischen Verhaltens des menschlichen Körpers sind nicht nur für ein Verständnis von Verletzungsmechanismen entscheidend, sondern werden auch für die Definition und Verifikation von Verletzungsgrenzwerten benötigt. Dabei spielt die biologische Variabilität eine wichtige Rolle. Insbesondere altersabhängige Veränderungen sind markant. Für eine zuverlässige Bestimmung einer Funktion des Verletzungsrisikos ist eine grosse Menge experimenteller Daten notwendig. Da biologisches Material für die Durchführung von Experimenten nur eingeschränkt zur Verfügung steht, sind insbesondere statistische Auswertungen wichtig. Zudem kann es auch sein, dass die Durchführung von Versuchen durch praktische Einschränkungen z.b. hinsichtlich der Möglichkeiten der Instrumentierung beschränkt wird. Insbesondere die Pionierarbeiten der Trauma-Biomechanik, die bis auf die 1940er Jahre zurückgehen, weisen aus heutiger Sicht einige Mängel hinsichtlich der Instrumentierung auf, die teilweise auf mangelndes Wissen und/oder eingeschränkte technische Möglichkeiten zurückzuführen sind. In den entsprechenden Kapiteln zum biomechanischen Verhalten der einzelnen Körperregionen werden die spezifischen Probleme näher erläutert. Zudem widmet sich Kapitel der Verwendung von mechanischen Menschmodellen (Dummys) im Rahmen von Crashtests, bei denen die mit den Dummys gewonnenen Messdaten im Hinblick auf biologische Plausibilität interpretiert werden müssen. Im Folgenden werden experimentelle Modelle zur Bestimmung des biomechanischen Verhaltens zusammengefasst. Dabei können fünf verschiedene Typen unterschieden werden: Freiwilligenversuche, Leichenversuche, Tierversuche, mechanische Menschmodelle, mathematische Modelle. Freiwilligenversuche sind verständlicherweise auf leichte Belastungen beschränkt, d.h. auf Bereiche, in denen man gewährleisten kann, dass keine Verletzungen auftreten. Die Schmerzgrenze wird oftmals als obere Grenze verwendet, bis zu der die Freiwilligen Belastungen ausgesetzt werden. Der

23 Experimentelle Untersuchungen 41 entscheidende Vorteil von Freiwilligenversuchen ist das Vorhandensein realer anatomischer und physiologischer Verhältnisse. Zudem kann der Einfluss des Muskeltonus untersucht werden, so dass beispielsweise ein Anspannen der Muskulatur vor einer Kollision berücksichtigt werden kann. Allerdings stellen die Freiwilligen in der Regel keine repräsentative Kohorte da, d.h. die Auswahl der Freiwilligen entspricht nicht der Population, die dem entsprechenden Verletzungsrisiko ausgesetzt ist. Insbesondere Frauen, Kinder und Ältere sind in den vorhandenen Daten aus Freiwilligenversuchen unterrepräsentiert. Schwierigkeiten bestehen zudem hinsichtlich der Instrumentierung, da Sensoren oftmals nicht an der interessierenden Stelle angebracht werden können (z.b. im Kopfschwerpunkt oder am ersten Brustwirbel). Selbst eine starre externe Positionierung der Sensoren am Körper ist wegen der Haut schwierig. Fortschritte in der Videotechnologie (z.b. High-speed Video) und entsprechende Software zur Auswertung haben jedoch erheblich zu einer Verbesserung der Ergebnisse von Freiwilligenversuchen beitragen. Auch konnte durch den Einsatz von Cineradiographie (Röntgen-Bildgebung) die Bewegung des Skeletts während einer Belastung dargestellt werden (z.b. zur Untersuchung der Bewegung der Halswirbelsäule, Ono und Kaneoka (1997)). Da die Anzahl der mit dieser Methode durchgeführten Versuche jedoch sehr klein ist, ist eine Übertragung der Ergebnisse auf andere als die getestete Personengruppe und auf höhere Belastungsschwere besonders schwierig. Leichen (oftmals auch als post mortem human subjects (PMHS) oder post mortem test objects (PMTO) bezeichnet) sind die zweite Art von Modellen, die verwendet werden, um das biomechanische Verhalten des Menschen unter Belastung zu untersuchen. Obwohl grosse anatomische Übereinstimmungen mit dem lebenden Menschen bestehen, sind einige Faktoren, die entsprechende Messergebnisse beeinflussen, zu beachten. Erstens ist das Alter der PMHS oftmals hoch. Altersentsprechende degenerative Veränderungen wohnen den für Versuche verfügbaren Leichen inne. Liegt beispielsweise Osteoporose vor, so werden Frakturen häufiger beobachtet. Zweitens wird das biomechanische Verhalten durch fehlenden Druck in Lunge und Blutgefässen, dem Fehlen eines Muskeltonus sowie Veränderungen durch die Präperationstechnik (d.h. Unterschiede zwischen konservierten oder frischen Leichen) erheblich beeinflusst. Frische Leichen haben sich als gute Modelle für das Entstehen von Frakturen, Gefässrupturen und Lazerationen erwiesen. Physiologisches Verhalten (z.b. Nackenschmerz oder EKG-Abweichungen) können hingegen nicht untersucht werden. Zur Untersuchung des Verhaltens einzelner Körperteile, z.b. des Beins (s. Kap. 7), werden entsprechend

24 42 Methoden der Trauma-Biomechanik einzelne Teile einer Leiche verwendet, wobei dann jedoch durch den Versuchsaufbau die Anbindung an den restlichen Körper in geeigneter Weise nachgebildet werden muss. Tiermodelle sind für die Trauma-Biomechanik des Menschen nur beschränkt anwendbar. Trotzdem stellen Versuche an anästhesierten Tieren die einzige Möglichkeit dar, physiologische Reaktionen auf schwere mechanische Belastungen zu untersuchen. Im Tierversuch können zudem die unterschiedlichen Reaktionen von lebendem und totem Gewebe verglichen werden und somit wichtige Erkenntnisse für die Interpretation von Leichenversuchen gewonnen werden. Wegen der Unterschiede in Anatomie und Physiologie sind die Möglichkeiten, die Resultate auf den lebenden Menschen und insbesondere auf Grenzwerte für Verletzungen zu übertragen, limitiert. Weitere in der Trauma-Biomechanik verwendete Modelle sind mechanische Menschmodelle, d.h. Crashtest-Dummys (auch anthropomorphic test devices (ATDs) genannt) sowie mathematische (Computer-) Modelle. Aufgrund ihrer Rolle in standardisierten (gesetzlichen) Prüfvorschriften zur Fahrzeugsicherheit kommt den Dummys eine besondere Bedeutung zu; die Dummys werden daher gesonderten in Kapitel besprochen. Die Ziele von Crashtests bestehen in der realistischen Simulation des Unfalls sowie in der Bestimmung der mechanischen Belastungen die ein Mensch möglicherweise in einem solchen Unfall erleiden kann. Viele Crashtest-Anlagen konzentrieren sich auf die Durchführung der Vielzahl gesetzlich vorgeschriebener Tests. In der Automobilindustrie werden zudem Versuche zur Bewertung und Auslegung von Rückhaltesystemen sowie zur Entwicklung neuer Massnahmen zur Reduktion der Anzahl und Schwere von Verletzungen durchgeführt. Kontrollierte Laborversuche werden ebenfalls zur Zertifizierung von Sporthelmen oder der Entwicklung von Skibindungen durchgeführt. Reale Unfallereignisse sind vielfältig. Daher werden nur ausgewählte Szenarien in Crashtests nachgestellt. Berücksichtigt man, dass die Ergebnisse solcher Crashtests wiederholbar und vergleichbar sein sollen, gleichzeitig aber die Kosten und der Zeitaufwand solcher Tests erheblich sind, wird verständlich, dass man sich meist auf einige standardisierte Tests mit exakt definierten Testprotokollen, vorgegebenen Auswerteprozeduren und Schutzkriterien beschränkt. In Kapitel 2.6 werden solche standardisierten Testverfahren ausführlich beschrieben. Im Automobil-Bereich werden drei verschiedene Kategorien von Crashtests unterschieden: Crashtests mit kompletten Fahrzeugen (Full-scale Tests genannt), Schlittenversuche und Komponententests (Abb. 2.3). Die

25 Experimentelle Untersuchungen 43 Abb. 2.3 Verschiedene Methoden von Crashtests. Von oben nach unten: Tests mit ganzen Fahrzeugen (auch Full-scale Tests genannt, z.b. Überschlag, Frontal-, Seitenanprall), Schlittenversuche, und Impaktor-Tests (verschiedene Anprallkörper wie sie z.b. bei der Prüfung der Fahrzeugfront zum Fussgängerschutz verwendet werden). Grundprinzipien bezüglich Prüfpraxis, Evaluation der Ergebnisse und Dokumentation werden ebenso im Test- und Zertifizierungswesen wie in anderen Fachbereichen angewendet, z.b. zur Bestimmung der Kraft sich

26 44 Methoden der Trauma-Biomechanik schliessender Aufzugtüren oder der Prüfung der Reissfestigkeit von Feuerwehr-Netzen. In Full-scale Tests prallt ein Fahrzeug gegen ein Hindernis oder ein anderes Fahrzeug oder es wird mittels beweglichem Stosskörper (z.b. dem in Seitenaufpralltests verwendeten Stosswagen) beaufschlagt. Crashtest- Dummys verkörpern Fahrzeuginsassen im zu untersuchenden Fahrzeug. Es werden die Kinematik sowie die mechanische Belastung der Dummys während dem Anprall gemessen. Solche Versuche haben den Vorteil, dass durch die Verwendung eines realen Fahrzeugs dessen Eigenschaften (z.b. die Verformungscharakteristik) korrekt berücksichtigt werden. Diese fahrzeugspezifischen Eigenschaften beeinflussen die Fahrzeugbeschleunigung und damit auch die Belastung der Insassen. Zusätzlich zu Aspekten der Fahrzeugsicherheit geben Full-scale Tests beispielsweise auch Auskunft über die nach einer Kollision zu erwartenden Reparaturkosten. Daher werden solche Tests auch von Versicherungen durchgeführt und die Ergebnisse bei der Festlegung der Versicherungsprämien berücksichtigt. Des Weiteren dienen Full-scale Tests auch nicht-biomechanischen Zielsetzungen, wie zum Beispiel der Prüfung der Integrität des Tanksystems. Während in Full-scale Tests das Zusammenwirken von Rückhaltesystemen und Deformationseigenschaften untersucht wird, werden Schlittenversuche primär zur isolierten Prüfung von Rückhaltesystemen oder Fahrzeugkomponenten (z.b. Sitzen) durchgeführt. Zu diesem Zweck werden Teile des Fahrzeugs bzw. die entsprechenden Komponenten auf einem Schlitten montiert. Der Schlitten wird anschliessend ohne wesentliche Beschädigung des Versuchsaufbaus kontrolliert beschleunigt bzw. abgebremst. Somit können der Schlitten und der Aufbau mehrfach verwendet werden, wodurch die Kosten für den Versuch deutlich reduziert werden. Nachteile des Testsverfahrens sind u.a. die Beschränkung auf eine unidirektionale Belastung des Schlittens sowie die Tatsache, dass der Beschleunigungspuls des Schlittens bzw. des durch den Schlitten dargestellten Fahrzeugs vorher angenommen oder bestimmt werden muss (z.b. in einem Full-scale Test oder durch Computersimulation). Komponententests stellen die dritte Kategorie von Testverfahren dar. Durch sie können einzelne Fahrzeugteile quasi-statisch wie auch dynamisch untersucht werden. In quasi-statischen Versuchen wird beispielsweise die Festigkeit der Angriffspunkte der Sicherheitsgurte an der Karosserie geprüft. Des Weiteren können durch die Verwendung von Prüfkörpern wie der free motion head form (FMH), die Nachgiebigkeit

27 Standardisierte Testverfahren 45 und die Energie absorbierenden Eigenschaften von Fahrzeuginnenraumstrukturen beurteilt werden. Die FMH ist ein Körper, dessen Grösse und Masse einem Kopf ähnlich sind und der mittels geeigneter Vorrichtung unter verschiedenen Winkeln auf die zu untersuchende Komponente geschossen wird. Fussgängersicherheit kann durch das Beaufschlagen einer Fahrzeugfront mit anderen Dummyteilen (z.b. Modellen des oberen/unteren Beins, Erwachsenen/Kinder-Kopfform) beurteilt werden. Dazu werden die Verformungseigenschaften der Fahrzeugfront ausgewertet. Komponententests bieten grundsätzlich den Vorteil, dass der Anprallpunkt, z.b. der Auftreffpunkt einer Kopfform auf der Motorhaube, millimetergenau festgelegt werden kann. Zudem sind die Tests kostengünstig. 2.6 Standardisierte Testverfahren Neue Fahrzeugmodelle müssen zahlreiche Anforderungen zum Insassenschutz erfüllen, um die Zulassung zum Markt zu erhalten. Diese Anforderungen und Prüfungen können sich regional erheblich unterscheiden. Die wichtigsten regionalen Prüfstandards sind dabei diejenigen der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union. In Europa werden die entsprechenden Vorschriften durch die UN Economic Commission for Europe (ECE) festgelegt. ECE R94 beschreibt beispielsweise die Testvorschrift zur Sicherheit bei Frontalkollisionen, während in ECE R95 Seitenkollisionstests definiert sind. Diese Bestimmungen sind in EC Direktiven verankert. Direktive 96/27/EC bezieht sich beispielsweise auf ECE R95 und 96/79/EC beinhaltet ECE R94. Der Einfachheit halber verwenden wir in den folgenden Kapiteln die veralteten, aber immer noch am häufigsten gebräuchlichen Bezeichnungen ECE Rxx. In den USA ist der Federal Motor Vehicle Safety Standards (FMVSS) Teil des Federal Register 49 CFR part 571. Da die meisten Automobilhersteller ihre Fahrzeuge weltweit verkaufen wollen, stellen die unterschiedlichen Anforderungen in den verschiedenen Regionen ein beträchtliches Problem dar. Die internationale Harmonisierung von Testvorschriften sowie die internationale Anerkennung von Versuchsergebnissen aus zertifizierten Testzentren bzw. Laboren sind daher wichtige Aspekte des Welthandels. Dementsprechend wurden zahlreiche bilaterale Handelsabkommen zwischen verschiedenen Ländern, Freihandelsinitiativen, sowie UN, US und EU Aktivitäten ( Cassis de Dijon -Prinzip) unternommen bzw. initiiert. Eine eigene Arbeitsgruppe der

28 46 Methoden der Trauma-Biomechanik UN/ECE (die Arbeitsgruppe UN/ECE/WP.29) wurde beauftragt harmonisierte Vorschriften, sogenannte GTR (Global Technical Regulations), zu entwickeln. Hinsichtlich dem Crashverhalten von Flugzeugen wurden durch die U.S. Federal Aviation Administration einige Crashtest-Vorschriften als Teil der FAR (Federal Aviation Regulations) verankert. Diese sind grösstenteils mit den entsprechenden Teilen der europäischen JAR (Joint Aviation Authorities of Europe) identisch. Zusätzlich sind technische Geräte, Apparaturen, Sportgeräte usw. einer Unzahl von Vorschriften, Richtlinien und Empfehlungen unterworfen, die durch Regierungsstellen, Hersteller, Versicherungen, Sportverbände und Verbraucherorganisationen aufgestellt wurden. Je nach Land finden sich sehr unterschiedliche Richtlinien und Anwendungen, so dass eine allgemeine Übersicht kaum erstellt werden kann. In Europa werden die meisten Sicherheitsanforderungen jedoch in Verbindung mit Produkthaftung geprüft und sind Bestandteil der Produktzertifizierung (CE Symbol). Wie aus Tabellen 2.2 und 2.3 ersichtlich, sind sich die ECE und die FMVSS Vorschriften sehr ähnlich und enthalten auch viele vergleichbare Anforderungen. Unterschiede bestehen hingegen in den vorgeschriebenen Dummy-Typen, den Testbedingungen und den Auswertungen der Tests (Abb. 2.4). Zudem werden in manchen Fällen verschiedene Grenzwerte für die Insassenbelastung angewendet. Die Erfüllung der ECE- und FMVSS- Richtlinien wird häufig auch von anderen Ländern vorgeschrieben, so dass diese Richtlinien als die weltweit bedeutendsten Sicherheitsvorschriften angesehen werden können. Für eine vollständige und aktuelle Beschreibung der Richtlinien wird empfohlen, die jeweiligen Internetseiten zu konsultieren, da sich die Richtlinien nach dem Druck dieses Buches geändert haben könnten. Tabellen 2.4 und 2.5 fassen die Vorschriften zum Insassenschutz gemäss ECE R94 und FMVSS 208 für Frontalkollisionen und gemäss ECE R95 und FMVSS 214 für seitliche Anpralle zusammen. Ausführlichere Informationen zu den in den Tabellen erwähnten Schutzkriterien finden sich für jede Körperregion in Kapiteln 3 bis 8. Es ist anzumerken, dass es weder ECE- noch die FMVSS-Vorschriften gibt, die sich auf Heckkollisionen bei niedrigen Geschwindigkeiten bzw. bei geringem deltav Wert beziehen, obwohl diese Kollisionen häufig vorkommen, häufig zu Beschwerden führen und daher eine erhebliche sozio-ökonomische Bedeutung haben. Um diese Lücke zu schliessen wurde durch die AGU Zürich in Zusammenarbeit mit der Autoliv GmbH Deutschland, dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und der Universität Graz eine neue Testvorschrift entwickelt [Muser et al. 1999].

29 Standardisierte Testverfahren 47 Tabelle 2.2 ECE Richtlinien (mehr Details unter KRS: Kinderrückhaltesystem. Richtlinie Kollisionstyp Anprallgeschwindigkeit Testkonditionen R94 frontal 56 km/h 40% Überdeckung, verformbare Barriere Kommentare 2 Hybrid III Dummys R12 frontal km/h starre Wand betrifft Verformung von Lenkrad/Lenksäule R33 frontal km/h starre Wand betrifft Stabilität der Fahrgastzelle R12 frontal 24 km/h Impaktortest Bestimmung der Kraft auf einen body block -Impaktor R95 seitlich 50 km/h bewegliche Barriere, 90 Winkel 1 EuroSID als Fahrer R heckwärts km/h bewegliche, starre Barriere (1100 kg Masse) Integrität des Tanksystems R42 geringe 2.5, 4 km/h Pendel nur Funktionsprüfung Kollision R44 KRS 50 km/h Schlittentest Verwendung verschiedener Dummys je nach KRS R16 Sitze - statisch Lehnenmoment, Deformation R17 Sitze - Schlittentest, 20 g R14 Sicherheits gurte Sitzverankerung am Fahrzeugboden, Kopfstützengeometrie - statisch z.b. Verformung

30 48 Methoden der Trauma-Biomechanik Tabelle 2.3 FMVSS Richtlinien (mehr Details unter K.-typ: Kollisionstyp, KRS: Kinderrückhaltesystem. Richtlinie K.-typ Anprallgeschwindig keit (letzte Version Phase 2) Testkonditionen frontal 25 mph 100% Überdeckung, 0-30 starre Barriere 35 mph 100% Überdeckung, 0 starre Barriere 25 mph 100% Überdeckung, 0 starre Barriere (max. 5 schräg) 35 mph 100% Überdeckung, 0 starre Barriere (max. 5 schräg) 25 mph 40% Überdeckung, 0 deformierbare Barriere - verschiedene Konfigurationen, Auslösen von Airbags frontal 30 mph 100% Überdeckung, starre Barriere frontal 30 mph 100% Überdeckung, starre Barriere Kommentare 2 nicht angegurtete Hybrid III Dummys (50% Mann) 2 angegurtete Hybrid III Dummys (50% Mann) 2 nicht angegurtete Hybrid III Dummys (5% Frau) 2 angegurtete Hybrid III Dummys (5% Frau) 2 angegurtete Hybrid III Dummys (5% Frau) verschiedene Dummys in OOP Situationen ( out of position ) Lenksäule, rückwärts Verschiebung betrifft die Befestigung der Frontscheibe

31 Standardisierte Testverfahren 49 Tabelle 2.3 Fortsetzung FMVSS Richtlinien. Richtlinie K.-typ Anprallgeschwindig keit Testkonditionen Kommentare frontal 15 mph Impaktortest Bestimmung der Kraft auf einen body block - Impaktor seitlich 33.5 mph bewegliche, deformierbare Barriere, schräger Anprall Heckkollision, frontal, seitlich 581 geringe Kollision 30 mph bewegliche, starre Barriere (Masse:1800 kg) 2.5 mph (rear), 5 mph (front) Pendel/Barriere 2 SID Dummys Integrität des Tanksystems nur Funktionsprüfung KRS 30 mph Schlitten Verwendung verschiedener Dummys je nach KRS Sitze - statische Tests z.b. Verformung Sicherheitsgurte - statische Tests z.b. Verformung

32 50 Methoden der Trauma-Biomechanik Abb. 2.4 ECE (links) und FMVSS (rechts) schreiben bei Seitenkollisionen verschiedene Testbedingungen vor. Tabelle 2.4 Grenzwerte für Frontalkollisionen. FMVSS 208 ECE R94 Dummys Hybrid III 50% Mann, 5% Frau 2 Hybrid III 50% Mann Kopf HIC 15 < 700 HPC < 1000 a3ms< 80 g HWS (Hals) Nij <= 1.0, {-4.17kN < Fz < 4.0kN} (Hybrid III 50% Mann) {-2.62 kn < Fz < 2.52 kn} (Hybrid III 5% Frau) Thorax a3ms <= 60 g, Verformung < = 63 mm (Hybrid III 50% Mann)/ Verformung <= 52 mm (Hybrid III 5% Frau) Mext<57 Nm Verformung < 50 mm VC < 1.0 Femur Axialkraft < 10 kn darf einen vorgegebenen Korridor nicht überschreiten Knie Verformung < 15 mm Tibia Axialkraft < 8 kn TI < =1.3

33 Standardisierte Testverfahren 51 Tabelle 2.5 Grenzwerte für Seitenkollisionen. FMVSS 214 ECE R95 Dummys ES-2, SIDIIs 1 EuroSID Kopf HIC 36 < 1000 (beide Dummy- HPC < 1000 Typen) Thorax A max < 82 g (beide Dummy- VC < 1.0 Typen) d max < 42 mm (ES-2) Abdomen F < 2.5 kn (ES-2) Innere Kraft < 2.5 kn Becken F < 5.1 kn (SIDIIs) / F < 6 kn (ES-2) Kraft Schambeinfuge < 6 kn Eine modifizierte Version dieser Vorschrift wurde im ISO Standard ISO/ TC22/SC10 verankert. Ergänzend zu den Crashtests, die durch Gesetzgeber vorgeschrieben werden, werden auch durch Verbraucherorganisationen Tests durchgeführt. Da die gesetzlich vorgeschriebenen Tests nur Mindestanforderungen an die Sicherheit von neuen Fahrzeugen stellen und da die Ergebnisse dieser gesetzlichen Tests nicht zwangsläufig veröffentlicht werden, möchten Verbraucherorganisationen durch eigene Tests die Fahrzeughersteller dazu anhalten, höhere Standards als nur die Mindestanforderungen zu erfüllen und die Testergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dadurch sollen die Verbraucher zuverlässige und vergleichbare Informationen zum Crashverhalten einzelner Fahrzeugmodelle erhalten. In Europa wurde die Insassenbelastung in solchen Konsumententests schon mittels Dummys bestimmt, lange vor diese auch Einzug in die gesetzlichen Richtlinien hielten. So wurde der Öffentlichkeit die Wichtigkeit der passiven Sicherheit veranschaulicht. Darüber hinaus zeichnen sich Verbrauchertests durch ein Bewertungssystem aus, durch welches die Verbraucher die Möglichkeit erhalten sollen, das Insassen- Schutzpotential verschiedener Fahrzeugtypen zu vergleichen. Solche Bewertungssysteme beinhalten oftmals Dummy-Symbole mit farblich gekennzeichneten Körperregionen von grün (d.h. geringe Belastung) bis rot und Stern-Symbole, wobei die Anzahl der erreichten Sterne mit der Anzahl der im Test erhaltenen Bewertungspunkte korreliert. Dabei können Bewertungspunkte jedoch nicht nur durch Crashtests, sondern auch durch zusätzliche Sicherheitselemente zur Prävention oder Fahrassistenzsysteme

34 52 Methoden der Trauma-Biomechanik Tabelle 2.6 Testbedingungen, die beim EuroNCAP [ angewendet werden. Anmerkung: der Anprall erfolgt immer auf der Fahrerseite, d.h. die nachfolgenden Abbildungen zeigen ein rechtsgelenktes Fahrzeug. Testbedingung 64 km/h, deformierbare Barriere, 40% Überdeckung zudem Schlittentests zwecks Analyse Knie-Anprall, falls notwendig 2 Hybrid III auf Fahrer- und Beifahrersitz, TNO P1/2 und P3 Dummy in KRS auf Rücksitzen 50 km/h, Stosswagen mit deformierbarer Front ES-2 auf Fahrersitz, TNO P1/2 and P3 Dummys in KRS auf Rücksitzen 29 km/h, Fahrzeug wird seitlich auf Pfahl geschoben ES-2 auf Fahrersitz Anprall Frontalkollision Seitenkollision Pfahlanprall (Kopfschutz) Heckkollision (HWS- Schutz Fussgängeranprall 3 Schlittentests mit Fahrersitz, leichter, mittlerer und starker Crashpuls BioRID auf Fahrersitz 40 km/h oder variable Impaktor-Geschwindigkeit, verschiedene Anpralle auf Frontstruktur Impaktoren für oberes Bein, Bein, Kopf eines Erwachsenen und eines Kindes

35 Standardisierte Testverfahren 53 erhalten werden (ein akustisches Warnsignal bei nicht-angegurteten Insassen oder ein elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) können beispielsweise die abschliessende Bewertung im EuroNCAP- Testprogramm positiv beeinflussen). Die wichtigsten Konsumententests sind heute die sogenannten New Car Assessment Programmes (NCAP). NCAP-Test werden in Europa (EuroNCAP), Australien, Japan und den USA durchgeführt. Die Versuchsbedingungen und die Auswertung bzw. die Rangsysteme unterscheiden sich jedoch zwischen verschiedenen NCAP-Tests. Tabelle 2.6 listet die Tests des EuroNCAP auf. Es sei darauf hingewiesen, dass in den USA und Australien, NCAP-Tests durch staatliche Stellen bereits durchgeführt wurden, lange bevor Organisationen wie der EuroNCAP mit dem Testen begonnen haben. Es sei zudem darauf hingewiesen, dass die Bewertungen und die Ranglisten der Verbrauchertests nicht zwangsläufig das biomechanisch relevante Crashverhalten eines Fahrzeugs in seiner Absolutheit widerspiegeln, sondern mehr im Sinne eines Vergleichs verschiedener Fahrzeuge, die unter gleichen Bedingungen getestet wurden, zu verstehen sind. Grenzwerte oder Rangsysteme werden üblicherweise derart gewählt, dass beispielsweise ein gewisser Prozentsatz der Fahrzeuge einer Testreihe als gut und ein anderer Teil als schlecht bewertet wird, selbst wenn rein hypothetisch alle Fahrzeuge dieser Testreihe aus biomechanischer Sicht alle unterkritische Ergebnisse aufwiesen Crashtest-Dummys Standardisierte Testverfahren verlangen die Verwendung klar vorgegebener und validierter Prüfkörper. Ein Crashtest-Dummy (auch anthropomorphische Testpuppe oder anthropomorphic test device (ATD) genannt) ist ein mechanisches Modell des menschlichen Körpers, das in Crashtests verwendet wird. Mit Hilfe solcher Dummys können auch mechanische Belastungen gemessen werden, die beim lebenden Menschen zu Verletzungen führen würden. Daher besteht der Dummy aus Stahl oder Aluminium (z.b. Skelett), Polymerwerkstoffen (Gelenkflächen, Haut) und Schaumstoffen (Fleisch) und ist mit verschiedenen Sensoren ausgestattet, mit denen Beschleunigungen, Kräfte und Verformungen gemessen werden können. Derzeit sind verschiedene Typen von Crashtest-Dummys verfügbar, die jeweils für bestimmte Belastungsszenarien bzw. Kollisionstypen entwickelt wurden. Im Automobilbau werden Dummys in Tests zur Homologation

36 54 Methoden der Trauma-Biomechanik (Zulassungsprüfung) neuer Fahrzeuge sowie in Tests zur Insassensicherheit eingesetzt. Auch in der Luftfahrt werden Dummys wenngleich in geringerem Ausmass zu ähnlichen Zwecken verwendet. Historisch gesehen wurden die ersten Dummys für die Aviatik entwickelt, um Fallschirme und Schleudersitze zu testen. Von Prüfkörpern im Allgemeinen und insbesondere von solchen, die in offiziellen Richtlinien verankert sind, wird erwartet, dass sie einige Voraussetzungen erfüllen: Anthropometrie und Biofidelität. Ein Dummy soll einerseits den Menschen bezüglich Körpergrösse, Masse, Masseverteilung, Trägheitsmomenten und (sitzender) Körperhaltung abbilden und andererseits unter Belastung ein dem Menschen ähnliches biomechanisches Verhalten aufweisen. Der 50-perzentile erwachsene Mann, dessen anthropomorphische Daten in den 1960er Jahren aus der US Population gewonnen wurden (Körpergrösse (stehend): 1.75 m, Gewicht: 78.2 kg), ist der in der Autoindustrie am häufigsten verwendete Dummy. Andere verfügbare Dummy-Typen sind die 5- perzentile Frau (1.51 m, 49.1 kg) und der 95-perzentile Mann (1.87 m, kg). Zudem sind Dummys vorhanden, die ein 3, 6 bzw. 10 Jahre altes Kind darstellen. Die Biofidelität wird auf Basis von Leichen- und Freiwilligenstudien beurteilt. Instrumentierung. Der Crashtest-Dummy muss die notwendige Sensitivität und Möglichkeiten aufweisen, um Parameter, die in Bezug auf Verletzungen oder Verletzungsmechanismen relevant sind, messen zu können. Wiederholbarkeit und Beständigkeit. Es ist zu berücksichtigen, dass ein Dummy auch in der Lage sein muss Belastungen zu ertragen bzw. Daten aufzunehmen, die oberhalb der bekannten Verletzungsgrenzwerten liegen, d.h. der Dummy soll durch den Versuch nicht (oder zumindest nur selten) beschädigt werden. Wiederholbarkeit (d.h. die Wiederholung eines Tests mit dem gleichen Dummy) und Reproduzierbarkeit (d.h. ein Vergleich von Messergebnissen, die unter den selben Testbedingungen, aber mit verschiedenen Dummys (vom gleichen Typ), gewonnen wurden) erfordern eine regelmässige Kalibrierung des Dummys. Zudem spielen praktische Aspekte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung eines Dummys. Einerseits sollen sie robust genug sein, um auch hohen Belastungen zu widerstehen, andererseits sollen sie leicht zu handhaben sein (bei einer Masse von bis zu 101kg!) und die Körper- bzw. Sitzposition soll leicht einzustellen sein. Derzeit sind über 20 verschiedene Dummytypen verfügbar, von denen jedoch nicht alle in gesetzlichen Richtlinien verankert sind.tabelle 2.7 gibt

37 Standardisierte Testverfahren 55 Tabelle 2.7 Verschiedene Dummys und ihre Anwendungsbereiche. Anwendung Frontalanprall Seitenanprall Heckanprall Fussgänger Kinder Sicherheitsgurt Impaktor Dummy (ATD) Hybrid III Familie, THOR EuroSID, EuroSID2, SID, SID-HIII, SID IIs, BioSID, WorldSID BioRID, RID2 POLAR P0, P3/4, P3, P6, P10, Q-dummies, CRABI TNO-10 Kopfform, Hüft-/Bein-Impaktoren für Fussgänger- Anprall Abb %ile Hybrid III Dummy [Denton ATD Inc.]. einen Überblick über die vorhandenen ATDs. Die Familie der Hybrid III Dummys besteht aus einem 3-, 6- und 10-Jährigen, einer kleinen Frau (5-perzentil), einem mittelgrossen Mann (50-perzentil) und einem grossen Mann (95-perzentil). Diese Dummys wurden alle für Tests von Frontalkollisionen entwickelt. Der Hybrid III Dummy des 50- perzentilen Mannes (Abb. 2.5) wird am häufigsten für die Evaluation von Fahrzeug-Rückhaltesystemen bei Frontalkollisionen verwendet. Der Dummy ist im US Federal Motor Vehicle Safety Standards (FMVSS) sowie in den europäischen Direktiven verankert. Der Schädel und die Schädelkappe des Hybrid III 50-perzentil Dummys besteht aus Aluminiumgussteilen, die mit einer abnehmbaren Vinyl-Haut überzogen sind. Der Hals wird durch eine segmentierte Gummi- und Aluminium-Konstruktion mit

38 56 Methoden der Trauma-Biomechanik zentral geführtem Kabel dargestellt. Er kann so die Rotation bzw. das dynamische Flexions-/Extensionsmoment des menschlichen Halses unter grossser Belastung akurat abbilden. Der Brustkorb wird durch sechs hochfeste Stahlrippen geformt. Diese sind mit Dämpfungselementen aus Polymerwerkstoffen ausgestattet, um die Kraft-Verformungs-Eigenschaft der menschlichen Brustkorbs zu simulieren. Jede Rippen-Einheit stellt dabei in einem Bauteil mehrere anatomisch rechtsseitig und linksseitig liegende Rippen dar. Die Rippen- Einheiten sind im Bereich des Brustbeins geöffnet, im hinteren Teil sind sie mit der Brustwirbelsäule verbunden. Ein Brustbein, das Platz für ein Potentiometer zur Messung der Brusteindrückung bietet, wird mit der Vorderseite der Rippen verbunden. Der Winkel zwischen Hals und oberem Torso ergibt sich aus der Konstruktion des entsprechenden Lagers, in das ein sechs-achsiger Transducer (die sogenannte lower neck loadcell ) integriert werden kann. Ein zweiteiliges Schlüsselbein aus Aluminium weist ein integriertes Guss-Schulterblatt auf, welches hinsichtlich der Führung und Interaktion mit dem Schulterteil des Sicherheitsgurtes wichtig ist. Ein gebogener Gummi-Zylinder repräsentiert die gekrümmte Lendenwirbelsäule eines Sitzenden und stellt die Verbindung zum Becken dar. Hier kann eine axiale Kraftmessdose eingebaut werden. Das Becken besteht aus einem Aluminiumguss, der mit einem Schaumstoff und einer Haut aus Vinyl überzogen wurde. Der Oberschenkel schliesst über ein Kugelgelenk an das Becken an. Mittels entsprechender Anschläge wird die Charakteristik des Moments/der Drehung des Oberschenkels relativ zur Hüfte nachgebildet. Oberschenkel, Schienbein und Knöchel können geeignet instrumentiert werden, um das Risiko von Knochenbrüchen zu beurteilen. Das Knie hingegen wurde gestaltet, um Verletzungen der Bänder (Ligamente) zwischen Oberschenkel und Schienbein untersuchen zu können. Fuss und Knöchel des Dummys können Druck auf die Ferse übertragen und den Bewegungsumfang des Knöchels darstellen. Vor einigen Jahren wurde ein weiterer Dummy für Frontalkollisionen entwickelt. Er wird THOR (Test device for Human Abb. 2.6 THOR Dummy [Gesac Inc.].

39 Standardisierte Testverfahren 57 Occupant Restraint) (Abb. 2.6) genannt und basiert ebenfalls auf der Anthropometrie des 50-perzentilen Mannes. Im Vergleich zum Design des Hybrid III wurden alle Bauteile mit Ausnahme der Arme überarbeitet bzw. verbessert; die Arme sind mit denjenigen des Hybrid III identisch. Das Gesicht des THOR ist beispielsweise mit einachsigen Kraftsensoren ausgestattet, um die Wahrscheinlichkeit von Frakturen des Gesichtsschädels beurteilen zu können. Des Weiteren wurden die Biofidelität und die Geometrie des Brustkorbs durch Verwendung von elliptischen Rippen verbessert. Zudem wurde die Instrumentierung dahingehend verbessert, dass nun an vier Messpunkten die dreidimensionale dynamische Kompression des Brustkorbs bestimmt werden kann. Ein neues Abdomen wurde entwickelt, um die Eindringung des Beckengurtes sowie eine etwaige Kompression des oberen Abdomens durch einen Airbag messen zu können. Durch Veränderungen der Hüfte und der Beine wurden weitere Möglichkeiten zum Einbau von Mess-Sensoren geschaffen. Zusätzlich wurde das Sprunggelenk in einer dem Menschen ähnlicheren Weise gestaltet. Der erste Dummy für Seitenkollisionen (side impact dummy, SID) wurde in den späten 1970er Jahren an der University of Michigan entwickelt. Der SID basiert auf dem Vorgänger des Hybrid III (dem Hybrid II). Der Thorax wurde überarbeitet, auf Arme und Schultern wurde beim SID verzichtet. Der SID entspricht ebenfalls dem 50-perzentilen Mann und wird in den gesetzlich vorgeschriebenen Seitenaufpralltests (FMVSS 214) in den USA eingesetzt. Die Bestimmungen des Verletzungsrisikos von Kopf, Brust und Hüften stehen beim SID im Vordergrund. Um die Biofidelität des Hals- Kopf-Übergangs zu verbessern, steht ein SID, der mit dem Kopf und dem Hals des Hybrid III ausgerüstet ist, zur Verfügung (SID-HIII genannt). Dieser kommt in Versuchen zur Überprüfung von Seitenanprall- Kopfairbags zum Einsatz. Seit dem Jahr 2000 ist ferner ein SID II, d.h. ein Seitenkollisions-Dummy, der eine 5-perzentile Frau repräsentiert, erhältlich. Die europäische Seitenaufprall-Richtlinie (ECE R95) schreibt die Verwendung des Euro-SID1 Dummys, des europäischen Seitenaufprall- Dummys, vor. Auch in australischen und japanischen Vorschriften ist der Euro-SID1verankert. Eine aktualisierte Version des Dummys, ES-2 genannt, wird heute auch im Rahmen von Tests zur Homologation von Fahrzeugen akzeptiert. Der ursprüngliche, 1989 fertiggestellte Euro-SID stellt einen 50-perzentilen erwachsenen Mann dar. Im Prinzip besteht der Euro-SID aus einem Skelett aus Metall und Kunststoff, das mit einem das Fleisch simulierenden Material, überzogen wird. Die Sitzhöhe des Dummys beträgt 0,904 m, die Masse 72 kg. Abbildung 2.7 zeigt den Dummy, der

40 58 Methoden der Trauma-Biomechanik Abb. 2.7 Euro-SID und eines seiner Feder-Dämpfer-Elemente, die als Rippen/ Brustkorb verwendet werden [Denton ATD Inc.]. keine Unterarme aufweist. Kopf und Beine stammen vom Hybrid III, der Thorax wurde eigens entwickelt, um seitliche Anpralle untersuchen zu können. Drei getrennte, identische, mit Schaumstoff überzogene Rippen sind über ein System aus Kolben/Zylinder, Feder und einem Dämpfer (Abb. 2.7) mit dem starren, aus Stahl gefertigten Wirbelsäulen-Segment verbunden. Eine spezielle Schulterkonstruktion ermöglicht es, die Arme in realistischer Weise zu bewegen, so dass die Rippen einem direkten Anprall ausgesetzt sein können. Das Becken wurde so konstruiert, dass die auf die Schambeinfuge wirkende Kraft gemäss ECE R95 gemessen werden kann. Der Dummy kann sowohl für seitliche Anpralle von links, wie auch von rechts verwendet werden. Eine weitere Entwicklung im Bereich der Seitenaufprall Dummys ist der Biofidelic Side Impact Test Dummy (BioSID), der die derzeitigen im US- Standard verwendeten SIDs verbessern soll. Obwohl der BioSID bereits seit 1990 verfügbar ist, wurde er bisher noch nicht in die FMVSS 214 integriert. Der BioSID ist mit mehr Sensoren ausgestattet als der SID/ Hybrid III und weist eine grössere Biofidelität auf, die es erlaubt das Verletzungspotential von Thorax, Abdomen und Becken sowie die Eindrückung der Rippen und weitere die Kompression berücksichtigende Verletzungskriterien zu messen. Durch Drehung des Oberkörpers um 180 kann der Dummy für Anpralle von rechts bzw. links konfiguriert werden. Um der Globalisierung der Automobilindustrie Rechnung zu tragen wurde unter dem Dach der International Standardisation Organisation (ISO) durch ein internationales Konsortium ein harmonisierter

41 Standardisierte Testverfahren 59 Abb. 2.8 World-SID [ISO World SID Task Group]. Seitenaufprall-Dummy, World-SID genannt, entwickelt (Abb. 2.8). Es wurde ein mittelgrosser (50-perzentiler) männlicher Dummy vorgestellt, der die Bewertung des Verletzungsrisikos eines Fahrzeugsinsassen im Falle einer Seitenkollision verbessert. Nebst einer verbesserten Biofidelität [z.b. Damm et al. 2006], soll der World-SID grundsätzlich zu einer weltweiten Harmonisierung der entsprechenden Vorschriften zur Fahrzeugsicherheit führen und wird daher wahrscheinlich zukünftig in eine Global Technical Regulation (GTR) integriert werden. Erste World-SIDs bzw. entsprechende Prototypen wurden weltweit in verschiedenen Testzentren evaluiert; im März 2004 wurde die Produktion des World-SID lanciert. Da sich die derzeitigen Sicherheitsvorschriften ausschliesslich auf Frontal- und Seitenkollisionen beschränken, standen bisher entsprechende Dummys im Vordergrund. Die Entwicklung anderer Dummys oder vergleichbarer Prüfkörper war sekundär, da Crashtests zu anderen Unfallszenarien allen voran Heckkollisionen nicht vorgeschrieben sind. Da sich nun jedoch auch Beschwerden bzw. Verletzungen aus Heckkollisionen, insbesondere solche, die die Halswirbelsäule betreffen (s. Kap. 4), als erhebliche Problematik herausgestellt haben, wurde die Entwicklung weiterer Dummys, die sich für solche Lastfälle eigenen, notwendig. Derzeit sind zwei verschiedene Dummys für Heckanpralle erhältlich, der BioRID und der RID2. Beide Dummys, die ebenfalls je einen 50-perzilen Mann repräsentieren, wurden in Europa entwickelt und zielen insbesondere auf die Bewertung des Verletzungsrisikos von Halswirbelsäulenbeschwerden (auch Schleudertrauma genannt) nach Heckkollisionen mit niedriger kollisionsbedingter Geschwindigkeitsänderung (delta-v) ab. Das Kernstück des biofidelic rear-end dummy (BioRID) ist seine aus 24 Segmenten bestehende Wirbelsäule, durch die alle Drehpunkte der

42 60 Methoden der Trauma-Biomechanik Abb. 2.9 Der BioRID weist eine segmentierte Wirbelsäule auf [Denton ATD Inc]. menschlichen Wirbelsäule nachgebildet werden. Dank einer solchen Umsetzung kann quasi eine natürliche Bewegung der Wirbelsäule beobachtet werden (Abb. 2.9). Der rear impact dummy (RID2) wiederum basiert auf dem THOR Dummy für Frontalkollisionen, wobei jedoch verschiedene Modifikationen erfolgt sind. Hinsichtlich der Analyse von Halswirbelsäulenverletzungen ist dabei insbesondere das geänderte Design der Wirbelsäule relevant. Der Hals besteht aus sieben Aluminium- Scheiben, die durch Anschläge aus Gummi von einander getrennt sind. Auch die Brust- und Lebenwirbelabschnitte wurden flexibel gestaltet. Der RID2 wurde, wie auch der BioRID, ausschliesslich für Heckkollisionen mit einer Bewegung der Wirbelsäule in sagittaler Ebene (d.h. reine Rückwärts- Vorwärts-Bewegung) entwickelt. Mittlerweile wurde ein verbesserter Hals für den RID2 vorgestellt, der es ebenfalls erlaubt schräge Heckkollisionen und sogar leichte Frontalkollisionen zu analysieren (der modifizierte Dummy heisst dann RID3D). Wenngleich die Dummys die Möglichkeit bieten, die Kopf-Hals-Kinematik besser zu untersuchen, bringt die erhöhte Flexibilität der Wirbelsäule jedoch auch Schwierigkeiten in der Handhabung mit sich. Die Positionierung des Dummys auf einem Fahrzeugsitz gestaltet sich beispielsweise viel schwieriger als bei einem Hybrid III. Ergänzend zu den oben beschriebenen Dummys existieren verschiedene spezielle Prüfkörper, die im Allgemeinen nur für jeweils einen speziellen Zweck verwendet werden: Der TNO-10 Dummy eignet sich, um Fahrzeugsicherheitsgurte in einem einer Frontalkollision entsprechenden Lastfall zu prüfen. Der

43 Standardisierte Testverfahren 61 Dummy repräsentiert hinsichtlich Grösse und Masse (-verteilung) einen 50-perzentilen männlichen Erwachsenen. Auf Unterarme wurde jedoch verzichtet und statt zweier Beine wurden diese zu einer Bein- Struktur kombiniert. Der Child Restraint Air Bag Interaction Dummy (CRABI) wird verwendet, um die Auswirkung der Auslösung eines Airbags auf ein in einem auf den Frontsitz montierten Kinderrückhaltesystem sitzenden Kind zu untersuchen. Es gibt drei verschiedene Grössen des CRABI, diese repräsentieren ein 6 Monate, ein 12 Monate und ein 18 Monate altes Kind. Ferner gibt es Kinderdummys aus der Hybrid III Familie, die Q-Dummys sowie Dummys P0 (Neugeborenes) und P3/4 (9 Monate altes Kind). Der POLAR Dummy (aktuelle Version: POLAR II) wurde entwickelt, um die Bewegung eines Fussgängers im Falle einer Fahrzeug- Fussgänger-Kollision besser abbilden zu können. Mit Hilfe des POLARs (175cm gross, 74kg schwer) sollen mögliche Verletzungen eines Fussgängers genauer untersucht werden. Es werden Prüfkörper verwendet, die nur aus Teilen eines Dummys bestehen. Die Kopfform free motion head form (FMH) stellt einen menschlichen Kopf dar. Wird die Form auf eine entsprechende Beschleunigungsanlage montiert, können z.b. Innenraumstrukturen eines Fahrzeugs mit der Kopfform beschossen werden. So wird ein Kopfanprall an diesen Strukturen simuliert. In manchen Sicherheitsvorschriften (z.b. FMVSS 201) werden solche Versuche vorgeschrieben. Um das Verhalten der Fahrzeugfront im Falle eines Fussgängeranpralls zu prüfen, werden andere Impaktoren verwendet. Diese Impaktoren stellen den Kopf eines Erwachsenen, den Kopf eines Kindes, einen Oberschenkel und einen Unterschenkel dar und kommen beispielsweise in EC Direktiven und dem EuroNCAP Testverfahren (New Car Assessment Programme) zur Anwendung. Zur Prüfung der Verformungseigenschaften der Lenksäule (z.b. gemäss ECE R12) wird ein Dummy bestehend aus einem einen 50-perzentilen Oberkörper repräsentierenden Block ( 50th percentile torso-shaped body block ) verwendet. Teile der ECE R12 wurden durch andere Verordnungen wie der ECE R94 überflüssig und sind daher in Europa nicht mehr vorgeschrieben. Hinsichtlich der Interpretation der aus Dummy-Versuchen gewonnenen Messresultate besteht die Schwierigkeit, dass diese wegen der Vielzahl an Dummy-Konstruktionen, die teilweise für gleiche Testszenarien entwickelt wurden, nur bedingt vergleichbar sind. Um Vergleiche der Ergebnisse zu ermöglichen, müsste man diese auf geeignete Weise skalieren können. In

44 62 Methoden der Trauma-Biomechanik diesem Zusammenhang wurden die Injury Assessment Reference Values (IRAV) erarbeitet [Mertz et al. 2003]. Die IRAV sind dummy-spezifisch und können daher skaliert und mit Werten anderer Dummys verglichen werden. 2.7 Numerische Simulationen Dank kontinuierlicher Weiterentwicklungen der Computertechnologie sowie numerischer Methoden, wurden mathematische Modelle immer detaillierter und wirkungsvoller. Heute sind Computersimulationen ein wichtiges Werkzeug der Trauma-Biomechanik und werden in quasi allen Bereichen, von der Auslegung des Crashverhaltens eines Fahrzeugs über Unfallrekonstruktionen bis zu Menschmodellen, zur Untersuchung des biomechanischen Verhaltens und möglicher Verletzungsmechanismen eingesetzt. Mehrkörpermodelle ( multi body systems, MBS), die auf der Starrkörperdynamik aufbauen (Gleichungen 2.1, 2.2), und Finite Elemente (FE) Modelle, die auf speziellen Formulierungen der Kontinuumsmechanik basieren (Gleichungen 2.3, 2.4), sind die beiden am häufigsten verwendeten Methoden. Mehrkörpermodelle approximieren komplexe Strukturen, wie beispielsweise ein menschliches Organ oder ein Fahrzeug durch einzelne starre Körper, die durch masselose Elemente wie Federn oder Dämpfer miteinander verbunden sind (siehe z.b. Lobdell Thoraxmodell, Kap. 5). Ausserdem sind Grundprinzipen der Mechanik wie das Erstarrungsprinzip und das Kontinuitätsprinzip von St. Venant zu beachten. Mehrkörpermodelle bzw. Teile solcher Modelle können auch durch FE- Modelle erstellt werden. Zudem können Mehrkörpermodelle auch flexible Strukturen enthalten. In Mehrkörpermodellen werden die verschiedenen Elemente durch kinematische Gelenke verbunden. Durch diese Gelenke werden Relativbewegungen zweier benachbarter Körper eingeschränkt und die Freiheitsgrade des Systems entsprechend reduziert. Es stehen verschiedene Arten von Gelenken zur Modellbildung zur Verfügung, z.b. translatorische Gelenke, Dreh- und Kugelgelenke, von denen jedes durch eine bestimmte Anzahl an Freiheitsgraden charakterisiert ist. Zusätzlich können kinematische Randbedingungen integriert werden (z.b. Feder-/ Dämpferelemente). Die Starrkörper selbst werden nur durch ihre Trägheitseigenschaften sowie die Angriffpunkte etwaiger Gelenke definiert. Zur Modellierung von Kontakten (z.b. Kontakt zwischen Kopf

45 Numerische Simulationen 63 und Frontscheibe) sowie zur Visualisierung können den Starrkörpern geometrische Formen zugeordnet werden. Zur Modellierung des Menschen oder von Dummys werden diesbezüglich oftmals Ellipsoide verwendet, aber auch andere Formen wie Ebenen und Zylinder können verwendet werden. Das MBS System wird durch externe Belastungen wie einem Beschleunigungsfeld oder einer Kraft beaufschlagt, so dass das Verhalten des Systems als Antwort auf diese Belastung analysiert werden kann. Die Stärke dieser MBS Modelle liegt insbesondere in der Modellierung von Ganzkörperbewegungen. Mittels Approximation des menschlichen Körpers durch gelenkig miteinander verknüpfte Starrkörper und der Zuordnung entsprechender Trägheit und Masse je Starrkörper, kann die Bewegung des ganzen Menschen während einer Belastung simuliert werden. Erste solche Modelle wurden bereits in den 1970er Jahren vorgestellt. Heute ist eine Vielzahl gut validierter Modelle verfügbar. Insbesondere Dummys eignen sich gut, um als MBS modelliert zu werden, da die geometrischen und mechanischen Eigenschaften (Trägheit, Masse, Gelenkcharakteristiken) der einzelnen Dummy-Komponenten eindeutig definiert sind. Abbildung 2.10 zeigt ein Modell des BioRID als MBS. Dieses Beispiel wurde mit der Software MADYMO [TNO 2001] erstellt, welche im Bereich der Fahrzeugsicherheit wahrscheinlich die am häufigsten verwendete Software für MBS Modelle ist. Die Finite Element (FE) Methode, die ursprünglich auf Galerkin's Theorem zurückgeht, reduziert ein Kontiuum auf ein diskretes numerisches Modell aus einzelnen Elementen (z.b. Dreiecke, Vierecke, Hexaedern, Abb Mehrkörpermodell des sitzenden BioRIDs [nach Schmitt et al. 2004].

46 64 Methoden der Trauma-Biomechanik Balken). Jedes Element wird durch eine bestimmte Anzahl an Knoten definiert, wobei nebeneinander liegende Elemente gemeinsame Knoten haben können. Es entsteht ein FE-Netz, in dem die Elemente miteinander verknüpft sind. Die Freiheitsgrade des gesamten FE Modells werden durch die Anzahl der Knoten begrenzt. Abhängig von den gewählten Randbedingungen und der Geometrie des FE-Netzes ergibt sich der Freiheitsgrad des Gesamtmodells. Eine ausführliche Beschreibung der FE- Methode findet sich beispielsweise in Bathe (2007) oder Zienkiewicz (1994). Es ist jedoch zu beachten, dass die Art der in der Trauma- Biomechanik zu lösenden Aufgabenstellungen (z.b. nicht-lineares Materialverhalten, grosse Verformungen in kurzen Zeitintervallen) spezielle Ansätze zur Lösung der FE-Modelle benötigt. FE-Programme, die in der Trauma-Biomechanik verwendet werden (z.b. PAM-CRASH [ESI 2001], LS-DYNA [Livermore 1999], or Radioss [Mecalog 2000]) basieren auf expliziten Formulierungen zur Integration der Zeitschritte. Diese Formulierungen gehen auf differentielle Bewegungsgleichungen der Knoten zurück und nicht auf Formulierungen des Gleichgewichts der Trägheits-, Feld- und Kontaktkräfte (implizite Formulierung). Ein solcher expliziter Ansatz erfordert weniger Rechenkapazität und lässt sich zur Berechnung einfacher vektorisieren bzw. parallelisieren. Dafür muss der Kontrolle der numerischen Stabilität mehr Aufmerksamkeit beschenkt werden, als dies bei impliziten Formulierungen notwendig ist. Die FE Methode ermöglicht eine detaillierte Analyse der Auswirkungen eines Anpralls sowohl in Bezug auf ein Fahrzeug wie auch auf den Menschen (Abb. 2.11). Beispielsweise ist es durch FE Modelle möglich, die während einer Kollision auftretende Spannungsverteilung im Gehirn zu untersuchen. Solche Forschungsergebnisse tragen erheblich zum Verständnis diffuser Hirnverletzungen bei (s. Kap. 3), insbesondere da sich solche Untersuchungen experimentell quasi nicht bewerkstelligen lassen. Ferner können z.b. in einem Crashtest an einem Dummy-Kopf gemessene Belastungen als Randbedingung für eine Simulation mit einem Modell des Kopfes verwendet werden und dadurch Erkenntnisse über die komplexen Mechanismen zur Entstehung von Hirnverletzungen gewonnen werden. Auch hinsichtlich anderer komplexer biomechanischer Phänomene wie dem Einfluss der Muskelaktivität oder der Interaktion zwischen sich verformendem Gewebe und den im Gewebe befindlichen Flüssigkeiten können mittels FE-Modellen analysiert werden [z.b. Schmitt et al. 2002]. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im Bereich der Trauma- Biomechanik je nach Fragestellung MBS- sowie FE-Modelle zur Anwendung kommen, wobei die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden zu berücksichtigen sind. FE-Modelle eignen sich für

47 Numerische Simulationen 65 Abb FE Modelle des Menschen: detailliertes Kopf-Hals-Modell (links) [nach Schmitt et al. 2002] und das Menschmodell THUMS (rechts) [nach Iwamoto et al. 2002]. Untersuchungen komplexer Geometrien und können die Wechselwirkungen verschiedener Körper (über entsprechende Kontaktdefinitionen) detailliert berücksichtigen. Ferner können lokale Verformungen und Spannungsverteilungen analysiert werden, was insbesondere bei Crash-Simulationen wichtig ist. Zudem kann die FE- Methode durch detaillierte Modellierung einzelner Körperregionen zur Analyse von Verletzungsmechanismen verwendet werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass eine detailgetreue Modellierung einer komplexen Geometrie zu einer enormen Anzahl von Elementen führt und die zu lösenden Gleichungssysteme somit eine grosse Anzahl an Variablen aufweisen. Nicht-lineare Eigenschaften der im Modell verwendeten Materialien oder grosse Deformationen können erhebliche Computerresourcen zum Lösen der Modelle erfordern und stellen damit eine Einschränkung der Methode dar. Parallel arbeitende Computer (Vektorrechner) können diesen Engpass mindern. Heutzutage sind grosse Computersysteme in der Lage, FE Modelle mit Millionen von Freiheitsgraden zu berechnen, wobei die Rechenzeiten bis zu einigen Tagen betragen können. Im Gegensatz dazu zeichnet sich der MBS Ansatz durch die Möglichkeit aus, komplexe kinematische Modelle effizient zu lösen. Die benötigten Rechenzeiten sind in der Regel wesentlich kleiner als bei FE- Berechnungen, da nur eine vergleichsweise geringe Anzahl an gewöhnlichen Differentialgleichungen bearbeitet werden muss. Daher

48 66 Methoden der Trauma-Biomechanik werden Mehrkörpermodelle häufig in der Entwicklung eingesetzt, da sie sich für Optimierungsaufgaben mit vielen Design-Parametern gut eignen. Bezüglich der Modellierung des Menschen besteht für beide Methoden ein grundlegendes Problem. Die Wahl geeigneter Parameter zur Beschreibung des Materialverhaltens lebenden Gewebes ist nur möglich, wenn entsprechende experimentelle Daten zum (zeitabhängigen) Verformungsverhalten vorhanden sind. Solche Daten sind jedoch nur eingeschränkt verfügbar. Zudem sind verfügbare Daten oftmals mit grossen Unsicherheiten behaftet, sei es wegen der generellen biologischen Variabilität oder wegen Einschränkungen, die im zugrunde liegenden Experiment gemacht wurden (bzw. gemacht werden mussten). Zudem ist die Validierung von Menschmodellen, vor allem wenn sie unter verschiedenen Belastungssituationen verwendet werden sollen, ein entscheidender, aber schwierig durchzuführender Schritt. In nahezu allen Entwicklungsbereichen zur Fahrzeugsicherheit bzw. zur Untersuchung von Verletzungen und der Entwicklung geeigneter Schutzmassnahmen werden heute numerische Modelle sowohl FE- wie auch MBS-Modelle eingesetzt. Je nach Fragestellung ist die am besten geeignete Methode auszuwählen oder es ist eine Kombination beider Methoden in Betracht zu ziehen. Solche integralen Ansätze (auch Hybrid- Modelle genannt) werden beispielsweise bei der Simulation der Wechselwirkung zwischen Fahrzeuginsassen und sich aufblasendem Airbag verwendet. Während der Airbag als FE-Modell gestaltet wird, wird Abb Beispiel eines Hybrid-Modells. In ein MBS eines Skifahrers wurde das FE-Modell eines Knies integriert, so dass eine detaillierte Analyse der Belastungen der Kreuzbänder möglich wurde [PD Dr. K.-U. Schmitt].

Methoden der Trauma-Biomechanik

Methoden der Trauma-Biomechanik Methoden der Trauma-Biomechanik 2 Die Arbeit in der Trauma-Biomechanik wird durch einige Randbedingungen eingeschränkt, die in dieser Form in anderen Bereichen der Ingenieurwissenschaften und der Life

Mehr

Biomechanik von HWS-Beschwerden bei leichten Pkw-Kollisionen

Biomechanik von HWS-Beschwerden bei leichten Pkw-Kollisionen Biomechanik von HWS-Beschwerden bei leichten Pkw-Kollisionen PD Dr. Kai-Uwe Schmitt / Prof. Dr. med. Felix Walz AGU Zürich Institut für Biomedizinische Technik, Universität/ETH Zürich Hintergrund AGU:

Mehr

Schwerstverletzungen im Straßenverkehr Begriffe, Inzidenz, Analysen

Schwerstverletzungen im Straßenverkehr Begriffe, Inzidenz, Analysen Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Schwerstverletzungen im Straßenverkehr Begriffe, Inzidenz, Analysen 7. Dezember 2012 GMTTB-Symposium Verkehrsunfälle in Deutschland Trendumkehr

Mehr

Stoßmodelle in PC-Crash Klassisches und steifigkeitsbasiertes Stoßmodell

Stoßmodelle in PC-Crash Klassisches und steifigkeitsbasiertes Stoßmodell Stoßmodelle in PC-Crash Klassisches und steifigkeitsbasiertes Stoßmodell Dr. Gábor MELEGH Dr. Andreas MOSER Dr. Hermann Steffan DSD - Dr. Steffan Datentechnik TU Budapest 0.07.003 Fahrzeugkollision Annäherung

Mehr

Einführung: Biomechanik von Sportverletzungen

Einführung: Biomechanik von Sportverletzungen Einführung: Biomechanik von Sportverletzungen Teil 2 PD Dr. Kai-Uwe Schmitt AGU Zürich Arbeitsgruppe für Unfallmechanik www.agu.ch Anatomie Knochen [Nigg & Herzog, 1999] Knochen mechanische Eigenschaften

Mehr

Fahrradhelm. Dr.-Ing. Matthias Kühn Unfallforschung der Versicherer (UDV) Leiter Fahrzeugsicherheit. Berlin,

Fahrradhelm. Dr.-Ing. Matthias Kühn Unfallforschung der Versicherer (UDV) Leiter Fahrzeugsicherheit. Berlin, Fahrradhelm Dr.-Ing. Matthias Kühn Unfallforschung der Versicherer (UDV) Leiter Fahrzeugsicherheit Berlin, 16.10.2014 Fahrradhelm Ziel des Projektes: Analyse der Schutzwirkung von Fahrradhelmen und Aufzeigen

Mehr

Biomechanische Begutachtung Traumabiomechanik. GMTTB e.v. Gründungskonferenz April 2011 Hochschule Konstanz

Biomechanische Begutachtung Traumabiomechanik. GMTTB e.v. Gründungskonferenz April 2011 Hochschule Konstanz Biomechanische Begutachtung Traumabiomechanik e.v. Gründungskonferenz 8.-9. April 2011 Hochschule Konstanz Wolfram Hell, München Felix Walz, Zürich Biomechanik Die Trauma-Biomechanik erforscht die Bewegung

Mehr

Sicherheit im Skisport. Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport

Sicherheit im Skisport. Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Sicherheit im Skisport Sicherheit im Skisport Herausgegeben von der Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Zahlen und Trends 2012/2013 In Kooperation mit der Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport

Mehr

Einfluss der Reifenqualität auf das reale Unfallgeschehen

Einfluss der Reifenqualität auf das reale Unfallgeschehen Einfluss der Reifenqualität auf das reale Unfallgeschehen Motivation für die Untersuchung: Bedeutung von Unfallanalyse und Crash-Test Als Mitglied im DVR stellt für die DEKRA Automobil GmbH die Umsetzung

Mehr

Die Finite-Elemente-Methode. Anwendungsbereiche Soft- und Hardwarevoraussetzungen Programmierbarkeit

Die Finite-Elemente-Methode. Anwendungsbereiche Soft- und Hardwarevoraussetzungen Programmierbarkeit Die Finite-Elemente-Methode Anwendungsbereiche Soft- und Hardwarevoraussetzungen Programmierbarkeit Inhalt Die Finite-Elemente-Methode Was ist das und wofür? Die Idee mit den Elementen Anwendung der FEM

Mehr

Gruppenspezifische Anthropometrie in der ergonomischen Gestaltung

Gruppenspezifische Anthropometrie in der ergonomischen Gestaltung Brandenburgische Umwelt Berichte (BUB) 10 S. 54-61 (2001) Gruppenspezifische Anthropometrie in der ergonomischen Gestaltung K.Nagel Einleitung Die ergonomische Anpassung eines Arbeitsplatzes an eine Zielpopulation

Mehr

Delta-v versus mittlere Beschleunigung

Delta-v versus mittlere Beschleunigung Delta-v versus mittlere Beschleunigung M. Muser / M. Voisard GMTTB Jahrestagung Konstanz 20.-21.4.2012 HWS-Verletzungen erklärbar? Technische Unfallanalyse Fahrzeugbelastung >> Insassenbelastung Belastung

Mehr

ADAC Unfallforschung

ADAC Unfallforschung ADAC Unfallforschung Berichte der ADAC Unfallforschung Oktober 2015 Verfasser: Dipl. Ing. Thomas Unger Heckaufprall im Van 3. Sitzreihe ADAC Unfallforschung im ADAC Technik Zentrum Landsberg/Lech Heckaufprall

Mehr

Mechanische Spannung und Elastizität

Mechanische Spannung und Elastizität Mechanische Spannung und Elastizität Wirken unterschiedliche Kräfte auf einen ausgedehnten Körper an unterschiedlichen Orten, dann erfährt der Körper eine mechanische Spannung. F 1 F Wir definieren die

Mehr

Glossar. Cause of Effects Behandelt die Ursache von Auswirkungen. Debriefing Vorgang der Nachbesprechung der experimentellen Untersuchung.

Glossar. Cause of Effects Behandelt die Ursache von Auswirkungen. Debriefing Vorgang der Nachbesprechung der experimentellen Untersuchung. Abhängige Variable Die zu untersuchende Variable, die von den unabhängigen Variablen in ihrer Ausprägung verändert und beeinflusst wird (siehe auch unabhängige Variable). Between-Subjects-Design Wenn die

Mehr

Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport

Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Sicherheit im Skisport Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Zahlen und Trends 2011/2012 Herausgegeben von der In Kooperation mit der Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Zahlen und Trends

Mehr

Standardisierte Vorgehensweisen und Regeln zur Gewährleistung von: Eindeutigkeit Schlussfolgerungen aus empirischen Befunden sind nur dann zwingend

Standardisierte Vorgehensweisen und Regeln zur Gewährleistung von: Eindeutigkeit Schlussfolgerungen aus empirischen Befunden sind nur dann zwingend Standardisierte Vorgehensweisen und Regeln zur Gewährleistung von: Eindeutigkeit Schlussfolgerungen aus empirischen Befunden sind nur dann zwingend oder eindeutig, wenn keine alternativen Interpretationsmöglichkeiten

Mehr

Statistische Tests (Signifikanztests)

Statistische Tests (Signifikanztests) Statistische Tests (Signifikanztests) [testing statistical hypothesis] Prüfen und Bewerten von Hypothesen (Annahmen, Vermutungen) über die Verteilungen von Merkmalen in einer Grundgesamtheit (Population)

Mehr

Verkehrsunfall mit dem Zweirad Schlechte Karten!?

Verkehrsunfall mit dem Zweirad Schlechte Karten!? Verkehrsunfall mit dem Zweirad Schlechte Karten!? Seit 1999 beschäftigt sich die Verkehrsunfallforschung mit der Dokumentation und Auswertung von Verkehrsunfällen mit Personenschäden im Großraum Dresden.

Mehr

Anwendung der Infinitesimalrechnung in der Physik (besonders geeignet für Kernfach Physik Kurshalbjahr Mechanik Anforderung auf Leistungskursniveau)

Anwendung der Infinitesimalrechnung in der Physik (besonders geeignet für Kernfach Physik Kurshalbjahr Mechanik Anforderung auf Leistungskursniveau) Anwendung der Infinitesimalrechnung in der Physik (besonders geeignet für Kernfach Physik Kurshalbjahr Mechanik Anforderung auf Leistungskursniveau) Vorbemerkung Die nachfolgenden Darstellungen dienen

Mehr

Dr. C. Hübner Dr. R. Bogner

Dr. C. Hübner Dr. R. Bogner Unfallstatistik 2006 Dr. C. Hübner Dr. R. Bogner Universitätsklinik für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie Salzburger Landeskliniken Vorstand: Prim. Univ.-Prof. Dr. H. Resch Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung

Mehr

Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport

Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Sicherheit im Skisport Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Zahlen und Trends 2014/2015 Herausgegeben von der In Kooperation mit der Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Zahlen und Trends

Mehr

TP5 Medizinische Folgen des Strassenunfallgeschehens

TP5 Medizinische Folgen des Strassenunfallgeschehens SVI-Tagung, Olten, 18.09.2014 Verkehrssicherheitsgewinne: TP5 Medizinische Folgen des Strassenunfallgeschehens Kai-Uwe Schmitt, Laura Baumgartner, Kerstin Furter, Markus Muser, Stefan Scholz, Barbara Lüber,

Mehr

Empirische Forschung. Übung zur Vorlesung Kognitive Modellierung. Kognitive Modellierung Dorothea Knopp Angewandte Informatik/ Kognitve Systeme

Empirische Forschung. Übung zur Vorlesung Kognitive Modellierung. Kognitive Modellierung Dorothea Knopp Angewandte Informatik/ Kognitve Systeme Empirische Forschung Übung zur Vorlesung Kognitive Modellierung S. 1 Überblick: Forschungsprozess Theoriebil dung Auswertung Interpretation Operationalisierung Erhebung S. 2 Versuchsplanung Festlegung

Mehr

Ein Beispiel für die Anwendung des Risikographen

Ein Beispiel für die Anwendung des Risikographen Ein Beispiel für die Anwendung des Risikographen Birgit Milius 1 Der Risikograph Von jedem System geht ein Risiko aus. Das Risiko darf nicht unzulässig groß sein; es muss tolerierbar sein. Der Risikograph

Mehr

Ablaufschema beim Testen

Ablaufschema beim Testen Ablaufschema beim Testen Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3 Schritt 4 Schritt 5 Schritt 6 Schritt 7 Schritt 8 Schritt 9 Starten Sie die : Flashanimation ' Animation Ablaufschema Testen ' siehe Online-Version

Mehr

Finite Elemente Modellierung

Finite Elemente Modellierung Finite Elemente Modellierung Modellerstellung Diskretisierung des Kontinuums Methode der Finite Elemente Anwendungsbeispiele der FEM Zugstab: Kraftmethode Zugstab: Energiemethode Zugstab: Ansatzfunktion

Mehr

DIPLOMARBEIT Z U M TH E M A. Entwicklung eines Knochenersatzwerkstoffes für den Einsatz in einem biofidelen Dummy

DIPLOMARBEIT Z U M TH E M A. Entwicklung eines Knochenersatzwerkstoffes für den Einsatz in einem biofidelen Dummy Entwicklung eines Knochenersatzwerkstoffes für den Einsatz in einem biofidelen Dummy Eigenschaften ein hohes Maß an Übereinstimmung mit dem menschlichen Vorbild auf. Dafür soll im Rahmen einer Diplomarbeit

Mehr

Forschungsstatistik I

Forschungsstatistik I Psychologie Prof. Dr. G. Meinhardt 6. Stock, TB II R. 06-206 (Persike) R. 06-321 (Meinhardt) Sprechstunde jederzeit nach Vereinbarung Forschungsstatistik I Dr. Malte Persike persike@uni-mainz.de http://psymet03.sowi.uni-mainz.de/

Mehr

SigmaDeWe Risikomanagement

SigmaDeWe Risikomanagement Sie haben für Ihren liquiden Vermögensteil Ihren persönlichen risikoreichen Anteil bestimmt und sind aufgrund der Marktsignale mit Aktien oder ETFs in einem Markt investiert, der aktuell einen positiven

Mehr

I.1.3 b. (I.7a) I.1 Grundbegriffe der Newton schen Mechanik 9

I.1.3 b. (I.7a) I.1 Grundbegriffe der Newton schen Mechanik 9 I. Grundbegriffe der Newton schen Mechanik 9 I..3 b Arbeit einer Kraft Wird die Wirkung einer Kraft über ein Zeitintervall oder genauer über die Strecke, welche das mechanische System in diesem Zeitintervall

Mehr

Einführung: Biomechanik von Sportverletzungen

Einführung: Biomechanik von Sportverletzungen Einführung: Biomechanik von Sportverletzungen Teil 2 PD Dr. Kai-Uwe Schmitt AGU Zürich Arbeitsgruppe für Unfallmechanik www.agu.ch Anatomie Knochen [Nigg & Herzog, 1999] Knochen mechanische Eigenschaften

Mehr

Berichte der ADAC Unfallforschung. September Verfasser: M.Sc. Michael Pschenitza. Stoßabgewandte Seitenaufprallunfälle

Berichte der ADAC Unfallforschung. September Verfasser: M.Sc. Michael Pschenitza. Stoßabgewandte Seitenaufprallunfälle 08.03.4600 IN 28794 STAND 09-2016 ADAC Unfallforschung Berichte der ADAC Unfallforschung September 2016 Verfasser: M.Sc. Michael Pschenitza Stoßabgewandte Seitenaufprallunfälle ADAC Unfallforschung im

Mehr

Übungen mit dem Applet Zentraler Grenzwertsatz

Übungen mit dem Applet Zentraler Grenzwertsatz Zentraler Grenzwertsatz 1 Übungen mit dem Applet Zentraler Grenzwertsatz 1 Statistischer Hintergrund... 1.1 Zentraler Grenzwertsatz... 1. Beispiel Würfeln... 1.3 Wahrscheinlichkeit und relative Häufigkeit...3

Mehr

Bei näherer Betrachtung des Diagramms Nr. 3 fällt folgendes auf:

Bei näherer Betrachtung des Diagramms Nr. 3 fällt folgendes auf: 18 3 Ergebnisse In diesem Kapitel werden nun zunächst die Ergebnisse der Korrelationen dargelegt und anschließend die Bedingungen der Gruppenbildung sowie die Ergebnisse der weiteren Analysen. 3.1 Ergebnisse

Mehr

4.1 Grundlagen 4.2 Viskose Dämpfung 4.3 Modale Dämpfung 4.4 Rayleigh-Dämpfung 4.5 Strukturdämpfung. 4. Dämpfungsmodelle. Elastodynamik 1 3.

4.1 Grundlagen 4.2 Viskose Dämpfung 4.3 Modale Dämpfung 4.4 Rayleigh-Dämpfung 4.5 Strukturdämpfung. 4. Dämpfungsmodelle. Elastodynamik 1 3. 4.1 Grundlagen 4.2 Viskose Dämpfung 4.3 Modale Dämpfung 4.4 Rayleigh-Dämpfung 4.5 Strukturdämpfung 4. Dämpfungsmodelle 3.4-1 4.1 Grundlagen Dämpfung ist ein Prozess, bei dem Energie dissipiert wird. Mechanische

Mehr

Biomechanik im Sporttheorieunterricht

Biomechanik im Sporttheorieunterricht Betrifft 1 Biomechanische Prinzipien 33 DR. MARTIN HILLEBRECHT Das biomechanische Prinzip des optimalen Beschleunigungsweges 1 BIOMECHANISCHE PRINZIPIEN HOCHMUTH nennt bei der Aufzählung der Aufgaben der

Mehr

Dokumenten-Nr.: Bewertung von Abweichungen, Fehlern und Mängeln 2/5

Dokumenten-Nr.: Bewertung von Abweichungen, Fehlern und Mängeln 2/5 Bewertung von Abweichungen, Fehlern und Mängeln 2/5 1 Zweck Ziel der Verfahrensanweisung ist es, bekannt gewordene, vermutete Abweichungen im Zusammenhang mit GMP-Inspektionen zu untersuchen und zu bewerten.

Mehr

Ausblick. 1. Lineare dynamische Analysen 2. Nichtlineare Analysen 3. Weitere Anwendungen. Prof. Dr. Wandinger 5. Ausblick FEM 5-1

Ausblick. 1. Lineare dynamische Analysen 2. Nichtlineare Analysen 3. Weitere Anwendungen. Prof. Dr. Wandinger 5. Ausblick FEM 5-1 Ausblick 1. Lineare dynamische Analysen 2. Nichtlineare Analysen 3. Weitere Anwendungen Prof. Dr. Wandinger 5. Ausblick FEM 5-1 1. Lineare dynamische Analysen Beschleunigungen: Bei linearen dynamischen

Mehr

Übung zur Vorlesung Grundlagen der Fahrzeugtechnik I. Übung

Übung zur Vorlesung Grundlagen der Fahrzeugtechnik I. Übung Institut für Fahrzeugsystemtechnik Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik Leiter: Prof. Dr. rer. nat. Frank Gauterin Rintheimer Querallee 2 76131 Karlsruhe Übung zur Vorlesung Grundlagen der Fahrzeugtechnik I Übung

Mehr

Zeitreihenökonometrie

Zeitreihenökonometrie Zeitreihenökonometrie Kapitel 8 Impuls-Antwort-Funktionen Interpretation eines VAR-Prozesses 2 Fall eines bivariaten Var(p)-Prozess mit 2 Variablen und ohne Konstante 1 1 p p 1,t α11 α 12 1,t-1 α11 α 12

Mehr

Übungen mit dem Applet Vergleich von zwei Mittelwerten

Übungen mit dem Applet Vergleich von zwei Mittelwerten Vergleich von zwei Mittelwerten 1 Übungen mit dem Applet Vergleich von zwei Mittelwerten 1 Statistischer Hintergrund... 2 1.1 Typische Fragestellungen...2 1.2 Fehler 1. und 2. Art...2 1.3 Kurzbeschreibung

Mehr

P 2 - Piezoelektrizität

P 2 - Piezoelektrizität 56 P2 Piezoelektrizität P 2 - Piezoelektrizität Ein Kristall, dessen Punktgruppe (Kristallklasse) kein Symmetriezentrum (Z) aufweist, kann prinzipiell piezoelektrisch sein Das heißt, der auf den Kristall

Mehr

4. Das Verfahren von Galerkin

4. Das Verfahren von Galerkin 4. Das Verfahren von Galerkin 4.1 Grundlagen 4.2 Methode der finiten Elemente 4.3 Beispiel: Stab mit Volumenkraft Prof. Dr. Wandinger 3. Prinzip der virtuellen Arbeit FEM 3.4-1 4.1 Grundlagen Das Verfahren

Mehr

Dämpfung. . Grundlagen. Viskose Dämpfung. Modale Dämpfung. Rayleigh-Dämpfung. Strukturdämpfung. Elastodynamik 2 SS

Dämpfung. . Grundlagen. Viskose Dämpfung. Modale Dämpfung. Rayleigh-Dämpfung. Strukturdämpfung. Elastodynamik 2 SS Dämpfung. Grundlagen. Viskose Dämpfung. Modale Dämpfung. Rayleigh-Dämpfung. Strukturdämpfung 5. Dämpfung 5-1 1. Grundlagen Dämpfung ist ein Prozess, bei dem Energie dissipiert wird. Mechanische Energie

Mehr

Statistik II für Betriebswirte Vorlesung 1

Statistik II für Betriebswirte Vorlesung 1 Statistik II für Betriebswirte Vorlesung 1 Dr. Andreas Wünsche TU Bergakademie Freiberg Institut für Stochastik 16. Oktober 2017 Dr. Andreas Wünsche Statistik II für Betriebswirte Vorlesung 1 Version:

Mehr

Gesund schütteln Was Knochen zum Wachsen bringt und was wir mit diesem Wissen anfangen können.

Gesund schütteln Was Knochen zum Wachsen bringt und was wir mit diesem Wissen anfangen können. Gesund schütteln Was Knochen zum Wachsen bringt und was wir mit diesem Wissen anfangen können. Prof. Dr. Ralph Müller Institut für Biomechanik, ETH Zürich Prof. Dr. Ralph Müller Ausgangslage Demografie

Mehr

Grundlegende Eigenschaften von Punktschätzern

Grundlegende Eigenschaften von Punktschätzern Grundlegende Eigenschaften von Punktschätzern Worum geht es in diesem Modul? Schätzer als Zufallsvariablen Vorbereitung einer Simulation Verteilung von P-Dach Empirische Lage- und Streuungsparameter zur

Mehr

Statistische Verfahren zur Maschinen- und Prozessqualifikation

Statistische Verfahren zur Maschinen- und Prozessqualifikation Statistische Verfahren zur Maschinen- und Prozessqualifikation Bearbeitet von Edgar Dietrich, Alfred Schulze 5., aktualisierte Auflage 2005. Buch. XVIII, 630 S. Hardcover ISBN 978 3 446 22894 8 Format

Mehr

Methoden der Werkstoffprüfung Kapitel I Grundlagen. WS 2009/2010 Kapitel 1.0

Methoden der Werkstoffprüfung Kapitel I Grundlagen. WS 2009/2010 Kapitel 1.0 Methoden der Werkstoffprüfung Kapitel I Grundlagen WS 2009/2010 Kapitel 1.0 Grundlagen Probenmittelwerte ohne MU Akzeptanzbereich Probe 1 und 2 liegen im Akzeptanzbereich Sie sind damit akzeptiert! Probe

Mehr

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Schwerstverletzungen bei Verkehrsunfällen

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Schwerstverletzungen bei Verkehrsunfällen Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Schwerstverletzungen bei Verkehrsunfällen Siegfried Brockmann Unfallforschung der Versicherer Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft

Mehr

2.4 Stoßprozesse. entweder nicht interessiert o- der keine Möglichkeit hat, sie zu untersuchen oder zu beeinflussen.

2.4 Stoßprozesse. entweder nicht interessiert o- der keine Möglichkeit hat, sie zu untersuchen oder zu beeinflussen. - 52-2.4 Stoßprozesse 2.4.1 Definition und Motivation Unter einem Stoß versteht man eine zeitlich begrenzte Wechselwirkung zwischen zwei oder mehr Systemen, wobei man sich für die Einzelheiten der Wechselwirkung

Mehr

Kurzbericht. Auswertung der. Unfallstatistik (Straßenverkehrsunfälle) der Statistik Austria

Kurzbericht. Auswertung der. Unfallstatistik (Straßenverkehrsunfälle) der Statistik Austria Kurzbericht Auswertung der Unfallstatistik (Straßenverkehrsunfälle) der Statistik Austria Amt der Salzburger Landesregierung Landesamtsdirektion: Landesstatistik Dr. Gernot Filipp Juni 2016 Datengrundlagen:

Mehr

4. Dämpfungsmodelle. 4.1 Grundlagen 4.2 Viskose Dämpfung 4.3 Modale Dämpfung 4.4 Rayleigh-Dämpfung 4.5 Strukturdämpfung. Elastodynamik 3.

4. Dämpfungsmodelle. 4.1 Grundlagen 4.2 Viskose Dämpfung 4.3 Modale Dämpfung 4.4 Rayleigh-Dämpfung 4.5 Strukturdämpfung. Elastodynamik 3. 4. Dämpfungsmodelle 4.1 Grundlagen 4.2 Viskose Dämpfung 4.3 Modale Dämpfung 4.4 Rayleigh-Dämpfung 4.5 Strukturdämpfung 3.4-1 4.1 Grundlagen Dämpfung ist ein Prozess, bei dem Energie dissipiert wird. Dabei

Mehr

Statistik Testverfahren. Heinz Holling Günther Gediga. Bachelorstudium Psychologie. hogrefe.de

Statistik Testverfahren. Heinz Holling Günther Gediga. Bachelorstudium Psychologie. hogrefe.de rbu leh ch s plu psych Heinz Holling Günther Gediga hogrefe.de Bachelorstudium Psychologie Statistik Testverfahren 18 Kapitel 2 i.i.d.-annahme dem unabhängig. Es gilt also die i.i.d.-annahme (i.i.d = independent

Mehr

GIDAS German In-Depth Accident Study

GIDAS German In-Depth Accident Study Das Unfallgeschehen von E-Bike-, Fahrrad- und Mofas Analyse aus GIDAS Unfälle von 2005 bis 2013-1- Betriebserlaubnis / Versicherungskennzeichen Führerschein Pedelec E-Bike S-Pedelec nicht erforderlich

Mehr

Kapitel 2. Mittelwerte

Kapitel 2. Mittelwerte Kapitel 2. Mittelwerte Im Zusammenhang mit dem Begriff der Verteilung, der im ersten Kapitel eingeführt wurde, taucht häufig die Frage auf, wie man die vorliegenden Daten durch eine geeignete Größe repräsentieren

Mehr

Physikalische Chemie Physikalische Chemie I SoSe 2009 Prof. Dr. Norbert Hampp 1/9 1. Das Ideale Gas. Thermodynamik

Physikalische Chemie Physikalische Chemie I SoSe 2009 Prof. Dr. Norbert Hampp 1/9 1. Das Ideale Gas. Thermodynamik Prof. Dr. Norbert Hampp 1/9 1. Das Ideale Gas Thermodynamik Teilgebiet der klassischen Physik. Wir betrachten statistisch viele Teilchen. Informationen über einzelne Teilchen werden nicht gewonnen bzw.

Mehr

Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung

Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung Übung 3 1 Inhalt der heutigen Übung Vorrechnen der Hausübung B.7 Beschreibende Statistik Gemeinsames Lösen der Übungsaufgaben C.1: Häufigkeitsverteilung C.2: Tukey

Mehr

WS 2014/15 FINITE-ELEMENT-METHODE JUN.-PROF. D. JUHRE

WS 2014/15 FINITE-ELEMENT-METHODE JUN.-PROF. D. JUHRE 2.5 ANFANGSRANDWERTPROBLEM DER ELASTOMECHANIK Charakterisierung Die Zusammenfassung der in den vorangehenden Folien entwickelten Grundgleichungen des dreidimensionalen Kontinuums bildet das Anfangsrandwertproblem

Mehr

Problemlösen. Zahl Ebene und Raum Größen Daten und Vorhersagen. Fachsprache, Symbole und Arbeitsmittel anwenden

Problemlösen. Zahl Ebene und Raum Größen Daten und Vorhersagen. Fachsprache, Symbole und Arbeitsmittel anwenden Curriculum Mathematik 3. Klasse Aus den Rahmenrichtlinien Die Schülerin, der Schüler kann Vorstellungen von natürlichen, ganzen rationalen Zahlen nutzen mit diesen schriftlich im Kopf rechnen geometrische

Mehr

Beurteilung der Wasserqualität

Beurteilung der Wasserqualität Die Wasserqualität der Oberflächengewässer des Kantons St.Gallen wird routinemässig seit vielen Jahren überwacht. Dies lässt Aussagen über die Belastung der Fliessgewässer mit Nähr- und Schadstoffen zu.

Mehr

Konfidenzintervalle Grundlegendes Prinzip Erwartungswert Bekannte Varianz Unbekannte Varianz Anteilswert Differenzen von Erwartungswert Anteilswert

Konfidenzintervalle Grundlegendes Prinzip Erwartungswert Bekannte Varianz Unbekannte Varianz Anteilswert Differenzen von Erwartungswert Anteilswert Konfidenzintervalle Grundlegendes Prinzip Erwartungswert Bekannte Varianz Unbekannte Varianz Anteilswert Differenzen von Erwartungswert Anteilswert Beispiel für Konfidenzintervall Im Prinzip haben wir

Mehr

k np g(n, p) = Pr p [T K] = Pr p [T k] Φ. np(1 p) DWT 4.1 Einführung 359/467 Ernst W. Mayr

k np g(n, p) = Pr p [T K] = Pr p [T k] Φ. np(1 p) DWT 4.1 Einführung 359/467 Ernst W. Mayr Die so genannte Gütefunktion g gibt allgemein die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Test die Nullhypothese verwirft. Für unser hier entworfenes Testverfahren gilt ( ) k np g(n, p) = Pr p [T K] = Pr p

Mehr

PW2 Grundlagen Vertiefung. Kinematik und Stoÿprozesse Version

PW2 Grundlagen Vertiefung. Kinematik und Stoÿprozesse Version PW2 Grundlagen Vertiefung Kinematik und Stoÿprozesse Version 2007-09-03 Inhaltsverzeichnis 1 Vertiefende Grundlagen zu den Experimenten mit dem Luftkissentisch 1 1.1 Begrie.....................................

Mehr

Deskription, Statistische Testverfahren und Regression. Seminar: Planung und Auswertung klinischer und experimenteller Studien

Deskription, Statistische Testverfahren und Regression. Seminar: Planung und Auswertung klinischer und experimenteller Studien Deskription, Statistische Testverfahren und Regression Seminar: Planung und Auswertung klinischer und experimenteller Studien Deskriptive Statistik Deskriptive Statistik: beschreibende Statistik, empirische

Mehr

Simulationstechnik V

Simulationstechnik V Simulationstechnik V Vorlesung/Praktikum an der RWTH Aachen Numerische Simulation von Strömungsvorgängen B. Binninger Institut für Technische Verbrennung Templergraben 64 4. Teil Finite-Volumen-Methode

Mehr

Dieses Kapitel vermittelt:

Dieses Kapitel vermittelt: 2 Funktionen Lernziele Dieses Kapitel vermittelt: wie die Abhängigkeit quantitativer Größen mit Funktionen beschrieben wird die erforderlichen Grundkenntnisse elementarer Funktionen grundlegende Eigenschaften

Mehr

Einführung in Quantitative Methoden

Einführung in Quantitative Methoden Einführung in Quantitative Methoden Pantelis Christodoulides & Karin Waldherr 4. Juni 2014 Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden 1/35 Ein- und Zweiseitige Hypothesen H 0 : p =

Mehr

M1 Maxwellsches Rad. 1. Grundlagen

M1 Maxwellsches Rad. 1. Grundlagen M1 Maxwellsches Rad Stoffgebiet: Translations- und Rotationsbewegung, Massenträgheitsmoment, physikalisches Pendel. Versuchsziel: Es ist das Massenträgheitsmoment eines Maxwellschen Rades auf zwei Arten

Mehr

Methodenlehre. Vorlesung 10. Prof. Dr. Björn Rasch, Cognitive Biopsychology and Methods University of Fribourg

Methodenlehre. Vorlesung 10. Prof. Dr. Björn Rasch, Cognitive Biopsychology and Methods University of Fribourg Methodenlehre Vorlesung 10 Prof. Dr., Cognitive Biopsychology and Methods University of Fribourg 1 Methodenlehre I Woche Datum Thema 1 FQ Einführung, Verteilung der Termine 1 25.9.13 Psychologie als Wissenschaft

Mehr

Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung

Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung 2. Vorlesung Dr. Jochen Köhler 25.02.2011 1 Inhalt der heutigen Vorlesung Risiko und Motivation für Risikobeurteilungen Übersicht über die Wahrscheinlichkeitstheorie

Mehr

Aktuelle Fragestellungen / Diskussionsgrundlage

Aktuelle Fragestellungen / Diskussionsgrundlage HWSDistorsion Schutzpotential aktueller Fahrzeugsitze Tagung der GMTTB 28.4.217 Konstanz Fr. Kreutner / Hr. Reinkemeyer Aktuelle Fragestellungen / Diskussionsgrundlage 1. Steifere Strukturen: Sind die

Mehr

Skript zum Kurz-Referat:

Skript zum Kurz-Referat: Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann/ Michael Lenz WS 2001/02 Fakultät für Pädagogik (AG 4) der Universität Bielefeld Seminar: Anlage und : Der pädagogische Streit seit den 50er-Jahren 7. Sitzung: Die Erblichkeit

Mehr

Titelmasterformat durch Klicken bearbeiten

Titelmasterformat durch Klicken bearbeiten Titelmasterformat durch Klicken bearbeiten Parameteridentifikation für Materialmodelle zur Simulation von Klebstoffverbindungen Motivation Kleben als Schlüsseltechnologie in Verbindungstechnik Fahrzeugindustrie

Mehr

Biometrie im neuen Antragsverfahren

Biometrie im neuen Antragsverfahren 8. Fortbildungsveranstaltung der GV-SOLAS für Tierschutzbeauftragte und Behördenvertreter Warum biometrische Planung? Einfachste Antwort: Weil es im Genehmigungsantrag so vorgesehen ist. 2 Warum biometrische

Mehr

Sicherheit im Skisport. Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport

Sicherheit im Skisport. Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Sicherheit im Skisport Sicherheit im Skisport Herausgegeben von der Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Zahlen und Trends 2015/2016 In Kooperation mit der Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport

Mehr

Lineares Gleichungssystem - Vertiefung

Lineares Gleichungssystem - Vertiefung Lineares Gleichungssystem - Vertiefung Die Lösung Linearer Gleichungssysteme ist das "Gauß'sche Eliminationsverfahren" gut geeignet - schon erklärt unter Z02. Alternativ kann mit einem Matrixformalismus

Mehr

Unfälle mit Fußgängern

Unfälle mit Fußgängern Unfälle mit Fußgängern Auswertungen der ADAC Unfallforschung Thomas Unger, Passive Sicherheit, Unfallforschung (FCT) ADAC Technik Zentrum ADAC Unfallforschung ADAC Technik Zentrum Testzentrum der Europäischen

Mehr

Statistik. Ronald Balestra CH St. Peter

Statistik. Ronald Balestra CH St. Peter Statistik Ronald Balestra CH - 7028 St. Peter www.ronaldbalestra.ch 17. Januar 2010 Inhaltsverzeichnis 1 Statistik 1 1.1 Beschreibende Statistik....................... 1 1.2 Charakterisierung von Häufigkeitsverteilungen...........

Mehr

73 Hypothesentests Motivation Parametertest am Beispiel eines Münzexperiments

73 Hypothesentests Motivation Parametertest am Beispiel eines Münzexperiments 73 Hypothesentests 73.1 Motivation Bei Hypothesentests will man eine gewisse Annahme über eine Zufallsvariable darauf hin überprüfen, ob sie korrekt ist. Beispiele: ( Ist eine Münze fair p = 1 )? 2 Sind

Mehr

1.5 Modellieren Maximilian Geier Institut für Mathematik, Landau Universität Koblenz-Landau

1.5 Modellieren Maximilian Geier Institut für Mathematik, Landau Universität Koblenz-Landau Maximilian Geier Institut für Mathematik, Landau Universität Koblenz-Landau Modellieren & Sachrechnen - werden mal als Gegensätze - mal als mehr oder weniger identisch - und mal wird Modellieren als Teil

Mehr

Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport

Sicherheit im Skisport. Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Sicherheit im Skisport Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Zahlen und Trends 2013/2014 Herausgegeben von der In Kooperation mit der Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport Zahlen und Trends

Mehr

3. Diffusion und Brechungsindex

3. Diffusion und Brechungsindex 3. Diffusion und Brechungsinde Die Diffusion in und aus einer Schicht ist die Grundlage vieler Sensoreffekte, wobei sich die einzelnen Sensoren dann nur noch in der Art der Übersetzung in ein meßbares

Mehr

Lehrplan. Physik. Handelsschule. Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft

Lehrplan. Physik. Handelsschule. Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft Lehrplan Physik Handelsschule Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft Hohenzollernstraße 60, 66117 Saarbrücken Postfach 10 24 52, 66024 Saarbrücken Saarbrücken 2006 Hinweis: Der Lehrplan ist online

Mehr

Physik eine empirische Wissenschaft

Physik eine empirische Wissenschaft Experimentalphysik A 1. Einleitung Physik eine empirische Wissenschaft Die Naturerscheinungen laufen nicht regellos ab, sondern sie werden durch Naturgesetze gesteuert. Die Physik befaßt sich mit der Erforschung

Mehr

Tiederle. Einsatz der statistischen Versuchsplanung zur Optimierung des Drahtbond Prozesses in der Produktion

Tiederle. Einsatz der statistischen Versuchsplanung zur Optimierung des Drahtbond Prozesses in der Produktion Tiederle Einsatz der statistischen Versuchsplanung zur Optimierung des Drahtbond Prozesses in der Produktion Inhaltsanaabe ZUSAMMENFASSUNG 1 1 EI NFÜ H RU NG 3 2 DRAHTBONDPROZEß 13 2.1 PHYSIKALISCH-METALLURGISCHE

Mehr

Umfrage, eine Methode für die Maturaarbeit. GM.my in Zusammenarbeit mit der Kantonsschule Olten

Umfrage, eine Methode für die Maturaarbeit. GM.my in Zusammenarbeit mit der Kantonsschule Olten Umfrage, eine Methode für die Maturaarbeit GM.my in Zusammenarbeit mit der Kantonsschule Olten 1 Aufbau 1. Umfrage, eine Methode für die MA 2. Wie frage ich? 3. Wen frage ich? 4. Wie werte ich die Antworten

Mehr

FEM-Modellbildung und -Berechnung von Kehlnähten

FEM-Modellbildung und -Berechnung von Kehlnähten FEM-Modellbildung und -Berechnung von Kehlnähten 1. Problemstellung und Lösungskonzept Die wesentliche Schwierigkeit bei der Berechnung einer Kehlnaht ist die Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Geometrie

Mehr

Erwartungswert, Umgebungswahrscheinlichkeiten und die Normalverteilung

Erwartungswert, Umgebungswahrscheinlichkeiten und die Normalverteilung R. Brinkmann http://brinkmann-du.de Seite 5.05.0 Erwartungswert, Umgebungswahrscheinlichkeiten und die Normalverteilung Erwartungswert binomialverteilter Zufallsgrößen Wird ein Bernoulli- Versuch, bei

Mehr

WAHRSCHEINLICHKEITSRECHNUNG

WAHRSCHEINLICHKEITSRECHNUNG WAHRSCHEINLICHKEITSRECHNUNG Mathematischer Teil In der Wahrscheinlichkeitsrechnung haben wir es mit Zufallsexperimenten zu tun, d.h. Ausgang nicht vorhersagbar. Grundbegriffe Zufallsexperiment und Ergebnisse

Mehr

8. Statistik Beispiel Noten. Informationsbestände analysieren Statistik

8. Statistik Beispiel Noten. Informationsbestände analysieren Statistik Informationsbestände analysieren Statistik 8. Statistik Nebst der Darstellung von Datenreihen bildet die Statistik eine weitere Domäne für die Auswertung von Datenbestände. Sie ist ein Fachgebiet der Mathematik

Mehr

Mathematische Grundlagen der dynamischen Simulation

Mathematische Grundlagen der dynamischen Simulation Mathematische Grundlagen der dynamischen Simulation Dynamische Systeme sind Systeme, die sich verändern. Es geht dabei um eine zeitliche Entwicklung und wie immer in der Informatik betrachten wir dabei

Mehr

5. Statistische Auswertung

5. Statistische Auswertung 5. Statistische Auswertung 5.1 Varianzanalyse Die Daten der vorliegenden Versuchsreihe zeigen eine links steile, rechts schiefe Verteilung. Es wird untersucht, ob sich die Meßdaten durch Transformation

Mehr

Die Kategorisierung strukturierter Produkte im deutschen und Schweizer Derivatemarkt

Die Kategorisierung strukturierter Produkte im deutschen und Schweizer Derivatemarkt Die Kategorisierung strukturierter Produkte im deutschen und Schweizer Derivatemarkt Bachelorarbeit in Corporate Finance am Institut für schweizerisches Bankwesen der Universität Zürich bei Prof. Dr. R.

Mehr

Wahrscheinlichkeitsverteilungen

Wahrscheinlichkeitsverteilungen Universität Bielefeld 3. Mai 2005 Wahrscheinlichkeitsrechnung Wahrscheinlichkeitsrechnung Das Ziehen einer Stichprobe ist die Realisierung eines Zufallsexperimentes. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung betrachtet

Mehr