2.2 Aufbau der Hornkapsel

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1 66 Der Huf - Aufbau und Funktion Abb. 2.4 Bezeichnungen der Hornabschnitte 2.2 Aufbau der Hornkapsel Je nach Lage besteht ein Huf aus diesen Hornabschnitten: 1 Saumhorn 2 Kronhorn 3 Wandhorn 4 Sohlenhorn 5 Strahlhorn 6 Ballenhorn Die Hornkapsel wird unterteilt in Harthorn- und Weichhornbereiche. Also in hartes stabiles Horn und weiches elastisches Horn. Harthornbereiche sind: Hornwand mit dem Tragrand Eckstreben Sohle Durch die wechselnde Anordnung von Hartund Weichhornbereiche hat die Hornkapsel die Möglichkeit, sich zu bewegen. Betrachtet man einen Huf von unten, wird durch den V-förmigen Strahl ein Ziehharmonika ähnlicher Aufbau sichtbar. Problemlos lässt sich der Barhuf seitlich mit den Händen oder der Hufuntersuchungszange zusammendrücken. Auch eine leichte seitliche Verwindung des Hufes mit den Händen ist möglich. Die Bewegung der Hornkapsel ist beim Be- und Entlasten der Hufe, also beim Laufen, enorm wichtig. Sie schützt und dämpft unter anderem das Innenleben der Hufe mit seinen empfindlichen Strukturen. Weichhornbereiche sind: Kronsaum Saumband Weiße Linie Strahl Ballen Blättchenschicht im Inneren des Hufes

2 67 Abb. 2.5 Der horizontale Hufmechanismus: A im aufgehobenen Zustand, B im belasteten Zustand 2.3 Der Hufmechanismus Die im vorherigen Kapitel beschriebene Bewegung der Hornkapsel wird als Hufmechanismus bezeichnet. Ruthe (1955) beschreibt in seinem Lehrbuch den Hufmechanismus so: Hufmechanismus ist eine Formveränderung des Hufes während der Be- und Entlastung der Gliedmaße, die sich in Verformungen der Hornkapsel zeigt. Damit ist alles gesagt! Je nach Bewegungsrichtung gibt es einen horizontalen - auseinander und wieder zusammen - wie die Ziehharmonika, und einen vertikalen Hufmechanismus - die Fähigkeit sich zu verwinden. Der horizontale Hufmechanismus wird erst durch den Aufbau des Hufes mit seinem abwechselnd angeordneten Hart- und Weichhornbereichen möglich. Die innen liegende Blättchenschicht und der weiche Strahl sind dabei wichtige Bestandteile. Die seitlichen Strahlfurchen sorgen für die nötige Bewegungsfreiheit. Der vertikale Hufmechanismus wird nicht nur durch den äußeren Aufbau des Hufes ermöglicht. Wichtig dabei sind auch die inneren Strukturen, der Aufbau und die Funktion der unteren beiden Zehengelenke: dem Kron- und dem Hufgelenk. Erinnern Sie sich? Beides sind Sattelgelenke, die nicht nur eine Vor- und Rückbewegung zulassen, sondern eben auch seitliche Kippbewegungen und leichte Rotationsbewegungen ermöglichen. Der Huf - Aufbau und Funktion Abb. 2.6 Der vertikale Hufmechanismus: Links: Barhuf, die Hornkapsel geht mit der Bewegung mit. Rechts: Mit starrem Beschlag erfolgt der Ausgleich über die Zehengelenke.

3 128 Grundlagen der Hufbearbeitung Die zehenweite Hufstellung Die zehenenge Hufstellung Beide Vordergliedmaßen von vorne betrachtet, die Hintergliedmaße ebenso. Zeigt die Zehe deutlich nach außen, spricht man von einer zehenweiten Hufstellung. Mögliche Ursachen: Drehungen und Knicke in einem Knochen oder in den Zehengelenken nach lateral, x-beinige Gliedmaßenstellung. Beide Vordergliedmaßen von vorne betrachtet, die Hintergliedmaße ebenso. Zeigt die Zehe deutlich nach innen, spricht man von einer zehenengen Hufstellung. Die zehenenge Hufstellung an der Hinterhand ist nur in der Bewegung von hinten zu erkennen. Mögliche Ursachen: Drehungen und Knicke in einem Knochen oder in den Zehengelenken nach medial. Abb Die zehenweite Hufstellung an der Vorhand. Abb Die zehenweite Hufstellung an der Hinterhand. Abb und 5.61 Die zehenenge Hufstellung oben: Drehung im Kron- und Hufgelenk unten: Drehung im Fesselgelenk.

4 5.9 Die Hufformen Die Form eines Hufes folgt der Belastung, denen sie ausgesetzt ist. Liegt also eine Fehlstellung der Gliedmaßen vor, wird man auch keine optimale Hufform vorfinden. Je schiefer das Bein, umso schiefer der Huf. Je mehr Belastung auf einen Teil des Hufes kommt, umso steiler die Hufwand. Eine flache Hufwand trägt demzufolge weniger Gewicht. Durch solche Druckverhältnisse kann sich im Laufe der Zeit das Hufbein verformen. Ist der Ast eines Hufbeines erst mal nach innen gestaucht/gedrückt, bringt man ihn selten wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Da hilft weder gute Hufpflege noch jeglicher Beschlag. Der Kronsaum sollte dem Verlauf der Hufform folgen. Also runder Huf = runder Kronsaum. In den meisten Fällen sind die lateralen Wände etwas weiter als die medialen. Die medialen Gelenksflächen sind größer, weil sie mehr Gewicht tragen müssen. Faktum: mehr Gewicht bedeutet unten eine steilere Hufwand. Die Vorderhufe sind normalerweise etwas größer als die Hinterhufe. Die regelmäßige Hufform der Vordergliedmaße Durch die stützende Funktion der Vorhand ist der Vorderhuf rund. Rund wie eine Säule. Auch das Hufbein hat eine runde Form. 129 Grundlagen der Hufbearbeitung Zeigen zwei übereinander liegende Gelenke eine Drehung in die jeweilig entgegengesetzte Richtung (Z-Stellung), findet man erstaunlicherweise oft eine sehr regelmäßige Hufform darunter. Verfolgt man das Lot von oben nach unten wird klar, dass das Gewicht, das von oben kommt, den Druck auf die Hornkapsel durch die entgegengesetzte Drehung wieder ausgleicht. Somit ist dieser Huf erstaunlicherweise sehr regelmäßig. Die regelmäßige Hufform der Hintergliedmaße Durch die Schubfunktion der Hinterhand ist der Hinterhuf oval. Durch das leichte nach außen Drehen der Hintergliedmaße werden die inneren Hufwände etwas mehr belastet. Dadurch ist die mediale Hufwand etwas enger, die laterale etwas weiter. Dies ist vollkommen normal und zählt als regelmäßige Hufform. Das Hufbein hat eine leicht ovale Form. Abb und 5.63 Die regelmäßige Hufform der Vorder- und Hintergliedmaße

5 132 Grundlagen der Hufbearbeitung Der herzförmige Huf Der Huf zeigt im aufgehobenen Zustand mit etwas Fantasie die Form eines Herzens. Die Zehe ist spitz, die Trachtenwände werden nach außen weg gedrückt. Diese Hufform ist oft rassebedingt. Man findet sie bei Kaltblutpferden und Tinkern. Solche Pferde werden diese Hufform auch zeitlebens beibehalten. Jeder Versuch durch Hufbearbeitung diese Hufform abzuändern, scheitert. Ein Grund für diese Hufform können auch zu hohe Trachten sein Der Hufwinkel In jedem Buch über Hufbearbeitung und Hufbeschlag finden sich an dieser Stelle Angaben über den optimalen, funktionalen Hufwinkel. Dort wird beschrieben, dass der korrekte Hufwinkel der Vorderhufe zwischen 45 und 50 Grad beträgt. An der Hinterhand bei 50 bis 55 Grad. Dies schaut in der Realität vollkommen anders aus. Jedes Pferd hat seinen ganz eigenen funktionalen Hufwinkel. Man kann ihn nicht vorschreiben. Ich habe auch in meiner langjährigen Berufserfahrung noch kein Pferd gefunden, das auf der Vorhand mit 45 Grad passend steht. Woher kommen diese Angaben? Die Geschichte von Hufbearbeitung und Hufbeschlag ist viele hundert Jahre alt. Irgendwann wurden in einem Buch diese Angaben gemacht, diese dann einfach von Buch zu Buch übernommen, ohne groß hinterfragt zu werden. Abb Herzförmiger Huf Der querovale Vorderhuf Der Huf ist mehr breit als lang. Diese Hufform kann angeboren aber auch erworben sein. Beim Erworbenen schmerzt der hintere Teil des Hufes. Es wird mehr Last auf die Zehe aufgenommen. Die Zehe läuft sich dadurch sehr stark ab. Welche Teile im hinteren Hufbereich können so stark schmerzen, um diese Hufform hervor zu rufen? Denken Sie an die Hufrolle und die Hufknorpel. Doch was ist nun der Hufwinkel? Es wird der Winkel zwischen der Zehenwand und dem Tragrand gemessen. Dazu gibt es unterschiedliche Modelle an Hufwinkelmessern. Siehe Werkzeug. Ein stumpfer Huf hat einen steilen Hufwinkel. Ein langer, weich gefesselter Huf hat einen flachen Hufwinkel. Zum Vergleich, ein nicht korrigierter Bockhuf hat einen Hufwinkel zwischen 80 und 90 Grad. Abb Querovaler Huf

6 Verschiedenen Hufwinkel von Vorderhufen die doch alle passend zum Fesselstand sind: Abb Ein steil gefesselter Huf Hufbearbeitungstheorien Wo schneide oder rasple ich am Huf was ab? Eine Frage, die sich nicht nur Sie stellen, sondern die schon sehr alt ist. Seit das Pferd vom Menschen genutzt wird, machen wir uns mehr oder weniger Gedanken um dessen Hufe. Praktisch wäre eine Richtlinie, eine Theorie, die auf jeden Huf passen würde. Wenn es so eine gäbe, hätte der Mensch schon längst eine Maschine für die Hufpflege erfunden. Nach dem Motto: Huf rein, kurz angestellt, Huf raus, fertig. So einfach ist es leider nicht. Trotzdem haben sich schlaue Köpfe in den letzten Jahrhunderten schon ihre Gedanken gemacht. Sie entwickelten nicht eine, sondern sechs Hufbearbeitungstheorien. Das sind Orientierungslinien, die man zur Beurteilung an Huf und Gliedmaßen einsetzt. Dadurch wird es leichter festzustellen, welche Hufabschnitte länger oder weiter sind und welche Bereiche bearbeitet werden müssen. 133 Grundlagen der Hufbearbeitung Diese Theorien heißen: Abb Ein regelmäßig gefesselter Huf - 55 Zehenachsen-Theorie Fesselachsen-Theorie Fesselstands-Theorie Kronsaum-Theorie Fußungs-Theorie Sohle-Strahl Ebene Abb Ein lang/weich gefesselter Huf Dieser ist schon an der Grenze zum Zu-flach-sein.

7 290 Hufschutz Ein Cast findet ebenso Anwendung bei Pferden mit extrem dünner Hufwand die mit dem Nageln immer negativ reagieren. Die Hufnägel reißen schnell aus oder die Hufnägel drücken. Im schlimmsten Fall wird das Pferd vernagelt. Cast drauf und dann beschlagen ist hier die perfekte Lösung. Bei jeglichen Lahmheiten in Verbindung mit Entzündungen im Huf. Ein weiterer Vorteil: der Castverband wird beim Aushärten nicht heiß. Der Huf muss weder entfettet noch getrocknet werden, was den Arbeitsaufwand stark reduziert. Jedoch geht er leicht verloren bei sehr niedrigen, unterschobenen oder kollabierten Trachten. Um das zu verhindern, sind kleine Schräubchen in die Trachtenwand zu drehen. Nicht zu tief natürlich. Hier kann sich der Cast festhaken und nicht nach unten rutschen. Vorsicht: Wird am Huf mehrfach (drei mal) hintereinander ein Cast auf einen Huf aufgebracht, beginnen die Trachten zu kollabieren. Polster - Einlagen - Keile Worin bestehen die Unterschiede? Polster werden aus einer Art Silikon oder Zweikomponenten-Kunststoff hergestellt. Es gibt sie von ganz weich bis sehr fest, je nachdem wofür sie verwendet werden sollen. Sie können grundsätzlich nur in Verbindung mit einem Beschlag angewendet werden. Man kann in einen Huf auch zwei in der Härte unterschiedliche Polster einbringen. Bei einer akuten Hufrehe beispielsweise weich an der Zehe (der distale Rand des Hufbeins drückt hier nach unten) und hart im Trachtenbereich (bessere Unterstützung). Bei einem Hufrollenproblem wird es genau entgegengesetzt eingebracht, da der hintere Hufbereich schmerzt. Polster lassen sich in jeden Beschlag füllen. Egal aus welchem Werkstoff. Egal ob genagelt oder geklebt. Bei den Polstern auf Silikonbasis wird eine Platte zwischen Huf und Beschlag mit eingenagelt, da dieses Polster sonst herausfallen würde. Polster, die in Kartuschen angeboten werden, kleben auch. So ähnlich wie Kunsthorn oder die Kleber der Klebeschuhe. Bei denen muss keine zusätzliche Platte angebracht werden. Auch der Cast fällt unter permanenten Hufschutz und darf laut Hufbeschlagsgesetz nur von einem Tierarzt, Hufbeschlagschmied oder Huftechniker angebracht werden. Abb Ein Polster in einem aufgenagelten Alubeschlag. Zusätzlich wurde eine Platte/Einlage mit Strahlunterstützung eingebracht. Mit dem jeweils vierten Hufnagel pro Seite wurde die Einlage am Beschlag fixiert. Er wurde nicht in den Huf eingeschlagen! Er wäre sonst hinter der weitesten Stelle des Hufes!

8 Keile sind aus Kunststoff. Sie werden in verschiedenen Höhen und Variationen hergestellt und zwischen Huf/Trachten und Beschlag befestigt. Sie reduzieren den Zug der tiefen Beugesehne und sorgen für ein schnelles Abrollverhalten. Sie werden bei vielen Erkrankungen wie akute Hufrollenentzündung, Sehnenschäden, Arthrose, etc. eingesetzt. Ihr großer Nachteil ist, sie üben durch das Höherstellen der Trachten einen extrem starken Druck auf eben diese Trachten aus. Diese werden u. a. stark mit Bakterien unterminiert und gehen kaputt oder kollabieren. Durch den erhöhten Druck auf die Trachten kann bei einer Hufrollenproblematik keine Besserung, sondern eine Verschlechterung der Situation eintreten. Deshalb sollten Keile nie zu lange am Huf angebracht werden. In akuten Fällen ein bis zwei Beschlagsperioden. Danach sollte man auf die Keile wieder verzichten. Abb Eine kleine Auswahl verschiedener Einlagen von oben Abb links nach unten rechts: geschlossene Platte mit Keil, Eine kleine Auswahl verschiedener Keile von oben links geschlossene Platte mit Strahl- und Sohlenunterstützung, nach unten rechts: Keil-Steg, zweimal kleine Keile zur Luwex Dämpfungseinlage, Lederplatte, Keileinlage mit Trachtenerhöhung, zweimal ein Keil-Steg mit einer Strahlunterstützung, Luwex Gittereinlage. Aussparung für den Strahl (wenn ein Pferd einen sehr ausgeprägten Strahl hat oder keinen Druck auf den Strahl bekommen darf). Abb Steghufeisen mit Lederplatte nach einem Huf- Abb Eine Keileinlage unter einem Alubeschlag abszess. bei einem leichten Sehnenproblem. 291 Hufschutz Einlagen sind Platten aus Kunststoff oder Leder, die zwischen Huf und Beschlag genagelt oder beim Klebeschuh auch geklebt werden. Die meisten Einlagen sind komplett geschlossen. Es gibt Einlagen auch in Hufeisenform, bei denen die Sohle offen ist. Sie sorgen nur für Dämpfung, während bei geschlossener Sohle diese zusätzlich gut geschützt wird. Geschlossene Einlagen oder Gittereinlagen müssen immer mit einem Polster oder wenigstens mit Werg/Hanf unterfüttert werden! Steine und Erde würden sich sonst von hinten unter die Einlage schieben und starken Druck auf die Sohle auslösen. Das kann zu Lahmheit, Hufprellungen oder auch Hufabszessen führen. Sinn und Zweck der Einlagen wären damit nicht mehr erfüllt.