Oberösterreichisches Artenschutzprogramm Wachtelkönig
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- Monica Winkler
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1 NATURSCHUTZABTEILUNG ÖBERÖSTERREICH Oberösterreichisches Artenschutzprogramm Wachtelkönig ÖKO L 29/1 (2007): Hans UHL Büro für Integration von Natur & Mensch Kremsstraße 6 A-4553 Schlierbach uhl@naturundmensch.com Dumpf gurgelnd und hell wiehernd umkreist der wilde Vogel seine Braut bei der Balz mit gesenktem Kopf. Ihre Zustimmung klingt wie das Iah! eines Esels. Und weil Liebe durch den Magen geht, bietet er ihr balzend Schmetterlingslarven und andere Köstlichkeiten an, bevor er sie wieder und wieder besteigt (ALBUS 2005). Dieses Schauspiel wurde bisher nur bei gefangenen Wachtelkönigen beobachtet (SCHÄFFER u. a. 1997), weil ihre scheue Lebensweise in den hoch stehenden Brutwiesen keine Freilandbeobachtung derartiger Intimitäten zulässt. Dank der neunjährigen Erfahrungen des oberösterreichischen Wachtelkönig-Schutzprogramms der Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich wissen wir heute, wie wir die Lebensräume dieser so seltenen wie faszinierenden Vogelart besser schützen können. Der Wachtelkönig (Crex crex - Abb. 1) kommt spät im Frühling zeitgleich mit den Wachteln aus seinen südost- oder zentralafrikanischen Winterquartieren in seine europäischen Brutwiesen zurück. Er besiedelt mit ihnen von Mai bis August lauthals rufend seine Reviere in Wiesen, seltener in Feldern. Dies, vielleicht in Verbindung mit seinem anmutigen Kopfnicken bei jedem Schritt, hat ihm seinen deutschen Namen eingebracht. Schon in der Antike wurde er Wachtelmutter genannt. Im deutschsprachigen Raum sind 118 mundartliche Namen dokumentiert, von Gerstenratzer über Schnarrhühnchen bis zum Wiesenschnarcher (ALBUS 2005). Aus dem Mühlviertel können wir dazu die alten Mundartausdrücke Goretzer und Saus- oder Sensenkittel anfügen (Abb. 2). Wer, wie Norbert Pühringer und ich einmal in kalten Mainächten mit Klangattrappen ausgestattet, schlotternd in feuchten Wiesen liegend, versucht hat, Wachtelkönig-Männchen zur Beringung zu fangen, kann sich den Reizen dieses Vogels schwer entziehen. Erst schreit er unglaublich laut seinen Zweier-Rhythmus, als würden mit einem Hölzchen Kammzähne hin und her gestrichen. Dann, nach seiner unsichtbaren Annäherung auf wenige Meter und aufgeregtem Krächzen oft direkt neben der Kassettenrecorderstimme, verfängt er sich im reusenartigen Bodennetz und ist plötzlich still. Wer glaubt, dass diese nur 25 cm kleine, daraufhin mit einem internationalen Ring versehene, in ihre weite Wiesenfreiheit entlassene Wiesenralle dann schockiert den Schnabel hält oder weit flüchtet, irrt. Als würde sie die vor Kälte zitternden Fänger verspotten, beginnt sie meist nach wenigen Sekunden schon wieder ihr monotones Rufen (Abb. 3 und 4). Abb. 1: Wachtelkönig-Männchen, Kremsauen Juni 2003 Abb. 2: Rufendes Männchen, Kremsauen, Juni ÖKO L 29/1 (2007)
2 Außergewöhnliches Brutverhalten Abb. 3: Beringtes adultes Männchen, Nebelberg/Böhmerwald Juni 2001 Als europaweit höchst gefährdetem Vogel ist der einstmals gespenstischen Mäherhex mittlerweile soviel wissenschaftliche Aufmerksamkeit zuteil geworden, dass einige der langjährigen Rätsel um ihr Zug- und Reproduktionsverhalten neu diskutiert werden. Noch 1911 wird im Brehm über diesen, sich im Brutrevier bevorzugt am Boden in dichter Vegetation bewegenden, kaum zu sehenden Vogel vermutet, dass er größte Teile des nächtlichen Vogelzugs laufend absolviert! (ALBUS 2005). Heute wissen wir, dass der Wachtelkönig ein ausgeprägter Weitstreckenflieger ist, der seine bis zu 7000 km weiten Strecken hauptsächlich über das östliche Mittelmeer und den Nahen Osten zurücklegt. Eine Hochrechnung der Royal Society for the Protection of Birds ergab, dass alljährlich etwa zwölf- bis vierzehntausend Wachtelkönige während des Herbstzugs durch Ägypten Vogelfängern zum Opfer fallen (SCHÄFFER 1996). Kurz nach ihrer Ankunft im Brutgebiet besetzen die Männchen ab Anfang Mai hauptsächlich durch nächtliches, stundenlanges, bis zu einem Kilometer weit hörbares Rufen, ein erstes Brutterritorium. Das Rufen dient dazu, paarungsbereite Weibchen anzulocken. Während der Phase der Befruchtung begleitet das Männchen das Weibchen zur Sicherung seiner Vaterschaft. Die kurze, heftige Liebe endet aber bereits vor dem Ende der Eiablage. Die Männchen versuchen dann, verstärkt durch die Aggressivität der Weibchen, in unterschiedlich entfernten Gebieten neue Partnerinnen zu gewinnen. Im Kremstal wurde durch Beringung nachgewiesen, wie Männchen Zweitreviere in ca. 500 m zum ersten etablieren und dort bis Mitte Juli rufen. Es gibt allerdings auch zahlreiche Ringfunde, die mehrere hundert bis 1000 km weite Zugbewegungen der Männchen während der Brutzeit belegen. Wachtelkönig-Weibchen legen in rekordverdächtig kurzer Zeit ihre Eier in flache Bodennapfe, die mit Grashalmen und Pflanzenstängeln ausgelegt sind. Das 7-12 Eier große Vollgelege kann schon in 5 Tagen fertig sein Tage beträgt die Bebrü- Abb. 4: Männchen steht auf mit Gras abgedecktem CD-Player Abb. 5: Wachtelkönige bevorzugen hoch stehende Wiesen ÖKO L 29/1 (2007) 23
3 Abb. 6: Gelege mit 10 Eiern, Buchers/Südböhmen, Foto: H. U h l tungszeit. Die schwarzen Küken schlüpfen innerhalb eines Tages, werden die ersten 4-5 Tage vom Weibchen gefüttert und ernähren sich ab dann ausschließlich selbst (FRÜHAUF 2005). Schon ab dem 12. Tag verlässt die Mutter die Jungen und wendet sich spätestens damit der zweiten Brut zu (Abb. 6). Neue Telemetrieergebnisse in Tschechien weisen Wachtelkönig-Männchen als stille Seitenspringer aus. Die meisten Männchen besuchen jeden bis jeden dritten Tag gezielt und heimlich die Nachbarreviere bis in eine Entfernung von 600 Meter zum eigenen Rufplatz. Sie vermeiden durch diese Heimlichkeit Auseinandersetzungen mit den Nachbarmännchen. Es wird vermutet, dass dieses Verhalten dazu dient, nach Weibchen zu suchen, eventuell paarungsbereite in das eigene Revier zu treiben oder einfach einen Seitensprung zu riskieren (SKLIBA u. FUCHS 2004). Kohlrabenschwarze Küken Flugfähigkeit, sehen die Jungvögel aus wie blasse Altvögel. Sie haben bereits deren Körpergewicht. Das gesamte Federkleid weist dann als Grundton Ocker auf, die Grautöne der meisten Altvögel fehlen noch. Allerdings kann dieses Grau bei einzelnen Altvögeln so schwach ausgeprägt sein, dass im Freiland Verwechslungen mit Jungvögeln nicht auszuschließen sind (SALZER u. SCHÄFFER 1997). Verwechslungsgefahr besteht auch zum Beispiel mit ähnlichen, jedoch kleineren Wachteln oder jungen Rebhühnern. Besondere Vorsicht ist also geboten, bei der Meldung von halbwüchsigen Wachtelkönigen als Brutnachweise für ein bestimmtes Gebiet (Abb. 8)! Flugunfähige Altvögel Auch wenn Wachtelkönige, etwa beim Mähen im Sommer flugunfä- Abb. 7: Ca. 4 Tage altes Küken, Hörleinsödt/Böhmerwald 2005 Foto: K. Zimmerhackl hig flüchten, ist das noch längst kein Brutnachweis. Zur Gefiedermauser verlieren Altvögel zwischen Mitte Juli und Ende August innerhalb kurzer Zeit ihre gesamten Hand- und Armschwingen und damit für Tage ihre Flugfähigkeit (SCHÄFFER 1996). Übrigens sind natürlich auch diese flugunfähigen Altvögel stark durch Wiesenmahd gefährdet und durch Prädatoren. So brachte 2006 im Böhmerwald eine Katze in ihrem Maul einen zu unvorsichtigen alten Wachtelkönig direkt ins Haus. Bestandseinbrüche und Bestandserholung Aufgrund der vergleichsweise geringen Ortstreue und der enormen Populationsdynamik dieser Vogelart ist es zielführend, ihre Bestandsentwicklung in Metapopulationen zu dis- Die zunächst völlig schwarzen Pullis können mit keiner anderen Vogelart unserer Kulturlandschaft verwechselt werden. In Brutgebieten passiert es, dass derartige kohlrabenschwarze Küken bei Mäharbeiten entdeckt werden, so geschehen am an der Staatsgrenze im Böhmerwald bei Hörleinsödt. 5 Küken und das Weibchen in einer Hudersituation wurden durch die Heuernte dabei getötet (ZIM- MERHACKL u. UHL 2006) (Abb. 7). Ab einem Alter von ca Tagen wird dieses Dunenkleid zunehmend mit braunen Federn durchsetzt. Ab dem ca. 30. Tag, also noch vor der Abb. 8: Ca. 4 Wochen alter, noch flugunfähiger Jungvogel, Nussbach, Juli ÖKO L 29/1 (2007)
4 kutieren, also großräumige Betrachtungsweisen in den Vordergrund zu rücken. Nach den dramatischen Bestandseinbrüchen des Wachtelkönigs in den 1970er und 1980er-Jahren, verursacht durch die Industrialisierung der Landwirtschaft, zeigt die Entwicklung in Mittel- und Westeuropa in den 1990er-Jahren leichte Bestandserholung, allerdings auf viel niedrigerem Niveau als vor den Rückgängen. So werden derzeit aus unseren Nachbarländern Deutschland ca. 2500, Tschechien und Slowakei jeweils 1600 Brutpaare bei leicht ansteigenden Tendenzen gemeldet (BIRDLIFE IN- TERNATIONAL 2004). Die in Osteuropa vorkommenden, größten Populationen dürften vom kurzfristigen Niedergang so mancher Landwirtschaften profitiert haben. Diese Quellpopulationen tragen wohl wesentlich dazu bei, die ausgedünnten Bestände in Mitteleuropa aufzufüllen. Allerdings deuten aktuelle Entwicklungen darauf hin, dass die Zeiten von Wachtelkönig-Eldorados in Russland (mindestens 1 Million) oder der Ukraine (ca ) bald vorbei sein werden (BIRDLIFE INTERNATIO- NAL 2004). Eine industrialisierte Landwirtschaft wird auch dort Bestandszusammenbrüche dieser Art verursachen. Und wer sollte den ökonomisch armen Osteuropäern Vorwürfe machen? Die Schweiz mit Wachtelkönigen? Oder Österreich mit Rufern? Das Artenschutzprogramm in Oberösterreich Durch das seit 1998 finanzierte Artenschutzprojekt Wachtelkönig liefert die Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich positive Beiträge zum Wiederaufbau einer vitalen österreichischen Population, soweit diese Bezeichnung beim höchst dynamischen Wachtelkönig zutreffen kann. Dazu gehört eine landesweite, jährliche Bestandserfassung ebenso wie einjährige Förderangebote an die Bewirtschafter von Wachtelkönig-Wiesen und die Betreuung der Mäharbeiten durch die Beauftragten. Die Ausweisung des Vogelschutzgebietes Freiwald an der Grenze zu Südböhmen im Jahr 2004 ist wesentlicher Bestandteil dieser Schutzbemühungen, steht in der Umsetzung aber noch im Anfangsstadium. Abb. 9: Mahd von innen nach außen schützt Jung- und Altvögel, Mondsee, Juli 2004 Foto: H. U h l Nachdem für die Mitte des letzten Jahrhunderts aus den meisten Landesteilen Bruthinweise dokumentiert sind, war der Wachtelkönig in den 1980er-Jahren nur mehr als sporadischer Brutvogel einzustufen, mit der Einschränkung, dass entlang der südböhmischen Grenze im Mühlviertel vermutlich durchgehend einzelne, unbemerkte Bruten statt gefunden haben (UHL 2003). Durch die Einführung des Artenschutzprogramms haben sich unser Wissensstand über den Wachtelkönig stark verbessert und vor allem Schutzerfolge eingestellt! Während des außerordentlichen Aktivitätshochs 1998 und 1999 im Freiwald, konnten dort durch das intensive Engagement des Ornithologen Mag. Alois Schmalzer sehr wertvolle Erfahrungen bei der Realisierung der einjährigen Wachtelkönig-Verträge gemacht werden. Verträge ab 8 Tage Rufaktivitäten So wissen wir heute, dass es sich lohnt, Wiesen unter Vertrag zu nehmen, aus denen Wachtelkönig-Männchen mindestens 8 Tage gerufen haben, auch wenn danach keinerlei Hinweise mehr vorliegen. Vielfach sind die Männchen schon weitergezogen und die Weibchen reproduzieren völlig heimlich. Günstig ist es, Brutwiesen der Erstbruten erst Anfang August zu mähen und dies unter Anwendung von weiteren Maßnahmen, wie Mähen von innen nach außen um die Fluchtmöglichkeit der Vögel zu verbessern. Sind dann in den letzten Mahdstreifen Jungvögel zu beobachten, ist hilfreich, diese Streifen noch eine Nacht stehen zu lassen, damit die zunächst orientierungslosen Vögel in Ruhe in höher stehende Vegetation auswandern können (Abb. 9 und 10). Abb. 10: Späte Mahd einer Vertragswiese, Nebelberg, August 2001 Foto: H. U h l ÖKO L 29/1 (2007) 25
5 Abb. 11: Zermähtes Gelege im Vogelschutzgebiet Maltsch, August 2006 Foto: W. Sollberger Wachtelkönig-Weibchen legen das Nest bevorzugt in einer Umgebung von weniger als 100 Meter zum Rufplatz des Männchens an. Zum Schutz der Gelege und der Jungfamilien, die sich während der Führungszeit bis ca. 200 Meter vom Nest entfernen, empfiehlt es sich, 2-3 ha Wiesen zu schützen (FRÜHAUF 2005). Die ab 2006 in Oberösterreich praktizierte Durchschnittsgröße von 1,5 ha Vertragswiesen je Brut ist schon als an den knappen Geldmitteln orientierter Kompromiss zu sehen. Immerhin bekommt der Landwirt an Ertragsentgang und für den erhöhten Bewirtschaftungsaufwand je Hektar Vertragswiese 630 Euro. Wenn rufende Wachtelkönige kurzfristig bekannt werden und die Mahd unmittelbar bevorsteht, ist oft schwer abschätzbar, ob sich der Aufwand einer verspäteten Mahd lohnt. Diesbezüglich und in vielen weiteren Fällen sind Beobachtungshinweise durch Landwirte oder Jäger sehr hilfreich, um die Situation fachkundig einstufen zu können. Zum Beispiel weisen Tagrufe bei gleichzeitiger Reduktion der Nachtrufe auf fortgeschrittenen Verpaarungszustand hin. Wachtelkönige zeitigen meist Zweitbruten. Brutversuche bis Mitte Juli sind keine Seltenheit. Es ist sinnvoll, auch diese zu schützen. Allerdings können dann die durch Mäharbeiten extrem gefährdeten Küken bis Ende August vorkommen. Was wiederum enormes Entgegenkommen durch die beteiligten Landwirte braucht. Wer mäht seine Futterwiesen schon gerne Anfang September? Da die Einjahresverträge auf völlig freiwilliger Basis beruhen, kommt es leider fast jährlich vor, dass einzelne Landwirte wissentlich aus ökonomischen oder anderen Gründen Wachtelkönig-Gelege durch Ausmähen vernichten (Abb. 11). Nach dem Höchststand von 17 derartigen Verträgen allein im Freiwald im Jahr 1999 pendelt sich diese Zahl, entsprechend den geringeren Wachtelkönigbeständen in den letzten Jahren bei durchschnittlich 7-12 Verträgen für ganz Oberösterreich ein. Viele Landwirte beteiligen sich zuerst mit Skepsis an dieser Aktion. Wenn sie die rufenden Männchen in den eigenen Wiesen hören oder gar Jungvögel beim Mähen selbst beobachten, steigt die Begeisterung meist sprunghaft. Die Teilerfolge Insgesamt beträgt der dokumentierte Landesbestand seit dem Jahr Wachtelkönige jährlich. Dies bedeutet zumindest eine Verdopplung zur Situation Mitte der 1990er- Jahre. Leider stagnierten zuletzt die Vorkommen im Freiwald samt dem Maltschtal. Die außerordentlichen Zahlen 1998/1999 mit bis zu 50 Männchen, konnten erwartungsgemäß nicht gehalten werden. Diese Änderungen (5-15 Männchen ) bewegen sich im Rahmen bekannt starker Fluktuationen der Art. Weiterer Rückgang spät gemähter Wiesenflächen in der Region und großflächige Intensivierungen der Wiesennutzung auf südböhmischer Seite bieten hier viele Anlässe für eine Verstärkung der Schutzmaßnahmen (Abb. 12). Abb. 12: Eines von bis zu 50 Männchen im Freiwald, Gugu 1999 Hingegen profitiert der oberösterreichische Böhmerwald zurzeit von den anhaltend guten Wachtelkönig- Beständen im südböhmischen Teil des Gebietes (Mitteilung P. Bürg e r ). Immer wieder stoßen die Wachtelkönige weit nach Oberösterreich vor, im Jahr 2006 zum Beispiel ins Mühltal oder an die bayerische Grenze bei Nebelberg. 4-9 Wachtelkönig- Männchen konnten 2006 auf der Mühlviertler Seite nachgewiesen werden, gut untersucht von Mag. Thomas Engleder, ÖNJ (Österreichische Naturschutzjugend) Haslach. Mit Ausnahme der regelmäßig besetzten, spät gemähten Wiesen bei Sonnenwald, dürfte der Bruterfolg hier allerdings noch gering gewesen sein. Für das Mühlviertel ist nachgewiesen, dass die nährstoffarmen weil düngerfreien Pflegeausgleichswiesen keinen ausreichenden Lebensraum für Wachtelkönige bieten. Sie sind hier nach oben hin zu deckungsarm. Sie werden nur in 9 % der Fälle als Brutwiesen genutzt (UHL 2005) (Abb. 5). Sehr erfreulich zeigt sich die Entwicklung im Oberen Kremstal. Neben dem Naturschutzgebiet wurden hier zuletzt auch nährstoffreiche Mähwiesen besiedelt und Ackerstilllegungsflächen bei Kremsmünster. Nach nur mehr sporadischen Vorkommen in den 1990er-Jahren waren jeweils 4-7 Männchen zu beobachten. Die Kombination von 25 ha spät gemähtem Naturschutzgebiet, weiteren ca. 30 ha spät gemähten Wiesen und 2-5 Wachtelkönig-Verträgen jährlich, begünstigen wesentlich die in den letzten 4 Jahren kontinuierlich festgestellten Bruterfolge. Der Wiesenschnar- 26 ÖKO L 29/1 (2007)
6 cher erobert sich hier eines seiner ursprünglichen Brutgebiete des Alpenvorlandes zurück (Abb. 13). Eine ähnliche Entwicklung in abgeschwächter Form zeigt sich am Irrsee. 3-4 Wachtelkönigen 2004 folgte ihr weitgehendes Ausbleiben Drei sehr spät im Juni rufende Männchen wurden 2006 beobachtet. Dem Naturwacheorgan Hans Wesenauer ist in diesem Jahr die Beobachtung von Jungvögeln im dortigen Naturschutzgebiet zu verdanken. In den letzten Jahren tauchten vereinzelte Wachtelkönige auch immer wieder abseits der bisher genannten Brutgebiete auf, zum Beispiel im Unteren Mühlviertel bei Bad Kreuzen/Klam, im und um das Gerlhamer Moor und Ibmer Moor, am Mondsee oder bei Wels und Steyr. Einzelvögel können praktisch in allen Kulturlandschaften Oberösterreichs rufen. Und fast überall macht es Sinn, Schutzmaßnahmen einzuleiten, also die Einjahresförderung für späte Mahd anzubieten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Projektbeauftragten möglichst frühzeitig über aktuelle Vorkommen informiert werden. Aufruf zur Bekanntgabe von Beobachtungen: Bitte geben Sie im Frühjahr 2007 alle festgestellten Beobachtungen von Wachtelkönigen möglichst rasch telefonisch bekannt. Die Projektbeauftragten werden mit Ihnen und den Bewirtschaftern der Brutwiesen Kontakt aufnehmen und Schutzmaßnahmen anbieten. Region Böhmerwald: Mag. Thomas Engleder: 0664/ , Region Freiwald: Wolfgang Sollberg e r : Tel: 0664/ und Mag. Alois Schmalzer: 0664/ , übrige Gebiete: Hans U h l : Tel: 0699/ Sollten Unsicherheiten existieren, ob die eigenen Beobachtungen tatsächlich Wachtelkönig-Rufen entsprechen, können Sie letztere unter anhören. In England läuft derzeit ein hochinteressantes, aufwändiges Projekt zur Wiederansiedlung von Wachtelkönigen, da diese auf der Hauptinsel ausgestorben sind. Tatsächlich ist es gelungen, dass von ca. 200 bislang freigelassenen Zuchtvögeln, 2006 erste 4 rufende Männchen zurückgekehrt sind (SCHÄFFER 2006). Aber wie lernen Zuchtvögel den weiten Zug nach Afrika und zurück? In Oberösterreich haben wir das Glück, mit einfacheren Methoden einer unserer ehemals charakte- Abb. 13: Traditionelle, nährstoffreiche Brutwiese im Naturschutzgebiet Kremsauen Foto: H. U h l ristischen Vogelart eine hoffentlich dauerhafte Rückkehr zu ermöglichen. Literatur ALBUS A. (2005): Von seltenen Vögeln. Frankfurt, Fischerverlag. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2004): Birds in Europe. Population estimates, trends and conservation status. BirdLife Conservation Series No.12. FRÜHAUF J. (2005): A122 Crex crex. In: ELL- MAUER T. (HRSG.): Entwicklung von Kriterien, Indikatoren und Schwellenwerten zur Beurteilung des Erhaltungszustandes der Natura 2000 Schutzgüter. Band 1: Vogelarten des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie. Im Auftrag der neun österreichischen Bundesländer, des Lebensministeriums und der Umweltbundesamt-GmbH SALZER U., SCHÄFFER N. (1997): Altersbestimmung von Wachtelkönigen. Vogelwelt 118: SCHÄFFER N. (1996): Der Wachtelkönig: Ein Unbekannter rückt ins Licht. Der Falke 43: SCHÄFFER N. (2006): Wiederansiedlung in England: Wachtelkönig. Der Falke 53(12): SCHÄFFER N., SALZER U., WEND D. (1997): Das Lautrepertoire des Wachtelkönigs Crex crex. Die Vogelwelt 118: SKLIBA J., FUCHS R. (2004): Bird Study Der Falke 51: 269. UHL H. (2003): Wachtkönig Crex crex. In: BRADER M., AUBRECHT G. (Wiss.Red.): Atlas der Brutvögel Oberösterreichs. Denisia 7: UHL H. (2005): Wiesenvögel in Oberösterreich Bestandstrends und Naturschutzbezüge auf Basis der landesweiten Kartierung. Vogelkdl. Nachr. OÖ., Naturschutz aktuell, 13(2): ZIMMERHACKL K., UHL H. (2006): Versuch der Aufzucht eines Wachtelkönigs (Crex crex) aus dem Grenzstreifen Oberösterreich/Süd- böhmen. Vogelkdl. Nachr. OÖ., Naturschutz aktuell 2006, 14(1): NATUR FÜR KINDER Federleicht Faszination Vogelbeobachtung für Kinder & Jugendliche Das Projekt Federleicht will Kindern und Jugendlichen die Faszination von Vogelbeobachtung in freier Natur zugänglich machen. 8 bis 14jährige können in Beobachtungsworkshops unter fachkundiger Begleitung auf spielerische Art lernen, wie der Zaunkönig singt oder wo der Schwarzstorch Beute für seine immer hungrigen Jungen holt. Als besonderes Angebot ist für die erste Ferienwoche ein Sommercamp im Vogelschutzgebiet Untere Traun in Steinhaus bei Wels geplant. Leitung durch die beiden Ornithologen Hans Uhl und Norbert Pühringer. Ein gemeinsames Projekt vom Biologiezentrum der Oö. Landesmuseen, Oö. Akademie für Umwelt und Natur und BirdLife Österreich. Gruppengröße: 5 bis 15 TeilnehmerInnen. Voraussetzung: Schwimmen können, keine große Allergiebereitschaft. Kostenbeitrag: Halbtagesexkursionen 8.- 8, Sommercamp Information: 0732/ od. So : Stimmakrobaten unserer Gärten. Ökopark Biologiezentrum, Linz Sa : Alle Vöglein sind schon da! Weikerlseen, Linz Sa : Wo der Schwarzstorch fliegt! Schlögener Schlinge, Haibach (mit dem Rad) Alle Halbtagsexkursionen finden zwischen 8 und 11:30 Uhr statt. Mo Mi. 11. Juli: Sommercamp Vogelschutzgebiet Untere Traun Zweieinhalb Tage durchgehend erforschen wir spielerisch die Auwälder und den Fluss. Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich: 0732/ ÖKO L 29/1 (2007) 27
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