Mariastein Gemeinde Metzerlen-Mariastein, Bezirk Dorneck, Kanton Solothurn

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1 Gemeinde Metzerlen-Mariastein, Bezirk Dorneck, Kanton Solothurn Ortsbilder Flugbild Bruno Pellandini 2008, BAK, Bern Einer der wichtigsten Wallfahrts - orte der Schweiz mit Gnaden - kapelle und Benediktinerkloster auf bei nahe unverbautem Plateau über der Schlucht des Talbächlis. Axial auf die hochbarocke Kirche bezogener Klosterplatz, flankiert von mächtigen Bauten bäuerlichgewerblicher Prägung. Siegfriedkarte 1877 Landeskarte 2005 Spezialfall Lagequalitäten $ Räumliche Qualitäten Architekturhistorische Qualitäten 1

2 Gemeinde Metzerlen-Mariastein, Bezirk Dorneck, Kanton Solothurn 1 Klosterkirche Unserer Lieben Frau und Konventsgebäude,

3 Gemeinde Metzerlen-Mariastein, Bezirk Dorneck, Kanton Solothurn Ortsbilder Plangrundlage: Rasterdaten des Übersichtsplan 1:10000, Amtliche Vermessung Kanton Solothurn Fotostandorte 1: Aufnahmen 2008: Klosterscheune 4 Ummauerter Klostergarten 5 6 3

4 Gemeinde Metzerlen-Mariastein, Bezirk Dorneck, Kanton Solothurn Aufnahmeplan 1: 5000 Plangundlage: Rasterdaten des Übersichtsplan 1:10000, Amtliche Vermessung Kanton Solothurn II I III Gebiet, Baugruppe (G, B) Umgebung (U-Zo, U-Ri) Einzelelement (E) Hinweis Störfaktor

5 Gemeinde Metzerlen-Mariastein, Bezirk Dorneck, Kanton Solothurn Ortsbilder G Gebiet, B Baugruppe, U-Zo Umgebungszone, U-Ri Umgebungsrichtung, E Einzelelement Art Nummer Benennung G 1 Lang gezogener Wallfahrtsbezirk, axial auf die Klosterkirche ausgerichtete Bebauung, entstanden im 17. Jh., im 20. Jh. erw. und erneuert Von unterschiedlichen Gebäuden gesäumter Klosterplatz mit paarweise angeordneten Linden, grösstenteils als Parkplatz genutzt Deplatziertes Einfamilienhaus am Ende der Altbebauung, um 1990 E Kurhaus «Kreuz» in kleinem Park, ehem. Pilgerherberge, dreigeschossiger Satteldachbau, Gegenpart zur Kirche, 1680/ Einfamilienhaus in empfindlicher Lage, Verunklärung des alten Bebauungsrandes Transformatorentürmchen, verputzter Zweckbau mit Pyramidendach, 1. H. 20. Jh Bauernhaus mit grosser Stallscheune, 1980/90, dahinter ältere verbretterte Ökonomiebauten Aufnahmekategorie Räumliche Qualität Arch. hist. Qualität Bedeutung Erhaltungsziel Hinweis Störend Bild-Nr. B $ B 1 6 o 1 3, 5 o 6 A 6 o 6 o 6 o 6 B 1.1 Benediktinerkloster über bewaldetem Bachtobel, Konventgebäude sowie Grossteil der um Höfe angeordneten Wohn- und Ökonomiebauten, M. 17. Jh., erw. um 1700, umgestaltet E Klosterkirche Unserer Lieben Frau in nachwirkender Gotik, , klassiz. Blendfassade von , ab 1972 renov Gnadenkapelle Im Stein in Felswandhöhle, 17. Jh., seither mehrfach erw Klosterkomplex, zwei- und dreigeschossige Satteldachbauten um quadratischen Innenhof mit Kreuzgang, , Südflügel mit ehem. Bibliothek, 1841 A A 1, 2, 6 A 1, 2, 6 o o 1 U-Zo I Unverbauter Wiesenstreifen sowie Besucherparkplätze an der Ortszufahrt Grosser Klostergarten, umgeben von mannshoher Mauer ab a 4 o 4 U-Ri II Hochplateau, Wies- und Ackerland sowie Baumgärten in Siedlungsnähe, wichtiger Ortsvorder- bzw. -hintergrund Wegkreuze am Stationenweg zur St. Annakapelle und östlich der Schlucht des Talbächli, Vorposten des Klosters E St. Annakapelle, weit sichtbar vor Waldsaum am Plateaurand, spätgotische rechteckige Kapelle mit angebautem Hexagon, 1691 ab a 6 A o U-Ri III Sanft gewelltes Kulturland mit Wegkreuzen, für das Gesamtbild des abgelegenen Wallfahrtsortes bestimmend a a Tief eingeschnittene bewaldete Schlucht des Talbächlis Durchmischte Bebauung von Wohnhäusern, Sanatorien und Ökonomiebauten, vorwiegend 2. H. 20. Jh. o o 5

6 Gemeinde Metzerlen-Mariastein, Bezirk Dorneck, Kanton Solothurn Siedlungsentwicklung Geschichte und historisches Wachstum Die Gegend um Mariastein gehörte im Mittelalter zum Besitz der Herren von Rotberg, deren wieder - errichtete Burg ungefähr einen Kilometer vom Kloster entfernt und mit Sichtbezug zu diesem an einem steilen Hang liegt erwarben die Solothurner das kaiserliche Lehen. Einer Legende aus der Mitte des 15. Jahrhunderts zu - folge soll wohl am Ort der Gnadenkapelle ein Kind beim Sturz über den Felsen in die tiefe Schlucht von der Gottesmutter gerettet worden sein, wäh rend seine Mutter in einer Höhle schlief. Die bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zurückgehende Wallfahrt betreuten ab 1470 Augustinermönche aus Basel. Sie bauten die Siebenschmerzen- oder Rei - chen stein-kapelle. Während der Reformation wurde diese ge räumt und die darunter liegende Höhle versperrt. Die Wallfahrt setzte erst wieder mit der Gegenreformation ein. Nach dem Dreissigjährigen Krieg verlegten die Bene - diktinermönche von Beinwil unter Abt Fintan Kieffer im Jahr 1648 ihr Kloster nach Mariastein. Das Kloster Beinwil selber war um 1100 von Hirsau aus gegründet worden. In Mariastein errichtete Baumeister Urs Alter - matt unter Einbezug der frei stehenden Reichenstein- Kapelle eine Basilika; 1655 wurde sie geweiht. Ihre Innenausstattung mit einem von König Ludwig XIV. gestifteten Hochaltar wurde erst im letzten Jahr zehnt des 17. Jahrhunderts vervollständigt. Wenig früher konnte die in einiger Distanz in der Achse der Kirchen - front erbaute stattliche Pilgerherberge er öffnet werden. In der Gründungsphase entstanden auch die Öko - nomiebauten des Klostergutes, die ehe malige Kloster - schmiede und ein erstes Gasthaus liess der Abt am nördlichen Rand des Plateaus die St. Anna-Kapelle errichten. In jener Zeit blühten Wallfahrt und Kloster auf, weshalb um 1700 auch die dreigeschos sigen Konventgebäude mit Kreuzgang zu einer kompak ten Anlage erweitert werden konnten. Noch im 18. Jahr - hundert zählte Mariastein jährlich bis zu Besu - cher. Der Klosternachwuchs rekru tierte sich vor - wiegend aus Schülern der eigenen Klosterschule. Nach dem Einmarsch der Franzosen im März 1798 wurde der Konvent aufgehoben. Die vertrie - benen Mönche fanden zum Teil in süddeutschen Klöstern Unterschlupf. Doch bereits 1802 fiel Maria - stein wieder an den Abt zurück. Ein erneuter Auf - schwung der Wallfahrt setzte ein. Während der Restauration von 1830 bis 1834 erweiterte Johann Jakob Begele die Kirche um eine Vorhalle mit Glo - ckenturm und setzte ihr eine klassizistische Fassade mit farbigen und plastischen Akzenten vor. Gleich - zeitig wurde das Innere erneuert (Chorgestühl, Beicht - stühle und Orgel) nahm das Solothurner Volk einen Antrag seiner radikal-liberalen Regierung zur Aufhebung des Klosters an gegen die Stimmen der Thiersteiner und Dornecker. Kloster und Kirche wurden säku - larisiert, die Klostergüter und ein Teil des Kirchen - schatzes versteigert, ein anderer Teil wurde nach Solothurn ins Museum überführt. Trotzdem verlor Mariastein seine Bedeutung nicht ganz, da der Staat die Fortführung der Wallfahrt garantierte. Die Erstausgabe der Siegfriedkarte von 1877 zeigt die Kernbauten der Anlage ohne den ummauerten Klostergarten. Im 20. Jahrhundert wurden ein Hotel und ein Postgebäude errichtet. Die Mönche, die sich nach der Aufhebung des Klosters an unterschied - lichen Orten niedergelassen hatten, erhielten 1941 in Mariastein Asyl gab der Stand Solothurn dem Kloster seine korporative Selbstständigkeit zurück. Darauf folgte bis 1989 eine umfassende Sanierung mit finanzieller Beteiligung von Bund und Kanton. Der Klostereingang wurde neu gestaltet, eine Gärtne - rei und ein Ökonomiegebäude wurden erstellt. Für die Pilger entstand am lang gezogenen Vorplatz ein Pilgerhof mit Souvenirs und Devotionalien. Maria stein ist heute nach Einsiedeln der zweitgrösste Wallfahrtsort der Schweiz. Im Südwesten des Wallfahrtsbezirks wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts um eine Wegkapelle zunächst ein paar Wohnhäuser errichtet, dann Gast häuser, später ein Sanatorium und eine Villa, so dass die Ver - dichtung bald einer kurzen Strassenbebau ung glich. Gegen Ende des Jahrhunderts kamen auf der weit 6

7 Gemeinde Metzerlen-Mariastein, Bezirk Dorneck, Kanton Solothurn Ortsbilder sichtbaren Krete Gewerbebauten hinzu. Die nördlich der Siedlung im 19. Jahrhundert kultivier ten Reben sind heute verschwunden. Der heutige Ort Räumlicher Zusammenhang der Ortsteile Der über die Schweiz hinaus bekannte Wallfahrtsort liegt unweit der Landesgrenze zu Frankreich am Rand des bewaldeten Tobels des Talbächlis. Das Ziel der Wallfahrer, die Höhle mit der Gnadenkapelle (1.1.2), befindet sich in den fast senkrecht abfallenden Fels - wänden der Schlucht. Über dieser erhebt sich weit sichtbar die klassizistische Kirche Mariastein (1.1.1) mit der seitlich angefügten kompakten Klosteranlage (1.1.3). Vor der Kirche reihen sich beiderseits eines kurzen platzartigen Strassenabschnitts die profanen Gebäude des Wallfahrtzentrums (1). Ergänzt und abgerundet wird der Ort durch den ausgedehnten Klostergarten im Süden (I), dessen Mauer die Zufahrts - strasse einseitig begleitet. Mittelpunkt des gesamten Wallfahrtsbezirks ist die in der Strassenplatzachse situierte Klosterkirche Unserer Lieben Frau. Die dem Kirchenschiff aus der Mitte des 17. Jahrhunderts vorgeblendete klassizis - tische Fassade mit breit gelagertem dreiteiligem Hauptteil und hohem, gestuftem Giebel überragt alle umstehenden Häuser. Seitlich schliessen die zweibis dreigeschossigen Konventgebäude an (1.1.3). Gemeinsam umrahmen sie einen quadratischen Kloster - garten mit Kreuzgang. Das östliche, dreigeschos - sige Gebäude mit steilem Satteldach, der sogenannte Konventstock aus den Jahren , ent hält den Kapitelsaal. Gegenüber steht der Westtrakt aus den Jahren Im Südflügel von 1841 ist die Bibliothek untergebracht. Das gleich zeitig parallel dazu errichtete Wirtschaftsgebäude wird seit 1977 als Zellentrakt genutzt. Ein Gang ver bin det das Kloster - geviert mit dem zwischen 1695 und 1698 östlich über dem Abhang erstellten ehemaligen Abteigebäude. Mit Ausnahme des Konventstocks sind alle Bauwerke zweigeschossig und haben ein Krüppelwalmdach. Die in die Felswände der Schlucht platzierte Gnaden - kapelle erreichen die Pilger durch lange unterirdische Gänge und Treppen; der Eingang befindet sich an der Nordwestecke der Kirche. Je sieben Säulen auf beiden Seiten der Eingangs - achse gliedern den 1997 neu gestalteten Kirchen - vorplatz (1.0.1). Ein zentraler Brunnen und zwei noch kleine Laubbäume markieren den Übergang zur profanen Bebauung. An dem zum Kirchbezirk hinführenden Strassenplatz stehen die Gebäude sowohl trauf- als auch giebel - seitig dicht nebeneinander. Die breite, asphaltierte Frei fläche wird durch zwei Baumreihen gegliedert und dient auch dem Parkieren von Autos. Am auffälligsten unter den strassenbegleitenden Bauten ist das volu - minöse ehemalige Klostergut im Bereich der Kreu zung. Das hochbarocke Bauernhaus mit steilem, über dem Ökonomieteil weit herabgezoge nem Sattel dach nimmt beinahe die Hälfte der nörd lichen Platz seite ein. Ge - genüber steht die um 1700 er richtete Kloster schmiede mit Krüppelwalmdach. Die beiden Häuser in den an - deren Strassengevierten schliessen den Klosterplatz gegen Westen ab. Das grössere, das Hotel «Jura», zeichnet sich durch klassizistische Stilmerkmale, ein niedriges Krüppelwalmdach und einen kleinen Drei - ecksgiebel aus. In den rund zehn Gebäuden auf beiden Seiten des Klosterplatzes sind alle für die Wallfahrt nötigen Funktionen untergebracht. Dank der auf die Besucher ausgerichteten Nutzungen und der einheit - lichen Stellung fügen sie sich zu einem kompakten Ganzen, auch wenn sie aus verschiedenen Epochen stammen. Abseits des klar definierten Strassenplatzes steht am Paradiesweg in einem kleinen Park, von Bäumen und Gebüsch verdeckt, das seit 1935 von Erlenbader Franziskanerinnen geführte Kurhaus «Kreuz» (1.0.3). Es wurde zwischen 1680 und 1682 als zweigeschos - sige Pilgerherberge erbaut, 1708 um eine Etage aufgestockt und in den 1990er-Jahren durch einen quer gestellten niedrigen Annexbau erweitert. Zum 13-achsigen Repräsentativbau gehören ein Gewürzund Kräutergarten sowie ein dicht mit Bäumen be - standener und von einer hohen Hecke gegen die Strasse abgeschirmter Park. 7

8 Gemeinde Metzerlen-Mariastein, Bezirk Dorneck, Kanton Solothurn Integrale Bestandteile der Klosteranlage sind der grosse, von einer mannshohen Mauer eingefasste Klostergarten (0.0.1) und ein Gehöft (1.0.6) am nörd - lichen Bebauungsrand. Hier schliesst ausgedehn - tes, ebenes Kulturland an. Es erstreckt sich bis zu einem Waldsaum, an dem weit sichtbar die spät - gotische St. Annakapelle (0.0.3) liegt. Die kleine Sied - lung ent lang der Metzerlenstrasse im Süden (0.0.5) hält zum Wallfahrtsbezirk einen Respektabstand. Ein Bildstöcklein aus dem Jahr 1645, ein Wegkreuz, Gasthäuser und ein Sanatorium verweisen auf das nahe Kloster. Weitere Wegkreuze finden sich östlich der bewaldeten Schlucht (0.0.4). Im unverbauten hügeligen Wiesenland (III) wirken sie als Vorboten des Wallfahrtsortes. Empfehlungen Siehe auch die kategorisierten Erhaltungsziele Angesichts des grossen Parkplatzes vor den Mauern des Klostergartens dürften die Autos durchaus vom zentralen Platz verbannt werden. Unbedingt notwendige Anbauten sollten nicht platz - wärts, sondern an die rückwärtigen Fronten der platzbestimmenden Häuser angefügt werden. An der Metzerlenstrasse und an anderen Orten in Sichtdistanz zum Kloster dürfen nur eng mit der Wallfahrt zusammenhängende Gebäude bewilligt werden. Wohnhäuser haben in oder am Rand der Altbebau - ung nichts zu suchen. Bewertung Qualifikation des Spezialfalls im regionalen Vergleich Lagequalitäten Besondere Lagequalitäten des Wallfahrtsortes dank seiner exponierten Situation am Rand eines Plateaus über der schmalen, steil abfallenden und bewaldeten Schlucht des Talbächlis sowie dank der Verzahnung der dichten Bebauung mit dem anliegenden weiten Kulturland. Leichte Beeinträchtigung im Südwesten durch die Ortserweiterung. $ Räumliche Qualitäten Hohe räumliche Qualitäten aufgrund der kompakten Anordnung der sakralen Gebäude und der Hofbildungen im engeren Klosterbezirk, dank des klar definierten Klosterplatzes mit dem profanen Schwerpunkt des Hotels «Jura» am Westende des Strassenab schnitts. Grossartig auch einerseits die Weite, anderer seits die Raum- und Sichtbegrenzungen durch Mauern, Bäume und die Schlucht. Architekturhistorische Qualitäten Ausserordentliche architekturhistorische Qualitäten des Benediktinerklosters als einheitliche, inner - halb weniger Jahre errichtete Gesamtanlage mit einer der prächtigsten Kirchen der Nordwestschweiz. Klassi zistische Blendfassade von seltener Prägung. Beson dere Qualitäten auch dank der unterschied - lichen alten Kloster- und Wallfahrtsgebäude wie dem Guts hof, der Schmiede und der Herberge, dem barocken Gasthaus, dem klassizistischen Hotel «Jura» und dem mächtigen Kurhaus «Kreuz». 2. Fassung /jam Film Nr (1986) Digitale Aufnahmen (2008) Fotografin: Michèle Jäggi Koordinaten Ortsregister / Auftraggeber Bundesamt für Kultur BAK Sektion Heimatschutz und Denkmalpflege Auftragnehmer Sibylle Heusser, dipl. Arch. ETH Büro für das ISOS inventare.ch GmbH ISOS Bundesinventar der schützens - werten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung 8