6. Diagnostik der Bindungsqualität im Kindergartenund Vorschulalter Die Attachment Story Completion Task (ASCT)

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1 6. Diagnostik der Bindungsqualität im Kindergartenund Vorschulalter Die Attachment Story Completion Task (ASCT) Inge Bretherton und Rüdiger Kißgen 1. Einleitung Die adäquate Erfassung der Bindungsqualität stellt eine mehrdimensionale Herausforderung an die Bindungsforschung dar. So bedarf es nicht nur einer aufwändigen Validierung der Inventare. Zuvor müssen diese gemäß den altersabhängigen und entwicklungsspezifischen Besonderheiten der zu untersuchenden Zielgruppe entwickelt werden. Für die Altersgruppe der 12 bis 20 Monate alten Kinder konzipierten Ainsworth und Wittig (1969) mit der Fremden Situation das bis heute zentrale Inventar zur Bestimmung der frühkindlichen Bindungsqualität (siehe Kap. 5 in diesem Band). Während dieser maximal 20 Minuten dauernden Laborsituation verlässt die begleitende Bezugsperson zweimal kurz den Raum. Bei der anschließenden Videoanalyse wird dann das kindliche Verhalten mittels vier Verhaltensskalen klassifiziert. Von besonderem Interesse sind die beiden Episoden, in denen die Bezugsperson nach ihrer Abwesenheit den Untersuchungsraum wieder betritt. Hier kann beobachtet werden, ob die nun stattfindenden Interaktionen zwischen dem Kind und der Bindungsperson erfolgreich den Bindungsstress des Kindes regulieren (Solomon & George, 2008). Ainsworth, Blehar, Waters und Wall (1978) gingen bei der Entwicklung dieser Laborsituation von der ethologischen Fundierung der Bindungstheorie (Bowlby, 1969) aus. Diese besagt, dass das Bindungsverhaltenssystem eines Kindes der genannten Altersgruppe aktiviert wird, wenn es in physisch oder psychisch bedrohliche Situationen gerät. Ist das Bindungsverhaltenssystem aktiviert, lassen sich die konkreten Ausdrucksformen des Systems (z. B. Anblicken, Weinen, Schreien, Anklammern) beobachten. Es stellte sich aber heraus, dass nicht alle Kleinkinder auf diese Weise reagieren, sondern dass man auf Grund der Fremden Situation beurteilen kann, auf welche Weise Kinder in einem solchen Stresszustand die Bindungsperson zur Regulation ihres aktivierten Bindungsverhaltenssystems nutzen oder nicht. Drei verschiedene Muster wurden von Ainsworth et al. (1978) unterschieden: sicher, unsichervermeidend und unsicher-ambivalent. Auf der Verhaltensebene wirkten die unsichervermeidend gebundenen Kinder während der Fremden Situation bei Abwesenheit und nach Rückkehr der Mutter wenig betroffen, während sowohl bei den sicher gebundenen als auch den ambivalenten Kindern negative Vokalisationen im Verlauf der zweiten Trennung deutlich zunahmen. Wie Spangler (1992) auf der physiologischen Ebene feststellen konnte, war bei den unsicher-vermeidend und bei den ambivalent gebundenen Kindern ein signifikanter Cortisolanstieg nach der Fremden Situation messbar. Demgegenüber wurde bei den äußerlich deutlich betroffenen und beunruhigten sicher gebundenen Kindern ein Absinken des Cortisolspiegels nachge-

2 108 I. Bretherton und R. Kißgen wiesen. Zu den Ausdifferenzierungen der verschiedenen Bindungsmuster ist anzumerken, dass diese nicht ausschließlich auf der Basis der ersten Untersuchungen Ainsworths mit Mutter-Kind-Paaren in der Fremden Situation vorgenommen wurden. Vielmehr bestätigten diese lediglich die Auswertungen mehrstündiger Hausbeobachtungen von Mutter-Kind-Interaktionen, die Ainsworth und ihre Arbeitsgruppe zuvor im Rahmen der Baltimore Studie durchgeführt hatten (Ainsworth, Bell & Stayton, 1974; Ainsworth et al., 1978). So sinnvoll es ist, Bindungsqualität in der frühen Kindheit auf der Verhaltensebene zu untersuchen, so unangemessen wäre es, die gleiche Methodik im Jugend- oder Erwachsenenalter anzuwenden. Es ist z. B. kaum zu erwarten, dass ein Siebzehnjähriger, der in Begleitung seiner Mutter an einer Fremden Situation teilnehmen soll, weint, wenn die Mutter den Raum verlässt oder nach 3 Minuten Abwesenheit den Körperkontakt mit der Mutter suchen würde, um sich zu beruhigen. Zur Bindungsdiagnostik ab dem späten Jugendalter bedient man sich daher rein sprachgebundener Verfahren (Main, Hesse & Goldwyn, 2008). Die erheblich komplexeren kognitiven Möglichkeiten, über die Jugendliche und Erwachsene verfügen, erlauben es ihnen, zunächst die Außenwirkung ihres Verhaltens sehr differenziert zu beurteilen und erst danach zu handeln. In der bindungstheoretischen Terminologie Bowlbys (1969) verfügen Menschen im späten Jugendalter über sehr komplexe, internale Arbeitsmodelle vom Selbst, von der Umwelt und vom Selbst in Beziehung zu Bindungspersonen. Internale Arbeitsmodelle werden von früher Kindheit an durch konkrete Interaktionserfahrungen mit den Hauptbindungspersonen aufgebaut. Ihre Funktion ist es, bindungsbezogene Verhaltensweisen, Gedanken und Gefühle des Selbst und der Bindungsperson zu regulieren, zu interpretieren und vorherzusagen. Internale Arbeitsmodelle sind so strukturiert, dass sie es erlauben, die erlebten Zusammenhänge und Interaktionen in der Umwelt innerlich nachzuvollziehen oder mental nachzubilden. Diese Eigenschaft ermöglicht es, konkrete Vorhersagen und Planungen mental durchzuspielen, bevor man sich zu einer bestimmten Handlung entscheidet (Bretherton, 2001). Soll die Qualität der Bindung im Jugend- und Erwachsenenalter erhoben werden, so finden Inventare Anwendung, durch die man internale Arbeitsmodelle auf der Repräsentationsebene bestimmen kann. Mit dem Erwachsenen Bindungsinterview (Adult Attachment Interview; AAI) von George, Kaplan und Main (1996) und dem Erwachsenen Bindungs Projektiv (Adult Attachment Projective AAP) von George, West und Pettem (1997; siehe Kap. 10 in diesem Band) liegen zwei Inventare vor, die dies auf unterschiedlichen Wegen ermöglichen. Allerdings sind die Bindungsmuster, die auf diese Weise erhoben werden, nicht als Arbeitsmodelle einer bestimmten Beziehung (zu Mutter oder Vater) zu verstehen, sondern als die Art und Weise, wie sich die Person im Allgemeinen mit Bindungen auseinandersetzt. Im AAI werden die Probanden aufgefordert, über ihre frühen Kindheitserinnerungen zu berichten und diese aus der heutigen Perspektive zu bewerten (Hesse, 1999, 2008). Beispielsweise werden sie gebeten, ihre Beziehung zu jedem Elternteil während der Kindheit zu beschreiben: was ihre Eltern für sie machten, wenn sie sich verletzt hatten oder ängstlich waren, ob sie sich an Trennungen von ihren Eltern erinnern, ob sie sich jemals von ihren Eltern zurückgewiesen fühlten und wie ihre Per-

3 Die Attachment Story Completion Task (ASCT) 109 sönlichkeit als erwachsene Person durch diese Erfahrungen geformt wurde. Im Unterschied zu diesem Vorgehen werden den Probanden während eines AAP nacheinander acht Bildkarten mit der Aufforderung vorgelegt, zu jedem dieser Bilder eine Geschichte zu erzählen. Diese soll enthalten, (1) was auf dem Bild passiert, (2) was zu der dargestellten Szene geführt haben könnte, (3) was die Personen auf dem Bild denken und fühlen und (4) was als nächstes passieren könnte. Bis auf das erste neutrale (Aufwärm-)Bild sind in den weiteren sieben bindungsrelevante Szenen (z. B. Frau und Mann beim Abschied mit Koffern am Bahnsteig oder Mutter und Kind beim Zubettgehen) dargestellt. Bei der Entwicklung beider Erwachsenen-Bindungs-Inventare wurde Bowlbys (1969) zentraler These Rechnung getragen, dass Bindungsverhalten nur dann beobachtbar ist, wenn das Bindungsverhaltenssystem aktiviert ist. Insofern war es bei der Auswahl des projektiven Bildmaterials für das AAP erforderlich, Situationen auszuwählen, die bindungsbezogenen Stress auslösen. Die Aussagen der mit dem AAI oder dem AAP befragten Probanden werden aufgezeichnet und anschließend transkribiert. Die Analyse der Interviewtranskripte zur Bestimmung der Bindungsrepräsentation erfolgt in aufwändigen Verfahrensschritten, in denen z. B. beim AAP der Inhalt, die Diskursqualität und die Abwehrprozesse zu jeder der einzelnen Geschichten bewertet werden. Aus der Gesamtbetrachtung der Bewertungen wird schließlich die Bindungsklassifikation vorgenommen (George & West, 2001). Während also die Bindungsrepräsentation ab dem späten Jugendalter mittels Interviews und die Bindungsqualität in der frühen Kindheit auf der Verhaltensebene im Rahmen der Fremden Situation bestimmt werden können, stellt sich die Frage nach einem geeigneten Verfahren für Kinder ab etwa drei Jahren. Ein rein sprachgebundenes Inventar dürfte Kinder diesen Alters überfordern. Ebenso ist die rein verhaltensbasierte Bestimmung der Bindungsstrategie aufgrund folgender Voraussetzungen weniger angezeigt: Zwar existiert das Bindungsverhaltenssystem ein Leben lang, aber dessen Aktivierung wird in einer Laborsituation schwieriger, wenn das Kind älter wird. Nicht nur werden weniger Situationen als bedrohlich erlebt, auch tritt die Aufnahme von Körperkontakt mit einer Bindungsperson zur Regulation des aktivierten Bindungsverhaltenssystems seltener auf. In diesem Alter reicht oft bereits das Wissen um die Verfügbarkeit einer Bindungsperson zur Regulation des Bindungsverhaltenssystems aus. Hinzu kommen das facettenreichere und flexiblere Verhaltensrepertoire eines älteren Kindes, dessen reifere kognitive Fähigkeiten, die immer bessere Antizipationskompetenz und die zunehmenden Möglichkeiten, das eigene Verhalten gemäß den Interaktionserfahrungen mit der Bindungsperson immer besser der Umwelt anzupassen (Solomon & George, 1999). Dies berücksichtigend, entwickelten Bretherton, Ridgeway und Cassidy (1990) mit der Attachment Story Completion Task (ASCT) eine Methode, mittels der über symbolisches Spiel das Ausmaß an Bindungssicherheit und die Bindungsrepräsentation von Kindern im Alter zwischen drei und acht Jahren klassifiziert werden können.

4 110 I. Bretherton und R. Kißgen In der Folge sollen die Entwicklung, die Durchführung und Auswertung sowie die Validierung der ASCT-Methode vorgestellt werden. Den Abschluss bilden einige Anmerkungen zu deren Verwendung in anderen als diagnostischen Kontexten. 2. Entwicklung der ASCT-Methode Das zentrale Problem bei der Entwicklung eines neuen diagnostischen Instruments besteht darin, die Art und die Schwierigkeit der Aufgabenstellungen dem Entwicklungsstand der fokussierten Zielgruppe anzupassen. Dies setzt für das Kindesalter ab etwa drei Jahren einen differenzierten Kenntnisstand hinsichtlich des Spracherwerbs, der kognitiven und emotionalen Entwicklung sowie des symbolischen Spiels voraus. Kinder dieser Altersgruppe sind z. B. in der Lage, während des Spiels zwischen der Erzählerrolle in der das Spiel mit den Figuren und dem Material beschrieben wird und der Rolle einer konkreten Spielfigur, je nach aktuellem Spielverlauf, zu wechseln (Bretherton, 1984). Im Spiel können sie die verschiedenen Figuren nicht nur miteinander interagieren, sondern diese auch mit adäquater Mimik und Gestik Emotionen und moralische Urteile ausleben und aussprechen lassen. Darüber hinaus können sie tägliche Routinen, wie das Zubettgehen oder das Gehen in den Kindergarten, strukturiert verbal wiedergeben (Nelson, 1986). Allerdings ist sowohl aus spieltherapeutischer als auch aus entwicklungspsychologischer Sicht davon auszugehen, dass die im Spiel umgesetzten Alltagserfahrungen und Erlebnisse keine vollständige Entsprechung der Realität darstellen (Bretherton, Suess, Golby & Oppenheim, 2001). Vielmehr werden in den Spielhandlungen neben konkret Erlebtem oder Gehörtem oder Gesehenem auch die Wünsche, Hoffnungen und Ängste der Kinder ihren Ausdruck finden. Für die Ableitung bindungsrelevanter Aussagen aus dem symbolischen Spiel von Kindern bedeutet dies, dass Bindungsqualitäten eben nicht direkt aus den Spielhandlungen und den Geschichtenerzählungen ableitbar sind. Neben der inhaltlichen Ebene wird daher in der Auswertung der ASCT-Geschichten auch die Art und Weise, wie ein Kind mit den dort präsentierten Bindungsthemen umgeht, erfasst und klassifiziert. In der ASCT-Entwicklung wurden die bisher erörterten entwicklungspsychologischen Grundlagen ebenso einbezogen wie Bowlbys (1969) Ausarbeitungen zum internalen Arbeitsmodell (Bretherton, 1999; Bretherton & Munholland, 1999) sowie Befunde aus Vorarbeiten von Main, Kaplan und Cassidy (1985). Letztere hatten im Rahmen einer Längsschnittstudie sechsjährigen Kindern Zeichnungen vorgelegt, auf denen Trennungssituationen dargestellt waren. Die Kinder wurden zu ihren Gefühlen bei den Trennungssituationen befragt und gebeten zu erzählen, was sie in der abgebildeten Situation als nächstes tun würden. Hierbei zeichneten sich jene Kinder, die im ersten Lebensjahr als bindungssicher klassifiziert worden waren, durch konstruktive Lösungen der Trennungssituationen sowie emotionale Offenheit bei ihren diesbezüglichen Berichten aus. Diesen Vorarbeiten Rechnung tragend, wählten Bretherton und Ridgeway (1990) schließlich sieben Geschichtenanfänge oder Rumpfgeschichten (eine Aufwärmgeschichte, fünf Geschichten mit bindungsrelevantem Inhalt, eine Abschlussgeschichte) für die ASCT-Methode aus. Deren Durchführung und Auswertung sollen nun beschrieben werden.

5 Die Attachment Story Completion Task (ASCT) Durchführung Die folgenden Ausführungen stellen eine Übersicht der Durchführungs- und Auswertungsrichtlinien dar. Die genauen Richtlinien sind ausführlich in Bretherton und Ridgeway (1990), Bretherton, Ridgeway und Cassidy (1990) sowie in Bretherton, Suess, Golby und Oppenheim (2001) beschrieben. 3.1 Untersuchungsmaterialien und Setting Als Spielfiguren dienen realistisch aussehende, möglichst biegsame Puppenhausfiguren, die Mitglieder einer Familie darstellen: Mutter, Vater, zwei Kinder, die dem Geschlecht des teilnehmenden Kindes entsprechen und eine Großmutter. Sofern die Geschlechts- und die Generationendifferenzierung möglich sind, können ebenso Duplo- Figuren oder Figuren einer Tierfamilie (z. B. kleine Bären) verwendet werden. Weiterhin werden einige Puppenhausmöbel (Sessel, Tisch, Bett), Geschirrutensilien (Teller, Trinkbecher, Saftkrug) sowie einen Kuchenattrappe, ein Stein (zur Darstellung eines Felsens), ein Stück grüner Stoff als Rasen und ein Auto benötigt, in dem die gesamte Familie Platz nehmen kann. Sämtliche Materialien sollten der Größe der jeweiligen Familienmitglieder angepasst und eher einfach gestaltet sein. So könnte z. B. ein zu aufwändig gefertigtes Modellauto mit verschiedenen Funktionen zu stark die Aufmerksamkeit teilnehmender Kinder auf sich lenken. Die Untersuchung wird an einem Tisch durchgeführt. Der/die Interviewer/in und das Kind können über Eck oder nebeneinander sitzen. Die Videokamera ist so positioniert und fokussiert, dass beide Personen und die Tischplatte das Sucherbild ausfüllen. 3.2 Durchführungsmodalitäten Vor Beginn der Untersuchung sollte genügend Zeit zur Beziehungsaufnahme mit dem Kind zur Verfügung stehen. Wie lange diese Phase dauert, ist individuell unterschiedlich und hängt unter anderem davon ab, wie alt ein Kind ist, ob seine Bindungsperson während der Untersuchung anwesend ist (dies kann bei den jüngeren Kindern notwendig sein), ob diese in einem fremden Untersuchungsraum, in einem Raum des vertrauten Kindergartens oder der Schule oder sogar bei dem Kind zu Hause stattfindet. Während der Aufwärmphase stellt der/die Interviewer/in nacheinander die Figuren der einzelnen Familienmitglieder mit Namen vor und prüft anschließend, ob das Kind diese richtig benennen kann. Danach wird der Kuchen für die erste (Aufwärm-) Geschichte auf den Tisch gestellt und die so genannte Rumpfgeschichte präsentiert. Der Ablauf der Untersuchungssituation ist standardisiert. Dies betrifft das individuelle Material der sieben Geschichten, deren Reihenfolge, deren Beginn der stets mit einer vom Interviewer vorgetragenen Rumpfgeschichte startet und die dann stets gleich lautende Aufforderung an das Kind: Zeig und erzähle mir mal, was als nächstes passiert. Weiterhin ist der Übergang zwischen zwei Geschichten ritualisiert. Nach dem Ende einer Geschichte bittet der Interviewer das Kind, die Familie wieder an ihren ursprünglichen Platz an der Seite des Tisches zu stellen. Erst dann erfolgt der Aufbau des Szenarios der neuen Geschichte. Ist dieser abgeschlossen, beginnt der Interviewer mit der Erzählung der Rumpfgeschichte. Nachdem sämtliche

6 112 I. Bretherton und R. Kißgen Geschichten durchgeführt wurden, lädt der Interviewer das Kind ein, etwas zu spielen, was der gesamten Familie Spaß macht. Hierbei dürfen nun sämtliche Figuren und Requisiten einbezogen werden. Eine Rumpfgeschichte wurde für diesen Rahmen bewusst nicht entwickelt. 3.3 Die ASCT-Geschichten Für jede der sieben Geschichten ist eine genaue Anordnung der Requisiten und der räumlichen Distanz zwischen den Familienfiguren vorgegeben: 1. Kindergeburtstag (Aufwärmgeschichte) Der Interviewer zeigt dem Kind den Puppenhausesstisch und den darauf positionierten Kuchen. Er nimmt dann mit verstellter Stimme die Rolle der Mutter ein und fordert die Oma, den Vater und die Kinder auf, zum Tisch zu kommen und mit der Geburtstagsfeier zu beginnen. Dann richtet er mit normaler einladender Stimme die Aufforderung an das Kind: Nun zeig und erzähle mir mal, was als nächstes passiert. 2. Verschütteter Saft Zu sehen sind der Tisch und die vier entfernt davon positionierten Familienmitglieder ohne die Oma. Der Interviewer bittet das Kind, die Figuren an den Tisch zu setzen. Nachdem das Kind dies gemacht hat, stellt der Interviewer den Saftkrug auf den Tisch. Er sagt dann zum Kind, dass nun die Familie beim Abendessen ist und dass der Junge (für den Fall, dass ein Junge an der Untersuchung teilnimmt; bei einem Mädchen vice versa) aufsteht, über den Tisch greift und dabei den Saft verschüttet. Begleitend zu seinen Ausführungen stößt er mit der Jungenfigur den Saftkrug deutlich sichtbar vom Tisch. Sofort anschließend wendet er sich zum Kind und sagt: Oh je, oh je, jetzt hat Paul (die Puppenfiguren erhalten vor Beginn der Spielhandlungen individuelle Namen) den Saft verschüttet! Dann folgt die abschließende Standardaufforderung, zu zeigen und zu erzählen, wie die Geschichte weitergeht. 3. Verletztes Knie Der Interviewer legt den grünen Stoff als Rasenattrappe auf den Tisch und platziert darauf den Stein als Felsenrequisite. Er erklärt, dass dies ein Park sein soll, dass die vierköpfige Familie dort spazieren geht. Die Szene wird so angespielt, dass die Stellvertreter-Figur für das Untersuchungskind mit Vorsprung zum Rest der Familie am Felsen ankommt. Der Interviewer sagt nun mit verstellter Kinderstimme: Mami, Papi, schaut mal her, wie ich auf diesen hohen Felsen klettern kann!, klettert mit der Puppe ein Stück den Felsen hinauf und lässt diese dann hinunter fallen. Er sagt dann mit Kinderstimme: Aua, aua, mein Knie ist verletzt! und richtet schließlich die übliche Aufforderung an das Kind, die Geschichte weiterzuerzählen und zu spielen. 4. Monster im Kinderzimmer Auf dem Tisch befindet sich ein Bett und in Distanz dazu die vierköpfige Familie. Erneut spricht der Interviewer mit verstellter Stimme in der Mutterrolle zur Stellvertreter-Puppe des Kindes. Er sagt diesem, dass es nun Zeit sei zu Bett zu gehen und bittet das Kind in sein Zimmer zu gehen und sich in sein Bett zu legen. Dabei bewegt er die Mutterfigur leicht hin und her. Dann übernimmt er die Vaterfigur und sagt mit

7 Die Attachment Story Completion Task (ASCT) 113 tieferer Stimme zur Kinderfigur, dass es nun ins Bett gehen solle. Schließlich nimmt er die Rolle des Kindes ein und sagt mit einer Kinderstimme: Na gut, Mami und Papi, ich gehe, nimmt die Kinderfigur und lässt sie in Richtung Bett gehen. Nun informiert der Interviewer in normaler Stimmlage das Untersuchungskind, dass das Kind in der Geschichte zu Bett geht. Nach kurzer Pause sagt er mit verstellter erschrockener Stimme in der Rolle des Kindes: In meinem Zimmer ist ein Monster! und richtet die abschließende Aufforderung an das Untersuchungskind. 5. Trennungsgeschichte In dieser Geschichte stehen die Kinder den Eltern gegenüber, und das Familienauto befindet sich auf der Rasenattrappe. Die Oma ist ebenso anwesend. Der Interviewer übernimmt mit verstellter Stimme die Mutterrolle und sagt zu den Kindern, dass der Vater und sie für eine Nacht wegfahren. Er übernimmt dann mit verstellter tieferer Stimme die Vaterrolle und sagt: Bis morgen, Oma bleibt bei euch. Dann wird das Untersuchungskind gebeten, die Geschichte weiter zu erzählen und zu spielen. 6. Wiedersehen Hier werden die identischen Requisiten wie in der vorherigen Geschichte benötigt. Der Interviewer sagt, dass nun der nächste Tag sei und lässt die Oma aus dem Fenster schauen. Mit verstellter Oma-Stimme sagt er dann: Seht mal, eure Mami und euer Papi kommen zurück! und richtet die Abschlussaufforderung an das Kind. 7. Familienausflug Wie bereits zuvor erwähnt, darf das Untersuchungskind einen abschließenden Familienausflug unter Verwendung sämtlicher Requisiten ohne vorherige Einleitung spielen. Es wird lediglich aufgefordert, mit der Familie etwas zu unternehmen, was dieser Spaß machen wird. 4. Auswertung In die Auswertung der Bindungsrepräsentation und des Ausmaßes an Bindungssicherheit fließt nicht nur ein, wie das Kind die Figuren handeln lässt sondern auch, was es über und für sie sagt. Die Auswertungsgrundlage bilden die Videoaufzeichnungen und die Transkripte der ASCT-Geschichten. Die Klassifikation der kindlichen Bindungsrepräsentation erfolgt sowohl auf inhaltlicher als auch auf struktureller Ebene. Zunächst wird für jede der fünf Geschichten mit bindungsrelevantem Inhalt (Geschichte 2 bis 6) überprüft, ob das Kind das Bindungsthema in der jeweiligen Geschichte akzeptiert und angesprochen hat. Wenn dies nicht der Fall ist, spricht dies für eine vermeidende Strategie. Hat aber das Kind die Bindungsrelevanz berücksichtigt, dann wird durch seine individuelle Handlungsbzw. Lösungsstrategie deutlich, ob es sich um eine sichere oder eine unsicher-ambivalente Strategie handelt. Letztere ist daran zu erkennen, dass es die Geschichte nicht kohärent und konstruktiv zu Ende führen kann. Hingegen finden sich bei den Kindern mit sicherer Strategie in den Geschichten z. B. vertrauensvolle Eltern-Kind- Interaktionen, Kinder die durch kompetente Erwachsene angemessen getröstet oder versorgt werden oder stringente Lösungswege für die von der Interviewerin präsentierten Geschichtenanfänge. In den Geschichten, der später als desorganisiert klassifi-

8 114 I. Bretherton und R. Kißgen zierten Kinder, kann es bei der jeweiligen Bindungsthematik entweder zu Blockaden aufseiten der Kinder kommen oder ihre Geschichten enthalten z. B. gewaltsame oder bizarre Szenarien, die ohne Bezug zum Geschichtenanfang sind. Zur Beurteilung der inhaltlichen Ebene steht ein Kriterienkatalog zur Verfügung, der zahlreiche Beispiele für die Identifizierung des Verhaltens in den ASCT-Geschichten enthält. Der Kriterienkatalog ist aufgeschlüsselt in die Bereiche Prosoziales Verhalten, Negatives Verhalten ohne Bestrafungshandlungen, Disziplinierendes und bestrafendes Verhalten, Vermeidendes und untypisches Verhalten. Ein zweiter Kriterienkatalog mit Beispielen für die Auflösungen der Geschichten und für die Kohärenz der Erzählungen erleichtert die strukturelle Beurteilung im Auswertungsprozess. Unsicher-vermeidende Strategie. Kinder mit dieser Strategie fallen beispielsweise dadurch auf, dass sie auf die Bitte, zu zeigen und zu sagen, was als nächstes passiert, mit Weiß nicht! oder mit Nichts! antworten. Oft wird der bindungsrelevante Inhalt einer Geschichte schlicht geleugnet. So erzählen sie, dass sich das Kind in der Geschichte Verletztes Knie nicht verletzt oder sie berichten in der Monster Geschichte, dass es weder Monster noch Gespenster gibt. Beim Wiedersehen kann es vorkommen, dass die Begrüßung sehr kurz ( Wir sind wieder da. ) und ohne jeglichen Körperkontakt ausfällt. Ein angeregter persönlicher Austausch über die Erlebnisse der Zwischenzeit findet nicht statt. Ebenso spricht für eine vermeidende Strategie, wenn sich die Kinder in ihren Geschichten mehr mit den Requisiten (z. B. Sitzgruppe, Fels, Auto) beschäftigen als mit den Personen und deren bindungsrelevanten Erlebnissen. Darüber hinaus kommt es vor, dass diese Kinder ihre Unlust äußern, Geschichten zu Ende zu erzählen oder sie fragen, ohne die geforderte Geschichte erzählt zu haben, nach, wie das Thema der nächsten Geschichte lautet. Sichere Strategie. In den Erzählungen der sicher klassifizierten Kinder werden die Bindungsbedürfnisse der Protagonisten artikuliert und Lösungen für die jeweilige Problemlage präsentiert. Beispielsweise eilen in der Geschichte Verletztes Knie Mutter und Vater zum verletzten Kind, versorgen es mit einem Pflaster und trösten es, wenn es durch den Sturz sehr aufgeregt ist. Ein derart versorgtes Kind könnte anschließend sagen: Oh, jetzt geht es mir gleich besser!. Die vertrauensvolle Eltern- Kind-Interaktion äußert sich in der Monster Geschichte z. B. darin, dass der Vater dem Kind glaubhaft erklärt, dass es wahrscheinlich den Schatten des Federballschlägers an der Wand gesehen hat. Vielleicht erzählt der Vater dem Kind, dass er als Kind auch eine rege Phantasie hatte und manchmal Schatten an der Wand für Gespenster gehalten hat. Bevor er das Kinderzimmer verlässt, schaut er gemeinsam mit dem Kind hinter der Tür und unter dem Bett nach, worauf dieses Kind nun beruhigt einschlafen kann. Kennzeichnend für die sichere Strategie ist, dass die Kinder in den Geschichten ihre Bindungsbedürfnisse zeigen und dass sie darauf von ihren Bezugspersonen angemessen versorgt und beruhigt werden. Unsicher-ambivalente Strategie. Die ambivalente Strategie kann sich auf der inhaltlichen Ebene z. B. im widersprüchlichen Verhalten der Protagonisten dokumentieren. Eine derart in der Saft-Geschichte handelnde Bezugsperson könnte zunächst das Kind wütend auffordern, den Tisch und den Boden aufzuwischen, dann aber diese

9 Die Attachment Story Completion Task (ASCT) 115 Tätigkeit doch selbst ausführen. Ebenso deutet es auf eine unsicher-ambivalente Strategie hin, wenn sich die Bezugsperson verunsichert oder ängstlich verhält. So könnte sich diese während der Monster-Geschichte beim Kind vergewissern, ob wirklich ein Monster im Zimmer ist, statt sich in dessen Zimmer zu begeben, um dort nachzuschauen. Ambivalenz ist auch vorhanden, wenn sich das Kind in der Trennungsgeschichte nur sehr schwer von den Eltern lösen kann und unter Tränen eine Nacht bei der Großmutter bleibt, ohne sich von dieser trösten zu lassen. Dies könnte im Wiedersehen so fortgeführt werden, dass das Kind die Eltern nicht begrüßt und diesen erzählt, wie schön es bei der Großmutter war. Strukturell ist oftmals auffallend, dass sich die Kinder in ihren Geschichten verzetteln oder mehrere Endfassungen für eine Geschichte präsentieren, ohne sich auf eine festlegen zu können. Desorganisation. Verweigert es ein Kind, eine Geschichte zu erzählen, bricht es die Untersuchungssituation ab oder verhalten sich die Protagonisten in den Geschichten derart (Verschütteter Saft: das Kind setzt sich nicht an den Tisch, will lieber stehen; Verletztes Knie: das Kind wirft sich auf den Boden und will nicht mit in den Park oder geht bei dem Spaziergang fünf Meter hinter der Familie), dann sind dies deutliche Anzeichen für Bindungsdesorganisation. In der Trennungsgeschichte kann dies z. B. daran festgemacht werden, dass ein Kind nicht bei der Großmutter bleiben will und wegläuft. Ebenso deuten bizarre oder extrem negative Geschichten mit teilweise traumatisierenden Verläufen auf Desorganisation hin. Als bizarr würde beispielsweise bewertet, wenn einem Kind wegen des verschütteten Safts die Hand abgehackt wird, wenn die Familie bei ihrem Parkspaziergang vom Blitz getroffen wird oder das Monster mit der Kettensäge ein Bezugsperson tötet. Extrem negative Ereignisse enthalten Geschichten, in denen z. B. nach dem Wiedersehen die Familie bei einem Autounfall tödlich verunglückt oder bei Ihrer Rückkehr feststellen muss, dass ihr Haus abgebrannt ist. Zusätzlich zur Klassifikation der Bindungsrepräsentation wird bei der ASCT-Methode ein Bindungssicherheitswert für das Kind bestimmt. Dieser ergibt sich aus der Gesamtschau sämtlicher Bindungssicherheitswerte, die für die fünf einzelnen bindungsrelevanten Geschichten vergeben wurden. Für diesen Wert liegt eine Sicherheit-Unsicherheits-Skala mit folgender Abstufung vor: (4) sehr sicher, (3) sicher, (2), unsicher und (1) sehr unsicher (Golby, Bretherton, Winn & Page, 1995). Als sehr sicher werden Kinder beurteilt, die die fünf bindungsrelevanten Geschichten ohne viele Nachfragen zügig beginnen und angemessen zu Ende führen. Der Gegenpol sehr unsicher charakterisiert Kinder, die über mindestens drei der bindungsrelevanten Geschichten starke Abwehr hinsichtlich der Bindungsthematik erkennen lassen und Kinder, die ebenso oft komische, bizarre oder desorganisierte Inhalte schildern. Analog zur Bindungsrepräsentation existiert für den Bindungssicherheitswert ein Coding-Manual mit zahlreichen Kriterien, die die Identifikation der vier Skalenpunkte in den einzelnen Geschichten erleichtern. So würde man beispielsweise in der Geschichte Verschütteter Saft die Antworten als sicher einstufen, wenn der Saft aufgewischt wird und der Ärger oder die Strafe der Eltern (sofern dies erwähnt wird) keine Gewalt enthalten. Gibt das Kind nach dem Anspielen einer Geschichte z. B. keine Antwort oder sagt es, dass es lieber eine andere hören möchte oder ignoriert es in seiner Weiterführung der angespielten Geschichte den bindungs-

10 116 I. Bretherton und R. Kißgen relevanten Inhalt, sind dies Hinweise, die als vermeidend und somit als unsicher interpretiert werden. Durch die vierstufige Sicherheit-Unsicherheits-Skala ist es möglich, die klassifizierte Bindungsrepräsentation zusätzlich quantitativ zu gewichten. Die Logik dieses Vorgehens schließt es aus, dass ein als sicher klassifiziertes Kind einen Bindungssicherheitswert < 3 erhält. Ebenso werden unsicher oder desorganisiert klassifizierte Kinder keinen Wert erhalten können, der > 2 ist. 5. Validität der ASCT-Methode Für die erste Validierungsstudie der ASCT-Methode (Bretherton, Ridgeway & Cassidy, 1990) wurden 36 Familien aus einer bereits bestehenden Längsschnittstudie von Maslin, Bretherton und Morgan (1986) rekrutiert, in der der mögliche Zusammenhang zwischen Gewaltbereitschaft und der Qualität der Mutter-Kind-Beziehung untersucht wurde. Aus dieser Studie lagen unter anderem Aussagen zur Qualität der Mutter-Kind-Bindung aus dem 18. Monat, ermittelt über die Fremden Situation nach Ainsworth und Wittig (1969), vor. Weiterhin hatten die Mütter der untersuchten Kinder in deren 25. Monat den Bindungs-Q-Sort von Waters und Deane (1985) absolviert. Anlässlich der Validierungsstudie nahmen die Mutter-Kind-Paare im 36. Monat der Kinder an einer Untersuchung in der Forschungseinrichtung teil. Dort wurde mit den Kindern neben weiteren Verfahren die ASCT-Methode und eine kurze Trennungs-Wiedervereinigungssituation durchgeführt. Im Rahmen eines Hausbesuchs bearbeiteten die Mütter im selben Monat zudem erneut den Bindungs-Q-Sort von Waters und Deane (1985). Dieses Vorgehen ergab, dass die mittels ASCT erhobenen Werte für Bindungssicherheit gut mit den weiteren referierten Untersuchungsergebnissen zur Bindungssicherheit im Einklang standen (Bretherton et al., 2001). Seither wurden bis heute in zahlreichen weiteren Studien nicht nur die Validität der ASCT-Methode belegt (für eine umfassende Übersicht s. Bretherton 2001; 2005) sondern z. B. auch die Kontinuität in den ASCT-Klassifikationen vom dritten bis zum Alter von viereinhalb Jahren (Waters, Rodrigues & Ridgeway, 1998). Die Übereinstimmung zwischen den ASCT-Sicherheitswerten und den Einstufungen der Mütter im Erwachsenen-Bindungsinterview wurden von Gloger-Tippelt, Gomille, König und Vetter (2002) überprüft und nachgewiesen. Sie verwendeten eine leicht abgeänderte Übersetzung der ASCT mit fünfjährigen Kindern und entwickelten ihre eigene Kodiermethode, die auf Bretherton et al. (1990) aufbaut. Schließlich nahmen Miljkovitch, Pierrehumbert, Bretherton und Halfon (2004) eine qualitative Bewertung der ASCT Geschichten dreijähriger Kinder vor. Sie konnten zeigen, dass die Qualität der kindlichen ASCT Geschichten mit dem Erwachsenen-Bindungsinterview der Mütter korrelierte. Aufgrund der aufgelisteten Zusammenhänge mit weiteren bindungsbasierten Beobachtungs- und Repräsentationsmassen lässt sich das Ausmaß an Bindungssicherheit in der Mutter-Kind-Beziehung mittels der ASCT-Methode mit guter Vorhersagekraft bestimmen. Im Unterschied zu dieser dimensional-quantitativen Methodik erwies sich die kategorial-qualitative Zuordnung von Kindern zu den bekannten Bindungs-

11 Die Attachment Story Completion Task (ASCT) 117 qualitäten in einem Punkt als weniger aussagekräftig. Während die Klassifikation der sicheren, der unsicher-vermeidenden und der desorganisiert/desorientierten Bindung als zufriedenstellend bezeichnet werden kann, ist es bisher nur eingeschränkt möglich, das unsicher-ambivalente Bindungsmuster in den ASCT-Geschichten verlässlich zu identifizieren. Dies dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf die geringen Auftretenshäufigkeit dieses Musters zurückzuführen sein. Abschließend lässt sich festhalten, dass mit der ASCT-Methode ein valides Verfahren zur Erhebung der Bindungsrepräsentation im Alter zwischen drei und acht Jahren oder allgemeiner ausgedrückt für das Kindergarten und das frühe Schulalter vorliegt. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Validität einer Methode dieser Art entscheidend sowohl von der Qualität der Durchführung und Auswertung als auch von der Auswahl der Rumpfgeschichten abhängt. Die Verwendung zu Forschungszwecken sollte deshalb keinesfalls ohne Training in der Durchführung und Codierung der ASCT-Methode inklusive der Erfüllung der Reliabilitätskriterien (mindestens 80%) erfolgen. Andernfalls ist eine verlässliche Klassifikation der Bindungsrepräsentation nicht möglich. Zielt man bei der Verwendung des ASCT-Verfahrens nicht explizit auf Letzteres ab, dann ist gegen dessen Nutzung in anderen als Forschungskontexten nichts einzuwenden. Wie bereits dargelegt, drückt ein Kind in der hier berücksichtigten Altersspanne seine Emotionen, seine Selbst- und Umweltsicht nicht nur im konkreten Umgang mit seinen Eltern und Gleichaltrigen aus. Ebenso wichtig ist die Repräsentationsebene, die im Phantasiespiel ausgelebt wird. Dieses kann über die Rumpfgeschichten des ASCT-Verfahrens oder auch denkbare Modifikationen z. B. im beraterischen oder therapeutischen Rahmen initiiert werden. Literatur Ainsworth, M. D. S., Bell, S. M. & Stayton, D. J. (1974). Infant-mother attachment and social development: Socialization as a product of reciprocal responsiveness to signals. In P. M. Richards (Ed.), The integration of a child into a social world (pp ). London: Cambridge University Press. Ainsworth, M. D. S., Blehar, M. C., Waters, E. & Wall, S. (1978). Patterns of attachment: A psychological study of the Strange Situation. Hillsdale, NJ: Erlbaum. Ainsworth, M. D. S. & Wittig, B. A. (1969). Attachment and exploratory behavior of one-year-olds in a strange situation. In B. M. Foss (Ed.), Determinants of infant behaviour IV. Based on the proceedings of the fourth Tavistock Study Group on mother-infant interaction held at the House of the Ciba Foundation, London September 1965 (pp ). London: Methuen. Bowlby, J. (1969). Attachment and Loss: Vol. 1. Attachment. New York: Basic Books.

12 118 I. Bretherton und R. Kißgen Bretherton, I. (1984). Representing the social world in symbolic play. Reality and fantasy. In I. Bretherton (Ed.), Symbolic Play: The development of social understanding (pp. 3-41). New York: Academic Press. Bretherton, I. (1999). Updating the internal working model construct. Some reflections. Attachment and Human Development, 1, Bretherton, I. (2001). Zur Konzeption innerer Arbeitsmodelle. In G. Gloger-Tippelt (Hrsg.), Bindung im Erwachsenenalter. Ein Handbuch für Forschung und Praxis (S ). Bern: Huber. Bretherton, I. (2005). In pursuit of the internal working model construct and its relevance to attachment relationships. In K. E. Grossmann, K. Grossmann, & E. Waters (Eds.), Attachment from infancy to adulthood: The major longitudinal studies (pp ). New York: Guilford. Bretherton, I. & Munholland, K. A. (1999). Internal working models in attachment relationships. A construct revisited. In J. Cassidy & P. Shaver (Eds.), Handbook of Attachment: Theory, Research, and Clinical Application (pp ). New York: Guilford. Bretherton, I. & Ridgeway, D. (1990). Appendix: Story Completion Tasks to Assess Young Children s Internal Working Models of Child and Parents in the Attachment Relationship. In M. T. Greenberg, D. Cicchetti & E. M. Cummings (Eds.), Attachment in the preschool years (pp ). Chicago: University of Chicago Press. Bretherton, I., Ridgeway D. & Cassidy, J. (1990). Assessing internal working models of attachment relationships: An attachment story completion task for 3- year-olds. In M. T. Greenberg, D. Cicchetti & E. M. Cummings (Eds.), Attachment in the preschool years (pp ). Chicago: University of Chicago Press. Bretherton, I., Suess, G. J., Golby, B. & Oppenheim, D. (2001). Attachment Story Completion Task (ASCT). Methode zur Erfassung der Bindungsqualität im Kindergartenalter durch Geschichtenergänzungen im Puppenspiel. In G. J. Suess, H. Scheuerer-Englisch & W. K. P. Pfeifer (Hrsg.), Bindungstheorie und Familiendynamik. Anwendung der Bindungstheorie in Beratung und Therapie (S ). Gießen: Psychosozial. George, C., Kaplan, N. & Main, M. (1996). Attachment interview for adults. Unpublished manuscript. University of California, Berkeley. George, C. & West, M. (2001). The Development and Preliminary Validation of a New Measure of Adult Attachment: The Adult Attachment Projective. Attachment and Human Development, 3, George, C., West, M. & Pettem, O. (1997). The adult attachment projective. Unpublished attachment measure and coding manual. Mills College, Oakland. Gloger-Tippelt, G., Gomille, B., König, L. & Vetter, J. (2002). Attachment representations in 6-year-olds: Related longitudinally to the quality of attachment in infancy and mothers attachment representations. Attachment and Human Development, 4,

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