Fast Track ein neues Konzept zur beschleunigten und komplikationsärmeren Chirurgie bei CED
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- Helene Kohl
- vor 6 Jahren
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1 Fast Track ein neues Konzept zur beschleunigten und komplikationsärmeren Chirurgie bei CED Was ist das, wann kommt es in Frage? Dr. med. Jörn Gröne Definition Unter Fast Track fasst man ein Therapiekonzept zusammen, das gemeinsam mit der Vorbereitung eines operativen Eingriffs, der Operation (OP)an sich und der Behandlung bzw. Rehabilitation nach der OP eine beschleunigte Genesung der Patienten und eine Senkung des Komplikationsrisikos zum Ziel hat. Die Chirurgie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen umfasst in der Regel Resektionen von Darmanteilen (z.b. Segmentresektion, Ileozökalresektion beim Morbus Crohn) und die Entfernung eines kompletten Organs (z.b. Entfernung des gesamten Dickdarms, die sogenannte Koloprokto mukosektomie mit Ileumpouch bei der Colitis ulcerosa). Die Maßnahmen, die vor, während und nach diesen Opera tionen eingeleitet werden, das sogenannte perioperative Management, waren bis vor wenigen Jahren eher konservativ und basierten 34 Chirurgie
2 selten auf wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen. Das heißt, der Darm wurde vor der Operation mittels Abführmaßnahmen gereinigt (z.b. Darmspülung mit Clean Prep), jeder Patient mit einer Darmresektion erhielt intraoperativ eine Sekretdrainage, die durch die Bauchdecke ausgeleitet wurde (z.b. Robinson Drainage oder Easy Flow Drainage) und eine Magensonde, die durch die Nase in den Magen vorgeschoben wurde. Beide Drainagen blieben postoperativ in der Regel mehrere Tage. Patienten wurde nach der OP eine mehrtägige Bettruhe vergeordnet, es wurden spezielle Diäten verabreicht und Patienten blieben häufig mehrere Tage ohne Nahrung. All diese Maßnahmen wurden im Laufe der letzten Jahre im Rahmen der Evidenzbasierten Medizin auf den Prüfstand gestellt, d.h. es wurde die wissenschaftliche Belegbarkeit bzw. Rechtfertigung dieser Maßnahmen überprüft. Es konnte dabei gezeigt werden, dass zahlreiche dieser Maßnahmen unnötig sind, wenn nicht sogar den Patienten gefährden. Diese Erkenntnisse sind mit in die Entwicklung des Fast Track-Konzeptes eingeflossen. Nach Operationen im Bauchraum, insbesondere bei Darmoperationen, gibt es eine Reihe von Ursachen, die für die Operationskrankheit bzw. für den operativen Stress, also die allgemeinen Folgen eines operativen Eingriffs, verantwortlich sind: Stressreaktion Schmerzen Bettruhe Intravenöse Flüssigkeitsüberlastung Unterkühlung während der Operation Darmlähmung (Darmatonie) Übelkeit und Erbrechen nach der Narkose/Operation Fastenperioden vor und nach einer Operation Eingeschränkte Lungenfunktion Schlafstörungen und Müdigkeit Störungen des Flüssigkeitshaushaltes (Volumenverschiebungen). Das Fast Track -Konzept soll die Wiederherstellung nach der Operation beschleunigen und die Komplikationswahrscheinlichkeit senken. Dazu dient eine Reihe von interdisziplinären Maßnahmen vor, während und nach der Operation, die sich vom traditionellen Vorgehen drastisch unterscheiden, dafür aber wissenschaftlich abgesichert sind. Sie sollen helfen, operativen Stress und damit die Operationskrankheit, also die möglichen allgemeinen negativen Folgen eines operativen Eingriffs, zu vermeiden. Chirurgie 35
3 In der klinischen Forschung sind in den letzten Jahren eine Reihe von Methoden und Verfahren entwickelt worden, um alle diese Punkte positiv zu beeinflussen. Professor Dr. Henrik Kehlet aus Kopenhagen, Dänemark, hat Ende der 90er Jahre ein Konzept erstellt, in dem zum ersten Mal all diese Punkte gleichzeitig berücksichtigt werden, das sogenannte Fast Track- Konzept. Fast Track bedeutet schnelle Schiene, betont also die beschleunigte Wiederherstellung des Patienten nach einer Operation. Dieses inzwischen sehr erfolgreiche Konzept bedeutet für den Patienten eine Reduktion der allgemeinen Operationsrisiken, eine bessere und schnellere Erholung nach einer Operation und führt nebenbei zu einer Verkürzung des stationären Aufenthaltes. Das Fast Track-Konzept umfasst nicht allein die Chirurgie bzw. die Operation, sondern integriert die Anästhesie, die Pflege und die Physiotherapie. Alle beteiligten Disziplinen zielen mit ihren Maßnahmen darauf ab, den operativen Stress zu reduzieren. Dazu gehören eine modifizierte Anästhesie und Schmerztherapie (Analgesie), reduzierte Gabe von Infusionen (Volumenmanagement), Reduktion des operativen Traumas (Minimal-invasive Chirurgie), frühzeitiger Kostaufbau (enterale Ernährung) und die zügige Mobilisation und Atemtherapie der Patienten (siehe Abb.). Obwohl grundsätzlich alle geplanten, bauchchirurgischen Eingriffe in dieser Weise durchgeführt werden könnten, sind vor allem Dickdarm-Operationen dafür geeignet, z.b.: Komponenten des Fast Track-Konzepts, die zu einer Reduktion des operativen Stresses und damit zur Beschleunigung der Rekonvaleszenz der Patienten führen. Reduktion des Zugangstraumas Minimal Invasive Chirurgie Optimierte Narkose Prophylaxe von Atonie + Übelkeit Operationskrankheit Operativer Stress Optimiertes Volumenmanagement Frühzeitige Mobilisation Effektive Schmerztherapie (u.a. PDK) Frühzeitige orale Ernährung 36 Chirurgie
4 Operationen bei der Divertikel krankheit Operationen bei Tumoren des Dick- und Enddarms Operationen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa). Wie funktioniert das Fast Track-Konzept? Die Vorbereitung auf eine Bauchoperation erfolgt unverändert, d.h. die Notwendigkeit zur Operation wird überprüft (Indikation), die Patienten werden beraten und alle notwendigen Untersuchungen werden veranlasst. Diese erfolgen, soweit möglich, ambulant über die Klinik oder durch Ihren Hausarzt. Nachdem die Patienten einen Termin für die stationäre Aufnahme erhalten haben und aufgenommen worden sind, ändert sich jedoch der Ablauf im Vergleich zu der Zeit ohne Fast Track-Chirurgie. Einige Änderungen werden die Patienten bemerken, andere laufen vom Patienten unbemerkt ab. Die Patienten dürfen und sollen bis sechs Stunden vor der Operation Essen und Trinken und noch bis zwei Stunden vor Beginn der Narkose gesüßten Tee zu sich nehmen. Eine Darmspülung zur Vorbereitung ist meist nicht mehr notwendig. Am Operationstag erhält jeder Patient zusätzlich zur Vollnarkose einen Periduralkatheter (Rückenmarksnaher Katheter), über den während und nach der Operation schmerzstillende Medikamente verabreicht werden können. Der Bedarf an anderen Schmerzmitteln sinkt hierdurch stark ab und die Patienten leiden unter geringeren Nebenwirkungen, wie z.b. der postoperativen Darmlähmung (Atonie). Während der Operation erfolgen einige technische Veränderungen, die den Patienten die Phase nach der Operation erleichtern: wenn sinnvoll dir Anwendung der Minimal-invasiven Chirurgie (MIC oder auch Schlüsselloch-Chirurgie genannt); wenn offene Operationen, dann z.b. quere, kleinere Bauchschnitte; Drainagen und Katheter werden nur noch selten angelegt; keine Magensonde nach der Operation. Bereits am Operationstag dürfen die Patienten abends wieder Essen, Trinken und das Bett verlassen. In den nächsten zwei bis drei Tagen bekommen Sie dann zunehmend mehr feste und flüssige Nahrung, so dass ab dem dritten oder vierten Tag nach der Operation keine Infusion mehr notwendig sein sollte. Die Patienten erhalten zudem eine intensive krankengymnastische Betreuung, um schneller wieder selbstständig mobil zu sein. Dieser gesamte Ablauf wird von ärztlicher und pflegerischer Seite überwacht und natürlich den Bedürfnissen des einzelnen Patienten angepasst. Das Ziel ist dabei, die oben genannten Risiken zu minimieren, damit die Patienten besser und schneller nach einer Operation genesen. Der Entlassungstermin wird individuell in Absprache mit Ihnen festgelegt. Sollten die Patienten die Maßnahmen der Fast Track-Chirurgie nicht vertragen, werden diese umgehend abgesetzt und Sie werden symptomorientiert weiter behandelt. Eine der Voraussetzungen für den Erfolg der Maßnahmen ist die konsequente Umsetzung. Die Verantwortung dafür tragen die behandeln- Chirurgie 37
5 send über die Bausteine, Ziele, Vorteile, mögliche Verläufe und vor allem über die Notwendigkeit der Kooperation und eigenen Aktivität im Rahmen des Fast Track- Konzeptes aufgeklärt werden müssen. Dr. med. Jörn Gröne ist Oberarzt an der Chirurgischen Klinik I der Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, in Berlin. joern.groene@charite.de den Partner aus der Anästhesie, Pflege, Physio therapie und Chirurgie gemeinsam mit dem Patienten. Das heißt, dass die Patienten vor der Operation umfas- Fazit Fast Track ist ein interdisziplinäres Konzept, welches auf Evidenz-basierten Maßnahmen beruht und die Rekonvaleszenz von Patienten nach elektiven bauchchirurgischen Eingriffen beschleunigt. Dies resultiert in einer kürzeren Verweildauer und einer Reduktion der Komplikationsrate. Operationen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen stellen eine sinnvolle Indikation für das Fast Track- Konzept dar.
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