Die Rolle von Freihandelsabkommen für die wirtschaftliche Entwicklung von Schwellenländern. Dominique Bruhn Münster, 27.
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- Michael Frank Auttenberg
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1 Die Rolle von Freihandelsabkommen für die wirtschaftliche Entwicklung von Schwellenländern Dominique Bruhn Münster, 27. Januar 2017
2 Agenda 1) Von der WTO zu Freihandelsabkommen? 2) Aktuelle Trends 3) Implikationen für Mitglieder 4) Implikationen für Nicht-Mitglieder 5) Ausblick 6) Fragen und Diskussion 2
3 Agenda 1) Von der WTO zu Freihandelsabkommen? 2) Aktuelle Trends 3) Implikationen für Mitglieder 4) Implikationen für Nicht-Mitglieder 5) Ausblick 6) Fragen und Diskussion 3
4 1. Von der WTO zu Freihandelsabkommen? Warum freier Handel? Eliminierung der Handelsbarrieren Produktion entsprechend dem komparativen Vorteil Entkopplung von Produktion und Konsum höherer Nutzen Bester Weg zur Handelsliberalisierung: multilateral (in der Welthandelsorganisation (WTO)!) Aber: Verlagerung weg von der WTO hin zu bilateralen und regionalen Freihandelsabkommen (FTAs) 4
5 1. Von der WTO zu Freihandelsabkommen? Das multilaterale Handelssystem eine Erfolgsgeschichte Umfassende Liberalisierung des Welthandels seit der Gründung des GATT im Jahr 1947 Erfolgreiche Institutionalisierung: Gründung der WTO im Jahr 1995 Fast universelle Mitgliedschaft (164 WTO-Mitglieder) Effektiver Streitbeilegungsmechanismus Opfer des eigenen Erfolgs? 5
6 1. Von der WTO zu Freihandelsabkommen? Stillstand der Doha Entwicklungsrunde Start 2001, bisher kein formaler Abschluss Zwischenerfolg: Trade Facilitation Agreement 2013 Streitpunkte: Agrarpolitik Aufnahme von Regelbereichen, die stärker in nationale Souveränität eingreifen (z.b. geistige Eigentumsrechte) Abbruch der Verhandlungen wird diskutiert Problem: Interessen der Entwicklungsländer in der WTO am besten repräsentiert! 6
7 1. Von der WTO zu Freihandelsabkommen? Die Unmögliche Dreifaltigkeit ( The impossible trinity Richard Baldwin) Konsens Universelle Regeln Bindende Streitbeilegung 7
8 1. Von der WTO zu Freihandelsabkommen? Reformoptionen FTAs? Megaregionale Abkommen? Konsens Mehrheitsentscheidungen? Plurilaterale Abkommen (mit speziellem Fokus) universelle Regeln Bindende Streitbeilegung Weniger Verbindlichkeit? 8
9 1. Von der WTO zu Freihandelsabkommen? In FTAs stimmen zwei (oder mehr) Länder zu, bilaterale Handelsbarrieren zu liberalisieren, ohne diesen Vorzug Drittländern zu gewähren De facto verletzt dies eines der Kernprinzipien der WTO: Prinzip der Meistbegünstigung (Most-Favoured Nation) WTO (GATT Art XXIV) erlaubt FTAs unter Bedingungen: Substantially all trade wird liberalisiert Handelsbarrieren vis-a-vis Drittländern werden nicht erhöht 9
10 1. Von der WTO zu Freihandelsabkommen? Ausgangssituation: A importiert Gut X. C produziert zu einem günstigeren Preis, alle Importe von X kommen aus C. A generiert Zolleinnahmen. A und B schließen ein Freihandelsabkommen ab. Zölle für Land B entfallen, Importe aus B werden für Konsumenten günstiger. Handelsschaffender Effekt: Land A und Land B handeln mehr miteinander. B C B C A A 10
11 1. Von der WTO zu Freihandelsabkommen? Handelsumlenkender Effekt: Land A und Land C handeln weniger miteinander. A importiert jetzt lieber von B als von C! Land C verliert (selbst wenn Land A und Land B ihre externen Zölle nicht erhöhen!) Verlust von Zolleinnahmen in Land A A B C 11
12 1. Von der WTO zu Freihandelsabkommen? Unterm Strich: Ausgeschlossene Länder haben das Nachsehen! In der Freihandelszone: Gewinne höher als Verluste Auch nicht alle innerhalb der Freihandelszone profitieren, aber Gewinner könnten Verlierer kompensieren! 12
13 Agenda 1) Von der WTO zu Freihandelsabkommen? 2) Aktuelle Trends 3) Implikationen für Mitglieder 4) Implikationen für Nicht-Mitglieder 5) Die ungewisse Zukunft der mega-regionalen Freihandelsabkommen 6) Fragen und Diskussion 13
14 2. Aktuelle Trends Freihandelsabkommen werden zahlreicher. 35 Anzahl neuer FTAs pro Jahr 700 Kumulative Anzahl der FTAs Quelle: DESTA database (Dür et al. 2014) 14
15 2. Aktuelle Trends Freihandelsabkommen werden größer. Abkommen Mitglieder BIP 2012 (% des weltweiten BIPs) TTIP EU, USA ( 2 ) 45% 44% TPP Pazifik (12) 39% 26% RCEP Asien (16) 29% 27% TISA really good friends of services (23) 66% 64% Handelsvolumen 2012 (% der Welt) Datenquelle: World Development Indicators 15
16 2. Aktuelle Trends Freihandelsabkommen werden größer. Abkommen TTIP TPP RCEP TISA Mitglieder EU, USA Australien, Brunei, Chile, Kanada, Japan, Malaysia, Mexico, Neuseeland, Peru, Singapur, USA, Vietnam ASEAN+6 (Brunei, Myanmar, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam + Australien, China, Indien, Japan, Südkorea, Neuseeland) Australien, Kanada, Chile, Taiwan, Kolumbien, Costa Rica, EU, Hong Kong, Island, Israel, Japan, Liechtenstein, Mexico, Neuseeland, Norwegen, Pakistan, Panama, Paraguay, Peru, Südkorea, Schweiz, Turkei, USA 16
17 2. Aktuelle Trends Freihandelsabkommen werden umfangreicher und tiefer. Durchschnittliche Tiefe der Freihandelsabkommen DESTA Tiefen-Indikator: Tarifeliminierung, Services, Wettbewerb, Geistige Eigentumsrechte, öffentliche Auftragsvergabe, Standards (0-7) 17
18 2. Aktuelle Trends (manchmal) in FTAs regulierte Themengebiete WTO+ Regeln, Exportsteuern, sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen, technische Handelsbarrieren, State Trading Enterprises (STE), Antidumping, Ausgleichende Maßnahmen, Staatliche Hilfe, öffentliche Auftragsvergabe, Handelsbezogene Investment Maßnahmen (TRIMS), Dienstleistungen (GATS), Handelsbezogene Intellektuelle Eigentumsrechte (TRIPs) WTO-X Anti-Korruption, Wettbewerbspolitik, Umweltgesetze, Geistige Eigentumsrechte, Investitionen, Arbeitsmarktregulierungen, Kapitalbewegung, Konsumentenschutz, Datenschutz, Landwirtschaft, Audio Visual, Zivilschutz, Innovationspolitik, Kulturelle Kooperation, Wirtschaftspolitischer Dialog, Bildung und Training, Energie, Finanzielle Unterstützung, Gesundheit, Menschenrechte, Illegale Einwanderung, Illegale Drogen, Industrielle Kooperation, Informationsgesellschaft, Bergbau, Geldwäsche, Nukleare Sicherheit, Politischer Dialog, Öffentliche Verwaltung, Regionale Kooperation, Forschung und Technologe, SME, Soziale Angelegenheiten, Standards, Statistik, Steuern, Terrorismus, Visa und Asyl Quelle: Horn et al (emphasis added) 18
19 2. Aktuelle Trends Durchschnittliche Tiefe von FTAs nach involvierten Ländertypen??? DESTA Tiefen-Indikator: Zolleliminierung, Services, Wettbewerb, Geistige Eigentumsrechte, öffentliche Auftragsvergabe, Standards (0-7) 19
20 2. Aktuelle Trends Warum werden FTAs umfassender/ tiefer? Stillstand in der WTO Handelsbarrieren hinter der Grenze Dominoeffekte Verknüpfung von Handel und Investitionen Ausbreitung von globalen Wertschöpfungsketten Import von Reformen Lock-in von Reformen... 20
21 Agenda 1) Von der WTO zu Freihandelsabkommen? 2) Aktuelle Trends 3) Implikationen für Mitglieder 4) Implikationen für Nicht-Mitglieder 5) Ausblick 6) Fragen und Diskussion 21
22 3. Implikationen für Mitglieder Zollabbau +Ursprungsregeln: Handelsschaffende Effekte Je höher der Zollabbau, desto größer der handelsschaffende Effekt! Aber: Ursprungsregeln müssen eingehalten werden. Ursprungsregeln spezifizieren, welcher Anteil des Wertes eine Guts innerhalb der Freihandelszone hinzugefügt werden muss, um vom bevorzugten Marktzugang profitieren zu können. Je strikter die Ursprungsregeln, desto höher die Anreize innerhalb der Freihandelszone zu beziehen und zu produzieren! 22
23 3. Implikationen für Mitglieder Reformdruck Tiefgreifende Regeln adressieren Handelshemmnisse hinter der Grenze Substantielle Reformen des business environment Bessere Möglichkeiten, um Auslandsdirektinvestitionen anzulocken und sich an GVCs zu beteiligen 23
24 3. Implikationen für Mitglieder Aufstieg in Wertschöpfungsketten? Tiefgreifende Regeln in FTAs können den politischen Handlungsraum einschränken um wirtschaftliche/ industrielle Entwicklung zu fördern. 24
25 3. Implikationen für Mitglieder Neue Studie des DIE: Deep preferential trade agreements and upgrading in global value chains: the case of Vietnam Postgraduiertenprogramm 2015/
26 Agenda 1) Von der WTO zu Freihandelsabkommen? 2) Aktuelle Trends 3) Implikationen für Mitglieder 4) Implikationen für Nicht-Mitglieder 5) Ausblick 6) Fragen und Diskussion 26
27 4. Implikationen für Nicht-Mitglieder Zollabbau und Ursprungsregeln: Handelsumlenkende Effekte In globalen Wertschöpfungsketten (GVCs) überqueren Güter Grenzen mehrfach. Entwicklungsländer sind in speziellen Produktionsschritten wettbewerbsfähig geworden. Strikte RoO unterbrechen GVCs: Produktionschritte werden z.t. in die Freihandelszone (zurück)verlagert ( versteckter Protektionismus ) Abweichung von ökonomischer Effizienz Nachteil für Drittländer 27
28 4. Implikationen für Nicht-Mitglieder Erosion von bestehenden Präferenzen EU & USA haben Präferenzsysteme für LDCs (z.b. Everything But Arms, African Growth & Opportunity Act) Durch die Unterzeichnung von FTAs werden bestehende Präferenzen unterwandert! Vor allem problematisch für Entwicklungsländer 28
29 4. Implikationen für Nicht-Mitglieder Regulierungen und Standards Harmonisierung: FTA Mitglieder stimmen gemeinsamen sozialen, ökologischen und technischen Standards zu Höhere Standards könnten schwer zu erfüllen sein (Protektionismus?) Anpassungskosten Gegenseitige Anerkennung: FTA Mitgliedsländer erkennen ihre existierenden Standards als gleichwertig an Ein Standard für zwei Märkte (aber nur, falls Diskriminierung vermieden wird) 29
30 4. Implikationen für Nicht-Mitglieder Andere Regeln und Regulierungen in mega-regionalen Abkommen betreffen Drittländer möglicherweise nicht direkt, könnten aber als Blaupausen für das globale Handelssystem angesehen werden Investitionen Öffentliche Beschaffung Geistige Eigentumsrechte Dienstleistungen... 30
31 4. Implikationen für Nicht-Mitglieder Welche potentiellen Auswirkungen haben megaregionale Abkommen auf Drittländer? Direkte Effekte Handelsumlenkung Nachteil in GVCs Erosion von Präferenzen Erfüllen neuer/ höherer Standards Indirekte Effekte De facto globale Regeln durch die Hintertür Verlagerung zulasten des Multilateralismus Gefahr regionaler Blöcke 31
32 Agenda 1) Von der WTO zu Freihandelsabkommen? 2) Aktuelle Trends 3) Implikationen für Mitglieder 4) Implikationen für Nicht-Mitglieder 5) Ausblick 6) Fragen und Diskussion 32
33 5. Ausblick Ungewisse Zukunft des internationalen Handelssystems Wenig Fortschritt in der WTO Austritt der USA aus TPP Abschluss von CETA 2016, aber großer Widerstand gegenüber TTIP Brexit Das Ende mega-regionaler Handelsabkommen? Oder sogar das Ende der Handelsliberalisierung? 33
34 Vielen Dank! Dominique Bruhn Deutsches Institut für Entwicklungspolitik 34
35 ANNEX 35
36 5. Implikationen für Nicht-Mitglieder Felbermayr et al
37 5. Implikationen für Nicht-Mitglieder Optionen für TTIP: 1) Keine Diskriminierung gegen Drittländer bei Kooperation im Bereich Regulierung und Standards; 2) Ursprungsregeln großzügig, einheitlich und so offen wie möglich gestalten; 3) Harmonisierung der Präferenzprogramme der EU und USA; 4) Größere Transparenz und die Partizipationsmöglichkeiten (für Drittländer); 5) Glaubhafte Beitrittsoptionen für Drittländer. Und Neubelebung & Reformierung des multilateralen WTO Prozesses! 37
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