PILZBRIEF E. Westfälisch e
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- Helene Auttenberg
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1 Westfälisch e PILZBRIEF E Herausgegeben von der Pilskundlichen Arbeitsgemeinschaft in Westfale n Schriftleitung : Dr. H. Jahn, 4931 Heiligenkirchen/Detmold, Alter Sportplatz 466 VI. Band Heft Ascotremella faginea (Peck) Seaver, erstmalig in Deutschland gefunden vo n I. Friederichsen und H. Enge l (Aus dem Staatsinstitut für Allgemeine Botanik un d Botanischer Garten Hamburg ) Die Fohlenkoppel, ein Laubwaldgebiet im Staatsforst Reinfeld bei Oldeslo e im südlichen Schleswig-Holstein, ist wegen ihres Reichtums an bemerkenswerten Pilzarten ein stets lohnendes Exkursionsziel. Dies zeigte sich auch am , als wir dort auf einen Pilz stießen, den wir nicht ansprechen konnte n und der uns einige Rätsel aufgab. Er wuchs auf einem abgefallenen, fingerdicken, toten Zweig von Fagus silvatica und bildete einen gallertigen, hirnbis gekröseartig gewundenen Fruchtkörper von etwa 6 cm Länge, 4 cm Breite und 2 cm Höhe. Seine Farbe war braun-violett, ähnlich der von Coryne sarcoides (Biesalski Farbskala 7.5 U). Wir hielten ihn nach Habitus und Konsistenz für eine Tremellaceae (Abb. 1). Zu unserer großen Überraschung zeigte jedoch die mikroskopische Untersuchung, daß der Fruchtkörper Asci und Ascosporen besaß. Es handelte sich uni einen Ascomyceten. Nach längerem Suchen fanden wir im E n g 1 e r- P r a n t 1 (1. Teil, Abt. 1, 1897) eine Beschreibung der Gattung Haematomyces, die für den Fund paßte. Nur sind dort Nordamerika und Ceylon als Heimatgebiete genannt, nicht aber Europa. Da uns eine weitere Identifizierung zunächst nicht möglich war, konservierten wir den Fruchtkörper in Alkohol. Im Sommer 1962 machten wir dann im Band Inoperculatae der North American Cup-Fungi vo n S e a v e r (Neudruck 1961), damals eine Neuerwerbung unseres Instituts, die Beschreibung und ein Foto von Ascotremella faginea (Peck) Seaver ausfindig. Die Übereinstimmung mit unserem fast vergessenen Pilz war so weitgehend, daß wir nicht mehr daran zweifelten, seinen Namen endlich ermittelt zu haben. Nur die Größe der Sporen der nordamerikanischen Art stimmte mit
2 Abb. 1. Ascotremella faginea (Peck) Seaver aus der Fohlenkoppel, etwas vergrößert. Phot. nach Alkoholmaterial ain x 4 5 R nicht ganz mit den Sporenausmaßen unseres Exemplares überei n (8,8 x 4 5 µ). Der Pilz aus der Fohlenkoppel hatte deutlich längere Sporen. Ascotremella faginea wurde erstmalig in USA im Staate New York a n Fagus americana ( grandifolia) gefunden und von P e c k 1890 unter dem Namen Haematomyces faginea beschrieben. Der Gattungsname mußte jedoch aus folgenden Gründen fallen gelassen werden : 1873 hatten B e r k e l e y und B r o o m e die Gattung Haematomyces für einen Pilz aus Ceylon auf - gestellt, den sie H. spadiceus nannten. Später wiesen P e t c h (1919) und andere Forscher nach, daß B e r k e l e y und B r o o m e Opfer eines Irrtum s geworden waren. H. spadiceus war kein Pilz, sondern der 1Iarzfluß au s Bombax malabaricum, der unter dem Namen Mocharas bekannt ist. Zelle n aus dem Rindengewebe des in Indien beheimateten Baumes waren für Asc i und Stärkekörner für Ascosporen gehalten worden. Eine weitere Art, H. orbiculare, mußte wegen ihrer mauerförmigen Ascosporen in die Gattung Haematomyxa Sacc. gestellt werden. Außerdem zeigte sich, daß sie identisch mi t Haematomyxa vinosa (Cke. et Ell.) Sacc. war. Somit war Haematomyces Peck ein Synonym von Haematomyxa Sacc. und mußte als Gattung eingezoge n werden. S e a v e r (1930), der den Pilz auch in Canada fand, stellte daru m die neue Gattung Ascotremella auf mit dem Typus A. faginea (Peck) Seaver. In Nordamerika kommt außerdem noch A. turbinata Seaver vor. Diese Ar t wächst ebenfalls auf verrottendem Holz, hat jedoch kleinere und wenige r faltige Fruchtkörper. Seaver (1930) brachte die neue Gattung bei den Helotiaceae unter und vereinigte sie mit anderen Gattungen wie Phaeobulgaria un d Coryne im Tribus Ascotremelleae.
3 Abb. 2. Verbreitung von Ascotremella faginea in Mitteleuropa A. faginea scheint in Europa sehr selten aufzutreten. Der Erstfund fü r Europa stammt von P e a r s o n. Er fand den Pilz im August 1944 im Wes t Dean Wood an totem Holz in der Nähe von Goodwood/Sussex. Die Bestimmung erfolgte durch D e n n i s und W a k e f i e 1 d (1946) in Kew. Der Durchmesser dieses Exemplares betrug etwa 4 cm. Aus Dänemark berichtete B u c h - w a 1 d (1957%58) über 2 Funde. Am wurde ein Exemplar de s Pilzes im Magleby-Forst auf Seeland an einem abgefallenen Zweig von Fagu s silvatica festgestellt. Es war etwa 7 8 cm groß. Dies war der Erstfund au f dem europäischen Festland. Am wurde ein kleinerer Fruchtkörper im Ryde-Forst auf Lolland entdeckt. Am schrieb uns Herr W. B e t t s c h e n aus Biel aufmerksam geworden durch unseren Hinwei s auf Ascotremella in der Zeitschrift für Pilzkunde Bd. 2 7, S. 28, 1962 daß am der Pilz auch in der Schweiz gefunden wurde und zwar in einem Wald bei Müntschemier im Bernischen Seeland. Ein Teil des Material s wurde uns freundlicherweise überlassen, wofür wir Herrn B e t t s c h e n an dieser Stelle herzlich danken. Der Fruchtkörper war etwa 7 8 cm groß und glich dem der Fohlenkoppel. Schließlich wurde am 30. B fast gleichzeitig
4 mit unserem Fund A. faginea auch in der Tschechoslowakei festgestellt au f einer Exkursion in den Kubany-Urwald anläßlich der 2. europäischen Mykologentagung in Prag. B e n e d i x (1960) erwähnt den Pilz in seinem Tagungsbericht. Wie aus der Kartenskizze (Abb. 2) hervorgeht, liegen alle bisher aus Europ a gemeldeten Funde von A. faginea im mitteleuropäischen Verbreitungsgebiet der Rotbuche. Der Pilz scheint das Holz dieses Baumes zu bevorzugen. Leider kann dies nicht mit Sicherheit gesagt werden, da die Buche als Substrat nu r für den Erstfund in Dänemark und den in Schleswig-Holstein gesichert ist. Anscheinend ist der Pilz bisher nur in frischen Kalk- und Braunerde-Buchenwäldern oder Buchenmischwäldern über neutralem bis mäßig sauerem, mineralkräftigem Boden beobachtet worden, nicht in Buchenbeständen über stark podsoliertem Boden. So liegt der Fundort in Sussex im Bereich der Kalkbuchenwälder Südost-Englands. In das Areal des baltischen Moränenfagetums übe r meist kalkhaltigem Moränenschutt fallen die Funde von Seeland und Lollan d in Dänemark und der in der Fohlenkoppel bei Reinfeld im südlichen Schleswig-Holstein. Aus den kurzenangaben von B e n e d i x geht hervor, daß de r Pilz im Kubany-Urwald in der Tschechoslowakei in einem Buchen-Tannen- Fichten-Mischwald vorkam. Diese montane Waldgesellschaft stockt in der Regel ebenfalls über frischer Braunerde. Vermutlich dürfte es sich auch bei de r Fundstelle im Bernischen Seeland/Schweiz nicht um einen extrem bodensauere n Buchenwald gehandelt haben. Vielleicht ist A. faginea im europäischen Buchengebiet häufiger als nach de n bisherigen Funden anzunehmen ist. Wegen seines tremelloiden Aussehens ma g der Pilz mitunter übersehen und für eine Tremella oder Exidia gehalte n worden sein. Zudem scheint er ein Einsiedler zu sein, denn es wurde, sowei t die Literaturangaben erkennen lassen, stets nur ein Exemplar angetroffen. Auch das erschwert die Suche nach ihm. Jedenfalls dürfte es sich lohnen, weiter auf diesen bemerkenswerten Pilz zu achten. Jahr Land nach Messungen Asci Ascosporera von Ft lt 1890 USA Peck 61 x 8 8 x 3, Canada Seaver 50 x x England Dennis u. bis zu 95 x x 4 Wakefiel d 1954 Dänemark Buchwald 87,9 x 7,3'") 9,6 x 3,9" ) 1956 Dänemark Buchwal d 1959 Schweiz Friederichsen u. 84,2 x 6,8-"') 8,9 x 4,2'"") 1960 Deutschland Enge l Friederichsen u. 84,5 x 7,2"") 8,8 x 4,2 -~*-- ) Engel 1960 Tschechoslo- keine Angaben wakei *) Mittel aus 20 Messungen "-') 50 Messungen * ') 100 Messunge n
5 Zum Schluß sei noch einmal auf den Unterschied in der Größe der Asci un d Ascosporen zwischen der nordamerikanischen A. faginea und der der Fohlenkoppel hingewiesen. S e a v e r gibt kleinere Längen an als wir sie ermittelt haben. Es scheint, als ob alle in Europa gefundenen Exemplare des Pilzes längere Asci und Ascosporen besitzen, wie die Zusammenstellung auf S. 4 zeigt, die wir von B u c h w a l d übernommen und ergänzt haben. B u c h w a 1 d wirft die Frage auf, ob A. f aginea ein Einwanderer aus Nordamerika sei, der das europäische Festland auf dem Wege über England erstmals in Dänemark erreichte? Sollte die abweichende Größe der Asci un d Ascosporen der europäischen Ascotremella bestätigt werden können, dürfte die Frage zu verneinen sein. Vielleicht haben wir es mit 2 in ihren heutigen Verbreitungsgebieten alteingesessenen Rassen zu tun, von denen sich die europäische auf Fagus silvatica, die nordamerikanische vornehmlich auf Fagu s americana spezialisiert hat. Literatur : B e n e d i x, E. H. : Z. f. Pilzkunde 26, (1960 ) B e r k e l e y, M. I. and C. E. B r o o m e: Journ. Linn. Soc. 14, 168 (1873) B u c h w a l d N. F.: Friesia 6, ( ) Dennis, R. W. G. and E. M. W a k e f i e l d : Trans. Brit. Myc. Soc. 29, 15 2 (1946 ) E n g 1 e r, A. und K. P r a n t 1 : 1. Teil, Abt. 1, 240 (1897 ) P e c k, C h a s. H. : Ann. Rep. N. Y. State Mus. 43, 79 (1890 ) P e t c h, T. : Ann. of Bot. 33, (1919) P e t c h, T. : Ann. of Bot. 33, (1919 ) S e a v er, F. J. : Mycologia 22, (1930) S e a v er, F. J. : The North American Cup Fungi, New York 1951 Inoperculatae, 234, 1961 (Neudruck)
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