Behandlungsmöglichkeiten und Behandlungsziele in der ambulanten Psychotherapie mit Sexualstraftätern
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1 Behandlungsmöglichkeiten und Behandlungsziele in der ambulanten Psychotherapie mit Sexualstraftätern Frankfurt, Prof. Dr. Sabine Nowara Institut für Rechtspsychologie Lauenburger Str Waltrop
2 Bemerkungen zum ambulanten Behandlungskonzept im Maßregelvollzug Sabine Nowara in R & P 1992, 10. Jg.: Im Rahmen forensisch-psychiatrischer Versorgung ist der Bereich komplementärer und ambulanter Betreuung bislang kaum abgedeckt. In konzeptionelle Überlegungen sollten nicht nur Erfahrungen über die ambulante Behandlung psychisch Kranker allgemein einfließen, sondern es sollten auch die besonderen Erfordernisse im Umgang mit psychisch kranken Straftätern Berücksichtigung finden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf enger Kooperation zwischen der Maßregelvollzugseinrichtung, die die stationäre Behandlung durchgeführt hat, den nachbetreuenden Stellen und der Führungsaufsicht bzw. Bewährungshilfe.
3 Die Klientel Nachbetreuung vormals stationär untergebrachter Patienten Pb, bei denen die Maßregel mit der Anordnung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt wird ( 67 b StGB) Pb, die aus der Haft entlassen worden sind Pb, die eine Bewährungsauflage zur Therapie haben
4 Die Vernetzung Führungsaufsicht / Bewährungshilfe (Beratung bezügl. Veränderungen, bei Nicht- Einhaltung von Bewährungsauflagen, Frage des Bewährungswiderrufs etc.) Beratung von Angehörigen, Einrichtungen Einbindung weiterer Dienste, z.b. Sozialstationen Idealfall: Kennenlernen vor Entlassung Psychologischer Psychotherapeut - Psychiater Mit Kolleginnen und Kollegen Supervision/ Intervision
5 Anforderungen an den Therapeuten Psychotherapieausbildung Schwerpunktbildung: Spezielle diagnostische Kenntnisse (Persönlichkeitsstörungen - Sexualstraftätertypen) Spezielle therapeutische Kenntnisse (RNR-Modell) Kriminologische Kenntnisse Prognostische Kenntnisse (Prognoseintrumente) Ressourcen in der Praxis die praktische Umsetzung
6 Diagnostik: Sexualanamnese als Grundlage ggfs. Screeningverfahren, MSI Typen von Sexualstraftätern (z.b. Pädophilie) Entwicklung der Störungen
7 R(isk) N(eed) R(esponsivity) Prinzip der Straftäterbehandlung Risk-Prinzip: Erhebung des Rückfallrisikos durch valides Instrument (niedrig-mittel-hoch) Intensität der Behandlung soll Risikolevel des Täter entsprechen Need-Prinzip: spezifische Behandlungsziele Responsivity-Prinzip: Ansprechbarkeitsprinzip: Auswahl der Methoden soll Lernstil und Fähigkeiten des Pb angepasst sein
8 Modellprojekt für erzieherische Hilfen für jugendliche Sexual(straf)täter ( )
9 Alter der Jungen beim Bezugsdelikt und der ersten Sexualtat (N=330) 60% 48% 57% 49% 50% 40% 40% 30% 20% 10% 0% 3% 3% 6-13 J J. ab 18 J. Bezugsdelikt 1. Sexualtat
10 Bezugsdelikte (N=330) 177/178 sexuelle Nötigung; Vergewaltigung 176 sex. Missbrauch von Kindern; 173 Beischlaf zwi. Verwandten sonstige 12% keine Angabe 3% 173 StGB 10% 177, 178 StGB 25% 176 StGB 50%
11 Besondere Auffälligkeiten der Probanden und deren Taten - ein großer Teil der Sexual(straf)taten wird im familiären Rahmen bzw. im sozialen Nahraum begangen - über die Hälfte der Täter hat mehrere Taten begangen - ein Viertel der Täter hat zu zweit oder in einer Gruppe gehandelt - über die Hälfte der Täter hat ihre Taten vorbereitet - die Hälfte der Täter hat zuvor bereits andere Delikte begangen
12 Sonstige (strafrechtliche) Vorbelastung (N=150) 2% 1% 8% 5% 5% 15% 3% 1% 60% Eigentumsd. Körperverletzung Sachbeschädigung Verstoß-BTMG Brandstiftung Beförderungs. Beleidigung Tierquälerei unerl. Waffenbes.
13 Alter bei erster sonstiger Straftat 6% 42% 6 bis 9 Jahre 52% 10 bis 13 J. ab 14 Jahre
14 Alter der Opfer (N=437) Jahre 4 Jahre 6 Jahre 8 Jahre 10 Jahre 12 Jahre 14 Jahre 16 Jahre 18 Jahre
15 Geschlecht der Opfer 10% 1% 22% 67% weiblich männlich beiderlei Geschlecht ohne Opferbezug
16 - 14 % hatten zuvor bereits Sexual(straf)taten begangen - der materielle Hintergrund ist eher schlicht - ein Viertel der Eltern hatten eine Suchtproblematik - 40 % hatten körperliche Gewalt erlitten - 11 % hatten innerfamiliär sexuelle Gewalt erlitten, 7 % außerfamiliär (gesamt 18 %) - 55 % verbringen ihre Freizeit überwiegend allein - über die Hälfte zeigt auffälliges Sozialverhalten - die Hälfte hat - z.t. extensiven - Pornokonsum
17 Therapeutische Maßnahmen Diagnostische Phase Einzel- und Gruppenarbeit bezüglich des Delikts Pädagogische / Aufklärungs-Arbeit Training sozialer Kompetenzen Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit Familienarbeit in unterschiedlichen Settings / Umfeldarbeit Rückfallprophylaxe
18 Behandlungen - Abbrüche Rückfälle während des Behandlungszeitraums Behandlung Abbrüche Rückfälle
19 Die Stichprobe der Katamnese (N=138) Teilnahmequote: knapp 42 % Alter zur Tatzeit des Bezugsdeliktes: 6-22 Jahre, durchschnittlich 14 Jahre Alter zum Katamnesezeitpunkt: 7-25 Jahre Staatsangehörigkeit / Alter bei Bezugsdelikt repräsentativ für Gesamtstichprobe Behandlungsabschlüsse der Probanden: Abgeschlossene ambulante Behandlung: 79 % Vorzeitiger Abbruch der Maßnahme: 21 % Katamnesezeiträume: 6-60 Monate, durchschnittlich 24 Monate
20 Rückfälligkeit im Katamnesezeitraum Anzahl Probanden Rückfallquoten Deliktnahes Sexualverhalten Nicht-einschlägige Rückfälle Einschlägige Rückfälle 3 2,3% 53 41,4% 6 4,7%
21 Behandlungsabschluss und Methode: Pearson-Chi-Quadrat-Tests Rückfälligkeit Deliktnahes Sexualverhalten Nichteinschlägige Rückfälligkeit Einschlägige Rückfälligkeit abgeschlossene Behandlung Abbruch der Maßnahme Signifikanz der Zusammenhänge 0,0% 11,5% Signifikant (p=.001; df=1) 39,6% 50,0% Nicht signifikant (p=.338; df=1) 2,0% 16,0% Signifikant (p=.003; df=1)
22 Einschätzung der Behandlung durch die Probanden sich erstmals ernst genommen fühlen Ansprechpartner haben gelernt, Probleme anzusprechen gelernt, selbstkritischer mit sich umzugehen Bearbeitung der Taten war notwendig Reifung größeres Selbstbewusstsein / höhere soziale Kompetenz bekommen Unterstützung bekommen haben
23 Einschätzung durch die Behandler Hinweise auf eine kritische Prognose: Dissoziale Persönlichkeitszüge Emotionale Instabilität Unklare schulische / berufliche Verhältnisse Fehlender Zugang zur eigenen Sexualität Lernbehinderung / intellekt. Minderbegabung Persistierende Gewaltbereitschaft Psychische Probleme
24 Umfeldarbeit und Vernetzung Versorgung des Opfers Jugendamt Jugendgerichtshilfe (Bsp.: Gelsenkirchen!) (Staatsanwaltschaft Gericht) Wohngruppe Schule / Arbeitgeber
25 Was braucht man? Interesse Kompetenz Engagement für gesellschaftliche Aufgabe Flexibilität
26 Ziele Rückfallvermeidung Unterstützung der Integration Förderung von Ressourcen Opferschutz
27 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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