Messmittelfähigkeit. Fallstudien von BV-Anwendungen. R. Neubecker, SoSe Worum geht s?
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- Hilko Küchler
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1 Messmittelfähigkeit Fallstudien von BV-Anwendungen R. Neubecker, SoSe 2017 Worum geht s? 2 Zweck Fähigkeit: Ist mein Messgerät für die Prüfung meiner Teile geeignet? Bezug der Messgenauigkeit zur spezifizierten Toleranz Hier Vorgehensweise gemäß Leitfaden zum Fähigkeitsnachweis von Messsystemen, angelehnt an MSA Kontext Herkunft Automobilindustrie Treiber: AIAG (Automotive Industry Action Group, USA: Ford, Chrysler, General Motors, mittlerweile Hunderte von Autoherstellern und Zulieferern). Stellen Industrie-Richtlinien auf; hier relevant MSA Measurement System Analysis. Automobil klassischerweise tastende Messgeräte für dimensionelle Messungen (Längen, Durchmesser,...) von Metallteilen Davon abgeleitet Firmenrichtlinien (Bosch, Mercedes,...) Teilweise auch in (heute zurückgezogenen) Qualitätsnormen ISO 9000 Alternative: VDA Band 5 / ISO Measurement Process Capability (ähnlich, aber neuer und etwas systematischer) 1
2 Messgenauigkeit 3 Messabweichung Unterteilung nach Messbedingungen: Wiederholpräzision Messungen kurz hintereinander Vergleichspräzision Messungen unter verschiedenen Bedingungen (für manuelle Messungen: insbesondere unterschiedliche Prüfer) Unterteilung nach Statistik Systematische Abweichungen = Abweichung zwischen Mittelwert vieler Messungen und wahrem Wert Zufällige Abweichungen = statistische Variation einzelner Messwerte, die sich bei genügend großer Anzahl von Messungen aber ausmitteln (typ. Annahme: Normalverteilung) Referenzwert Mittelwert der Messwerte Variation der Messwerte Messgenauigkeit 4 Fähigkeit Vergleich der Messabweichung mit der Teile-Toleranz = Untere / Obere Spezifikationsgrenze ( / ) Konzept: Messunsicherheit muss deutlich kleiner als Toleranz sein Systematische Messabweichungen können im Prinzip korrigiert werden Betrachtung mit / ohne systematische Abweichung 2
3 Verfahren 5 Fähigkeitsnachweise 3 Verfahren zum Fähigkeitsnachweis. Im Leitfaden jeder einzelne Schritt für Anzahl / Durchführung der Messungen und Auswertung der Daten genau vorgeschrieben Verfahren 1 Zur Beurteilung von neuen und geänderten Messsystemen, bevor diese eingesetzt werden (z.b. beim Lieferanten). Einfacher Nachweis mit Normal (Referenz), Betrachtung von Standardabweichungen Fähigkeitskennwerte Cg und Cgk Verfahren 2 Verschärfter Nachweis, unter möglichst realen Bedingungen, d.h. am Einsatzort, mit realen Produktionsteilen und den Prüfern vor Ort Betrachtung von (gewichteten) Spannweiten Fähigkeitskennwert %R&R Verfahren 3 Wie Verfahren 2, aber für automatisierte Systeme (kein Bedienereinfluss) 6 3
4 Verfahren 1 7 Kennzahlen Potential des Messsystems (Potential Gage Index) Cg : nur zufällige Abweichungen Messabweichung sollte deutlich kleiner als Toleranzbreite sein, damit keine / möglichst wenig Teile durch Messabweichungen als fehlerhaft eingestuft werden C g T T 2 Verfahren 1 8 Kennzahlen Potential des Messsystems (Potential Gage Index) Cg : nur zufällige Abweichungen Messabweichung sollte deutlich kleiner als Toleranzbreite sein, damit keine / möglichst wenig Teile durch Messabweichungen als fehlerhaft eingestuft werden C g T T 2 4
5 Verfahren 1 9 Kennzahlen Fähigkeitsindex des Messsystems (Gage Capability Index) Cgk : zufällige + systematische Abweichungen Gleiche Idee wie zuvor, nur jetzt wird Toleranzbreite um systematische Messabweichung reduziert C gk T BI 2 T BI Verfahren 1 10 Kennzahlen bestimmen Vorgehensweise: n > 20 Messungen an Referenzteil (typ.n = 50) Daraus Mittelwert und Standardabweichung ausrechnen Cg, Cgk C g T 2 C gk T BI 2 T BI 5
6 Verfahren 1 11 Fähig nach Verfahren 1 (Messmittel) Messgeräte gelten als Fähig wenn Cg, Cgk 1,33 ( Bedingt fähig wenn 1,33 > Cg, Cgk 1 ) Nicht fähig wenn Cg, Cgk < 1 Woher die Zahlenwerte? Aus dem Kontext des Qualitätsmanagements, Methode Six Sigma Definitionen von Cg, Cgk lehnen sich an "Prozessfähigkeit" an (Vergleich von fertigungsbedingten Schwankungen mit den spezifizierten Toleranzen) Prozessfähigkeitsindex Cp =T / 6 Cp =1,33 entspricht T=8, d.h. Anteil außerhalb Toleranzband 2x 32ppm Bei Messmitteln: T 20% T und 6 4 Wahl der Zahlenwerte (20% T, 4, C 1,33,... ) sind letztlich willkürlich, bzw. pragmatisch und quantifizieren verschiedene Qualitätsansprüche Verfahren 3 12 Verfahren 3 (Messprozess) Auswahl von Messobjekten (n 5), die möglichst über die Toleranz verteilt sind und Festlegung der Anzahl Messungen pro Messobjekt (r 2). Dabei muss n r 20. Standardfall: 25 Teile mit je 2 Messungen. Ermittlung Spannweite R pro Messobjekt = Differenz größter/kleinster Messwert Mittlere Spannweite über alle Messobjekte Kennzahl EV (Equipment Variation = Repeatability, Wiederholpräzision) EV 1 k R Korrekturfaktoren k 1 für Stichprobengröße (Tabellen), abhängig von der Anzahl Wiederholungen r und der Anzahl Teile n Relative Größe %EV = EV/RF durch Bezug auf RF RF = Toleranz oder (gesamte) Streuung (Herstellprozess, Messabweichung) Hier: %R&R (Repeatability & Reproducibility) = %EV Bei Verfahren 2 zusätzlich Berücksichtigung Appraiser Variation (AV, Reproducibility, Vergleichspräzision Bedienereinfluss) %R&R = EV 2 + AV 2 6
7 Verfahren 3 13 Eignung nach Verfahren 2 / 3 (Messprozess) Neue Messsysteme %R&R < 20% Messsystem ist geeignet 20% < %R&R < 30% Messsystem ist bedingt geeignet %R&R > 30% Messsystem ist nicht geeignet. Messsysteme im Einsatz %R&R < 30% Messsystem ist geeignet 30% < %R&R < 40% Messsystem ist bedingt geeignet %R&R > 40% Messsystem ist nicht geeignet Verfahren 3 14 ANOVA bei Verfahren 2 / Verfahren 3 Betrachtung der Spannweiten der Messwerte sehr einfach, aber auch etwas rudimentär Alternativ Verwendung einer Varianzanalyse (ANOVA: ANalysis Of VAriance), um verschiedene Einflüsse auseinander zu halten Messmittel gesucht Messobjekte (z.b. Verschmutzungen, Antastpunkte) Prüfer (bei Verfahren 2) ggf. auch Wechselwirkungen dazwischen (z.b. ein Prüfer schaut bei bestimmten Arten von Messobjekten genauer hin) 7
8 Weitere Aspekte 16 Messung vs Messobjekt Betrachtung der Messmittelfähigkeit geht immer davon aus, dass der wahre Wert des Merkmals x in der Mitte des Toleranzbandes liegt = optimaler Produktionszustand Anteil, der bedingt durch Messabweichung außerhalb der Toleranz liegt, soll minimal sein Wenn der wahre Wert nahe an eine Toleranzgrenze kommt, steigt dieser Anteil Im Extremfall: wahrer Wert liegt auf / knapp unter Toleranzgrenze immer 50% Fehlentscheidungen durch die Messabweichung Weitere Aspekte 17 Weitere Elemente der Messmittelfähigkeit Auflösung Eigentlich erster Schritt in der Betrachtung Forderung: Auflösung (REsolution) %RE 5% T Ergänzend: Effektive Auflösung = Verhältnis von zufälliger Messabweichung () zu Toleranz oder zu Prozessvariation = ndc: Number of Data Categories. ndc soll >5 sein. Linearität Bestimmung mit mindestens 3 Referenzteilen verteilt über den Toleranzbereich. Mögliche Abweichungen sind Linearer Zusammenhang Messwerte / Referenzwerte, aber Offset Linearer Zusammenhang, aber Steigung 1 Nichtlinearer Zusammenhang Messbeständigkeit / Stabilität Einhaltung der Messmittelfähigkeit auf Dauer wiederholte Überprüfung 8
9 Messmittelfähigkeit 18 Fazit Es gibt etablierte Leitfäden um festzustellen, ob ein Messmittel für eine bestimmte Aufgabe geeignet (fähig) ist (Leider) gibt es mehrere Richtlinien / Regeln / Verfahren und innerhalb eines Verfahrens ggf. noch Wahlfreiheiten Die Aufgabenstellung bezieht sich fast immer auf eine beidseitige Toleranz, bei der der wahre Wert in der Mitte des Toleranzbandes liegt. (bei der MSA sind auch andere Bezugsgrößen möglich) Die Verfahren orientieren sich noch stark an mechanischen / tastenden Messungen von Bauteilmaßen Diese Fähigkeits-Prüfungen erfordern nur relativ wenige Messungen Messmittelfähigkeit 19 Literaturquellen Leitfaden zum Fähigkeitsnachweis von Messsystemen, Q-DAS GmbH, Weinheim (Version 2.1 vom ) E.Dietrich, A.Schulze, S.Conrad Eignungsnachweis von Messsystemen (Hanser Verlag 2008) 9
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