Kurzfassung. H. Zauchner



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Transkript:

H. Zauchner Seite 1 Kurzfassung bergseetauchen@aon.at H. Zauchner

H. Zauchner Seite 2 bergseetauchen@aon.at

Nitrox am Bergsee Wir wohnen im untersten Höhenbereich von akzeptierten Bergseetabellen. Getaucht wird im nächsten oder übernächsten Höhenbereich. Wohnort und Tauchplatz liegen in verschiedenen Bereichen. Der Aufstieg zum Bergsee erfolgt im Auto und ist so schnell, dass sich die Gewebe des Tauchers nicht an die Höhe anpassen können. Zum Glück gibt es inzwischen einzelne Tauchcomputer, die man in diesem Fall verwenden kann - aber es gibt immer noch keine Tabellen zur Planung der Tauchgänge!. Wir haben ein ähnliches Problem wie ein Rettungstaucher, der auf den Bergsee geflogen wird und unmittelbar eingesetzt werden sollte. Es gibt keine Anleitung, wie er seinen Tauchgang planen soll. Daran können auch die neuesten SAA/CMAS DeePstop Tabellen nichts ändern, weil die Höhenbereiche gleich geblieben sind. Tauchen am Bergsee heißt Tauchen bei vermindertem Luftdruck. In 1000 m Höhe beträgt der Umgebungsdruck nur mehr 0.9 bar. Den Druck, für den die Tabellen berechnet sind (1 bar), findet man nicht mehr an der Wasseroberfläche, sondern 1 m unter Wasser. Die Dekompression wird nicht nur durch die Seehöhe, sondern auch durch den Aufstieg zur Höhe beeinflusst. Alle Einflüsse können durch die Verwendung von Nitrox kompensiert werden. Der Autor wendet sich an Taucher, die bereits ausgebildet sind. Er zeigt, wie sich das Bergseetauchen innerhalb der letzten 30 Jahre entwickelt hat und wie das Rechenmodell von Bühlmann am Bergsee angewendet wird. Er möchte auf die Zusammenhänge und Besonderheiten hinweisen, welche mit dem verminderten Luftdruck verknüpft sind und damit einen Beitrag zur Sicherheit von Sporttauchern leisten. Um mit den Höhenänderungen und den unterschiedlichen Nitroxmischungen zurechtzukommen, hat der Autor die Planung für Tauchgänge mit Nitrox am Bergsee vereinfacht. Die Planung kann unmittelbar vor dem Tauchgang erfolgen. Sie kommt ohne Taschenrechner und ohne den üblichen Tabellenstapel aus. Unter Wasser kann die Planungstabelle einzelne Aufgaben eines modernen, luftintegrierten Tauchcomputers übernehmen. Rechnen können ist keine zwingende Voraussetzung für einen guten Taucher. Passiert ihm ein Fehler, den er nicht erkennt, kann er sich selbst und seinen Partner gefährden. Es bringt mehr Nutzen, wenn er die Zusammenhänge versteht. Wenn sich ein Taucher für Einzelheiten interessiert, so steht für ihn die ungekürzte Ausgabe dieser Arbeit zur Verfügung. Haftungsausschluss: Taucher brauchen eine passende Ausbildung um Risiken vermeiden zu können, die mit der Ausübung der Sportart zusammen hängen. Die Verwendung von Tabellen kann weder ausreichende Luftversorgung sicherstellen, noch den Taucher vor der Dekokrankheit schützen. Der folgende Beitrag beruht auf der Forschungsarbeit von Bühlmann und DAN. Der Autor kann keinerlei Garantien für ein Rechenmodell übernehmen. Er kann lediglich zeigen, wie man damit umgehen kann und wo die Grenzen liegen. Die Anwendung von Tabellen ist Teil der persönlichen Verantwortung eines ausgebildeten Tauchers. Autor: Ing. Helmut Zauchner, Leiter der CMAS Arbeitsgruppe Altitude Diving Kurzfassung H. Zauchner Seite 3 bergseetauchen@aon.at

Inhalt: 1 Einführung für ausgebildete Meerestaucher... 5 2 Die Entwicklung in den vergangenen Jahren... 6 2.1 Was hat sich in unseren Bergseen ereignet?... 7 3 Etwas Physik ist hilfreich... 8 3.1 Kompartimente (theoretische Gewebe) werden geladen und entladen... 8 3.2 Kompartimente werden angepasst (Anpassungsgleichung)... 9 3.3 Gewebedrücke im Verlauf eines Tauchgangs... 9 4 Das ZHL-System von Bühlmann... 10 4.1 Die Koeffizientengleichungen von Bühlmann... 10 4.2 Die ZH-L16 Kompartimente von Bühlmann... 10 4.3 Gewebedrücke wenn der Tauchplatz höher liegt als der Wohnort... 11 5 Verlauf der Gewebedrücke bei Wiederholungstauchgängen... 12 6 Wie man das ZHL-System anwenden kann... 13 6.1 Das 12.5 min Kompartiment (ZH-L12)... 13 6.2 Die anderen Kompartimente... 15 6.3 Höhenänderung... 15 7 Die Nullzeitgrenze... 17 7.1 Kompensation der Seehöhe... 17 7.2 Der Tiefenabzug (für Nitroxtaucher)... 18 8 Dekompressionstabellen... 19 8.1 Die Höhenbereiche... 19 8.2 Der Höhenbereich 701-2500 m... 20 8.3 Ein Vergleich mit Bühlmann 2500 m Dekozeiten... 21 8.4 Berechnung einer einfachen Bergseetabelle... 22 8.5. Überprüfung des Programms... 22 9 Die Zuschlagsmethode... 24 10 Praktische Planung... 26 10.1 Der tiefe Stopp ist Teil der Planung... 27 11 Brauchen wir überhaupt einen Tauchgangsplaner?... 28 11.1 Ein Planer zur Abschätzung der Grundzeit... 28 12 Der Nitrox Planer... 30 12.1 Planung eines Bergseetauchgangs mit Nitrox... 30 12.2 Die Rückfahrt nach dem Tauchgang... 33 13.1 Grundvoraussetzungen... 34 13.2 Blasen müssen bekämpft nicht behandelt werden... 34 13.3 Planung... 34 13.4 Zusammenfassung... 36 14 Verwendete Quellen... 37 H. Zauchner Seite 4 bergseetauchen@aon.at

1 Einführung für ausgebildete Meerestaucher Vor 100 Jahren gelang Sir Haldane der erste große Erfolg gegen die unerklärbaren Unfälle von Caissonarbeitern, die sog. Dekompressionskrankheit. Er unterteilte die menschlichen Gewebe je nach Durchblutung in Kompartimente, um ein mathematisches Modell des menschlichen Körpers zu bekommen. Er nahm an, dass diese hypothetischen Gewebe je nach Durchblutung mehr oder weniger Gas lösen konnten. Je größer die Tauchtiefe, desto größer der Umgebungsdruck, desto mehr Gas konnte gelöst werden umso länger musste der Taucher in sog. Dekompressionsstufen warten um das gelöste Gas wieder los zu werden. In den 50-ern erfolgte der nächste große Schritt durch Capt. Workman von der US Navy. Er untersuchte die Wirkungen des Gasdrucks in den verschiedenen Kompartimenten. Am Grund eines Gewässers ist der Umgebungsdruck am größten, deshalb werden alle Gewebe mit Atemgas aufgeladen. Während des Aufstiegs beginnt der Umgebungsdruck zu sinken und damit wird die Aufladung immer schwächer, bis sie in einer bestimmten Tiefe aufhört, weil dort Druckgleichgewicht herrscht. Steigt der Taucher weiter auf, so sinkt der Umgebungsdruck unter den Gewebedruck und die Entladung beginnt. Im Gewebe entsteht ein relativer Überdruck, der zunimmt, je weiter der Taucher aufsteigt. Steigt ein Taucher immer weiter auf, so überschreitet der Gewebedruck den Maximalwert und es entstehen DCS-Symptome. Workman berechnete die tolerierte Tiefe in welcher der zulässige Maximaldruck auftritt. In den 70-ern erkannten einige Taucher, dass der Überdruck im Gewebe nicht nur während des Aufstiegs, sondern auch bei Verminderung des Luftdrucks zunimmt und dass man deshalb länger dekomprimieren musste. Aus der Luftfahrt wusste man, dass sich im Blut von Piloten beim Fliegen ohne Druckkabine Bläschen bilden konnten. Dasselbe passierte Tauchern, wenn sie in großer Höhe tauchten oder kurz nach dem Tauchen den Rückflug antraten. Der einfachste Weg um bei vermindertem Luftdruck zu längeren Dekozeiten zu kommen, war die Cross-Korrektur. Bei diesem Verfahren wurde die Tauchtiefe für die Tabelle im Verhältnis der Luftdrücke von Meer und Bergsee rechnerisch vergrößert und die tatsächliche Dekompressionstiefe vermindert. Eine Verringerung der Dekompressionstiefe vergrößert jedoch den Überdruck in den Geweben. Dieses Verfahren erkennt somit die von Workman erarbeiteten Grundlagen nicht an und erscheint daher als grundlegendes Missverständnis [15] [16]. Die 80-er brachten den nächsten bedeutenden Schritt. Prof. Bühlmann berechnete den tolerierten Umgebungsdruck und das ist nichts anderes als der (absolute) Druck in der tolerierten Tiefe von Workman. Dieser Gesichtspunkt war völlig neu. Plötzlich konnte man die Dekompression vom jeweiligen Umgebungsdruck aus betrachten unabhängig vom Meeresspiegel und unabhängig von der Seehöhe [1]. Auf der einen Seite bilden Bühlmanns Forschungsergebnisse die Grundlage aller modernen bergseetauglichen Tauchcomputer, auf der anderen Seite fließen sie immer noch nicht in die Tauchausbildung ein, weil dazu die Bereitschaft etwas Neues zu lernen notwendig wäre. Schon vor 25 Jahren wurde eine USAF Nullzeit-Bergseetabelle mit originalen Workman- Maximalwerten berechnet [17]. Anstatt sich mit Dekompressionstheorie zu befassen, war es für die meisten Tauchverbände bequemer, die 35 Jahre alte Cross-Korrektur in der Theorie des Bergseetauchens zu konservieren. Heute beschäftigt sich die Dekompressionsforschung mit Mikrobläschen, welche nach dem Tauchgang auftreten. Gas wird sowohl in der gelösten als auch in der freien Gasphase (den eigentlichen Bläschen) untersucht. Es wurden Strategien zur Vermeidung von Blasen ausgearbeitet. Es gilt als erwiesen, dass Bläschen durch tiefe Stopps vermieden werden können [10]. Seit der Vorteil von Sauerstoff und Nitrox anerkannt ist, bemüht man sich um einfach anzuwendende Regeln für die Planung von Tauchgängen mit Nitrox am Bergsee. Dieses Skriptum ist als Beitrag dazu gedacht. H. Zauchner Seite 5 bergseetauchen@aon.at

2 Die Entwicklung in den vergangenen Jahren Anstatt mit Tabellen zu arbeiten, lernten wir vor 30 Jahren zur Bestimmung der Nullzeit die 90-er Regel. Für 33 m Tiefe betrug die Nullzeit: Nullzeit = 90 2 Tiefe = 90 2 33 = 24 min. Ein Tauchgang 33 m/ 24 min war ein Nullzeittauchgang! Heutzutage verlangt die deutsche DECO2000 Tabelle ab 701 m Höhe eine Dekompression von 4 + 12 F = 16 min. Vor 30 Jahren Nullzeit und Vernachlässigung der Seehöhe bis 750 m heute ab 701 m Seehöhe 16 min Dekompression ob da nicht übers Ziel geschossen wurde? Vor 30 Jahren lernten wir die sog. Bergseeformel (Cross Korrektur) in Form von Formeln und des Korrekturfaktors CF. Niemand wusste den Luftdruck der Tauchplatzhöhe in Torr, der zur Berechnung der fiktiven Tiefe erforderlich war. In 30 Jahren habe ich niemanden gesehen, der diese Methode angewendet hat, weil das Multiplizieren und Dividieren so mühsam war. Niemand konnte uns sagen, wie man eine Tiefe von 2.64 m einhält und niemand konnte unter Wasser im Kopf dividieren. CF wird noch heute aus Korrekturtabellen abgelesen. Oft wird einfach die Tiefe durch den jeweiligen Luftdruck dividiert. Für 2500 m Höhe und 33 m gemessene Tiefe erhält man: gemessene Tiefe 33 m fiktive Tiefe = = = 44 m Luftdruck 0.75 Mit dieser vergrößerten Tiefe geht man nun in die jeweilige Meerestabelle und liest die für 2500 m Seehöhe erforderliche Dekompressionsvorschrift ab. Die jeweilige Dekotiefe muss noch mit dem Luftdruck multipliziert werden: USN Tabelle: Ein Tauchgang 33 m / 30 min erfordert in 2500 m 8 + 24 L = 32 min. Tiefster Dekostopp = Dekotiefe Luftdruck = 6 m 0.75 = 4.5 m Bühlmann 0-700 m Tabelle: Ein Tauchgang 33 m / 30 min erfordert in 2500 m 3 + 6 + 10 + 27 G = 46 min. Tiefster Dekostopp = 12 m 0.75 = 9 m. Mit der passenden 701-2500 m Bühlmanntabelle vermindert sich die Dekompression plötzlich auf: 1 + 3 + 6 + 14 G mit dem tiefsten Stopp in 9 m Tiefe. Verwendete Tabelle in 2500 m: Dekompression Tiefste Dekostufe CF mit USN Tabelle 8 + 24 L = 32 min 4.5 m CF mit Bühlmanntabelle 0-700 m 3 + 6 + 10 + 27 G = 46 min 9 m Bühlmanntabelle 701-2500 m 1 + 3 + 6 + 14 G = 24 min 9 m Die Dekompression mit der Bergseeformel hängt offensichtlich von der zufällig verwendeten Tabelle ab. Im Vergleich zu einer passenden Bühlmanntabelle kann sie übertriebene Dekozeiten (46 min anstatt 24 min) erzeugen [16]. Die Dekompression kann aber auch in zu geringer Tiefe beginnen (4.5 m anstatt 9 m). Der Gewebeüberdruck erscheint durch die Bergseeformel auf zweifache Art riskant überhöht - einmal durch den geringeren Luftdruck am Bergsee und zusätzlich noch durch die Verminderung der Dekotiefe. DAN hat herausgefunden, dass durch tiefe Sicherheitsstopps die Blasenbildung verhindert werden kann [12]. Die Halbierung der Dekotiefe durch die Bergseeformel steht dazu im krassen Widerspruch und stellt möglicherweise eine ernste Gefährdung des Tauchers dar. H. Zauchner Seite 6 bergseetauchen@aon.at

2.1 Was hat sich in unseren Bergseen ereignet? Einige Jahre, nachdem der Tauchsportverband Österreichs der CMAS beigetreten war, ersetzte er die französische Militärtabelle GERS durch die amerikanische USN Tabelle. 1984 wurden Bühlmanntabellen eingeführt (und in der Schweiz durch die bekannten Bühlmanntabellen 1986 abgelöst). Die Cross Korrektur wurde damit endgültig widerlegt. 1992 wurden die Bühlmanntabellen in Österreich durch die deutsche DECO92 Tabelle (mit relativ kurzen Zeitzuschlägen im Vergleich zu Bühlmann) ersetzt. Über 1500 m musste man aber wieder auf Bühlmann zurückgreifen, weil der obere Höhenbereich der DECO92 nur bis 1500 m reichte. Nun konnte es vorkommen, dass die Dekompression in 1500 m länger dauerte als in 2500 m! 2000 wurde DECO92 in Deutschland durch DECO2000 ersetzt (diesmal mit relativ langen Zeitzuschlägen im Vergleich zu Bühlmann). Die Dekompression in 1500 m wurde länger und länger, zum Teil länger als in 4500 m! Da DECO92 nicht mehr erzeugt wurde, schaffte der Tauchsportverband Österreichs die Tabellen ersatzlos ab. Nach einer Periode ohne Dekompression entschloss sich der Tauchsportverband anstelle von Tabellen Tauchcomputer zuzulassen. Ein Vergleich moderner Tauchcomputer im deutschen Tauchmagazin unterwasser Oktober 2002 zeigt jedoch: Tauchcomputer A.P.Valves Nexus Beuchat CX 2000 Dekompression nach zwei 40 m Tauchgängen 3 m / 8 min = 8 min 6 m / 10 min + 3 m / 128 min = 138 min Das bedeutet, dass Dekozeiten von Computern nicht verglichen werden können. Ein Unterschied von 2 Stunden nach gleichartigen Tauchgängen kann nicht der Sicherheit dienen. Die unterschiedlichen Dekozeiten verschiedener anerkannter Tabellen lassen sich auch nicht nachvollziehen. Niemand kennt ihren genauen Geltungsbereich: Meerestabelle Dekompression nach einem TG 33 m / 30 min Tiefster Dekostopp USN 7 J = 7 min 3 m Bühlmann 0-700 m 4 + 11 G = 15 min 6 m DECO92 0-700 m 1 + 6 + 13 G = 20 min 9 m Das Durcheinander ist für Bergseetaucher hoffnungslos verwirrend: Gegenüber akzeptierten Tabellen wurde die mit der Bergseeformel ermittelte Dekozeit verdoppelt und die Dekotiefe halbiert. Die Vermischung von Hahn- und Bühlmanntabellen für unterschiedliche Seehöhen ergibt unverständliche Werte, wenn sich mit steigender Seehöhe die Dekozeit verkürzt. Tabellen und Computer erscheinen weder sicher noch unsicher. Sie haben lange oder kurze Dekozeiten sonst nichts. Wenn Tabellen für angepasste Gewebe berechnet wurden, darf der Tauchplatz jedenfalls nicht höher liegen als der Wohnort. Ein Rettungstaucher, der zu einem Bergsee geflogen wird, darf erst dann tauchen, wenn die im Computerhandbuch vorgeschriebene Anpassungszeit abgelaufen ist. Will ein Taucher, der unter 700 m wohnt einen Tauchgang über 700 m planen, so muss er berücksichtigen, dass die wichtigsten Gewebe erst nach 12/24 Stunden an den verminderten Luftdruck angepasst sind. Es gibt keine Tabelle, welche diesen Bereich abdeckt. Da viele Taucher gläubig auf ihre Tauchcomputer vertrauen, müssten sie eigentlich bereit sein, sich auch mit deren Rechenprogrammen vertraut zu machen, um diesen unbefriedigenden Zustand zu überwinden. H. Zauchner Seite 7 bergseetauchen@aon.at

3 Etwas Physik ist hilfreich 3.1 Kompartimente (theoretische Gewebe) werden geladen und entladen Man stelle sich eine volle Tauchflasche mit leicht geöffnetem Ventil vor. Angenommen, der Druck geht in 2 min auf die Hälfte zurück, dann fällt er auch in den nächsten 2 min wieder auf die Hälfte. Die Tauchflasche wirkt wie ein Kompartiment mit der Halbwertszeit T = 2 min für Luft. Nach 12 min kommt immer noch Luft aus dem Ventil, aber die treibende Kraft die Druckdifferenz, der sog. Druckgradient ist verschwindend klein geworden. Nach 6 Perioden der Halbwertszeit (12 min) hat die Flasche annähernd den Luftdruck angenommen. Wenn ein Gewebe während eines Dekostopps Gas abbaut, handelt es sich um den gleichen physikalischen Vorgang. Während einer Periode der Halbwertszeit wird nicht die Gasmenge im Gewebe, sondern die Druckdifferenz zwischen Gewebe und Atemgas halbiert. Die Gewebe eines Tauchers passen sich an den jeweiligen Druck der Atemluft an. Auf Meeresniveau beträgt ihr Anfangsdruck etwa po = 1 bar. Während des Tauchgangs werden alle Gewebe geladen. In 20 m Tiefe beträgt der Umgebungsdruck pa = 3 bar. Nach 5 min wird der Druckunterschied im 5 min Gewebe halbiert. Der Gasdruck steigt auf 2 bar. Nach 6 5 min = 30 min ist die Druckdifferenz 6 mal halbiert worden und der Gewebedruck auf den größtmöglichen Wert (~3 bar) angestiegen. Das Kompartiment wurde angepasst. Das langsamere 10 min Gewebe braucht dazu doppelt so lang. Das schnelle 5 min Kompartiment wird in 30 min aufgeladen (6 5 min = 30 min), das langsamste braucht dazu 3 Tage (6 635 min = 63 Stunden). Das heißt, während des Tauchgangs wird jedes Kompartiment auf einen anderen Druck aufgeladen. Schnelle Gewebe erreichen die größten Drücke und werden schon im Lauf des Aufstiegs entladen. Wenn der Taucher nun sehr schnell auftaucht (ein riskantes Manöver), geht der Umgebungsdruck wieder auf 1 bar zurück. Der Gewebedruck hat sich im ersten Augenblick noch nicht verändert. Das 5 min Gewebe hat immer noch 3 bar und somit einen Überdruck von 2 bar. Der Gewebedruck ist 2 bar höher als der Luftdruck an der Wasseroberfläche. Der Druck im Gewebe wird nun über die Lunge abgebaut. Nach 5 min ist der Überdruck nur mehr halb so groß. Die Druckdifferenz wurde halbiert. Langsame Gewebe erreichen nur geringe Drücke, daher bleibt ihr Gewebeüberdruck relativ gering. Es dauert jedoch lang, bis ein Gewebedruck wieder auf seinen Anfangswert zurückgeht. H. Zauchner Seite 8 bergseetauchen@aon.at

3.2 Kompartimente werden angepasst (Anpassungsgleichung) Ladung und Entladung eines Kompartiments folgen demselben physikalischen Ablauf. Der Gewebedruck pt gleicht sich an, sobald ein Kompartiment mit dem Anfangsdruck po einem größeren oder kleineren Umgebungsdruck (Druck der Atemluft) pa ausgesetzt wird. Gewebedruck = Anfangsdruck + Druckdifferenz Anpassungsfaktor pt = po + (pa po) F Der Anpassungsfaktor F ist zeitabhängig. Er steigt innerhalb von 6 Perioden der Halbwertszeit von 0 auf 1. Nach der ersten Periode ist die Grundzeit gleich lang wie die Halbwertszeit. 1 0.9 0.8 0.7 0.6 t = T und F = 0.5 (siehe Diagramm). Die 0.5 Druckdifferenz wurde halbiert. 0.4 Luftdruck: po = 1 bar 0.3 Druck in 20 m: pa = 3 bar 0.2 Die Druckdifferenz pa - po entspricht der Tiefe. Der Gewebedruck steigt in der ersten Periode 0.1 0 der Halbwertszeit auf: pt = po + (pa po) F = 1 bar + (3 bar 1 bar) 0.5 = 2 bar 0 1 2 3 4 5 6 Number Periodenzahl of Periods t/t 30 min Grundzeit bedeuten für das 5 min Gewebe t /T = 30 min / 5 min = 6 Perioden. Für das 10 min Gewebe sind es nur t /T = 30 min / 10 min = 3 Perioden. Die Berechnung des Gewebedrucks muss daher für jedes Gewebe einzeln erfolgen. Bühlmann unterteilte die menschlichen Gewebe in 16 Kompartimente mit Halbwertszeiten von 5 635 min. 3.3 Gewebedrücke im Verlauf eines Tauchgangs Beim Abstieg steigt der Druck. Anstatt die Tiefe (nach unten) zu zeichnen, wurde der Druck (nach oben) eingezeichnet. Man sieht den Druckverlauf in 8 von Bühlmanns 16 verschiedenen Kompartimenten während eines Tauchgangs in 30 m Tiefe. Druck in bar Zeit in min Die breite Linie zeigt den Verlauf des Umgebungsdrucks. Am Grund herrscht der größte Druck und alle Gewebe werden geladen. Sobald beim Aufstieg der Umgebungsdruck kleiner wird als einer der Gewebedrücke beginnt die Entladung und der Gewebedruck geht wieder zurück. Die meisten der 16 Gewebe werden während des Aufstiegs weiter geladen. Bis zur halben Tiefe ist die Aufladung von mittleren und langsamen Gewebe relativ groß. Deswegen wird die neue Grundzeit bis zum Erreichen des tiefen Stopps definiert. Wie man sieht hat jedes Gewebe nach 120 min einen anderen Restdruck. Beginnt man nach 120 min einen Folgetauchgang, so fängt die Ladung eines Gewebes mit dem jeweiligen Restdruck aus dem vorausgegangenen Tauchgang an. H. Zauchner Seite 9 bergseetauchen@aon.at Anpassungsfaktor Adaptation Factor F Wenn statt der Zeit die Periodenzahl verwendet wird, ergibt sich für jedes Gewebe dieselbe Anpassungskurve.

4 Das ZHL-System von Bühlmann ZH bedeutet Universität Zürich, L bedeutet linear. Bühlmann berechnete den tolerierten Umgebungsdruck bis zu welchem ein Taucher aufsteigen darf. Gewebegleichung von Bühlmann: pi = a + p b p I ist der maximal zulässige Inertgasdruck eines Gewebes beim Umgebungsdruck p tol p tol ist der geringste zulässige Umgebungsdruck (Druck der Atemluft). a und b sind die sog. Gewebekoeffizienten Tolerierter Umgebungsdruck: p = ( p a) b tol tol I 4.1 Die Koeffizientengleichungen von Bühlmann Bühlmann verwendete ursprünglich das experimentell ermittelte ZH-L12 System. Später entwickelte er relativ einfache Gleichungen, um die sog. ZH-L16-Koeffizienten von der Halbwertszeit abzuleiten. Für das 12.5 min Gewebe gilt: 1 1 3 3 a = 2 bar T = 2 bar 12.5 = 0. 862 bar 1 1 2 2 b = 1.005 T = 1.005 12.5 = 0.722 4.2 Die ZH-L16 Kompartimente von Bühlmann Jede Gerade stellt ein Kompartiment dar. Nehmen wir an, das 12.5 min Gewebe sei auf 2.6 bar Inertgasdruck aufgeladen worden, dann toleriert es: p ( p a) b = ( 2.6 bar 0.862 bar) 0.722 = 1. bar tol = I 25 1.9 ZH-L16 1.8 T = 635 min 1.7 Tolerably Ambient Pressure in bar Tolerierter Umgebungsdruck [bar] 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1 zulässiger Umgebungsdruck T = 12.5 min Die druckabhängigen Eigenschaften der Gewebe können als Gewebekennlinien dargestellt werden. T = 5 min 0.9 0.8 Inertgasdruck im 12.5 min Gewebe 0.7 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6 2.8 3 3.2 3.4 3.6 3.8 4 4.2 4.4 Inert Inertgasdruck Gas Pressure [bar] in bar H. Zauchner Seite 10 bergseetauchen@aon.at

Der tolerierte Umgebungsdruck 1.25 bar findet sich auf Meeresniveau in 2.5 m Tiefe und darf nicht unterschritten werden. Die Dekompression erfolgt daher in der nächstgrößeren Stufe 3 m. In 1000 m Seehöhe beträgt der Luftdruck nur 0.9 bar. 1.25 bar 0.9 bar = 0.35 bar. Das heißt, 1.25 bar ist der Druck in 3.5 m Tiefe. Die Dekompression muss daher bereits in 6 m Tiefe erfolgen. Offensichtlich muss die Dekompression am Bergsee in größerer Tiefe beginnen nicht umgekehrt, wie es die veraltete Cross Korrektur vorschreibt. 4.3 Gewebedrücke wenn der Tauchplatz höher liegt als der Wohnort Nach einem schnellen Anstieg zu einem höher gelegenen Tauchplatz (höher als der Wohnort des Tauchers) ist die Anpassung an den Luftdruck noch nicht erfolgt. Der Gasdruck eines Gewebes ist anfänglich höher als der Druck der Atemluft am Bergsee. Der Gewebedruck ist auch dann höher, wenn bereits ein Tauchgang voraus gegangen ist. In beiden Fällen muss eine lange Anpassungszeit (12/24 Stunden) an den verminderten Luftdruck - oder sinnvoller - eine verlängerte Dekompression eingeplant werden. bar Tauchgang in 2000 m Seehöhe Der große Überdruck des langsamsten Kompartiments ist erst durch den Aufstieg zum Bergsee entstanden p Schneller Aufstieg von 0 auf 2000 m min Am Bergsee herrscht ein geringerer Umgebungsdruck, deshalb können die Gewebe nicht so viel Gas in Lösung halten wie auf Meeresniveau. Jedes Gewebe beginnt den eigentlichen Tauchgang mit einem anderen Druck. Der Anfangsdruck hängt davon ab, wie lang der Aufstieg zum Bergsee gedauert hat. Weil der Luftdruck geringer ist, ist auch der Umgebungsdruck in der Tiefe geringer. Das Oberflächenintervall findet bei einem Luftdruck kleiner als 1 bar statt. Wenn der Wiederholungstauchgang beginnt, haben langsame Gewebe immer noch relativ hohe Drücke H. Zauchner Seite 11 bergseetauchen@aon.at

5 Verlauf der Gewebedrücke bei Wiederholungstauchgängen bar Verlauf des Umgebungsdrucks Druck des 77 min- Gewebes Zeit in min Der Umgebungsdruck zeigt den Verlauf des Tauchgangs. Um Mikrobläschen zu vermeiden werden ein tiefer Stopp in halber Tiefe und ein zweiter flacher Stopp in 5 m Tiefe eingehalten. Die schnellsten Gewebe erreichen die höchsten Drücke und werden auch als erste wieder entladen. Während des Oberflächenintervalls sinken alle Gewebedrücke auf unterschiedliche Werte. Der Folgetauchgang beginnt immer mit dem Restdruck aus dem vorhergehenden Tauchgang. Mittlere und langsame Gewebe können sich nicht auf ihre Anfangswerte entladen. Man sieht, wie der Druck des 77 min-gewebes von Tauchgang zu Tauchgang zunimmt. Das Kompartiment braucht eine lange Oberflächenpause während der Nacht um sich wieder entladen zu können. Es gehört zur Gewebegruppe der Haut. Für die langsamsten Kompartimente reicht eine Nacht nicht aus. DAN empfiehlt daher nach 3-4 Tagen einen tauchfreien Tag. Fliegen nach dem Tauchen ist ein Problem der langsamsten Gewebe in Verbindung mit dem sog. Economy Class Syndrome. Dekotabellen mit Wiederholungsgruppen sind nicht geeignet, den steigenden Dekompressionsbedarf nach jedem Folgetauchgang sicherzustellen. Wenn die Dekompression für den dritten Tauchgang bemessen wird, ist sie für den zweiten Tauchgang länger als nötig. Der vierte Tauchgang erscheint bereits riskant, weil der Restdruck langsamer Gewebe immer weiter ansteigt. Tabellendesigner sollten daher angeben, ob ihre Tabelle für 2 oder 3 Tauchgänge pro Tag berechnet wurde. Einige Tabellen haben kurze Zeitzuschläge, andere haben lange. Die optimale Dekompression kann nicht garantiert werden. Tabellen eignen sich daher für die Planung, während der Tauchgang besser mit Computern durchgeführt wird. Bühlmanntabellen ergeben die besten Planungsergebnisse, weil heutzutage alle Computer modifizierte Bühlmannprogramme haben. H. Zauchner Seite 12 bergseetauchen@aon.at

6 Wie man das ZHL-System anwenden kann Je höher der Umgebungsdruck und je schneller ein Gewebe, desto mehr Gas kann es in Lösung halten. Da der menschliche Körper aus verschiedenen Geweben besteht, müssen Druckänderungen in jedem einzelnen Kompartiment berechnet werden. Drücke dürfen nie tolerierte Grenzen übersteigen. Ein Dekostopp wird länger, wenn tiefer dekomprimiert wird. 6.1 Das 12.5 min Kompartiment (ZH-L12 für die Tabellen 1986) Es erscheint besonders wichtig, weil es zur Gewebegruppe des Rückenmarks gehört. Es ist verantwortlich für neurologische Probleme, wenn es nicht ausreichend dekomprimiert wird. Tauchgang auf Meeresniveau: 1 Anfangsdruck: po = 1 bar 0.9 Tiefe: d = 30 m Grundzeit: Kompartiment C : Berechnung der Drücke: t = 27 min T = 12.5 min a = 1.03 bar b = 0.8 pa 1 + Tiefe/10 = 1 + 30 : 10 = 4 bar 0.1 Periodenzahl t /T = 27 min : 12.5 min = 2.2 0 Anpassungsfaktor aus dem Diagramm: F 0.78 Number Periodenzahl of Periods t/t t/t Druck des 12.5 min Kompartiments nach 27 min in 30 m Tiefe: pt = po + (pa po) F = 1 bar + (4 bar 1 bar) 0.78 = 3.34 bar pi = 0.79 pt = 0.79 3.34 bar = 2.63 bar Während des 27 min Tauchgangs ist der Druck des 12.5 min Kompartiments von 1 bar auf 3.34 bar gestiegen. Der Inertgasdruck des Gewebes beträgt nun 2.63 bar. Anpassungsfaktor Adaptation Factor F 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0 1 2 3 4 5 6 Tolerierter Tolerably Umgebungsdruck Ambient Pressure [bar] in bar 1.9 1.8 1.7 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1 0.9 0.8 3 m Tiefe 12.5 12.5 min min Compartment Gewebe 2.28 2.63 1.28 0.7 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6 2.8 3 3.2 3.4 3.6 3.8 4 Inert Inertgasdruck Gas Pressure [bar] in bar A 1.28 bar in 2.8 m Tiefe 1.0 A Für pi = 2.63 bar Gewebedruck findet man den tolerierten Umgebungsdruck ptol = 1.28 bar und das ist der Umgebungsdruck in 2.8 m Tiefe. Das heißt, das 12.5 min Gewebe darf nicht weiter als 2.8 m aufsteigen und muss in der nächstgrößeren Dekotiefe 3 m dekomprimiert werden. Diesen Druck kann man natürlich auch berechnen: ptol = (pi a) b = (2.63 bar 1.03 bar) 0.8 = 1.28 bar und auf Meeresniveau herrscht dieser barometrische Druck wie erwähnt in 2.8 m Tiefe. H. Zauchner Seite 13 bergseetauchen@aon.at

Tolerierter Tolerably Umgebungsdruck Ambient Pressure [bar] in bar 1.9 1.8 1.7 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1 0.9 12.5 min min Compartment Gewebe 2.28 2.63 1.28 1.0 Oberfläche B 0.8 0.7 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6 2.8 3 3.2 3.4 3.6 3.8 4 Inert Inertgasdruck Gas Pressure [bar] in bar B Wenn man zur Oberfläche aufsteigen will, muss das Kompartiment den Oberflächendruck 1 bar tolerieren. Um den höchstzulässigen Inertgasdruck des Kompartiments an der Oberfläche berechnen zu können, wird die Gewebegleichung verwendet: ptol 1bar pi = + a = + 1.03 bar = 2. 28 bar b 0.8 Das heißt, das 12.5 min Kompartiment muss in 3 m Tiefe dekomprimiert werden, bis sein Inertgasdruck von 2.63 auf 2.28 bar zurückgegangen ist. Berechnung der Dekozeit: Die Anpassungsgleichung muss umgeformt werden, weil die Zeit, welche zur Dekompression erforderlich ist, im Anpassungsfaktor F steckt. Dabei darf man NIE barometrische und Inertgasdrücke vermischen! (Entweder barometrische oder Inertgasdrücke). pt po Anpassungsfaktor: F = pa po Inertgasdruck am Anfang der Dekompression: po = 2.63 bar Zulässiger Druck am Ende der Dekompression: pt = 2.28 bar Inertgasdruck der Atemluft in 3 m Dekotiefe: pa = 1.3 bar 0.79 = 1.03 bar F = pt po 2.28 bar 2.63 bar = = 0.22 pa po 1.03 bar 2.63 bar Um die erforderliche Dekompressionszeit 0.7 zu bekommen, sucht man im Diagramm die 0.6 Anzahl von Perioden t/t, welche F = 0.22 0.5 entspricht: 0.4 Das 12.5 min Kompartiment braucht ungefähr 0.4 Perioden um zu dekomprimieren: 0.2 0.3 t /T 0.4 aus dem Diagramm 0.1 0 Die erforderliche Dekompressionszeit beträgt daher: Number Periodenzahl of Periods t/t t/t t = t /T T = 0.4 12.5 min = 5 min Das heißt, das 12.5 min Gewebe muss 5 min lang in 3 m Tiefe dekomprimiert werden bis es den Umgebungsdruck 1 bar (Oberflächendruck) toleriert. Anpassungsfaktor Adaptation Factor F 1 0.9 0.8 0 1 2 3 4 5 6 H. Zauchner Seite 14 bergseetauchen@aon.at

6.2 Die anderen Kompartimente Das Rechenprogramm zeigt die mit ZH-L16 B berechneten Gewebedrücke und Dekompressionszeiten der einzelnen Gewebe (der Unterschied zu ZH-L12 ist vernachlässigbar): DEKO Meeresniveau 7 E In 30 m Tiefe hat das Kompartiment B die kürzeste Nullzeit 16. 5 Kompartimente sind während des Tauchgangs so weit aufgeladen worden, dass sie dekomprimiert werden müssen. Der Druck des 12.5 min Kompartiments ist (wie berechnet) auf 2.63 bar angestiegen und muss knapp 5 min dekomprimiert werden. Das Kompartiment D muss am längsten dekomprimiert werden und bestimmt daher die Dauer der Dekozeit. Die nächst längere Dekozeit des 18.5 min Gewebes beträgt 7 min. Als Wiederholungsgruppe wird das Kompartiment E gewählt, weil es das langsamste Gewebe darstellt, welches in 3 m Tiefe dekomprimiert werden muss. Ein Tauchgang 30 m, 27 min auf Meeresniveau erfordert somit ohne Berücksichtigung eines Tiefenmesserfehlers die Dekompression 7 E. 6.3 Höhenänderung Der erste Schritt zur Berechnung der Drücke muss immer der Aufstieg vom Wohnort zum jeweiligen Tauchplatz sein. Bühlmann berechnete seine Tabellen für Gewebeanpassung in 700 m Höhe. Der Anfangsdruck der Gewebe ist daher geringer als der Druck auf Meeresniveau. Der Aufstieg von 700 bis 2500 m Höhe dauert 60 min. Unmittelbar nach Eintreffen am Bergsee kann getaucht werden. Würde der Aufstieg zum Bergsee nicht in 700 m sondern vom Meeresniveau aus beginnen, würden die langsamen Kompartimente einen wesentlich höheren Druck zum Bergsee mitbringen. Der Druck am Anfang des Tauchgangs wäre größer und eine längere Dekozeit die Folge. Wie bereits erwähnt, muss ein Taucher, der tiefer als 700 m wohnt und höher als 700 m tauchen will warten, bis sich die wichtigsten Gewebe an den verminderten Druck angepasst haben. Je nach Tabelle ist eine Anpassung von 12 oder 24 Stunden erforderlich. Da der Tauchplatz oft höher liegt, als der Wohnort eines Tauchers, wurde daher nicht nur der Einfluss der Seehöhe, sondern auch der Einfluss des Aufstiegs untersucht. Es soll gezeigt werden, wie sich ein Aufstieg von 0 auf 1000 m auswirkt, wenn er 30 min dauert. Zunächst muss berücksichtigt werden, dass die Dekompression des 12.5 min Gewebes mit 2.63 bar Inertgasdruck (wie vorhin) bereits in 6 m Tiefe beginnen müsste, weil der tolerierte Umgebungsdruck in 1000 m Seehöhe 1 m tiefer (in 3.8 m Tiefe) auftritt. H. Zauchner Seite 15 bergseetauchen@aon.at

Tolerierter Tolerably Ambient Umgebungsdruck Pressure in [bar] 1.9 1.8 1.7 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1 0.9 Meeresniveau pi = 2.28 bar 12.5 12.5 min min Compartment Gewebe 2.16 ptol = 1.28 bar in 3.8 m Tiefe C 6m Tiefe 3 m Tiefe 0.8 1000 m Seehöhe pi = 2.16 bar 0.7 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6 2.8 3 3.2 3.4 3.6 3.8 4 Inert Gas Pressure in bar Inertgasdruck [bar] 0.9 Auf Meeresniveau (1 bar) kann das 12.5 min Kompartiment noch 2.28 bar in Lösung halten. Bis 2.28 bar werden keine Blasen gebildet und es treten auch keine DCS-Symptome auf. C Wenn das Gewebe in 1000 m Seehöhe gebracht werden soll, beträgt der Luftdruck nur mehr 0.9 bar und der Inertgasdruck muss vorher von 2.28 auf 2.16 bar dekomprimiert werden. Wird 0.9 bar Umgebungsdruck unterschritten, weil unmittelbar nach dem Tauchgang ein höher liegender Pass überquert wird, so bilden sich im 12.5 min Gewebe Blasen. DEKO 1000 m: 1 + 8 F Zunächst erkennt man, dass in 1000 m die Nullzeit kürzer geworden ist, weil die Gewebe nicht mehr so viel Gas in Lösung halten können. Die Aufladung des 12.5 min Kompartiments ist etwas geringer (2.54 bar), weil der Umgebungsdruck in 1000 m Höhe geringer ist. Trotzdem müssen einzelne Kompartimente bereits in 6 m Tiefe dekomprimiert werden. Die Dekompression beginnt am Bergsee in größerer Tiefe und dauert länger. Der Aufstieg innerhalb von 30 min von 0 auf 1000 m verändert sowohl die Dekozeit, als auch die Dekotiefe und die Wiederholungsgruppe. Er darf nicht vernachlässigt werden. Bei der Erstellung von Dekotabellen wird angenommen, dass durchschnittliche Tiefenmesser einen Fehler haben und dass daher tiefer getaucht wird, als der Tiefenmesser anzeigt. Daraus ergeben sich ebenfalls längere Dekozeiten, größere Dekotiefen und oft höhere Wiederholungsgruppen. Sicherheitsmargen sollten daher unbedingt angegeben werden, denn wenn ein Taucher dreimal so lang dekomprimieren muss wie sein Partner, wird seine Tabelle oder sein Computer möglicherweise nicht mehr ernst genommen (siehe Abschnitt 2.1). H. Zauchner Seite 16 bergseetauchen@aon.at

7 Die Nullzeitgrenze Jedes einzelne Kompartiment hat eine andere Halbwertszeit und daher eine andere Nullzeit. Die Nullzeit ist abhängig von Seehöhe und Tiefe. Sie ist die kürzeste Zeit, die notwendig ist um eines der 16 Gewebe auf den höchsten Inertgasdruck aufzuladen, der an der Oberfläche zulässig ist [1]. Da jeder Computer eine andere Nullzeit anzeigt, sollte man sich einigen, wie die Nullzeit in der Praxis am Bergsee bestimmt werden soll. Eine bergseetaugliche Tabelle dürfte dazu besser geeignet sein als irgendein beliebig eingestellter Computer. Am Bergsee wird die Nullzeit verkürzt, das heißt, in 3000 m Höhe wird die 21 m-nullzeit des 12.5 min Gewebes beispielsweise von 41.5 auf 30.4 min verkürzt (unteres Diagramm). Nullzeit NDL in [min] Nullzeit NDL in [min] 7.1 Kompensation der Seehöhe 42 40 38 36 34 32 30 28 26 24 22 20 18 16 14 12 Nullzeit NDL with mit Nitrox 10 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 Depth in m Tiefe [m] 42 40 38 36 34 32 30 28 26 24 22 20 18 16 14 12 EAN 21 = Luft in 3000 m Höhe EAN 21 = Luft in 3000 m Höhe Der Sauerstoffanteil wird in Schritten von 1.8 % erhöht EAN 26.4 in 3000 m Höhe Nullzeit NDL at am altitude Bergsee Die Seehöhe wird in Schritten von 1000 m vermindert EAN 21 = Luft auf Meeresniveau 10 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 Depth in m Tiefe [m] Enriched Air Nitrox = EANx ist Luft, welche mit Sauerstoff angereichert worden ist. Je mehr Sauerstoff, desto weniger Stickstoff ist in der Luft, desto länger wird die Nullzeit des 12.5 min Gewebes. Die linke Kennlinienschar beginnt unten mit EAN21 in 3000 m Höhe. Das ist normale Luft mit 21 % Sauerstoff. Die oberste Kurve ist EAN26.4 mit 26.4 % Sauerstoff. Der Sauerstoffanteil wurde 3 mal um je 1.8 % auf insgesamt 26.4 % erhöht. Die untere Kennlinienschar beginnt ebenfalls links mit EAN21 in 3000 m. Nach rechts wird die Höhe in 1000 Meter Schritten bis zum Meeresniveau vermindert. a) Wenn man in 3000 m den Sauerstoffanteil des Atemgases auf 26.4 % erhöht b) oder wenn man anstatt in 3000 m Höhe auf Meeresniveau taucht, dann dauern die Nullzeiten exakt gleich lang. Die Nullzeit mit EAN 26.4 in 3000 m Höhe ist somit in jeder Tiefe gleich lang wie jene von Luft auf Meeresniveau. Da sich die Kennlinien exakt decken, kann man erkennen, dass EAN 26.4 eine Seehöhe von 3000 m kompensiert. Wenn die Kompensation für das 12.5 min Kompartiment möglich ist, kann die Höhe auch für alle anderen Kompartimente des Tauchers kompensiert werden. Dazu ist es nötig, den passenden Sauerstoffanteil zu bestimmen. Mit dem passenden Sauerstoffanteil können Nullzeiten (bzw. Tabellen) für Meeresniveau verwendet werden. H. Zauchner Seite 17 bergseetauchen@aon.at

7.2 Der Tiefenabzug (für Nitroxtaucher) Die Beziehung zwischen der Äquivalenten Lufttiefe (Equivalent Air Depth = EAD und der gemessenen Tiefe ist linear, daher kann man die Lufttiefe näherungsweise ermitteln, indem man einen Prozentwert von der Tiefe abzieht. Im folgenden Diagramm sieht man die Lufttiefe in Abhängigkeit von der Atemmischung und der gemessenen Tiefe bis 40 m. Lufttiefe AIR DEPTH [m] in meters Äquivalente Lufttiefe EQUIVALENT AIR DEPTH 40 39 38 37 40 m - 10 % 36 35 34 33 40 m - 20 % 32 Luft 31 30 29 28 40 m - 30 % EAN28 27 26 25 24 EAN32 23 22 21 20 EAN36 19 18 17 16 EAN40 15 14 13 12 11 10 C 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10111213141516171819202122232425262728293031323334353637383940 MEASURED DEPTH in meters Gemessene Tiefe [m] B A A B C Mit EAN40 findet man die Lufttiefe, indem man 30 % von der gemessenen Tiefe abzieht. Man muss jedoch die zulässige Maximaltiefe (MOD = 30 m) beachten. Verwendet man EAN28, so wird 10 % abgezogen. Die so gefundenen Tiefen sind immer etwas konservativer (tiefer) als Tabellenwerte. Für 40 m gemessene Tiefe erhält man Lufttiefe = 40 m 10 % = 36 m anstatt 35.5 m. In geringeren Tiefen könnte man mehr abziehen als 10 %. Um Fehler zu vermeiden, sollte man sich jedoch auf glatte Werte 10, 20 oder 30 % beschränken. Lufttiefen sind immer weniger tief, daher werden Nullzeiten länger H. Zauchner Seite 18 bergseetauchen@aon.at

8 Dekompressionstabellen Einen allerletzten Blick auf den Tauchgang 33 m / 30 min mit den verschiedenen Tabellen: Alle 3 Tabellen sind allgemein akzeptiert Dekompression Ersttauchgang Diff. tiefster Dekostopp Zeitzuschlag nach 25 min Oberflächenintervall Diff. USN 7 J = 7 min 8 min 3 m 34 min + 7 min Bühlmann 4 + 11 G = 15 min 6 m 27 min 0-700 m DECO92 1 + 6 + 13 G = 20 min + 5 min + 3 m 18 min 9 min 0-700 m Vergleicht man die 3 Dekoprofile, so sieht man eine Verdreifachung der Dekompression von 7 auf 20 min und eine Verdreifachung der Dekotiefe von 3 auf 9 m, während der Zeitzuschlag von 34 auf 18 min halbiert wurde. Die gegenläufigen Veränderungen sind ziemlich groß und können ohne genauere Angaben nicht erklärt (begründet) werden. Die Wahrheit liegt gewöhnlich in der Mitte und das könnte Bühlmann sein mit seinen umfassenden und nachvollziehbaren Veröffentlichungen. Er verringerte die Aufstiegsgeschwindigkeit von 20 auf 10 m/min um Blasen zu vermeiden. Sein Modell arbeitet auch am Bergsee zuverlässig. Seine Koeffizienten stecken nicht nur in den Tabellen, sondern auch in jedem modernen Tauchcomputer - sogar in Bläschencomputern. Bühlmann rechnete mit absoluten Gasdrücken (weder mit Tiefendrücken noch mit Druckverhältnissen wie seine Vorgänger). Umgebungsdruck am Bergsee und Sauerstoffdruck bei der Atmung von Nitrox gehen in die Berechnungen ein. In Verbindung mit neuen Forschungsergebnissen von DAN könnte eine Bühlmanntabelle für Meeresniveau die Grundlage zur Planung beliebiger Tauchgänge mit Nitrox in Bergseen bilden. Laut DAN haben die langen Dekozeiten von sichereren Tabellen und Computern nicht die gewünschte Wirkung gebracht. Die Häufigkeit unverdienter DCS hat sich nicht verändert [14]. Es genügt nicht, nur die Dekompressionsprofile zu betrachten, weil sie nur einen kleinen Teil des Tauchverhaltens innerhalb einer Anzahl von Tauchgängen betreffen. Auch das Verhalten des Tauchers bei Tauchgängen in der Nullzeit ist entscheidend. Da heute jeder moderne Tauchcomputer mit einem modifizierten Bühlmann-Modell rechnet, ergibt sich die beste Übereinstimmung mit einer Bühlmann Planungstabelle. 8.1 Die Höhenbereiche Eine 0-700 m Tabelle hat 3 Grenzfälle für einen 30 m/ 30 min Tauchgang: Anfangshöhe Kompartimente Höhe des Tauchplatzes berechnete Dekompression 0 m Angepasst an 0 m 0 m 1 + 7 = 8 min 700 m Angepasst an 700 m 700 m 1 + 8 = 9 min 0 m Angepasst an 0 m Aufstieg von 0 bis 700 m 1 + 9 = 10 min Je höher der Tauchplatz und je schneller die Anfahrt zum Bergsee, desto länger dauert die Dekompression. Da die Tabellen für Anpassung in 700 m berechnet wurden, darf innerhalb des Höhenbereiches getaucht werden, vorausgesetzt der Tauchplatz liegt nicht höher als der Wohnort des Tauchers. Die 0-700 m und die 2501-4500 m Bühlmanntabelle wurden für angepasste Gewebe berechnet. Wenn der Tauchplatz höher liegt als der Wohnort wird jedenfalls für die 2501-4500 m Tabelle ausdrücklich eine Wartezeit von 24 Stunden in der jeweiligen Tauchplatzhöhe vorgeschrieben. H. Zauchner Seite 19 bergseetauchen@aon.at

8.2 Der Höhenbereich 701-2500 m Dieser Höhenbereich ist auf die Schweizer Höhenverhältnisse zugeschnitten. Nach einer relativ kurzen Anreise (1 Stunde mit dem Auto) erreichen Taucher aus 700 m den Bergsee in 2500 m Seehöhe und dürfen ohne weitere Wartezeit tauchen. Ein Tauchgang 30 m/30 min wird untersucht. Es wird einmal Gewebesättigung in 700 m und einmal in 0 m Höhe angenommen. Die Fahrt zum Bergsee (2500 m) erfolgt so schnell als möglich, gefolgt von einer Wartezeit von 4-512 min, bevor der Tauchgang beginnt. Wartezeit vor dem Tauchgang in min Höhe des Wohnorts 700 m Deko 6 m, 4 m, 2 m Höhe des Wohnorts 0 m Deko 6 m, 4 m, 2 m 4 2 + 4 + 14 G = 20 1 ) 2 + 5 + 18 H = 25 1 ) 8 1 + 5 + 13 G = 19 2 + 5 + 18 H = 25 16 1 + 4 + 13 G = 18 1 + 5 + 16 G = 22 32 1 + 4 + 12 G = 17 1 + 4 + 15 G = 20 64 1 + 4 + 11 G = 16 2 ) 1 + 4 + 12 G = 17 128 1 + 4 + 10 G = 15 1 + 4 + 10 G = 15 256 1 + 4 + 9 F = 14 3 ) 1 + 4 + 9 G = 14 3 ) 512 (8 ½ Stunden) 1 + 4 + 9 F = 14 4 ) 1 + 4 + 9 F = 14 4 ) Die Tabelle zeigt, wie sich die Dekozeit ändert, wenn die Fahrt zum See aus unterschiedlicher Seehöhe erfolgt und wenn zwischen dem schnellen Aufstieg (im Auto) zum Tauchplatz und dem Tauchabstieg eine veränderliche Wartezeit liegt. 1 ) Wenn der Aufstieg zum Bergsee aus 0 m erfolgt, nehmen langsame Gewebe wesentlich mehr Gas mit als aus 700 m. Es ergibt sich eine wesentlich längere Dekompression und auch eine höhere Wiederholungsgruppe (H = 77 min Gewebe). 2 ) Nach einem Aufstieg aus 700 m und nach einer Wartezeit von 64 min (ca. 1 Stunde), ergeben sich wie erwartet exakt die Zeiten der Bühlmanntabelle 701-2500 m. 3 ) Trotz übereinstimmender Dekozeiten nach 128 min bleibt ein Druckrest in den langsamen Geweben, welcher nach 256 min immer noch unterschiedliche Wiederholungsgruppen (F und G) bewirkt. 4 ) Erst nach 512 min (ca 8 Stunden) Wartezeit sind Dekompressionszeiten und Wiederholungsgruppe gleich geworden weil sich die wichtigsten Gewebe an 2500 m Höhe angepasst haben. Die Berechnungen erfolgten mit ZH-L12.BAS [5] welches dem ZH-L12-Model von Bühlmann entspricht. Man sieht, dass der schnelle Aufstieg zum Bergsee die Dekompressionszeit von 14 auf 25 min beinahe verdoppeln kann. Nach ½ Stunde Wartezeit in Tauchplatzhöhe ist die erforderliche Dekompressionszeit bereits wesentlich kürzer. Der Aufstieg zum Bergsee ist offensichtlich eine wichtige Größe und muss ernstlich in Betracht gezogen werden. Man kann diese Berechnungen natürlich auch mit den umgewandelten M-Values von Workman durchführen. Auf den ersten Blick erscheint es daher unverständlich, warum US Navy Tabellen nicht für Höhenbereiche berechnet wurden und warum die Bergseeformel immer wieder von Neuem von einzelnen Tauchverbänden ausgegraben wird. H. Zauchner Seite 20 bergseetauchen@aon.at

8.3 Ein Vergleich mit Bühlmann 2500 m Dekozeiten Die Cross Korrektur erzeugt sehr lange Dekompressionszeiten. Zur Erinnerung der Tauchgang 33 m in 2500 m Höhe hatte 44 m äquivalente Meerestiefe 44 m/30 min ergeben mit der 0 700 m Tabelle: 3 + 6 + 10 + 27 G = 46 min Die passende 701 2500 m Tabelle ergibt für 33 m/30 min: 1 + 3 + 6 + 14 G = 24 min Grundzeit = 30 min Rechentiefe Dekompression mit CF und 0-700 m Tabelle 44 m 3 + 6 + 10 + 27 G = 46 min original Bühlmann Tabelle 701-2500 m 33 m 1 + 3 + 6 + 14 G = 24 min Das heißt: Bei Verwendung der Cross Korrektur mit Bühlmanntabellen ist die Dekompression offensichtlich doppelt so lang als notwendig und damit viel länger als sinnvoll und erscheint für die Tauchgangsplanung wenig geeignet. Ein Berufstaucher könnte sich eine derart lange Dekozeit nicht leisten, weil sie nichts bringt und nur Kosten verursacht [16]. Eine interessante Beobachtung Seehöhe = 2500 m, Tiefe = 33 m, weil die Addition von 18 % zu 33 m genau 39 m ausmacht und man die Ergebnisse direkt vergleichen kann [1]. Grundzeit = 20 min Tiefe Dekompression Differenz Bühlmann 701-2500 m 33 m 2 + 4 F = 6 min Bühlmann 0-700 m 33 m + 18 % = 39 m 3 + 7 F = 10 min + 4 min mit Cross Korrektur 33 m : 0.75 = 44 m 3 + 5 + 13 G = 21min + 15 min Grundzeit = 30 min Tiefe Dekompression Differenz Bühlmann 701-2500 m 33 m 1 + 3 + 6 + 14 G = 24 min Bühlmann 0-700 m 33 m + 18 % = 39 m 3 + 7 + 18 G = 28 min + 4 min mit Cross Korrektur 33 m : 0.75 = 44 m 3 + 6 + 10 + 27 G = 46 min + 22 min Wählt man die 700 m Tabelle anstatt der 2500 m Tabelle und addiert man zu Tiefe einen Prozentwert welcher der Höhendifferenz entspricht (2500 m 700 m = 1800 m. 18 %), so wird die Dekompression offensichtlich 4 Minuten länger als notwendig, aber nicht so lang wie mit der Cross Korrektur. Die erste Bühlmanntabelle wurde nicht für Meeresniveau berechnet, sondern für 700 m. Deshalb sollte man sich vorstellen, dass schon 7 % zur Tiefe addiert sind und man könnte auch annehmen, dass die 2500 m Tabelle bereits einen Zuschlag von 25 % hat. Wenn man 10 % pro 1000 m zur Tiefe addiert entspricht das genau der linearen Druckverminderung bis etwa 4000 m Seehöhe (lineares Modell einfach in der Anwendung). Die veraltete Cross-Korrektur rechnete mit fiktiven Tiefen, welche je nach Seehöhe um 11-17 % pro 1000 m größer sind als die gemessene Tiefe. Da sich dabei mit Bühlmanntabellen extrem lange Dekozeiten ergeben, soll untersucht werden, ob nicht auch ein linearer Tiefenzuschlag von 10 % pro 1000 m (wie oben) ausreichende Dekozeiten ergibt und ob die Aufstiegszeit zum Bergsee (Wartezeit vor dem Tauchgang) verkürzt werden kann. Dazu musste ein Rechenprogramm entwickelt werden, welches nicht nur die jeweilige Seehöhe, sondern in Ergänzung zu kommerziellen Programmen auch den Aufstieg zum Tauchplatz berücksichtigen konnte [5]. Dieses Programm musste natürlich dieselben Dekoprofile erzeugen, wie das (verständlicherweise nicht erhältliche) Programm von Bühlmann. H. Zauchner Seite 21 bergseetauchen@aon.at

8.4 Berechnung einer einfachen Bergseetabelle Die Daten der ZH-L12 Kompartimente werden bereitgestellt. Ihr Gewebedruck wird auf den Anfangsdruck in Höhe des Wohnorts gesetzt. Bestimme den Luftdruck am Bergsee und berechne die Verminderung der Inertgasdrücke jedes einzelnen Kompartiments am Ende des Aufstiegs zum Bergsee. Berechne den Druck der Atemluft (Umgebungsdruck) in Tauchtiefe und die Aufsättigung jedes einzelnen Kompartiments während der Grundzeit. Wähle die tiefste Dekompressionsstufe und bestimme den Umgebungsdruck. Berechne den höchstzulässigen Gewebedruck in der Dekostufe und vergleiche, ob einer der Drücke größer ist als sein zulässiger Maximalwert. WENN NEIN, vermindere die Dekompressionstiefe um 3 m und rechne von neuem. WENN JA, berechne die Dekozeit 3 m tiefer. Berechne die Zeit innerhalb welcher der Inertgasdruck so weit vermindert wird dass die Dekompressionstiefe toleriert wird. Man findet eine Anzahl von Kompartimenten welche dekomprimiert werden müssen. Jedes Kompartiment braucht eine unterschiedliche Zeit. Man nimmt das Leitgewebe mit der längsten Dekozeit und berechnet die Dekompression 3 m tiefer. Man erhält die Drücke jedes einzelnen Gewebes am Ende des Dekostopps. Vermindere die Dekompressionstiefe um 3 m und wiederhole die Rechenschritte bis die Oberfläche erreicht ist. Um eine genaue Übereinstimmung mit der Bühlmanntabelle 701-2500 m zu erhalten müssen die Dekompressionsschritte auf 2, 4, 6, 9 und 12 m gesetzt werden und man kann den Aufstieg zur Oberfläche z.b. in Form von kleinen Schritten von 1 m in je 0.1 min berechnen, damit man die lineare Aufstiegsgeschwindigkeit 10 m pro min erhält. Wählt man für den Inertgasanteil 79 %, so kann man diesen Wert leicht verändern, wenn man später mit Nitrox als Atemgas rechnen will. Alle die verschiedenen Abweichungen und Einflüsse, die von der Bühlmanntabelle 701-2500 m berücksichtigt werden, lassen sich durch einen einzigen Tiefenfehler von 0.5 m berücksichtigen (Tiefe + 0.5 m). Entsprechend dem Gewebemodell von Bühlmann wurde ein Rechenprogramm in QBASIC geschrieben und veröffentlicht [5]. Mit ein wenig Hilfe sollte jeder interessierte Taucher die Rechenschritte lesen können, um zu sehen, was am Bergsee passiert. Jeder sollte den Einfluss der Seehöhe UND des Aufstiegs zum Bergsee erkennen. Das Programm wurde nicht geschrieben, um beliebige Bergseetabellen zu berechnen. Es sollte vielmehr zeigen, woher die Werte der Bühlmanntabelle 701-2500 m kommen. Um Übereinstimmung zu erzielen war es notwendig das ältere ZH-L12 System zu verwenden, weil ja durch Vergleiche der Nachweis erbracht werden sollte, wie der Aufstieg zum See die Dekompression beeinflusst. Als Bühlmann das ZH-L12 System durch ZH-L16 ersetzte, wurden einzelne Dekozeiten für lange Tauchgänge etwas kürzer. Die bereits publizierten Tabellen wurden im Sinne der erhöhten Sicherheit belassen. Für die neue 2501-4500 m Tabelle verwendete er jedoch bereits das modernere ZH-L16B Modell. Bühlmanntabellen haben keine einheitlichen Koeffizienten. Eine neue, vielseitigere Dekompressionstabelle könnte daher unter Verwendung von ZH-L16 B-Koeffizienten für Meeresniveau berechnet werden, mit 3 m-dekostufen und der neuen Grundzeit bis zum Erreichen des tiefen Stopps. Die originale Wiederholungstabelle muss natürlich gleich bleiben. H. Zauchner Seite 22 bergseetauchen@aon.at