sondage santé 2004 Medienrohstoff Aufhebung des Vertragszwangs mehrheitsfähig Die Meinungen der Bevölkerung bei der Beurteilung von Fragen des Gesundheitswesens und der Krankenversicherungen sind ambivalent. Trotz hoher Belastung durch die Prämien der Grundversicherung finden nur Sparvorschläge eine Mehrheit, die nicht unmittelbar mit Qualitätseinbussen verbunden sind. Die Aufhebung des Vertragszwangs ist bei den Stimmberechtigten mehrheitsfähig. Vom 14. bis 26. Juni 2004 wurde nach der ersten Test-Befragung im Spätsommer 2003 zum zweiten Mal die sondage santé durchgeführt. Mit dieser repräsentativen Bevölkerungsbefragung sollen in Ergänzung zu den verschiedenen Erhebungen im Gesundheitswesen bzw. einzelner Krankenversicherer spezifische Fragen abgeklärt werden, die für die Branche als Ganzes von Bedeutung sind. Aus der Bevölkerung der Deutsch- und Westschweiz sowie aus dem Tessin im Alter von 15-74 Jahren wurde eine Zufallsstichprobe mit einer kombinierten Alters- und Geschlechtsquote innerhalb der Haushalte erhoben. Die insgesamt 1209 Computer gestützten Telefoninterviews wurden vom Marktforschungsinstitut Demoscope durchgeführt. Bei einer Sicherheit von 95% beträgt die Messgenauigkeit ±2.6%. Grosses Interesse an Fragen des Gesundheitswesens Fragen des Gesundheitswesens interessieren die Bevölkerung sehr. Auf die Frage, «Ich möchte von Ihnen wissen, wie stark Sie sich für Fragen des Gesundheitswesens interessieren», antworteten 33% der Befragten «sehr stark» und 39% «eher stark». G:\Dossiers\sondage santé\medienveröffentlichung\sondage2004_presserohstoff_d.doc 1
Wo soll der Sparhebel angesetzt werden? Trotz des hohen Interesses an Fragen des Gesundheitswesens geben 59% der Befragten an, sie wüssten zu wenig über die verschiedenen Sparvorschläge. 46% der Befragten sind der Meinung, im Gesundheitswesen solle man nicht sparen. Trotzdem geben 59% der Befragten an, sie wären zum Leistungsverzicht bereit, falls sie weniger Prämie bezahlen müssen. Wo sollte denn der Sparhebel am ehesten angesetzt werden? 80% der Befragten stimmten der Aussage zu, man müsste bei der Pharmaindustrie sparen. Mit 66% folgen die Ärzte. Gleichauf sind mit 63% die Apotheken und die Krankenversicherer. Ein deutlicher Hinweis auf die Haltung der Bevölkerung in der Debatte über die Schliessung von Spitälern ist die Tatsache, dass hier nur 41% den Sparhebel ansetzen würden. Krankenversicherer sollen Arztrechnungen kontrollieren Geht es um das persönliche Kostenbewusstsein, bejahen 50% der Befragten die Aussage «Die Kosten spielen keine Rolle, ich möchte so schnell als möglich wieder gesund werden.». 69% der Befragten erklären, sie würden die Arztrechnungen genau kontrollieren, 92% erwarten aber auch, dass diese Aufgabe von den Krankenversicherern übernommen wird. 45% der Befragten würden bei der Auswahl von Ärzten, Spitälern usw. den Empfehlungen ihrer Krankenkasse folgen, 55% der Befragten können sich vorstellen, «zuerst bei einem telefonischen Beratungsdienst anzurufen, wenn ich ein gesundheitliches Problem habe» (Angebote wie Medi-24 oder Medgate). sondage2004_presserohstoff_d.doc 2
Mehrheit für eine Lockerung des Vertragszwangs Auch bei der Beurteilung aktueller politischer Fragen zeigen sich die ambivalenten bzw. sogar widersprüchlichen Haltungen der Bevölkerung. So ergeben sich Mehrheiten sowohl für das bisherige System der Grundversicherung (Kopfprämien und Prämienverbilligungen für Personen mit niedrigem Einkommen) als auch für einen Systemwechsel mit einkommensabhängigen Prämien. Andererseits finden die Vorschläge zur Umsetzung dieses Systemwechsels überhaupt keine Zustimmung. Nur gerade 24% der Befragten sind sehr oder eher dafür, die Krankenversicherung mit der Mehrwertsteuer zu finanzieren, höchstens 38% könnten sich vorstellen, dass die Krankenkassenprämie direkt vom Lohn abgezogen wird. Mehrheiten ergeben für den Vorschlag, die Franchise je nach Einkommen abzustufen (61% sehr oder eher dafür), für eine Lockerung des Vertragszwangs (57% sehr oder eher dafür) sowie dafür, dass die Krankenkasse nur das Nachahmerprodukt bezahlen sollte, falls ein gleichwertiges zur Verfügung steht (66% sehr oder eher dafür). Nur wenig Unterstützung findet die kürzlich lancierte Idee, den Selbstbehalt von 10% auf 20% zu erhöhen. Nur 21% der Befragten sind sehr oder eher dafür. Mythos freie Arztwahl Die Vermutung, das Wissen über die Krankenversicherung in der Bevölkerung sei eher lückenhaft, hat sich mit einigen «Testfragen» bestätigt. 85% der Befragten wissen, dass alle Anbieter in der Grundversicherung die gleichen Leistungen anbieten müssen. Hingegen sind 53% der Befragten der falschen Meinung, mit der Grundversicherung seien alle ärztlichen Behandlungen in der ganzen Schweiz abgedeckt; und ebenfalls 53% glauben fälschlicherweise, mit der Grundversicherung könne man das Spital (in der allgemeinen Abteilung) in der ganzen Schweiz frei wählen. Wiederum 53% wissen aber, dass die Krankenkassen mit allen Ärztinnen und Ärzten Verträge abschliessen müssen. Nur 27% der Befragten nennen richtigerweise die Bundesbehörden als zuständige Stelle für die Festlegung des Leistungskatalogs. In diesem Zusammenhang ist auch die Reaktion auf die Frage zu sehen, wie hoch der Verwaltungsaufwand der Krankenkassen in der Grundversicherung geschätzt wird. Nur 16% der Befragten liegen mit ihrer Schätzung im korrekten Bereich zwischen 1 bis 10 Prozent. Der Mittelwert der Schätzungen liegt bei 26%, rund 450% mehr als in Wirklichkeit! (5,9%, Betriebsjahr 2002; Quelle: BSV/BAG). Gründe für die hohe Kundentreue Es ist bekannt, dass jedes Jahr nur etwa 2-4% der Versicherten ihre Krankenversicherung wechselt. Personen, die ihre Krankenversicherung noch nie gewechselt hatten (N = 551, bzw. 45% der gesamten Stichprobe) wurden nach den Gründen für die Kundentreue gefragt (mit einer offenen Frage, die Mehrfachantworten ermöglichte). Der meistgenannte Grund war die Zufriedenheit mit den Dienstleistungen der eigenen Krankenkasse (90%). Ebenfalls wichtige Argumente sind, dass man die Grund- und die Zusatzversicherung mit der gleichen Krankenversicherung abschliessen möchte (79%) oder dass befürchtet wird, eine neue Kas- sondage2004_presserohstoff_d.doc 3
se würde die Prämien im übernächsten Jahr vielleicht wieder erhöhen. 60% finden den Vergleich der Angebote schwierig und 32% scheuen den Aufwand mit der Kündigung. Prämien sparen Die offen gestellte Frage «Wie empfinden Sie persönlich die finanzielle Belastung durch die Prämien der Grundversicherung?» zeigt, dass drei Viertel der Befragten die Prämien als hoch, aber tragbar (42%) bzw. zu hoch für die persönlichen Verhältnisse (34%) empfindet. Nur für 19% der Befragten stellen die Prämien kein Problem dar. Trotz dieser Belastung kennen viele die Möglichkeiten zu wenig, wie sie Prämien sparen könnten. Auf die offen gestellte Frage «Sie selber haben ja auch verschiedene Möglichkeiten, bei den Prämien der Krankenversicherung zu sparen. Welche kommen Ihnen spontan in den Sinn?», nannten 53% die Möglichkeit, die Franchise zu erhöhen und 12% HMO- oder Hausarztmodelle; 11% vergleichen die Prämien verschiedener Krankenversicherer. sondage2004_presserohstoff_d.doc 4
Weitere Auskünfte: Peter Marbet santésuisse Leiter der Abteilung Politik und Kommunikation Römerstrasse 20, CH-4502 Solothurn Telefon +41 (0)32 625 42 57 / Telefax +41 (0)32 625 42 70 peter.marbet@santesuisse.ch Franz Neff, Soziologe Neff-Pidoux, Wissensmanagement, Bern Telefon +41 (0)31 310 95 95 / Telefax +41 (0)31 310 95 99 fn@neff-pidoux.ch sondage2004_presserohstoff_d.doc 5